Alle Beiträge von Maren Strauss

Harrison, Kim – Bluteid

_Rachel Morgan:_
Band 1: [„Blutspur“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3253
Band 2: [„Blutspiel“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4512
Band 3: [„Blutjagd“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5252
Band 4: Blutpakt
Band 5: [„Blutlied“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5897
Band 6: [„Blutnacht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5988
Band 7: [„Blutkind“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6332
Band 8: _Bluteid_

Mit „Bluteid“ legt die amerikanische Autorin Kim Harrison den mittlerweile achten Band ihrer Serie um die Hexe Rachel Morgan vor. Dass bei einer so großen Anzahl von Büchern, jedes mit beträchtlichem Umfang, auch mal ein schwächeres dabei ist, ist nur verständlich.

_Rachel Morgan hat_ als eine etwas unkonventionelle, aber dennoch gute Erdhexe begonnen, doch ihre zahlreichen unfreiwilligen Kontakte mit Dämonen haben dazu geführt, dass sie vom Hexenzirkel für ethische und moralische Standards gebannt wurde. Sie ist eine Geächtete, die in der Gesellschaft nicht mehr willkommen ist.

Als durch Zufall bekannt wird, dass Rachel Dämonenmagie nutzen kann und aufgrund genetischer Manipulation ihre Kinder Dämonen sein werden, wird sie plötzlich von allen gejagt. Der Hexenzirkel möchte sie unbedingt unschädlich machen, ihr ihre Zauberkräfte nehmen und sie sterilisieren. Ihr Intimfeind Trent Kalamack hingegen will die Gelegenheit nutzen und sich Rachels Dienste sichern, indem er ihr Schutz vor dem Hexenzirkel verspricht. Und dann ist da auch noch Nick aufgetaucht, Rachels tot geglaubter Exfreund, dessen Motive ihr gänzlich unklar sind. Will er ihr schaden oder ihr helfen? Immerhin auf ihre Freunde, die untote Vampirin Ivy und den Pixie Jenks, kann sie sich verlassen. Doch können sie etwas gegen den Hexenzirkel ausrichten, der gar nicht daran denkt, Rachel in Ruhe zu lassen?

_“Bluteid“ wirkt auf_ weiten Strecken wie ein Verbindungsband zwischen dem vorherigen und dem bald folgenden Buch. Rachels Kampf mit dem Hexenzirkel hat nur wenige Höhepunkte und die finden sich vor allem am Schluss. Davor finden sich ein paar Wendungen, die aber selten Akzente setzen, und einige Längen, die bei über 700 Seiten durchaus ins Gewicht fallen. Die Nebenhandlungen, die die anderen Rachel-Morgan-Bücher ausmachen, reduzieren sich hier fast ausschließlich auf die aufkeimende Romanze zwischen Rachel und Pierce. Diese ist jedoch sehr zerfahren. Mal will Rachel, mal will sie nicht – ihre Unentschlossenheit geht nicht nur dem Leser auf den Geist.

Insgesamt kommt „Bluteid“, anders als seine Vorgänger, nicht wirklich von der Stelle. Kim Harrisons Romane zeichnen sich eigentlich dadurch aus, dass sie sich ständig weiter entwickeln. Das bezieht sich nicht nur auf diverse Nebenhandlungen, sondern auch auf die Personen. Im achten Band wirkt es jedoch so, als ob der Autorin die Luft ausgegangen ist. Rachel – und auch die anderen Figuren – scheinen auf der Stelle zu treten. Sie sind deswegen nicht schlechter, aber trotzdem weniger interessant. Einziger Lichtblick: ein Ausflug in die Welt der Pixies. Rachel lässt sich auf die Größe von Jenks schrumpfen und ist Gast in seinem Baumstumpf. Dieser Einblick in das Pixieleben hätte durchaus mehr Platz in Anspruch nehmen dürfen.

Sprachlich überzeugt die Autorin erneut. Der lockere Tonfall der Ich-Erzählerin Rachel und ihre witzige, freche Art sind erfrischend, die Sprachbilder kreativ und die Dialoge erheiternd.

