Im Jahre 1890 wird eine kleine Hafenregion an der Westküste von einer Horde schreckenverbreitender Seevögel heimgesucht. Tod und Entsetzen überschatten die einst so friedliche Ortschaft, so dass dem lokalen Gouverneur jegliche Mittel recht sind, um das Federvieh aus seiner Heimat zu verbannen. Unterdessen verdient sich seine Nichte ihre ersten Sporen im zwielichtigen Kabarett von Madame Couradille. Als sie für den hinterhältigen Kommandanten Grayson tanzen soll und er seine widerwärtigen Fingen an sie legt, dreht Ombeline allerdings durch. Sie schlägt den gemeinen Beamten blutig und flieht mit ihrer Freundin Ayette in die hintersten Winkel der Stadt.
Doch ihre Hoffnung, am Grab ihrer Mutter vorläufig Zuflucht zu finden, wird alsbald zerschlagen. Das fliegende Piratenschiff Albatros ankert über dem Friedhof, eröffnet den beiden Flüchtigen jedoch die Chance, sich an Bord des Luftmobils einzuschleusen. Gesagt, getan. Tatsächlich gelingt Ombeline der Einstieg in die ‚Albatros‘, doch macht sie das Schiff dadurch zur Zielscheibe der zahlreichen Häscher. Der Gouverneur möchte nämlich nichts lieber, als seine Nichte möglichst bald wieder in Madame Couradilles Lokalität begrüßen zu können.
_Persönlicher Eindruck_
„Albatros“ ist der Titel eines neuen Comic-Dreiteilers aus dem Hause |Splitter|, geschrieben und gezeichnet vom Szene-Frischling Vincent, der hiermit sein deutschlandweites Debüt begeht. Allerdings dürfte es dem Neuling schwerfallen, sich mit dieser Reihe zügig zu etablieren, weil die Geschichte einerseits eher minder spektakulär ist und das Gros der Inhalte anderen, weitaus bekannteren Vorlagen entnommen wurde. Komischerweise ist der offensichtlichste Querverweis zu Alfred Hitchcocks Meisterwerk „Die Vögel“ dabei nicht das zentrale Thema des ersten Hardcover-Albums, sondern bislang nur ein kleines Puzzleteil innerhalb dieser weniger komplexen Handlung. Der Leser wird zwar mit der massiven Vogelplage konfrontiert und erfährt auch auf manchen Seiten die blutigen Konsequenzen ihres unkontrollierten Treibens, erkennt aber schnell, dass es sich hierbei lediglich um schmückendes Beiwerk eines interessanten, aber noch nicht durchweg überzeugenden Plots handelt.
Unterdessen inszeniert Vincent die Story äußerst linear und beschreibt ohne weitere Ausschweife die Geschichte eines 14-jährigen Mädchens, welches vergebens versucht, dem Sumpf der Prostitution zu entfliehen, obschon ihre Herkunft sie grundsätzlich in ihrem Bemühen unterstützen sollte, schließlich ist sie die Nichte des Gouverneurs – und alleine diese Tatsache mutet schon ziemlich seltsam an. Mit letzter Kraft rettet sie sich durch die Hinterhöfe und die finsteren Gassen der Stadt bis auf den Friedhof, der jedoch auch nur vorübergehend sicher ist. Schon bald machen sie und ihre unschlüssige Begleiterin Ayette bereits Bekanntschaft mit einer Horde Luftpiraten, die das junge Mädchen unter ihre Fittiche nehmen, daraufhin aber unter schweren Beschuss geraten. Ist die Liebe des Gouverneurs zu seiner Nichte also doch stärker, als die äußeren Umstände vermuten lassen?
So manche inhaltliche Wendung scheint im Auftaktband „Shanghait“ ein wenig ambivalent geraten, besonders was die Entwicklung der Charaktere anbetrifft. Zwar nutzt der Autor die Gelegenheit, die tragenden Figuren im Debüt ausführlich vorzustellen, macht dies jedoch auf Kosten der Handlung, die sich trotz der steten Rasanz inhaltlich nur bedingt fortbewegt. Bei der recht unterschiedlichen Präsentation so manch dominanten Kopfes ist dies mitunter aber auch eine schwierige Angelegenheit! Darunter leidet auch die Erzählatmosphäre ein wenig, will sich sogar bis zum Schluss nie so richtig einstellen. Man weiß weder kognitiv noch emotional, woran man bei dieser einleitenden Geschichte ist und findet folgerichtig auch keinen echten Zugang zu den vermeintlichen Sympathieträgern.
Lediglich die verblüffend stimmigen Zeichnungen lösen letzten Endes Begeisterung aus und machen den Auftakt von „Albatros“ zumindest auf dieser Ebene zu einer lohnenswerten Angelegenheit. Nimmt man indes die eigentliche Story als Maßstab, ist „Shanghait“ eher Mittelmaß.
Paris im Jahre 2054: Der multinationale Megakonzern Avalon beschäftigt verdeckt eine Reihe ambitionierter Wissenschaftler, deren Forschungsarbeiten eines der größten Geheimnisse der Menschheit fokussieren. Abseits der Außenwelt verfolgen die Drahtzieher des Unternehmens mit kompromisslosen Methoden Ziele, die sich über sämtliche moralischen Grundlagen hinausbewegen und den biogenetischen Code der Menschheit analysieren.
Der impulsive Gestzeshüter Karas bekommt von diesen Machenschaften Wind, als er den Fall einer verschwundenen Wissenschaftlerin namens Ilona Tasuiev aufnimmt und sich innerhalb des riesigen Konzerns über die junge Dame informiert. Nach und nach entdeckt er wertvolle Indizien, die dafür sprechen, dass Tasuiev kurz vor einem großen Coup stand und ihr Verschwinden Teil einer enormen Verschwörung ist. Ihr Forschungszweig arbeitete an einem Gegenmittel zur Bekämpfung von Progerie, und inmitten der diesbezüglichen Fortschritte stieß Tasuiev scheinbar auf Erkenntnisse, die die gesamte Menschheit revolutionieren könnten. Karas nimmt die Verfolgung auf – und gerät immer tiefer in einen Sumpf aus Intrigen, Skrupellosigkeiten und Zukunftsvisionen erschütternden Ausmaßes.
_Persönlicher Eindruck_
Dass die Film-Noir-Branche mittlerweile auch ein sattes Mainstream-Comeback feiern durfte, ist nicht erst seit dem durchschlagenden Erfolg des revolutionären „Sin City“ unbestrittener Fakt. Die ästhetische Schwarz-Weiß-Grafik, die mysteriösen Figuren und die fiesen Geschichten des Genres sind längst mehr als bloß Insider-Kult und Liebhaber-Geschäft und entwickelten sich im neuen Jahrtausend schlagartigen zum boomenden Nebenzweig der Filmindustrie, dessen wahres Potenzial indes nur erstaunlich wenige Regisseure erkannt zu haben scheinen. Unter ihnen ist zweifelsohne auch Christian Volckmann, der Schöpfer von „Renaissance“, dem neuesten Werk des eigenwilligen Kulturzweigs.
In seiner weitestgehend unterkühlten Geschichte erzählt der aufstrebende Erschaffer dieses stringenten Science-Fiction-Werks die Story eines anrüchigen Unternehmens, welches sich in einigen zweifelhaften Machenschaften der Genforschung verzettelt hat. An der Spitze des Eisbergs steht eine junge Forscherin, die bei der Behandlung von Progerie scheinbar ein Mittel zur relativen Unsterblichkeit entdeckt hat und somit die Zukunft der ganzen Menschheit in der Hand hält – so scheint es zumindest. Der ungebrochen coole Bulle Karas erfährt hiervon jedoch erst, als das Schicksal dieser Wissenschaftlerin auf dem Spiel steht. Mit dem Verschwinden ihrer Person deckt er erst die intriganten Ränke des Multikonzerns auf und begibt sich alsbald in den Teufelskreis konkurrierender Mafiosi, die unter dem Tarnmantel der Wissenschaft eine ganze Reihe moralisch nicht mehr vertretbarer Experimente durchgeführt hat. Junge Menschen ließen bei diesen Versuchen ihr Leben, andere tauchten nie wieder auf, und bevor sich Karas versieht, rückt auch er in der Reihe ihrer möglichen Nachfolger auf einen der vordersten Ränge. Fragt er sich zunächst noch, warum mit dem Verschwinden Ilonas die Existenz des gesamten Unternehmens auf dem Spiel stand, erhält er schließlich die grausame Gewissheit über die fürchterlichen Manipulationen und die daraus resultierenden Befürchtungen für die Zukunft der kompletten Rasse. Für Karas die passende Gelegenheit, seine schwarze Weste wieder ein wenig aufzuhellen …
Während die Geschichte prinzipiell eindeutig und stringent scheint, ist die Strukturierung von „Renaissance“ zumindest im Comic nicht immer glücklich gewählt. Volckmann hat das Pendant zum animierten Film lediglich mit Standbildern seines Streifens gefüllt, dabei aber das Tempo partiell derart verschärft, dass der Story zwischenzeitlich der rote Faden abhanden kommt. Die Gedanken- und Zeitsprünge versprechen eine ständig wachsende Komplexität, gleichsam aber auch einen immer schlechteren Überblick über Charaktere und Handlung. So nimmt die Erzählung zwar anfangs recht schnell Fahrt auf und beschleunigt daraufhin auch ständig, bietet dem Leser aber zu wenige griffige Orientierungspunkte, an die er sich klammern könnte. Zwei Drittel der Geschichte sind schließlich verronnen, bis man das Setting und seine Protagonisten miteinander in Einklang gebracht hat, so dass die Freiräume zum Spannungsaufbau trotz des brisanten Inhalts ziemlich beschränkt sind. Volckmann versucht, diese Defizite mit der Atmosphäre der Grafik und der allgemein düsteren Gesamtstimmung wieder auszugleichen, was ihm aber nur mit verhaltenem Erfolg gelingt. Irgendwie will sich nämlich zu keiner Zeit eine vergleichbare Euphorie wie beim Genre-Vorreiter „Sin City“ einstellen, nicht einmal eine relative Begeisterung ob des zumindest visuell recht ansprechenden Unterfangens. Diesbezüglich ist das gesamte Projekt einfach zu eisig strukturiert bzw. zu emotionslos konstituiert.
Man könnte daher auch sagen, dass „Renaissance“ im Grunde genommen genau an der überstrapazierten Bemühung klassischer Noir-Elemente zerbricht und der Geschichte dadurch eine zielgerichtete Entwicklung verbaut. Dies ändert zwar grundsätzlich nichts daran, dass die Story inhaltlich durchaus interessant ist, ist aber ausschlaggebend dafür, dass „Renaissance“ letztendlich nicht in die elitäre Auswahl der animierten Noir-Klassiker eingruppiert wird – obschon bei der meisterhaften äußeren Aufmachung des schicken Hardcovers dergleichen zu erwarten war!
Es gilt gemeinhin als ungeschriebenes Gesetz, dass die magischsten Momente der Fantasy-Literatur ausschließlich dem englischsprachigen Raum entstammen. Es sind Autoren wie Martin, Tolkien und auch moderne Schreiberlinge wie Jordan und Barclay, die in der Vergangenheit die anerkannten Maßstäbe setzten und das Kaufverhalten der Leserschaft durch ihre fabelhaften Geschichten maßgeblich beeinflussten.
In diesem Zusammenhang mag die schwedische Schriftstellerin Margit Sandemo, immerhin Jahrgang 1924, zunächst einmal eine unscheinbare Persönlichkeit im nach wie vor aufstrebenden Genre sein, hat aber gerade die phantastische Literatur im europäischen und speziell im skandinavischen Raum in den vergangenen Dekaden richtungsweisend geprägt. Ihre |Saga vom Eisvolk| entwickelte sich zum steten Bestseller und brachte es zwischen 1982 und 1989 auf insgesamt 47 Ausgaben. Seltsamerweise hat man hierzulande niemals eine offizielle Kostprobe des historischen Fantasy-Epos‘ zu Gesicht bekommen, auch wenn vor geraumer Zeit schon einmal der Versuch gestartet wurde, die ersten neun Bände in einer Kleinauflage zu etablieren – wirklich viel Rummel haben die Veröffentlichungen nämlich nicht ausgelöst.
Gottlob wird nun via |Blanvalet| ein zweiter Versuch gestartet, diese in Insider-Kreisen hoch gehandelte Reihe in einer deutschen Übersetzung landesweit zu manifestieren – drücken wir also die Daumen, dass es diesmal funktionieren wird!
_Story_
Im Jahre 1581 wird ganz Norwegen von der heimtückischen Pest heimgesucht und mit fürchterlicher Konsequenz getroffen. Ein Großteil der Bevölkerung erliegt dem schwarzen Tod, hoffnungs- und schutzlos ausgeliefert und vor Angst schier ohnmächtig. Unter der armen Bevölkerung ist auch die Familie der jungen Silje, die mit einem Mal ihre gesamten Angehörigen verliert. Verbittert und völlig ausgehungert tritt sie die Flucht an und nimmt sich auf ihrer Reise in die Zuflucht Trondheims zweier weiterer Waisenkinder an, die ohne Hoffnung auf Überleben der Kälte und Armut alleine ausgesetzt sind.
Der Großbauer Benedikt nimmt das Mädchen auf seinem Hof auf und schenkt ihr und den Kindern Liebe und Nahrung, ohne dafür jedwede Gegenleistung zu erwarten. Allerdings ist die Freude über die neue Geborgenheit nur von kurzer Dauer, denn die intrigante Cousine des Bauern macht sich alsbald auf dem Hof breit und verscheucht alle störenden Elemente unter gemeinen Vorwänden von Benedikts Gut.
In jenen Tagen macht Silje die Bekanntschaft des verrufenen Tengel, dem Mann, dessen Bekanntschaft tödlich sein kann, und der ihr auf ihrer vorherigen Reise bereits mehrere Male in mysteriösen Situationen begegnet war. Unter seiner Obhut erfährt sie von der geheimen Sippe des Eisvolkes, seinem Heimatstamm, dessen Urvater sich einst an den Teufel verkauft hatte. In einer versteckten Berglandschaft führen die wenigen Überlebenden seiner Gemeinschaft ein zurückgezogenes Leben, stets in großer Angst, eines Tages entdeckt und alleine für ihre Herkunft mit dem Tode bestraft zu werden.
Während Silje mit ihren unverhofften Mutterpflichten zu kämpfen hat, reift die junge Dame langsam aber sicher zur selbstbewussten Erwachsenen heran und kann auch ihre geheimen Gelüste nicht mehr zurückhalten. Ausgerechnet der schroffe Tengel hat ihr Herz erobert – doch seine Nähe ist verboten, da eine Partnerschaft möglicherweise eine weitere Teufelsbrut hervorbringt. Und die Angst hiervor ist so groß, dass beide Seiten schweren Herzens auf ihre Liebe verzichten. Vorerst …
_Persönlicher Eindruck_
Der erste Teil der „Saga vom Eisvolk“ ist sicherlich ein gelungener Auftakt der Mammutserie und liefert bereits einen ziemlich detaillierten Überblick über die Protagonisten und das allgemeine Setting der Handlung. Allerdings fordert er auch sogleich zur Korrektur auf, dass es sich bei diesem Epos nur bedingt um eine echte Fantasy-Geschichte handelt, denn im Grunde genommen unterwirft sich der Plot doch recht deutlich den Gegebenheiten eines historischen Dramas, verknüpft mit den Sehnsüchten und heimlichen Gelüsten einer unerlaubten Liebesbeziehung.
Insofern ist auch der Aufbau alles andere als fantasytypisch; der Rahmenschauplatz beschreibt nämlich ein allzu realistisches Standbild im Europa der Pestepoche, welches auch atmosphärisch sehr stimmig und authentisch wiedergegeben wird. Die gesamte Stimmung des Romans ist recht beklemmend ob der anhaltenden Todesgefahr und der wachsenden Armut und Verwahrlosung des gemeinen Volkes. Das gesamte skandinavische Gebiet welkt langsam dahin, und währenddessen klafft die Schere zwischen Reich und Arm bereits zu diesen Zeiten unheimlich stark auseinander.
In dieser Zeit kämpfen auch drei Waisen kaum unterschiedlicher Generationen ums nackte Überleben, unwissend bzw. intellektuell noch gar nicht fähig, realistische Zukunftsvisionen zu spinnen. Die erst 17-jährige Silje steht im Mittelpunkt des Ganzen, übernimmt für einen ausgesetzten Säugling sowie eine hinterlassene Zweijährige die nötige Verantwortung und hilft ihnen in letzter Not, nicht selber von der Pest dahingerafft zu werden. Allerdings wird das ungleiche Trio in der Folgezeit nur herumgeschubst; nirgendwo scheint man richtig willkommen, und auch wenn einige wenige ihnen die vermisste Liebe entgegenbringen, so scheint ihr Aufenthalt nirgendwo sicher.
Aus einem Trieb heraus, gleichzeitig aber auch aus Furcht vor dem Landvogt, der ihr den verbotenen Kontakt mit dem geheimnisvollen Tengel nachsagt, steuert sie schließlich auf die Welt des Eisvolkes zu und folgt ihrem heimlichen Geliebten, der sich jedoch aus großer Furcht vor den Konsequenzen nicht eingestehen kann, dass er ebenfalls der Liebe verfallen ist. Verkrampft, verzweifelt und in ihrem Handeln zumeist ohnmächtig kämpfen sie für- und gegeneinander, wohl wissend, dass das Schicksal für beide ein Buch mit sieben Siegeln ist, ganz gleich, wie sie ihre Beziehung gestalten werden.
