Arleston, Christophe (Autor) / Alary, Pierre (Zeichner) – SinBad 1: Der Kelch von Alexandria

Christophe Arleston gehört inzwischen zu den renommiertesten Schreibern im westeuropäischen Comic-Sektor. Immerhin 60 Alben gehen mittlerweile auf seine Kappe, darunter auch der Geniestreich „Die Schiffbrüchigen von Ythaq“, welcher in bislang sechs Episoden über den |Splitter|-Verlag herausgegeben wurde. Arlestons Faible für Märchen war hingegen die Triebfeder für eine weitere Serie, die nun über den deutschen Vertrieb veröffentlicht wird. Mit „SinBad“ entführt der Autor sein Publikum in 1001 Nacht – und stellt die klassischen Geschichten aus dem Orient mal gewaltig auf den Kopf!

_Story:_

Im unbändigen Willen, seine Zukunft vorhersehen zu lassen, begeht der Kalif Aladin einen folgenschweren Fehler. Der Geist aus der Lampe verrät ihm, dass einer seiner Söhne ihn eines Tages töten und sein eigen Fleisch und Blut sein Verhängnis sein wird. In einer Kurzschlussreaktion lässt Aladin alle seine Kinder töten – und seine Frauen gleich mit. Doch als er sieht, wozu ihn der Geist getrieben hat, bereut er seinen Entschluss. Doch glücklicherweise konnte ein Kind versteckt werden …

Jahre später entschließt sich ein junger Seefahrer, seinen Adoptivvater und dessen Schiff zu verlassen, um seine Familie zu finden. Sinbad erfährt auf seiner Suche vom geheimnisvollen Kelch von Alexandria, mit dessen Hilfe man ein einziges Mal in seine persönliche Vergangenheit blicken kann. Mit List gelingt es ihm, auf der Insel der Zauberin Turbah Zugang zu deren Palast zu bekommen und mit ihr ein Tauschgeschäft zu vereinbaren. Doch der gewiefte Jüngling nimmt des Nachts Reißaus und stiehlt den Kelch ohne Gegenleistung. Und während er auf der Flucht bereits Turbahs Zorn zu spüren bekommt, sieht er im Antlitz des Kelches erstmals das Gesicht seiner Mutter …

_Persönlicher Eindruck:_

Arleston ist schlichtweg ein Magier, wenn es darum geht, märchenhafte Szenarien anzupacken, die Atmosphäre träumerisch aufzubauen und dabei Geschichten zu erzählen, die einfach nur mitreißen, ohne dabei von den klassischen Schemen der erkennbaren Ursprünge abzuweichen. Bei „SinBad“ ist die Wurzel der Handlung natürlich offenkundig der reiche Märchenschatz aus 1001 Nacht, den Arleston hier jedoch gewaltig verdreht. Reichlich bekannte Figuren tauchen in der Story auf, allerdings in einer Konstellation, die für den Verfechter der Traditionen sicherlich ein Schlag ins Gesicht bedeutet, in der hiesigen Anordnung und im gesamten Story-Arrangement aber erst das Salz in der Suppe ist. Erwartungsgemäß, will man da schon fast behaupten …

„Der Kelch von Alexandria“ ist dabei eine teils recht skurrile Mischung aus phantasievoller Märchengeschichte, ziemlich finsterer Orient-Romantik, charmantem Wortwitz und einer nicht endenden Situationskomik, die vor allem durch die Verwegenheit des Titelhelden begründet ist, sich aber hier und dort auf die immer mal wieder aufgegriffenen Klischees stützt. Sinbad selber taugt zwar als Heldenfigur nur bedingt, da er sich eher mit Glück und Risikobereitschaft durchs Leben schlägt, doch da sein gelegentlich sogar tollpatschig-naives Verhalten fast immer von Erfolg gekrönt ist, avanciert der Kerl alsbald zum Sympathieträger, der jedoch ständig mit seinem Gewissen kämpfen muss.

Die Story selber ist actionreich und flott, überschreitet zwar den normalen Umfang eines Albums, drängt aber in der Entwicklung ständig vorwärts und weist für einen insgesamt relativ simpel gestalten Comic relativ viele Handlungsschauplätze auf. Doch Arleston beugt einer Überstrapazierung der ständigen Wechsel vor, indem er seinen Protagonisten immer wieder sesshaft macht, Hoffnungen und Erwartungen schürt, dann aber wieder das Tempo anzieht, einen Umbruch forciert und somit wieder einen Steilknick in der Spannungskurve initiiert.

Damit bleibt dieses erste Kapitel auch bis zur letzten Seite heiter und lebendig, vor allem aber aufregend und abenteuerlich – eben das, was man von einer (illustrierten) Erzählung aus 1001 Nacht erwartet! Dementsprechend hat der Autor (und auch sein Zeichner Alary, der bereits aus „Belladonna“ bekannt sein dürfte) zum wiederholten Male ein überzeugendes Werk kreiert und einen Serienstart nach Maß abgeliefert; „SinBad“ mag zwar in vielerlei Hinsicht vorhersehbarer gestaltet sein als die klassischen Arleston-Geschichten, aber an Klasse mangelt es dem orientalischen Spaß deshalb definitiv nicht!

|Originaltitel: Sinbad – Le cratère d’Alexandrie
56 Farbseiten
ISBN-13: 978-3-940864-81-9|
http://www.splitter-verlag.de

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