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Melneczuk, Stefan – Rabenstadt

Nach dem Erfolg seines Romans „Marterpfahl“ und der durchaus lesenswerten „Geisterstunden“-Collection präsentiert der Stefan Melneczuk nunmehr seinen neuen Roman „Rabenstadt“ in einer auch äußerlich wieder sehr ansprechenden Hardcoverausgabe mit einem dekorativen und auch inhaltlich stimmigen Titelbild von Mark Freier.

Der Roman selbst ist ungewöhnlich aufgebaut, denn er beginnt mit dem Ende bzw. einer Nachbetrachtung des Protagonisten zu den Ereignissen. Und selbst im Verlauf der eigentlichen Handlung schildert der Ich-Erzähler seine Erlebnisse teilweise in Rückblenden. So liegt er gleich zu Beginn verletzt und mit Klebeband gefesselt in einem dunklen Kellerraum und versucht sich zu erinnern.

Was sofort auffällt, sind die guten Ortskenntnisse des Autors – die Handlung spielt in einem in die Jahre gekommenen Wuppertaler Villenviertel – und seine Fähigkeit zu anschaulichen Beschreibungen. Selbst als Ortsunkundiger (wie ich) vermag sich der Leser die Straßen, Gärten und Gebäude des Umfeldes vorzustellen und wird damit zum Augenzeugen des Geschehens.

Der Einstieg ist rasch wiedergegeben: Ein Paketbote (der Ich-Erzähler) verfährt sich infolge eines defekten Navigationsgerätes im Briller Viertel und versucht, die Zieladresse zu Fuß ausfindig zu machen. In der einsamen Gegend begegnet er keinem Passanten, bis er schließlich vor einem Hauseingang auf ein Mädchen triff, das auf allen Vieren hockt und eine Hundeleine um den Hals hat. Als es plötzlich davonläuft oder -gezogen wird, setzt er ihm nach und wird beim Eindringen in einen Garten brutal niedergeschlagen. Er verliert das Bewusstsein und erwacht irgendwann später in besagtem Keller.

Zum Glück widersteht der Autor der Versuchung, die Gefangenschaft bzw. das Martyrium des Handlungsträgers so exzessiv in die Länge zu ziehen, wie es prominentere Autoren wie Stephen King schon häufiger praktiziert haben. Auch wenn dem Gefangenen ausreichend Gelegenheit zu Selbst- und Weltbetrachtungen gegeben wird, verspürt der Leser nie den Drang, mangels Handlungsfortschritts einfach ein paar Seiten zu überblättern. Angesichts des vorweggenommen Ausgangs des Abenteuers ist das keine geringe Leistung des Autors. Die Person des Täters bleibt lange Zeit über im Dunklen, und als er schließlich in das Geschehen eingreift, kommt es auch schon zu einem dramatischen Showdown.

Damit ist der Roman jedoch nicht zu Ende, denn der Paketbote ist selbst Träger eines dunklen Geheimnisses, das sich erst später offenbart. So wird der Leser auch jenseits des Ortes des Verbrechens mit seelischen Abgründen und Alptraumszenarien konfrontiert, die auch ihn jederzeit betreffen können. Vielleicht ist das sogar die eigentliche Leistung des Buches, dem Leser über den an sich schon grausigen Kriminalfall hinaus die Augen für die dunklen Seiten menschlicher Existenz zu öffnen. Die „Rabenstadt“ Wuppertal ist hierfür ein perfekter Rahmen, und drei zusätzliche Geschichten vom „Kreuz Wuppertal-Mord“ runden den Lesegenus ab.

Mit „Rabenstadt“ liefert Stefan Melneczuk einmal mehr den Nachweis, dass er auch jenseits der Schubladen des Genres zu den herausragenden „Spannungsautoren“ dieses Landes gehört.

|Gebunden: 280 Seiten
ISBN-13: 978-3898403139|
[www.blitz-verlag.de]http://www.blitz-verlag.de

_Frank W. Haubold_

_Stefan Melneczuk bei |Buchwum.info|:_
[„Marterpfahl“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4719
[„Absurd“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4785
[„Geisterstunden vor Halloween“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5826

Eschner, Michael D. – Leben wie der Phönix – Der Weg zur Unsterblichkeit

Es war vor etwa 10 Jahren, als ich auf einem Sommerfest der damaligen ‚Ethos Gemeinschaft Thelema‘, die auch die Internetcommunity ‚New Äon‘ betrieb, ein kleines Büchlein erstand, welches, wie ich heute wohlwissend feststellen kann, mein Leben grundlegend änderte. Meine Leidenschaft waren seit jeher neben Phantastischer Literatur auch Mythen, Magie und alles Okkulte und Paranormale.

„Der magische Weg zu Wissen, Liebe, Leben, Freiheit“ war der damalige Untertitel zu „Leben wie der Phönix“, damals erschienen bei Peyn und Schulze.
Die Neuauflage in einem anderen Format sprach mich gleich an. Das Motiv des ‚Rising Phoenix‘ auf schwarzem Grund kommt sehr wirkungsvoll zur Geltung. Ebenso die durchgängig farbigen Bildmotive, die jedes Kapitel stilvoll einleiten, im Gegensatz zu den damaligen s/w-Zeichnungen.

Neben dem damaligen Vorwort von Michael Eschner ist die Neuausgabe um ein zweites Vorwort erweitert, welches Knut Gierdahl verfasste und einen Einblick in das Werk, seinen Stil und Thematik gibt, die auch die neuäonische Bewegung „Thelema“ einschließt. Das Vorwort ist sehr pragmatisch und verständlich für solch eine ‚abgehobene‘ Thematik wie Unsterblichkeit.

Die folgenden zehn Kapitel sind sehr detailliert untergliedert und die Aufmachung gleicht einem ‚Lehrbuch‘. Neben kurzen, sinnvollen und prägnanten Kernaussagen, die am Seitenrand platziert sind, gibt es immer wieder grau unterlegte Textkästchen mit praktischen Anweisungen u. ä. Dabei wendet sich der Autor stets selbstbewusst an den Leser, redet von Unsterblichkeit, als sei es das selbstverständlichste der Welt. Es wird in den ersten Kapiteln auf die Situation von Unsterblichen, ihre Herkunft und ihr Leben als Unsterbliche eingegangen. Es werden ausreichend Argumente genannt den Weg des Immortalisten (so werde Menschen genannt, die eine ‚Selbstvergottung‘ anstreben) zu gehen. Sowohl Ernährung, Energie wie Weltbild spielen dabei eine Rolle. Es wird klar der Unterschied aufgezeigt, warum es dem Immortalisten geht, der nicht ‚langlebig‘ ist und dessen ‚Seele‘ nicht wandert. Und die Praxis der Unsterblichkeit ist älter als viele schamanische Traditionen.

Wichtige Bedingungen und die Komponenten werden in Kapitel acht aufgezeigt, wo die sogenannte KLEE-Methode dargestellt wird. Dabei geht es um die Entwicklung bestimmter Kenntnisse, Fertig- und Fähigkeiten, wie Erlangung von Komplexität, Einpunktigkeit und Extase, sowie die Lösung des Astralleibes vom materiellen Körper. Es wird verdeutlicht, warum Selbsterkenntnis letztendlich nur dem Immortalisten möglich. Kritisieren muss ich aber, dass bei diesem Kapitel die unter KLEE genannten Komponenten nicht in dieser Reihenfolge abgehandelt werden, wo ansonsten das Werk durch eine gut durchdachte Struktur glänzt.

Hervorheben möchte ich auch einen anschaulichen Prosatext mit Kapitel neun „Ein Stern geht auf“, der in einer illustren Geschichte verdeutlicht, wie verankert doch der Tod in unser aller Leben ist und klarmacht, dass die meisten Menschen nur ‚funktionieren‘ und nicht leben.

Das zehnte Kapitel beschreibt in einigen kurzen Beiträgen metaphysische Begriffe wie Aura, Seele oder Astralleib oder auch Intuition, Identität, Wahrer Wille, das Ich etc. Eschners Gedanken sind nicht neu und er verweist auch auf viele philosophische und soziologische Denker wie Karl O. Apel, Charles S. Peirce oder Niklas Luhman. Dem kundigen Leser werden auch Bezüge zur Kabbala und anderen Systemen wie des OTO auffallen.

Gänzlich neu in diesem Buch ist ein Leserbrief, der einst in dem damaligen AHA – Magazin, einem Fachblatt für magische und spirituelle Entwicklung, Kritik an Eschners Aufsatz „Reinkarnation – wie geht das?“ übte. An diesem Beispiel erläutert Eschner z. B. Unterschiede zwischen Inkarnation und Weckung der Kundalini, deren es zur Unsterblichkeit bedarf. Interessant auch die Ausführungen in diesem Zusammenhang bei Tieren, Astralen oder Dämonen.

Letztendlich werden mit diesem Buch dem Leser nicht nur Hintergründe, Bedingungen und Methoden zur Erlangung der Unsterblichkeit an die Hand gegeben, sondern auch auf eine praktische Gruppe hingewiesen, wo diese erlernt werden kann, und der Michael Eschner viele Jahre als Berater zur Verfügung stand, bis er 2007 seinen materiellen Leib verließ, um unter Göttern zu weilen.

|Taschenbuch: 116 Seiten
ISBN: 978-3-942736-00-8|
[www.multiwelt-verlag.de]http://www.multiwelt-verlag.de

_Martin Dembowsky_

Stephen Chbosky – Das also ist mein Leben

Inhalt:

„Lieber Freund, das also ist mein Leben. Und ich will, dass du weißt, ich bin glücklich und traurig zugleich und versuche noch immer herauszufinden, wie das eigentlich sein kann.“ – Für den fünfzehnjährigen Charlie steht das erste Jahr an der High School an. Da er kaum Leute kennt, erschafft er sich einen Freund, dem er regelmäßig aus seinem Leben erzählt. Auf manchmal lustige, manchmal traurige Art versucht Charlie sein Leben zu ordnen und zu verstehen.