Bereits in „Der Zauberbund“ bestätigt sich, dass Margit Sandemo eine fantastische Geschichtenerzählerin ist; ihre detailreichen Darstellungen von Szenarien und Hintergründen bringen den Leser alsbald in das Norwegen des späten 16. Jahrhunderts und lassen ihn sofort eins werden mit dieser beklemmenden Stimmung innerhalb der Bevölkerung. Gleichzeitig gelingt es ihr auch auf faszinierende Weise, einige packende Charakterzeichnungen zu entwerfen, unter denen vor allem Tengel und die Hauptakteurin Silje hervorragende Eindrücke hinterlassen. Ihr steter Wechsel aus Bestimmtheit und Unentschlossenheit beherrscht einen großen Teil des Buchs und markiert die nicht abklingende Spannung, die sich trotz der vergleichsweise nur langsam voranschreitenden Story sofort auf den ersten Seiten entwickelt.
Andererseits ist das schleppende Tempo auch ein geringfügiger Kritikpunkt, der zwar insofern fast schon widerlegt werden muss, als man es hier erst mit dem ersten Band einer Mammut-Saga zu tun hat und eine diesbezügliche Drosselung zugunsten der Detailfülle fast schon wieder erforderlich ist, insgesamt aber doch mehrfach zu einigen kleinen Längen führt, gerade im letzten Drittel des Buches, welches nur noch die unterdrückte Liebelei der beiden Protagonisten thematisiert. Hier hätte Sandemo sicherlich etwas kompakter agieren können, was man ihr aber aufgrund des begeisternden Erzählstils (der auch in der Übersetzung sehr schön zum Tragen kommt) kaum übelnehmen darf.
Daher muss man den Einstieg in diese stilistisch vermischte „Saga vom Eisvolk“ auch als durchweg gelungen und entsprechend auch als empfehlenswert bezeichnen. Zwar wollen sich noch keine magischen Gefühle einstellen, doch fühlt man sich in der Welt von Tengel, Silje und ihren beiden Waisenkindern auf Anhieb wohl, ist bereit, ihr Schicksal zu teilen und es mit ihnen gemeinsam zu bestreiten. Beste Voraussetzungen also, um die Serie endgültig auf dem deutschen Markt zu etablieren!
|Originaltitel: Sagan om Ísfolket 1: Trollbunden
Originalverlag: Boknöje ab 1982
Aus dem Norwegischen von Dagmar Mißfeldt
Mit einem Nachwort von Gabriele Haefs
Taschenbuch, 320 Seiten|
http://www.blanvalet.de
http://www.margitsandemo.se/
‚The Timeless Sport Of Octopus Wrestling‘ – vielleicht ein seltsamer Untertitel für ein Strategiespiel, dessen thematischer Aufhänger nur insofern witzig ist, dass die Rahmengeschichte sich mit dem Ringkampf zweier oder vierer befeindeter Kraken beschäftigt. In „Take Judo“ steigen sie zusammen in einen schachbrettartigen Ring und versuchen jeweils, ihre Kontrahenten zugunfähig zu machen und ihre Arme von der direkten Verbindung zum restlichen Körper zu trennen. Seltsam? Auf jeden Fall …
_Spielidee_
In „Take Judo“ stehen sich zwei konkurrierende Kraken bzw. ein Team aus jeweils zwei Kraken auf einem 8 x 8 bzw. (im 4-Spieler-Modus) 10 x 10 Quadrate großen Feld gegenüber. Jeder Spieler erhält eine 2 x 2 Felder große Krakenfigur und jeweils acht Kraken, deren Basis jeweils auf einem Feld des Spielbrettes Platz findet. Bei der Startaufstellung positioniert man seinen Kraken nun jeweils in die Mitte der Randleiste des verwendeten Spielbretts, also quasi auf den Positionen von König und Dame auf dem Schachbrett. Nun wird diese Figur von ihren acht Armen regelrecht umzingelt, so dass sich von der einen Randseite zur anderen ein Halbkreis um den Kraken bildet. Bei zwei Spielern stehen sich die beiden Krakenaufstellungen gegenüber, bei vier Teilnehmern hingegen sind die Teams in einer gegenüberliegenden Position, nutzen aber alle Randflächen des Spielbretts.
Ziel des Spiels ist es nun, die gegnerische(n) Krake(n) insofern unschädlich zu machen, dass keine direkte Verbindung mehr zwischen allen Armteilen und der Krake bestehen. Hierzu ist es erforderlich, direkte Verbindungslinien zwischen den unterschiedlichen Elementen zu blockieren, indem man zum Beispiel seine eigene Figur zwischen Krake und Arm des Gegners bringt oder aber diesen dazu zwingt, sich quasi selber zu behindern, indem er eine eigene Armfigur zwischen Krake und einen zweiten Arm stellt.
Die Zugmöglichkeiten sind dabei vergleichbar mit den Handlungsalternativen einer Dame im klassischen Schach. Man darf diagonal, vertikal und horizontal unbegrenzt weit ziehen, allerdings natürlich nicht durch gegnerische oder eigene Figuren hindurch. Eine Einschränkung besteht diesbezüglich vor allem für die voluminösere Krakenfigur, die aufgrund ihrer verhältnismäßig großen Basis nicht jede Lücke nutzen kann.
Gezogen wird indes immer abwechselnd, wobei all diejenigen Figuren, die nicht mehr über besagte Verbindung verfügen, stillgelegt sind. Das Spiel ist bei zwei Spielern sofort zu Ende, wenn alle Arme vom Kraken abgetrennt sind und regungslos auf ihren Positionen verharren müssen. Bei vier Spielern ist ein Team erst dann geschlagen, wenn alle Elemente ihrer beiden Spielfarben ausgeschaltet sind.
_Spielmaterial_
Das Spielmaterial zu „Take Judo“ besteht aus vier hölzernen Puzzlestücken, die zu einem quadratischen Spielplan zusammengefügt werden, jeweils neun Spielfiguren (acht Arme und ein Krake) in den vier Spielfarben und natürlich der Spielanleitung. All dies wird in einem kleinen Holzkästchen aufbewahrt und ist dementsprechend schnell verstaut. Allerdings ist die Verarbeitung doch eher mäßig bis schwach, gerade was die Konstellation der Puzzlestücke betrifft, die sich bei kleinsten Bewegungen immer wieder lösen und für unfreiwillige Unterbrechungen sorgen. Auch die Spielfiguren sind ein wenig halbherzig konstruiert worden; die Farben haben schon nach dem Transport einzelne Schäden, das Handling ist auf dem sehr kleinen Spielfeld ebenfalls nicht wirklich angenehm, besonders wenn alle 36 Spielsteine im Einsatz sind. Bei einem fast schon unverschämt hohen Preis von 30 $ bzw. 33 $ (für den europäischen Markt) muss hier einfach echte Qualitätsware geliefert werden – wird sie aber nicht!
_Persönlicher Eindruck des Spiels_
Unter der Vielzahl der Schach-Abarten und –Varianten ist „Take Judo“ derzeit eine der interessantesten, vor allem was die durchweg strategische Konzipierung betrifft. Jeder Spieler ist von Beginn an mit den gleichen Möglichkeiten ausgestattet, so dass der gesamte Ablauf ausschließlich auf dem eigenen taktischen Vorgehen basiert, man für diesbezügliche Fehler dann aber auch sofort die Konsequenzen tragen muss. Schach lässt grüßen! Allerdings muss ich eingestehen, dass ich schon meine Befürchtungen hatte, das Spiel würde etwas langatmig werden, weil es grundlegend den Eindruck macht, die Finalsituation würde so schnell nicht eintreten. Man mag jedoch gar nicht glauben, wie schnell man sich selbst matt setzt bzw. in diese missliche Lage gebracht wurde, nur weil man eine oder zwei Figuren leichtsinnig ein Feld zu weit oder zu kurz geschoben hat. Bedingt dadurch, dass man Fehler nicht unmittelbar ausgleichen kann, indem man einen vorherigen Zug in der nächsten Bewegung wieder rückgängig macht, ist somit eine unerwartete Dynamik im Spiel, die vor allem die ersten Runden zu einem kurzweiligen, spannenden Vergnügen macht. Andererseits ist die Fortgeschrittenen-Variante nicht minder reizvoll, denn sobald man alle Tücken des Spiels kennt und sich vorsichtiger über das Spiel bewegt, steigt die Spannung ein weiteres Mal. Der Gegner ist besser geschult und der Schwierigkeitsgrad unverhältnismäßig größer, wobei dennoch jeder Zug verheerende Auswirkungen haben kann. Ganz zu schweigen vom ungleich komplexeren Spiel zu viert, welches zwar anfangs (und vor allem auch wegen der schwachen farblichen Trennung) etwas unübersichtlich ist, letzten Endes aber richtig viel Spaß macht. Gerade Planer und Strategen kommen hier voll auf ihre Kosten – wie im Übrigen in „Take Judo“ im Allgemeinen.
_Fazit_
„Take Judo“ ist ein feines, interessantes Strategiespiel und trotz des simplen Spielprinzips von enormer Tiefe. Dass das Spiel höchstwahrscheinlich dennoch die hiesigen Tische kaum erreichen wird, ist am indiskutablen Bezugspreis sowie den besonders deswegen qualitativ unterdurchschnittlichen Spielmaterialien festzumachen. Man mag zwar mit den begrenzten Mitteln eines Kleinverlags argumentieren, doch auch diesbezüglich gibt es auf Seiten des Konsumenten eine Toleranzgrenze, die hier deutlich überschritten wird. Schade ist es um die gute Idee, die hier wahrscheinlich untergeht bzw. nie die entsprechende Zielgruppe erreicht. Aber bei einem Endverbraucherpreis von rund 30 €uro für den europäischen Interessenten scheint dieses prinzipiell gute Spiel kaum mehr diskussionswürdig.
Raclaw wächst als treugläubiger Krieger im Corps der Black Templars auf und erarbeitet sich im Orden der Space Marines alsbald eine Position als Novize. Unablässig streitet er für die Normen und Werte des Imperators und widersetzt sich in zahlreichen entscheidenden Schlachten dem universellen Ungeziefer. Orks, Eldar und schier unzerstörbare Necrons stellen sich ihm in den Weg, doch nicht zuletzt mit der Unterstützung der unsterblichen Kampfmaschine Tankred gelingt es ihm und seinen Mitstreitern stets, die feindlichen Legionen vernichtend zurückzuschlagen. Sein ganzes Leben ist lediglich auf das höchste aller Ziele ausgerichtet; eines Tages will auch Raclaw in die Bruderschaft der Black Templars aufgenommen werden. Und für diese Ehre setzt er in jeder noch so aussichtslosen Schlacht ohne jegliche Furcht sein Leben aufs Spiel …
_Persönlicher Eindruck_
Es ist ja allgemein bekannt, dass die literarischen Adaptionen aus der Welt von „Warhammer“ respektive „Warhammer 40.000“ bislang zumeist hinter den hohen Erwartungen zurückblieben, weil sie einfach nicht die tolle Atmosphäre der gleichnamigen Tabletop-Simulation wiederzugeben vermochten. Zu sehr setzten bewährte Schreiber wie Dan Abnett oder Graham McNeill auf wenig ausgeprägte militante Endzeitszenarien und inhaltlich unbefriedigend durchdachte Durchschnittskost, von der sich letzten Endes immer mehr begeisterte Strategiespieler enttäuscht abwendeten. Aus diesem Grund durfte man umso mehr auf die erste illustrierte Fassung aus dem Universum des |Games Workshop|-Ablegers gespannt sein, zumal auch hier die Erwartungen hoch sind. Wieder einmal hat sich Dan Abnett die Gelegenheit nicht nehmen lassen, die Story zum Comic-Debüt „Kreuzzug der Verdammten“ zu konzipieren – und wieder einmal hat der erfahrene „Warhammer“-Schreiber bei der Gestaltung eines zugleich spannenden und sphärisch dichten Plots versagt.
Bereits die Inhaltsangabe lässt Schlimmes vermuten; die Handlung wird zwar stringent bis zum Ende durchgezogen, ist aber im Grunde genommen ein echter, uninspirierter Langweiler, der lediglich vom Schlachtengetümmel und der kompromisslosen Ehrerbietung dem Imperator gegenüber berichtet. Im steten Rhythmus wird der Leser mit neuen Kostproben der militanten Maschinen konfrontiert, ohne dass Abnett bei der Beschreibung der Szenarien zu weit in die Tiefe gehen würde. Meist folgen einigen brutalen Zeichnungen auch schon wieder völlig irritierende Gedankensprünge, die den Begriff ‚Handlung‘ bisweilen gar nicht mehr nachvollziehen lassen, da eine solche zumindest einzelne Zusammenhänge erfordert. Jene bestehen aber selbst bei genauerer Betrachtung nur teilweise und lassen sich einzig und allein am Werdegang Raclaws festmachen. Der junge Novize macht eine beispielhafte Karriere an vorderster Front, wird mit der Zeit zum gefeierten Helden und stirbt zum Schluss eines ehrenvollen Todes. Mehr geschieht eigentlich nicht. Ab und an bemüht man sich zwar, mit einigen Nebensträngen etwas Leben in den statischen Ablauf der Story hineinzubringen, doch scheitert dies durch den latenten Mangel an fließenden Übergängen. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist aber auch irrelevant, wo sich welcher Protagonist zu der gegebenen Zeit befindet, weil die erforderliche Linearität längst nicht mehr gegeben ist. Man erlebt zwar, wie sich Raclaw und auch der kompromisslose Tankred von Erfolg zu Erfolg winden und sich siegessicher durch die düsteren Zeiten im „Kreuzzug der Verdammten“ kämpfen, jedoch fehlt es von Beginn an einem relevanten Beziehungsgebilde, welches der Geschichte eine gewisse Struktur gibt – und ohne dergleichen funktioniert derlei nun mal einfach nicht.
Im Kontrast hierzu sind die Zeichnungen der ersten Graphic Novel eine Augenweide und trotz ihrer rauen Grundrisse sehr stimmig und präzise den Vorlagen des Tabletop-Games nachempfunden. Gerade die detailgetreue Darstellung der Maschinen und Kämpfer ist eine wahre Pracht und verleiht „Kreuzzug der Verdammten“ jene majestätische Ausstrahlung, die von der blassen Story leider wieder völlig verwischt wird – womit wir wieder bei der Problematik wären, die auch das Gros der „Warhammer“-Roman-Literatur beherrscht. Die guten Voraussetzungen werden nämlich nur sehr bedingt genutzt und zu Lasten unnützer Plattitüden geopfert. Damit wurde letztendlich eine echte große Chance leichtfertig vertan; gerade im Comic-Bereich schien der militante Kosmos der futuristischen Tabletop-Landschaft nämlich bestens aufgehoben. Die inhaltlich mangelhafte Umsetzung im Debütband zeigt aber seltsamerweise, dass dies nicht zwangsläufig so sein muss – leider!
Kuba im Jahre 2082: Die Doloniac World Company dominiert die Geschicke der Weltwirtschaft und ist mittlerweile zum mächtigsten Konzern auf Erden angewachsen. Im riesigen Familienunternehmen ist auch Nathan Doloniacs Urgroßnichte Morea beschäftigt, wenngleich sie aufgrund ihrer Schludrigkeit bei ihren Vorgesetzten nicht immer gerne gesehen ist. Als die Zentrale der DWC eines Tages von einer organisierten Terror-Organisation angegriffen und die gesamte Familie ausgelöscht wird, scheint das Unternehmen am Ende. Die Erbfolge wurde komplett durchbrochen, die verbliebenen Überlebenden der Doloniac-Familie rücksichtslos umgebracht.
Nur für Morea scheint es ein Leben nach dem Tod zu geben. Trotz tödlicher Verletzungen konnte sie dem Gewaltakt trotzen, hat allerdings im Jenseits erfahren, wo die Ursache für ihr scheinbares Glück liegt. Ihr wird mit einem Mal bewusst, dass sie ein entscheidendes Element im Zwist zwischen Engeln und Drachen geworden und dank ihres speziellen genetischen Codes unsterblich ist. Als Führungskraft der DWC kehrt sie alsbald zurück, um ihre Familie zu rächen, ihr eigenes Leben zu beschützen und den Erwartungen der Drachen in diesem infernalischen Krieg gerecht zu werden. Denn trotz allem scheint ihre Unsterblichkeit lediglich relativ zu sein …
_Persönlicher Eindruck_
Als einer der angesagtesten Fantasy-Autoren im französischen Comic-Sektor hat Christophe Arleston in den vergangenen Jahren einige markante Spuren in der internationalen Szene hinterlassen können. Hierzulande schaffte er es vor allem mit seinen Geschichten aus Troy sowie der bei |Carlsen| veröffentlichten Serie „Die Feuer von Askell“ in die Hitlisten, lediglich getoppt vom |Splitter|-Debüt „Die Schiffbrüchigen von Ythaq“, welches unlängst auch schon in die vierte Runde gegangen ist.
Mit seiner neuen futuristischen Fantasy/Science-Fiction-Saga „Morea“ möchte er nun an seine jüngsten Erfolge anknüpfen, was unter den gegebenen Voraussetzungen – Setting und Story des ersten Bandes sind durchaus interessant – auch ein problemloses Unterfangen zu sein scheint. Allerdings fehlt es „Das Blut der Engel“ noch an gewissen eigenständigen Elementen, um sich auf Anhieb als Senkrechtstarter zu manifestieren. Vor allem die Figuren lassen eine besondere Identität missen, sozusagen das gewisse Etwas, das ihren Charakter in der weiten Welt der Comic-Heroen prägnant herausstellt – und genau diese Entwicklung hat einen recht großen Einfluss auf den Verlauf der einleitenden Geschichte.