Überhaupt sollte man die Tatsache, dass „Bluteid“ nicht das Niveau der Vorgänger erreicht, nicht zu ernst nehmen. Immerhin hat Harrison bereits sieben tolle umfangreiche Bücher abgeliefert, da sei es erlaubt, auch mal eines zu schreiben, dass eher wie ein Platzhalter wirkt. Die sympathische Hauptperson und den Schreibstil kann man Harrison sowieso nicht nehmen, der Schwachpunkt ist eher die Handlung, die nicht wirklich in Gang kommt. Da ein Ende der Reihe nicht abzusehen ist, bleibt zu hoffen, dass sich die Autorin bereits im nächsten Band wieder fängt.

|Taschenbuch: 732 Seiten
Originaltitel: |Black Magic Sanction|
Deutsch von Vanessa Lamatsch
ISBN-13: 978-3453527508|
http://www.heyne.de
http://www.kimharrison.net

Boyle, T.C. – Frauen, Die

In „Die Frauen“ erzählt T.C. Boyle die Geschichte des amerikanischen Architekten Frank Llloyd Wright, der als einer der größten seines Landes gilt . Allerdings geht es, wie man schon am Titel sieht, weniger um sein Schaffen, sondern um seine Frauengeschichten, die in den eher prüden Zwanziger- und Dreißigerjahren für den einen oder anderen Skandal gesorgt haben.

Boyle betrachtet drei der Frauen in seinem Leben genauer. Mamah ist seine erste Geliebte nach der langen Ehe mit seiner ersten Frau Kitty. Ihre Familien sind befreundet, was dazu führt, dass Frank und Mamah sich aufgrund ihrer Zuneigung von den anderen isolieren, da ihr Zusammenleben nicht akzeptiert wird. Für Mamah ist das jedenfalls kein Problem. Die begeisterte Feministin übersetzt nämlich gerade die Werke von Ellen Key, die die wahre Liebe aus Sicht der Frauen predigt. Das wiederum soll sie später das Leben kosten …

Nach dem Tod von Mamah liest Miriam in Paris in der Zeitung von Wrights Schicksal. Sie fühlt sich von seinem Leid angezogen und beginnt einen kurzen, aber ertragreichen Briefwechsel mit ihm. Wenig später nimmt sie den Platz an seiner Seite ein und macht sich auf Taliesin, seinem Anwesen in Wisconsin, breit. Doch ihre hysterischen Anfälle und Boshaftigkeit sowie ihre Drogensucht zerstören die Ehe. Als schließlich die Tänzerin Olgivanna, eine stille, aber schöne Frau, in Wrights Leben tritt, versucht Miriam als gehörnte Ehefrau alles in ihrer Macht stehende, um den beiden das Zusammenleben zu erschweren.

Boyle widmet jeder Frau einen Teil des Buches und allen Teilen geht eine Einleitung voraus, in der Tadashi, ein ehemaliger Schüler, Einsichten in das Leben auf Taliesin gibt. Taliesin diente Frank Llloyd Wright nicht nur als Wohnort, sondern auch als Arbeitsstätte, weshalb er dort stets eine Schar Schüler um sich gescharrt hatte. Aus Tadashis Sicht erfährt man, wie der Alltag dort war, bevor sich die Geschichte wieder auf die Frauen konzentriert.

Ein Buch von Boyle sollte man nicht unbedingt deshalb lesen, weil man eine spannende, geradlinige und konsistente Handlung erwartet. Die Bücher des Autors bestechen normalerweise dadurch, dass sie ohne viel Aufhebens eine Geschichte zum Leben erwecken. Dies geschieht auch in „Die Frauen“. Boyle erzählt so detailliert und gleichzeitig so unbemüht vom Leben Frank Lloyd Wrights, dass die Personen und die damalige Gesellschaft vor dem Auge des Lesers zum Leben erwachen.

Die Leichtfüßigkeit seiner Sprache und die Beiläufigkeit, mit der er historische Gegebenheiten einflechtet, heben ihn dabei über viele andere historische Romane. Das Augenmerk liegt sowieso mehr auf dem Romanhaften, auf der Beschreibung der Personen, dem Spiel mit Wörtern. Dies gelingt dem Autor erneut überzeugend. Er balanciert bei seinen Figuren stets auf dem schmalen Grat zwischen Klischee und Authentizität. Er zeichnet sie auf der einen Seite sehr vielschichtig und lebendig, überspitzt auf der anderen Seite aber auch einige ihrer Charakterzüge. Miriam beispielsweise ist keine sympathische Persönlichkeit dank ihrer Drogen- und Eifersucht. Beides benutzt Boyle immer wieder als Aufhänger, was der Geschichte eine gewisse humorvolle Note gibt.