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Cross, Kady – Mädchen mit dem Stahlkorsett, Das (Steampunk Chronicles 1)

_|Steampunk Chronicles|:_

Band 1: _“Das Mädchen mit dem Stahlkorsett“_
Band 2: „The Girl in the Clockwork Collar“ (2012, noch ohne dt. Titel)

_Inhalt:_

London im 19. Jahrhundert: Für die 16-jährige Finley könnte das Leben in London eigentlich so einfach sein, denn alles was man von ihr erwartet, ist gutes Benehmen und ein hübsches Aussehen. Beide besitzt sie, aber nicht nur das: Sie hat unmenschliche Kräfte, die stellenweise mit ihr durchgehen. Dadurch verliert sie ihre Arbeitsstelle und steht vor dem Nichts. Völlig verzweifelt trifft sie auf Griffin, der sie bei sich aufnimmt. Recht schnell wird klar, dass sie perfekt zu ihm und seiner kleinen Gruppe von Leuten passt, denn auch sie haben übermenschliche Kräfte, mit denen sie leben müssen. Zusammen mit ihren neuen Freunden möchte sie gegen das Böse auf Londons Straßen ankämpfen, doch Finley hat auch eine dunkle Seite in sich, die ihre Entscheidungen fordern …

_Eindruck:_

„Das Mädchen mit dem Stahlkorsett“ ist Kady Cross‘ erster Roman und gleichzeitig der Auftakt der „Steampunk Chronicles“-Reihe. Hinter dem Pseudonym Kady Cross versteckt sich die Bestseller-Autorin Kathryn Smith, deren Bücher regelmäßig bei PAN und Knaur veröffentlicht werden.

Für einen Streampunk-Roman ist „Das Mädchen mit dem Stahlkorsett“ okay, aber leider auch nicht mehr. Die Geschichte hat mich an vielen Stellen verwirrt und ich hatte einige Probleme, mich in das Buch hineinzufinden. Erst gegen Ende kam ich so langsam in die Story hinein, was aber für meinen Geschmack etwas zu spät war. Dadurch konnte kein wirklicher Lesespaß aufkommen und ich konnte mich weder in die Charaktere hineinversetzen, noch mit ihnen mitfiebern. Die Annäherungen der Protagonisten sind zaghaft und werden langsam aufgebaut, ohne zu kitschig zu wirken. Die Dialoge untereinander sind interessant, aber zum Teil sehr langatmig.

Der Schreibstil ist trotz mancher Langatmigkeit flüssig und die Handlung ist durchaus interessant, nur leider macht der erste Band eher den Anschein, als seien zwar viele Ideen vorhanden, aber nicht ganz so umgesetzt, wie man es sich erhofft hat. Einen großen Pluspunkt erhält die Autorin für ihre Recherche, denn (wahre) historische Ereignisse werden hier zum Teil richtig gut und interessant beschrieben. Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt. Dadurch hat man die Protagonisten ein wenig besser kennengelernt. Am meisten wird jedoch aus der Sicht von Finley erzählt. Ihre Gedanken und Gefühle werden dem Leser gut herübergebracht, weisen aber auch ein paar Schwächen auf, da manche Gedanken sehr widersprüchlich sind. Hier kann man aber auch vermuten, dass es mit dem Alter der Protagonistin zusammenhängt.

Finley ist authentisch, mutig und versucht stets einen klaren Kopf zu behalten. Sie hat zwei Persönlichkeiten, was sie zu einer interessanten und facerettenreichen Protagonistin macht. Sie ist übermenschlich stark und kann sich und ihre Kräfte nicht immer kontrollieren, sodass sie schon öfters unfreiwillig ihre Arbeitsstelle wechseln musste. Ins Herz schließen konnte ich sie jedoch noch nicht, was an den bereits oben genannten Gründen liegt. Gleiches gilt hierbei auch für Jack, Griffin und Emily, wobei mir Letztere immer noch am besten gefallen hat.

Sehr gut hat mir gefallen, dass die Geschichte in London spielt und vor allem, wie die Stadt hier beschrieben wird. Obwohl die Geschichte Ende des 19. Jahrhunderts spielt, wirkt die Stadt stellenweise so modern wie das heutige London, aber auch gleichzeitig altmodisch. Die Mischung ist geradezu perfekt.

Die Covergestaltung ist ein absoluter Eyecatcher. Finley wird hier sehr gut dargestellt, vor allem ihr leicht patziger Gesichtsausdruck und ihre Körperhaltung passen perfekt zu ihren zwei Persönlichkeiten. Auch die Kleidung ist gut ausgewählt und passt ins 19. Jahrhundert. Die Kurzbeschreibung ist vom Verlag etwas zu lang geraten und verrät eindeutig zu viel, sodass ich während des Lesens kaum noch überrascht wurde. Hier wäre weniger mehr gewesen.

_Fazit:_

Insgesamt hat mich „Das Mädchen mit dem Stahlkorsett“ nicht unbedingt gelangweilt, aber auch nicht gänzlich von sich überzeugt. Man merkt der Autorin an, dass noch sehr viele Ideen vorhanden sind. Hoffentlich kann sie diese im zweiten Band besser umsetzen, der 2012 in den USA erscheint.

|Hardcover: 368 Seiten
Originaltitel: The Girl in the Steel Corset – Steampunk Chronicles Book 1
Ins Deutsche übertragen von Jürgen Langowski
ISBN 978-3453267404|
[www.heyne-fliegt.de]http://www.heyne-fliegt.de
[www.kadycross.com]http://www.kadycross.com

_Kady Cross als Kathryn Smith bei |Buchwurm.info|:_
|Traum|-Reihe:
Band 1: [„Tochter der Träume“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6021
Band 2: [„Wächterin der Träume“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6480

_Sabrina Reithmacher_

Ransom, S. C. – Nur ein Hauch von dir (Small Blue Thing 1)

_|Small Blue Thing|-Trilogie:_

Band 1: _“Nur ein Hauch von dir“_
Band 2: „Perfectly Reflected“ (noch ohne dt. Titel)
Band 3: „Scattering Like Light“ (01.01.2012, noch ohne dt. Titel)

_Inhalt_

Alex findet im Wasser der Themse einen silbernen Armreif. Als sie ihn putzt, fällt ihr schon auf, dass der Armreif sonderbar ist. Es sieht immer so aus, als würde zwischendurch ein Schatten über den Schmuckstein huschen. Als sie sich das Armband ums Handgelenk streift, sieht sie eine Erscheinung von einem wunderhübschen Jungen. Sie kann die Augen gar nicht von ihm lassen und ist sofort verliebt. Es scheint so, als ob der Junge auch Interesse an ihr hätte, doch wo genau kommt er her und wieso kann sie ihn sehen? Ist das der Beginn einer tollen Liebesgeschichte?

_Kritik_

„Nur ein Hauch von dir“ von S. C. Ransom ist die Liebesgeschichte eines Teenagers. Das Buch ist einfach geschrieben, die Sätze sind nicht allzu lang. Beim Lesen fliegen die Seiten nur so dahin. Zu Beginn zieht es sich ein wenig, bis endlich etwas Aufregendes passiert. Aber danach mag man das Buch gar nicht mehr zur Seite legen, da man gerne wissen möchte, wie es weitergeht. Die Kapitel sind nicht sehr lang und das Ende eines jeden Kapitels ist so gewählt, dass sich eine gewisse Spannung aufbaut und man geneigt ist, ohne Pause ins nächste Kapitel zu starten.

Die Protagonistin Alex ist mir sehr sympathisch, aber auch etwas langweilig. Der Junge namens Callum, den sie durch den Armreif kennenlernt, ist dagegen nicht so leicht zu durchschauen. Man weiß ja auch erst gar nicht, woher er kommt und wieso sie ihn überhaupt sehen kann. Als er seine Geschichte erzählt, wird die Sache deutlicher und auch ihm wird dadurch eine gewisse Sympathie zuteil. Komisch finde ich allerdings, dass die beiden sich bereits nach einigen „Treffen“ die Liebe gestehen. Im Buch kommen des Öfteren irgendwelche großen Liebesschwüre vor, so dass es etwas schnulzig rüberkommt. Mir ging es da etwas zu schnell zur Sache, denn Alex ist ja noch sehr jung.

Sehr fesselnd fand ich den Schluss. Die letzten hundert Seiten habe ich dann in einem Rutsch gelesen, weil ich unbedingt wissen wollte, ob und wie sich die beiden dann letztendlich „bekommen“. Enttäuschend war das Ende nicht, aber man hätte etwas mehr rausholen können.

_Autor_

S. C. Ransom arbeitet als Headhunterin in London, doch auf dem Weg ins Büro und an den Abenden ist sie Schriftstellerin. Ihr erster Roman „Nur ein Hauch von dir“ war ein Geschenk zum zwölften Geburtstag ihrer Tochter und entstand zu großen Teilen unterwegs auf ihrem Smartphone. S. C. Ransom lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Surrey, England. (Verlagsinfo)

_Fazit_

„Nur ein Hauch von dir“ von S. C. Ransom ist alles in allem eine gelungene, romantische und fantasievolle Geschichte. Für Leser ab 12 Jahren zu empfehlen. Wahrscheinlich ist sie eher was für Teenager als für Erwachsene, da die Autorin diese ja für ihre 12-jährige Tochter geschrieben hat. Aber mir hat sie auf jeden Fall auch gefallen.

|Gebunden: 375 Seiten
Originaltitel: Small Blue Thing 1
ISBN-13: 978-3596854509|
[www.fischerschatzinsel.de]http://www.fischerschatzinsel.de

_Nadine Stifft_

Diamond, Lucy – Diät-Pralinen

_Inhalt_

Lauren, Maddie und Jess kennen sich noch nicht, aber alle haben ein Problem mit ihrem Gewicht und fangen aus unterschiedlichen Gründen eine Diät an. Lauren ist Besitzerin einer Partnervermittlung und fühlt sich einfach unwohl mit ihren vielen Kilos. Nach ihrer Scheidung möchte sie sich endlich mal wieder verlieben, aber wie soll das gehen, wenn sie sich nicht gut fühlt? Maddie arbeitet bei einem Radiosender und die hübsche Kollegin Collette ruft in ihrer Sendung eine Kampagne aus, wobei Maddie zu einer Abnehm-Gruppe gehen soll, um ihren Pfunden zu Leibe zu rücken. Und Jess will demnächst heiraten und einfach hübsch in ihrem Brautkleid aussehen, somit beginnt sie eine Diät. Alle drei treffen sich in der FatBusters Abnehm-Gruppe und werden schnell Freundinnen …

_Kritik_

„Diät-Pralinen“ von Lucy Diamond ist ein toller und gefühlvoller Roman. Er ist flüssig zu lesen und in einer einfachen Sprache geschrieben. Jedes Kapitel hat eine Überschrift und es ist angegeben, von welcher der drei sympathischen Protagonistinnen das jeweilige Kapitel handelt. Die Kapitel werden jeweils aus der Sicht von Lauren, Maddie oder Jess in der Ich-Form erzählt. Zuerst fällt es dem Leser etwas schwer, den Überblick zu behalten, wer nun wo arbeitet und aus welchen Gründen abnehmen will. Nach ein paar Kapiteln aber kann man die drei Damen sehr gut unterscheiden. Die Charaktere erzählen alle ihre eigene Geschichte, die sich nach und nach zu einer eigenen zusammenfügt, da Lauren, Maddie und Jess sich kennenlernen und immer mehr voneinander erfahren und ihre Freizeit miteinander verbringen. Sie werden Freundinnen.