Andererseits ist „Das Blut der Engel“ ein sicheres Unterfangen. Die Handlung beginnt und bleibt temporeich, die verarbeiteten Ideen bürgen für kontinuierlich hohe Spannung und auch das zeichnerische Fundament setzt sich als eines der besten Kooperationswerke Arlestons umgehend fest. In diesem Sinne muss auch die tolle Hintergrundstory erwähnt werden, die dem Ganzen erst die entsprechende Würze verpasst und die zunächst noch nicht vermutete Komplexität äußerst würdevoll darstellt. „Morea“ mag zwar strikt und stringent aufgebaut sein, schlicht ist der Plot jedoch bis dato sicher nicht.
Dass es vorerst aber noch nicht zum sofortigen Durchbruch reicht, ist ergo auch fast ausschließlich an den weniger präzise entwickelten Figuren festzumachen. Individuell fehlen entscheidende persönliche Merkmale, was sich teils auch für die Basis der Storyline sagen lässt. Arleston kann diese vergleichbar geringen Defizite zwar im Prinzip wieder spielerisch mit einem wahrhaftigen Geschwindigkeitsrausch beheben, könnte durch die effizientere Nutzung sich bietender Freiräume aber sicher noch ein ganzes Stück mehr aus der Grundidee herausholen.
Nichtsdestotrotz sind „Morea“ respektive „Das Blut der Engel“ Qualitäten definitiv nicht abzusprechen. Die Story ist spannend und kurzweilig, das grundlegende Szenario sehr vielversprechend. Berücksichtigt man unter diesem Aspekt, dass dieser neue Zyklus gerade erst den Auftakt eines fünfteiligen Spektakels durchlebt, kann man die geringfügigen Schwächen auch leicht wieder vergessen. Im Vergleich zu manch anderem selbsternannten Spartenhighlight hätte dieser erste Band diesen Status nämlich trotz allem noch verdient.
Ein Jahr nach der Infinite Crisis werden die führenden Köpfe der einstigen Justice Society von Batman, Superman und Wonder Woman beauftragt, die Truppe zu neuem Leben zu erwecken und zwecks dessen neue Rekruten für das bis dato so glorreiche Team zu gewinnen. Alsbald machen sich Flash, Wildcat, Power Girl und Green Lantern daran, Amerika nach neuen Superhelden zu durchforsten und die Mannschaft gezielt zu verstärken. Doch just in dem Moment, als die Justice Society von neuer Euphorie gepackt wird, erleben ihre Mitglieder einen herben Rückschlag. Die Leiche von Mr. America wird ihnen auf dem Präsentierteller serviert und leitet schließlich eine Reihe prekärer Mordfälle ein, deren Opfer die Familien und Angehörigen alter Society-Mitglieder sind. Die Auflösung der Serienattentate lässt nicht lange auf sich warten – eine rassistische Vereinigung militanter Neonazis steckt hinter den Vorfällen und geht beim Vorhaben, das Vierte Reich zu etablieren, selbst über die prominentesten Leichen …
_Persönlicher Eindruck_
Es scheint, als verlören sich die Stammschreiber des |DC|-Universums nach der sagenhaften „Infinite Crisis“ ein wenig im ideenlosen Niemandsland. Kurz nachdem nämlich die weitaus prominenter besetzte Justice League wieder ins Rennen geschickt wurde, darf auch die wesentlich ältere Society wieder in den Krisenregionen dieser Welt mitmischen, dies jedoch ohne einen winzigen Funken an Innovation in die Background-Story zu investieren. Im Grunde genommen orientiert sich der Handlungsstrang, der dem Eröffnungsband von „Justice Society Of America“ zugrunde liegt, recht deutlich an den Geschehnissen im Auftakt der jüngst gestarteten JLA-Reihe, nur eben, dass die B- und C-Prominenz der |DC|-Comichelden das Pendant zur erfolgreicheren „Justice League Of America“ beherrscht.
Diese unumstößliche Tatsache ist zweifelsohne auch einer der größten Kritikpunkte am Debütband der neuen Society-Heftserie. Zwar wird einschlägigen Lesern das Gros der Protagonisten schon aus anderen Reihen bekannt sein, doch fehlt insgesamt ein echter Hammer-Charakter, der die ganze Story im Wesentlichen voranbringen könnte. Die alten Helden der Society vermögen diesen Platz nämlich nicht einzunehmen. Green Lantern ist nur eine kurzzeitige Begleiterscheinung, Flash hat auch nur einen minimalen Auftritt und Power Girl respektive die zuvor erwähnten Helden der JLA haben ebenfalls nur einen sehr kurzen Auftritt und können der Geschichte kaum brauchbare Impulse verpassen.
Zu diesem defizitären Manko gesellen sich außerdem diverse, recht auffällige Parallelen zur kürzlich neu ins Leben gerufenen Serie um Batman, Superman und Co., die zwar inhaltlich nicht wirklich besser, letztendlich jedoch die Inspiration für den ersten Teil des JLA-Äquivalents ist. Es geht ebenfalls um den Aufbau einer neuen Heldentruppe, und das in einem größtenteils vergleichbaren Setting mit fast schon identischem Procedere. Da mag man kaum glauben, dass ein erfahrener Autor wie Geoff Johns hinter dem Ganzen steht, verspricht er doch in der Regel erstklassig ausgearbeitete Storys und dynamische Action.
Dass der ‚Beginn einer neuen, goldenen Ära‘ indes langweilig ist, entspricht entgegen den Befürchtungen nicht der Realität. Betrachtet man den Comic losgelöst von allen Rahmenbedingungen, muss man ihm zumindest bescheinigen, spannend und temporeich gestaltet zu sein. Des Weiteren verfolgt Johns einen recht stringenten Verlauf und scheut sich vor allzu komplexen Themen, obwohl ihm bedingt durch die Masse an beteiligten Figuren die Grundlagen eines verschachtelten Plots definitiv zur Verfügung gestanden hätten. Stattdessen setzt der |DC|-Stammschreiber auf bewährte, erfolgreich erprobte Mittel und lässt seine Erzählung mithilfe des hohen Tempos in kürzester Zeit erstaunlich tiefgreifend reifen. Lediglich die Betonung einzelner, zweifelhafter Klischees ist ein fragwürdiges Nebenelement, das einem auch schnell bitter aufstößt. Ausgerechnet ein Haufen desillusionierter Nazi-Schurken stellt die Seite des Bösen und schmückt sich dann auch noch mit peinlichen Namen wie Swastika und Reichsmark. Wer da unfreiwillig schmunzelt und den Kopf schüttelt, erhält jedenfalls mein vollstes Verständnis.
Letztendlich ist die Häufung der inhaltlichen und äußeren Mängel auch ausschlaggebend für den eher mäßigen Gesamteindruck des neuen JSA-Debüts. Die Geschichte ist prinzipiell zwar in Ordnung, die zahlreichen unerwünschten Begleiterscheinungen aber sicherlich ein Grund für verschärfte Kritik. Das Resümee könnte dementsprechend anders aussehen, hätte man nicht elementare Inhalte der neuen JLA-Serie entliehen und auf den Nazi-Blödsinn verzichtet. Da dem aber nicht so ist, bleibt eine Empfehlung für den ersten Band von „Justice Society Of America“ meinerseits aus.
Als Anführer der Wolverines hat Jari in den letzten Jahren schon einige brisante Aufträge erfolgreich zu Ende gebracht. Nun jedoch soll seine Söldnereinheit in eines der größten Krisengebiete auf dem Globus eingeschleust werden, um ein muslimisches Artefakt zu bergen und zu retten. Unter seiner Leitung wird der einst gefangene Adlerschamane Voiata zusammen mit dem naiven, noch jugendlichen Nachwuchsrunner Reynard und der mysteriösen Flechette hinter die Grenzen Afghanistans eingeschleust, von wo aus die Jagd nach ‚Fatimas Tränen‘ beginnen soll.
Doch noch bevor der Auftrag in die ernste Phase kommt, gerät das Team in interne Schwierigkeiten. Voiata muss sich unfreiwillig seiner bedrückenden Vergangenheit stellen und dabei realisieren, dass sein Wandel zum Schamanen die düsteren Flecken auf seiner Seele nicht hat verdrängen können. Immer häufiger bringt der unberechenbare Adler seine Mitstreiter in Gefahr – und verurteilt die Mission aufgrund seiner persönlichen Egotrips gleich mehrfach beinahe zum Scheitern. Doch was verbirgt sich hinter Voata wirklich?
_Persönlicher Eindruck_
Zeichneten sich gerade die vergangenen Romane aus der großen Fantasy-Welt von „Shadowrun“ vor allem durch einem großen Hang zur rücksichtslosen Action aus, fokussiert Stammschreiber Alex Wichert seine Gedanken in „Fatimas Tränen“, einem aktuellen Beitrag zur Serie (Roman Nr. 79), vordergründig auf die Darstellung seiner Charaktere. Nicht die Story an sich ist über weite Strecken das zentrale Element des Romans, sondern ihre äußerst lebendigen Träger, allen voran der faszinierende Voiata, aus dem Wichert einen echten Vorzeige-Schamanen gebastelt hat. Unglaublich jedenfalls, wie authentisch und leidenschaftlich der Autor die Emotionen und verstörten Gedanken des eigentlichen Protagonisten aufarbeitet, ohne dabei an den Rand jedweden Klischees zu stolpern. Dies ist im Hinblick auf das ungewöhnlich Setting gleich umso erstaunlicher, da der Verfasser sich insgesamt doch recht weit vom klassischen „Shadowrun“ entfernt.
Die Welt der Schatten ist gekennzeichnet von ihren finsteren Helden, und dazu gehört natürlich auch besagter Schamane, von Gesetzlosigkeit, Intrigen und blutiger Action. All die typischen Themengebiete, die diesen breiten Zweig der internationalen Fantasy mittlerweile markant verwurzelt haben, werden in „Fatimas Tränen“ zugunsten einer unkonventionellen, allerdings stilistisch sehr angenehmen, erfrischenden Herangehensweise weit hinten angestellt. Wichert gönnt seinen Figuren ungeheuer viel Zeit zur persönlichen Reife und neigt gerade im ersten Drittel zu einer deutlichen Temporeduzierung, die zuerst einmal geschluckt werden muss. Inwiefern das Buch später von diesem Vorgehen profitieren wird, ist zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht abzusehen, so dass manch einer sich sicherlich wundern wird, warum das Setting erst in aller Ausführlichkeit, bisweilen auch ein bisschen kompliziert aufgebaut wird. Nach geraumer Zeit – sobald die Dynamik der Geschichte ins Rollen kommt und für den Außenstehenden ersichtlich ist – schließt sich diesbezüglich jedoch der Kreis. Die persönlichen Merkmale der Schicksalsträger gewinnen inhaltlich Gewicht und forcieren schließlich auch die Entwicklung des Romans, der mit dem undurchschaubaren Spiel Voiatas einerseits an Würze und Spannung gewinnt, aufgrund der intelligent konstituierten Action schließlich aber auch wieder den Anschluss zum bekannten, geliebten „Shadowrun“-Universum gewinnt.
Brisant bleibt die Story jedoch allemal, nicht zuletzt weil Wichert wagemutig über den eh schon breiten Tellerrand des Genre-Kosmos hinausschaut und auch Themen anschneidet, die auf den ersten Blick gar nicht so recht in eine solche Story hineinpassen wollen. Voiatas merkwürdige sexuelle Neigungen sind hier zum Beispiel ein wesentliches Element, das perspektivisch eher in einen Thriller einzuordnen wäre, sich aber überraschend gut in die Entwicklung der Geschichte einbinden lässt, unterdessen sogar die Dramaturgie noch einmal wesentlich erweitert. Von den toll inszenierten Flashbacks des Hauptdarstellers und der generell sehr prickelnden Erzähl-Atmosphäre mal ganz zu schweigen …
Insofern darf man dem populären Autor zweifelsohne bescheinigen, die Grenzen des Genres innovativ ausgedehnt und einen Beitrag zum Themenkomplex „Shadowrun“ geleistet zu haben, der durch eine ganze Reihe interessanter Neuerungen auch komplett neuen Schwung in die bisweilen durchaus limitierte Serie gebracht hat. „Fatimas Tränen“ gehört auf jeden Fall zu den besten Titeln, die parallel zum erfolgreichen Rollenspiel in den letzten beiden Jahren veröffentlicht wurden, und überzeugt vor allem mit einer Palette überaus faszinierender Charaktere.
„Take it to the Limit!“ ist einer dieser Spieltitel, denen man aufgrund ihrer schlichten optischen Aufmachung zu Beginn noch nicht recht trauen will, deren erhöhtes Suchtpotenzial jedoch schon nach der ersten Runde geradezu wahnsinnig macht. Dabei handelt es sich bei diesem bereits in den späten 70ern von Peter Burley entwickelten Spiel um gar kein wirklich komplexes, außerordentlich verworrenes Spiel; ganz im Gegenteil, das Geheimnis liegt wohl definitiv in der Schlichtheit des gesamten Mechanismus, der „Take it to the Limit!“ zugrunde liegt. Es geht lediglich darum, durch das geschickte Legen von sechseckigen Plättchen gleichfarbige Reihen miteinander zu verbinden und einem Puzzle gleich möglichst viele komplette gleichfarbige Linien fertigzustellen. Also ein schlichtes Procedere. Allerdings sieht man sich bereits nach der ersten Partie dazu genötigt, immer wieder zu probieren und zu experimentieren, um einen möglichst hohen Punktewert zu erzielen. Mit anderen Worten: Dieser Titel bereitet schlaflose Nächte, zermürbte Köpfe und mitunter auch ein wenig Frustration. „Take it to the Limit!“ eben, dies jedoch in jeglichen Belangen!
Das weiße Themendeck der zehnten Hauptedition steht ganz im Zeichen seines Namensgebers. Cho-Manno verfügt über die Gabe der Unsterblichkeit und ist somit selbst den heftigsten Angriffen problemlos gewachsen. Doch mehr noch als das: Cho-Manno kann mit einer simplen Aura die gesamte Offensivkraft des Kontrahenten auf sich ziehen und somit ganzheitlich Schaden vom eigenen Deck abhalten. Während die gegnerischen Kreaturen also blindlings in die Reihen der weißen Mächte einzudringen versuchen, baut der Unsterbliche einen undurchdringlichen Schutzwall auf und bereitet unterdessen auch schon die ersten Konterangriffe vor. Zwar ist das weiße Set in diesem Sinne pazifistisch eingestellt und kann erst einmal wenig Schaden zufügen, doch ist es mit wachsender Dauer immer deutlicher dazu imstande, den Feind stetig zu zermürben – denn wer kann letztendlich gegen eine Kraft bestehen, die keine einzige Angriffsfläche bietet?
Die Strukturierung des eigenen Spiels wird einem bei „Cho-Mannos Entschlus“ schon beinahe wie von selbst abgenommen. Das weiße Deck repräsentiert nämlich nicht zu Unrecht Ordnung und Schutz und ist dementsprechend defensiv ausgerichtet. Ohne ausgeprägte Geduldsproben versetzt man seine Kreaturen in eine abwartende Haltung, in der Hoffnung, bald Cho-Manno und anschließend die Kreaturenverzauberung Paria ins Spiel zu bringen. Sobald dies nämlich der Fall ist, ist man quasi allumfassend geschützt, und dies zu relativ geringen Manakosten. Cho-Manno pariert nämlich den stärksten Angriff, ohne überhaupt einen Kratzer abzubekommen, wohingegen die Paria allen Schaden auf eine Person fokussiert – und dies sollte natürlich Cho-Manno sein.
Bevor diese mächtigen Karten jedoch im Spiel sind, gibt es eine ganze Reihe anderer Möglichkeiten, die Strategien des Gegners auszuhebeln. Der eiskalte Manipulator tappt eine feindliche Karte, bevor sie ausgespielt wird, der Pazifismus macht eine Kreatur handlungsunfähig, und auch der Loxodon-Mystiker hat eine erhebliche Manipulation zur Folge und setzt eine feindliche Kreatur mit sofortiger Wirkung außer Gefecht. Wer dennoch einiges einstecken muss – was jedoch bei der Fülle an Defensivoptionen fast schon unmöglich scheint –, bekommt ausreichend Gelegenheit, verlorene Lebenspunkte wieder aufzufrischen. Der Engel der Gnade, der ehrwürdige Mönch, aber auch ein Artefaktzauber wie die Engelsfeder gewährleisten eine rasche Wiederbelebung des Decks und können mit Hilfe von Verdammen gleich mehrmals angewendet werden. Und noch während man sich erholt, nutzen der Benalische Ritter und die Himmeljäger-Patrouille ihre Erstschlag-Fähigkeit und greifen zusammen mit dem fliegenden Wildgreif aus allen Positionen an – ein Kollektivschlag, der trotz verhältnismäßig geringer Angriffswerte wohl kaum ohne Effekt bleiben sollte.
Kurz und knapp: „Cho-Mannos Entschluss“ basiert auf zwei parallel verlaufenden Handlungsebenen: Auffrischung der Lebenskraft und gezielte Konterschläge aus der sicheren Deckung des Doppelpacks Cho-Manno/Paria heraus. Wer dies einigermaßen sicher beherrscht, der sollte selbst das unheimlich starke rote Deck dieser Edition nicht fürchten.