Während Miriam, Mamah und Olgivanna in ihrem Teil jeweils als Erzählperspektive dienen, betrachtet Boyle Frank hauptsächlich durch die Augen anderer. Neben seinen Frauen äußert sich auch Tadashi in seinen einleitenden Bemerkungen über den Mann, den er vor allem wegen seiner Architekturleistungen bewundert. Der Autor präsentiert dem Leser also vier verschiedene Sichtweisen auf seinen Protagonisten, was ein gewisses Mitdenken beim Leser voraussetzt, auch wenn sich zwischen den Meinungen der einzelnen Personen Parallelen ergeben.

Geschrieben ist die Geschichte in etwa so abwechslungsreich wie die Charaktere. Diverse Fußnoten ergänzen das Geschriebene, fügen Hintergrundinformationen hinzu oder enthalten persönliche Äußerungen Tadashis. Der Schreibstil selbst hat ein hohes Niveau. Boyle verwendet einen großen Wortschatz, den er für kreative Wortbilder benutzt. Er wirkt dabei nie bemüht witzig, sondern setzt vielmehr kleine, amüsante Glanzpunkte in der sowieso sehr detailliert erzählten Geschichte.

Letztendlich ist „Die Frauen“ ein typischer Boyle-Roman, was keineswegs abwertend gemeint ist. Eine interessante Geschichte in einem gut dargestellten historischen Kontext, vielschichtige Charaktere und der gewohnt gekonnte Schreibstil sprechen für dieses Buch. Wie gewohnt auf hohem Niveau!

|Taschenbuch: 556 Seiten
Originaltitel: |The Women|
Deutsch von Kathrin Razum und Dirk van Gunsteren
ISBN-13: 978-3423139274|
http://www.dtv.de

Saintcrow, Lilith – Schattenjagd (Jill Kismet 02)

_Jill Kismet:_
Band 1: [„Dämonenmal“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6337
Band 2: _Schattenjagd_

Nach dem Ende ihrer Erfolgsserie [„Dante Valentine“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6476 tritt die amerikanische Autorin Lilith Saintcrow nicht etwa kürzer, sondern legt sofort nach. Ihre neue Heldin heißt Jill Kismet und hat in „Schattenjagd“ bereits ihren zweiten Fall zu lösen.

_Jill Kismet ist_ die oberste Jägerin in Santa Luz, das heißt, sie ist für die übersinnlichen Wesen zuständig, die sich in der Stadt herumtreiben und nicht immer Gutes im Schilde führen. Sie hat schon viele verzwickte Fälle gelöst, doch dieser bringt selbst sie an ihre Grenzen. Mehrere junge Prostituierte werden grausam zerstückelt aufgefunden. Ihre inneren Organe fehlen und sie alle haben eine Gemeinsamkeit: Sie waren schwanger. Bei ihren Ermittlungen wird Jill von einem merkwürdigen Monster angegriffen, gegen das sie sich – trotz ihrer übersinnlichen Kräfte – kaum wehren kann. Ausgerechnet Perry, der Dämon, mit dem sie gezwungenermaßen zusammen arbeiten muss, rettet sie vor ihrem Tod. Ihr wird klar, dass Santa Luz von etwas heimgesucht wird, das selbst sie schwer unter Kontrolle bringen kann.

Zu allem Überfluss stellt Jill fest, dass die Mörderin ihres Mentors Michail in die Stadt gekommen ist. Belisa ist eine Sorrow, eine Anhängerin alter, mächtiger Gottheiten, und sie scheint etwas über die Morde zu wissen. Obwohl Jill es besser wissen müsste, traut sie der Sorrow – mit schrecklichen Folgen …

_Auch in ihrer_ zweiten Buchreihe macht Autorin Lilith Saintcrow Nägel mit Köpfen. „Schattenjagd“ ist gewohnt stark, spannend und facettenreich. Das Besondere: Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein Kriminalfall mit übersinnlicher Beteiligung und die Autorin schafft es, diesen spannend, fintenreich und mit jeder Menge Schwung zu erzählen. Das gelingt nicht in jedem Urban-Fantasy-Roman. Zu oft stehen bei vielen Autoren die Liebeswirren im Vordergrund. Ein wenig Romantik findet sich zwar auch in Saintcrows Büchern, doch sie stellt die Beziehung zwischen Jill und dem Werpuma Saul nüchtern und kitschfrei dar. Statt schwülstiger Erotik stehen authentische Emotionen im Vordergrund. Dabei wird diese Nebenhandlung nie wichtiger als der eigentliche, herrlich verwinkelte Kriminalfall.

