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Barclay, James – verlorene Reich, Das (Die Kinder von Estorea 1)

„Das verlorene Reich“ ist ein beunruhigendes Buch. Beängstigend deshalb, weil die Zeit nach seiner Raben-Saga mit riesiger Leere gefüllt war und seither keine Fantasy-Story mehr mit solch fesselnden Charakteren besetzt werden konnte. Beunruhigend schließlich auch, weil die Befürchtung vor Erscheinen dieses Bandes bestand, dass Barclay an seinem eigenen Schaffenswerk scheitern und die immensen Erwartungshaltungen seiner Leserschaft nicht befriedigen könnte. Und zu guter Letzt auch deswegen, weil trotz allem der Verdacht im Raume stand, dass es dem britischen Autor gelingen könnte, für weitere zahllose schlaflose Nächte zu sorgen, weil man völlig in seinen neuen Geschichten versunken ist.

Mit dem ersten Band seines neuen Zyklus „Die Kinder von Estorea“ stellt er nun sich, vor allem aber seine zahlreichen Fans vor eine harte Probe. Doch Barclay wäre schließlich nicht Barclay, könnte er nicht auch diese schwierige Aufgabe mit Bravour bewältigen.

_Story_

Seit nunmehr 850 Jahren breitet sich die estoreanische Konkordanz kontinuierlich aus und führt ihren Glauben mit zielgerichteten Eroberungszügen durch die gesamte Welt. Advokatin Herine del Aglios, die aktuelle Machthaberin, strebt auch nach den erfolgreichsten Jahren in der Geschichte des Imperiums nach einer Erweiterung ihres Reiches, während Kanzlerin Felice Koroyan zugleich jederzeit bereit ist, Ketzerei und mangelnde Glaubensbereitschaft innerhalb der Grenzen der Konkordanz hart zu bestrafen.

In diesen Zeiten wachsen in der Provinz Westfallen vier junge Menschen auf, die den Prophezeiungen nach über ganz besondere Fähigkeiten verfügen und endlich die Bewegung des Aufstiegs an ihr Ziel bringen sollen. In der Obhut von Ardol Kessian, dem Vater des Aufstiegs, werden sie ausgebildet, gleichzeitig aber auch vor allen äußeren Einflüssen geschützt, um ihre Fähigkeiten reifen zu lassen und nicht vorzeitig vom Orden der Kanzlerin entdeckt zu werden. Lange Jahre bleiben sie im ländlichen Westfallen verborgen, bis der diplomatische Schatzkanzler Jhered der Provinz einen Besuch abstattet. Dessen Stillschweigen bringt die Kanzlerin auf den Plan und soll die Zukunft der Kinder von Estorea für immer verändern.

Herine del Aglios wird ebenfalls von den Entwicklungen in Westfallen in Kenntnis gesetzt, muss aber gleichzeitig an anderer Front kämpfen. Der letzte Eroberungszug der estoreanisch- atreskanischen Armee droht zu einem fürchterlichen Desaster zu werden, da die gegnerischen Truppen aus Tsard weitaus stärker sind, als man zunächst gedacht hatte. Während die eigenen Truppen zurückgeworfen werden, beginnt das Imperium zum ersten Mal zu wanken, denn um dem sicheren Tod zu entgehen, denken die Führer einst eroberter Provinzen darüber nach, ihrer Loyalität abzuschwören und sich von der Fessel der Konkordanz zu befreien …

_Persönlicher Eindruck_

„Das verlorene Reich“ ist wohl genau das, was man vom ersten Band einer epischen Saga wie dieser erwarten sollte, nämlich eine bedachte Einführung in das Handlungskonzept und das eigentliche Szenario, das jedoch selbst für eine detailverliebten Schreiber wie Barclay sehr, sehr ausführlich ausgefallen ist. Allerdings sind die Hintergründe dieses Mal auch eine ganze Spur umfassender als seinerzeit beim |Raben|. Die Geschichte der Konkordanz und ihrer kontinuierlichen Eroberung hat quantitativ weitaus mehr zu bieten als der Background der beliebten Söldnertruppe und bedarf gerade wegen der teils recht komplexen Verstrickungen detaillierter Erklärungen. Hinzu kommt, dass sich die Story zunächst nicht auf eine konkrete Personengruppe konzentriert. Zwar sind die entscheidenden Figuren im ersten Band schon klar definiert, doch da sie über ein viel größeres Feld agieren und die meisten Charakterprofile bei weitem noch nicht gefestigt sind, ist auch hier eine gezielte Einführung notwendig, um die Verstrickungen und Beziehungen besser einschätzen zu können.

Barclay indes scheint die hierbei entstehende Ruhe im Erzähltempo sichtlich zu genießen. Er ist weit entfernt vom letzten Schlachtenlärm der Rabenkrieger und geht stellenweise fast schon ein wenig selbstverliebt vor, was die Ausführlichkeit seiner Personen- und Lokalbeschreibungen angeht. Dies hat zur Folge, dass sich das Buch gerade in der ersten Hälfte ein wenig zäh liest, weil einfach noch kein festes Muster besteht und man dem eigentlichen Fokus der Story ein wenig hinterherrennt. Jedoch lässt sich dies bei einem solchen Komplex wohl einfach nicht vermeiden und sorgt folgerichtig in der zweiten Halbzeit dafür, dass die Geschichte ihre eigentliche Dynamik annimmt und man den Autor wieder in echter Höchstform erlebt.

Und dennoch ist „Das verlorene Reich“ an sich ein stiller Band und gerade deswegen für einen Auftakt ein wenig außergewöhnlich. Die Action steckt maßgeblich zurück, auch wenn hier und dort Szenen aus den aktuellen Schlachten erwähnt sind. Ferner unterliegt die Geschichte erst einmal keiner temporeichen Dramaturgie, weil sich der Autor die Zeit lässt, den Unterbau seiner Saga in aller Ausführlichkeit zu beleuchten. Aber auch die Atmosphäre lässt sich mit kaum einer anderen Geschichte vergleichen und schon gar nicht pauschal einordnen. Es ist dieses Gefühl von stiller Magie in der Luft, welches sich einfach nicht ignorieren lässt, den Barclay-Fan aber gerade auf den enorm spannenden letzten 200 Seiten wieder in seinem Enthusiasmus bestätigt.

Barclay hat es dementsprechend auch wieder gemeistert, das Publikum in seinen Bann zu schlagen. „Die Kinder von Estorea“ liefern mit diesem Band den gelungenen, vielversprechenden Auftakt einer neuen Fantasy-Saga, die zwar mit Barclays bisherigem Schaffen kaum zu vergleichen ist, aber erneut deutlich seine geniale Handschrift trägt. Fraglos kündigt sich hier eine weitere Sternstunde der literarischen Fantasy an!

|Originaltitel: Cry of the Newborn (Part 1)
Übersetzung von Jürgen Langowski
591 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-453-52377-7|
http://www.heyne.de
http://www.theascendants.co.uk
http://www.ravengazetteer.com
http://www.jamesbarclay.com

_James Barclay auf |Buchwurm.info|:_

|Die Chroniken des Raben|:

[„Zauberbann“ 892
[„Drachenschwur“ 909
[„Schattenpfad“ 1386
[„Himmelsriss“ 1815
[„Nachtkind“ 1982
[„Elfenmagier“ 2262

|Die Legenden des Raben|:

[„Schicksalswege“ 2598
[„Elfenjagd“ 3233
[„Schattenherz“ 3520
[„Zauberkrieg“ 3952
[„Drachenlord“ 3953
[„Heldensturz“ 4916

Varesi, Valerio – Lichtspiele. Commissario Soneri geht ins Kino

_Story_

Alles sieht nach einem natürlichen Tod aus, als der leidenschaftliche Cineast Palmieri in sich zusammengesunken auf einem Sitz seines Stammkinos Minerva aufgefunden wird. Doch die Obduktion ergibt, dass dem reichen Geschäftsmann aus dem Hinterhalt Strychnin gespritzt und er das Opfer eines heimtückischen Mordes wurde.

Commissario Soneri nimmt die Spur des oder der vermeintlichen Attentäter auf und dringt in einen Sumpf aus Lügen und Intrigen vor. Palmieri war Mitglied im Club der Cineasten, einer Vereinigung von Hobby-Detektiven, die ihre Vorliebe für ältere Kriminalfilme als Berufung sahen und daher selber fiktive Fälle inszenierten – nun jedoch scheinbar einen mit Todesfolge. Da die offenkundigen Beteiligten sich in eisiges Schweigen hüllen, tappt der Commissario lange Zeit im Dunkeln. Er erfährt von Palmieris Geliebter Lora, die ebenfalls eine Affäre mit seinem Geschäftspartner und Konkurrenten Stork pflegte, blickt tiefer in die Verstrickungen des Clubs, macht Bekanntschaft mit dem Feinschmecker Costamagna, der ständig mit den Cineasten verkehrte, und sieht sich auch mit Pamieris labiler Mutter konfrontiert, die noch dazu von Soneris besserer Hälfte Angela in Rechtssachen verteidigt wird. Alle Wege verlaufen im Sande, bis Soneri sich schließlich darauf einlässt, das seltsame Spielchen des Detektiv-Clubs mitzuspielen.

_Persönlicher Eindruck_

Mit seinem dritten Kriminalroman kehrt Valerio Varesi wieder ein Stück weit zum verzwickten Fall seiner Debüt-Veröffentlichung zurück, die seinerzeit nicht nur von der außerordentlich prickelnden Atmosphäre lebte, sondern auch inhaltlich ein sehr ansprechendes Rätsel aufbot, dessen subtiler Nervenkitzel in der nachfolgenden Publikation „Die Pension in der Via Saffi“ nicht mehr vergleichbar erreicht wurde. Begünstigt wird dies in „Lichtspiele“ vordergründig durch ein ziemlich hohes Erzähltempo, welches sich in einer Reihe sehr rasanter Wendungen darstellt und zudem den Grad der Komplexität steigert, da Soneri in vielen Kapiteln nur so zwischen den Szenarien hin und her flitzt. Dadurch bewirkt das eigentliche Rätsel noch einen viel größeren Reiz auf den Leser, da dieser häufig mit losen Infos zurückgelassen wird und viele Details zunächst nicht näher bearbeitet werden. Dieses probate Mittel nutzt Varesi im Laufe von Soneris Ermittlungen kontinuierlich, um die Spannung anzuheizen, was ihm abgesehen von einigen kleinen Ungereimtheiten in der Mitte des Buches auch fabelhaft gelingt.

Die Geschichte selber ist sowohl auf den Hintergrund als auch auf den Verlauf der Handlung bezogen unheimlich interessant. Varesi kreiert einen Mythos um einen Club leidenschaftlicher Cineasten, denen ihr Hobby spürbar über den Kopf gewachsen ist, und verwandelt auch deren Umfeld in einen nebulösen Charakterhaufen, in dem keine Figur mehr über ihre Rolle preisgibt als zur gegebenen Zeit unbedingt nötig. Gerade hier zeigt der Autor seine wahre Stärke, lässt seine Leser bei dessen gedanklichen Ermittlungen immer wieder gerne ins offene Messer laufen und krempelt den Plot derart um, dass bis zu den letzten Seiten kein konkreter Verdacht innerhalb der Story Bestätigung findet. Oder anders gesagt: Hier entsteht in einem ganz besonderen Ambiente eine Geschichte, die ihren Zweck als Krimi kaum effektiver erfüllen könnte.

Hinzu kommen schließlich die vielen angenehmen Begleiterscheinungen der italienischen Kultur, die einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der fesselnden Erzählatmosphäre haben. Da wäre zuallererst das hitzige Beziehungsgeflecht des Commissarios und seiner stets gereizten Angetrauten Angela, die sich wie auch schon in den vorangegangenen Büchern trotz ihrer ständigen Wortduelle und verbaler Verfehlungen prima ergänzen. Zwei typische Italiener, wie man meinen mag, ohne dass Varesi hierbei Formen des Klischees überstrapazieren würde. Dann wäre da die Passion für den kulinarischen Bereich, diesmal zur Schau gestellt in Soneris Besuchen beim Antiquar Costamagna, der stets den passenden Käse zum roten Jahrgangstropfen bereithält. Und schließlich ist natürlich die düster-romantische Atmosphäre zu erwähnen, die der neblige Schauplatz Parma in Varesis neuer Erzählung präsentiert. Auch bei den Rahmenelementen der Handlung ergänzen sich viele Puzzleteile zu einem perfekten Setting, welches schlussendlich die Basis für Varesis bislang wohl besten Roman liefert.

Ungewöhnliche Themen in einem ungewöhnlichen Szenario: „Lichtspiele“ ist ein meisterhafter Kriminalroman, der einerseits ganz in der bisherigen Tradition des Autors steht, aufgrund der komplexen Verstrickungen von Charakteren und Ereignissen jedoch den Anspruch an einen Varesi-Titel noch einmal heraufsetzt. Liebhaber des Autors und südländischer Kriminal-Kost im Allgemeinen werden mit diesem sehr kurzweiligen Schmuckstück bestens bedient!

|Originaltitel: Il cineclub del mistero
Deutsch von Karin Rother
283 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-499-23951-9|
http://www.rowohlt.de

_Mehr von Valerio Varesi auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Nebelfluss“ 1587
[„Die Pension in der Via Saffi“ 3001

Crown, Ellen B. – Top Secret 1: Herz aus Eis

_Besetzung_

Erzähler: Klaus D. Klebsch
Jade Morgrave: Christine Pappert
W. Ashton Rawleigh: Thomas Karallus
Charles Desmond: Wolfgang Condrus
Mr. Barker: Andreas Borcherding
Ramon Gúajero: Walter v. Hauff
Miguel Lopez: Wolfgang Bahro
Carlos Sanchez: Michael Scherntaner
Sheriff: Norbert Gastell
Lt. Sergej Vechayew: Peter Groeger

Buch & Idee: Ellen B. Crown
Bearbeitung: Marc Chainiaux / Peter Brandt

_Story_

Vor einer Insel im Pazifik wird in der abgetrennten Hand eines auf merkwürdige Art und Weise umgekommenen Drogenschmugglers die Marke eines seit nunmehr 40 Jahren vermissten Kriegsstrategen entdeckt. Dieser Umstand ruft die Organisation Trinity auf den Plan, die sich eigenartigen Phänomenen wie diesem verschrieben hat und nun zwei ehemalige Agenten rekrutiert, um der Sache nachzugehen. Doch die widerspenstige Jade Morgrave und der ewige Störenfried Ashton Rawleigh lassen sich nicht so leicht in die Dienste des Unternehmens stellen. Erst mit Nachdruck kann Mr. Baker, die rechte Hand von Firmenchef Charles Desmond, die beiden überzeugen, ihr bisheriges, chaotisches Leben hinter sich zu bringen und wieder für die Regierung zu arbeiten.

Als das Duo schließlich nach Südamerika aufbricht, sammeln sich einige Ungereimtheiten um das eigentliche Projekt. Morgrave und Rawleigh begeben sich in Lebensgefahr und stellen ihre Auftraggeber in Frage. Doch in Wirklichkeit ist es etwas ganz anderes, das die heimliche Inselidylle aus der Ruhe bringt …

_Persönlicher Eindruck_

Mystery-Serien und finstere Thriller mit übersinnlichen Inhalten sind derzeit das Top-Thema auf dem Hörspielmarkt, jüngst wieder bestätigt in der Kai-Meyer-Adaption „Die Alchimistin“, deren üppige Ausstattung und majestätische Gestaltung in diesem Jahr gänzlich neue Standards in der Szene gesetzt hat. Derartige Entwicklungen sind auch in der Hörspiel-Schmiede der |vghaudio| und |Maritim-Produktionen| nicht spurlos vorbeigezogen. Neben den vielen Kriminalformaten, mit denen sich der Verlag in letzter Zeit einen Namen gemacht hat, erscheint nun mit „Top Secret“ ebenfalls eine eher düstere Thriller-Reihe, die jedoch in einem äußerst modernen Setting angesiedelt ist. „Akte X“ im Hörspielformat? Nicht ganz, aber so ähnlich …

In Sachen Aufbereitung und Inszenierung knüpft „Top Secret“ jedenfalls schon einmal an die wichtigsten Vertreter der Zunft an und glänzt mit effektvollen Sounds, einer ansprechenden musikalischen Untermalung und ambitionierten Sprechern. In der Auftaktstory „Herz aus Eis“ hat man sich auch direkt ein recht interessantes Thema ausgesucht und es mit den Inhalten einer modern aufbereiteten Kriminal-/Thriller-Handlung kombiniert. Drogenschmuggel, verschollene Persönlichkeiten, zwei ignorante, zunächst weniger sympathische Agenten in der Rolle des Hauptdarstellers und eine Spur Übersinnliches – hier treffen schon einmal ein paar Welten aufeinander, die im literarischen Bereich oftmals getrennt voneinander agieren.

Aber auch die Strukturierung ist bewundernswert dynamisch. Rasche Szenenwechsel, in diesem Rahmen eine ziemlich ausführliche Einführung von Personen und der Organisation, die auch in den kommenden Serientiteln noch eine Rolle spielen wird, und dazu dezente Andeutungen zu Hintergründen und Komplexen, ohne dabei jedoch schon aufs Ganze zu gehen. Schritt für Schritt wird hier ein spannendes Konzept erstellt, in dem langsam aber sicher alle Darsteller ihren Platz finden und welches sich schon zu Beginn als Storyboard für einen potenziellen Mehrteiler vorstellt, ohne dabei jedoch die eigentliche Tragweite der Handlung bewusst zu machen. Hier ist nämlich dann doch das entscheidende Manko von „Herz aus Eis“: Der Detailreichtum ist so immens groß, dass die Geschichte es zum Ende hin kaum mehr schafft, alle Inhalte konsequent abzuarbeiten. Während man sich nämlich in langsamen Schritten auf ein großes Finalszenario vorbereitet, muss man irgendwann verbittert feststellen, dass die Story abrupt und ohne irgendeine Form von Vorwarnung endet – und das kann, zumindest in dieser Form, kaum akzeptiert werden.

Unverständlich ist das rasche Ende der Handlung vor allem vor dem Hintergrund der allgemein knappen Spielzeit. Da wird eine komplette Halbzeit dafür aufgebracht, Rawleigh und Morgrave zu überreden, ins Team einzusteigen, hierbei werden ferner auch manche nutzlosen Dialoge integriert, und wenn es schließlich drauf ankommt, das Konstrukt schön weit aufzuspannen und die Spannung zum Siedepunkt zu bringen, entscheidet sich die Autorin dazu, erst gar nicht mehr in die Tiefe zu gehen und quasi mittendrin abzubrechen. Seltsam, aber leider wahr!