_Persönlicher Eindruck_
Ebenso wie „Kamahls Temperament“ ist „Cho-Mannos Entschluss“ ein nahezu perfektes Einsteiger- und Trainingsset, mit dem sich vor allem die Fülle der defensiven Optionen relativ sicher erlernen lässt. Das Deck ist mit ziemlich starken Karten besetzt und gerade wegen der mächtigen Titelfigur nur schwer zu schlagen, setzt diesbezüglich allerdings dann auch auf eine einzige, unumstößliche Taktik. Das Spiel ist nämlich schon recht deutlich auf die beiden tragenden Rare-Karten ausgerichtet und vor allem ohne Cho-Manno von völlig anderem Charakter. Dies hat zur Folge, dass recht klare Vorgaben beim Ausspielen der Karten zu befolgen sind, um die Kontrolle zu wahren, was den fortgeschrittenen Spieler jedoch nicht zu sehr begeistern sollte. Schließlich sollte ein wenig Flexibilität schon möglich sein, um mit einzelnen Mechanismen etwas breiter experimentieren zu können.
Doch man sollte das weiße Themendeck als das sehen, was es ist, nämlich ein Einstiegsset und als solches auch noch ein ziemlich mächtiges. In diesem Sinne scheint eine Investition für „Magic: The Gathering“-Anfänger gerade insofern als sinnvoll, als kaum Voraussetzungen nötig sind, um Cho-Manno und seine himmlischen Geschöpfe zu beherrschen, und man hier nicht nur elementare Zauber und Kreaturenfähigkeiten kennen, sondern sie auch ohne große Vorbereitung anzuwenden lernt. Als Trainingshilfe sollte man dabei schließlich das rote Deck verwenden, das hinsichtlich seiner Eigenschaften ziemlich konträr aufgebaut ist und somit für ein direktes Duell geradezu prädestiniert erscheint.
Fazit: „Cho-Mannos Entschluss“ erfüllt seine Zwecke in jeglicher Hinsicht und wird allen Anforderungen gerecht, die man an eine thematisch spezifizierte Einstiegszusammenstellung stellen darf. Da das Deck zudem auch durchaus Potenzial zu einer gezielten Erweiterung zum Turnierdeck bietet, ist es nicht nur Anfängern dringend zu empfehlen.
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Unter dem Einfluss des viel gerühmten [„Da Vinci Codes“ 1897 gelangte der legendäre Wissenschaftler in den vergangenen Jahren wieder zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. Dieser Einfluss konnte auch nicht von der Brettspiel-Szene ferngehalten werden, was besonders auf den letztjährigen Spieltagen in Essen in einigen interessanten Titeln zum Thema Da Vinci resultierte. Das wohl meistversprechende war bzw. ist in diesem Zusammenhang sicherlich „Maestro Leonardo“ aus der italienischen Independent-Schmiede |dV Games|, welches hierzulande via |Abacus| vertrieben wird und gerade auf besagter Messe fantastisches Feedback bekam.
In dieser strategischen Variante schlüpfen zwei bis fünf Spieler in die Rolle von ausgefallenen Wissenschaftlern und bemühen sich, zur Zeit der Renaissance Da Vincis Vermächtnis aufrechtzuerhalten. In einem Wettstreit um die besten und wichtigsten Erfindungen treten sie gegeneinander an und errichten einige bedeutsame Artefakte. Jedoch sind die Genies nicht die einzigen Hoffnungsträger; ihnen zur Seite stehen jeweils bis zu neun Lehrlinge, welche die groben Arbeiten verrichten und somit das Fundament für die wissenschaftlichen Erkenntnisse setzen. Je aufwendiger schließlich das Resultat, desto größer der Wert und natürlich auch das angesammelte Vermögen. Wer nämlich binnen neun Runden die meisten Gulden einheimst, wird von Maetsro Leonardo höchstpersönlich zum Sieger gekrönt.
_Spielidee_
In der Rolle der Wissenschaftler streiten die konkurrierenden Forscher um verschiedene Baustoffe, basteln in ihren Laboratorien an den gerade ausliegenden Erfindungen, bauen ihren Arbeitsplatz schließlich aus und bemühen sich des Weiteren um die höchstmögliche Gunst im Rat. Runde für Runden werden Rohstoffe gesammelt und der Arbeitsprozess mit Hilfe der Lehrlinge derart angetrieben, dass die zur Verfügung stehenden Baupläne relativ schnell zu fertigen Erfindungen verarbeitet werden. Mit dem daraus verdienten Geld macht man sich schließlich an die Verbesserung der Arbeitsgrundlagen, um bei der Produktion neuer Artefakte noch mehr Tempo zulegen zu können – letztendlich bringt nämlich jedes abgeschlossene Forschungsprojekt Bares. Allerdings sind in „Maestro Leonardo“ nicht nur schnelle, sondern auch vielseitige Wissenschaftler gefragt. Nicht nur für fertige Artefakte, sondern auch für eine Zusammenstellung derartiger Bauwerke aus den verschiedensten Stilrichtungen wird man entlohnt. Alles in allem läuft aber dennoch alles darauf hinaus, dass die Endsumme stimmt, weil am Schluss derjenige siegreich ist, der durch sein strategisches Vorgehen den größten Batzen Gulden besitzt.
_Spielmaterial_
• 5 Meister in fünf unterschiedlichen Farben
• 45 Lehrlinge in fünf unterschiedlichen Farben
• 10 Arbeitszeit-Zählsteine in fünf unterschiedlichen Farben
• 10 doppelseitige Laboratorien, jeweils 2 in fünf Farben
• 15 mechanische Menschen
• 60 Karten mit fünf unterschiedlichen Materialien
• 60 Guldenkarten zu verschiedenen Werten
• 25 Erfindungen
• 1 Geldstein
• 1 Rundenstein
• 2 Übersichtstafeln
• 4 Markierungspfeile
• 1 Leonardo-Figur mit Stellfuß
• 1 Stadtherr-Figur mit Stellfuß
• 1 Spielplan
• 1 Spielregel
Das Spielmaterial zu „Maetsro Leonardo“ ist grundsätzlich in Ordnung, insgesamt jedoch ein wenig unübersichtlich aufgebaut. Die Strukturen auf dem Spielplan lassen sich beispielsweise nur nach fokussierter Analyse durchschauen und erschweren den Einstieg vor der ersten Runde schon ein wenig. Darüber hinaus ist auch die grafische Aufarbeitung nicht ganz den hohen derzeitigen Standards entsprechend. Die Farbgebung ist recht schlicht und trägt überhaupt nicht zur Spielatmosphäre bei, das Kartenmaterial hingegen ist eher dürftig illustriert und leistet seinen Teil zu den mäßigen visuellen Eindrücken.
Letztendlich ist alles ein wenig zu zweckmäßig geraten und ohne die für einen solchen Titel erforderliche Detailverliebtheit. Denn auch wenn dies keinen Einfluss auf die generelle Spielbarkeit des Materials hat, so ist die Kreation einer ansprechenden Atmosphäre dadurch doch schon stark beeinträchtigt. Hinzu kommt schließlich noch eine viel zu kompliziert aufgebaute Spielregel, deren unnötige Komplexität und Verworrenheit sich im Spiel definitiv nicht widerspiegelt.
_Der Spielplan_
Wie bereits angedeutet, so ist eine klare Übersicht über den Spielplan gerade vor der ersten Partie nicht dringend selbstverständlich, erklärt sich später aber dann doch wie von selbst. Dennoch hängt das Verständnis des Spielablaufs in erster Linie vom Bedeutungswissen über das Spielbrett ab. Auf diesem befinden sich neben dem Rundenzähler fünf Ablagefelder für die gerade umworbenen Erfindungen sowie ein vierteiliges Bankfeld, auf dem die Guldenscheine unterschiedlichen Wertes abgelegt werden. Die Aktionsfelder sind indes mittig und folgen einer festgelegten Reihenfolge. Dort buhlen die Spieler schließlich um neun verschiedene Aktionsmöglichkeiten, für deren Erfolgen sie mit Lehrlingen und dem Meister bieten. Auf diese Weise kann man sein Laboratorium erweitern bzw. einen mechanischen Menschen kaufen, Figuren in den Rat setzen, um dort eine von vier verschiedenen Aktionen durchführen zu können, die Anzahl der Lehrlinge vermehren oder eben eines der fünf Materialien erwerben. Während des Spiels werden auf die jeweiligen Felder um direkten Wechsel Figuren aufgesetzt. Anschließend wird jeder einzelne Bereich gewertet und entschieden, wer die Aktionen zu welchem Preis durchführen darf.
_Spielvorbereitung_
Vor jeder Partie wird zunächst das Spielfeld präpariert. Die Auftragskarten werden in einer speziellen Anordnung gemischt und entsprechend der Spielerzahl zwischen drei und fünf Karten in die offene Auslage auf dem Spielfeld gelegt. Der Runden- und der Geldstein werden auf die Werte 0 ihres Zählers gesetzt, die Geldkarten in die Bank gelegt. Als Letztes werden die Spielmaterialien an die Spieler selbst verteilt. Jeder Spieler erhält nach einem divergierenden, festgelegten Schema Baustoffe, Laboratorien und Lehrlinge sowie jeweils einen Meister. Durch diese Aufteilung wird auch der Startspieler bestimmt, der nun seinen ersten Zug machen darf.
_Spielablauf_
„Maestro Leonardo“ wird in insgesamt neun Runden ausgespielt, welche wiederum in vier aufeinander folgende Phasen gegliedert sind. Doch auch das gesamte Spiel erfährt noch einmal eine spezifische Zweiteilung; in den letzten Runden dürfen nämlich nicht mehr alle Aktionsphasen gespielt werden. Diese Kapitel werden stattdessen ausschließlich dazu genutzt, Erfindungen fertigzustellen. Die Lehrlinge werden indes nicht mehr neu positioniert. Eine komplette Spielrunde sieht nun wie folgt aus:
|a) Beginn der Arbeiten|
Jeder Spieler gibt bekannt, ob er mit den Arbeiten an einer neuen Erfindung beginnt. Um dies zu realisieren, ist die nötige Anzahl an Material-Karten nötig, die anschließend verdeckt unter das Labor gelegt werden, um die Erfindung zu starten. Die anderen Spieler sollen allerdings nicht wissen, mit welcher Erfindung man beginnt, daher dieser verdeckte Zug. Um den Fortschritt der Arbeiten zu dokumentieren, wird ein Arbeitszeit-Zählstein auf den Anfang der Zählleiste im Labor gesetzt. Letztendlich wissen die übrigen Mitspieler nun, dass man an einer Erfindung arbeitet und wie lange diese schon in Arbeit ist, können aber dennoch nicht eingrenzen, um welche der ausliegenden Auftragskarten es sich handelt.
Für den Fall, dass die Material-Karten zu diesem Zeitpunkt noch nicht verfügbar sind, passt man in diesem Zug und betont, dass man keine neuen Erfindungen startet. Alternativ kann man auch Erfindungen, die plötzlich weniger lukrativ erscheinen, in dieser Phase beenden, um sein Labor für bessere Projekte zu räumen. Auch dies muss angekündigt werden
|b) Platzierung von Meister und Lehrlingen|
In dieser aktiven Phase öffnet sich der strategische Teil des Spiels. Die Spieler verteilen ihre Lehrlinge und den Meister abwechselnd auf dem Spielplan und versuchen, auf den momentan besten Feldern Mehrheiten zu erlangen. Jeder Spieler darf nun abwechselnd einen oder mehrere Lehrlinge bzw. den Meister auf eines der Aktionsfelder setzen. Im nächsten Zug wird ihm wieder dieselbe Handlungsmöglichkeit eingeräumt, allerdings darf man jedes Feld nur einmal mit Lehrlingen bestücken. Reaktionen auf vorangegangene Fehleinschätzungen sind somit nicht möglich. Wohl aber darf noch ein Meister auf ein Feld mit einem eigenen Lehrling nachrücken; dieser zählt in der späteren Vergleichswertung sogar direkt zwei Punkte.
Sobald ein Spieler passt, darf er keine weiteren Figuren mehr auf das Spielfeld setzen. Passen alle Spieler, beginnt die nächste Phase.
|c) Auswertung|
In der Reihenfolge der Buchstaben werden die einzelnen Aktionsfelder nun gewertet. Hierzu wird die Summe der Punkte von Lehrlingen und Meistern individuell addiert und verglichen. Derjenige mit dem besten Wert darf nun umsonst die Aktion durchführen, die an der jeweiligen Stelle angeboten wird. Anschließend darf auch der zweitbeste Bieter diese Aktion durchführen, allerdings muss er nun schon einen Gulden zahlen, weil jede durchgeführte Aktion den Geldstein um einen Punkt vorsetzt. Somit hat man seine Handlungsmöglichkeit noch nicht ganz verloren, nur weil man weniger Lehrlinge geboten hat, wird allerdings dafür zur Kasse gebeten. Es ist überdies auch möglich, als einziger Bieter Aktionen zu wiederholen, falls dies finanziell machbar ist. Dieser Vergleich wird nun an jedem Ort des Spielfelds durchgeführt und nötigenfalls bei Gleichstand neu ermittelt. In diesem Fall gewinnt nämlich derjenige, der als Erster seinen Stein dorthin gesetzt hat. Auf allen Feldern gilt schließlich die Regel, dass man zum erhöhten Preis dieselbe Aktion ebenfalls durchführen darf. Nur im Rat ist jede Aktion nur einmal verfügbar. Hat sich beispielsweise der erste Spieler dazu durchgerungen, alle Gulden aus dem Rat zu nehmen, kann diese Aktion in der laufenden Runde von keinem anderen mehr gewählt werden.
Unterdessen entwickelt sich das Spiel auf allen Seiten weiter. Laboratorien werden nun fertiggestellt, die Forschungen machen deutliche Fortschritte, die wiederum auf der Zählleiste des Laboratoriums festgehalten werden, und auch neue Lehrlinge und Materialien werden aufgenommen, um sich für die nächste Runde bzw. neue Erfindungen zu wappnen. Sobald an allen Positionen gewertet wurde, geht der Zug in die letzte Phase.
|d) Erfindungen fertigstellen|
Sobald ein Laboratorium die nötige Anzahl Wochen zur Vollendung einer Erfindung aufgebracht hat, ist diese vollendet. Der Spieler erklärt nun, um welche Erfindung es sich handelt, zeigt die Materialkarten als Beweis seiner Ehrlichkeit und kassiert die Prämie von der Bank. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Erfindung von anderen nicht mehr abrufbar ist. Sollte ein anderer Spieler in der gleichen Runde mit dieser Erfindung fertig werden, erhält er ebenso viele Gulden, in späteren Runden wird er zumindest noch anteilmäßig bezahlt. Im letzteren Fall muss er natürlich bekanntgeben, dass er noch an der Erfindung arbeitet. Bei gleichzeitiger Vollendung wird indes die Karte unter den beteiligten Spielern versteigert und an denjenigen weitergegeben, der verdeckt die meisten Gulden bietet.
Nach Abschluss der Runde beginnt auch schon die nächste Runde mit der ersten Phase, und dies bis zum Ende der ersten sieben Runden. Anschließend entfallen die Phasen zwei und drei gänzlich; die Lehrlinge und Meister werden nur noch in die Laboratorien gesetzt, um die Erfindungen zu vollenden. Gegebenenfalls bekommen sie hierbei Unterstützung von den zwischenzeitlich erworbenen Maschinenmenschen.
_Spielende_
Das Spiel endet sofort nach dem Abschluss der neunten Runde. Die Spieler erhalten nun eventuell noch Gulden für Erfindungen unterschiedlicher Arten und addieren diese zum persönlichen Gesamtkontostand. Anschließend wird der Besitzer der meisten Gulden zum Sieger gekrönt.
_Persönlicher Eindruck_
„Maestro Leonardo“ ist ein wirklich tolles Strategiespiel, dies durfte man nach den ersten Erfahrungen mit dem durchaus bekannten, aber dennoch originellen Mechanismus des Spiels schon einmal vorab festhalten. Dass die Spieltiefe indes derart ausgeprägt ist und sich innerhalb verschiedener Partien solch enorme Unterschiede im Spielablauf ergeben würden, muss aber dennoch als äußerst positive Überraschung gewertet werden, welche den italienischen Titel mitunter auch ein ganzes Stück vom großen Bruder [„Die Säulen der Erde“ 3072 abhebt.
Dennoch bietet sich der Vergleich zum prestigereichen |Kosmos|-Titel in vielerlei Hinsicht an, denn in beiden Spielen setzt man Figuren als Bietelemente ein, um so an verschiedenen Positionen des Spielplans Mehrheiten zu erzielen und sich so einen individuellen Vorteil zu verschaffen. Lediglich der thematische Background und die in diesem Falle etwas kitschiger geratene optische Aufmachung lassen zunächst einmal auf grundsätzliche Unterschiede schließen. Mit wachsender Spieldauer etabliert sich das damals zeitgleich veröffentlichte „Maestro Leonardo“ dann aber immer deutlicher zum eigenständigen Strategiewerk, bei dem die langfristige Planfähigkeit eine deutlich höhere Priorität genießt, nichtsdestotrotz aber auch vom Faktor Glück in gewisser Weise begünstigt wird. Es ist nämlich bisweilen eine kleine Lotterie zu entscheiden, in welche Baumaterialien man investiert bzw. welche Aufträge man ohne großes Vorwissen vorbereitet. Zwar ermöglicht eine Ratsaktion einen Vorausblick unter die obersten vier Karten des Nachziehstapels der Erfindungen, jedoch scheint selbst diese Aktion zu wertvoll, als dass man sie lediglich für einen solchen Einblick opfern sollte. Und selbst dann muss einem erst einmal das Glück hold sein und die entsprechenden Baumaterialien bescheren, schließlich werden auch andere Mitspieler daran interessiert sein.