Ähnlich abwechslungsreich ist der Charakter der Hauptperson. Jill Kismet erzählt aus der ersten Person, weshalb man als Leser schnell merkt, dass ihr hartes Auftreten häufig nicht ihrem aufgewühlten Inneren entspricht. Mit Bedacht deckt Saintcrow immer mehr Details ihrer Vergangenheit auf, so dass auch die Protagonistin spannend bleibt.

Ein weiterer Pluspunkt ist Saintcrows Darstellung des Übersinnlichen. Die Stadt Santa Luz ist deutlich greifbarer als der Science-Fiction-Hintergrund in den „Dante Valentine“-Büchern. Sehr gelungen ist vor allem Saul, der Werpuma. Die Autorin schafft es, aus ihm keinen oberflächlichen Gestaltenwandler zu machen, sondern gibt ihm ein richtiges Gesicht, eine eigene Historie und diverse Eigenschaften, die immer wieder daran erinnern, dass er nicht nur Mensch, sondern auch Tier ist.

Hinzu kommt ein mitreißender Schreibstil, der aufgrund der Ich-Perspektive sehr nah an der Protagonistin und ihren Gefühlen und Gedanken ist. Die Autorin spart dabei kein wichtiges Detail aus, schweift aber auch nicht ab. Die blutigen Taten und rasanten Kampfszenen beschreibt sie wort- und bildreich, an den richtigen Stellen wird sie auch mal weich. Sie peppt ihre Geschichte, wie üblich, durch eigene Begriffe auf, die „Schattenjagd“ das gewisse Etwas geben. Das Glossar am Ende des Buches ist da sehr hilfreich und liefert interessante Hintergrundinformationen.

_Lilith Saintcrow hat_ mit „Schattenjagd“ eine beeindruckende Fortsetzung zu „Dämonenmal“ geschrieben. Die tolle Protagonistin, die düstere Kulisse und vor allem die fesselnde Handlung machen das Buch zu einem echten Lesegenuss.

|Broschiert: 394 Seiten
Originaltitel: |Hunter’s Prayer|
Deutsch von Nadine Mannchen
ISBN-13: 978-3802583070|
http://www.egmont-lyx.de

About Lili

_Weitere Bücher von Lilith Saintcrow bei |buchwurm.info|:_
[„Teufelsbraut (Dante Valentine – Dämonenjägerin 1)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5288
[„Höllenritt (Dante Valentine – Dämonenjägerin 2)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5957
[„Feuertaufe (Dante Valentine – Dämonenjägerin 3)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6150
[„Sündenpfuhl (Dante Valentine – Dämonenjägerin 4)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6353
[„Höllenschlund (Dante Valentine – Dämonenjägerin 5)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6476

RICHELLE MEAD – Dornenthron (Dark Swan 02)

Plötzlich Prinzessin! Die Schamanin Eugenie Markham hat aus Versehen ein Königreich in der Anderswelt geerbt. Nun muss sie im zweiten Band der „Dark Swan“-Serie feststellen, dass dessen Pflege gar nicht so einfach ist. Ihre Pläne, sich endlich von den intriganten Feen fernzuhalten, kann sie jedenfalls nicht umsetzen. Dafür hat sie einfach zu viel zu tun.

Die meisten ihrer neuen Aufgaben sind nicht unbedingt angenehm. Anstandsbesuche bei der schwangeren Exfreundin von Kiyo, ihrem Liebhaber, zum Beispiel. Auch dass er neuerdings soviel Zeit mit Maiwenn und dem ungeborenen Kind verbringt, gefällt ihr nicht. Doch sie wird von diesem Ärger abgelenkt, als sie bei einer Reise durch ihr Reich feststellt, dass ihre Untertanen Hunger leiden. Ihre Bemühungen, dies zu ändern, zwingen sie zu einer Zusammenarbeit mit dem Eichenkönig Dorian. Der wiederum möchte Eugenie nur zu gerne in sein Bett ziehen.