Alle drei Protagonistinnen werden anschaulich und lebensnah beschrieben. Das Problem, welches alle drei teilen, macht sie noch sympathischer. Man erlebt, welche Gefühle, Ängste und Probleme sie beim Abnehmen haben. Es gibt Hochs und Tiefs in der Geschichte, die man selber mitfühlen kann. Die Familien oder Bezugspersonen werden mit eingeflochten, sodass sich ein gut nachzuvollziehendes Gesamtbild ergibt.

Lauren hat eine Partnervermittlung, ist aber selber geschieden und ziemlich einsam. Sie findet sich zu dick und meint, dass sie so niemals wieder einen Partner bekommen kann. Sie geht zu der Gruppe FatBusters, wo sie auf Maddie und Jess trifft. Maddie arbeitet in einem Radiosender und wird durch eine Kampagne zu der Gruppe geschickt, um diese zu testen. Allgemein findet sie sich aber auch zu dick und die Idee an sich nicht schlecht. Außerdem fängt sie an ins Fitnessstudio zu gehen, wo ihre Mutter für sie einige Probemonate gebucht hat. Sie berichtet im Radio über ihre Erfahrungen. Auch Jess will abnehmen, denn sie wird bald heiraten. Ihr Verlobter Charlie ist allerdings nicht sehr nett zu ihr und kommt sehr unsympathisch rüber. Alle raten ihr ab, ihn als Mann zu nehmen, worüber sie erstmal total sauer ist. Sie sieht nur das Gute in ihm.

Alles sind gute Gründe, um abzunehmen, aber man sollte es vor allem für sich und seine Gesundheit tun und nicht, um in ein Brautkleid zu passen, einen Partner zu finden oder wegen einer Radiosendung. Im Laufe der Geschichte merkt man allerdings, dass sich die Beweggründe und auch die Charaktere ein wenig verändern. Es wird positiver und man merkt, wie es ihnen allen drei guttut, etwas für sich zu tun. Für sich und keinen anderen. Außerdem finden sie durch die FatBusters- Gruppe Freundinnen, die mit ihnen durch dick und dünn gehen.

Mich haben alle drei Geschichten berührt. Es ist frisch und manchmal auch lustig oder traurig geschrieben, die Charaktere werden deutlich dargestellt und sind überzeugend. Die Problematik „Essstörung“ wird interessant verpackt und vielleicht wird einigen sogar dadurch Mut gemacht.

_Autor_

Lucy Diamond stammt aus Nottingham und hat für das Fernsehen und diverse Verlage gearbeitet. Seit ihren ersten erfolgreichen Kinderbüchern widmet sie sich heute nur noch dem Schreiben. Zusammen mit ihrem Mann und den drei Kindern lebt Lucy Diamond in der Nähe von Bath. Der nächste Roman ist bereits in Vorbereitung. (Verlagsinfo)

_Fazit_

„Diät-Pralinen“ von Lucy Diamond ist eine gefühlvolle und lebensnahe Erzählung. Ich fand sie spannend und würde sie jedem empfehlen. Besonders aber, wenn man selber mit diesem Thema zu kämpfen hat, ist sie interessant.

|Taschenbuch: 384 Seiten
Originaltitel: Sweet Temptations
Übersetzt aus dem Englischen von Nicole Seifert
ISBN-13: 978-3499256073|
[www.rororo.de]http://www.rororo.de

_Nadine Stifft_

Moers, Walter – Labyrinth der träumenden Bücher, Das

_Walter Moers‘ „Zamonien“-Romane_ zählen für mich zu den fantasievollsten Romanen, die ich je lesen durfte und besonders „Die Stadt der träumenden Bücher“ habe ich geradezu verschlungen, so fesselnd, aufregend und erfrischend innovativ lasen sich die knapp 500 Seiten, auf denen Moers erstmals vom jungen Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz und seinen Abenteuern in Buchhaim erzählte. In „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ spinnt Moers die Geschichte des Lindwurms nun endlich weiter.

200 Jahre sind vergangen, seit Buchhaim, die Metropole der Literatur, von einem verheerenden Feuer größtenteils zerstört wurde. Hildegunst von Mythenmetz, der Zeuge dessen wurde, wie der gefürchtete Schattenkönig den Katakomben der Stadt einst entstieg, um sich, indem er sich selbst anzündete und den Brand so verursachte, an seinem Schöpfer zu rächen, ist inzwischen zum berühmtesten und beliebtesten Schriftsteller Zamoniens avanciert. Vor lauter Beweihräucherung durch seine unzähligen Anhänger und nicht zuletzt sich selbst bemerkt er jedoch nicht, dass die Literatur selbst nur noch Nebensache seines Lebens ist. Eines Tages erreicht ihn jedoch ein Brief, der sein Leben aus der Bahn wirft. Hals über Kopf entschließt er sich, nach Buchhaim, das mittlerweile neu aufgebaut wurde, zurückzukehren und der geheimnisvollen Nachricht auf den Grund zu gehen. Dort angekommen muss er jedoch feststellen, dass von dem charmanten Städtchen Buchhaim, das er einst kannte, nicht viel übrig geblieben ist – stattdessen erblüht die Stadt in neuer Pracht und wartet mir zahllosen neuen Attraktionen und Schauplätzen auf. Hildegunst stürzt sich schnurstracks ins Getümmel, trifft dabei so einige alte Bekannte wieder, wie z. B. seinen Schriftstellerkollegen Ovidios, dem er zuletzt auf dem Friedhof der vergessenen Dichter begegnete und der nun das Orm erlangt hat, die Schreckse Izanuela oder den Eydeeten Hachmed Ben Kibitzer, und stolpert von einer Kuriosität der Stadt, z. B. den Qualmoirs, den Libronauten, den Puppetisten, dem Buchwein oder dem Biblionismus, in die Nächste. Dabei kommt er seinem ursprünglichen Ziel, nämlich den Absender des geheimnisvollen Briefes zu finden, jedoch kaum näher.

_“Das Labyrinth der träumenden Bücher“ ist_, besonders für einen Fan der Bücher Walter Moers‘, vergleichsweise enttäuschend. War „Die Stadt der träumenden Bücher“ meiner Meinung nach ein Meisterwerk der fantasievollen Literatur, das man vor Spannung unmöglich aus den Händen legen konnte, so ist „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ eine Art unterhaltsames Reisetagebuch des Hildegunst von Mythenmetz, das den Leser zwar zu faszinieren und bei der Stange zu halten vermag, den sehr hohen Erwartungen, die man nach dem Vorgänger hat, jedoch nicht gerecht wird. Kurzweilig und locker erzählt der Autor über die aufregenden Erlebnisse des schnöseligen Lindwurms im Buchhaim und verwebt, genau wie man es von ihm kennt, eine Menge skurriler, amüsanter Ideen in die Geschichte, doch auch nur annährend so spannend wie sein Vorgänger, wird „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ nie. Dies liegt vor allem daran, dass Moers die eigentliche Handlung kaum vorantreibt, sondern sich mit unzähligen Nebensächlichkeiten aufhält, sodass es zeitweise sogar so wirkt, als wollte er bloß so viele Seiten wie möglich füllen – die ziemlich langweilige 100-seitige (!!!) mythenmetzsche Abschweifung zum Thema Puppetismus ist hier wohl das deutlichste Beispiel. Erst in den letzten Kapiteln strafft Moers den Spannungsbogen merklich, ein großes Finale bleibt jedoch auch aus.

Doch der letzte Satz des Buches tröstet den Leser zumindest etwas: Hier fängt die Geschichte an. Im anschließenden Nachwort wird nämlich verraten, dass das Buch „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ gesplittet werden musste, ein zweiter Teil, in dem Hildegunst von Mythenmetz dem Geheimnis des Briefes endlich auf den Grund geht, folgt. Warum das Buch geteilt wurde, ist zwar zumindest mir ein Rätsel, denn diesen ersten Teil hätte man problemlos um die Hälfte kürzen und das Buch als Ganzes veröffentlichen können, doch wenigstens bedeutet dies, dass das, was Moers in „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ bietet, noch lange nicht alles ist, was wir von Hildegunst von Mythenmetz hören werden.

_Fans werden_, wie schon gesagt, wohl deutlich mehr von Walter Moers erwartet haben, doch alles in allem ist „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ dennoch kein schlechtes oder auch nur durchschnittliches Werk. Der Autor hat sich jedenfalls erneut eine ganze Menge für seine Leser einfallen lassen, sodass sich die Lektüre in jedem Falle lohnt. Lesern, die mit Walter Moers bisher noch nicht in Berührung gekommen sind, sei jedoch empfohlen, sich eher einem anderen Werk des Autors zu widmen.

|Gebunden mit Schutzumschlag: 432 Seiten
ISBN 978-3813503937|
[www.randomhouse.de/knaus]http://www.randomhouse.de/knaus

_Katharina Beck_

_Walter Moers bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Stadt der träumenden Bücher“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2486
[„Adolf: Der Bonker“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2668
[„Der Schrecksenmeister“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4678
[„Rumeo & Die Wunder im Dunkeln“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4731
[„Der Schrecksenmeister“ (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5078

Feyl, Renate – Aussicht auf bleibende Helle

_Tiefer Wunsch auf Aussicht_

|Die Autorin|

Renate Feyl ist eine 1944 geborene DDR-Autorin, die sich nach der Wende erfolgreich literarischen Gestalten gewidmet hat, wie Sophie La Roche in „Die profanen Stunden des Glücks“ oder Caroline von Wolzogen und Schiller in „Das sanfte Joch der Vortrefflichkeit“. Man merkt einen vortrefflichen Sinn für interessante Buchtitel sowie Gespür für die entscheidende Rolle der Frauen in der Geschichte, entspricht damit auch gerade dem femininen Geschmack und ist nie verlegen um zeitgerechte Details, die erahnen lassen, welche Mühe hinter diesen Werken steckt. Zwar gehen einem die Konflikte nie so recht unter die Haut, aber wer eine kulturell überprägte, gepflegte Sicht auf die Dinge bevorzugt, ist bei ihr bestens aufgehoben.