In erster Linie bleibt „Maestro Leonardo“ aber eine gute Mischung aus Plan- und Taktikspiel mit hohem interaktiven Anteil, gerade in der zweiten Phase, dem Verteilen der Figuren. Hier sind Risikobereitschaft und vorausschauendes Denken ebenso verlangt wie eine gewisse Frustrationstoleranz in Situationen, in denen man wertlos Lehrlinge ohne Nutzen verbraucht. Letzteres wird nämlich gerade im Spiel zu viert oder zu fünft ständig an der Tagesordnung sein, so dass die allgemeinen Handlungsmöglichkeiten leicht eingeschränkt werden. Diverse Limitationen führen nicht selten zur Verzweiflung. Allerdings ist eine derartige Erhöhung des Schwierigkeitsgrads auch nur wünschenswert und als solche ein wesentlicher Anteil des flexiblen, sehr wandlungsfähigen Spielaufbaus.
Einzig und allein die mäßige Atmosphäre lässt zu wünschen übrig und erfüllt nicht die hochgesteckten Erwartungen, die man vorab auch berechtigterweise haben durfte. Dafür präsentiert sich „Maestro Leonardo“ jedoch außerhalb des leicht verfehlten Themenbereichs als kleines strategisches Meisterwerk, dessen Struktur sich bei wachsender Spielerzahl noch einmal völlig anders konstituiert, dessen wahre Tiefe allerdings auch erst im echten Mehrspielermodus durchschimmert. Dies wurde im direkten Vergleich zum Spiel zu zweit, welches eigentlich weniger zu empfehlen ist, mehr als deutlich. Wer jedoch schon einmal das Vergnügen hatte, den Spieltisch bis ans Limit zu füllen und eines der Messe-Highlights des letzten Jahrs in diesem Sinne völlig auszureizen, wird sicherlich unterstreichen können, dass der allgemeine Reiz von „Maestro Leonardo“ sehr hoch ist und das Spiel nachhaltig an den Tisch fesselt. Meines Erachtens wurde jedenfalls nicht übertrieben, als das Spiel mit den Strategie-Krachern der Mainstream-Verlage auf eine Stufe gestellt wurde. An Überzeugungskraft und Suchtpotenzial mangelt es dem viel gelobten Titel aus dem Hause |dV Games| sicherlich nicht!
Die Königin von Saba – gab es sie wirklich? Während Historiker sich nach wie vor uneins über die Existenz der orientalischen Monarchin sind, haben die beiden Spielautoren Knut Happel und Christian Fiore kurzerhand beschlossen, die Diskussionen vorerst ruhen zu lassen und dieses faszinierende Thema für ein gemeinsames Brettspielprojekt zu verwenden.
In „Saba – Palast der Königin“ wetteifern zwei bis vier Spieler um die Gunst der sagenumwobenen Herrscherin und beteiligen sich am Bau ihrer Gemächer. Baustoffe müssen herbeigeschafft und verschiedene Fronten erst errichtet werden, um genügend Einfluss und somit die Gunst der Königin zu erlangen. Schließlich trachtet jeder Einzelne danach, den Posten des königlichen Großwesirs einzuheimsen – und dies wird am Ende nur derjenige schaffen, der im ständigen Wettstreit die geschicktesten Strategien einsetzt.
_Spielidee_
Der Palast der Königin existiert bislang nur als Rohbau und soll in der Folge mit Torbögen, Brunnen und Säulen ausgestattet werden. Doch jedes dieser Bauteile erfordert den Einsatz unterschiedlichster Rohstoffe, die von den Spielern im Hafen oder mittels einer Aktionskarte in Besitz genommen werden. So wetteifert man Runde für Runde um die Palastbaukarten und versucht, seine Mittelsmänner durch die Errichtung der einzelnen Bauelemente auf den Balkon des Palastes zu setzen. Ziel ist es nämlich, die meisten Balkonfelder am Schluss der Spiels zu besetzen, weil hier auch der Einfluss markiert wird. Doch auf dem Balkon ist niemand sicher, denn sobald ein höherwertiges Element an die jeweilige Stelle platziert wird, müssen die Spielfiguren auch schon wieder entfernt werden bzw. dem neuen Spieler weichen. Nur derjenige, der eine Säule und damit den letzten Palastteil an einem der acht Bauplätze positioniert, kann sich der Gunst der Königin an dieser Stelle sicher sein.
Im Spiel kommt es jetzt zur Rangelei um die Palastteile, erschwert dadurch, dass einzelne dieser Teile plötzlich verfallen und nicht mehr verwendbar sind. Ziel eines jeden Spielers sollte also sein, sich auf dem Balkon des Palastes zu erweitern und seine festen Plätze auf dieser Ebene zu verteidigen. Auch eine Unterbringung in der Schatzkammer ist sinnig, da man dort bis zum Ende sicher ist und eine dortige Positionierung ebenfalls in die Wertung mit einfließt. Wer nach der Verwendung der letzten Palastbaukarte die meisten Figuren im Palast untergebracht hat, gewinnt schließlich das Spiel – leichter gesagt als getan!
_Spielmaterialien_
• 1 Spielplan
• 1 Satz Palastbausteine
• 8 Torbögen
• 8 Säulen
• 8 Brunnen
• Jeweils 8 Spielfiguren in vier Farben
• Jeweils 5 Serailmarker in vier Farben
• Jeweils 15 Rohstoffe Alabaster, Sandstein, Ebenholz und Gold
• 24 Palastbaukarten
• 2 Schatzkammerkarten
• 1 Spielendekarte
• Jeweils 2 Hafenkarten in vier Farben
• 41 Aktionskarten
Bei der Gestaltung des Spielmaterials setzen die beiden Autoren auf eine ausgewogene Mischung aus grafisch ansprechenden Elementen und zweckmäßigen, dementsprechend aber auch sehr stabilen Spielmitteln. Allerdings bestehen zu Beginn zunächst noch Zweifel an der Stabilität. Die Palastteile zum Beispiel müssen zur Errichtung des Rohbaus umgeknickt werden, so dass sich schon ein bisschen Panik ob der Haltbarkeit breitmacht. Die anfängliche Zerreißprobe wurde jedoch über mehrere Partien erfolgreich bestanden und räumte diesbezügliche Skepsis schließlich wieder aus.
Die hölzernen Spielsteine hingegen sind von gewohnt bester Qualität und bauen auf das typische hohe Verlagsniveau. Zwar harmonieren sie nicht ganz mit dem recht bunten Geschehen auf dem Spielplan, jedoch entsteht hierdurch definitiv kein Störfaktor.
Abseits dieser Homogenität verdienen die Materialien jedoch ein großes Lob: Die Aufteilung ist sehr, sehr übersichtlich, die einzelnen Bausteine ein Garant für die passende Spielatmosphäre und die Grafik bzw. die illustrierte Gestaltung des Spielbrettes wirklich klasse. Insofern gehen in dieser Kategorie schon mal beide Daumen in die Senkrechte!
_Der Spielplan_
Eine Erläuterung des Spielgeschehens ist ohne eine etwas detaillierte Beschreibung des Spielbrettes kaum möglich, daher hier zunächst eine Kurzübersicht: Der Spielplan gliedert sich in mehrere entscheidende Regionen, wobei der Palast mitsamt des Gartens natürlich im Fokus des Interesses steht und dementsprechend mittig platziert ist. Dieser Palast ist umgeben von sechs verschiedenen Stadtvierteln, die jeweils für unterschiedliche Handwerksgebiete stehen und deren Besetzung verschiedene Vorteile bringt. Zur Linken der Gemächer befinden sich schließlich drei Felder für die Palastbaukarten, die jedoch von unterschiedlicher Bedeutung sind. Bekommt man eine Karte im oberen Feld dieser Reihe noch für den alleinigen Rohstoffpreis, muss man für eine tiefer ausgelegte, eventuell auch lukrativere Karte ein bzw. Goldstücke zusätzlich zahlen. Nach dem Kauf werden die Palastkarten immer wieder nach oben geschoben, so dass ein Großteil der Interaktion in diesem Gebiet über Spekulationen läuft – nur sollte man eben nicht zu lange warten, denn sparen ist nicht immer sinnvoll.
Auf der anderen Seite des Spielfelds befindet sich schließlich der Hafen mit insgesamt vier Rohstofffeldern. Auf jedem dieser Felder liegt einer der Rohstoffe aus. Sobald nun mit den Hafenkarten Rohstoffe von einem dieser Felder entnommen werden, rückt man die übrigen Stoffe weiter nach rechts und füllt den fehlenden wieder ans Ende der Reihe auf. Somit ist gewährleistet, dass die Rohstoffe nicht immer zum gleichen Preis bzw. in gleicher Menge verfügbar sind, was natürlich letztendlich ein bedeutendes strategisches Element ist. Als Letztes befindet sich auf dem Brett noch ein Platz für die Aktionskarten, die am Ende jedes Spielzuges gezogen werden.
_Vorbereitung_
Vor jeder Partie werden die Spielfiguren und Serailmarker in den entsprechenden Farben an die Spieler verteilt. Außerdem erhält jeder die Hafenkarten in der gleichen Farbe. Der Palast wird zusammengebaut und in die Mitte des Spielfelds gestellt. Alle übrigen Palastteile liegen neben dem Spielfeld bereit. Die Aktionskarten werden gemischt und positioniert, die Palastkarten indes nach einem speziellen System sortiert, so dass die Torbögen am oberen bzw. die Säulen am unteren Ende des Stapels eingemischt sind. Die ersten drei Karten werden anschließend auf die hierfür vorgesehenen Felder gelegt. Als Letztes wird der Startspieler bestimmt. Ihm wird die Ehre zuteil, die Rohstoffe nach eigenem Ermessen im Hafen aufzuteilen. Auf jede Reihe kommen Rohstoffe einer Sorte. Nun nimmt er noch einen Stein jedes Rohstoffs und verteilt diese an die anderen Spieler. Der Startspieler selber erhält keine Rohstoffe, führt dafür aber den wichtigen ersten Spielzug durch.
_Spielaufbau_
Beginnend mit dem Startspieler führen die Beteiligten nacheinander ihren Zug aus. Dieser gliedert sich in genau vier aufeinander folgende Phasen, die jedoch situationsabhängig nicht alle verpflichtend sind. Ein kompletter Spielzug konstituiert sich folgendermaßen:
|1.) Rohstoffe vom Hafen nehmen|
Auf jeder Hafenkarte ist genau angegeben, aus welcher Rohstoffreihe man sich bedienen darf bzw. welche Bedingungen daran geknüpft sind. Wer beispielsweise von den Feldern mit zwei Rohstoffen nimmt, muss entweder eine Aktionskarte ziehen oder darf eine Palastkarte sofort entfernen, das Dreierfeld ermöglicht die Verschiebung des Wesirs, der wiederum ein Stadtviertel blockiert, und wer sich schließlich für das Feld mit vier Rohstoffen entscheidet, muss keine weiteren Voraussetzungen erfüllen. Anschließend werden die Rohstoffe verschoben und aufgefüllt, so dass sich ihr Gleichgewicht im Hafen möglicherweise gravierend ändert. Auch die beidseitig bedruckte, in diesem Zug verwendete Hafenkarte wird umgedreht, so dass auch für den nächsten Zug nur zwei mögliche Hafenaktionen verfügbar sind.
|2.) Palastteil bauen|
Der aktive Spieler hat nun die Möglichkeit, seine Rohstoffe in einen Palastteil zu investieren und an einer auf den Palastkarten festgelegten Seite des Gebäudes anzubauen. Ggf. ist hierzu auch der zusätzliche Einsatz von Gold nötig, je nachdem, welche Palastkarte man wählt. Der Spieler nimmt nun das erforderliche Palastteil und baut es an jener Position an. Anschließend stellt er eine Spielfigur auf den Balkon des zugehörigen Palastfeldes.
Eine Bauaktion macht im Übrigen nur Sinn, wenn der Balkon, an den der Palastteil angebaut werden soll, nicht von einer eigenen Spielfigur besetzt wird. Andernfalls würde man sich quasi selber verdrängen und wertvolle Rohstoffe verschwenden. Unbrauchbare Palastteile sollte man während der Hafenaktionen möglichst schnell entfernen, um diesbezüglich nie in die Bredouille zu kommen. Wer dennoch vom Balkon gedrängt wird, erhält seine Spielfigur zurück und setzt einen Serailmarker auf das dafür vorgesehene Palastfeld. Bei späteren Wertungen helfen diese Marker, einen Gleichstand zu eigenen Gunsten zu entscheiden
Unter die Palastkarten werden auch zwei Schatzkammerwertungen eingemischt, die jeder Spieler alternativ zum Palast erwerben kann. Auch hierzu ist eine gewisse Menge an Rohstoffen nötig, um die Karte zu bezahlen. Sobald jemand eine solche Karte erworben hat, werden die Spielfiguren auf dem Palast gezählt. Derjenige mit den meisten Figuren darf eine weitere Figur auf die Schatzkammer stellen, wo sie auch bis zum Ende des Spiels verharren wird. Eventuell werden auch Serailmarker zur endgültigen Wertung hinzugezogen.
|3.) Spielfigur in ein Stadtviertel stellen|
Immer dann, wenn ein Spieler ein Palastteil angebaut hat, darf er eine neue Figur in eines der Stadtviertel stellen. Diese Aktion kostet ein Goldstück. Ab der nächsten Runde kann man nun die Vorzüge dieses Viertels nutzen und so zum Beispiel jedes Mal wieder neue Gratis-Rohstoffe einheimsen. Es ist sogar möglich, eine weitere Figur auf ein und dasselbe Stadtfeld zu setzen und die jeweilige Aktion doppelt auszuführen. Allerdings kostet eine zweite Figur zusätzliche zwei Goldstücke.
|4.) Aktionskarte ziehen|
Am Ende der Runde darf man noch die oberste Karte vom Aktionskartenstapel ziehen. Diese Karten können nachher zu jedem Zeitpunkt des Spielzugs eingesetzt werden und ermöglichen einige Sonderaktionen oder sorgen für Rohstoffnachschub. Allerdings gilt zu beachten, dass man mit Abschluss des eigenen Zuges lediglich sieben Rohstoffe und drei Aktionskarten besitzen darf.
_Spielende_
Das Spiel ist sofort zu Ende, wenn entweder die letzte Palastbaukarte aus dem Spielentfernt oder verbaut oder aber die Karte ‚Spielende‘ gekauft wurde. In beiden Fällen erfolgt eine sofortige Wertung. Der Spieler mit den meisten Figuren auf dem Balkon gewinnt das Spiel; eventuell werden auch hier die Serailmarker einbezogen, um einen Gleichstand aufzuheben.
_Persönlicher Eindruck_
Auch wenn „Saba“ sicherlich in vielen Aspekten mit einigen Mainstream-Titeln des internationalen Spielprogramms vergleichbar ist, so überzeugt die Messeneuheit aus dem |Goldsieber|-Verlag doch mit einigen innovativen Mechanismen und einem sehr kompakten, äußerst taktisch ausgerichteten Spielaufbau, der wiederum Spiel für Spiel völlig neue Situationen schafft. Alleine schon durch die eigenwillige Verteilung der Rohstoffe bzw. die hierbei gesetzten Limits ist der Faktor Glück in den meisten Phasen eher nebensächlich; gefragt sind schließlich eine langfristige Planfähigkeit sowie eine gewisse Risikobereitschaft, also Eigenschaften, die den Einfluss weitestgehend beim Spieler selbst belassen und vermeiden, dass man in irgendwelche Abhängigkeiten hineingerät.
Gleich mehrere Phasen des Spielzugs erfordern daher eine konsequente Überlegung, begonnen bei der Verwendung der Hafenkarten über die Auswahl der Rohstoffe bis hin zur Entscheidung pro oder kontra Palasterweiterung. In jedem Spielzug steht eine Vielfalt von Aktionsmöglichkeiten in recht differenzierter Form zur Verfügung, und man kann sicher sein, dass jeglicher Entschluss einen maßgeblichen Einfluss auf dem gesamten Verlauf haben wird.
Ebenfalls löblich erwähnt werden sollte der Fakt, dass selbst eine deutliche Führung niemals zu einer eintönigen Spielentwicklung führen muss. Bedingt durch die Möglichkeit, Figuren auch wieder aus dem Palast zu drängen, kann man sich diesbezüglich nämlich niemals sicher sein – zu schnell hat jemand anderer das Ruder übernommen und möglicherweise auch noch die zum Wiederaufbau benötigten Karten entfernt. Vom ersten bis zum letzten Rang ist es für gewöhnlich bis zum Ende der Partie nur ein Katzensprung, der nur mit dem nötigen Geschick und effizienter Planung bewältigt werden kann. Vorteile verschafft man sich lediglich durch die Schatzkammerwertungen – aber auch hier sollte selten jemand einen doppelten Zuschlag bekommen und eine Dominanz zu entwickeln. Kurzum: Alles ist möglich, solange man die Variabilität des Spiels berücksichtigt und die vielfältigen Planungsmöglichkeiten in sein Handeln einbezieht.
Abgesehen von der spielmechanischen Überzeugungskraft glänzt „Saba“ auch auf optischer Ebene, gewährleistet damit letztendlich auch eine durch und durch stimmige, authentische Spielatmosphäre. Erinnerungen an Referenztitel wie „Der Palast von Alhambra“ werden geweckt, wenngleich „Saba“ im grafischen sowie materiellen Direktvergleich ganz klar die Nase vorne hat.