Doch diese Probleme treten in den Hintergrund, als in Eugenies Reich, dem Dornenland, junge Feenmädchen entführt werden. Zuerst hält sie eine der herumstreunenden Diebesbanden für die Täter, doch dann findet sie Spuren, die in die normale Welt führen. Doch welchen Zweck hätte es, Feen in die Menschenwelt zu entführen? Und wer steckt dahinter? Bei ihren Recherchen stößt sie auf einige Ungereimtheiten – und gerät selbst in große Gefahr …

„Dornenthron“ ist ohne Frage eine spannende Fortsetzung zum ersten Band von „Dark Swan“. Dabei machen Geschichte und Hauptperson eine starke Entwicklung durch. Eugenie ist nun nicht mehr nur Schamanin, sondern auch Herrscherin des Dornenlands. Das bringt neue Aufgaben mit sich, an die sie sich erst gewöhnen muss. Gleichzeitig muss sie sich damit auseinandersetzen, dass sie die magischen Fähigkeiten ihres verhassten Vaters geerbt hat und lernen, diese einzusetzen. Die einst unbekümmerte junge Frau mit dem frechen Mundwerk wird dabei nicht nur stärker, sondern auch ernster, die Verlegung des Hauptschauplatzes in die Anderswelt gibt der Geschichte Tiefe.

Die Handlung selbst ist recht konventionell. Mead baut keine großen Überraschungen ein, sondern erzählt die Lösung des Entführungsfalls sehr geradlinig. Sie ist allerdings in einige Nebenhandlungen eingebettet, die jedoch problemlos parallel nebeneinander herlaufen. Da es kaum Längen gibt und die Nebenhandlungen zumeist sehr interessant sind, fällt die einfache Haupthandlung kaum ins Gewicht. Wer noch dazu Freude an deftigen Sexszenen hat, kann mit „Dornenthron“ erst recht nichts falsch machen.

Eugenie Markham ähnelt im Prinzip anderen Frauenfiguren aus ähnlichen Büchern: jung, frech und in der Liebe meistens etwas tollpatschig. Abgesehen davon schafft die Autorin es jedoch, sie mit Leben zu füllen. Im Vergleich mit dem ersten Band entwickelt sie sich weiter, muss mehr Verantwortung übernehmen und wirkt alles in allem erwachsener. Da Mead bereits in ihrer Serie „Vampire Academy“ bewiesen hat, dass sie ein gutes Händchen für die Weiterentwicklung ihrer Figuren hat, ist davon auszugehen, dass Eugenie dem Leser auch in den Folgebänden noch viel Freude machen wird.

Geschrieben ist die Geschichte in gewohnt lockerem Tonfall mit einem ausgewogenen Verhältnis von Witz und Ernst. Mead geht dabei vor allem in den Liebesszenen gerne ins Detail. Insgesamt liest sich „Dornenthron“ jedoch sehr flüssig und interessant.

„Dornenthron“ ist eine gelungene Fortsetzung zu „Sturmtochter“. Das Buch ist spannend, die Hauptperson entwickelt sich weiter – was möchte man mehr?

Broschiert: 358 Seiten
Originaltitel: Thorn Queen
Deutsch von Frank Böhmert
ISBN-13: 978-3802582127

http://www.egmont-lyx.de
http://www.richellemead.com

Ilona Andrews – Magische Begegnung (Land der Schatten 1)

_Land der Schatten_:
Band 1: _Magische Begegnung_

Nach „Stadt der Finsternis“ veröffentlicht das Autorenduo Ilona Andrews eine weitere Serie mit dem Namen „Land der Schatten“. In „Magische Begegnung“, dem ersten Band, stellen sie eine sehr interessante Fantasywelt vor, die mit der unseren nur wenig zu tun hat.

Ilona Andrews – Magische Begegnung (Land der Schatten 1) weiterlesen

RICHELLE MEAD – Seelenruf (Vampire Academy 05)

Rose Hathaway, der Heldin aus Richelle Meads Reihe „Vampire Academy“, ist einfach keine Ruhe vergönnt. In Band 5, „Seelenruf“, wird erneut ihr komplettes Leben auf den Kopf gestellt.

Nachdem es Rose nicht gelungen ist, ihren ehemaligen Geliebten, der sich in einen bösartigen Strigoi verwandelt hat, in Russland zu töten, kehrt sie frustriert nach Amerika zurück. An der St. Vladimir’s Academy macht sie mit Bestnote ihren Abschluss als Wächterin, das bedeutet, dass es danach ihre Aufgabe sein wird, die gutartigen Vampire, die Moroi, zu beschützen. Sie und ihre beste Freundin Lissa, die Letzte eines uralten Moroi-Geschlechts, hoffen, dass Rose Lissas Wächterin wird, doch ihre Chancen sinken rapide, als die beiden den Königshof der Moroi gehörig durcheinander wirbeln.

