Interview mit Mala Emde zum neuen Hörbuch von Isabel Allende „Mein Name ist Emilia del Valle“

Isabel Allende ist eine meisterhafte Geschichtenerzählerin und verwebt geschickt historische Ereignisse mit der persönlichen Suche nach Identität und Liebe. Ihr neuester Roman erscheint als Hörbuch am 30. Juli 2025 im Hörverlag und wird von Mala Emde und Fabian Busch eingelesen.

Sie entführen die Hörer*innen in das Jahr 1866 nach San Francisco, wo Emilia del Valle, Tochter einer irischen Nonne und eines chilenischen Aristokraten, als unabhängige Denkerin und Journalistin agiert.

Für Mala Emde entsteht über Sprache, Erzählung und Stimme eine Brücke zwischen Menschen – und auch zwischen Generationen, so wie zwischen ihr und Isabel Allende. Im Tonstudio hat sie „Mein Name ist Emilia del Valle“, den neuesten Roman von Isabel Allende, eingelesen und ein Interview über ihre Arbeit als Sprecherin gegeben.

Mala Emde
(c) Maximilian Beier

Frau Emde, warum haben Sie sich entschieden, „Mein Name ist Emilia del Valle“ als Hörbuch einzusprechen – und was hat Sie daran besonders gereizt?

Ich empfand es als eine Ehre, das neue Werk von Isabel Allende zu lesen und besonders, als ich den Text das erste Mal gelesen habe, hatte ich große Lust, dieser wahnsinnig beeindruckenden Frau Emilia del Valle meine Stimme zu verleihen.

Was hat Sie beim Einlesen besonders herausgefordert? Und was hat Ihnen dabei besonders Spaß gemacht?

Ich glaube, die Herausforderung, aber auch gleichzeitig die Stärke dieses Romans sind die verschiedenen Welten, die hier erzählt werden. Das wilde Kalifornien, dann das vom Krieg gebeutelte Chile und dann noch Sphären, die ich hier nicht weiter verraten möchte. Besonders Spaß hat es mir gemacht, wenn Emilia del Valle wirklich zu Wort kommt – ihre Artikel zu verlesen und die vielen Dialoge, die sehr stark waren. Ich bin Schauspielerin und drehe vor allen Dingen Filme, deswegen machen mir Dialoge immer am meisten Spaß.

Wie unterscheidet sich die Arbeit im Hörbuchstudio von Ihrer Tätigkeit am Filmset? Gibt es vielleicht sogar etwas Befreiendes daran, nur mit der Stimme zu erzählen?

Ich glaube, das Wunderbare bei Hörbüchern ist es, dass wir unsere Fantasie ganz freilassen dürfen. Und ich gebe mit meiner Stimme eine kleine Richtung vor. Aber dann liegt es ganz an Ihnen, den Leserinnen und Lesern oder hier den Zuhörerinnen und Zuhörern, sich diese Welt zu erbauen. Ich persönlich bin eigentlich ein Zappelphilipp, deswegen fällt es mir manchmal schwer, ein Hörbuch einzusprechen, weil ich da lange ruhig sitzen muss und normalerweise bin ich es gewohnt, meinen Körper ganz viel zu bewegen.

Der Roman spielt Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts. Gab es Momente, in denen Sie sich Emilia del Valle besonders nah gefühlt haben – trotz der historischen Distanz?

Es gibt einen Abschnitt, da durchgeht Emilia del Valle ein großes Leid und ich finde, diese Stelle ist so nah beschrieben, dass ich das gefühlt habe, als würde ich mit Emilia diese Zeit und auch diese körperlichen Schmerzen und ihre Angst durchleben. Das war mit Abstand meine Lieblingsstelle und aber auch diejenige, die mich am meisten gequält hat.

Gab es Szenen im Roman, bei denen Sie dachten: Das ist so zeitlos – das könnte heute so passieren?

Ich glaube, dieser Roman ist eigentlich alles: Er ist Abenteuerroman, etwas für Romantiker und trägt aber auch politische Aspekte in sich. Diese sind natürlich verfremdet und in der Zeit verhaftet, aber wir können sie gut auf unsere heutige Zeit übertragen. Manchmal kann das sehr befreiend sein, eine Geschichte zu hören, die nicht direkt mit unserer verbunden ist, aber uns sozusagen poetische Räume eröffnet, die sich mit unseren verbinden.

Emilia ist eine komplexe Frauenfigur – mutig, widersprüchlich, eigenwillig. Sind solche Figuren auch im Film und Fernsehen genug präsent – oder wünschen Sie sich da mehr Vielfalt?

Ich glaube, wir sind eigentlich auf einem sehr guten Weg dahin, vielschichtige Frauenfiguren zu erzählen. Wir müssen nur jetzt Acht geben, dass das auch so bleibt.

Im Roman veröffentlicht Emilia unter männlichem Pseudonym, um ernst genommen zu werden. Hatten Sie selbst in Ihrer Laufbahn Momente, in denen Sie gespürt haben: Als Mann wäre das jetzt leichter gewesen? 

Ich kann mir das nur denken, da ich ja nie Mann war, aber ich glaube zutiefst daran, dass wir in einem Patriarchat leben und dass es Frauen systemisch schwerer haben und auch Männer manchmal, weil sie als das stereotype Bild eines Mannes gesehen werden. Darum glaube ich grundsätzlich, dass Patriarchat uns allen schadet.

Isabel Allende ist über 80, Sie selbst sind Ende 20 – zwei Generationen, zwei Lebensrealitäten. Welche Brücke entsteht da für Sie – durch Sprache, durch Erzählung, durch Ihre Stimme?

Durch Sprache, durch Erzählung, durch meine Stimme – alle drei bilden Brücken. Ich glaube, durch Erzählungen, durch Geschichten werden wir alle miteinander verbunden. Geschichten können den Raum aufmachen, durch den wir im Dazwischen stehen können, im Interesse. Das sagt das Wort selbst „inter esse“, also im Dazwischen sein und ich glaube, da können wir uns alle begegnen.

Und zum Schluss: An wen würden Sie dieses Hörbuch verschenken – und warum?

Dieses Buch ist für alle, die eine große Sehnsucht in sich tragen.

(c) Presseabteilung von Randomhouse Audio.