|Die Zeit|

Nicht jeder wird mühelos wissen, was in Preußen von etwa 300 Jahren los war, als sich der verwachsene Kurfürst zum ersten König von Preußen krönte, der Großvater von Friedrich dem Großen. Noch weniger von der Königin Sophie Charlotte, für die das später nach ihr benannte Schloss Charlottenburg erbaut wurde. Vielleicht weiß man aber, dass dem historischen Berlin mit der Straße Unter den Linden, dem französischen und deutschen Dom am Gendarmenmarkt und vielen anderen Bauten das Gesicht gegeben wurde und dass in dieser Zeit die Preußische Akademie unter Leibniz gegründet wurde. Das alles hört sich nach wahnsinniger Verschwendung an und war es wohl auch, aber wie man heute noch vor sich hinträumt, vermittelt die Autorin das Bild, dass daraus Wohlstand und Kultur hervorspross. Das kann man heute nur bestätigen, jedoch diesem wirtschaftlichen Geheimnis kommt man durch Lesen dieses Buches leider keinen Schritt näher. Was man von dem Zeitbild aber erfährt, ist, wie grandios die Begeisterung der gesamten Bevölkerung für ein preußisches Königtum war. Ist man mutig, könnte man gerade darin das Geheimnis dieses Aufschwungs sehen. Jedenfalls feierte man die Selbsterhöhung als würde „Jubel aus allen Mauern brechen“.

|Die Protagonisten|

Sophie Charlotte leidet auf hohem Niveau, wenn durch ihre Königinnenrolle mehr Zeremonielles in ihr Leben kommt, wo sie doch ihr eigenes, das spätere Schloss Charlottenburg als einen rechten Musenhof führen wollte. Auch war sie von den Staatsgeschäften aus dynastischen Erwägungen weitgehend ausgeschlossen. Ihre anerzogene Contenance konnte dann auch nicht erschüttern, dass sich der König-Gatte nun eine Maitresse hielt. Das alles ordnet die Autorin richtig als monarchische Normalität ein und lässt vor diesem Hintergrund eine ungetrübte Zuneigung zwischen dem Königspaar aufscheinen. Das Leiden ist auch relativ, denn Sophies Motto ist: „Nichts ist ungesünder, als traurig zu sein“.

Am Musenhof der 32-jährigen Sophie Charlotte ist des Öfteren das 54-jährige Genie Gottfried Wilhelm Leibniz zu Gast, wird alsbald mit der Gründung der Akademie beauftragt und die Königin freut sich nicht nur daran, dass Leibniz im Weltranking der Gelehrten auf Platz eins ist, sondern auch an seiner Disputationsfreudigkeit. Solche Dialoge zwischen Königin und Genie zu schreiben, ist nicht einfach, dementsprechend sparsam wird damit umgegangen. Aber was die Schriftstellerin uns an Details dieser barocken Welt ausbreitet, übersteigt beinahe das Erfassbare, macht es aber sehr glaubhaft. In den Gesprächen bringt Sophie das Genie immer wieder in Verlegenheit und fordert Leibniz zum Schluss jedes Mal auf, alles hübsch zu Papier zu bringen. Ihre Briefe allerdings hat der Gemahl nach ihrem frühen Tod vernichten lassen, so dass sich über den Grad eventueller Verliebtheit (Mariage mystique) nichts mehr sagen lässt. Auch in diesem Punkt ist die Autorin auf liebenswürdiges Konstruieren angewiesen und sie bewältigt das so, dass sie außer den Dialogspitzen auch Sehnsuchtsmomente bei Leibniz anlegt, wenn er mal nicht in ihrer Nähe ist. Leibniz bekommt es mit der leichten Entflammbarkeit der Königin für einen Extremisten, der dem Atheismus zuneigt, zu tun und darf ein bisschen eifersüchtig sein, woraufhin ihm die Königin schon einmal zeigt, welch Standesunterschied sie trennt.

_Message_

Sophie Charlotte wird als eine Frau dargestellt, die es liebt „Feuer an die Gedanken zu legen“. Es muss ein wohliges Gefühl für die sich mit ihr identifizierenden Leser sein aus einer kommoden Lage das Genie zu Füßen zu sehen und zu lesen, dass „Frauen unbefangener und aufmerksamer über die Feinheiten der Dinge“ nachdenken. In den Sprachschöpfungen von Renate Feyl, wenn sie von „Plattköpfen und Wetzmäulern“ spricht, kann man sich getrost aalen. Was man an historisch belastbarem Wissen gewinnt, weiß man naturgemäß nicht genau. Was die „Aussicht auf bleibende Helle“ ist, wenn die Protagonistin stirbt und später auch der einsame Leibniz, kann man nur ahnen. Vielleicht ist es der Wunsch auf ein bleibendes und gutes Königtum in deutschen Landen.

|Paperback: 288 Seiten
ISBN-13: 978-3453351974|
[www.randomhouse.de/diana]http://www.randomhouse.de/diana

_Christian Rempel_

Sánchez, Julián – Pforte des Lichts, Die

„Die Pforte des Lichts“ nennt sich das Debüt des spanischen Autors Julián Sánchez, der 1966 in Barcelona geboren wurde und seit 1993 in San Sebastian lebt. Erzählt wird darin die Geschichte des geschiedenen Autors Enrique Alonso, der nach dem Tod seines Ziehvaters Artur Aiguador, der in die abenteuerliche Jagd auf ein mittelalterliches Relikt, den Gottesstein, verstrickt wird.

_Aiguador ist_ renommierter Antiquar in Barcelona und entdeckt in einem Nachlass eine geheimnisvolle Handschrift, verfasst von einem christlichen Steinmetz namens Casadevall. Diesem wurde von den Juden, nachdem diese die pestkranke Tochter des Steinmetzes heilten, ein mysteriöser Stein anvertraut, der seinem Besitzer durch die Eingravierung des wahren Namen Gottes gewaltige Macht verleihen soll. Casadevall soll das Artefakt vor den Christen verstecken, um die Menschheit zu schützen. Kurz nach dem Erwerb der Schrift wird der alte Antiquar tot in seinem Geschäft aufgefunden. Enrique findet kurz darauf das rätselumwobene Dokument und lässt es, unterstützt von seiner Ex-Frau Bety und seiner neuen Geliebten Mariola, übersetzen, um dem Mörder Arturs auf die Schliche zu kommen. Doch mit jedem Detail, das das Dokument aus dem 15. Jahrhundert von seinem Verfasser und seiner Geschichte preisgibt, wächst auch Enriques Neugierde, sodass er sich schließlich Hals über Kopf selbst daran macht, den Stein aufzuspüren. Dabei ahnt er jedoch nicht, dass er sein eigenes sowie das Leben seiner Freunde und seiner Helfer beim Entschlüsseln des Geheimnisses der Schrift in Gefahr bringt. Als er den Ernst der Lage erkennt, ist es schon fast zu spät.

_Die Verwebung_ der mysteriösen Geschichte des Steinmetzen Casadevall aus dem mittelalterlichen Barcelona mit der Aufklärung eines aufsehenerregenden Mordfalles und einer aufregenden Liebesgeschichte in derselben Kulisse einige Jahrhunderte später in einem Roman klingt zunächst überaus spannend, abwechslungsreich und vor allem innovativ – und das ist es auch. Geschickt lässt Sánchez die einzelnen Handlungsstränge nebeneinander herlaufen und an genau den richtigen Stellen aufeinandertreffen, dass es bei der Lektüre von „Die Pforte des Lichts“ nie langweilig wird. Damit lenkt der Autor vor allem bestens davon ab, dass jede der Geschichten für sich genommen den Spannungsbogen kaum über die kompletten 500 Seiten tragen oder gar stetig steigern kann, stattdessen liegt der Fokus immer genau dort, wo sich gerade etwas tut. Beeindruckend ist dabei, dass Sánchez seinen Schreibstil stets der gerade beschriebenen Situation anpasst: Mit alter Sprache, elegantem Audruck und intelligent ausgeschmückt mit historischen Details wird die Handschrift zitiert, packend, schnörkellos und auf den Punkt schildert der Autor die Geschehnisse im modernen Barcelona, lediglich die Beschreibung der romantischen Szenen wirkt an manchen Stellen oberflächlich abgefertigt, sodass es Sánchez nicht gelingt, die passende Stimmung herüberzubringen. Daran scheitert er meiner Meinung nach auch an anderer Stelle, denn obwohl die schöne Stadt Barcelona mit ihren alten Bauwerken und Monumenten wohl der perfekte Schauplatz für eine Geschichte dieser Art ist, so versprüht der Roman leider kaum das Flair der Stadt oder die Mentalität der Bevölkerung, wie ich es mir vor der Lektüre erhofft hatte.

_Abschrecken sollen_ diese Details vom Kauf jedoch keinesfalls, denn mit „Die Pforte des Lichts“ veröffentlicht Julián Sánchez ein sehr gelungenes Debüt, das nur an kleineren Schwächen leidet. Über diese kann man, besonders in Anbetracht der abwechslungsreichen und packenden Handlung des Buches sowie der Vielzahl der aufgegriffenen Genres und der damit einhergehenden Vielzahl der beim Leser erregten Gefühle, jedoch problemlos hinwegsehen. Deshalb kann ich nur dazu raten, die vom Verlag bereitgestellte [Leseprobe]http://www.randomhouse.de/content/edition/excerpts/121725.pdf anzutesten und das Werk gegebenenfalls zu kaufen!

|Gebunden mit Schutzumschlag: 512 Seiten
Originaltitel: El Anticuario
Ins Deutsche übertragen von K. Schatzhauser
ISBN 978-3809025887|
[www.randomhouse.de/limes]http://www.randomhouse.de/limes/index.jsp

_Katharina Beck_

Grimbert, Pierre – magische Zeichen, Das (Die Götter 2)

_|Die Götter:|_

Band 1: [„Ruf der Krieger“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7307
Band 2: _“Das magische Zeichen“_
Band 3: „Die Macht der Dunkelheit“ (12.12.2011)

Nachdem der französische Autor Pierre Grimbert im März dieses Jahr mit „Der Ruf der Krieger“ den ersten Teil seines neuen Zyklus „Die Götter“, der dritten Buchreihe, die er den Geheimnissen um die Insel Ji widmet, veröffentlichte, steht nun das zweite Werk „Das magische Zeichen“ in den Regalen.

Damián, Guederic, Lorilis, Josion, Maara, Najel und Souanne, die Kinder der Protagonisten der Vorgänger-Zyklen, sind noch immer nicht dahinter gekommen, aus welchem Grund ihre Eltern sie unter rätselhaften Bedingungen zusammenbrachten. Doch jetzt müssen sie um das Leben ihrer Mütter und Väter fürchten, die sich überraschend selbst zur Insel Ji aufmachten, um herauszufinden, ob die Dämonen auf die Welt zurückgekehrt sind und laut Aussage der Mutter Josions bei einem geheimnisumwobenen Bootsunglück ums Leben kamen. Deshalb wagen nun auch die sieben Nachkommen die abenteuerliche Reise zum Grab des gefährlichen Dämon Sombre auf der Insel Ji und machen dabei eine folgenschwere Entdeckung.