Aus diesem einzigen Grund ist der Auftakt zur neuen Serie im Grunde genommen schon ein klassischer Fehlstart. Viele gute Ansätze werden mit der urplötzlich aufgeworfenen Endsequenz ebenso wieder begraben wie das richtig kraftvolle Potenzial des Plots. Dabei hat „Top Secret“ wirklich alles, was ein gutes Hörspiel benötigt: gute Sprecher, ein funktionierendes Gerüst und einen Hang zur Perfektion bei der Inszenierung. Warum wurde also bei der Ausarbeitung der Story zum Ende hin gespart? Tja, diese Frage kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Dennoch: Schade um die zunächst vergebene Chance, eine gute neue Serie mit einem Paukenschlag zu eröffnen.

|50 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-86714-141-3|
http://www.maritim-produktionen.de/

Peinkofer, Michael / Rohrbeck, Oliver – Team X-treme 1: Alles oder nichts (Hörspiel)

_Story_

Conrad Leland trägt ein schweres Los; infolge eines Anschlags lebt er inkognito und operiert nur noch über seine künstliche Intelligenz, mit deren Hilfe das Team X-treme gegründet wurde. Charlie, Race und Kami wurden bei ihrer Aufnahme mit moderner Spezialausrüstung ausgestattet und sollen nun aktiv das Verbrechen bekämpfen und Leland und sein Vermächtnis rächen.

In ihrem aktuellen Fall jagen die drei Agenten einen Falschspieler namens Kanga, der in den Casinos Monacos illegales Geld erspielt und es an Gesetz und Steuern vorbeischleust. Charlie gelingt es, in dessen Hotel einzudringen und einen Datenträger sicherzustellen, der die Machenschaften des Gangsters beweist, wird dabei aber von einem merkwürdigen jungen Mann überrascht, der sich als Kyle Connor vorstellt und unter Amnesie leidet.

Connor war kurz zuvor von einem Gangsterteam überrumpelt worden und hofft nun, mit Hilfe des Team X-treme mehr über seine wahre Identität herauszufinden. Doch aufgrund seines starken Egos wird er von den Mitgliedern der Agententruppe nur schwer akzeptiert. Erst auf Geheiß Lelands findet er Zugang zur Mannschaft und erfährt bald, dass seine Vergangenheit unmittelbar mit dem aktuellen Fall des Teams in Verbindung steht.

_Persönlicher Eindruck_

Neue Helden braucht das Land – vor allem im Hörspielsektor, der gerade im Jugendbereich nach dem steten Qualitätsverlust der „TKKG“-Serie und den zuletzt auch nicht mehr ganz so ereignisreichen Fällen der drei ???-Detektive aus Rocky Beach im Begriff ist, deutliche Einbußen zu verzeichnen. Mit einem renommierten Team hat sich Autor Michael Peinkofer nun an die Herausforderung gewagt, eine neue Agenten-Combo ins Rennen zu schicken und der kultigen Konkurrenz Beine zu machen. Gemeinsam mit Komponist Max Buskohl, der für die Titelmusik verantwortlich ist, und Produzent Oliver Rohrbeck hat Peinkofer das „Team X-treme“ entworfen, eine recht vorlaute junge Truppe, die mit modernen Hilfsmitteln und in riskanteren Missionen in bester James-Bond-Manier um Zuhörer buhlt – und damit auch schnell Erfolg haben dürfte.

Die vorwiegende Stärke der Serie scheint, der ersten Episode nach zu urteilen, vor allem bei der dynamischen Inszenierung zu liegen. Das Erzähltempo ist relativ hoch, darüber hinaus gibt es unzählige flotte Szenenwechsel, und auch auf der Charakterebene passiert eine ganze Menge im zwischenmenschlichen Bereich, auch wenn hier der Anspruch, dem Zielpublikum entsprechend, nicht zu hoch angesetzt werden darf. Natürlich wimmelt es dabei auch vor Rezitierungen aus dem Kosmos der großen, bekannten Hörspielserien. Kleine Machtkämpfe zwischen den männlichen Protagonisten, leicht klischeebesetzte Bösewichte, manchmal überzogen scharfe Sprüche – das „Team X-treme“ schreckt grundsätzlich vor nichts zurück, was ein modernes Jugendhörspiel ausmacht, teilweise aber auch belastet.

Allerdings ist das grundlegende Setting hier ein anderes und aufgrund der interessanten Background-Story auch durchaus reizvolles. Die Hintergründe um die mysteriöse KI des Conrad Leland bieten ordentliches Potenzial, aber auch die Teammitglieder scheinen individuell noch einiges zu verbergen haben und können sich relativ problemlos als neue Serienmannschaft etablieren. Einzig die manch etwas sehr flachen Dialoge und die Spitzen, die Kyle und die übrigen Jungs untereinander austauschen, könnten etwas spärlicher gesät sein. Dies jedoch macht „Alles oder nichts“ mit einer richtig guten Story, einem schlüssigen, temporeichen Handlungs-Arrangement und einer lebendigen, aufwändigen Inszenierung wieder wett.

Aus diesen Gründen darf man den Start der Serie auch größtenteils als gelungen bezeichnen. Ob man die starke |Europa|-Konkurrenz wirklich angreifen kann, muss sich zwar noch herausstellen, doch mit dem Debüt ist zumindest schon einmal die Saat für eine viel versprechende Zukunft auf dem Hörspielmarkt ausgelegt.

|56 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3555-8|
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stiftung-x.de
http://www.michael-peinkofer.de
http://www.wellenreiter.la

Arleston, Christoph / Latil, Dominique (Autoren) / Labrosse, Thierry (Zeichner) – Morea 4: Der Duft der Ewigkeit

Band 1: [„Das Blut der Engel“ 4350
Band 2: [„Das Rückgrat des Drachen“ 4561
Band 3: [„Das Feuer der Zeit“ 5028

_Story_

Nach ihrem kurzen Exkurs ins Weltall ist Morea Doloniac wieder ins Heer der DWC zurückgekehrt, sieht sich dort aber direkt mit den nächsten Schwierigkeiten konfrontiert. Ein Teil des Firmenkomplexes wird von einer gewaltigen Explosion auseinandergerissen, und es soll nicht bei diesem einen Anschlag bleiben. Bei den Recherchen entdeckt Morea, dass ihr langjähriger Butler Jeeves ebenfalls den Drachen angehört und lediglich in ihre Dienste getreten ist, um die junge Miss Eoloniac zu beschützen. Er ist es auch, der auf die geheime Substanz stößt, die sich in der explosiven Mischung befindet und für die Zerstörung ganzer drei Etagen verantwortlich ist.

Kurz darauf begeben sich Terkio und Morea zum einzigen Untergrund-Händler Südamerikas, der mit dem gefährlichen Thoratex dealt, bekommen hier jedoch eine fürchterliche Abfuhr erteilt. Auf der Flucht vor den Handlangern des berüchtigten Mr. Mong stößt Morea auch schon auf das nächste Desaster: Während sie die Angriffe auf die DWC aufzuklären versucht, hat Gregor Noche die Gelegenheit genutzt, um seine Intrige innerhalb des Konzerns von innen heraus auszubreiten. Dieses Mal jedoch sind Morea, ihr Verehrer Theo und der grobschlächtige Terkio ihrem Nebenbuhler allerdings einen Schritt voraus …

_Persönlicher Eindruck_

Im vierten Teil von Arlestons immer stärker werdenden Serie „Morea“ blendet der Autor den übergeordneten Streit zwischen Engeln und Drachen einmal kurzzeitig aus, um das Action- und Humorpotenzial so richtig schön auszuschlachten und in einer atemberaubenden, 007-ähnlichen Agenten-Story an den Mann zu bringen. Das Tempo schießt schlagartig in die Höhe, die komplexen Inhalte werden zwischenzeitlich in den Hintergrund gedrängt, aber auch die Dialoge gewinnen merklich an Spritzigkeit, unter anderem bedingt durch die ständigen Streitigkeiten zwischen Theo und Terkio.

Der Direktor, der insgeheim eine Affäre mit der DWC-Inhaberin pflegt, ist geplagt von Eifersuchtsgefühlen und kann überhaupt nicht vertragen, dass seine Geliebte mit dem eigenartigen Söldner ihre Zeit verbringt. Allerdings will er auch nicht die Bedeutung von Terkios Einsatz verstehen, so dass einerseits der Nährboden für humorvolle Missverständnisse und eine ausgesprochene sprachliche Dynamik ausgelegt ist, andererseits aber auch die emotionale Komponente an Bedeutung gewinnt und die Story ordentlich würzt. Oder kurz gesagt: Arleston hat eine Menge Feuer in den vierten Band seiner populären Reihe gepumpt – und das hat, auch abseits der Hauptgeschichte, an dieser Stelle prima funktioniert!

Allerdings ist der Erfolg dieser Entwicklung nicht selbstverständlich und lässt sich hier nur vor dem Hintergrund einer fantastischen Mini-Story innerhalb des Hauptplots realisieren. Zwar werden im Hintergrund weiter die Fäden des eigentlichen Strangs gesponnen, insbesondere auf der intriganten Führungsebene der DWC, jedoch kann man „Der Duft der Ewigkeit“ auch als unabhängige Geschichte betrachten, für die man nur geringfügige Vorkenntnisse über die Personenkonstellationen benötigt. Diese sollen sich in Episode Nummer vier im Übrigen noch einmal ändern. So lüftet beispielsweise der Butler ein verblüffendes Geheimnis, aber auch das ungleiche Verhältnis zwischen Morea und Theo macht die Beziehungskisten noch einmal zu einer ganz eigenwilligen Angelegenheit im Rahmen der Story, die für das hohe Niveau, welches man inzwischen erreicht hat, bürgt.

Unterdessen ziehen auch die Zeichnungen bei der hohen Geschwindigkeit der Handlung mit. Viele Details verstecken sich in den Illustrationen von Labrosse, der den franko-belgischen Stil mit viel Pfeffer ausprägt und auch auf grafischer Ebene für das bisherige Maximum im Serienverlauf sorgt. Merkwürdig eigentlich: Da reißt der Autor einen ordentlichen Komplex auf und erzielt seinen besten Treffer genau dann, als er wieder mit gradlinigen Inhalten zur Basis zurückkehrt. Aber wie auch immer: „Der Duft der Ewigkeit“ ist ein erstklassiger Comic und der Höhepunkt aller vier bislang veröffentlichten „Morea“-Ausgaben.

|Originaltitel: Moréa – Un parfum d’éternité
48 Seiten, farbig
ISBN-13: 978-3-939823-93-3|
http://www.splitter-verlag.de

Wilson, Kevin – Doom – Das Brettspiel: Die Erweiterung

„Doom“ als Brettspiel? Diese Idee schien vor wenigen Jahren noch undenkbar, nicht zuletzt, da sowohl die cineastische als auch die literarischen Adaptionen so richtig in den Sand gesetzt wurden und man sich gemeinhin kaum vorstellen konnte, dass die Monsterhatz auf dem Spielbrett einen gewissen Anspruch vorweisen könnte. Als Kevin Wilson den Titel dann 2005 aufs Brett brachte, rieben sich viele Skeptiker verwundert die Augen: Das Spiel hatte weitaus mehr Potenzial, als man vorher erahnen konnte (oder wollte), und wies später den Weg für durchschlagskräftige, erfolgreiche Dungeon-Games wie beispielsweise [„Descent“. 3316

Mittlerweile ist [„Doom – The Boardgame“ 3099 eine feste Größe im |Fantasy Flight Games|-Programm und auch hierzulande ein hochgeschätzter Titel. Dementsprechend ist es weniger verwunderlich, dass der |Heidelberger Spieleverlag| sich dazu entschlossen hat, die in den Staaten bereits länger veröffentlichte Expansion auch in deutscher Sprache zu veröffentlichen. Und als wäre dies nicht schon genug, hat man der Erweiterung neben den fünf neuen Standardszenarien noch zwei gänzlich neue Spielmodi geschenkt. Gründe genug also, um sich einmal näher mit der Fortsetzung zu beschäftigen, die sich eventuell sogar zum heimlichen Sommerhighlight im Verlagsprogramm mausern könnte.

_Spielidee_

Auch in der Erweiterung kämpfen maximal drei Marines gegen die außerirdischen Kreaturen, die mit einem hohen Gewaltpotenzial ihre Invasion vorbereiten. Die Marines nutzen ihr Wissen in fünf neuen Missionen, um die UAC-Marsbasis zu infiltrieren und die Feinde auszurotten. Allerdings haben ihre Gegner sich radikal vermehrt. Sechs neue Monstertypen haben die Eindringlinge verstärkt, darunter die mächtigen Vagarys. Zudem wird die Atemluft für die Marines deutlich dünner. Luftleere Bereiche und Flammenmeere machen den ausgesandten Kämpfern das Leben zur Hölle und beeinträchtigen die Bedingungen, unter denen die irdischen Männer hier um den Sieg fechten müssen. Andererseits können die Marines auf ein noch breiteres Waffenarsenal zurückgreifen. Unter anderem können sie über Robogeschütze und einen ultimativen Tötungsmechanismus verfügen.

Unter verschärften Vorgaben gehen die Gefechte also in eine bzw. fünf neue Runden. Doch dies ist noch nicht alles. In einem Deathmatch können bis zu sechs Spieler gegeneinander antreten und um eine vorher abgestimmte Anzahl Kills spielen. Und direkt aus dem Videospiel hat man die „Capture The Flag“-Idee übernommen, die von zwei Dreierteams (unabhängig von der Spielerzahl) aufgegriffen und ausgetragen wird.

_Spielmaterial_

• 1 Regel- und Szenarienhandbuch
• 4 Übersichtstafeln
• 3 Marinefiguren mit Kettensägen
• 3 Vagary Figuren
• 3 Cacodemon Figuren
• 6 Revenant Figuren
• 6 Cherub Figuren
• 3 Maggot Figuren
• 12 Zombie Commando Figuren
• 66 Eindringlingskarten
• 10 Marine-Karten
• 5 Schwierigkeitsgradkarten
• 3 Ersatzkarten Blindgänger
• 3 Ausrüstungsbehälter der Marines
• 5 luftleere Korridore
• 1 luftleerer Winkel
• 2 luftleere Verbindungen
• 2 luftleere Sackgassen
• 1 Raum
• 1 Verbindung
• 1 Winkel
• 4 Hindernisse
• 4 Luftschleusen
• 4 Standfüße für Luftschleusen
• 2 Basen
• 4 Flammenstrahlen
• 2 Teleporter
• 8 Spielsteine Verletzung
• 6 Spielsteine Rüstung
• 9 Spielsteine Befehle für Marines
• 10 Spielsteine Robogeschütz
• 34 Zerfetztmarker
• 6 Marker Wiedereintrittspunkt
• 6 Spielzugmarker
• 8 Waffen
• 5 Seelenmarker
• 8 Sauerstoffflaschen
• 4 Unsichtbarkeitsmarker
• 4 Vitalbooster
• 4 Berserker

Wie gehabt ist die Schachtel auch bei der Erweiterung wieder richtig prall gefüllt. Neue Spielplanteile, dutzendfach neue Marker, vor allem aber auch wieder unzählige Plastikminiaturen zieren das Innere des Kartons und erfüllen rein quantitativ den Sinn einer Erweiterung ohne jegliche Zweifel. Allerdings ist das Material nicht beliebig gewählt; wieder einmal hat die |FFG|-Grafikabteilung Spitzenarbeit geleistet, sowohl bei den Designs der Monster als auch bei den Illustrationen auf den Karten und Markern. Doch auch für die Eigenreflektion des Teams verdienen die Entwickler an dieser Stelle Lob. Einige Marker aus dem Grundspiel wurden erneuert und können nun ausgetauscht werden. Perfektion als Maßstab – das gefällt!

_Die Erweiterung_

Am Spielverlauf hat sich jedoch zunächst einmal nichts verändert. Die Marines haben immer noch den Auftrag, die Region zu säubern, die Kreaturen zur Hölle zu jagen und rechtzeitig zu entwischen, während den Eindringlingen eine szenarienabhängige Anzahl von Killpunkten genügt, um den Sieg nach Hause zu bringen. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen entscheidend verändert, und zwar auf beiden Seiten:

Auf Seiten der Marines gibt es unter anderem Vorteile durch die neuen Waffensysteme. Die Robogeschütze können am Ende eines Spielzugs zusätzlich zu den eigenen Offensiv-Bemühungen aktiviert und eingesetzt werden, wohingegen der so genannte ‚Soul Cube‘ die Seelen der Monster sammelt und später in einem tödlichen Gewaltangriff wieder entlädt. Außerdem gibt es natürlich einen neuen Kartensatz, der ergänzend zu den bereits vorhandenen Karten aus dem Grundspiel verwendet wird und wieder neue Optionen für die Heldenfraktion bietet.

Diesen Vorteilen stehen einige räumlich bedingte Hindernisse in der Marsstation entgegen. Den Beginn macht hier ein gefährliches Fallensystem, bestehend aus einem Flammenmeer, welches immer wieder neu aktiviert wird und großen Schaden anrichtet. Ferner gibt es luftleere Räume, die nur mit einer Sauerstoffflasche betreten werden dürfen und gegebenenfalls zur tödlichen Falle für die Marines geraten können. Und natürlich kommen auch wieder neue Monster zum Einsatz, wobei der Spieler nun die Wahl hat, ob er die Kreaturen aus dem Grundspiel, die neuen oder doch eine Mischung aus beiden für sein Spiel wählt. Die meisten neuen Figuren sind in ihrer Wertigkeit ihren Vorgängern gleich und können somit beliebig gemischt werden. Lediglich die Vagarys machen hier einen Unterschied.

Der Spielablauf ändert sich dementsprechend nur geringfügig. Der Spieler, der die Eindringlinge steuert, muss sich anfangs nur dafür entscheiden, mit welchem Kartensatz er spielt und welche Kreaturen in seinen Startersatz gehören. Die Aufteilung der Spielzüge und das Rundensystem wurden indes nicht geändert. Abgesehen von einigen speziellen Modi, die in den fünf neuen Szenarien noch einmal genauer beschrieben sind, bleibt spielmechanisch alles beim Alten – nur eben mit dem Unterschied, dass man aufgrund der zahlreichen frischen Utensilien nun noch eine ganze Menge mehr beachten muss!

