Von unfairem Wettbewerbsvorteil und unmenschlichen Bedingungen
Aktuell laufen im spanischen Valladolid wieder die Weltmeisterschaften im Speedpuzzeln, die von RAVENSBURGER gesponsort werden. Warum in Spanien? Weil dort der Weltverband World Jigsaw Puzzle Federation seinen Hauptsitz hat.
Live verfolgen kann man die flinken Finger im Stream bei YouTube unter dieser Adresse: https://www.youtube.com/@worldjigsawpuzzlefederation/streams
In diesem Jahr nehmen allein am Einzelwettbewerb 1154 Puzzler aus aller Welt teil. Die meisten davon kommen allerdings aus Deutschland, den USA und Spanien.
Zwei Neuerungen gibts in diesem Jahr, für die sich der Veranstalter feiert, die aber nicht bei allen Teilnehmern gut angekommen sind. Zum einen die Möglichkeit, unter mehreren Puzzles zu wählen, von denen man eines dann kompetitiv legt im Anschluss.
Bei den Einzelwettbewerben waren es jeweils ein rundes Motiv aus der „Circle of Colors“-Serie von RAVENSBURGER und einem rechteckigen.
Die Stimmen, die ich von den Teilnehmer gehört habe, sagten allerdings, dass die Auswahlmöglichkeit nicht geholfen hat. „Nicht wirklich. Gebt mir ein Puzzle und lasst mich puzzeln!“
Die zweite Neuerung ist die Möglichkeit für die Teilnehmer, die Siegel an den Puzzlekartons vor dem „Startschuss“ bereits öffnen zu können. In der Vergangenheit gab es immer wieder Puzzler, die die Aufkleber nur mit Verzögerungen entfernen und so später mit dem Puzzeln beginnen konnten.
Der unfaire Wettbewerbsvorteil
Wie auch schon in den vergangenen Jahren werden in den Vorrunden ausschließlich bereits erschienene Puzzles gelegt. Es gibt also wieder keine gleichen Bedingungen für alle.
Erfahrene Puzzler, die mit genug Geld und die, in deren Land die Puzzles verfügbar sind, haben so einen immensen Vorteil gegenüber den Neulingen. Kein Wunder, dass gestern ein Championship Record aufgestellt wurde für ein 500-Teile-Puzzle. Der Sieger dieser Runde hatte das betreffende Puzzle etliche Male im Vorfeld schon gelegt. Außerdem war es sogar schon einmal bei einer vergangenen Weltmeisterschaft zu puzzeln. Auch die anderen Puzzles sind bekannt und wurden in den diversen Veranstaltungen der Sub-Organisationen des Weltverbandes bei ihren eigenen Landesmeisterschaften schon verwendet.
Ob es im Halbfinale und Finale dann wirklich unveröffentlichte Puzzles gibt, bleibt abzuwarten. Das wurde auch im letzten Jahr so kommuniziert. Dennoch gabs im Halbfinale ein Puzzle zu legen, das es von einem anderen Hersteller bereits zu kaufen gab. Hier hatten also wieder einige Teilnehmer einen Vorteil, weil sie das Motiv schon kannten. In den Finals waren dann aber wirklich nur neue Puzzles am Start, die noch keiner vorher gesehen hatte.
Die unmenschlichen Bedingungen
Dass der Weltverband die Veranstaltung gern an seinem Hauptsitz austragen möchte, ist nachvollziehbar. Auch wenn dadurch der CO2-Fingerabdruck unnötig groß ist, der durch die Logistik des Hauptsponsors RAVENSBURGER entsteht, dessen Hauptsitz bekanntlicherweise in Deutschland ist. Die vielen tausend Puzzles für die Teilnehmer müssen ja irgendwie nach Spanien gelangen.
Dass der Wettbewerb im Sommer stattfindet … ok … aber dass er bei Außentemperaturen von über 30 Grad erneut in der gleichen Kuppel ausgetragen wird, unter der die Teilnehmer schon in der Vergangenheit geschwitzt haben, ist nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern in meinen Augen unverantwortlich.
Wie sollen die Teilnehmer mit ihren hochroten Köpfen, schwitzend unter diesen Bedingungen Höchstleistungen erbringen können, ohne dass jemand gesundheitliche Probleme bekommt bei dieser Hitze?
Bei den Wettbewerben, die am Morgen stattfinden ist es ja noch erträglich, aber später sieht man im Stream schon die ersten Fächer und gegen Nachmittag und Abend wird es schier unerträglich heiß in diesem Backofen.
Warum der Wettbewerb nicht schon lange in eine klimatisierte Halle verlegt wurde, ist nicht nachvollziehbar. Mutmaßlich muss wirklich mal jemand umkippen, bis sich darüber Gedanken gemacht wird. Es ist Sommer! Es ist Spanien! Da wirds aufgrund des Klimawandels eher noch wärmer jeden Sommer!
Nachtrag: Der Veranstalter hat damit begonnen, mobile Klimageräte in die Kuppel zu bringen. Das wird nicht viel helfen, aber immerhin sind sich die Verantwortlichen den Bedingungen bewusst.
So, genug gemeckert! Jetzt schau ich weiter die Streams, denn die positive Energie, die trotz der Umstände rüberkommt, ist wirklich toll.
Die Teilnehmer, die Zuschauer, der Chat im Stream, die Kommentatoren … alle feiern diesen Sport so ab, wie ers verdient. Denn viele der Teilnehmer sind wirklich Top-Athleten, die Höchstleistungen erbringen, von denen Casual Puzzler zu Hause nur träumen können.