_Nachdem sich der Autor_ im ersten Teil der Reihe zunächst damit befasste, die Charaktere, vorzustellen und Hintergründe der Geschichte zu erklären, die Handlung selbst jedoch nur wenig vorantrieb, geht es in „Das magische Zeichen“ nun deutlich mehr zur Sache. Ausführliche Beschreibungen und Erläuterungen kann sich Grimbert im zweiten Band sparen, schließlich wurden die Leser im ersten Buch bereits detailliert informiert und können der Geschichte nun problemlos folgen. Auch deshalb gestaltet sich die Lektüre des Werks „Das magische Zeichen“ deutlich spannender und fesselnder als die des Vorgängers, zum weit größeren Anteil lässt sich dies jedoch damit begründen, dass der Autor erst jetzt richtig in die Handlung einsteigt und den Leser, gemeinsam mit den sieben Gefährten der Geschichte, von einem Abenteuer ins Nächste stolpern lässt. Der Spannungsbogen wird sachte aufgebaut, doch schon zu Beginn des Buches immer wieder kurz gestrafft, sodass es selten langweilig wird und man das Buch nur ungern aus der Hand legen möchte. Ist man jedoch erst einmal etwa in der Mitte des Buches angekommen, so scheint dies nahezu unmöglich, denn ab dann jagt ein Höhepunkt den Nächsten.

Kritisch anzumerken ist jedoch, dass man stets zumindest eine Ahnung hat, was als Nächstes passieren könnte und sich dies auch in vielen Fällen bestätigt, sodass wirkliche Überraschungsmomente bei der Lektüre von „Das magische Zeichen“ weitestgehend ausbleiben. Und besonders dieser Punkt wird Pierre Grimberts neuem Buch ein wenig zum Verhängnis, gehört gerade die Vorhersehbarkeit der Handlung doch zu den wichtigen Kriterien, die ein nur gutes von einem herausragenden Werk unterscheiden. Zu diesen zählt auch die Kreativität des Autors beim Erschaffen der Figuren, der Umgebung oder der Geschichte. Grimbert bedient sich in seiner Erzählung von Dämonen, Kriegern und Magie jedoch leider ausschließlich altbekannten Mustern und Ideen, sodass sich „Das magische Zeichen“ getrost als recht klischeehaftes und zumindest teilweise etwas uninspiriertes Fantasy-Buch bezeichnen lässt.

_Wer sich jedoch_ gerade an solch typischen Fantasy-Büchern erfreut, wird von Pierre Grimbert ein weiteres Mal gut bedient. Ähnlich wie die bisherigen Werke des Autors eignet sich „Das magische Zeichen“ also perfekt als leichte Lektüre für zwischendurch, die den Leser aufgrund der einfachen Sprache auch nicht zu sehr fordert.

|Taschenbuch: 336 Seiten
Originaltitel: Le deuil écarlate
Ins Deutsche übertragen von Sonja Finck und Andreas Jandl
ISBN 978-3453527690|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne

_Katharina Beck_

Ahern, Cecelia – Ich schreib dir morgen wieder

_Eine neue Cecelia_

Die gerade mal Dreißigjährige hat sich gleich mit ihrem ersten Roman |P.S. Ich liebe Dich| in die Herzen nicht nur der jungen Generation geschrieben, sondern sie erreicht mit ihrem spritzigen Humor, ihrer Seele und einem Schuss Magie auch die Älteren. Ihre Heldinnen sind immer ein bisschen so, wie sich die junge Generation selbst gern sehen würde und wie wir Älteren wünschten, dass es die junge Generation wäre.

|Kritikpunkte|

Jetzt aber machte sich Enttäuschung breit, denn die neue Heldin Tamara ist eine scheinbar verwöhnte Göre von 16, die das Pech hatte, dass der Universalgeldbeschaffer Papa durch Selbstmord aus dem Leben schied und die Ursache dieses Entschlusses der nicht mehr abwendbare Ruin war, der auch für die Rotzgöre das Ende des Schwelgens in teuren Urlaubszielen und Markenerzeugnissen bedeutete. Zwar ist als Rest von Identifikationspotenzial ihre Liebe zu den eigenen Eltern vorhanden, aber sonst hatte man an Idealischem doch wesentlich mehr.

Der zweite Kritikpunkt ist allgemein, dass sie sich diesmal, wie bei anderen Autoren üblich, eine Exposition von etwa einem Drittel des Buches gönnt, dann aber eine Rasanz der Handlung entwickelt, dass die Zeichnung der Personen vor der Action zurücktritt und man das Gefühl hat, sie hat ein wenig zu viel |Dan Brown| gelesen. Sie gibt dem Geschehen die unwahrscheinlichsten Wendungen, so dass man Mühe hat zu folgen. Es genügt da nicht, dass das Buch in einem Show-Down endet, sie muss noch eine Geschichte im Stile eines Märchens nachschieben, um einigermaßen Verständnis zu erlangen.

|Cecelias Stil|

Die Senkrechtstarterin Ahern ist sich wohl bewusst, dass eine Schriftstellerin ihren Erfolg nicht allein ihrem Talent verdankt, sondern der Tatsache, dass sich so viele Leser finden, dass sie gut von den Auflagen leben kann. So wendet sie sich immer wieder an den Leser, was sich im besprochenen Roman aber auf den gemeinhin als langweilig eingestuften ersten Teil beschränkt. Man hat das Gefühl von einer charmanten, geistreichen und hübschen jungen Frau direkt angesprochen zu werden, die sich vorgenommen hat, einem ein literarisches Vergnügen zu bereiten, was man selbstredend gern annimmt. Den Kritikern, die sich teils als sehr enttäuscht von diesem Roman bezeichnen, scheint das nicht mehr zu genügen.

Nach besagtem Ruin findet Tamara mit ihrer in Agonie verfallenen Mutter Aufnahme bei einem verwandten Ehepaar Rosaleen und Arthur, deren Lebensaufgabe darin zu bestehen scheint ein Anwesen um ein verfallenes Schloss in Schuss zu halten. Sie bewohnen dessen Torhaus, versorgen die Mutter von Rosaleen, die irgendwie unter Verschluss gehalten wird, und geheimnisvoll ist auch die Anwesenheit von vier Nonnen in einem der Nebengebäude.

In dieser Szenerie bewegt sich nun Tamara, wobei sie nur wenig Mühe aufwenden muss, diese neue Umgebung in ein gut funktionierendes Dienstleistungskombinat zu verwandeln, wo sie nun zwar auf einiges Entertainment verzichten muss, aber ihre Launen doch gehörig ausleben kann. Es erfordert nicht viel Mühe, bei Tamara, mit der sich doch so wenige Leser identifizieren können, unter der verwöhnten Schale doch einen patenten Kern auszumachen. Sie stammt doch schließlich aus Cecelias Feder, und wie sollte es da anders sein.

Und endlich taucht ja auch das selbstschreibende Tagebuch auf. Es gilt aber noch einen passenden Schlüssel zu finden, da es mit einem Schloss versehen ist. Da die Weiblichkeit in dem Buch deutlich dominiert, die paar Männer nur zum Totsein, Schweigen oder anhimmeln gedacht sind, ist es auch eine Frau, die es, brachial allerdings, öffnet. Dann kommen sie endlich, die Tagebuchaufzeichnungen, die so etwas wie eine Bestimmung symbolisieren sollen, wovon aber nur sparsam Gebrauch gemacht wird, was auch wieder Fans in Harnisch brachte, die nun das halbe Buch voller orakelnder Tagebuchseiten wünschten. Cecelia aber geizt mit dieser kleinen Zeitmaschine für einen Tag, denn es ist auch ein Erziehungsinstrument, und wie sollte man davon zu viel einsetzen bei allseits verbreiteter Abwehrsensorik gegen solcherlei Mittel.

|Action|

Natürlich verbietet es sich, auszubreiten, was sich genau zuträgt, aber man muss Cecelia hier zugutehalten, dass es weder Tote noch ernsthaft Verwundete bei den als spannend eingestuften Aktionen gibt, noch gibt es eine echte Schuld, sondern eben nur psychisch Motiviertes, das eventuell sogar heilbar sein könnte. Auch hier muss eine Frau, Rosaleen herhalten, die ihren Mann gehörig unter dem Pantoffel hält und für die vielen verborgenen oder unter den Teppich gekehrten Dinge zuständig ist, die es also schafft, trotz ihres Fleißes und der Aufopferung für die unfreiwilligen Gäste noch unsympathischer zu erscheinen als die Rotzgöre Tamara. Da zeigt es sich, dass das gröbste Vergehen nicht etwa in Verwöhntheit besteht, sondern in ungerechtfertigter Kontrolle.

|Märchen|

Da man auch nach dem Showdown noch nicht alles verstanden haben kann und nicht alle Motivationen klarliegen, Ahern aber um jeden Preis volkstümlich bleiben möchte, entschied sie sich fast am Schluss noch für ein Märchen, das die Geschichte eines armen Mädchens erzählt, die wir unschwer zuordnen können. Was wäre es auch für ein Schloss, wenn dort nicht Märchenhaftes zu verzeichnen gewesen wäre und sie lässt uns in einem Gefühl zurück, dass alles im Leben seine Ordnung hat. Es ist bedauerlich, dass der Adel dieses Schlosses untergehen musste und nebenbei sind wir auch mit der Wohlstandswelt des moderneren Lebens versöhnt, so dass die Autorin am Schluss freundliche Aufnahme ihres Dankes an den Leser erhoffen kann, dass er dieses Buch auch gelesen hat.

_Fazit_

Cecelia Ahern unternimmt in diesem Buch den Versuch, mit einer nicht von vornherein absolut zu vergötternden Heldin zu einem guten Ende zu kommen, indem sie ein ausgezirkeltes Verwirrspiel um dieses Persönchen herum organisiert, das uns letztendlich mit der Protagonistin Tamara und also auch mit uns selbst versöhnt.

|Hardcover: 368 Seiten
Originaltitel: The Book of Tomorrow
ISBN-13: 978-3-8105-0145-5|
[www.krueger-verlag.de]http://www.krueger-verlag.de

_Christian Rempel_

_Cecelia Ahern bei |Buchwurm.info|:_
[„P.S. Ich liebe dich“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3321

Roche, Charlotte – Schoßgebete

_Inhalt_

Elisabeth lebt ein Leben voller Ängste und Komplexe: Sie hat Angst, dass ihr Mann sie verlässt, weil sie zu kleine Brüste hat, sie hat Angst vorm Sterben jeglicher Art und macht sich immer Sorgen um ihre Tochter. Sie muss alles kontrollieren und ist immer aufs Schlimmste gefasst. Seit etlichen Jahren geht sie deswegen zu ihrer Therapeutin, Frau Drescher, die ihr schon bei vielem geholfen und außerdem bislang verhindert hat, dass Elisabeth sich umbringt. Alle möglichen Themen werden dreimal die Woche mit Frau Drescher besprochen. Insbesondere beschäftigt sie sich aber mit Sex. Da ist Elisabeth nichts peinlich und sie kann alles vergessen und loslassen.