_Deathmatch_

Die Voraussetzungen für das Deathmatch sind hingegen grundlegend anders. Bevor das eigentliche Spiel beginnt und die Teilnehmerzahl bestimmt wird, wird das Zerfetzungslimit festgelegt. Dieses besagt, wie viele feindliche Kills man verbuchen muss, bevor man das Spiel als Sieger verlassen kann. Anschließend wählt man eines der drei Szenarien für diesen Modus aus dem Handbuch und rüstet seine Spielfigur aus.

Jeder Marine erhält nun einen Ausrüstungsbehälter mit fünf Verletzungs- und zwei Rüstungsmarkern. Bestimmte Marines-Karten werden anschließend aussortiert, der verbleibende Stapel danach gemischt. Jeder Spieler erhält zwei Karten. Als Letztes werden die Figuren auf einen der Wiedereintrittspunkte gesetzt, von wo aus sie nun starten. Sollten nur zwei oder drei Spieler beteiligt sein, steuert jeder Spieler zwei Marines und wählt dabei diejenigen mit Schusswaffen oder einen Marine mit Kettensäge.

Das Spiel verläuft nun reihum im Uhrzeigersinn, und zwar so lange, bis das Spielziel erreicht ist. Bei fünf festgelegten Zerfetzungspunkten ist also genau dann Schluss, wenn ein Spieler fünf feindliche Marines besiegt hat. Allerdings ist eine Vernichtung nicht endgültig. Die Spieler können ihre Figuren über einen Wiedereintrittspunkt erneut zurückbringen, jedoch schwächer bestückt als zuvor.

Änderungen im Spielverlauf gegenüber dem Hauptspiel bestehen derweil nur in der Aufnahme der Ausrüstung. Waffen können nur limitiert eingesetzt und müssen später wieder abgeworfen werden. Außerdem bleiben die Waffenmarker liegen, so dass die Instrumente ständig für alle Spieler verfügbar sind. Waffennachschub gibt es nämlich stets aus der Auslage.

Sollte es den Spielern nicht gelingen, das gesteckte Limit zu erreichen, bevor der Timer – dargestellt durch einen Eindringlings-Nachziehstapel – abgelaufen ist, endet das Spiel beim endgültigen Verbrauch des Kartenstapels. In diesem Fall siegt derjenige Spieler, der die meisten Punkte vorweisen kann.

_Capture The Flag_

Auch im „Capture The Flag“-Modus gibt es drei unterschiedliche Karten, auf denen alle sechs Marines-Figuren gleichzeitig agieren. Die Teams werden mit jeweils drei Söldnern besetzt (Kettensägen vs. Blaster) und bemühen sich, die Flagge des Gegners von dessen Hauptquartier zur eigenen Basis zu bringen. Auch hier wird vorab eine gewisse Anzahl von Punkten festgelegt, die definiert, wie oft die Flagge gesichert werden muss. Der Eindringlingskartenstapel dient wiederum als Timer und läutet das alternative Ende ein.

Im Gegensatz zum Deathmatch sind Zerfetzungen eines Marines hier unerheblich, können allerdings wichtig sein, wenn dieser Marine gerade eine Flagge trägt. Tödliche Salven oder ein Kettensägenmassaker sind bisweilen nämlich die einzige Möglichkeit, den Gegner von seiner erbeuteten Flagge loszueisen.

_Weitere Szenarien_

Insgesamt sind im Expansion-Pack fünf neue Missionen und jeweils drei Karten für die neuen Spielmodi verfügbar. Darüber hinaus bietet das Regelwerk jedoch noch eine Vielzahl zusätzlicher Mods, die man manuell in die einzelnen Partien integrieren kann. Der Schwierigkeitsgrad kann beispielsweise durch spezielle Karten modifiziert werden und etwas mehr zu einer bestimmten Seite schwenken. Darüber hinaus können Waffen über unendliche Munition verfügen, und natürlich kann man auch Einfluss auf das Kartenmaterial nehmen. Auch für Deathmatch und Capture The Flag hat man individuelle Eingriffe als Vorschlag aufgeführt, wie etwa die Kürzung oder Streckung des Timers. Mit diesen Optionen kann man das Spiel vor allem immer dann anpassen, wenn unerfahrene, neue Spieler hinzustoßen, die noch nicht so recht mit der Materie vertraut sind. Und schließlich ist auch dies Sinn und Zweck einer Erweiterung.

_Persönlicher Eindruck_

Die Erweiterung zu „Doom – Das Brettspiel“ erfüllt nun wirklich alle Voraussetzung, die eine solche Ergänzung vorweisen sollte. Eine Vielzahl neuer Spielelemente kommt hinzu, die Mechanismen werden noch einmal optimiert – hier vor allem mit Hinblick auf kleine Regellücken des Basisspiels – und mit den beiden frischen Spielmodi stoßen zwei Systeme hinzu, die man gar nicht genügend ausreizen kann. Dementsprechend sind gerade die Inhalte, die man anfangs noch für die wichtigsten befunden hätte (nämlich die fünf neuen Missionen samt neuer Spielfiguren), fast noch diejenigen, die am wenigsten ins Gewicht fallen – und das will schon was heißen. Doch ganz langsam …

Die Basiserweiterung alleine ist schon richtig stark. Alle Missionen bieten runderneuerte Komplexe, teils sogar mit noch höherem Anspruch, bedingt durch den Ausbau der Rahmenbedingungen des Spiels. Es ist zwar nicht ganz zu verstehen, warum das Gros der neuen Figuren keine eigenen Charaktersheets bekommt und nur als gleichwertig zu bekannten Kreaturen aufgeführt wird, jedoch ist dies auch schon die einzige Ungereimtheit, die der Fan letzten Endes schlucken muss. Dafür gefallen jedoch die frischen Anordnungen wie etwa die luftleeren Räume und die Flammenmeere, die den Marines das Spiel unheimlich erschweren. Aber auch das neue Kartendeck der Eindringlinge zeigt erfreulicherweise jede Menge neuer Optionen und sorgt somit gerade auf Seiten der Feinde für einen größeren Schatz an Handlungsmöglichkeiten.

Wer nun jedoch glaubt, das Spiel würde nur auf einer Seite Prioritäten setzen und das Gewicht somit verschieben, sieht sich aber getäuscht. Es gibt nämlich genügend neue Waffen, die den gerade angeführten Vorteil wieder ausmerzen und die Balance wiederherstellen. Und in allergrößter Not kann man immer noch mit unterschiedlichen Startvoraussetzungen beginnen, indem man die Karten für die Schwierigkeitsgrade bemüht. Ergo: Hier wurde wirklich an alles gedacht!

Unerschöpflich ist indes das Potenzial der beiden Bonus-Games. Mit dem „Deathmatch“ macht ein bewährtes PC-Vorbild erstmals Schule auf dem Brett und zeigt sich hier erwartungsgemäß souverän. Insgesamt drei Pläne für diesen Systemtypen wurden ins Handbuch eingeschoben, wobei die Matches eigentlich unabhängig von den Karten ablaufen. Schließlich kämpft hier jeder gegen jeden – und da kann der Raum manchmal nicht eng genug sein.

Ähnlich sieht dies beim zweiten Extra, dem „Capture The Flag“-Modus, aus. Abgesehen davon, dass man im Team agiert, kommt hier ebenfalls ganz schnell eine „Alle gegen alle“-Mentalität auf, die dem Spiel eine Brisanz verleiht, wie man sie sonst wahrscheinlich wirklich nur vom PC kennt. Und auch hier gilt: Es sind zwar nur drei Karten, doch da sich der Spielverlauf immer wieder ändern wird und man mit den unterschiedlichsten Taktiken agieren kann, könnte man womöglich Jahre mit diesem System verbringen, ohne dass es Langeweile brächte – und falls doch, denkt man einfach nur mal darüber nach, vielleicht auch in diese Modi Eindringlinge hineinzuschiffen – auch wenn dies wohl nur Freaks vorbehalten ist … Fazit an dieser Stelle: Spitzen-Ergänzungen, die „Doom – Das Brettspiel“ qualitativ und quantitativ enorm bereichern!

Das Resümee muss dementsprechend ebenso positiv sein. Mit der Erweiterung zum viel gelobten Brettspiel setzt Kevin Wilson auf seine bereits erprobte, starke Spielidee noch einen drauf. Das Gesamtsystem ist noch eine Spur ausgereifter, die beiden Extra-Optionen sorgen für Abwechslung und summa summarum wurde so ein ohnehin schon vielseitiges Brettspiel noch facettenreicher gestaltet. Dass eine Erweiterung noch einmal so viele neue Ideen bringt, ist schon außergewöhnlich, verdient aber umso mehr Lob. Und auch wenn dies wie die Worte eines bekehrten Fans klingen mag: An dieser Expansion sowie am [Basisspiel 3099 generell führt absolut kein Weg vorbei!

http://www.hds-fantasy.de/
http://www.heidelberger-spieleverlag.de/

Mignola, Mike / Davis, Guy – Froschplage, Die (B.U.A.P. 2)

Band 1: [„Hohle Erde“ 2571

_Inhalt_

|“Dunkles Wasser“|

In Shiloh wird ein altes Schlammloch ausgehoben, um die Stadt attraktiver zu gestalten. Doch die Maßnahme schockiert die gesamte Bevölkerung, als auf dem Boden des Tümpels drei gut erhaltene Frauenleichen entdeckt werden. Das Team der B.U.A.P. wird engagiert, um der Sache nachzugehen, und stößt dabei auf die Spuren von Hexen. Diesen Gedanken verfolgt auch der fanatische Pfarrer Blackwood, der die Leichen wieder verschwinden lassen möchte und ihnen keine an gemessene Bestattung gönnt.

|“Im Osten nichts Neues“|

In Moldawien initiiert ein Grabräuber eine Zombie-Plage, die von den B.U.A.P.-Mitarbeitern umgehend gestoppt werden soll. Dabei entflieht auch ein einstiger Tyrann seinem Grab, der dem Team schon bald Ärger bereiten soll …

|“Die Froschplage“|

Der Mord an einem populären Wissenschaftler ruft das Team der B.U.A.P. ein weiteres Mal auf den Plan. Bei der Verfolgung des eigenartigen Mörders stoßen die Agenten auf einen merkwürdigen Pilz, der seine Macht scheinbar aus den verborgensten Winkeln der Erde bezieht und für die Froschmutationen vieler Menschen verantwortlich ist. Infolge dieser seltsamen Begebenheiten hat vor allem Abe Sapien einen schweren Stand; während seine Kollegen den Feind und den Dämon, der die Froschplage eingeleitet hat, bekämpfen, wird der erfahrene Agent von seiner eigenen Vergangenheit eingeholt und erfährt auf dem Weg ins tödliche Nirwana mehr über sein Schicksal und seine Bestimmung. Nur seine Freunde können ihn noch vor dem schier unvermeidlichen Aus retten. Doch die mutierten Grünlinge geben derweil ebenfalls keine Ruhe.

_Persönlicher Eindruck_

Ein rasanter Umschwung bevölkert Mika Mignolas neue Comicwelt namens „B.U.A.P.“ Zunächst nur als Ableger zur mittlerweile legendären „Hellboy“-Serie geplant und in einer recht eigenwilligen Schwarzweiß-Variante aufbereitet, nimmt die Reihe in der zweiten Veröffentlichung nun schon ganz konkrete Formen an und feiert mit „Die Froschplage“ den an dieser Stelle sicherlich unerwarteten Schritt in die Unabhängigkeit. Der Autor selber greift hierzu auf einige externe Mitarbeiter zurück, so zum Beispiel Zeichner Guy Davis, der dem Hauptplot der zweiten Ausgabe einige fantastische Illustrationen schenkt und entscheidenden Anteil daran hat, dass „B.U.A.P.“ schon nach dem zweiten Hardcover-Release das Zeug zum Klassiker hat.

Dabei beginnt der 160 Seiten starke Band noch recht gewöhnlich. Zwei relativ kurze Geschichten läuten die ersten farbigen Seiten ein und können dabei mehr („Dunkles Wasser“) oder weniger („Im Osten nichts Neues“) überzeugen. Insbesondere die Story um die osteuropäische Zombie-Plage wirkt ein wenig gedrungen und komprimiert, so dass ihr Potenzial sich erst gar nicht entfalten kann. Wären hier nicht die fantastischen Zeichnungen und so manch gute Idee, hätte man das Ganze auch gerne zugunsten einer etwas detailreicher aufgebauten Geschichte fallen lassen können. Letztere hört auf den Titel „Dunkles Wasser“ und glänzt mit einem kompakten, aber dennoch spannungsreichen Aufbau. Mignola baut genügend Freiräume für plötzliche Wendungen ein, erstellt unterdessen einige klare Charakterprofile und kann nach ungefähr 20 Seiten beruhigt zum Schluss kommen, ohne dabei die Quintessenz der Erzählung auszusparen. Respekt für den Mut zum Einleitungsprogramm für eine solch geniale Geschichte wie „Die Froschplage“! Diesen Part meistert „Dunkles Wasser“ nämlich mit Bravour.

Als Mignola dann jedoch zur Titelstory übergeht, kann er endlich aus dem Vollen schöpfen. Die Geschichte ist herrlich komplex geraten, wimmelt nur so von Querzitaten zur „Hellboy“-Serie und enthält von emotionalen Inhalten über Lovercraft’sche Finsternis bis hin zu rasanter Action alles, was man von Autor und Serie erwarten durfte. Allerdings sei hier erwähnt, dass ein gewisses Basiswissen Voraussetzung ist, um die vielen Anspielungen einordnen zu können und auch die Reflektionen der Story und der Hauptdarsteller zu begreifen. Leichte Kost ist „B.U.A.P.“ bzw. „Die Froschplage“ nämlich ganz sicher nicht, auch wenn es die ersten Eindrücke der Kurzgeschichten vermuten lassen.

Damit wären wir auch schon beim Kern der Kritik, nämlich dem Hinweis auf die außergewöhnlichen Kombinationen, die der Autor hier zusammensetzt. Horror, Thriller, Action und eine Spur Galgenhumor werden stellenweise noch intensiver als beim Pendant „Hellboy“ miteinander verflochten und in diesem Fall zu einer hervorragenden Hauptgeschichte verwoben, die nicht nur als Alternativprogramm zu Mignolas Serienhighlight zu empfehlen ist. Liebhaber stilübergreifender Comics werden im zweiten Teil von „B.U.A.P.“ ganz bestimmt voll und ganz auf ihre Kosten kommen!

http://www.cross-cult.de/

Wooding, Chris – Schleier der Erleuchtung, Der (Der verschlungene Pfad 3)

Band 1: „Die Weber von Saramyr“
Band 2: „Das Gambit der Kaiserin“

_Story_

Der von den Webern ausgefochtene Krieg stürzt das einst so friedliche Land Saramyr ins absolute Chaos. Düstere Dämonen suchen die Städte heim, Schmutz und Finsternis säumen die vormals paradiesischen Abschnitte, und jedes Fünkchen Hoffnung, welches durch die Standhaftigkeit des Roten Ordens und die wenigen Widerstandskämpfer aufrechterhalten wurde, scheint gegen die Brutalität, mit der die Weber ihr hinterhältiges Gefecht bestreiten, hoffnungslos.

Allerdings ist die Stimmung bei den Ordensschwestern ebenfalls getrübt von Uneinigkeiten und gegenseitigen Sticheleien, so dass die Versammlung in der Hauptstadt nicht nur der letzte Hoffnungsschimmer für das Land Saramyr bleibt, sondern auch den Zusammenhalt der einst miteinander verbundenen Gefährtinnen auf eine letzte harte Probe stellt. Gemeinsam suchen sie nach einer Schwachstelle in den Verbindungen der Weber und beschließen hierbei, den Krieg mit einer eigenen Offensive zu beenden – zum Vor- oder Nachteil Saramyrs. Doch um den Hexenstein zu zerstören, muss das mittlerweile in seiner Macht stark angewachsene Heer der Weber vernichtet werden – und dieses ist längst auf den Angriff von Kaiku und ihren Verbündeten vorbereitet.

_Persönlicher Eindruck_

Längere Zeit war gar nicht sicher, ob der dritte und letzte Band von Chris Woodings außergewöhnlicher Fantasy-Trilogie „Der verschlungene Pfad“ überhaupt hierzulande einen Release erfahren würde. Daher kam es zwischen dem zweiten und letzten Teil zu einer recht langen Veröffentlichungspause, in welcher der Inhalt der bravourösen Geschichte leider auch ein Stück weit aus den Gedanken des Lesers verschwunden war.

Wie verheerend genau diese Tatsache ist, erfährt man schließlich, wenn man bei der Lektüre der ersten Seiten von „Der Schleier der Erleuchtung“ versucht, wieder Zugang zur Story zu bekommen. Denn dies gelingt zwangsläufig nicht besonders gut. Das Hauptproblem besteht definitiv darin, dass die Serie bis dato schon einen ziemlich großen Komplex kreiert hat. Unzählige Figuren sind in die Handlung geschubst worden, Rollen wurden teilweise durch Intrigen und Entwicklungen innerhalb der Erzählung völlig verändert, aber auch die Chronologie hat noch einmal einen gewaltigen Sprung gemacht und stellt den Leser zunächst einmal vor eine echte Herausforderung.

Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass die Geschichte nicht mehr ganz so turbulent voranschreitet wie in den vorherigen Bänden und es ganze 200 Seiten andauert, bis der Plot dann doch noch mal in Schwung kommt – die ersten echten Längen schleichen sich in die Trilogie ein, obschon auf zwischenmenschlicher Ebene eine ganze Menge geschieht. Jedoch stellt man fest, dass insbesondere die Entwicklungen auf Seiten der Weber sowie ihre grausame Darstellung im Allgemeinen erst den ganz besonderen Reiz der Geschichte selber ausgemacht haben und man mit etwas Distanz nicht mehr dieses Prickeln fühlt, das sich damals in den ersten Büchern eingestellt ist. Schade, aber leider Fakt!

Dennoch: Woodings Feingefühl für besondere Beschreibungen und umfassende Präsentationen ist der Story erhalten geblieben und hilft über manch langatmigen Part im Laufe dieses Epos hinweg. Zwar ist die Übersetzung manchmal ein wenig einfallslos bei der Umsetzung seiner Ideen, jedoch gelingt es dem Autor beständig, den Leser in die Welt der asiatisch angehauchten Mythologie zurückzuholen und ihn dort auch wieder langfristig zu binden.

