[Band 1: „Paradoxon“ 5515
_Story_
Helen Freemans lang gehegter Traum einer menschlichen Marsmission hat sich im Zuge der unglaublichen Entdeckungen der jüngsten Tage schneller erfüllt, als die ambitionierte Astronautin je gedacht hätte. Allerdings sind die Umstände des Trips alles andere als erfreulich: Helens Tochter Sofia fühlt sich von ihrer Mutter verlassen und missachtet. Zudem weiß das Forscherteam nicht, was die strapaziöse Reise zum roten Planeten bringen wird. Noch vor der Ankunft verlangt das Projekt ein erstes Opfer, aber auch die seltsamen Entdeckungen an der Marsoberfläche treiben die Astronauten zur Skepsis.
Helen und ihre Begleiter entdecken schließlich ein florierendes Treibhaus in den Modulen, welche die Sowjets einst bei ihrer ersten Besiedlung hinterlassen haben, und wandeln gleichzeitig auf den Spuren von Gagarin, der entgegen aller bekannten Informationen damals nicht umgekommen war. Als man schließlich tatsächlich zwei überlebende Russen trifft, die von Gagarins heimlichem Experiment berichten, scheint sich der Kreis zu schließen. Doch während Sofia auf der Erde jegliche Hoffnung auf ein versöhnliches Ende des Mutter-Kind-Konflikts aufgibt, geraten Helen und ihre Männer unerwartet in einen gemeinen Hinterhalt …
_Persönlicher Eindruck_
Im zweiten Teil des außergewöhnlichen Science-Fiction-Gebildes geht Autor Richard Marazano eine Spur konkreter und zielgerichteter vor als noch im recht komplexen ersten Part von „Der Schimpansenkomplex“, dessen Aufgabe nicht nur darin bestand, die unglaublichen Wahrheiten aufzudecken, welche der Geschichte zugrunde liegen, sondern der auch das dramatische Beziehungsgeflecht zwischen Helen Freeman und ihrer Tochter Sofia ins Auge fasste, um die dahinter verborgene Tragödie fokussiert anzugehen.
Beide Faktoren spielen auch in „Die Söhne von Ares“ eine übergeordnete Rolle, müssen an dieser Stelle aber nicht mehr ausgiebig vorgestellt werden, so dass sich der Autor nunmehr darauf konzentrieren kann, den Kern der Handlung stetig auszubauen. Auf Basis der sich häufenden Skandale ist die Marsmission schneller als erwartet in Schwung gekommen, bringt aber die bereits zuvor befürchteten Schwierigkeiten mit sich. Die Moral ist aufgrund der unfreiwilligen Wendungen während der Reise kurzzeitig zu Boden gesunken, und auch die Stimmung an Bord ist deutlich angeknackst, was sich in einzelnen impulsiven Ausbrüchen der Mitreisenden entlädt.
Marazano lässt sich allerdings auch auf Basis dieser inhaltlichen Entwicklungen nicht davon abhalten, die Handlung mit weiteren pikanten Steigerungen zu schmücken und somit den Überraschungseffekt ständig an die Grenze zum Maximum zu pushen. Zwischen dem brisanten Einstieg in die Atmosphäre, den Entdeckungen in der sowjetischen Raumstation und den teils unschönen Begegnungen mit den dort gestrandeten Raumfahrern liegen quantitativ nur wenige Momente, die der Autor aber so lebendig und wechselhaft gestaltet, dass selbst der vergleichsweise simpler gestrickte Hauptstrang keine Zeit zum Atmen lässt.
Verstärkt wird dieser Effekt schließlich von den kurzen Einwürfen von der Erde, auf der die traurige Sofia zwischen Unverständnis, Hoffnungslosigkeit und von Enttäuschungen gezeichneter Melancholie schwankt und sich schließlich dazu aufrafft, den Weg in ein neues Leben ohne ihre Mutter zu suchen. Nicht ahnend, in welcher Gefahrenlage die erfolgreiche Astronautin aktuell steckt, revanchiert sie sich außerhalb des Sichtfelds von Helen für deren fehlende Rücksichtnahme und sieht diesen Schritt als endgültige Chance, endlich ihrer Verbitterung zu entfliehen. Allerdings ist genau dieser Entschluss ein fataler Irrtum für das zunehmend verstörte Mädchen …
Im Gegensatz zur ersten Episode verlaufen die beiden elementaren Kapitel der Handlung recht unabhängig voneinander und hängen nur noch an einigen losen, aber sichtbaren Fäden zusammen. Beide Stränge entwickeln zunehmend ein Eigenleben, sowohl inhaltlich als auch atmosphärisch, wodurch die inhaltliche Achterbahnfahrt auf dem Mars sogar noch maßgeblich unterstützt wird. Das Auf und Ab bzw. das permanente Hin und Heer ist zwar im zweiten Comic dieser faszinierenden Serie nicht mehr ganz so extrem, jedoch hat sich an der grundsätzlichen Ausrichtung kaum etwas verändert – was letztendlich natürlich zu begrüßen ist. Im Bezug auf Inhalt, Storyboard und Charakterdesign ist nämlich auch „Die Söhne von Ares“ ein gewagter illustrierter Gewaltakt!
|Originaltitel: Le complexe du chimpanze – Les fils d’Ares
56 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-940864-29-1|
http://www.splitter-verlag.de