Ihre Ängste aber wurden, ihrer Meinung nach, durch einen schrecklichen Unfall vor acht Jahren ausgelöst, der ausgerechnet vor der geplanten Hochzeit mit ihrem Ex-Freund geschah. Dieser Unfall verfolgt sie bis heute. Und an Elisabeths Komplexen ist allein ihre Mutter schuld, die ihre Kinder zu streng und zu gläubig erziehen wollte. Das hat allerdings bei ihr nicht wirklich funktioniert …

_Kritik_

Völlig frei von irgendwelchen Erwartungen oder Vorbehalten habe ich das Buch „Schoßgebete“ von Charlotte Roche gelesen, denn leider kenne ich den vorigen Roman „Feuchtgebiete“ nicht.

Charlotte Roche beschreibt absolut frei raus, was in dem Kopf von Elisabeth vorgeht. Alle Details ihrer Sexualität und viele komische oder extreme Gedanken, die sie wegen ihrer Ängste und Komplexe hat. Das Buch ist in drei Tage aufgeteilt: „Dienstag“, „Mittwoch“ und „Donnerstag“. Jedem Tag werden etliche Seiten gewidmet und es wird genaustens alles beschrieben, was sie an diesen Tagen erlebt und fühlt. An allen drei Tagen geht sie zu ihrer Therapeutin, um ihren Gedanken freien Lauf zu lassen.

In manchen Gedankengängen findet man sich selbst irgendwie wieder, egal, ob es ekelige, schreckliche oder auch schöne Gedanken sind. Viele Sachen finde ich allerdings auch befremdlich. Wer zum Beispiel wünscht sich schon den Tod eines Menschen? Charlotte Roche ist hier sehr ehrlich und ungezwungen offen. Das Buch ist somit faszinierend, aber auch etwas abstoßend zugleich.

Dass sie viel über den einen schrecklichen Unfall erzählt, der vor acht Jahren einen Tag vor ihrer geplanten Hochzeit geschah, habe ich aufgrund des Buchtitels nicht wirklich erwartet und war etwas enttäuscht. Ich finde, zu diesem Thema sind die Passagen leicht langatmig. Es gibt sicherlich einen Zusammenhang zwischen Elisabeths jetzigem Dasein und dem Unfall, dennoch hätte man die Erzählung, meines Erachtens nach, verkürzen können. Auch springt die Autorin sehr plötzlich von Berichten aus der Vergangenheit ins Jetzt und umgekehrt. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig und man muss dann immer schnell umschalten.

Die Protagonistin selbst finde ich oft sehr übertrieben ängstlich und kontrollsüchtig, im Allgemeinen aber schon sympathisch. Eben weil sie so offen ist. Das Buch an sich ist in einer meist einfachen Sprache geschrieben. Einiges ist lustig dargestellt und man muss über Begriffe wie „Geilheitsexperiment“ oder „Polochdialog“ schmunzeln.

_Autorin_

Charlotte Roche wurde 1978 in High Wycombel/England geboren und wuchs in Deutschland auf. Als Moderatorin u. a. bei VIVA, 3sat und das ZDF wurde sie mit dem Grimme-Preis sowie dem Bayrischen Fernsehpreis ausgezeichnet. 2008 veröffentlichte sie ihren ersten Roman, „Feuchtgebiete“, der eine gesellschaftliche Debatte auslöste und zum erfolgreichsten Buch des Jahres avancierte. Charlotte Roche wohnt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Köln. (Verlagsinfo)

_Fazit_

„Schoßgebete“ von Charlotte Roche ist ein durchaus gelungener, offener, aber auch verwirrender Roman. Charlotte Roche hat einen sehr eigenen und freizügigen Schreibstil, der den Leser sicherlich beim Lesen auch schon mal fast „rot werden“ lässt. Für sehr prüde Leser wohl eher nicht geeignet. Aber für alle, denen auch nichts peinlich ist, ist dieses außergewöhnliche Lesevergnügen ein absolutes Muss. Ich für meinen Teil weiß nun, dass ich den Roman „Feuchtgebiete“ unbedingt noch lesen werde. Nicht zuletzt, um auch noch mal einen Vergleich zwischen den beiden Büchern zu ziehen.

|Broschiert: 288 Seiten
ISBN-13: 978-3492054201|
[www.piper.de]http://www.piper.de

_Nadine Stifft_

Ralf Schmitz – Schmitz‘ Mama: Andere haben Probleme, ich hab Familie

Inhalt

Comedian Ralf Schmitz widmet sich in diesem Buch seiner Familie, oft und im Speziellen aber seiner Mutter. Er berichtet von vielen lustigen Ereignissen aus seiner Kindheit, aber auch von neusten Erlebnissen. Es gibt Kapitel wie „Die ersten Male“, „Der Mama-Test“ oder „Happy Family“. Außerdem sind zahlreiche Tipps zu Fragen wie „Warum sagt Mama immer Dingens?“ und „Wie beendet man ein Telefonat mit Mama?“ enthalten.

Kritik

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Yvonne Woon – Deine Seele in mir (Dead Beautiful 1)

Dead Beautiful:

Band 1: _“Deine Seele in mir“_
Band 2: „Unendliche Sehnsucht“ (2012)

Inhalt:

Für die 16-jährige Schülerin Renée ändert sich das gesamte Leben schlagartig, als sie ihre Eltern tot in einem Wald entdeckt. Als Todesgrund wird bei ihnen Herzversagen festgestellt, was aber weder Renée noch ihr Großvater glauben können. Wie können zwei junge Menschen gleichzeitig an Herzversagen sterben, wenn sie vorher gesund waren und mit Mullbinden im Mund aufgefunden werden?

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Martin Andersen Nexø – Pelle der Eroberer

Der große belletristische Sozial-Gegenentwurf

Zeit und Autor

Vor gut hundert Jahren, als die Sozialdemokratie noch in so menschlichen wie neuartigen Kinderschuhen ging, hat sich ein Wikinger darangemacht, das Leben eines dänischen Eroberers, nämlich Pelles, zu beschreiben. Dieser Pelle, von dem sein Vater sagte, er sei im Siegerhemd geboren, war aber gar nicht darauf aus, etwa andere Länder zu erobern wie seine Vorfahren, sondern wuchs wie Nexø selbst in ärmsten Verhältnissen auf. Hätte es nicht dieses Mäzenatentum in Dänemark gegeben, in diesem Fall nahm den Schriftsteller die Witwe eines dänischen Dichters auf, wäre dieses umfängliche Werk nie entstanden.

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Steingart, Gabor – Ende der Normalität, Das

_Aus der Feuilletongesellschaft_

|Der Spannungsbogen|

Das Buch trägt den Untertitel |Nachruf auf unser Leben, wie es bisher war| und das Coverdesign gemahnt dementsprechend an eine Todesanzeige. |Das Ende der Normalität| bedeute keinen einfachen Übergang vom verklärten Gestern in ein später ebenso zu verklärendes Heute und Morgen, sondern der Autor will deutlich machen, dass etwas Grundsätzlicheres vor sich geht, eine solche Auflösung jeglicher Normen, dass der wehmütige Blick zurück gerechtfertigt erscheint.

Das ist auch sehr spannend, weil ausgesprochen kategorisch, wenn der Spannungsbogen nicht seinen Tribut forderte. Nachdem der grundsätzlichen Idee Genüge getan ist, nimmt er einige Argumente hinzu, die das Ganze nicht gar so schlimm erscheinen lassen. Dann fasst er dem Leser selbst an die Nase, indem er ihn als „entfesselten Kunden“ bezeichnet, wo wir doch gern den entfesselten Kapitalismus haftbar gemacht hätten. Da langweilt man sich schon ein bisschen, weil man sich doch selbst ganz gut kennt. In einem dritten Teil streift er die sattsam bekannte Weltpolitik, sieht auch dort nur wenige Unvermeidlichkeiten, um dann zum Schluss noch mal die Philosophen zu Rate zu ziehen, die uns wie Sloterdejk zu bescheiden haben: „Du musst Dein Leben ändern“.

Das ist leider nicht anders zu beschreiben, als ein stetig fallender Spannungsbogen, zumal bei den weltpolitischen Themen, die da sind: Terrorismus, Finanzkrise und Großmächte, dann eben die schönen Bilder und Beispiele ausgehen und man mehr in die Rolle eines nur bedingt verstehenden Betrachters gedrängt ist, ganz wie er uns gleich zweimal Büchners Danton ausrufen lässt: „Puppen sind wir, von unbekannten Gewalten gezogen“. Diese unbekannten Gewalten, freilich, hätte man gern enträtselt.

Man könnte versucht sein, den Marx und den Engels, diese Gespenster des Kommunismus, immer noch für die Lösung zu halten, aber Steingart bescheinigt, dass es sich beim Kommunismus um „das freundlichste Schreckgespenst“ handelt, und im Übrigen wäre die Sache demokratisch entschieden, denn die Arbeiter „fegten das System nicht hinweg, wie Marx ihnen geraten hatte, sondern schlossen sich an die große Gewinnmaschine an“. Hier könnten dem Autor ein paar Details der Geschichte entgangen sein, die immerhin den Status von „Experimenten“ hatten, die mit dem erfolgreichen Slogan Adenauers „keine Experimente“ doch nur teilweise vermieden werden konnten.

|Brillante Fakten|

Wo wir uns wirklich an die eigene Nase fassen müssen, ist, dass wir jetzt im Schnitt vier Stunden fernsehen, während wir noch in den 70ern mit einer Stunde auskamen und dass nur noch jeder zweite Deutsche überhaupt einer geregelten Beschäftigung nachgeht. Beschwichtigen soll uns, dass jeder Zweite über Wohneigentum verfügt und 90% ein Auto haben und dass in jedem Haushalt jetzt durchschnittlich zwei Fernseher vorhanden sind, es uns also eigentlich besser geht als je zuvor. Dass noch vor fünfzig Jahren doppelt so viel Babys zur Welt kamen, haben wir wieder uns selbst zuzuschreiben. Auch dass wir als Kunden zu wählerisch seien, „frivole Bürschchen“ nennt uns Steingart da, und die Industrie entsprechend reagiert, gehört zum Thema Selbstkritik.