Als dann das große Finale relativ bombastisch eingeleitet wird, fühlt man sich dann auch wieder inhaltlich komplett heimisch. Der Krieg gegen die Weber enthüllt die letzten grausamen Facetten in „Der verschlungene Pfad“ und wird auf gewohnt hohem Niveau zu einem Ende gebracht. Dass das Ganze natürlich weitestgehend vorhersehbar geschildert wird, durfte man erwarten. Und dennoch hält Wooding noch eine Reihe echter Überraschungen bereit, welche die Geschichte würdig zu ihrem Ende führen und auch die Startschwierigkeiten nach der längeren Pause wieder zu überdecken wissen.

Kurz und bündig: „Der Schleier der Erleuchtung“ kann inhaltlich nicht mehr ganz mit den bisherigen Episoden der Trilogie mithalten, präsentiert sich aber dennoch als adäquates Finale einer außergewöhnlichen, phasenweise gar herausragenden Fantasy-Trilogie. Ein großer Dank an den Verlag noch zum Abschluss, und zwar dafür, dass er auch die Abschlussepisode noch auf den hiesigen Markt gebracht hat.

http://www.bastei-luebbe.de

Card, Orson Scott / Ellis, Warren / Ferry, Pasqual / Nord, Cary – ultimative Iron Man, Der – Band 2

_Inhalt_

|“Ultimate Iron Man II 1-2″|

Schwer gebeutelt, erholt sich Tony Stark gerade von einer schweren Explosion, die der Entwicklung eines neuen Iron-Man-Prototypen folgte. Doch der junge Stark findet kaum Zeit zur Rehabilitation, da sein Vater des Mordes an seinem größten Konkurrenten Zebediah Stane angeklagt wurde. Die Spur des Iron Man führt zu Stanes Jüngling Obediah, der zweifelsohne in die Intrige involviert ist, sich im anrüchigen Spiel mit dem Großindustriellen jedoch raffinierter und abgezockter gibt, als Stark zeitweise verkraften kann. Für den Iron Man reift nun die Zeit für extremere Maßnahmen …

|“Ultimate Human 1-2″|

Iron Man Tony Stark erhält Besuch von seinem langjährigen Freund Bruce Banner, der nach seinem letzten Gewaltausbruch in der mutierten Form des Hulk nach Lösungsstrategien sucht, um sein Alter Ego zu kontrollieren. Bei einem Experiment versucht Stark, das Verhalten zu analysieren und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Doch schnell gerät die Situation außer Kontrolle, als der Hulk die Fesseln sprengt und seine Umgebung erneut attackiert.

_Persönlicher Eindruck_

Eine ganze Weile ist vergangen, seit der ersten Sammelband um den ultimativen, jüngst zu Kinoehren gekommenen Iron Man das Licht der Welt erblickte, weshalb es schon fast befremdlich anmutet, dass die Geschichte nach mehr als zwei Jahren nun doch noch fortgeführt wurde. Die Inhalte sind inzwischen ein wenig verschwommen, und zudem dürften beinharte Fans auch ein wenig missmutig sein, denn nach dem spannenden Cliffhanger der ersten Ausgabe ist es umso unverständlicher, dass die Auflösung der Geschichte so viel Zeit in Anspruch nehmen musste.

Sei’s drum: Die Intrige um Zebediah und Obediah Stane findet in den letzten beiden Kapiteln einen recht interessanten Abschluss, dessen Intensität jedoch im Gesamtverlauf ein wenig schrumpft. Das psychische Wrack Obediah beispielsweise ist in seiner Charakterentwicklung ziemlich unstet und scheint manchmal sinnbildlich für den teils wackligen Plot, dem der rote Faden gleich mehr als einmal abhanden zu kommen droht. Gerade zum Ende hin ist der Fortschritt der Story ein wenig unbefriedigend und hinterlässt bei erwartungsvollen Anhängern des Vorgängers sicherlich einige gemischte Gefühle. Interessant sind die Ideen allemal, konsequent ausgearbeitet aber keineswegs.

Im zweiten Abschnitt kommt es dann zu einem legendären Gipfeltreffen; der Hulk trifft auf den klügeren Iron Man, da sich ihre jeweiligen ‚Insassen‘ entschlossen haben, eine Testreihe zur Bewältigung des Banner’schen Problems durchzuführen. Die Geschichte ist jedoch über weite Strecken sehr vorhersehbar gestaltet, während die Dialoge bei weitem nicht das Niveau erreichen, für das ein Starautor wie Warren Ellis eigentlich geschätzt wird. Auch wenn die Handlung noch einige überraschende Wendungen nimmt und sich unerwarteterweise noch halbwegs anständig entwickelt, hätte man hier definitiv mehr herausholen können.

Somit bleiben ein nicht ganz zufriedenstellender Abschluss und eine bisweilen fragwürdige neue Mini-Serie, die nicht so recht in die Gänge kommt, bei der Action dann aber doch noch verlorenen Boden gutmacht. Rechtfertigt dies zwei Jahre Wartezeit? Nun, wahrscheinlich nicht, womit „Der ultimative Iron Man 2“ definitiv nur ein Thema für die Die-Hard-Anhängerschaft des stählernen Riesen bleiben sollte. Durchweg überzeugen konnte dieser zweite Sammelband nämlich leider nicht.

http://www.paninicomics.de/?s=serie&gs__gruppe=124&t=ultimative-iron-man-s124.html

Sandemo, Margit – Sehnsucht (Die Saga vom Eisvolk 4)

Band 1: [„Der Zauberbund“ 4365
Band 2: [„Hexenjagd“ 4421
Band 3: [„Der Abgrund“ 4748

_Story_

Schon eine halbe Ewigkeit scheint Sold Tod die letzte Erschütterung über Lindenallee gebracht zu haben, als Tengel und Silje wieder in Aufruhr geraten. Die Pest hat das heimatliche Kirchspiel erreicht und rafft die ersten Bauernfamilien dahin. Tengel und sein Enkel Tarjei kümmern sich gemeinsam mit der missgebildeten, naiven Yrja um die wachsende Zahl der Patienten, können aber nicht verhindern, dass der schwarze Tod auch die eigene Familie befällt.

Gerade erst erholt, steht den letzten Vertretern des Eisvolkes bereits die nächste Prüfung bevor. Sunniva und Tarald, Sols Tochter und Dags Sohn, planen ihre Hochzeit infolge einer unplanmäßigen Schwangerschaft. Obwohl Tengel gegen die Geburt ist und selbst versucht, das Kind abzutreiben, setzt sich das gutgläubige junge Paar durch. Die Strafe folge sogleich. Der Jüngling scheint tatsächlich vom Fluch seiner Ahnen befallen zu sein, was Sunniva infolge der Empfängnis das Leben kostet. Aber auch für die schwer erkrankte Silje und Tengel scheinen die letzten Tage gezählt, wodurch sich das alternde Familienoberhaupt zu einer Verzweiflungstat hinreißen lässt.

Unterdessen ist die wenig schöne Yrja bestürzt über die Beziehung von Tarald und Sunniva. Viel zu gerne würde sie selbst den hübschen Sohn des Barons von Meiden an ihrer Seite haben, jedoch ist ihr stets bewusst, dass niemals ein Mann auch nur ein kleines bisschen Interesse für die hässliche Distel, wie sie genannt wird, empfinden wird. Nach Sunnivas Tod allerdings scheint Tarald mit einem Mal mehr für Yrja übrig zu haben. Allerdings steht ihr Verhältnis nach wie vor nicht unter einem guten Stern. Ausgerechnet die Liebe, die Yrja dem verfluchten Nachkommen von Tarald und Sunniva entgegenbringt, scheint die Wogen zu glätten …

_Persönlicher Eindruck_

Mit „Sehnsucht“ vollzieht „Die Saga vom Eisvolk“ einen ersten radikalen Wandel. Das Personal wird im Laufe des vierten Romans kontinuierlich ausgewechselt, aber auch die Story steuert eine völlig neue Richtung an, in der erstmals auch eine Reihe historischer Fakten eine bedeutsame Rolle spielen. Darüber hinaus ist auch die Zeitspanne der Erzählung viel umfassender. Belief sich die Handlung der vorangegangenen Bücher auf wenige Jahre, durchläuft die aktuelle Story gleich ein halbes Jahrhundert, ohne den Charakteren bzw. dem allgemeinen Inhalt die darstellerische Tiefe zu nehmen – und dies ist eine Kunst, die man der Autorin äußerst hoch anrechnen muss.

Dabei beginnt „Sehnsucht“ betont tragisch: Es ist die Zeit des Abschieds. Abschied von wichtigen, prägenden Figuren, Abschied aber auch von der steten Idylle, die Silje und Tengel in den vielen emotionalen Momenten der Saga durchlebten. Die beiden einstigen Protagonisten sehen ihrem Ende entgegen und machen Platz für eine Reihe zunächst noch gesichtsloser, dank der richtig starken Präsentation wirklich toller Hauptakteure, auf denen die Last der Geschichte auch in den kommenden Fortsetzungen liegen wird.

Da wäre zuallererst die unrühmliche Yrja Mattiasdotter, ein ganz armes Mädchen, das durch seine Arbeitswut und beispielhafte Besonnenheit sehr schnell an Sympathie gewinnt. In ihr ist das Leiden Tengels ein weiteres Mal aufgearbeitet, allerdings in etwas intensiverer, tiefer greifender Art und Weise, die jedoch nur allzu charakteristisch für diese Serie ist. Hinzu kommt der Schönling Tarald, der von Yrja umworben wird, ohne dass ihm dies jemals auffiele. Ihr persönliches Dilemma ist das tragende Element von „Sehnsucht“, wird aber immer wieder von sehr effizient eingebauten Nebensträngen aufgelockert, in denen auch die bekannten Gesichter wiederzufinden sind. Dag und Liv spielen eine wichtige Rolle, Cecilie von Meiden übernimmt in Dänemark Sols Erbe am Hofe, Tengel und Silje schreiben ihre ganz eigene Story innerhalb der Story, und zuletzt gibt es häufige Rückblicke in die bisherigen Ereignisse und damit auch Verknüpfungen mit den aktuellen Entwicklungen.

Letzten Endes geht Sandemo einige gewagte Schritte, indem sie sich insgesamt doch recht weit von den bisherigen Grundlagen distanziert und vielen neuen Personen und Szenarien das Feld überlässt. Allerdings baut sie für ihre Saga ein noch viel stärkeres, ausdrucksstärkeres Profil auf, welches dem zuletzt ein wenig einspurigen Plot aus der Patsche hilft, bevor dieser sich in eine mögliche Sackgasse manövriert. Hinzu mag zwar kommen, dass auch einzelne Romanzen die Geschichte bevölkern, dies jedoch nicht mit dem befürchteten Kitsch-Anteil. Stattdessen wählt die Autorin eine recht niveauvolle Dramaturgie, die dank der vielen schönen Ideen erst recht auflebt und „Sehnsucht“ schließlich zum bisherigen Höhepunkt der Serie macht – und dies ist nach der anfänglichen Skepsis, die der eigentlich sehr radikale Wechsel dieses Bandes auslöst, schon eine sehr schöne Überraschung.

|Originaltitel: Sagaen om Ísfolket 4: Lengsel
Originalverlag: Bladkompaniet 1982
Ins Deutsche übertragen von Dagmar Lendt
Nachwort von Gabriele Haefs
Taschenbuch, 347 Seiten
ISBN-13: 978-3-442-36803-7|
http://www.blanvalet.de
http://www.margitsandemo.se

Meyer, Kai / Hagitte, Christian / Bertling, Simon – Alchimistin, Die. Teil 3: Die Katakomben von Wien (Hörspiel)

Folge 1: [„Der Stein der Weisen“ 5052
Folge 2: [„Das Erbe des Gilgamesch“ 5155

_Story_

Sieben lange Jahre verbringt Christopher in Gefangenschaft, nachdem er beim Versuch, Lysander zu stellen, gefasst wurde. Ausgemergelt und ohne jeglichen Lebensmut, wird er von seiner Stiefschwester Aura Institoris mit einer List aus dem Gefängnis befreit. Diese jedoch nutzt ihn nur als Mittel zum Zweck, um Lysander ein weiteres Mal zu überfallen und die verschollene Sylvette zu befreien.

In den Katakomben der Wiener Hofburg finden die Halbgeschwister jedoch nur einen zu Tode geschwächten Mann – vermeintlich der gezeichnete Lysander – und ein junges Mädchen vor, welches sich als Sylvettes Tochter Tess entpuppen soll. Aura und Christopher führen das Kind mit auf das Anwesen der Institoris, wo Christopher auch Gian kennenlernt, den Nachwuchs aus Auras Beziehung mit dem für tot erklärten Gillian. Jedoch erwartet die beiden auch schon die nächste Überraschung: Tess und Gian berichten von merkwürdigen Visionen, die sie gemeinsam in ihren Träumen durchleben. Je tiefer sie in ihre Gedanken eindringen, desto klarer eröffnen sich die Bilder von Lysander und dessen Vergangenheit, aber auch die Ereignisse, die damals zwischen Lysander und Auras Vater standen.

Dadurch öffnet sich eine neue Spur zum verschollenen Erzfeind, der scheinbar auf den Spuren der Tempelritter im Kaukasus gastiert. Die Pläne von Aura und Christopher, Lysander und seinem Tross nach Georgien zu folgen, werden aber jäh unterbrochen, als die mittlerweile dem Wahnsinn verfallene Charlotte Institoris ihren Hass auf die Kinder abwälzt und Gian bei der Flucht vor seiner grausamen Großmutter eine noch seltsamere Entdeckung macht.

_Persönlicher Eindruck_

Die dritte Episode von Kai Meyers Meisterwerk „Die Alchimistin“ beginnt mit einer enormen Überraschung; der Autor wagt einen deutlichen Zeitsprung von immerhin sieben Jahren und vollzieht hierbei einen radikalen Schnitt, der die gesamte Szenerie in ihren Grundzügen verändert. Die Personen, die Aura bis dato etwas bedeutet haben, sind allesamt dahingeschieden, die Fehde mit Lysander erhält plötzlich eine ganz andere Perspektive, aber auch die generellen Personenkonstellationen erfahren einen teils sehr heftigen Wandel, ganz besonders, was die Beziehung zwischen Aura und Christopher anbelangt. Nach den anfänglichen Anfeindungen entsteht hier zunächst eine Zweckgemeinschaft, in der die beiden Protagonisten lernen, den jeweils anderen zu schätzen und schließlich auch Emotionen aufzubringen, die über Auras Hass und Christophers Ablehnung hinausgehen. Und dies ist nur eine von vielen unerwarteten Entwicklungen innerhalb der Handlung.

So tauchen innerhalb der Story wieder Figuren auf, die man eigentlich schon im Jenseits wähnte, was partiell aber auch zu Widersprüchen in der Handlungslogik führt. Gerade was den Aufenthalt und die Befindlichkeit von Lysander betrifft, läuft hier manche Erklärung ein wenig aus dem Ruder, wird aber dankenswerterweise im Nachhinein wieder aufgefangen. Derlei Ungereimtheiten sind dieses Mal häufiger an der Tagesordnung, zumeist jedoch auf das noch deutlicher verschachtelte Konzept zurückzuführen, dessen Komplexität durch die sehr rasanten Fortschritte der Story noch einmal gehörig anwächst. Doch bei der souveränen Bewältigung der unheimlich verzwickten Story-Arrangements trennt sich in diesem Fall die Spreu vom Weizen, was schließlich dazu führt, dass „Die Alchimistin“ spätestens mit dieser Episode an vergleichbaren Produktionen wie „Das Schwarze Auge“ vorbeizieht und in Führung geht.

Allerdings lehnen die Macher sich auch sehr weit aus dem Fenster; die Einbeziehung des Templerordens ist in Zeiten von literarischen Verschwörungstheorien sicherlich ein riskantes Element (andererseits erschien „Die Alchimistin“ bereits 1998 und die diesmal herangezogene Fortsetzung 2001, also einige Jahre vor dem Dan-Brown-Boom), wird in dieser Folge aber erst einmal nur grob angerissen.

Die vereinzelten morbiden Inhalte sowie das Spiel mit den grausamen Visionen indes bedürfen auch einer detailreichen Inszenierung, um nicht aufgesetzt zu wirken. Aber auch in diesem Bereich erlaubt man sich keine Schnitzer und überzeugt mit vielen genialen Ideen und einer astreinen Leistung auf Seiten der Sprecher. Yara Blümel-Meyers (Aura), Timmo Niesner (Christophr) und vor allem Friedhelm Park in der Position des Erzählers erledigen einen richtig guten Job und empfehlen sich einmal mehr für noch größere Aufgaben. Hinzu kommt schließlich der majestätische Soundtrack, der an den entsprechenden Stellen für Gänsehaut sorgt und die dichte Atmosphäre des Hörspiels adäquat unterstützt. Alles andere als von Ohrenkino zu sprechen, wäre daher auch eine glatte Untertreibung.

Zusammengefasst kristallisiert sich mit „Die Katakomben von Wien“ das bisherige Highlight der Serie heraus, da es die Story auf ein noch höheres Niveau bringt, zusätzlich aber auch mit viel Risikobereitschaft neue Entwicklungen zulässt, welche die Geschichte ziemlich auf den Kopf stellen. Fortschritte beim Charakterdesign und vor allem inhaltlicher Natur vollenden schließlich einen nahezu ausnahmslos gelungenen Versuch, ein perfektes Hörspiel zu kreieren und mit modernen Mitteln auszustaffieren. Spätestens mit dieser Episode entwickelt sich „Die Alchimistin“ zur Hörspiel-Referenz im Jahr 2008.

|70 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3593-0|
http://www.kai-meyer.com
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stil.name

Weitere Titel von Kai Meyer auf |Buchwurm.info|:

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)

Meyer, Kai / Hagitte, Christian / Bertling, Simon – Alchimistin, Die. Teil 2: Das Erbe des Gilgamesch (Hörspiel)

Folge 1: [„Der Stein der Weisen“ 5052

_Story_

Immer noch erschüttert über den Mord an seinem Stiefvater Nestor, begibt sich Christopher auf die Suche nach Spuren zum Stein des Weisen. Er vertuscht dabei den Tod seines Ziehvaters, um sich noch intensiver den Forschungen zu widmen, und stößt dabei auf Informationen zur Gilgamesch-Pflanze. Nachdem er Nestor der Erde zurückgegeben hat, entdeckt er am gleichen Ort nur Tage später tatsächlich einzelne Exemplare des Lebenskrauts.

