
Die Autorin Elli Kolb spricht über über innere Konflikte, Trost und die ungewöhnlichen Protagonisten ihres zweiten Romans „DAS LEUCHTEN DES HIMMELS AN DUNKLEN TAGEN“.
Elli Kolb, geboren 1986, studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften sowie Nordische Philologie in München und Göteborg. Heute lebt sie in Fürth, nicht weit von einem Fluss entfernt. Wenn sie nicht dort, am Flussufer, anzutreffen ist, bloggt sie auf understandingly.de über Mind-Body-Connections und mentale Gesundheit, vor allem über das Potenzial von Kälte bei Depressionen. (Verlagsinfo)
Elli, in Deinem neuen Buch spielt eine Taube eine wichtige Rolle. Wie kommt das?
Ich habe Tauben schon immer gemocht, doch seitdem ich sie – auch durch meine Arbeit in der Stadttaubenhilfe – besser kennengelernt habe, liebe ich sie richtig! Es sind sehr schlaue und liebevolle, aber auch sehr individuelle Tiere. Jede Taube hat ihre eigene Art zu rufen und zu gurren; manche sind ängstlicher, andere zutraulicher. Es sind Individuen wie Menschen auch, und das finde ich spannend zu beobachten.
Wie bist Du dazu gekommen, Dich in der Stadttaubenhilfe zu engagieren?
Ich wollte nicht mehr dabei zusehen, dass es den Tauben um mich herum schlecht geht, und habe bei der Taubenhilfe nachgefragt, ob/wie man sie als Laie unterstützen kann. Und die haben sich wirklich gefreut – man sucht dort immer nach helfenden Händen. Mit der Zeit habe ich sehr viele witzige Taubenpersönlichkeiten kennengelernt: zum Beispiel Norbert, ein Taubenjunges, das sich trotz eines schweren Schicksals ein äußerst sonniges Gemüt bewahrt hat. Oder Gerlinde, die alles versucht hat mich abzuschrecken, deren Drohgebärden aber sofort aufhörten, wenn eine Erdnuss ins Spiel kam.
Was waren Deine Gedanken dabei, eine Taube zu einer Protagonistin in einem Buch zu machen?
Ich wollte meiner (menschlichen) Protagonistin Romy ein Tier an die Seite stellen, das genauso einsam ist wie sie: eine kleine, kranke Jungtaube, und so zeigen, dass man manchmal auch Unterstützung von unerwarteter Seite erhält. Denn es ist nicht nur so, dass Romy der Taube hilft – sondern umgekehrt genauso. Beide trösten sich gegenseitig.
Stell uns die Taube aus Deinem Buch mal genauer vor: Wie ist sie so? Was macht sie besonders?
Es gibt tatsächlich zwei Tauben in meinem Buch: einmal die besagte Jungtaube, ein zugewandtes, liebes, aber auch freches Tier. Und dann ist da „Zausel“, die Lieblingstaube ihres Opas, ein eher distinguierter, älterer Täuberich, der es leider nicht leicht hat bei der Partnersuche. Beide sind Tauben, die ich aus meinem Leben kenne, und es hat großen Spaß gemacht, ihnen literarisch Raum zu geben.
Wen lernen wir noch in Deinen neuen Roman kennen?
Im Zentrum steht Romy. Sie ist Studentin und hat vor Kurzem ihren Opa verloren. Auch sonst sind die Dinge schwierig für sie: Sie fühlt Weltschmerz angesichts der allgemeinen Lage, zu ihrer Mutter hat sie kein gutes Verhältnis, und die beste Freundin ihrer Mitbewohnerin hackt ständig auf ihr herum. Romy ist einsam und verzweifelt – aber als sie Jakob Kennenlernt (und kurz darauf die Taube zu ihr zieht), dämmert ihr langsam, dass es für sie vielleicht doch noch einen Weg geben kann, glücklich zu sein.
Wünschst Du Dir, dass Deine Leser:innen Stadttauben in Zukunft mit anderen Augen sehen? Und was möchtest Du ihnen mit Deinem Buch darüber hinaus gern mitgeben?
Ja, ich würde mir total wünschen, dass Stadttauben mit anderen Augen gesehen werden.
Im Buch spiegelt die Nebenhandlung mit ihnen den inneren Konflikt Romys wider, um den es zentral geht: ihre Trauer über den Verlust ihres Opas; die Suche nach Halt und nach Trost, nach Naturverbundenheit und Freiheit. Es ist eine Geschichte darüber, wie man wieder zu Hoffnung zurückfinden kann – und das gilt für die Taube gleichermaßen wie für Romy.
DAS LEUCHTEN DES HIMMELS AN DUNKLEN TAGEN ist Dein zweites Buch. Inwiefern hat die Arbeit an Deinem Debüt 9 GRAD Dein neues Buch beeinflusst?
Mir ist während der Arbeit an „Das Leuchten des Himmels an dunklen Tagen“ auf jeden Fall klargeworden, dass mich das Verhältnis Mensch-Natur in besonderer Weise interessiert. In 9 GRAD geht es ja unter anderem darum, wie Eisbaden im Fluss einen zu einem lebendigeren Körpergefühl zurückführen kann; und in DAS LEUCHTEN entdeckt Romy einen Bezug zur Welt wieder, den sie durch den Verlust ihres Opas verloren geglaubt hat – zur Welt als etwas, das immer auch etwas Schönes, Leuchtendes bereithält.
Stell Dir vor, Du bist Buchhändlerin und hast einen eiligen Kunden vor Dir: Wie empfiehlst Du ihm in wenigen Worten Dein Buch?
Ich würde sagen, DAS LEUCHTEN DES HIMMELS AN DUNKLEN TAGEN ist ein Buch für Menschen, die sich gerade alleine fühlen und ein bisschen Trost brauchen; und natürlich auch für alle, die Tauben von einer ganz anderen Seite kennenlernen und dabei in eine gleichermaßen bewegende wie traurig-witzige Geschichte eintauchen wollen.
Die Redaktion dankt Ragna Sieckmann von der Presseabteilung des Lübbe-Verlags für die freundliche Genehmigung zum Abdruck.