Dass nur noch drei Viertel der Jobs Vollzeitstellen sind und Spitzeninvestmentbanker 200 Mal so viel verdienen, wie ein Ingenieur, hält der Autor für kritikwürdig, aber es tritt vor unserem eigenen Kerbholz zurück. Denn dass wir nach vierzig Jahren im Schnitt mit 135 PS herumfahren und nicht mehr mit 50, ist wohl auch unsere eigene Kaufentscheidung. Ein Werktätiger in der Autoindustrie stellte vor dreißig Jahren jährlich zehn Autos her, heute sind es dreißig.

Als Ausweg aus unserem Überalterungsproblem hält es Steingart für eine geeignete Maßnahme ein Drittel der deutschen Bevölkerung durch Ausländer zu ersetzen, bei denen er davon ausgeht, dass sie dann widerspruchslos unsere Alten finanzieren und betun. Könnte das nicht eine Illusion sein?

_Der Autor_

Gabor Steingart, der erfolgreiche Spiegelredakteur und jetzige Handelsblatt-Chefredakteur lieferte nicht nur griffige journalistische Berichte, sondern brillierte auch mit Büchern wie 2007 |Die Machtfrage|, die nicht weniger antizipierte als das Ende der Ära der Parteien. Der Sprachwitz, die eingängigen Bilder und umfassende Bildung bieten immer wieder gute Unterhaltung, bis hin zu revolutionierenden Gedankengängen. Naturwissenschaftliche Kenntnisse scheinen da obsolet, wenn Gravitation und Magnetismus im fulminanten Eingangsbild dieses neuesten Essays, einer Reise zum Mittelpunkt der Erde, und später noch einmal, fröhlich durcheinandergebracht werden. Dass solche Ungenauigkeiten heute als verzeihlich gelten, führt manchen zu dem Schluss, dass wir in einer |Feuilletongesellschaft| leben, in der genau das zur Norm geworden ist.

_Fazit_

Es gibt eben keine Normalität mehr, und das fängt bei uns an. Es sind Zeiten in Aussicht, die die glücklichsten sein könnten, aber auch die fangen bei uns an. Also dann, wo fangen wir an?

|Hardcover: 176 Seiten
ISBN-13: 978-3492054591|
[www.piper-verlag.de]http://www.piper-verlag.de

_Christian Rempel_

Lindner, Lilly – Splitterfasernackt

_Inhalt_

Lilly ist sechs, als sie das erste Mal von einem Nachbarn in dessen Wohnung vergewaltigt wird. Danach folgen Jahre der Misshandlung. Seitdem fühlt sich Lilly ihrem Körper nicht mehr zugehörig. Sie fängt an sich zu bestrafen, indem sie hungert, um nicht mehr da zu sein. Zeitweise hat sie auch Bulimie. Sie verletzt sich selbst und versucht sich mehrmals umzubringen.

Da sie ihren Eltern nichts über den Missbrauch erzählt, trifft sie auf Unverständnis und Gleichgültigkeit. Mit siebzehn hält sie es nicht mehr aus und zieht in eine eigene Wohnung. Nach einer Weile fängt sie an, in einem Edelbordell ganz in ihrer Nähe zu arbeiten. Sie prostituiert sich, weil ihr Körper eh nicht mehr zu ihr gehört. Und so kann sie wenigstens damit Geld verdienen, denkt sie sich.

Während der Zeit im Bordell, fängt sie an über ihr Leben zu schreiben, um somit die Ereignisse zu verarbeiten.

_Kritik_

Das Buch „Splitterfasernackt“ von Lilly Lindner ist unfassbar real und ergreifend geschrieben. Allein der Titel des Buches hat mich wie magisch angezogen. So, dass ich direkt wissen musste, was dahinter steckt. Nachdem ich den Klapptext gelesen hatte, wurde ich noch neugieriger auf die Geschichte, die Lilly zu erzählen hat.

Dennoch fällt es mir unglaublich schwer, eine Rezension über dieses Buch zu schreiben. Es hat mich einerseits fasziniert, aber auch fast sprachlos gemacht. Schon beim Lesen habe ich mich immer wieder gefragt, ob ich es wohl schaffe, eine angemessene Bewertung für dieses Buch abzugeben.

Die ersten Seiten des Buches sind noch etwas ungewohnt zu lesen und man fragt sich, wie die Autorin damit ganze 400 Seiten füllen will. Aber man gewöhnt sich schnell an den Schreibstil. Dann sind die Sätze auch flüssiger zu lesen und man fügt sich in die Geschichte ein. Je länger man liest, desto mehr fühlt man sich zu Lilly hingezogen. Man findet sie sympathisch, obwohl sie ihren Körper selber schändet und bestraft. Man möchte ihr helfen und hofft, dass es ein Happy End in der Erzählung gibt.

Die Erlebnisse von Lilly sind grausam, aufwühlend und interessant zugleich. Man weiß, dass diese Frau all das, was sie niedergeschrieben hat, erlebte. Aber genau das ist es, was das Buch ausmacht. Man liest über reale Gefühle und man bekommt Einblicke in die Welt einer labilen und psychisch angeknacksten Persönlichkeit und erfährt die unglaublich grausame Wahrheit.

Ich bewundere die gefundene Stärke, die Lilly Lindner aufgebracht haben muss, um ihre Geschichte auf Papier zu bringen und für alle Welt öffentlich zu machen. Und ich hoffe, dass ihr das geholfen hat, das Erlebte zu verarbeiten, so dass sie nun ein einigermaßen normales Leben führen kann.

_Autor_

Lilly Lindner wurde 1985 in Berlin geboren. Bereits mit fünfzehn begann sie, autobiographische Texte und Romane zu schreiben. Viel Zeit verbringt sie heute mit der Arbeit mit Kindern. (Verlagsinfo)

_Fazit_

„Splitterfasernackt“ von Lilly Lindner ist eine extrem bewegende Erzählung, prall gefüllt mit realen und erschütternden Erfahrungen und Gefühlen. Mich hat das Buch sehr berührt und aufgewühlt. Es geht wirklich unter die Haut.

Wer wirklich Interesse für diese Art von Erfahrungen zeigt, dem kann ich das Buch nur empfehlen.

|Broschiert: 400 Seiten
ISBN-13: 978-3426226063|
[www.droemer.de]http://www.droemer.de

_Nadine Stifft_

Hellmann, Brigitte (Hrsg.) – Mit Nietzsche auf der Gartenbank

_Die Herausgeberin_

Briigitte Hellmann, man liest nichts von ihr selbst, weder ein Vor- noch ein Nachwort. Die Münchner Lektorin und Herausgeberin verschiedener Anthologien beschränkt sich darauf, einen allwissenden Blick über die Literatur schweifen zu lassen und mit kundiger Hand auszuwählen. „Mit Platon unter Palmen“, „Mit Sokrates im Liegestuhl“, „Mit Buddha unterm Sonnenschirm“ oder mit „Kant am Strand“ sind Titel ihrer Lesebücher, die sich dem lesemüden Publikum im erfolgsträchtigen Gewand der |Strandkorbliteratur| nähern, also so wenig mühsam sein sollen, dass reiner Genuss so nebenhin möglich ist.

_Mit Nietzsche auf der Gartenbank_

Dort tummeln sich nun neben der Herausgeberin nicht weniger als 24 Denker, Physiker und Literaten, aus denen Friedrich Nietzsche herausragt, denn von den 27 Versatzstücken gehören drei ihm. Dabei hätte er sicher einige seitwärts heruntergeschubst, die da mit versammelt sind, denn dem Khalil Gibran hätte er das Herz geneidet, Herder für einen Schwätzer gehalten und Kant für einen philiströsen Haarspalter. Dank der Herausgeberin kommen aber auch sie und alle 24 zu Wort.

Im Strandkorb gönnt man sich nicht einfach ein Sammelsurium von Ansichten, die natürlich nicht auf Europa beschränkt, sondern bis in den Fernen Osten reichen, sondern die Gedanken schweifen eine Bahn, die mit dem Zweifel am Wert der Philosophie und geläufigen Wahrheitsbegriffen beginnt, wo Nietzsche der ersteren Ahistorizität vorzuwerfen hat. Es wurde ihm schwer, bei so viel Fertigem vor der Nase, noch neue Akzente zu setzen, verlegt sich auf die „unscheinbaren Wahrheiten“ und hofft, dass „der geistreiche Blick jetzt mehr gelten darf, als der schönste Gliederbau und das erhabenste Bauwerk“.

|Die Physiker|

Die kundige Hand wählte hier den britischen Erfolgs-Wissenschaftsautor Marcus Chown, der die Aufmerksamkeit auf die Zunahme des Informationsgehaltes des Universums seit dem Urknall lenkt, die er mit 10^86 beziffern kann, indem er die anfänglich 1000 Zellen des Uruniversums mit der Zahl der heutigen Lichtteilchen vergleicht, die in zwei Zuständen existieren können. Das sei auf die Quantentheorie zurückzuführen. Dass diese allerdings erst durch die Wahrnehmung als vorhanden anzusehen sind, was ebenfalls eine Konsequenz der Quantentheorie ist, die das Vorhandensein einer Realität ja in Frage stellt, entgeht ihm dabei. Leider fehlt es den Physikern, außer vielleicht Heinz Pagels, immer noch an poetischer Kraft, der das so schön als „ein Tischleindeckdich“ beschrieb.

|Die Weisen|

„Selbst der Weiseste von uns beugt sich unter der schweren Bürde der Liebe; doch in Wahrheit ist die Liebe so leicht wie die muntere Brise des Libanons“, entspannt Khalil Gibran die Situation, bevor uns der britische Astronom Martin Rees auf der vergeblichen Suche nach Außerirdischen vorrechnet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass alle durch einen Asteroiden umkommen, nicht größer ist als die Berechtigung der Flugangst jedes Einzelnen. Aber all das ist klein gegen den Atomtod, der immer noch droht und dessen Wahrscheinlichkeit er mit einem Drittel veranschlagt. Da kann man dann schon mal Descartes und Aristoteles in unabhängigen Versatzstücken streiten lassen, ob man und wer eine Seele besitzt. Im Untergangsszenario zwinkert uns Heine zu: „Holde Frauenblumen, welche/ Kaum erschlossen ihre Kelche/ Den geliebten Sonnenküssen,/ Hat der Tod schon fortgerissen“.