Insofern avanciert der von Christian Fiore und Knut Happel in Kooperation erarbeitete Titel von Partie zu Partie immer mehr zum echten strategischen Geheimtipp und darüber hinaus zu einem der wenigen echten Gewinner der diesjährigen |SPIEL| in Essen. Unauffällig, prinzipiell recht simpel, am Ende jedoch genial – wer zwischen den teils recht enttäuschenden Mainstream-Neuheiten noch ein wirklich lohnenswertes Strategiespiel sucht, liegt bei „Saba – Palast der Königin“ goldrichtig!
Das grüne Deck symbolisiert auch in der Zehnten Edition des bekannten Sammelkartenspiels „Magic: The Gathering“ die lebendigen Kräfte der Natur. Die Wälder wachsen beständig und bringen einige ihrer mächtigsten Kreaturen hervor. Indes sind die Zauber des Themendecks „Molinos Macht“ vordergründig auf eine gezielte Defensive sowie eine grundsätzliche Verstärkung der Grundwerte um einen beträchtlichen Wert ausgelegt, so dass den Figuren und Mächten der Wälder erst einmal nicht so leicht beizukommen ist. Doch wer wird auch wirklich zum Zuge kommen, wenn die Manakosten nicht im Sinne der fairen ‚Preispolitik‘ sind? Irgendwo sind nämlich auch der Natur Grenzen gesetzt …
Ohne eine ausgeprägte Anzahl Standardländer läuft bei „Molimos Macht“ nichts. Die Manakosten der einzelnen Geschöpfe und Zauber sind teilweise unverschämt hoch, so dass es vorerst gilt, das Repertoire des Manas zügig zu erweitern – andernfalls landet man alsbald in einer Sackgasse. Mit dem Wuchernden Wachstum und dem Stadtpfadfinder bekommt man diesbezüglich jedoch rasche Unterstützung; beide Karten erlauben es, die Bibliothek nach Standardländern zu untersuchen und diese ggf. auch auf die Hand zu nehmen, was den Ausbau des Manas dann doch entscheidend begünstigt. Allerdings darf man währenddessen auch seine Defensive nicht vernachlässigen, weshalb es sinnig erscheint, parallel zur Mana-Erweiterung die stärkenden Zauber zu wirken, um so einige Kreaturen mit weitaus besseren Grundwerten auszustatten. Die Bleichholzrüstung sowie die Fähigkeit Überrennen scheinen hierzu bestens geeignet, verschlingen allerdings auch einiges an Mana – mit anderen Worten: Es ist häufig ziemlich schwierig, eine adäquate Entscheidung zu treffen, weil es in Windeseile an allen Fronten brennt und man aufgrund der ‚preislichen‘ Einschränkungen bezogen auf die aktiven Handlungsmöglichkeiten schnell ohnmächtig wird. Wer nämlich Figuren wie den Gewaltigen Baloth, den Tatzelwurm oder gar Molimo höchstpersönlich einsetzen möchte, muss auf diesen Einsatz teils so lange hinarbeiten, dass man das Zepter zwischenzeitlich bereits an den Kontrahenten abgegeben hat.
Dennoch ist an der Strategie nicht zu rütteln: Schnelles Mana stärkt das Deck und ist mitunter die unumgehbare Voraussetzung zur Gewährleistung einer fairen Chance im direkten Duell. Denn sind die angriffslustigen und gleichsam defensivstarken Kreaturen einmal erfolgreich im Spiel, dann ist in Molinos Armee ein unerschöpfliches Potenzial geboten …
_Persönlicher Eindruck_
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass „Molinos Macht“ im Rahmen der Zehnten Hauptedition Teil eines Einsteiger-Sets ist, erscheint mir die Zusammenstellung recht ungünstig. Um dieses Set nämlich überhaupt einigermaßen unter Kontrolle zu bringen, erfordert es schon einer Menge Erfahrung, und dies nicht etwa aufgrund der Vielfalt der Kartenoptionen, sondern ganz einfach, weil man ohne Grundwissen über die taktischen Finessen hier ziemlich rasch an seine Grenzen stößt. Es ist nämlich einerseits so, dass eine Menge Geduld und demzufolge gelegentlich auch Frustration angesagt sind, andererseits aber auch die Dynamik abhanden kommt, wenn man ständig abwarten muss, bis die eigenen Kreaturen und Zauber endlich mal zum Zuge kommen. Es gibt schlichtweg zu wenige Karten, die mit geringen Manawerten ausgespielt werden können, so dass konzentrierte Angriffe von vornherein ausgeschlossen scheinen. Oft sind es nämlich nur drei Kreaturen pro Zug, die eine effektive Handlung durchführen können, und das auch erst im Idealfall des Besitzes aller Standardländer. So wird man unfreiwillig, meist aber ziemlich sicher zurückgedrängt und jeglicher Entfaltungsräume beraubt, was dem eigenen Spiel die Spritzigkeit und Dynamik raubt und hinsichtlich des persönlichen Spielbefindens schnell in Frustration ausufert – von relativer Chancengleichheit kann nämlich beispielsweise im direkten Vergleich zum parallel erschienen Themendeck „Kamahls Temperament“ kaum die Rede sein.
Insofern ist „Molimos Macht“ als Einsteigerdeck auch nicht wirklich geeignet, es sei denn, man strickt noch einige schneller spielbare Kreaturen hinein, was angesichts der hierzu nötigen Erfahrung wiederum nicht für die eigentlich angesprochenen Zielgruppe der „Magic“-Anfänger erbaulich ist. Daher ist das grüne Deck auch nur denjenigen zu empfehlen, die etwas mehr über die natürliche Seite des neuen Haupt-Sets erfahren und erste Erfahrungen mit einigen interessanten neuen Karten sammeln möchten. Beginner hingegen greifen wohl besser zu einem anderen Set der fünf Themendecks, da dort der echte Einstieg in die Welt der Sammelkarten verhältnismäßig leichter und auch sinnvoller ist.
[Magic: The Gathering 9. Edition – Schnelleinstieg 3335
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[Magic: The Gathering – Zehnte Edition / Hauptset – Themendeck »Kamahls Temperament« 4314
[Magic: The Gathering – Zeitspirale-Zyklus Band 1 3720
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[Der Ketzer 2645 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 2)
[Die Hüterin 3207 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 3)
[Die Monde von Mirrodin 2937 (Magic: The Gathering – Mirrodin #1)
Diese altbekannte Floskel beschreibt im Falle des neuen |Kosmos|-Titels „Tsuro“ ziemlich genau, worum es geht. Die Spieler schlüpfen in diesem hierzulande erstmals offiziell aufgelegten Spiel (vorher gab es bereits eine leicht alternierende Variante von |WizKids|, die via |Pegasus| vertrieben wurde) in die Rolle von Wegebauern und müssen sich mittels ihrer Wegekarten über die verschlungensten Pfade kämpfen, dabei jedoch darauf achten, nicht vom rechten Weg abzukommen und aus dem Spielfeld geschoben zu werden. Ziel des Ganzen ist es nämlich, als letzter Spieler in der Welt von Drachen und Phönix zu überleben. Oder anders gesagt: Der Weg ist das Ziel – und wer ihn bis zum Ende nicht verlassen muss, der wird auch seine Bestimmung erreichen!
_Spielmaterial_
• 1 Spielplan
• 8 Spielfiguren
• 64 Wegekarten
Schlicht, jedoch trotzdem hübsch aufgemacht: „Tsuro“ ist sicherlich kein Spiel, das grafisch auf den ersten Blick aus dem Rahmen fällt, dennoch aber mehr als solides Augenfutter. Ein echter Hingucker ist in diesem Sinne der beidseitig bedruckte Spielplan, der zudem äußerst zweckmäßig aufgebaut ist. Abhängig von der Spielerzahl kann man nämlich den größeren respektive kleineren Plan verwenden, was sich mit ein wenig Spielerfahrung auch als durchaus sinnvoll erweist, da es somit gelingt, die Dynamik unabhängig voneinander ungefähr auf demselben Level zu halten.
Davon abgesehen sind die Spielmittel zu diesem bereits 1979 erstmals erschienen Titel vorrangig zweckdienlich gestaltet, in Sachen Spielbarkeit aber vollkommen überzeugend. Es bedarf nämlich keiner illustrativen Effekthascherei, um den gebührenden Respekt einzufahren. Manchmal – und dementsprechend auch hier – ist weniger eben doch mehr!
_Spielvorbereitung_
Vor jeder Partie werden die Wegekarten in drei ungefähr gleichgroße Nachziehstapel gemischt. Jeder Spieler darf sich nun drei Karten als Einstiegsmaterial auf die Hand nehmen; hiermit gilt es nun in den kommenden Runden zu arbeiten. Nachdem jeder Spieler eine Spielfigur gewählt hat, entscheidet man sich für eine Seite des Spielplans und positioniert seine Figur an einer der am Rand befindlichen Schnüre. Von hier aus startet man nun seine Reise in das quadratische Spielfeld, immer darauf bedacht, es bloß nicht mehr zu verlassen.
_Spielablauf_
Sobald die Figuren aufgestellt sind, darf der älteste Spieler den ersten Zug ausführen und das Spiel beginnen. Dabei befolgt er folgende Schritte:
|1.) Eine Wegekarte legen|
Der Spieler wählt eine seiner drei Wegekarten und legt sie an ein Feld, das direkt an seine eigene Figur grenzt, an. Es ist dabei egal, in welche Richtung man die Karte legt, solange sie nur derart verbunden ist, dass die Spielfigur weitergesetzt werden kann.
|2.) Eigene Spielfigur setzen|
Die Spielfigur setzt er jetzt anhand des sich nun bietenden Weges an den Seilen auf der Karte entlang vorwärts, bis er schließlich am Rand der neu gelegten Karte angelangt ist. Sollten hierbei mehrere Karten miteinander verbunden sein, wandert er so weit, bis seine Spur endet. Auch andere Spielfiguren, deren Wege möglicherweise nun verlängert werden, müssen weitergeschoben werden – eventuell auch ins Aus!
|3.) Eine Wegekarte nachziehen|
Im Anschluss an seinen Zug füllt man seine Kartenhand wieder auf, indem man eine Wegekarte von einem beliebigen Nachziehstapel nimmt.
Das Spiel schreitet nun Zug für Zug fort; die Figuren gehen ihres Weges, es sei denn, sie erfüllen eine der beiden Bedingungen für den vorzeitigen, unfreiwilligen Ausstieg. Sobald sie nämlich am Rand des Spiels ankommen oder aber den Weg eines Mitspielers treffen, müssen sie sofort das Feld räumen. Im letztgenannten Falle scheiden sogar direkt beide Spieler aus.
_Spielende_
In „Tsuro“ überlebt der stärkste Spieler, und das ist derjenige, der als Letzter auf dem Spielfeld stehen geblieben ist. Falls hingegen mehrere Spieler infolge eines Zuges als Letzte das Feld räumen müssen, wird der Sieg untereinander aufgeteilt.
_Persönlicher Eindruck_
„Tsuro“ macht Spaß, ist schnell erlernt, fast noch schneller gespielt und besitzt, zumindest zu Beginn, einen hohen Wiederspielreiz, der darin begründet ist, dass man unablässig nach Taktiken und Strategien sucht, wie man die eigenen Karten am besten positioniert, um nicht zu schnell in eine missliche Lage hineinzugeraten bzw. schnell ins Abseits zu rücken. Gute Voraussetzungen also, um den Neuheiten-Katalog des |Kosmos|-Verlags um ein weiteres Highlight zu ergänzen. Wie sich jedoch von Partie zu Partie immer deutlicher herauskristallisiert, ist der Einfluss, den man auf sein eigenes Schicksal ausüben kann, nicht ganz so groß wie erhofft, da gewissermaßen das Glück oder das Geschick der anderen Spieler dem Verlauf des Spiels viel stärkere Impulse verleihen. So kann es bereits im Spiel zu fünft oder zu sechst schnell geschehen, dass man nach seinem eigenen Zug noch glaubt, das Spiel völlig im Griff zu haben, in den Zügen der anderen Spieler dann aber mit einem Mal in eine Bredouille gerät, die man aus eigenen Kräften kaum mehr verlassen kann. Es besteht die Gefahr, dass man partiell zu sehr vom Spiel gespielt wird, gerade wenn man bei der Entwicklung eigenes Strategien noch unsicher oder aber experimentierfreudig ist – doch was ist in „Tsuro“ schon sicher?
Dennoch funktioniert das Spiel als etwas krassere „Mensch, ärgere dich nicht“-Abart wirklich gut, weil es schlichtweg sehr kommunikativ und interaktiv ist, ein hohes Tempo aufweist und trotz der verschachtelten Wegweisungen völlig simpel strukturiert ist. Was vielleicht fehlt, sind einige taktischere Elemente, um die Spielvielfalt noch ein wenig auszubauen. Bedingt durch die stete Auswahl aus drei Karten kann man seinen Zug nämlich eigentlich immer recht sicher durchführen und ist schließlich stark vom Vorgehen der Mitspieler abhängig. Diesbezüglich hätte das Gleichgewicht sicher noch ein Stück weit in die Richtung des aktiven Spielers gedrängt werden können, damit der eben nicht in einen wachsenden Passiv-Part abfällt. Doch dies sind im Nachhinein alles nur Spekulationen, über die man während des Spiels nur wenig Gedanken verschwenden wird. Im Vordergrund steht nämlich der Spielspaß – und der reißt trotz der genannten Einschränkungen kaum ab!
In einem spektakulären Kampf haben Iron Man und Captain America das Ende des Civil Wars herbeigeführt und ihn zugunsten derjenigen entschieden, die von Anfang an das Gesetz zur Registrierung der Superhelden begrüßt hatten. Tony Stark kann sich dennoch nicht so recht über diesen Erfolg freuen, schließlich wurde das ganze Universum in eine heftige Krise gestürzt, und ein Großteil seiner einstigen Freunde verbringt nun seine Zeit in Sicherheitsverwahrung, um jedwede Rebellion bereits im Keim zu ersticken.
Im Anschluss an die letzten Schlachten des Krieges begeben sich Ben Urich und Sally Floyd an die Spitze beider Fronten, hinterfragen Captain Americas plötzliche Kapitulation und halten eine sensationelle Behauptung für die direkte Konfrontation mit dem siegreichen Stark zurück. Dieser scheint nämlich im gerade abgeschlossenen Krieg von Beginn an nicht mit fairen Mittel gespielt und somit die Misere zu seinen Gunsten geplant und entschieden zu haben. Der Captain alias Steve Rogers erhält jedoch keine Gelegenheit mehr, die Hintergründe des Iron Man zu erforschen. Noch auf dem Weg zu seiner Vernehmung wird er Opfer eines Attentats und erliegt den schweren Verletzungen kurze Zeit später.
_Persönlicher Eindruck_
Nach dem Ende des Bürgerkriegs startet erst der eigentlich brisanteste Teil des „Civil War“. Die Schlacht ist geschlagen, die Welt frustriert, und niemand weiß so recht, wie es weitergehen soll. Unter dem Regiment der Vertreter des Gesetzes scheint sich eine wachsende Depression einzuschleichen, die sich besonders bei den Hauptverantwortlichen, Captain America und Iron Mark, deutlich bemerkbar macht. Dennoch scheinen beide im Bezug auf die Zukunft guter Dinge und kompromissbereit, stehen möglicherweise sogar eines Tages wieder auf dem Standpunkt, gemeinsam für die Bürger Amerikas eintreten zu können.
Allerdings wird dieser anfängliche Hoffnungsschimmer im abschließenden Band zum „Civil War“ recht schnell aus dem Bild gedrängt, denn mit einem Mal bekommt der Leser erst wirklich zu spüren, dass der Gesetzesbeschluss viel weniger den eigentlichen revolutionären Akt darstellte, sondern vielmehr die Folge der Auseinandersetzungen mehrerer einstiger Freunde, die im Laufe der Zeit unverhofft zu erbitterten Feinden wurden. Dies erscheint unter Berücksichtigung der jüngsten Vorwürfe, die das Reporterteam aus Ben Urich und Sally Floyd gegen die beiden Protagonisten erhebt, allerdings noch einmal eine Spur dramatischer, indes aber auch überraschend politisch. Man durfte vorab schon vermuten, dass sich |Marvel| dieses Mal auch ein ganzes Stück gegen die Entwicklungen im eigenen Land auflehnt, zumindest waren einige Einsprengsel bereits in der vorangegangenen Heftserie zu sehen. Nun aber wird das Ganze in der Tat zum offensichtlichen Politikum und als solches betont kritisch und bissig, wobei der verschwörerische Eid Starks ebenso an den Pranger gestellt wird wie die konservativen Strategien Steve Rogers, welche in ihrer Wechselwirkung das Geschehen tragen und es in diesem Band auch (zumindest halbwegs) konsequent zu Ende führen.
In diesem Sinne mag aber dennoch ein Großteil des jahrelangen Publikums erstaunt und verbittert zugleich sein. Captain America geht als Opfer aus der Konfrontation hervor und erliegt den Folgen seines unerbittlichen Kampfes für seine Version der Gerechtigkeit. Natürlich mag man nun einwerfen, dass Todesfälle im |Marvel|-Universum lediglich von relativer Dauer sind, doch nach dem Abschluss der Reihe hat man in der Tat den Eindruck, als sei es den Autoren und Denkern hinter „Civil War“ mit dieser Entwicklung ernst – so ernst zumindest, dass man bereit ist, an den Schluss der Story einen echten Scherbenhaufen zu platzieren, den es nun in den nächsten Monaten wieder langsam zu rekonstruieren gilt. Dabei stellt sich aber unweigerlich die Frage: Ist dieses enorm große Opfer wirklich notwendig, um die Fortschrittlichkeit im eigenen Comic-Kosmos auch künftig zu gewährleisten? Die Zukunft wird darüber Aufschluss geben, und daher darf man auch auf die folgenden Ausgaben gespannt sein, aber es mutet schon sehr krass an, derartige Schritte zu gehen – wollen wir also hoffen, dass der Mut belohnt wird.