Allerdings muss Christopher seine Untersuchungen unterbrechen, als er einige merkwürdige Beobachtungen in der Familiengruft der Institoris macht. Ausgerechnet seine vermeintliche Retterin Charlotte lässt sich dort von ihrem Liebhaber verführen. Endlich scheint Chris nun ein Druckmittel in der Hand zu haben, um den Störenfried Daniel zu beseitigen und auch Friedrich von Vehse angreifen zu können. Der jedoch leistet erbitterten Widerstand und muss mit seinem Leben bezahlen.

Unterdessen gestaltet sich Auras Zeit im Internat von Tag zu Tag schwieriger; sie wird von Alpträumen und schrecklichen Visionen geplagt und nutzt die erste Gelegenheit, die Anstalt zu verlassen. Doch ihre Flucht endet in einem blutigen Fiasko und bringt die junge Institoris wieder zurück ins Internat, wo sie nun heftige Prügel beziehen muss. Ausgerechnet Gillian, der Mörder ihres Vaters, befreit sie, um Aura für seine Mission zu gewinnen. Gillian plant, seinen einstigen Auftraggeber Lysander ein für allemal auszuschalten und berichtet Aura von den Verbindungen zum Institoris-Clan. Als ihr dabei klar wird, dass ihre junge Schwester Sylvette in höchster Gefahr schwebt, drohen die Ereignisse sich zu überschlagen …

_Persönlicher Eindruck_

Mit „Das Erbe des Gilgamesh“ geht Kai Meyers neue Hörspielserie in die zweite Runde und bewährt sich hier erneut als ein absolutes Manifest in Sachen lebhafter Hörspiel-Inszenierung. Die Geschichte wird unheimlich flott vorangetrieben, die Darbietung erfreut sich einer äußerst pompösen, effektreichen Aufbereitung, und auch der Storykomplex gewinnt auf inhaltlicher Basis unheimlich viele neue Elemente, welche die Faszination für die Serie noch stärker wecken; nicht zuletzt, weil man am Ende des zweiten Abschnitts bereits eine sehr konkrete, gut überschaubare Übersicht über die Verbindungen zwischen Charakteren und Ereignissen hat. Dies scheint nämlich gerade für eine so komplex arrangierte Erzählung wie „Die Alchimistin“ relativ außergewöhnlich.

Der wohl wichtigste Aspekt der Handlung ist derweil, dass die einzelnen Figuren in „Das Erbe des Gilgamesch“ bereits ein sehr klares Profil erhalten und sehr viel Zeit damit verbracht wird, dieses noch deutlicher zu auszuarbeiten. Die Szenerie wird zwar vergleichsweise häufig gewechselt, doch stets bekommen die einzelnen Stränge bzw. ihre inbegriffenen Figuren genügend Spielraum, um ihre Motive detailliert darzulegen und ihre Emotionen zu verdeutlichen. Begünstigt wird dies durch einen häufigen Tausch der Erzählperspektive, durch den die Akteure nicht mehr so unnahbar erscheinen wie noch in der vorangegangenen Episode. Eine positive Entwicklung, die auch künftig wieder gerne gesehen wäre!

Die Story selber durchläuft zu diesem frühen Zeitpunkt bereits zahlreiche Höhepunkte und glänzt mit einer sehr stark hervorstechenden Akzentuierung ihrer Dramaturgie. Sowohl die Vorfälle auf dem Anwesen der Institoris als auch die folgenschwere Tragik der Geschehnisse in den Alpenländern werden souverän eingeleitet, schön ausgeschmückt und trotzdem noch ständig mit neuen Überraschungsmomenten bestückt, die den Plot richtig lebendig und auch die Spannung kontinuierlich am Siedepunkt halten. Die Krönung dessen ist schließlich das grandiose Finale, welches bereits jetzt das Schicksal der Story sowie der ganzen Serie völlig auf den Kopf stellt, alle Charaktere zum ersten Mal zusammenbringt, mitsamt der bitteren Tragödie um Aura Institoris und ihrer Familie aber auch verdeutlicht, welch düstere Pfade Meyer in dieser Geschichte ein weiteres Mal verfolgt. Scheu vor rascher Progression und radikalen Einschnitten zeigt der Autor jedenfalls auch in dieser zweiten Folge des Hörspiels nicht.

Dank der wunderbaren musikalischen Untermalung und des geschickten Einsatzes verschiedener Sounds und Wechsel ist auch ein perfektes Rahmenprogramm gewährleistet. Angesichts der beeindruckenden Eckpunkte der Story ist dies aber lediglich Formsache; die Ernte hat „Das Erbe des Gilgamesh“ inhaltlich nämlich schon längst eingefahren …

|75 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3547-3|
http://www.kai-meyer.com
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stil.name

|Kai Meyer auf Buchwurm.info:|

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)

Merlau, Günter – Goldene Morgenröte (Die Schwarze Sonne VII/7)

Folge 1: [„Das Schloss der Schlange“ 2317
Folge 2: [„Böses Erwachen“ 4022
Folge 3: [„Weißes Gold“ 4023
Folge 4: [„Vril“ 4308
Folge 5: [„Akasha“ 4915
Folge 6: [„Whitechapel“ 5202

_Story_

Während Nathaniel de Salis und Adam Salton in London immer noch den grausamen Whitechapel-Morden nachstellen, ist der berüchtigte Jack immer tiefer in die mythische Materie des Kults eingedrungen und nimmt nun auch den jungen Aleister Crowley unter seinen Einfluss. Gleichermaßen beschäftigt sich de Salis mit dem Verschwinden seines einstigen Wegbegleiters Jules Verne, der wiederum vermutet, dass Nathaniel noch in Indien verweilt, nicht wissend, dass es zu einem baldigen Aufeinandertreffen der beiden Freunde kommen soll, dies allerdings in direkter Nähe des Ordens |Hermetic Order of the Golden Dawn|.

Jahre später geraten die Nationalsozialisten in arge Bedrängnis: Die Polarexpedition wird zum mittelschweren Desaster, dessen Ausmaß sich kaum ermessen lässt. Mitten im Meer macht das Forschungsteam eine unglaubliche Entdeckung, die scheinbar in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beobachtungen von Verne und des Salis Jahrzehnte zuvor steht. Doch niemand kann wirklich einschätzen, wie groß die gesichtete Bedrohung ist …

_Persönlicher Eindruck_

Schließt sich der Kreis wirklich? Nachdem in der letzten Episode „Whitechapel“ einige fast schon vergessene Fäden wieder aufgenommen wurden, durfte man für den aktuellen Plot, „Goldene Morgenröte“, bester Hoffnung sein, dass sich die Puzzlestücke nun langsam aber sicher zusammenfinden würden. Diesen Gefallen tut Autor Günter Merlau seinem Publikum aber auch in diesem Fall nicht, sondern er erweitert seine Story erneut auf weitere Ebenen, die zwar in unmittelbarem Zusammenhang mit den bisherigen Ereignissen stehen, die Handlung aber – fast schon gewohntermaßen – noch eine Spur komplexer machen.

Bereits in der verstörenden Anfangssequenz ist wieder reichlich Verwirrung an der Tagesordnung. Der krankhaft besessene Jack instruiert seinen Schüler Aleister, sich mit den Mächten des Ordens vertraut zu machen, was zwangsläufig dazu führt, dass die inhaltlich so breit gefächerte Story prompt einen neuen Strang aufnehmen muss. Mit Crowley wird zudem eine neue bekannte Figur etabliert, die sicherlich in Zukunft noch eine Rolle spielen wird, hier aber (natürlich) noch nicht näher definiert wird. Geheimnisse und Überraschungen zählen ja schließlich zu den Stärken von „Die schwarze Sonne“ und werden in einem gewissen Mindestmaß an dieser Stelle natürlich weiter gepflegt.

Dennoch nehmen die Mythen auch in der siebten Episode ein Stück weit überhand. Die Verstrickungen werden immer undurchschaubarer, und da man vom zuletzt verwendeten Schema der aneinander gereihten Stränge wieder abgerückt ist, begibt sich die Story wieder in das gewohnte Chaos – und auf ein Anspruchslevel, das auch bei „Goldene Morgenröte“ einen zweiten Durchlauf fast schon unabdinglich macht, um die kompliziert verflochtenen Elemente adäquat zu erfassen. Somit bekommt man also zunächst nicht viel Neues geboten, wenn man es mal rein strukturell resümiert.

Anders als sonst – und dies war schon in „Whitechapel“ ansatzweise der Fall – ist die etwas kompaktere Form der Inszenierung. Merlau und seine Crew arbeiten ein ganzes Stück abgehackter und komprimierter, was sich einerseits in der auffälligen Kürzung der Spielzeit manifestiert, andererseits aber auch sehr leicht aus den etwas gedrungenen und sprunghaften Handlungsmustern im Plot ablesen lässt. Die Szenen wechseln noch rascher als gewohnt, und da man sowohl zwischen den Zeiten als auch wieder zwischen den Schauplätzen springen muss, entsteht ein wenig Unordnung, die in diesem Fall das bisherige Limit überschreitet – bis es schließlich im mittleren Drittel richtig unruhig und hektisch wird.

Gott sei Dank bekommt man dieses Problem jedoch schnell wieder in den Griff und kann in der wichtigen Schlusssequenz endlich wieder die Entwicklung der Story ins Auge fassen, die in „Goldene Morgenröte“ im Übrigen wieder größere Schritte vollzieht als noch zuletzt. Es wird brisanter und temporeicher, inhaltlich aber eben auch noch einmal eine Spur schwieriger.

Starke Nervenstärke und Geduld sind daher gefragt, um den massiven Umfang der Serie in der Gesamtheit zu erfassen und auch die entscheidenden Eingriffe in die Geschichte in der neuen Episode entsprechend einzuordnen. Aber auch hier greift „Die schwarze Sonne“ dankenswerterweise auf alte Werte zurück: Wer sich nämlich intensiv in die „Goldene Morgenröte“ hineindenkt, wird trotz aller Hektik und Sprunghaftigkeit mit der lohnenswerten Fortsetzung und üppigen Inszenierung einer der wohl besten Hörspielserien dieser Tage belohnt. Und dafür lohnt sich das Durchhalten schließlich allemal!

|56 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 9783939600176|
http://www.die-schwarze-sonne.de
http://www.merlausch.de

Viala, Ludovic / Urbon, Arnaud – Utopia (Brettspiel)

Bahnbrechende Meisterwerke der Baukunst sollen in „Utopia“ errichtet werden, Monumente der fünf wichtigsten Kulturzweige der gesamten antiken Welt, dazu vier Weltwunder, die über Jahre hinweg das Prestige aufrechterhalten sollen. Der König der Inselgruppe hat daher seine Fürsten bestellt, um die Vielfalt der utopischen Architektur zur Schau zu stellen.

Dies weckt auch das Interesse der Minister, die nun die illustren Gäste durch die Inselreiche führen sollen. Sie sehen eine Chance, ihr Prestige zu vergrößern und einen wichtigen Anteil am Ausbau der Städte zu bewirken. Ziel ist es natürlich, beim König höchstpersönlich das größte Ansehen zu genießen – und wem dies nach erfolgreicher Planung gelingt, der kann im Brettspiel ebenfalls den Kampf ums Prestige gewinnen.

_Spielidee_

Die Inselgruppe Utopia besteht aus vier zusammengehörigen Stadtteilen, die allesamt einem bestimmten Naturelement zugeordnet sind. Jedes dieser Stadtteile verfügt nun noch einmal über einzelne Abschnitte, denen ein bestimmter Punktewert zugeordnet ist, der später an den Beherrscher des Stadtgebiets abzutreten ist, sobald man dort den Bau eines Monumentes plant. Ziel ist es nun, möglichst selber die Regentschaft über einen oder gleich mehrere Stadtteile zu erlangen und durch den Bau eines Weltwunders Prestige und Einfluss zu gewinnen. Gleichermaßen muss man die Prestige-Skala im Auge behalten, die aussagt, welche der fünf Kulturgruppen gerade die wertvollsten Bauwerke stellt. Dies ändert sich nämlich von Runde zum Runde und sollte beim Bau neuer Monumente dringend beachtet werden. Ansonsten gibt es in der regelmäßigen Abrechnung nur vergleichsweise wenige Punkte.

So sammelt man nicht nur durch den Bau neuer Anlagen und Weltwunder Punkte, sondern auch durch den Einfluss auf der Prestige-Skala, mit der man versuchen sollte, die Konkurrenz herunterzuwirtschaften. Der Spieler, der nun zuerst mindestens 50 Punkte gesammelt hat, gewinnt das Spiel schließlich – und damit die Gunst des Königs von Utopia.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 40 Monument-Figuren
• 4 Weltwunder-Figuren
• 5 Minister-Figuren
• 200 Fürsten-Spielplättchen
• 40 Sockelplättchen
• 10 Privileg-Spielplättchen
• 40 Gast-Spielplättchen
• 50 Aktionskarten
• 5 Übersichtskarten
• 1 Stoffbeutel

Beim Spielmaterial haben die Entwickler bereits großen Wert auf eine möglichst dichte Spielatmosphäre gelegt. Sowohl die Monumente als auch die Spielfiguren sind sehr liebevoll aufbereitet und machen optisch einiges her. Aber auch der detailreiche Spielplan offenbart einiges an Details und lädt zu einer intensiven Erkundung ein. Lediglich die Farbgebung der Karten und Plättchen gilt es zu kritisieren. Hier hätten sich die einzelnen Volksgruppen wohl besser ein bisschen deutlicher voneinander abgehoben, um später im Spiel eine klarere Übersicht zu gewährleisten. Insgesamt sind dies aber nur Peanuts im direkten Vergleich mit der allgemein liebevollen Aufmachung.

_Spielvorbereitung_

Nachdem das Spielbrett ausgelegt wurde, wird das Material unter allen Mitspielern aufgeteilt. Jeder Teilnehmer erhält 40 Fürsten- und acht Sockelplättchen sowie zwei Privileg-Spielplättchen und eine Spielübersicht. Anschließend werden die Prestige-Skala per Zufall mit den fünf verschiedenen Monumenten bestückt und die Werte eins bis fünf mit jeweils einem der Monumente besetzt. Die 50 Aktionskarten werden zu einem Nachziehstapel gemischt, während die Gast-Spielplättchen in den Stoffbeutel wandern. Zuletzt wird ein Startspieler bestimmt, der seine Figur nun an die Spitze des Startfelds auf der Punkteleiste stellt. Alle weiteren Spieler folgen, bevor das Spiel endgültig beginnen kann.

_Spielablauf_

In der ersten Runden wird „Utopia“ noch im Uhrzeigersinn gespielt und die entsprechende Reihenfolge auch eingehalten. Anschließend beginnt immer derjenige Spieler, der zurzeit das meiste Prestige auf der Siegpunktleiste vorweisen kann, und die Zugreihenfolge wird anhand dieser Skala bestimmt.

Eine Spielrunde gliedert sich nun in genau drei Phasen, die Schritt für Schritt durchgespielt werden, bis ein Spieler 50 oder mehr Punkte gesammelt hat. In dieser Runde endet das Spiel schließlich. Bevor es jedoch so weit ist, gestaltet sich der Spielablauf folgendermaßen:

|Phase 1: Fürsten begrüßen|

In der ersten Phase begrüßen die Präsidenten nun ihre neuen Gäste, die Fürsten, und laden sie zu einer Besichtigung auf die Inseln ein. Für jeden Mitspieler werden nun drei Gastplättchen aus dem Stoffbeutel gezogen und den zugehörigen Inseln zugeordnet bzw. neben diese gelegt. Beginnend mit dem Startspieler, dürfen damm eigene Fürstenplättchen des gleichen Volkes gegen diese Gastplättchen eingetauscht und auf eines der Stadtteile der betroffenen Insel gelegt werden.

Insgesamt werden jedem Spieler dadurch genau drei Gäste zugeteilt, die er nun auf die Inseln verteilen kann. Berücksichtigen sollte er dabei zwei Bedingungen, die für den Bau eines Monument bzw. eines Weltwunders wichtig sind: Entweder sammelt er auf einer der Inseln genau ein Plättchen jedes der fünf Völker, um ein Weltwunder zu errichten. Oder aber er entscheidet sich, drei Plättchen eines Volkes auf genau ein Stadtteil zu setzen, damit dort ein eigenes Monument entstehen kann. Alle anderen Konstellationen bringen im späteren Verlauf weder Ruhm noch Punkte. Einmal pro Runde darf man zudem einen Überraschungsgast begrüßen, der außer der Reihe aus dem Stoffbeutel gezogen wird. Diese Aktion ermächtigt diesen Spieler zudem dazu, einem anderen Spieler ein Fürstenplättchen aufzuzwingen, welches dieser womöglich gar nicht gebrauchen kann.

Sollten nun die Voraussetzungen für die Errichtung eines Monuments oder eines Weltwunders durch den Tausch der Plättchen gegeben sein, dürfen diese auch direkt gebaut werden. Ein Weltwunder bringt dabei neben sechs Siegpunkten auch noch die Vorherrschaft über die jeweilige Insel. Jede Mal, wenn nun ein neues Monument in diesem Inselabschnitt gebaut wird, werden zwei bis vier Punkte (je nach Stadtteil) an den Erbauer des Weltwunders fällig.

|Phase 2: Stadt ausbauen|

In dieser Phase werden nun fünf neue Aktionskarten ausgeteilt, wobei der führende Spieler sich von zwei Karten und alle anderen Spieler außer dem Letzten von einer Karte trennen müssen. Diese Karten können nun für insgesamt vier unterschiedliche Aktionen verwertet werden, die individuell und je nach Spielsituation ganz verschiedene Vorteile bringen.

Die nächstliegende Aktion ist dabei das Verschieben von einem oder zwei Fürsten ins angrenzende Stadtgebiet. Hierfür muss man lediglich eine Aktionskarte dieses Fürsten ausspielen. Sollten sich die Fürsten dabei an der Anlegestelle eines Hafengebiets befinden, dürfen sie auch über Meer an die nächste Haltestelle reisen.

Die eigenen Fürsten kann man weiterhin auch direkt aus dem Vorrat aufs Spielfeld befördern, und zwar an ein Monument, welches seinem Volk angehört. Wenn der betreffende Stadtteil allerdings zu einer Insel gehört, die in fremdem Besitz ist, bekommt der Regent dieser Insel sofort einen Punkt. Für drei gleiche Aktionskarten kann man einen Fürsten aber auch auf ein beliebiges Feld setzen und diesen Umstand umgehen.