|Die Menschlichen|

Wer sie mag, dem geben Fromm und Herder noch ein paar Worte über Menschliches. Wer lieber schmunzelt, zieht sich Tucholsky im gedachten Strandkorb ein. Man kann auch Kant wieder einmal nicht ganz verstehen, wenn er uns den Ursprung des Bösen erklärt. Das wird aber gut durch Schopenhauer pariert, der uns entdeckt, dass Mitleiden ein besseres Regulativ ist als alle Gesetze oder auch Religionen, denn „der gänzliche Mangel an diesem ist es also, der den Menschen der Ruchlosigkeit überführt“.

|Die Abschließenden|

Hier kann man Rilke, nicht ganz so verdichtet, in einem Märchen erleben, wo er die Eigenwilligkeit der Hände Gottes beschreibt und damit eine kindergeplagte Nachbarin unterhält. Nietzsche lässt für den, ders noch nicht kennt, seinen Zarathustra noch mal den Papst trösten, der wegen Todesfalls den Einzigen über sich verloren hat. Hanna Johansen verrennt sich in einem an sich vergnüglichen Versatzstück ein wenig in der Vielköpfigkeit gedachter Erdenbewohner. In einem längeren Poem bescheidet Gottfried Keller die Neunmalweisen mit den Versen „Bau ich aus Blütendüften/ Und Mondschein mir ein Schloss,/ Drin biet ich allen Trutz/ Und eurem Schülertross!“

_Fazit_

Wir lehnen uns nach der Kurzweil im Strandkorb zurück, einen Gran klüger, und glauben, dass die anderen es im Grunde auch nicht viel besser wissen.

|Taschenbuch: 160 Seiten
ISBN-13: 978-3423346801|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de

_Christian Rempel_

Hudson, Tara – Wenn du mich siehst

_Inhallt_

Die 18-jährige Amelia wacht völlig alleine auf einem verlassenen Friedhof auf. Sie weiß weder wie lange sie dort bereits ist noch, warum sie sich dort aufhält. Amelia ist tot! Als Geist zieht sie orientierungslos und zeitlos durch die Stadt und fühlt sich allein – bis sie auf Joshua trifft. Joshua ist in einen Fluss gestürzt und droht zu ertrinken. Amelia beobachtet den Jungen und seinen Herzschlag, bis es für einen kurzen Moment aufhört zu schlagen. Joshua wacht auf und kämpft sich an die Oberfläche. Und plötzlich ist für beide die Erkenntnis da, dass Joshua sie sehen kann.

Wenige Tage später nimmt er Kontakt zu ihr auf und die beiden Teenager nähern sich an. Alles könnte so schön sein, wären da nicht die Geisterjäger und ein Dämon, die es auf Amelia abgesehen haben …

_Eindruck_

Liebesgeschichten zwischen Menschen und Geistern gibt es wie Sand am Meer, von daher war ich bei „Wenn Du mich siehst“ besonders gespannt. Leider konnte mich die Geschichte nicht ganz von sich überzeugen, da ein paar Widersprüche und viele Wiederholungen in dem Buch vorhanden sind.

Wie in der Geschichte später herauskommt, ist Amelia im Jahr 1999 gestorben, wenn man aber ihre Gedanken und ihre Dialoge mit Joshua genauer betrachtet, hat man eher das Gefühl, dass sie aus einem Jane Austin Roman entsprungen ist. Stellenweise spricht sie doch wahnsinnig altmodisch, was zu ihrem sonstigen Wesen überhaupt nicht passt. Dadurch war sie mir während der gesamten Geschichte suspekt und ich konnte mich weder in sie hineinversetzen, noch sonst mit ihr warm werden.

Auch die vielen Wiederholungen haben mich in dem Buch gestört. Dazu gehören u. a. Amelias Albträume. Diese werden zwar gut geschildert, sind im Prinzip aber immer gleich. Wieso Tara Hudson diese dann jedes Mal aufs Neue ausführlich beschreibt, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Allgemein plätschert die Geschichte, besonders im Mittelteil, vor sich hin. Im Grunde genommen passiert gar nicht so viel, wie es zunächst durch die Kurzbeschreibung den Anschein hat. Die Geschichte hätte locker hundert Seiten weniger haben können und man hätte dennoch nichts verpasst.

Insgesamt ist der Schreibstil aber dennoch angenehm. Die Geschichte wird aus der Sicht von Amelia erzählt und man lernt ihre Gedanken, Gefühle und Ängste sehr gut kennen. Die Kapitel und die einzelnen Sätze sind recht kurz gehalten und lassen sich trotz so mancher Langatmigkeit schnell lesen. „Wenn du mich siehst“ ist Tara Hudsons erster Roman.

Die Liebesgeschichte zwischen Amelia und Joshua ist stellenweise sehr voraussehbar und naiv. Sie nähern sich schnell an und teilen Geheimnisse miteinander und merken erst spät, dass ihre Liebe ein Problem darstellen könnte. Da kann man von 18-jährigen Menschen bzw. Geistern mehr Verstand erwarten. Besonders Amelias Gedanken waren oft zu kitschig und erinnerten an einen Groschenroman.

Beispiel:

„Auf eimal spürte ich ihn. Nicht den tauben Druck, noch nicht einmal den aufregenen Strom, sondern ihn. Ich spürte die Wärme seiner Hand und die Beschaffenheit seiner Haut, die an die meine gedrückt war. Ich spürte ihn, genau wie ich es im Fluss getan hatte, als er kurzzeitig aus dem gleichen Stoff wie ich bestanden hatte.“ [Seite 134]

Joshua konnte jedoch von sich überzeugen. Seine Erfahrungen mit dem Tod haben ihn verändert und er stellt sich gegen seine Familie, insbesondere gegen seine Großmutter Ruth, die ebenfalls die Gabe hat, Geister sehen zu können. Sie will Joshua und Amelia auseinander bringen und Amelia verbannen, weil sie angeblich etwas Böses in sich hat.

Das Cover ist ein absoluter Hingucker und ein Highlight in jedem Bücherregal. Die zarten Farben umspielen sehr gut Amelias Gesicht, deren Mund leicht geöffnet ist. Unter ihrem Kopf entdeckt man Wasser. Das Wasser symbolisiert den Fluss, in dem Amelia im Jahre 1999 ertrunken ist.

Ein kleiner Kritikpunkt ist die Kurzbeschreibung, die viel zu viel verrät und schon beinahe die komplette Geschichte erzählt. Dadurch wurde ich während der Geschichte kaum überrascht, was den Lesespaß ein wenig zerstört hat.

_Fazit:_

Insgesamt ist Tara Hudson mit „Wenn Du mich siehst“ ein solider Debutroman gelungen, der viele Höhen und Tiefen hat. Da die Geschichte in sich noch nicht abgeschlossen ist, sehe ich großes Potenzial in der Geschichte. Laut Pressemitteilung des Verlags ist eine Fortsetzung bereits in Planung.

|Hardcover: 352 Seiten
Originaltitel: Hereafter
Ins Deutsche übertragen von Ute Brammertz
ISBN 978-3453267237|
[www.heyne-fliegt.de]http://www.heyne-fliegt.de
[www.tarahudson.com]http://www.tarahudson.com

_Sabrina Reithmacher_

Bennett, Robert Jackson – Mr. Shivers

_Inhalt_

Für Michael Conelly ist seit dem Tod seiner Tochter nichts mehr, wie es einmal war. Diese wurde brutal ermordet und in all der Trauer hat Michael Conelly nur einen Wunsch: Rache! Besessen von diesem Wunsch verlässt er seine Frau und irrt als Landstreicher durchs Land, um den Mörder, den alle nur Mr. Shivers nennen, zu finden und zu töten. Während seiner Tour durchs Land lernt er immer mehr Menschen kennen, die ebenfalls Rache an Mr. Shivers üben wollen, denn der Mord an Conellys Tochter ist nicht der Einzige.
Aber können die Männer ihn tatsächlich finden und es mit dem Serienkiller aufnehmen?

_Eindruck_

„Mr. Shivers“ ist das Erstlingswerk von Robert Jackson Bennett. Der Schreibstil ist flüssig, direkt und schonungslos, so sollte ein Thriller geschrieben sein. Perfekt. Obwohl der Inhalt selbst mich nicht ganz von sich überzeugen konnte, so konnte es der Autor auf jeden Fall. Seine Ideen wurden gut umgesetzt und die Thrillerelemente sind sehr gut verpackt. Da kann man noch Großes erwarten.

Die Geschichte bleibt bis zum Schluss spannungsgeladen, allerdings gibt es auch hier Höhen und Tiefen. Einige Sachen waren vorhersehbar, andere haben mich dagegen absolut überrascht. Unverständlich ist jedoch für mich, dass dieser Roman allen Stephen-King-Lesern empfohlen wird. Sicherlich, „Mr. Shivers“ ist ein Thriller, aber die gewisse Portion Horror, die man bei King erwarten darf, wird dem Leser hier nicht geboten. Da wäre eine Empfehlung in Richtung Dan Wells passender gewesen, da man so nicht in die Irre geführt wird und etwas anderes erwartet.

Die Gefühlswelt von Michael Conelly, der hier als Progragonist durch die Geschichte führt, ist erschreckend und nachvollziehbar zugleich. Seine Rache- und Mordgelüste gegenüber Mr. Shivers werden authentisch dargestellt und ich habe als Leserin ein gutes Bild darüber bekommen, was passieren kann, wenn man einen Menschen zu sehr hasst.

Besonders gelungen ist das Cover und die Buchgestaltung. Die verschiedenen Grüntöne und die verlassene Landschaft passen perfekt zur düsteren Stimmung. Gleichzeitig ist die Straße ein gutes Bild für den langen Weg, den Michael Conelly hier zu gehen hat. Das Taschenbuch hat den „Rough Cut“-Look erhalten, den der Verlag besonders gerne bei seinen Thrillern anbringt (siehe auch die Serienkiller-Reihe von Dan Wells). Die durchgezackten Seitenränder kann man mögen, muss man aber nicht. Ich für meinen Teil mag diese sehr gerne.

_Fazit:_

Robert Jackson Bennett hat mit „Mr. Shivers“ einen soliden Debutroman geschrieben, der für ein paar entspannte Lesestunden gesorgt hat, aber nicht lange in Erinnerung bleibt. Der Autor ist jedoch so talentiert und ideenreich, dass ich auf viele weitere Bücher von ihm gespannt bin.

|Taschenbuch: 400 Seiten
Originaltitel: Mr. Shivers
Ins Deutsche übertragen von Andreas Decker
ISBN 978-3492267533|
[www.piper-verlag.de]http://www.piper-verlag.de

_Sabrina Reithmacher_