Rose erfährt, dass Victor Dashkov jemanden kennt, der einen Strigoi zurück in einen Menschen verwandelt hat. Dummerweise sitzt Victor aber hinter Gittern – weil er Lissa einmal entführt hat. Doch das ist kein Hindernis für Rose, die aufgrund ihres Temperaments einen gewissen Ruf hat. Gemeinsam mit ihren Freunden heckt sie einen Plan aus, um Victor aus dem Gefängnis zu befreien, doch natürlich läuft nicht alles glatt. Plötzlich steht Rose Dimitri gegenüber – und steht erneut vor der Frage, ob sie ihren Geliebten töten oder leben lassen soll …

„Seelenruf“ macht da weiter, wo „Blutschwur“ aufgehört hat. Anstatt ihre Bücher auf bloße Schulquerelen zu beschränken, entführt Mead den Leser auch dieses Mal zu fernen Schauplätzen. Alaska, Las Vegas, den Königshof der Moroi – leider gelingt es der Autorin nicht wirklich, diese Orte anschaulich zu schildern, doch es reicht, um die Handlung zu unterstützen. Die Geschichte selber ist randvoll mit Action, Gefühl und Intrigen, die Rose zu schaffen machen. Ihr schlechter Stand am Königshof sowie ihr hitziges Temperament sorgen für einige brenzlige Situationen, ihr Kampf um Dimitri ist etwas fürs Herz. Dabei bleibt dessen Schicksal lange unklar. Es wird allerdings zu schnell aufgelöst, nämlich ungefähr in die Mitte des Buches. Auch wenn das Ende einen wirklich mitreißenden Cliffhanger bereithält, liegt dazwischen eine kurze Durststrecke, während der nicht viel passiert.

Nachdem Rose in den vorherigen Bänden von der Schulrebellin zu einer erwachsenen, jungen Frau herangereift ist, zeigt sie sich in „Seelenruf“ wieder von ihrer kratzbürstigeren Seite. Am auf Etikette bedachten Hof eckt sie mit ihrer widerspenstigen Art immer wieder an und ihre Vorliebe für waghalsige Aktionen beschädigt ihren ohnehin schlechten Ruf noch mehr. Umso mehr begeistert sie den Leser mit ihren Aktionen gegen das Establishment. Ihr ohnehin schon runder Charakter bekommt dadurch noch eine zusätzliche Facette. So wie es in einer guten Buchreihe sein soll, entwickelt Mead ihre Hauptfigur in jedem Band weiter.

Geschrieben ist „Seelenruf“ gewohnt souverän. Die Autorin schafft es, die Geschichte in packende Worte zu fassen, ohne dabei die emotionale Seite zu kurz kommen zu lassen. Sie fasst sich kurz, aber präzise. Ihre Beschreibungen bieten einen guten Rahmen, lassen aber auch genug Spielraum für die Fantasie des Lesers. Roses Persönlichkeit spiegelt sie dabei sehr gut wider. Die Stimmung ist ernst und erwachsen, manchmal auch sarkastisch, aber selten so beschwingt humorvoll wie zum Beispiel die Bücher von Kim Harrison. Dies wäre an dieser Stelle allerdings auch deplatziert gewesen, da das Buch nun mal eine eher düstere Atmosphäre hat.

Auch im fünften Band der „Vampire Academy“-Reihe enttäuscht Autorin Richelle Mead nicht. Die Hauptperson Rose und ihr verzwicktes Privatleben, ihr gefährlicher Job und ein toller Erzählstil lassen „Seelenruf“ zu einer fesselnden Geschichte werden. Einziges Manko: Die Längen in der Handlung. Für diese entschädigt die Autorin aber mit einer unerwarteten Wendung und einem spannenden Cliffhanger, der Lust auf den nächsten Band in der Serie macht.