Abseits derartiger Philosophien sei für „Civil War: Der Tod eines Traums“ gesagt, dass die Geschichte fulminant beginnt, wagemutig Neuland betritt, dann aber in einem allzu konfusen, hektischen Treiben die eigentliche Dramaturgie aufgibt und somit einen der wohl rührseligsten Momente der Verlagsgeschichte ad absurdum führt. Der eigentliche Plot wird mehrfach fallen gelassen, um einige Retrospektiven zu gewähren, die mit der Handlung nur sehr vage in Zusammenhang stehen und sie dementsprechend auch kaum vorwärts bringen. Überlegt man also, welch revolutionäres Ereignis der Sonderausgabe zugrunde liegt und wie sträflich nachlässig man mit der Aufarbeitung dessen vorgeht, ist also ein deutliches Kopfschütteln angebracht – nicht etwa ob des unglaublichen Inhalts, sondern ganz klar wegen der verwirrenden Umsetzung. Dass die 70. Episode von „Marvel Exklusiv“ aber dennoch unverzichtbar ist, liegt ob der tragischen Hintergründe auf der Hand. Schade nur, dass man im Kapitel nach dem Grand Finale nicht mehr mit den gleichen Ambitionen zu Werke gegangen ist wie noch in den unzähligen Teilartikeln zum |Marvel|-Mega-Crossover. Im Grunde genommen ist „Der Tod eines Traums“ nämlich in Sachen Aufarbeitung eine echte Enttäuschung!
Der Großmeister der Horror-SciFi und Ikone der düsterromantischen Bewegung spannt seine Netze immer weiter über den großen Schauplatz der internationalen Spiellandschaft. Lovecrafts Welt der spirituellen Geheimnisse und übersinnlichen Entdeckungen gehört mittlerweile zu einem der Leitmotive bei der Kreation neuer Strategie-, Brett- und Kartenspiele und brachte den Liebhabern des Genres in den vergangenen Jahren schon einige echte Klassiker des Metiers, unter anderem das hoch gelobte [„Arkham Horror“ 4085 aus der erfolgreichen Schmiede von |Fantasy Flight Games|.
Doch auch kleinere Verlage haben sich an diesen großen Namen herangewagt, jüngst zum Beispiel auch das kleine amerikanische Label |Third World Games|, über welches vor nicht allzu langer Zeit ein viel versprechendes Kartenspiel namens „The Testimony Of Jacob Hollow“ veröffentlicht wurde. Monster, Mythen und unheimliche Begegnungen sind hierbei anzutreffen, und bevor man sich versieht, ist man erneut mitten eingetaucht in den großräumigen Fundus von H. P. Lovecrafts Kosmos.
_Spielidee_
In Castle Bay geschehen seit einiger Zeit unheimliche Dinge. Grässliche Gestalten säumen das Bild der mittlerweile verlassenen Stadt, und die Angst derjenigen, die das Krisengebiet neuerlich zu erforschen begonnen haben, wächst von Minute zu Minute mehr. Jeder hat es nun selber in der Hand, sich den Kreaturen zu stellen, sich auf den Horror merkwürdiger Begegnungen einzulassen und in den abgelegenen Schauplätzen des beschaulichen Örtchens Punkte für erledigte Recherchen zu sammeln, die nicht nur das Überleben, sondern auch den Sieg in diesem Spiel sichern. Doch es ist Obacht geboten; häufig sind die Geschöpfe der Finsternis stärker, als man es zunächst vermutet …
_Spielmaterial_
Das Kartenmaterial zu „The Testimony Of Jacob Hollow“ besteht auch insgesamt 110 Einheiten, unterteilt in 90 Terror-, 14 Ortschafts- und 6 Charakterkarten. Jede dieser Karten zeigt ein besonderes Szenario des Spiels und trägt dank der wundervoll illustrierten Grafiken unheimlich deutlich zur schaurigen Spielatmosphäre bei – was die visuelle Komponente betrifft, haben wir es also schon einmal mit einem absoluten Volltreffer zu tun. Bezogen auf Anschaulichkeit und damit auch auf das sich bietende Gameplay muss gesagt werden, dass recht viele Infos auf den Karten enthalten sind, die erst einmal verarbeitet werden müssen. Gerade in der ersten Spielrunde ist die Vielzahl der abgebildeten Werte noch ein wenig verwirrend, weil man nie so recht weiß, welche Punktzahlen nun in welcher Situation gewertet werden bzw. welche Bedeutung der Karteninhalt nun genau für die Entwicklung des Spiels hat. Zwar folgt dies alles einem logischen Aufbau, jedoch ist dieser definitiv nichts für Einsteiger in Sachen strategisches Kartenspiel.
Dennoch ist das Material weitestgehend gefällig und überzeugt letztendlich auf jeden Fall wegen der feinen Horror-Grafik. Nur inwiefern die pinkfarbenen und leuchtend gelben Würfel damit in Einklang zu bringen sind, ist mir nicht ganz verständlich.
_Der Spielablauf_
In „The Testimony Of Jacob Hollow“ übernimmt jeder Spieler die Rolle eines der sechs Charaktere, die vor der Partie zur Auswahl stehen. All diese Charaktere haben in unterschiedlicher Anordnung die Werte vier und fünf für Lebenskraft respektive Willensstärke und müssen nun Runde für Runde an die entlegenen Orte reisen, entscheiden, ob sie sich den dort befindlichen Monstern stellen und möglicherweise auch kämpfen wollen und auf diese Weise versuchen, die erforderlichen zehn Recherchepunkte zu sammeln.
Zu Beginn des Spiels besitzt jeder Spieler genau fünf Terrorkarten auf der Hand sowie seinen Charakter, der ebenfalls als Karte offen ausliegt. Den Spielern bleibt nun selber überlassen, ob sie einen Ort aufsuchen oder doch nur ziellos vor der Gefahr flüchten und die gegebenen 14 Lokalitäten meiden – Letzteres wäre allerdings extrem kontraproduktiv, da man auf diese Weise arg schnell ins Hintertreffen gerät und die Punkte für Recherche leichtfertig den Gegnern überlasst.
Der Aufbau einer Runde gliedert sich nun in die folgenden Spielphasen:
|1.) Karten nachziehen|
Zu Beginn des Spielzuges zieht man bis zu drei Karten nach, bis man auf ein Maximum von fünf Karten kommt.
|2.) Ortschaften besuchen|
Nun kann man sich entschließen, eine neue Karte vom Ortsstapel zu ziehen und sich dorthin zu begeben oder eine bereits ausliegende Location zu besuchen. Die unterschiedlichen Orte haben dabei ganz verschiedene Eigenschaften. Gemeinsam ist ihnen nur, dass dort Investigationspunkte, also in diesem Sinne Siegpunkte, versteckt sind, die man nach erfolgreich bestandener Begegnung einsammeln darf. Allerdings ist dieser Mechanismus ein wenig komplexer, weil man nicht etwa die eigenen Handkarten während der Begegnungen ausspielen darf, sondern blind vom Nachziehstapel der Terrorkarten zieht, um sein Schicksal zu bestimmen. Auf den Location-Karten sind feste Werte abgebildet, die nun über den so genannten Flip-Modus genau getroffen werden müssen, um Monstern auszuweichen und an diesem Ort einigermaßen sicher zu sein. Beispielsweise ist der ‚Evade‘-Wert für die Flucht bei 1, 2 und 4 festgelegt. Der Spieler, der nun am Zuge ist, zieht (flip) nun eine Karte vom Terror-Stapel und betrachtet den Flip-Wert auf dieser Karte. Ist er identisch mit einer der erforderlichen Ziffern, konnte man erfolgreich entkommen. Ansonsten muss man sich der Begegnung stellen und kämpfen. Auch für Letzteres werden Karten nachgezogen, und zwar für sich selbst als auch für das Monster, das man bekämpft. Wer den Kampf gewinnt, überlebt das Szenario und darf nun schauen, ob er erfolgreich Investigationspunkte bekommen kann. Andernfalls droht eine bittere Konsequenz, möglicherweise auch der Tod und damit das Ende des Spiels. Allerdings dürfen vorzeitig Dahingeschiedene weiterhin ihre verbliebenen Terror-Karten ausspielen und die Gegner noch einmal richtig ärgern.
Investigationspunkte sind das A und O in diesem Spiel und führen schließlich auch zum Sieg. Man wird sie nur erlangen, wenn man sich an gefährliche Orte heranwagt und dort entweder vor dem Bösen flieht oder aber die Begegnungen überlebt. Bei Erfolg zieht man nach besagtem Flip-System eine neue Karte, addiert seine Werte für Willensstärke und vergleicht sie mit dem Target-Wert der Location-Karte. Wird dieser übertroffen, hat man die Ortschaft erstürmt und bekommt die entsprechende Punktzahl, die auf der jeweiligen Karte abgebildet ist.
|3.) Terror-Karten ausspielen|
Die Terror-Karten in der Kartenhand erlauben einige Bonusaktionen. So kann man zum Beispiel weitere Begegnungen für sich als auch für die Kontrahenten initiieren, die eigenen Werte aufstocken, die gegnerischen hingegen manipulieren, hilfreiche Gegenstände einsammeln oder direkt gegen neue Monster antreten. Diesbezüglich gibt es keine Begrenzungen, so dass man nach Wunsch sogar direkt alle Karten spielen kann.
|4.) Karten abwerfen|
Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass man mit der aktuellen Kartenhand nicht gänzlich zufrieden ist und bestimmte Karten in der individuellen Spielsituation von eher geringem Nutzen sind. In diesem Falle darf man nun im letzten Zug bis zu drei Karten abwerfen, um sich dieser Lasten zu entledigen.
_Spielende_
Sobald ein Spieler die erforderliche Anzahl Investigation Points besitzt, ist das Spiel sofort zu Ende. Gewonnen hat man „The Testimony Of Jacob Hollow“ mit insgesamt zehn Punkten – doch dies zu erreichen, ist leichter gesagt als getan.
_Persönlicher Eindruck_
Ein Spiel, das sich mit einem Teil des Lovecraft’schen Mythos auseinandersetzt, sollte natürlich vordergründig auf die Umsetzung des Themengebiets überprüft werden, welche in diesem Fall im Grunde genommen von ähnlicher Relevanz wie das Gameplay ist. Grafische Feinheiten werden bewertet, die Spielatmosphäre im Allgemeinen sowie die generelle Stimmung unter den Spielern, die sich während einer Partie dieses Kartenspiels entwickelt. Doch in dieser Hinsicht braucht sich „The Testimony Of Jacob Hollow“ vor keinem vergleichbaren Titel zu verstecken, denn in wirklich allen Belangen auf thematischer Ebene glänzt dieses flinke Horror-Spiel mit Authentizität und inhaltlicher wie visueller Brillanz. Die Illustrationen sind dabei das definitive Highlight und wohlweislich an die größten illustrierten Werke zum Thema Lovecraft angelehnt – zu denen im Übrigen auch das eingangs angeführte „Arkham Horror“ zählt, welches trotz weitaus üppigerer Gesamtausstattung zumindest in der visuellen Ausstrahlung ganz ähnliche Gänsehaut-Momente erzeugen konnte. Der Transfer des zugrunde liegenden Themenbereichs ist dementsprechend schon alleine die Investition wert.
Die Interaktion des Spiels steht diesen positiven Eindrücken indes in nichts nach. Der Mechanismus, mit dem die Begegnungen und Kampfsituationen simuliert werden, mag zwar letztendlich ein echtes Glücksspiel sein, unterstreicht aber die basische Spannung, die mit wachsender Spieldauer steil emporsteigt. Risikofreude und Abenteuerlust sind gefragt, gleichzeitig aber auch Wagemut und Geschick, denn schließlich muss man auch abwägen, inwiefern die Konkurrenz sich bestimmten Orten und Begegnungen stellt. Allerdings sind die Mittel, das eigene Schicksal zu beeinflussen, verhältnismäßig gering, so dass Strategie und Taktik hier nur minimal den Verlauf des Spiels bestimmen. Und dennoch lässt sich eine leichte Komplexität nicht wegdiskutieren, einerseits natürlich bezogen auf den etwas verwirrenden Aufbau der Karten, andererseits aber auch wegen der Fülle an Entscheidungen, die einem hier abverlangt werden. Denn auch wenn so mancher Entschluss sich eigentlich von selbst versteht, ist noch lange nicht alles selbstverständlich und transparent. Doch gerade deshalb – und nicht ausschließlich wegen der thematischen Umsetzung – lohnt es sich, „The Testimony Of Jacob Hollow“ über unzählige Spielrunden zu erforschen, dabei den eigentliche Witz des Spiels herauszufiltern und sich dennoch ständig von der prickelnden Atmosphäre mitreißen zu lassen. Mich persönlich hat das Spiel zunächst nicht überzeugt, nach genauerer Analyse der Dynamik und wachsender Erfahrung schließlich aber begeistert. Zwar scheinen knapp 20 US$ ein wenig happig für ein Kartenspiel, zumal mangels deutschem Vertrieb eventuell noch hohes Porto hinzukommt – doch wer die Chance bekommt, dieses Spiel irgendwie zu beschaffen, und dazu ein Fable für Lovecraft hat, der sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Und damit sind auch diverse Verlage angesprochen …
Das rote Themendeck der zehnten Edition des Hauptsets setzt auf Eile und Geschwindigkeit; mächtige Kreaturen werden beschleunigt ins Rennen geschickt und überdies birgt jeder Zauber eine Garantie für gegnerische Schadenspunkte, manche sogar über den Friedhof hinaus. Dies macht „Kamahls Temperament“ zweifelsohne zum zerstörerischsten der fünf neuen Einsteigersets, mitunter aber auch zum am leichtesten spielbaren Deck der Jubiläumsedition.
Wie gehabt steht die Farbe Rot wieder für Chaos und Wut, derer man in „Kamahls Temperament“ Herr werden muss. Doch wer das rote Mana beherrscht, braucht sich um eventuelle Strategien und Taktiken kaum mehr Gedanken zu machen. Die Welle der Zerstörung schreitet unaufhaltsam fort und spielt sich mit wachsender Dauer fast von alleine. Das perfekte Einsteigerset? Wir werden sehen …
„Kamahls Temperament“ ist ein temporeiches Set, welches sich in einer ganzen Reihe Karten mit der Eigenschaft ‚Eile‘ konstituiert. Kreaturen wie der Donnerriese oder der Blitzelementar können sofort ausgespielt werden, sobald sie aufgedeckt werden, und verfügen zugleich über eine beachtliche Offensivkraft. Des Weiteren besitzt das rote Deck ein recht ausgeprägtes Repertoire angriffslustiger Zauber. Der Leitstern der Zerstörung versetzt zum Beispiel einen heftigen, fünffachen Schadenspunkt-Schlag und darf anschließend wieder in der Bibliothek geschützt werden, wohingegen die Einäscherung immerhin noch drei Schadenspunkte garantiert, die zudem nicht mehr regeneriert werden können. Abhängig von der Zahl der getappten Gebirge können mit der Heißen Glut sowie der Kochende Ehre schließlich äußerst variable Schäden verursacht werden, die den Gegner bereits in den ersten Runden wesentlich zurückwerfen. Bevor dieser sich nämlich versieht, wird er entweder Opfer der Eile oder eines der mächtigen Zaubersprüche.
Nicht zu verachten sind auch die Spezialeigenschaften der Kreaturen; der Zyklop vom Blutfelsen greift mit satter 3/3-Energie ständig an, der Viashino-Sandspäher wandert nach jedem Angriff auf die Hand zurück, um mit ‚Eile‘ erneut zu kontern, und der Bogardanische Feuerunhold schafft es sogar, seinen Gegner selbst nach seinem Tod noch zu verwunden. Der Clou dabei: Die Manakosten für Zauber und Kreaturen sind verhältnismäßig gering, so dass man die eiligen Züge auch ruhigen Gewissens planen und schließlich auch durchführen kann, ohne dabei an anderer Stelle zu knapp zu kommen – und dies ist sicherlich der wohl entscheidende Aspekt von „Kamahls Temperament“. Im Blitztempo hat man sich des Gegners bemächtigt, sein Tempo gedrosselt und seine Defensivlinien durchbrochen. Kamahl der Grubenkämpfer hat schließlich leichtes Spiel und gibt den Kontrahenten endgültig den Rest – fast zu einfach, um wahr zu sein, aber letztendlich erfreuliche Realität!
_Persönlicher Eindruck_
Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie mächtig und ausgewogen die Mana-spezifischen Sets neuer Editionen bereits strukturiert sind. „Kamahls Temperament“ ist mit seiner Einstiegsgröße von lediglich 40 Karten zwar noch kein fähiges Turnierdeck, für Offensivstrategen aber sicherlich ein gutes Anfangsset, um das herum sich eine stete Erweiterung mit destruktiven roten Karten lohnen sollte. Die Angriffselemente sind in der Tat gewaltig, das Zusammenspiel von Kreaturen und Zaubern sogar fantastisch. Dort, wo die eine Partei kleine Lücken lässt, ist die andere bereits zur Stelle, um Chaos und Vernichtung herbeizuführen. Selbst kurze Rückschläge lassen sich ohne regenerative Kräfte wieder leicht ausmerzen, so dass das Deck schon fast zum Selbstläufer wird, zumindest im Vergleich zu den übrigen Decks der neunten Edition.