Gleichermaßen kann man seine Fürsten aber auch wieder vom Spielfeld des Monuments entfernen. Für eine weitere Aktionskarte geht der Fürst zurück in den eigenen Vorrat – und bringt gleich zwei Extrapunkte mit.

Die letzte Variante beim Einsatz der Aktionskarten besteht in der Beeinflussung des Königs. Dieser legt nämlich auf seiner Skala fest, welche Kultur derzeit das meiste Prestige hat. Damit verknüpft sind auch unmittelbar die Wertigkeiten für die Bauten, die man in ihrem Namen errichtet hat. Für den Einsatz einer Aktionskarte kann man nun das entsprechende Monument auf diese Skala um ein Feld hochsetzen und mit dem darüber befindlichen Monument tauschen. Wer hingegen zwei gleiche Karten legt, kann ein Volk auch direkt auf den hintersten Rang stürzen und dessen Prestige auf einen Punkt herabsetzen.

Wenn nun alle Spieler ihre Aktionskarten eingesetzt haben, werden überschüssige Karten (fünf sind erlaubt) abgeworfen. Anschließend geht es in die letzte Phase der Runde.

|Phase 3: Prestige berechnen|

In der letzten Phase werden nun Punkte für die Stadtteile in eigenem Besitz verteilt. Für jedes Monument enthält man den entsprechenden Punktewert der Prestige-Anzeige. Sollte dabei ein Spieler die 50-Punkte-Marke überschreiten, endet das Spiel sofort nach dieser Wertung. Derjenige, der nun die meisten Punkte gesammelt hat, hat das Spiel gewonnen.

_Persönlicher Eindruck_

Nach der ersten Partie „Utopia“ hat sich eines ganz besonders herauskristallisiert: Dieses Spiel eignet sich kaum für eine Runde zu zweit, da die komplexeren Spielmechanismen nicht richtig greifen und auch die Interaktion ein wenig begrenzt ist bzw. dem Spiel im größeren Kreis absolut nicht das Wasser reichen kann. Insbesondere bei der Aufteilung der Fürsten in der ersten und den Aktionen der Karten in Phase zwei kommt die eigentliche Spieltiefe hier kaum durch.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass „Utopia“ bei vier oder mehr Spielern richtig Laune bringt und sich nach und nach als weiteres strategisches Highlight aus dem großen Vertriebsprogramm des |Heidelberger Spieleverlags| erweist. Zwar spielt der Glücksfaktor bei der regelmäßigen Verteilung neuer Spielmaterialien keine ungewichtige Rolle, jedoch sind langfristige Planung und die ständige Berücksichtigung der gegnerischen Möglichkeiten immer wieder erforderlich, um sich gegen die Konkurrenz behaupten zu können.

Die taktische Komponente des Spiels überwiegt daher in der Gesamtübersicht relativ deutlich. Eines der besten Elemente hierbei ist der Einfluss auf der Prestige-Leiste, der das Spiel bis zuletzt offenhält und größere Vorsprünge direkt wieder zunichte machen kann. Aber generell lässt sich mit den vielen Optionen der Aktionskarten reichlich taktieren, wodurch jederzeit ein spannender, unberechenbarer Spielverlauf gewährleistet ist, der letztendlich auch all das halten soll, was die optischen Eindrücke sowie der kurze Spieleinblick der letzte Messe bereits versprechen konnte.

Das Fazit ist daher auch sehr eindeutig: „Utopia“ ist ein echtes Genre-Highlight, das den |Heidelberger Spieleverlag| weiterhin ermutigen sollte, sich bei den internationalen Independent-Verlagen nach neuen Schmuckstücken umzusehen. Der im Original bei |Matagot| publizierte Titel dürfte nämlich rückblickend zu den würdigsten Strategie-Vertretern der |SPIEL ’07| gezählt werden!

http://www.hds-fantasy.de
http://www.matagot.com

Merlau, Günter – Whitechapel (Die Schwarze Sonne VI)

Folge 1: [„Das Schloss der Schlange“ 2317
Folge 2: [„Böses Erwachen“ 4022
Folge 3: [„Weißes Gold“ 4023
Folge 4: [„Vril“ 4308
Folge 5: [„Akasha“ 4915
Folge 7: [„Goldene Morgenröte“ 5102

_Story_

1838: Die Nationalsozialisten navigieren den amerikanischen Nordpolexperten Richard Evelyn Byrd auf ihre Seite, um ihn in eine weitere Expedition mit der |Schwabenland| einzubinden. Allerdings verfolgen die Deutschen insgeheim gänzlich andere Ziele und spotten bereits über Byrds Qualifikationen. Insbesondere der hinterhältige Weissthor plant in Indien bereits den nächsten großen Schlag, der unter Ausschluss der auf den Nordpol fixierten Öffentlichkeit in aller Ruhe ausgebrütet werden soll.

Unterdessen bekommt Arthur Salton im Jahre 1848 in seiner neuen, unfreiwillig gewählten Heimat enorme Schwierigkeiten. Der Rat des Dorfes lädt ihn zu einer Versammlung, in der über die mysteriösen Unfälle im Moor von Derbyshire beratschlagt werden soll. Mit ungutem Gefühl folgt Arthur der Einladung und soll auch Recht behalten. Das Rad soll erneut gedreht werden, was für Arthur so viel bedeutet, dass seine glückliche Zeit in der Vergangenheit sich dem Ende zuneigt.

Jules Verne fehlt derweil immer noch jegliche Spur von Nathaniel; dieser wiederum reist nach seinem Indien-Trip nach London, wo er die Jagd auf einen Prostituiertenmörder beginnt. Gemeinsam mit dem Yard und einem gewissen Arthur Doyle startet die Suche nach dem Mann, der sich Jack the Ripper nennt und die gesamte Öffentlichkeit in Unruhe stürzt. Als sich schließlich einige Informationen über einen Geheimbund alter Tage in die Ermittlungen einschleichen, nimmt der Fall eine erschreckende Wendung …

_Persönlicher Eindruck_

Mit der sechsten Folge der inhaltsschwangeren Mystery-Serie „Die schwarze Sonne“ scheint sich der Kreis der teils verwirrenden, insgesamt jedenfalls sehr weit reichenden Story langsam zu schließen. Erstmals werden direkte Antworten auf die Ereignisse in der ersten Episode angerissen, und auch wenn sich der Kreis der Akteure im Laufe der letzten Geschichten merklich vergrößert hat, scheinen einige Verbindungen und Stränge kontinuierlich mehr Sinn zu ergeben und der Lösung des großen Puzzlerätsels ein ganzes Stück näherzukommen.

Nichtsdestotrotz bleibt der Plot auch in „Whitechapel“ ein harter Brocken mit zahlreichen Verstrickungen, schwerwiegenden Wendungen und undurchsichtigen Mysterien, die nach wie vor nach konkreteren Zusammenhängen schreien. Entgegen der bisherigen Vorgehensweise hat das Team des |Lausch|-Verlags nun aber eine geordnete Struktur gewählt, die den Zugang zu den neusten Entwicklungen merklich erleichtert. Die drei Hauptstränge sind nicht mehr willkürlich vermischt, sondern werden in dieser Episode Schritt für Schritt abgearbeitet, wobei zwischen ihren Protagonisten und Persönlichkeiten immer noch eine kaum zu durchdringende Distanz vorhanden ist, die nach einer logischen Aufklärung verlangt. Aber wieder einmal wird der Hörer diesbezüglich auf die nächsten Kapitel von „Die schwarze Sonne“ verwiesen, die des Rätsels Lösung erneut einen Schritt näher kommen sollten.

Trotz der klareren Linie in dieser Folge scheuen die Autoren aber nicht davor zurück, die Story mit zusätzlichem Stoff zu versorgen. Der Nazi-Plot wird zwar einerseits wieder in den Fokus gerückt und als wichtiges Element in Erinnerung gerufen, doch fast noch eine Spur wichtiger scheint hier die Mordserie im London des 19. Jahrhunderts, deren Spuren zu einem berüchtigten Geheimbund führen. Dies ist schließlich auch der Abschnitt, der weiteren Zündstoff in die Geschichte einbringt und die Komplexität der bisherigen Episoden noch einmal nachhaltig bestätigt. Mittlerweile muss man ja schon fast enttäuscht sein, wenn nicht wieder namhafte Persönlichkeiten (in diesem Falle Doyle) bzw. frische Figuren in die Handlung eingreifen …

Andererseits versinkt die Geschichte in „Whitechapel“ so manches Mal zu stark in ihren erprobten Klischees. Die gesamte Geschichte des 19. Jahrhunderts, besonders was ihre Literatur betrifft, wird hier noch einmal auf phantastische Weise aufgerollt, mit anderen zeithistorischen Ereignissen gemischt und durch den fiktiven Fleischwolf gedreht. Bis dato war diese Masche ständig von Erfolg gekrönt, hier scheint sie jedoch ein wenig aufgesetzt und bemüht, da sie etwas routiniert dargebracht wird. Außerdem sind die Ideen auch nicht mehr ganz so revolutionär, geschweige denn mit einem derartigen Überraschungseffekt versehen, wie dies noch in den Folgen Nr. 3 & 4 der Fall war. Man weiß inzwischen, woran man ist und was man erwarten darf – und diesbezüglich besitzt die sechste Veröffentlichung im Bunde nicht ganz die Dynamik früherer Folgen.

Fans dürfen aber getrost durchatmen, denn von ihrem ganz besonderen Reiz büßt die Serie auch mit den teils stagnierenden Entwicklungen in „Whitechapel“ nicht ein. Womöglich ist es ja auch mal notwendig, die rasanten Verwirrspielchen ein wenig auszubremsen, um wieder ein bisschen Bodenhaftung zu bekommen. Hierüber wird die siebte Episode Auskunft geben, möglicherweise ja auch mit noch detaillierter Aufklärungsarbeit. Bis dahin bleibt mit „Whitechapel“ ein solides Kapitel, das man aber trotzdem erleben sollte und muss, damit der Faden nicht verlorengeht – und natürlich weil der Unterhaltungswert dank der ambitionierten Sprecher und der immer noch raschen Progression keinesfalls zu leugnen ist.

|ISBN-10: 3-939600-18-0
ISBN-13: 978-3-939600-18-3|
http://www.die-schwarze-sonne.de
http://www.merlausch.de

Sick, Bastian (Buchautor) / Gruber, Fritz (Spielidee) – Dativ ist dem Genitiv sein Tod, Der – Das große Spiel

Mit seinen |Zwiebelfisch|-Kolumnen begann für Bastian Sick vor einigen Jahren ein steiler Aufstieg, der schließlich in mehreren Ausgaben seiner Buchreihe [„Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ 952 mündete und ihn in Kreisen begeisterter (Hobby-)Germanisten zu einer der populärsten Figuren seit etlichen Jahren aufsteigen ließ.

2006 folgte dann auch die [erste Adaption 3053 fürs Spielbrett, die in Form eines simplen Frage-Antwort-Spiels bereits einzelne Wirrungen im Irrgarten der deutschen Sprache anschnitt und damit die Themen der Bücher noch einmal nachempfand. Ein Jahr später, zur |SPIEL ’07|, veröffentlichte der |Kosmos|-Verlag nun eine weitere Ausgabe dieses Spiels, jedoch in einer etwas üppigeren Aufmachung – und mit gesteigertem Anspruch.

_Spielidee_

Der Irrgarten der deutschen Sprache, hier ist er bereits auf dem Spielbrett sinnbildlich dargestellt. Ziel der Spieler ist es nun, sich ihren Weg aus jenem Labyrinth zu bahnen und der Gefangenschaft inmitten dieses Gartens zu entfliehen. Hierzu müssen sie sich zu Multiple-Choice-Fragen über den gesamten Bereich der (deutschen) Sprache äußern, dabei ein wenig Risikobereitschaft beim Einsatz von Punkte-Chips zeigen und schließlich die Konkurrenz nach 20 Fragekarten hinter sich lassen. Wem dies frühzeitig gelingt, der hat das Spiel bereits vor dem eigentlichen Ende gewonnen. Ansonsten siegt derjenige, der dem Ausgang des Irrgartens in 20 Runden am nahsten gekommen ist.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 6 Spielfiguren
• 170 beidseitig bedruckte Fragekarten
• 25 beidseitig bedruckte Risiko-Fragekarten
• 25 beidseitig bedruckte Lingotaurus-Karten
• 30 Einsatzschips in 6 Farben mit den Werten 1-5
• 18 Tippkärtchen in 6 Farben, jeweils mit den Buchstaben A, B und C
• 3 Lingotaurus-Plättchen
• 1 Spielanleitung

Das Spielmaterial ist ziemlich neutral gehalten, überzeugt aber mit einer gewissen Effizienz. Alle Karten sind beidseitig bedruckt und werden in die Farben Grün und Gelb unterteilt. Vor jeder Runde wird nun entschieden, welche Farbe gespielt wird, sodass sich die Karten über mehrere Partien vermischen und trotz des begrenzten Kartenschatzes allzu schnelle Wiederholungen bzw. gleiche Konstellationen weitestgehend ausgeschlossen werden können. Ein Blickfang ist übrigens das Spielfeld, welches das Thema mit Humor aufgreift und somit den Kreis des Konzepts zumindest äußerlich makellos schließt.

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie werden die drei unterschiedlichen Fragekarten in Stapel getrennt und unabhängig voneinander gemischt. Anschließend nimmt man 17 normale Fragekarten und drei Risiko-Fragekarten und mischt diese zum Zugstapel für die kommende Partie zusammen. Außerdem werden die Lingotaurus-Karten bereitgelegt.

Danach wird das Spielmaterial aufgeteilt. Alle Spieler bekommen Tippkärtchen und Einsatzchips in ihrer Farbe. Die Lingotaurus-Plättchen werden zuletzt auf die dafür vorgesehenen Felder auf dem Spielplan gelegt. Jeder Spieler setzt nun seine Spielfigur auf das Startfeld in der Mitte des Spielplans. Wer nun weiß, mit welchen Worten Schillers „Glocke“ beginnt, darf anfangen.

_Spielablauf_

Vor der Partie einigen sich die Spieler darauf, mit welcher Kartenfarbe gespielt werden soll. Der Startspieler nimmt nun den Zugstapel an sich, zieht die obere Karte und liest die entsprechend farbige Frage vor. Bei einer Multiple-Choice-Frage nennt er alle drei möglichen Antworten und wartet nun die Reaktionen der Mitspieler ab. Diese entscheiden sich zunächst für einen Einsatz, legen anschließend verdeckt ihren Tipp vor sich ab und decken ihr Resultat schließlich gleichzeitig mit allen anderen Befragten auf. Wer nun richtig getippt hat, darf seine Figur um so viele Felder vorwärts bewegen, wie er einzusetzen bereit war. Im umgekehrten Fall muss man ebenso viele Felder zurückziehen. Das gerade gesetzte Einsatz-Plättchen wird zur Seite gelegt, bis alle Einsätze einmal verwendet wurden. Anschließend übernimmt der linke Nachbar die Rolle des Fragestellers.

Sollte nun ein Risiko-Fragekärtchen gezogen werden, müssen alle Spieler bereits vorab bieten, ohne die Frage gehört zu haben. Dies ist gerade in Situationen, in denen nicht mehr viele Chips zur Verfügung stehen, verdammt knifflig, da man häufig von den Fragen überrannt wird. Mehr Lohn gibt es bei den Risiko-Fragen hingegen nicht.

Während der Reise durch den Irrgarten wird man zwangsläufig auch die Lingotaurus-Felder passieren müssen. Hier wacht ein wild schnaubender Sprachstier, dessen Zitate auf Komplettierung warten. Ein Spieler, der nun eines dieser Felder übergehen möchte, muss zunächst eines dieser Zitate vervollständigen. Andernfalls bietet sich für die Mitspieler die Chance, wertvolle Punkte einzusammeln und den prestigeträchtigen Bösewicht aus dem Weg zu räumen.

Nach 20 Karten endet das Spiel schließlich, wenn nicht vorher jemand die frühzeitige Flucht bewerkstelligen konnte. Der Spieler, der nun am weitesten vorangeschritten ist, darf sich für den Moment mit dem Titel des gewieftesten Germanisten schmücken.

_Persönlicher Eindruck_

Die Spielidee zum „großen Spiel“ weicht inhaltlich kaum von derjenigen des kleinen Vorgängers ab, macht aber alleine schon wegen des Symbolismus auf dem Spielbrett sowie dessen grafischen Designs einiges mehr her als die erste spielerische Umsetzung des Spiels. Das kann die neue Fassung zu „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ auf jeden Fall schon einmal auf der Haben-Seite verbuchen.

Andererseits ist der Spielspaß über weite Strecken ein wenig durch den immensen Schwierigkeitsgrads eingeschränkt. Die Fragen sind zumeist ziemlich hart, und es ist zu bezweifeln, dass die jüngste Zielgruppe – das Spiel ist empfohlen ab 14 Jahren – sich hier schon einigermaßen zurechtfinden wird, ohne raten zu müssen. Das Argument, dass hier sehr viele Feinheiten der deutschen Sprache erörtert werden, mag zwar in diesem Zusammenhang berechtigt sein und den hohen Anspruch rechtfertigen, aber dennoch werden hier oft auch skurrile Themen angesprochen, bei denen der Weg zur Lösung oft nur über Raten führt – und das macht das gesamte Spiel dann doch zu einem Erlebnis, das nur für einen kleinen, elitären Kreis von Interesse sein dürfte.

Genau dies sollte man sich dann auch bei einer eventuellen Investitions-Überlegung vor Augen führen. Das Spielsystem ist klasse, der Mechanismus mit den Einsätzen an dieser Stelle auch völlig willkommen, aber der Härtegrad ist so manches Mal doch unverschämt knifflig, nicht zuletzt, da die gefragten Wortstämme auch nicht immer unmittelbar mit der Muttersprache in Verbindung stehen. Der Irrgarten der deutschen Sprache bleibt deswegen auch weiterhin für viele passionierte Brettspieler ein Buch mit sieben Siegeln. Schade eigentlich, denn durch die besonders hohen Anforderungen wird eine ziemlich gute Spielidee leider unnötig negativ beeinträchtigt.

http://www.kosmos.de

Meyer, Kai / Hagitte, Christian / Bertling, Simon – Alchimistin, Die. Teil 1: Der Stein der Weisen (Hörspiel)

_Story:_

Der Waisenjunge Christopher hofft, auf dem Anwesen der Familie Institoris ein neues, glücklicheres Leben führen zu können. Hausherrin Charlotte hat sich seiner angenommen und präsentiert den erst 17-jährigen Knaben bei ihrer Rückkehr auf die Insel an der Ostseeküste ihrer Familie. Dort jedoch wird Christopher misstrauisch aufgenommen und scheint nicht wirklich erwünscht. Besonders Aura, Charlottes leibliche Tochter, ist über die Aufnahme des Jungen überhaupt nicht erfreut und straft ihn mit Missachtung.