Broschiert: 432 Seiten
Originaltitel: Spirit Bound
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3802583469

http://www.egmont-lyx.de
http://www.richellemead.com

Moning, Karen Marie – Im Reich des Vampirs

_MacKayla-Lane-Serie:_
Band 1: [Im Bann des Vampirs]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4598
Band 2: _Im Reich des Vampirs_

In Disneyfilmen sind Feen niedliche kleine Wesen mit glitzernden Flügeln und guten Absichten. Die amerikanische Autorin Karen Marie Moning ist da allerdings anderer Ansicht. In ihrer Reihe um die Sidheseherin Mac sind Feen düstere, bösartige Kreaturen, die es nicht gut mit den Menschen meinen. Im zweiten Band der unbetitelten Serie, „Im Reich des Vampirs“, kämpft sie erneut gegen böse Feen, die Unseelie, die Dublin erobern wollen.

_Seit Mac, eigentlich_ eine typische Amerikanerin, nach Irland gekommen ist, um den Mörder ihrer Schwester zu finden, hat sich einiges in ihrem Leben geändert. Sie hat erfahren, dass sie keine normale junge Frau ist, sondern übernatürliche Wesen sehen und bekämpfen kann. Sie muss mit Jericho Barrons, einem düsteren, geheimnisvollen Mann, zusammenarbeiten und ihm bei der Suche nach Feenobjekten helfen. Statt Make-Up und farbenfrohen Klamotten haben plötzlich andere Dinge Priorität.

Sie muss das Sinsar Dubh suchen, ein sagenumwobenes Buch, das seinem Besitzer sehr viel Macht verleiht. Sollte es in die falschen Hände gelangen, kann es das Ende der Menschheit bedeuten. Die falschen Hände sind in diesem Fall der Lord Master, der Mörder von Macs Schwester und Anführer der immer zahlreicher werdenden Unseeliescharen in Dublin, und der Vampir Mallucé. Macs Mitkämpfer Jericho Barrons hat ebenfalls starkes Interesse an dem Buch, doch wieso? Und wer oder was ist er überhaupt? Er kann, anders als normale Menschen, die Feen sehen, doch er ist kein Sidheseher. Welches Spiel spielt er?

_“Im Reich des_ Vampirs“ hat einen Vorteil gegenüber seinem Vorgängerband: Die Verwandlung Macs von einem Püppchen in so etwas wie eine Kämpferin. Die Sidheseherin nimmt allmählich Konturen an, auch wenn sie ihre Vergangenheit nie ganz los wird. Stellenweise wirkt sie immer noch sehr naiv und einfach gestrickt, vor allem, sobald ein attraktives männliches Wesen im Raum ist. In solchen Situationen spart die Autorin kein Detail aus, doch wirklich erotisch ist das nicht, sondern häufig eher unnötig unterwürfig und ein bisschen albern.

Auch wenn sich dieses Buch weiterentwickelt – im Grunde ist es ein Frauenroman. Da helfen auch die fantastischen Wesen nicht, die Dublin bevölkern. Die Seelie und Unseelie bleiben von ihrer Beschreibung her eher blass, auch wenn die Autorin gute Ansätze vorzuweisen hat. Die verlassenen Stadtviertel in Dublin, die von Straßenkarten verschwinden, um Unseelie zu beherbergen, zum Beispiel. Detailliertere Beschreibungen und etwas mehr Mysteriösität hätten der Geschichte gut getan, denn die Handlung selbst plätschert streckenweise seicht vor sich hin.

Sie ähnelt dabei der ihres Vorgängers. Die Suche nach Feenrelikten geht weiter, während der sich Mac immer wieder mit finsteren Gestalten herumschlagen muss. Zu Barrons, dessen Absichten sie noch immer nicht ganz durchblickt hat, gesellen sich dieses Mal weitere Akteure mit ganz eigenen Intentionen. Dadurch entsteht ein stärkeres Beziehungsgeflecht. Die weiteren Sidheseherinnen, die Mac in diesem Buch kennenlernt, versuchen sie auf ihre Seite zu ziehen, indem sie Zweifel über Jericho Barrons Absichten säen. Mac kann nun niemandem mehr richtig vertrauen und hat das Gefühl, der Spielball verschiedener Mächte zu sein. Dadurch kommt etwas Spannung auf, doch die Suche nach weiteren Relikten zieht die Geschichte in die Länge.

Dennoch: Flüßig geschrieben ist das Buch. Es lässt sich leicht und schnell lesen. Die Gefühle und Gedanken der aus der ersten Person erzählenden Hauptperson werden anschaulich dargestellt und lockern die Geschichte auf. Negativ fällt allerdings der mädchenhafte Ton der Autorin auf, der gut zu ihrer Protagonistin passt, dem Leser aber manchmal auf die Nerven geht.