Und insofern ist „Kamahls Temperament“ auch in gewisser Weise aussagekräftig, was die gesamte zehnte Hauptedition von „Magic: The Gathering“ angeht. Die roten Karten scheinen nämlich mächtiger als je zuvor, selbst die Vielzahl der Common-Karten enthält diesbezüglich einige wirklich interessante und auch innovative Aspekte, die im kleinen Themendeck sehr gut zusammengefügt wurden. Neulinge unter den Befürwortern des erfolgreichsten Trading-Card-Games der Welt sollten auf jeden Fall überlegen, sich zu Beginn mit diesem kleinen Päckchen zu verstärken. „Kamahls Temperament“ ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man ein offensives Deck homogen und enorm effektiv zusammenstellt!
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[Die Hüterin 3207 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 3)
[Die Monde von Mirrodin 2937 (Magic: The Gathering – Mirrodin #1)
Folge 1: [„Das Schloss der Schlange“ 2317
Folge 2: [„Böses Erwachen“ 4022
Folge 3: [„Weißes Gold“ 4023
_Story_
1886: Nathaniel de Salis und sein inoffizieller Ziehsohn Adam Salton reisen von Bombay in die Bergregionen Tibets, wo sie sich Antworten auf einige drängende Fragen erhoffen. Durch ein gefährliches Bergmassiv gelangen sie endlich in die Nähe des heiligen Berges Kailash. Unterdessen haben sich zwei verbündete Missionare der Expedition angeschlossen und begleiten Adam und Nathaniel durch die unwegsame Landschaft. Durch Sturm und Kälte quält sich vor allem der stark angeschlagene, fast todkranke de Salis, dessen merkwürdige Ambitionen Salton immer mehr zweifeln lassen. Selbst in größter Gefahr fasst er kein Vertrauen und scheint seinem Unglück geradezu in die Arme zu laufen.
1938, Wewelsburg, Deutschland. Die obersten Gestalten des Nazi-Regimes stehen kurz vor dem Abschluss eines gewaltigen Forschungsexperiments. Himmler und dem mysteriöse Gefolgsmann Weisthor gelingt es tatsächlich, eine allzu scheußliche Kreatur zum Leben zu erwecken. Mit Hilfe des sagenumwobenen Speer des Longinus wollen sie das Wesen zum Avatar ihrer rassistischen Ideologie aufsteigen lassen – doch ein Unbekannter stellt sich ihnen in den Weg; ein Mann aus vergangenen Zeiten, der sich mit ganzer Kraft gegen den Wahnsinn aufbäumt …
Unterdessen wird Major Berger seit geraumer Zeit vermisst. Nach dem Flugzeugabsturz hat er seinen Lebensodem fast ausgehaucht und wird von seinen einstigen Auftraggebern sogar gejagt, um ein weiteres Experiment durchführen zu können. Berger bleibt keine Chance, aber dennoch gelingt ihm die Flucht – ins Jenseits?
_Persönlicher Eindruck_
Im vierten Teil der fantastischen Mystery-Saga ist nicht nur äußerste Konzentration, sondern auch eine ganze Menge Geduld gefragt. Die Story nimmt hinsichtlich ihrer Komplexität nämlich Formen an, die allen herkömmlichen Strukturen widersprechen und somit auch mit gewöhnlicher Logik kaum noch zu durchschauen sind. Günter Merlau erlaubt sich in „Vril“, gleich drei Stränge parallel zu forcieren und den Hörer mit rasanten Sprüngen durch die Zeit zu jagen, bis dieser irgendwann droht, völlig den Überblick zu verlieren, weil die Unterschiede zwischen Jetztzeit und Vergangenheit aufgrund des hohen Action- und Spannungsanteils kaum noch zu differenzieren sind. Zwar ist diesmal ein klarer Fokus auf die Machenschaften zu Zeiten des Dritten Reiches zu erkennen, die Merlau auch tatsächlich mit einigen eigenwilligen Theorien adäquat in die Historie einordnet, doch sind die permanenten Wechsel teilweise derart überraschend und anspruchsvoll, dass selbst deutliche Definitionen und Einteilungen zu weiten Teilen nicht mehr ziehen. Wider den Mainstream, wider die Massenware – nicht nur Theorie, sondern hier wundervoll zelebrierte Realität!
Aufmerksamen Hörern wird dabei von Beginn an klar, dass man ohne Hintergrundwissen nicht nur Verständnisprobleme haben, sondern insgesamt wahrscheinlich völlig überfordert sein wird. Die Handlung wird mit Zitaten aus Vergangenheit und Zukunft durchsetzt, die unterschiedlichen Entwicklungen werden teils herb durcheinander gemischt, dazu ein gewisses historisches Wissen vorausgesetzt und als Letztes auch noch knallhart eingefordert, dass man die Motivation der einzelnen Protagonisten begreift, da andernfalls die gesamte Story auf wackligen Beinen steht. Hörspiel-Action mit höchstem Anspruch also, diesbezüglich aber auch durchweg feine Kost mit garantierter dynamischer Entwicklung und fantastisch ausgeprägten Charakteren.
Immer mehr Figuren werden in die Handlung eingebaut, somit auch die Last der Geschichte auf Dutzende Schultern verteilt. Natürlich sind es noch immer Salton und de Salis, an denen das Hauptpaket des Plots haftet, jedoch inszeniert Merlau anderweitig eine Brisanz, infolge derer sich die inhaltlichen Highlights in kurzen Schüben aneinanderreihen, um schließlich den Zuhörer regelrecht zu überrollen. Die Fülle der Details ist enorm, die differenzierte Umsetzung indes eine Kunst, für die den Beteiligten größter Respekt zusteht. Die Sprecher leben die Story, die klanglichen Effekte sorgen einmal mehr für eine absolut stimmige Inszenierung, das inhaltliche Geschehen verlangt dem Hörer alles ab, darf letztendlich aber auch als eine echte Belohnung betrachte werden – schließlich mischt sich sphärisch und erzähltechnisch die Genialität des Cthulhu-Mythos mit der Kraft und Poesie von Meistern wie Lovecraft, Stoker und dem einst noch |in personae| eingeflochtenen Jules Verne.
Und worum geht es in „Vril“ nun konkret? Tja, dies auf den Punkt zu bringen, hieße, all die bisherigen Ungereimtheiten aufzulösen und Ausblicke zu geben, die jegliche Spannung zunichte machen würden. Das Produktionsteam hat sich sehr weit aus dem Fenster gelehnt, in Sachen Esoterik und Spiritualität in seinem Metier neue Grenzen definiert und Inhalte verknüpft, die auf den ersten Blick einer homogenen Struktur entbehren, in all ihrer Komplexität aber gerade durch diese kuriose Mixtur erst so lebendig erscheinen. Insofern sollte es wohl niemanden verwundern, dass man nach unzähligen Enthüllungen nach wie vor den Eindruck nicht loswird, man stehe erst am Anfang eines kaum durchschaubaren, gewaltigen Gedankenkonstrukts, dessen innere Tiefe und besonderer Geist in gewisser Weise zu Höherem berufen sind. Feststeht bis dato jedenfalls, dass „Die Schwarze Sonne“ sich Folge für Folge zum wohl besten phantastischen Independent-Titel einer ganzen Dekade mausert. „Die Schwarze Sonne“ ist Abenteuer, Erlebnis und Herausforderung zugleich und derzeit das wohl am ambitionierteste Projekte der modernen deutschen Hörspielgeschichte. Und was dies für das gesamte Genre bedeutet, muss sicher nicht mehr näher erläutert werden …
Auf der Website zur Serie gibt es übrigens Hintergrundinformationen und ein noch im Aufbau befindliches Lexikon, um den Überblick besser wahren zu können.
Captain Atoms Schicksal scheint besiegelt, als er sich in einen mit Kryptonit bestückten Asteroiden wirft und damit seine Welt und sein Idol Superman kurzerhand vor dem Ende rettet. Allerdings wird seine unglaubliche Heldentat nicht mit dem Tod gerächt. Captain Atom wacht in einem völlig anderen Universum fernab seiner Heimat auf und muss sich dort den fiesesten Schurken im Superheldenkostüm stellen. Der Cap sucht nach Fluchtmöglichkeiten, um wieder auf die Erde zurückzugelangen, auf der er einst respektiert und geachtet wurde, erlebt diesbezüglich jedoch fortlaufend Rückschläge. Niemand will ihm helfen, und seine gesamte Existenz wird ihm immer mehr zum Rätsel.
Eines Tages stößt er dabei auf ein finsteres Geheimnis um seine Person; irgendjemand hat ihn verändert und zur Universalwaffe zur Vernichtung des gesamten Multiversums gemacht. Atom ist eine tickende Zeitbombe, ohne zu wissen, was in ihm vorgeht und wann der Zünder ausgelöst wird. Der Captain bemüht sich in einer Verzweiflungstat, Ursachenforschung zu betreiben und die Gründe für sein Schicksal in Erfahrung zu bringen. Doch alles, was ihm entgegengebracht wird, sind Unverständnis und der dringende Wunsch, ihn ins Totenreich zu verabschieden. Schließlich steht sein Leben gegen das mehrerer Milliarden Menschen …
_Persönlicher Eindruck_
Willkommen daheim: Captain Atom, einst eines der Trademarks des |Wildstorm|-Universums, meldet sich nach zeitweiliger Abstinenz im Schoße der |DC Comics| nun in einem fulminanten Crossover zurück, der nicht nur die jüngsten Ereignisse der DC-Historie mit intelligent eingestreuten Querverweisen streift, sondern inhaltlich ein allzu typisches Prachtstück von Seiten des renommierten amerikanischen Verlags geworden ist, das sich durchaus mit den alten Atom-Comics messen darf. Dabei kommt die Reinkarnation des eigentlichen B-Helden ziemlich überraschend, wenngleich der Zeitpunkt kaum besser sein könnte. Die „Infinite Crisis“ mit den Konflikten der zahlreichen Universen ist gerade beendet, da wird auf Grundlage der dortigen Ereignisse gleich ein neuer Mini-Crossover angehängt, der die Dramaturgie besagter Krise in einer eigenwilligen, aber durchaus lesenswerten Geschichte wieder aufkocht.
Der tragische Titelheld wird in „Armageddon“ durch die Galaxie gejagt und landet nach seiner aufopferungsvollen Rettungsaktion auf einer Parallel-Erde, die sich in menschlicher Hinsicht völlig von seiner ursprünglichen Heimat unterscheidet. Die Menschen dort sind skeptisch und ohne jegliches Vertrauen, haben geradezu Böses im Sinn, wohingegen der Captain lediglich nach Verbündeten sucht, die ihm aus seiner Misere helfen und einen Weg zurück zur Erde weisen können. Aber sein ganzes Hoffen und Bitten stößt auf Abweisung und Unverständnis, obwohl der Authority dieser Parallelwelt nichts lieber wäre als die Auslöschung des neuen Bewohners, der in sich Kräfte trägt, die den gesamten Planeten, ja die gesamte Galaxie auszulöschen vermögen. Atom kämpft gegen Windmühlen, während sein Zorn gemeinsam mit seiner Verzweiflung ständig anwächst. Verrat und hinterhältige Intrigen weben sich um seine Person, bis er endlich spürt, dass in ihm immer noch die Kraft steckt, seinem Schicksal zu entrinnen. Anders jedoch als im typischen Superhelden-Kosmos scheint der Weg dorthin aber nicht mit guten Vorzeichen gepflastert!
Im Grunde genommen ist diese hier zusammengefasste Mini-Serie sicher keine ungewöhnliche Heldensaga, selbst wenn mancher Inhalt ein wenig bedrückend, nahezu finster ist. Allerdings ist das Happy-End in „Armageddon“ zu keinem Zeitpunkt greifbar, was an der wechselseitigen Entwicklung des Plots sowie der generellen Depression, die den Hauptcharakter umgibt, festzumachen ist. Geradezu naiv wendet sich Atom gegen eine wachsende Zahl von potenziellen Kontrahenten, bewahrt dabei zwar seine Political Correctness, verhält sich jedoch selten wie ein standardisierter Superheld. Seine Motivation ist klar, sein Handeln indes unstet und somit Garant für eine unberechenbare, spannende Story, die so manche erstaunliche Wendung nimmt.
Und dementsprechend ist dieser Crossover der beiden Lager |DC| und |Wildstorm| auch wirklich prächtig gelungen; bekannte Charaktere werden trefflich in Nebenrollen integriert, das aktuelle Zeitgeschehen der beiden Universen geschickt miteinander verflochten und die Geschichte stringent aber dynamisch fortgeführt. „Captain Atom: Armageddon“ ist ergo ein prächtiges Beispiel dafür, wie man eine prinzipiell weniger originelle Storyline dennoch mit innovativen Elementen spickt. Definitiv ein Highlight des gerade gestarteten Comic-Herbstes!
Erzähler – Horst Stark
Klaus Störtebeker – Claus Wilcke
Radlev – Hans Meinhardt
Wulf – Konrad Halver
Magister Wigbald – Helmut Lange
Baldwin – Michael Hinz
Nachtwächter von Stralsund – Michael Poelchau
Güdecke Michaeel – Hans Paetsch
Bürgermeister von Wisby – Rudolf Fenner
Margarete, Königin von Dänemark -Gisela Trowe
Bürgermeister von Bergen – Lothar Zibell
Tetta, Störtebekers Frau – Ingrid Andree
Keno tom Broke – Hans Clarin
Simon von Utrecht – Konrad Mayerhoff
Regie: Konrad Halver
_Story_
Störtebeker und die Mannschaft seines ‚Haifischs‘ gehören zu den am meisten gefürchteten Freibeutern in der Nord- und Ostsee. Von Tag zu Tag wächst der Respekt der Seefahrer, denn jedem ist bewusst, dass mit dem unberechenbaren Piraten nicht zu spaßen ist. Auch Güdecke Michaeel, ebenfalls im räuberischen Metier unterwegs, schätzt Störtebeker für seine Kompromisslosigkeit, weiß jedoch auch um den verdienten Ruhm seines Kollegen. Dennoch ist er zunächst skeptisch, als der ‚Haifisch‘ die Segel gen Stockholm setzt, um den verbliebenen Teil Schwedens gegen die dänische Krone zu verteidigen. Wie durch ein Wunder ist er vor der östlichen Küste erfolgreich, will nun aber endgültig Norwegens hinterhältige Monarchie in die Knie zwingen – bis ihm schließlich bewusst wird, dass er auf den Rat des erfahrenen Güdecke Michaeel hätte hören sollen.
_Persönlicher Eindruck_
Die Sage um den tatsächlich im Norden Europas aktiven Seefahrer Störtebeker gehört mitunter zu den größten klassischen Inszenierungen der deutschen Literatur und wird auch immer wieder gerne bemüht, wenn es darum geht, ein eher eigenwilliges Heldenepos aus hiesigen Landen zu erzählen. Im Gegensatz zu den meisten Piratengeschichten folgt der Werdegang von Klaus Störtebeker nämlich keinesfalls typischen Schemen, sondern steckt stattdessen voller Überraschungen und Unwegsamkeiten, aufgrund derer der gute Mann ständig mit den härtesten Fronten aufeinandergeprallt ist, ohne dabei auch immer erfolgreich zu sein. Als Robin Hood der Meere stach der Kapitän des ‚Haifischs‘ einst in See, ließ sich jedoch bezogen auf seine Motive nie so recht in die Karten schauen. Diese stete Unberechenbarkeit dokumentiert in der berüchtigten Erzählung um den so mythenträchtig enthaupteten Seefahrer schließlich auch den Spannungsanteil, da man in der Tat wirklich nie wirklich weiß, welche Ideen Störtebeker demnächst zu realisieren versucht.
Leider ist dieses Hauptelement in der Hörspielfassung aus dem Jahre 1969 kaum berücksichtigt worden. Die Story wird zumeist in Berichtform abgeliefert und gleicht einer Aneinanderreihung von Fakten und Tatsachen, ohne dabei eine dynamische Entwicklung zuzulassen. Mit Horst Stark scheint die Rolle des führenden Sprechers dabei auch noch relativ unglücklich besetzt, steht doch mit dem ebenfalls deplatzierten Hans Paetsch die naheliegende und durchaus bessere Variante schon bereit, den eher drögen Monolog mit Leben zu füllen.
Die Geschichte wird ergo über weite Strecken ziemlich ruckartig erzählt, unternimmt zwar kleine Schlenker in der Interaktion zwischen Störtebeker, Güdecke Michaeel und der Königin Dänemarks, macht aber in ihrer Darbietung einen eher unmotivierten, wenig ambitionierten Eindruck. Hektische Übergänge, wenig Leben in den Dialogen und einige nicht ganz auf dem Höhepunkt befindliche Sprecher beschreiben die Misere schließlich ziemlich passend und fassen die krampfige Hörspiel-Variante dieser grundsätzlich schönen Abenteuergeschichte zusammen.
Natürlich muss man den Re-Release des Hörspiels auch im Rahmen der Entstehungszeit sehen und zumindest diesbezüglich die Perspektive ein klein wenig modifizieren. Doch wie einige weitere Hörspiele dieser Reihe ganz klar aufzeigen, war es auch vor vier Dekaden schon möglich, ein lebhaftes, kommunikatives Szenario zu gestalten. Somit blicke ich schlussendlich mit gemischten Gefühlen auf den 36. Part der „Europa-Originale“ zurück. Der Inhalt ist potenziell stark, die Umsetzung hingegen in vielerlei Hinsicht äußerst dürftig. Wer also nachempfinden möchte, was Klaus Störtebeker zu Lebzeiten angestellt hat, greift besser auf eines der vielen Bücher zu diesem Thema zurück.
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