Allerdings hat das Mädchen gerade mit seinem eigenen Schicksal zu kämpfen; sie soll in den kommenden 38 Monaten ein Internat besuchen und von ihrer Familie und ganz besonders Daniel getrennt werden. Christopher versucht dennoch, sich in die trügerische Harmonie des Institoris zu integrieren und seine Wünsche endlich wahr zu machen, stößt aber auf immer heftigeren Widerstand.

Die Situation spitzt sich zu, als Nestor Nepomuk Institoris sich in den Gemächern des Schlosses sehen lässt und die Aufmerksamkeit des zugezogenen Waisen erregt. Der Schlossherr erwähnt in einem heimlichen Gespräch mit dem Weltenbummler Friedrich von Vehse, dass er dringend neues Drachenblut benötigt, und obschon die Worte nicht für ihn bestimmt waren, wird Christophers Interesse geweckt. Als er bei seiner Spionage im Dachgeschoss des Anwesens auf frischer Tat ertappt wird, nutzt Nepomuk das Interesse seines neuen Stiefsohns, um ihn in die Künste der Alchemie einzuweihen – ganz zum Unmut von Aura, die ebenfalls vom Stein der Weisen, den ihr Vater beschwören möchte, weiß und nun befürchtet, Christopher könne ihr in die Quere kommen.

Unterdessen plant Institoris‘ alter Feind Lysander ein Attentat auf den ambitionierten Alchemisten. Hierzu entsendet er seine rechte Hand Gillian, einen Wiener Auftragsmörder, der Nestor Nepomuk Institoris meucheln und auch seine Tochter auslöschen soll, um das vermeintliche Teufelswerk der Familie ein für allemal zu unterbinden. Nur wenige Tage später erreicht Gillian die verlassene Insel der Institoris‘, um die finsteren Absichten seines Meisters in die Tat umzusetzen …

_Persönlicher Eindruck_

Dass ein bedeutender Teil der bisher veröffentlichten Kai-Meyer-Romane definitiv für den Hörspielsektor prädestiniert scheint, sollte aufmerksamen Lesern und Liebhabern des außergewöhnlichen Kult-Autors spätestens nach der Veröffentlichung der grandiosen Adaption zu [„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 bewusst sein. Daran anknüpfend, wird nun eine komplette Serie auf Basis zweier Meyer-Romane auf den Markt gebracht, die sich mit einer seiner wohl fantastischsten Romanfiguren überhaupt auseinandersetzt: Aura Institoris. Sie ist die Hauptdarstellerin der insgesamt achtteiligen Serie „Die Alchimistin“, deren üppige Aufmachung bereits läuten lässt, dass sich hier möglicherweise das definitive Hörspiel-Highlight des Jahres 2008 ankündigt. Und was diesen Anspruch betrifft, soll die erste Episode, „Der Stein der Weisen“, definitiv nicht enttäuschen!

Allerdings ist der Komplex, der hier in beachtlichen 77 Minuten angerissen wird, definitiv nichts für sanfte Gemüter. Die Story bietet von Anfang an einen enormen Tiefgang, zeigt sich äußerst weitreichend und führt bereits eine ganze Reihe entscheidender, tragender Charaktere ein, die den Zugang zur ersten Inszenierung zu einer ziemlich kniffligen Aufgabe machen. Gerade die häufigen Szenenwechsel in den Anfangssequenzen, in denen sich das Tempo der Handlung bereits mehrfach überschlägt, sind hier ein Hindernis, das es zu bewältigen gilt, um langsam in den Plot hineinzukommen.

Je weiter man dann jedoch in die Geschichte eindringt, desto faszinierender gestaltet sich all das, was in „Der Stein der Weisen“ eigentlich nur grob angerissen und kontinuierlich erweitert wird. Einzelne Mythen werden bereits angeschnitten, zwiespältige Personen gibt es ebenfalls en masse, und da die Rolle eines Sympathieträgers auch noch nicht gradlinig in ein vorhandenes Charakterprofil hineinpassen will, ist alleine schon auf dieser Basis ein Höchstmaß an Spannung geboten, weil man einfach keine der vielen Figuren adäquat einschätzen kann.

Derjenige, dem dieser Status noch am ehesten zukommt, ist zweifellos Christopher, aus dessen Augen auch das Gros der Story erzählt wird. Er berichtet von seiner Ankunft, den Antipathien und den Geheimnissen im Schloss der Familie Institoris, vor allem aber von seiner Faszination für die hübsche, allerdings stets missgestimmte Aura, hinter der sich scheinbar eine Menge mehr verbirgt, als zu diesem Zeitpunkt schon gesagt werden kann. Diese eigenartige Beziehung avanciert in diesem ersten Kapitel zu einem der wichtigen Knackpunkte, mit dem die Story wächst und die Spannung erste Höhepunkte erreicht.

Gleichzeitig wird aber auch das Erzähltempo immer deutlicher angezogen, so dass nach Beendigung der ersten Abschnitte wirklich Zeit zum Luftholen angebracht ist, die dann aber mit Auras Reise ins Internat auch gewährt wird. Nichtsdestotrotz werden ständig neue, brisante Wendungen in die Geschichte eingeflochten, um bereits zu diesem frühen Zeitpunkt einen permanent hohen Spannungslevel zu erzeugen.

Untermalt vom berauschenden, düsteren Soundtrack, ergibt sich somit ein Ambiente, das in dieser Sparte absolut beispielhaft ist und gemeinsam mit den Titeln des |Gruselkabinetts| wohl zu den besten Inszenierungen zu zählen ist, die derzeit auf dem düsteren Hörspielmarkt zu haben sind. Und da wir es hier erst mit dem Auftakt zu Serie zu tun haben, lässt sich bereits jetzt prognostizieren, dass „Die Alchimistin“ auch dank der bombastischen Aufarbeitung eine echte Hausnummer in ihrer Sparte werden wird.

|77 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3546-6|
http://www.kai-meyer.com
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stil.name

|Kai Meyer auf Buchwurm.info:|

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)

Oury, Nicolas – Mykerinos

„“Mykerinos“ hatte zur Erstveröffentlichung einige heftige Hürden zu überspringen. Der große Verlagsbruder „Caylus“ war gerade im Begriff, sämtliche prestigereichen Preise abzuräumen, und mit [„Ys“ 4270 hatte man im Hause |Ystari| ebenfalls schon ein echtes Schwergewicht auf den Markt gebracht, welches den Namen der bis dahin noch kleinen französischen Firma allerorts bekannt machte. Mit dem dritten Spiel im Bunde, dem bis hierhin auch unscheinbarsten und kleinsten, galt es also pünktlich zur |SPIEL ’06|, den guten Ruf zu verteidigen und weiter auszubauen. Skeptisch wurde das Spiel dereinst von Kritikern verfolgt, anschließend jedoch für würdig befunden, den hohen Qualitätsanspruch an |Ystari| zu vertreten.

_Spielidee_

Wie der Name schon erahnen lässt, werden die Spieler in „Mykerinos“ ins alte Ägypten entführt, genauer gesagt in das Jahr 1899. Jeder Spieler schlüpft in die Rolle eines europäischen Ägyptologen, der im Auftrag eines Mäzens die Wüstenei Nordafrikas nach kostbaren Artefakten und wertvollen Gegenständen durchsucht. Ziel ist es ferner, diese Gegenstände für eine neue Museumsausstellung aufzubereiten und in den prestigeträchtigen Räumlichkeiten der Ausstellungshallen zu postieren.

Das Spiel ist dabei in vier Runden zu jeweils drei Phasen aufgeteilt, in denen man innerhalb der sechs Spielzonen Einfluss gewinnen muss, weitere Mäzene auf seine Seite ziehen sollte und anschließend diesen Einfluss auf das Museum zu übertragen hat, um dort das nötige Prestige zu gewinnen. Geschickt gilt es, seine Archäologen Runden für Runde in den Zonen einzusetzen und Mehrheiten zu gewinnen, die einen für die jeweilige Zone zum ersten Entscheidungsträger machen. Man hat anschließend die Wahl, entweder den jeweiligen Mäzen zur Hand zu nehmen und künftig auf dessen Unterstützung zurückzugreifen, oder aber in seinem Flügel des Museums eine weitere Halle zu besetzen. Stets gilt es abzuwägen, inwiefern man seine Archäologen einsetzt und unter welchen Umständen die meisten Siegpunkte zu erzielen sind – wer von ihnen nämlich am Ende die meisten eingeheimst hat, wird zum Sieger gekürt.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 36 Parzellen-/Mäzenkarten
• 100 Archäologen in vier Farben
• 12 Markierungsscheiben für die Spieler
• 7 Punktemarker +50
• 1 Startspielermarker
• 5 Markierungsscheiben für die Mäzene
• 1 Spielregel

Das Spielmaterial ist in erster Linie zweckdienlich gehalten und macht optisch zunächst einmal nichts her. Sobald das Spiel allerdings aufgebaut ist, entwickelt sich ein durchaus stimmiges optisches Konzept, welches die Spielatmosphäre fein unterlegt. Davon abgesehen, setzt man einmal mehr auf Stabilität beim Spielmaterial. Die Karten und Marker sind absolut solide und zeigen auch nach mehreren Runden keine Verschleißerscheinungen, und da „Mykerinos“ durchaus zu den Spielen gehört, die regelmäßig auf den Tisch kommen, ist dies ein bedeutender Aspekt. Insgesamt also macht das Material einen sehr guten Eindruck – auch wenn der erste Blick noch eine gewisse Skepsis rechtfertigt.

Vor dem Spiel werden die beidseitig bedruckten Karten mit den Mäzenen respektive den Parzellen gemischt und zu einem Nachziehstapel ausgelegt. Für die erste Spielrunde werden nun acht dieser Karten gezogen und zu insgesamt vier Zonen aus jeweils zwei Parzellenkarten zusammengelegt. Anschließend werden die Markierungsscheiben für die Mäzene zufällig in den Museumsflügeln ausgelegt. Die Archäologen werden zu einem allgemeinen Vorrat beiseite gelegt. Als Letztes wird ein Markierungsstein für jeden Spieler auf das Startfeld der Siegpunktleiste gesetzt. Nun kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

„Mykerinos“ ist in vier Spielrunden aufgeteilt, in denen die Spieler jeweils um die Vorherrschaft in den Parzellen und Zonen streiten, Mäzene auf ihre Seite ziehen und Einfluss in den Hallen des Museums gewinnen. Dabei ist jede Runde noch einmal in drei separate Phasen unterteilt, in denen die Archäologen zum Einsatz kommen und fleißig taktiert werden darf.

|Phase 1 – Neue Runde|

Vor jeder neuen Runde erhalten alle Spieler elf neue Archäologen aus dem allgemeinen Vorrat. Sollte man aus der vorherigen Runde noch Archäologen aufbewahrt haben, können diese nun als Bonus eingesetzt werden. Der aktuelle Startspieler zieht nun acht Parzellen (bzw. zwölf in der letzten Runde) und legt diese zu einem großen Gebiet aus.

|Phase 2 – Ausgrabungen|

Die Ausgrabungen sind das entscheidende Element im Spielverlauf. Die Spieler setzen nun ihre Archäologen ein und lassen sie in den lukrativsten Gebieten des ausgelegten Gebietes graben. Lukrativ sind dabei besonders die Parzellen, die mit zusätzlichen Siegpunkten bestückt sind. Hier eine Vormachtstellung zu erlangen, scheint daher umso sinnvoller.

Wer nun eine neue Ausgrabung starten mag, legt einen Archäologen in einer der Zonen ab. Im weiteren Verlauf kann man dort nun auch eine bestehende eigene Ausgrabung erweitern. Für diesen Fall darf man bereits zwei Archäologen-Steine an diese Ausgrabung anlegen. Wichtig ist hierbei, dass man nur an benachbarte Felder anlegt; zu diesen gehören aber auch Felder in angrenzenden Zonen.

Wer in einer vorherigen Runde eine Parzelle gewonnen hat, darf ab der nächsten Runde auf die Unterstützung des Mäzens, der auf der Rückseite dieser Parzelle abgebildet ist, zurückgreifen. Insgesamt sind fünf Mäzene im Spiel, die verschiedene Sonderaktionen erlauben. So darf man beispielsweise gesperrte Felder in den Parzellen besetzen, eine Ausgrabung direkt mit drei Archäologen erweitern oder zusätzliche Figuren aus dem allgemeinen Vorrat bemühen. Wer letztendlich glaubt, dass er genügend Archäologen ausgelegt hat, kann als letzte Aktion passen. Der Spieler, der dies zuerst tut, darf einen Markierungsstein auf das erste Feld der Leiste zur Auflösung von Gleichständen positionieren. Sollte es nun in einer späteren Auswertung zu einem Remis kommen, ist dieser Spieler dann im Vorteil.

|Phase 3 – Auswertung|

Bei der Auswertung der Zonen werden nun die Mehrheiten berücksichtigt. Der Spieler, der die meisten Archäologen untergebracht hat bzw. bei einem Gleichstand in der zugehörigen Leiste die Nase vorne hat, darf als Erster eine Aktion wählen. Er darf nun eine Parzelle aussuchen und diese zur Hand nehmen oder aber ein passendes Feld im Museumsteil des zugehörigen Mäzens besetzen. Entscheidet er sich für die Parzelle, legt er diese nun mit der Seite des Mäzens in seinen Vorrat und streicht, falls vorhanden, die damit verbundenen Siegpunkte ein. Der Spieler mit den zweitmeisten Archäologen kann nun auf dieselben Aktionsmöglichkeiten zurückgreifen. Auch die eventuell Dritt- und Viertplatzierten könnten noch eingreifen, solange Parzellen übrig bleiben. Sie dürfen jedoch nicht mehr im Museum vorstellig werden.

Nachdem alle Siegpunkte verrechnet und Parzellen verteilt wurden, geht das Spiel in die nächste Runde. Die überschüssigen Parzellen werden aus dem Spiel genommen und ein neues Gebiet ausgelegt. Die in Anspruch genommenen Mäzene werden wieder in die rechte Position gerückt und können in der folgenden Runde wiederverwendet werden.

_Spielende_

Nach vier Runden folgt die Schlusswertung. Die Gebiete im Museum werden ausgewertet und zu den Punkten auf der Siegpunktleiste addiert. Der Spieler, der nun das beste Punkteergebnis erzielt hat, hat das Spiel gewonnen.

_Persönlicher Eindruck_

„Mykerinos“ ist, wie bereits angesprochen, ein ziemlich unscheinbares Spiel, welches sich bei vielen bekannten Mechanismen anderer Titel bedient, diese aber zu einem ganz eigenen, durchaus ansprechenden Konglomerat kombiniert. Das Mehrheitensystem ist sehr fein ausgeklügelt, der aktive Anteil sowie die Entscheidungsgewalt jedes Spielers mit einer großen Priorität in das System mit eingebunden. Außerdem ist die Idee mit den Parzellen/Mäzenen – die man nach der Auswertung nicht dringend annehmen muss, andererseits aber auch dringend benötigt, um im Spiel weiterzukommen – sehr stark. Hierin besteht vor allem der intuitive Part des Spiels, der sich schließlich auch auf die strategischen Anteile von „Mykerinos“ niederschlägt und gerade diesen Aspekt äußerst hoch einstuft. Nur sehr wenig wird dem Glück überlassen, da jeder hier seine Geschicke jederzeit selber in der Hand hält. Mäzene aufgreifen oder ins Museum starten? Immer wieder steht man vor folgenschweren Entscheidungen, die man später schnell wieder bereuen kann. Und da man mit manchen Entscheidungen auch direkt für das Schicksal seiner Mitspieler verantwortlich ist, gewinnt das Spiel in jeder Phase kontinuierlich an Spannung.

Letzten Endes wird die Skepsis, die sich anfänglich noch einzuschleichen gedachte, sehr schnell ad acta gelegt und von einem sehr starken, zwar nicht innovativen, aber gut aufeinander abgestimmten Mechanismus abgelöst. „Mykerinos“ führt die Serie überzeugender Strategietitel aus den Hause |Ystari| eindrucksvoll fort und mausert sich neben Hausreferenzen wie „Caylus“ und [„Yspahan“ 4385 zu einer durchaus lohnenswerten Alternative aus dem hochwertigen Verlagsprogramm.

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Dorn, Rüdiger – Reise zum Mittelpunkt der Erde (Brettspiel)

[„Reise zum Mittelpunkt der Erde“ 2282 – bei diesem Titel wird vor allem jugendlichen Abenteurern ganz warm ums Herz, gehört der Roman von Jules Verne doch nach wie vor zu den wichtigsten Werken der weltlichen Literatur und gilt gemeinhin sogar als eine der besten Arbeiten des legendären Schriftstellers. Ein großer Fan dieser Vorlage ist zweifelsohne auch Rüdiger Dorn, der das Thema für ein neues Brettspiel aufgegriffen hat und sich damit in die Serie der spielerischen Literatur-Adaptionen des |Kosmos|-Verlags einreiht. In drei Etappen reisen Otto Lidenbrock, sein Neffe Axel und der isländische Bergführer Hans hier an besagten Mittelpunkt und bergen auf dem Weg dorthin viele Schätze und wertvolle Fossilien. Doch nicht alle Passagen der Reise sind so angenehm wie die wertvollen Ausgrabungen …

_Spielidee_

„Reise zum Mittelpunkt der Erde“ ist für zwei bis vier Spieler konzipiert, die durch drei wichtige Stationen der Erzählung reisen müssen und sich hierzu der drei Forscher bedienen, die das Abenteuer in der Vorlage miterlebt haben. Dabei erfolgt jedoch keine klare Zuteilung, denn jeder Spieler kann auch jeden Forscher bewegen und seine Ausrüstung dazu nutzen, Hindernisse zu überschreiten und Entdeckungen zu machen, die den Wert seiner Ausbeute kontinuierlich steigern.

So steigen unsere Helden ins Erdinnere ab, navigieren vom Pilzwald über den Lidenbrocksee und erklimmen schließlich den Gipfel des Vulkans von Stromboli, der von zahlreichen Lavaströmen umgeben ist und wo es noch einmal so richtig ans Eingemachte geht. Ziel des Spieles ist es unterdessen, Fossilien von größtmöglichem Wert einzusammeln und auf der Reise nicht wieder zu verlieren. Wer am Zielpunkt, an der Spitze des Vulkans, nämlich die meisten Punkte für Fossilienkarten einheimst, hat das Spiel gewonnen.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 3 Forscher
• 1 Floß
• 20 Wassersteine
• 10 Meeresabenteuerkarten
• 2 Bonuskarten ‚Pilzwald‘ und ‚Ruinenstadt‘
• 63 Forscherkarten
• 45 Ausrüstungskarten
• 64 Fossilienkarten
• 16 Ereigniskarten

„Reise zum Mittelpunkt der Erde“ ist definitiv ein echter Hingucker: Das Spielmaterial ist optisch eine absolute Wucht; angefangen beim hervorragend nachempfundenen Spielplan über die sehr stimmungsvoll und düster ausgearbeiteten Karten bis hin zu den liebevollen Designs von Spielfiguren und Floß, die in Sachen Individualität erneut klare Maßstäbe setzen. Dennoch verliert man bei der sehr vielseitigen Aufarbeitung der Gesamtausstattung nie die Übersicht, da die Struktur eindeutig ist und auch das Kartenmaterial bei all den Parallelen untereinander gut unterschieden werden kann. Zeichnerisch ist das gesamte Paket dementsprechend erstklassig, spieltechnisch dazu in jedweder Hinsicht optimal. Beste Voraussetzungen also für ein atmosphärisch dichtes, starkes Abenteuerspiel …

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie wird der Spielplan ausgelegt und mit den Spielfiguren bestückt. Die drei Forscher werden auf das Startfeld gesetzt, das Floß indes positioniert sich schon einmal an den Beginn der zweiten Etappe. Die unterschiedlichen Kartentypen werden getrennt, gemischt und auf die entsprechenden Felder auf dem Spielplan gelegt. Drei Ausrüstungskarten werden dann gezogen und gehen offen in die Auslage. Jeder Spieler erhält nun sechs Forscher- und drei Ausrüstungskarten auf die Hand. Weiterhin erhält jeder einen Wasserstein, der wichtig ist, um die Fossilien später auch in die nächste Welt zu befördern. Die übrigen Wassersteine werden auf den zugehörigen Feldern des ersten Spielabschnitts abgelegt. Nachdem ein Startspieler bestimmt wurde, kann es dann losgehen.

_Spielablauf_

Angesichts des strukturellen Aufbaus des Spiels ist dieses auch in drei unabhängig voneinander aufgebaute Spielabschnitte unterteilt, in denen wiederum individuelle Regelmodifikationen zu beachten sind. Lediglich die Handlungsoptionen für die jeweils aktiven Spieler bleiben immer gleich: Entweder nutzen sie die Bewegungsphase, indem sie Forscherkarten einsetzen und einen der Forscher vorwärts bewegen oder aber ziehen sie drei Karten aus dem Ausrüstungs- oder Forscherstapel nach und füllen somit ihren Vorrat wieder auf.

Das Spiel beginnt dann beim Einstieg ins Erdinnere, den die drei Forscher zunächst noch zusammen vornehmen. Die Spieler bestimmen nun abwechselnd, ob sie einen der Forscher näher an den Pilzwald, das erste Etappenziel, heranführen, oder ob sie für Nachschub auf der Kartenhand sorgen. Die Forscher werden bewegt, indem man die zugehörigen Karten ausspielt. Jedem Forscher ist eine Kartenfarbe zugeordnet, und für jede dieser Karten darf der Forscher nun um ein Feld weitergesetzt werden. Wichtig ist dabei, dass er sich in jedem Zug dem ersten Ziel nähert. Rückwärts zu ziehen, ergibt nämlich nicht nur wenig Sinn, sondern ist auch nicht erlaubt – auch wenn dafür der eine oder andere Schatz schon mal auf der Strecke bleiben muss.

Auf der Reise müssen nun aber auch Hindernisse überwunden werden: Schluchten erfordern ein Seil, Felsengebiete kosten Bewegungspunkte und Granit kann sogar überhaupt nicht überwunden werden. Allerdings gibt es im Rucksack der Ausrüstung auch reichlich Hilfreiches: Ein Zwieback beispielsweise erweitert den Bewegungsspielraum, mit der Spitzhacke lässt sich Geröll beiseite räumen, der Kompass ermöglicht diagonale Züge und mit allen Ausrüstungsgegenständen kann man auf den Entdeckungsfeldern Fossilienkarten im Tausch gewinnen.

So zieht man die Forscher nun bergab ins Innere der Erde, sammelt Fossilien und Wassersteine zur Konservierung der Artefakte und versucht dabei, selbst den ersten Forscher ans Ziel zu bringen. Mit dem Erreichen des Pilzwaldes endet nämlich nicht nur die erste Etappe, sondern derjenige, dem dies zuerst gelungen ist, bekommt auch die Karte des Waldes, die einige Bonuspunkte bedeutet.

Der zweite Abschnitt führt nun durch die Wasserwelten des Lidebrocksees. Hier warten nicht nur weitere Fossilien auf die Forscher, sondern auch Gefahren wie Kugelblitze, die eventuell sogar großen Schaden anrichten können. Die drei Abenteurer reisen nun jedoch wieder zusammen auf einem Floß, können sich aber diesmal auch nur mithilfe der Forscherkarten fortbewegen. Nach jedem Zug steht jedoch ein zusätzliches Meeresabenteuer an, welches sowohl positive (Extra-Ausrüstung) als auch negative Folgen (Kugelblitz) haben kann. Mit dem Erreichen des Vulkaneinstiegs endet jedoch auch dieser Teil der Reise relativ zügig.

Der Lavastrom ist zum Finale der gefährlichste Abschnitt der Reise. Weiterhin reisen die Forscher auf dem Floß, müssen sich nun jedoch ihrem Schicksal fügen. Statt nämlich selbst die Fortbewegung beeinflussen zu können, müssen die Spieler nun Karten vom Forscherstapel ziehen. Das Floß wird anschließend auf das nächste Feld der gezogenen Farbe bewegt; möglicherweise wartet hier auch gleich eine weitere hitzige Bedrohung, die einem eine Fossilienkarte raubt. Mit ein wenig Pech kann man hier sogar noch einen sicher geglaubten Sieg verspielen.

Mit dem Erreichen der Vulkanspitze endet schließlich das Spiel. Die Punkte für Fossilien, gelöste Meeresabenteuer und Bonuskarten werden addiert und mit den überschüssigen Wassersteinen verrechnet. Der Spieler mit der höchsten Gesamtsumme gewinnt das Abenteuer im Inneren der Erde.

_Persönlicher Eindruck_

Bereits beim ersten Einblick in die Spielanleitung manifestierten sich erste Zweifel an der Dynamik des Spielablaufs, die sich leider auch sehr bald bestätigen sollten. Die Einteilung in drei Spielabschnitte nämlich ergibt zwar themenbezogen Sinn, allerdings will das Spiel wegen der etwas holprigen Übergänge nicht so recht in abenteuerliche Fahrt kommen, so dass gerade Strategen sich nach einiger Zeit nicht mehr ganz so wohlfühlen sollten. Zwar sind gezielte Planung und eine gewisse Spieltaktik auch hier das Maß aller Dinge, aber letztendlich hängt auch viel vom Glück beim Nachziehen ab.

Abseits dessen sind die einzelnen Episoden des Spiels nicht sonderlich spannend aufgebaut. Der Auftakt im Bergmassiv ist zwar noch recht ansprechend, da man hier auch noch genügend Einfluss ausüben kann, doch schon das Abenteuer auf dem Meer ist in seinen Aktionsmöglichkeiten recht begrenzt. Die Meeresabenteuer sollen hier noch einiges herausschlagen, wirken aber zuletzt ein wenig aufgesetzt und sind in ihrem Effekt nicht konsequent genug. Es tut jedenfalls nicht wirklich weh, wenn man eines dieser Abenteuer nicht bewältigt, wohingegen der Kugelblitz auch nicht ganz hält, was er verspricht. Die Reise durch den Lavastrom stellt sich schließlich als der liebloseste Abschnitt des Spiels heraus, da man hier regelrecht vom Spiel gespielt wird. Nur noch das Glück entscheidet, und man muss akzeptieren, wie das Schicksal einem mitspielt. Sonderlich einladend ist dies dementsprechend nicht.

Bedauerlich ist somit das nicht ganz so positive Resümee im Hinblick auf die durchweg fantastische Spielatmosphäre. Die Grafiken alleine vermittelt schon ein authentisches Feeling, aber auch die eigentliche Konzeption ist richtig prima auf das Romanwerk abgestimmt. Leider jedoch stimmt der sehr positive Eindruck ob der Aufarbeitung des Spiels nicht so ganz mit den Erfahrungen überein, die man aus dem Spielgeschehen mitnimmt. Als Romanadaption mag „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ sicher toll sein; spieltechnisch indes ist der neueste Titel von Rüdiger Dorn („Jambo“) sehr enttäuschend – insbesondere, wenn man zumindest ein bisschen auf Strategie steht.

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Pelikan, Andreas – Fangfrisch

Auf dem Fischmarkt geht es mitunter hektisch zu, gerade wenn man in Fisch-Weltstädten wie Hamburg gastiert, wo der frischeste Fang von unzähligen Marktschreiern an den Mann respektive an die Frau gebracht wird. Genau auf diesem hanseatischen Fischmarkt setzt nun auch „Fangfrisch“ an, ein etwas eigenwilliger Titel aus dem letztjährigen Messeprogramm von |Queen Games|, in dem es vor allem um eines geht: einen ruhigen Kopf bewahren. Im regelmäßigen Wechsel preisen die Spieler nämlich neue Waren an. Doch in der gleichen Zeit, in der sich das Angebot erweitert, schrumpft auch der Lagerraum für neuen Fisch. Und Fisch, der nicht gelagert wird, wandert schließlich in die Mülltonne. Kein Wunder also, dass man sich hier gleich doppelt überlegen muss, zu welchem Zeitpunkt man am besten auf dem Markt zuschlägt. Immerhin will die Mülldeponie auch bezahlt werden …

_Spielidee_

In „Fangfrisch“ liebäugeln drei bis fünf Spieler mit dem relativen Reichtum, der sich als Fischverkäufer erzielen lässt. Abwechselnd bietet man entweder selber Fisch an und freut sich über die Erlöse des Verkaufs, oder aber man bietet munter mit, um den eigenen Bestand zu erweitern und schließlich gewinnbringend zu verkaufen. In jeder Runde bietet ein Marktschreier eine wachsende Zahl bestimmter Fischarten zum Verkauf an, und je länger sein Angebot unangetastet bleibt, desto kniffliger gestalten sich die Lagerungsmöglichkeiten für den potenziellen Käufer. Doch irgendwann muss man auch unter schlechtesten Vorzeichen zuschlagen, um das Angebot überschaubar zu halten. Dafür bleibt der Preis für das gesamte Paket immer bei zehn €uro, ganz egal, welche Mengen man nun anschafft. Ziel ist es nun, von gewissen Sorten möglichst viele Fische weiterzukaufen, um so den Einsatz wieder potenzieren zu können. Wer auf diese Weise nun zum Ende des Angebotstags das meiste Geld heranschafft, gewinnt das Spiel. Doch sollte dies nur gelingen, wenn man auf dem Weg hierhin nicht zu viele Fische im Müll hat entsorgen müssen. Die Strafen für verschwendeten Fisch sind auf dem Markt in Hamburg nämlich ziemlich groß.

_Spielmaterial_

• 104 Spielkarten
• Ein Satz Spielgeldscheine
• 5 Spielertableaus
• 6 Preislisten
• 1 Glocke
• 1 Spielanleitung

Das Spielmaterial zu „Fischfang“ ist solide und zweckdienlich, grafisch hingegen aber sicherlich nicht die beste Arbeit im Verlagsprogramm. Die Farben sind nicht sonderlich ansprechend, und auch der unverhältnismäßige Mix zwischen illustrierten Skizzen und realitätsnahem Bildmaterial ist ein wenig befremdlich. Immerhin: Im Spiel selber ist durch die klare Strukturierung der Ausstattung eine gute Übersicht gewährleistet.

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie wird ein Spieler zum Bankhalter erklärt und verwaltet nun im Namen aller Beteiligten die Finanzen. In dieser Funktion händigt er allen Mitspielern zu Beginn bereits 30 €uro Startkapital aus. Darüber hinaus bekommt jeder Spieler noch ein Tableau und eine Preisliste. Die Fisch- und Sonderkarten werden zu einem Stapel vermischt, an dessen Ende die beiden Karten ‚Endphase‘ und ‚Marktschluss‘ einsortiert werden. Anschließend darf der erste Marktschreier loslegen.

_Spielablauf_

Eine Runde in „Fangfrisch“ ist in zwei hauptsächliche Phasen untergliedert, die größtenteils vom aktuellen Marktschreier geleitet werden. Dieser hat zunächst die Möglichkeit, eine oder mehrere Fischsorten an die Bank zu verkaufen, und übernimmt dann seinen aktiven Posten, um selber Fisch an seine Konkurrenten zu veräußern.

Der wichtigste Part für die eigene Bereicherung ist dabei sicherlich der Verkauf eigener Fische. Man darf dabei so viele Sorten verkaufen, wie das Tableau hergibt (also insgesamt drei), muss aber jedes Mal auch den kompletten Bestand dieser Sorte abgeben. Der Preis steigt dabei exponenziell: Je mehr Fische man besitzt, desto größer ist der Endbetrag, den man pro Fisch aus der Bank erhält. Allerdings wird man für maximal zehn Fische entlohnt; der Überschuss wird ohne Gewinn abgegeben. Manchmal sollte man aber auch kleinere Bestände eintauschen, denn immerhin ist der Platz auf den Tableaus begrenzt.

Sobald man nun eine oder gleich mehrere Fischsorten verkauft hat, übernimmt man den Marktschreier-Posten. Hierzu zieht man nun eine Karte nach der anderen vom Nachziehstapel der Fischkarten und legt diese offen aus. Alle anderen Spieler begutachten das neuen Angebot und überlegen, ob und wann sie am besten zuschlagen. Währenddessen legt der Marktschreier immer weitere Karten nach, bis sich schließlich ein Spieler entschließt, das Gesamtpaket zu kaufen. In diesem Fall versucht er, als Erster die Glocke zu betätigen, die diese Investition bestätigt. Manchmal kommt es hier allerdings auf Hundertstelsekunden an, da zwei oder gar noch mehr Spieler gleichzeitig den rechten Zeitpunkt für eine Investition gekommen wähnen und im selben Moment auf die Glocke hauen wollen. Kurzentschlossene brauchen zusätzlich daher auch noch die nötige Durchsetzungskraft! Ist das Angebot verkauft, bekommt der Marktschreier nun noch für jede verkaufte Karte (egal, wie viele Fische sie anzeigt) einen Euro als Erlös für seine Mühen. Er sollte also daran interessiert sein, möglichst schnell nachzulegen, um ein großes Paket zu verkaufen.

Anschließend wechselt die Position des Marktschreiers an den linken Nachbarn, usw. Es wird weiter gezockt und gesammelt, gehortet und verkauft, wobei man immer darauf achten sollte, seinen Mülleimer – also die Ablage der Fische, die keinen Platz mehr in einem der drei Lagerräume gefunden haben – nicht zu voll zu stopfen. Am Ende des Spiels kostet dies nämlich pro Fisch einen €uro Strafe. Außerdem sollte man versuchen, Sonderkarten, die ebenfalls versteigert werden, gewinnbringend einzusetzen. Der Fischdieb beispielsweise kann einen Fisch bei der Konkurrenz stehlen, wohingegen man mit dem Dosenfisch fälschlich deponierte Mülleimerware teilweise aussortieren kann.

Sobald die Endphase per Karte eingeläutet wird, dürfen alle Spieler ihren Fisch verkaufen, auch wenn sie selber nicht aktiv am Zug sind. Mit dem Marktschluss wird dann der Markt sofort beendet. Der Fisch auf dem Tableau wird zur Hälfte des Preises verkauft, der verdorbene Fisch im Mülleimer wiederum mit einem €uro pro Fisch auf die Soll-Liste gesetzt. Derjenige, der nach Berechnung aller Vor- und Nachteile das meiste Geld übrig hält, gewinnt das Spiel.

_Persönlicher Eindruck_

Das Thema Fischverkauf wurde im vorletzten Jahr bereits einigermaßen ansprechend bei |Clementoni| verarbeitet. Der Verlag brachte pünktlich zur |SPIEL ’06| einen ganz anständigen Titel namens „Fischmarkt“ in die Läden, der mangels Konkurrenz bisher auch das Highlight in dieser ganz besonderen Sparte darstellt. Ein Jahr später haben |Queen Games| schließlich mit einem richtig witzigen, temporeichen Spiel ganz ordentlich nachgelegt und – das ist nach nur wenigen Partien bereits mehr als deutlich – den bisherigen Spitzenreiter auf dem Fischmarkt von seinem Stand verdrängt.

„Fangfrisch“ überzeugt dabei als sehr ausgewogene Mischung aus Strategie, Tempo und Rechenkünsten, die gerade dann notwendig sind, wenn man in kürzester Zeit überdenken muss, ab wann eine Investition lukrativ ist bzw. wann man wieder draufzahlen muss. Derartige Überlegungen spielen nämlich in nahezu jeder Auktion des Marktschreiers eine gewichtige Rolle, können aber manchmal überhaupt nicht lange bedacht werden, da man innerhalb von Hundertsteln Entscheidungen treffen muss – und gerade dieser Aspekt gefällt letzten Endes wirklich sehr gut.

Allerdings hat die Geschwindigkeit auch ihre Laster, die sich besonders in den ganz hektischen Situationen ergeben. Wenn man beispielsweise parallel auf die Glocke schlagen möchte, kommt es schon mal zu unbewussten Rangeleien, die Mensch und Material in Anspruch nehmen. Aber dies ist man ja von Spielen mit einer Glocke schon gewohnt …

Insofern hält sich die Kritik wirklich in Grenzen und soll keinesfalls die sehr guten, teils überraschend packenden Eindrücke des Spiels überschatten. „Fangfrisch“ mag grafisch zwar nicht gerade die erste Wahl sein, erweist sich spielmechanisch aber ganz klar als lohnenswerte Ergänzung im Verlagsprogramm.

http://www.queen-games.de