_“Im Reich des_ Vampirs“ ist zwar spannender als „Im Bann des Vampirs“ und weniger barbiehaft. Trotzdem wird die Geschichte nicht jedem gefallen. Die mädchenhafte Protagonistin und die doch eher oberflächliche Fantasy sind eher etwas für Leute, die mit dem Fantasygenre ansonsten nicht viel anfangen können und mehr Wert auf eine sympathische Protagonistin legen.

|Taschenbuch: 354 Seiten
Originaltitel: |Bloodfever|
Deutsch von Ursula Walther
ISBN-13: 978-3548266022|
http://www.ullstein-taschenbuch.de

_Karen Marie Moning beim Buchwurm:_
[Der unsterbliche Highlander]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5227

Moning, Karen Marie – Im Bann des Vampirs

_MacKayla-Lane-Serie:_
Band 1: _Im Bann des Vampirs_
Band 2: Im Reich des Vampirs

Der deutsche Titel des Buches ist mehr als irreführend. In „Im Bann des Vampirs“, dem ersten Band einer neuen Fantasyserie von Karen Marie Moning, spielen Blutsauger nur eine sehr untergeordnete Rolle. Stattdessen stehen Feen und Männer mit merkwürdigen Kräften auf dem Programm …

_MacKayla Lane, genannt_ Mac, ist eine ziemlich normale Südstaatenamerikanerin. Sie arbeitet in einer Bar, mag schnelle Autos und beschäftigt sich gerne mit ihrem Aussehen. Sie lebt unbekümmert in den Tag hinein, bis ihre große Schwester Alina während eines Auslandssemesters in Dublin ermordet wird. Macs Welt bricht zusammen. Weil sie das Gefühl hat, dass die irische Polizei sich nicht genug darum bemüht, Alinas Mörder zu finden, reist sie selbst nach Dublin.

Europa stellt sich jedoch als gefährliches Pflaster heraus. Mac muss feststellen, dass sie Feen sehen kann – und dass diese es nicht unbedingt gut meinen mit der Menschheit. Doch sie ist nicht die einzige, die diese Fähigkeit besitzt. Ihre Schwester war ebenfalls eine Sidhe-Seherin, wie sie heraus findet. Das ist nicht die einzige Überraschung. Als sie Alinas Kommilitonen befragt, erfährt sie, dass ihre sonst so lebenslustige Schwester plötzlich verschlossen und deprimiert war. Anscheinend hing das mit ihrem Freund zusammen, den aber niemand kennen gelernt hat. Mac begibt sich auf die Suche nach diesem mysteriösen Typen – und stößt dabei auf einen anderen unheimlichen Mann. Jericho Barrons gibt sich als Buchhändler aus, ist aber eigentlich auf der Jagd nach Feenreliquien mit magischen Kräften. Da kommt ihm Mac gerade recht, denn die spürt, wenn ein solcher Gegenstand in der Nähe ist. Im Gegenzug kann sie bei ihm wohnen und wird vor den Unseelie beschützt, bösen Feenmonstern, die es auf sie abgesehen haben. Doch die Zweckgemeinschaft der beiden wird immer wieder auf die Probe gestellt …

_In „Im Bann_ des Vampirs“ gibt es zwar eigentlich, mit einer Ausnahme, keine Vampire, doch es ist nicht ungeschickt, das Buch für die LeserInnen von romantischer Vampirfantasy interessant zu machen. Genau die werden damit nämlich ihre Freude haben. Das ist bereits nach wenigen Seiten ersichtlich, denn die Protagonistin entspricht der klischeehaften Heldin eines Frauenromans. Sie hat einen tollen Körper, achtet sehr auf ihr Äußeres, ist Single und neigt dazu, in der Gegenwart attraktiver Männer sehr schwach zu werden. Ihre offene und herzliche Art macht sie zwar sympathisch für den Leser, doch so wirklich ans Herz möchte sie einem nicht wachsen. Dafür wirkt sie zu stereotyp – selbst dann, als ihr Leben dank der Feen ordentlich durcheinander gewirbelt wird.

Ähnliches gilt für die übrigen Charaktere, die einer starken Schwarz-Weiß-Zeichnung unterliegen. Die Bösen sind böse, die Guten sind zwar nicht immer wirklich gut, aber immerhin unwiderstehlich männlich. Jericho Barrons beispielsweise, Macs ungewollter Kollege. Er benimmt sich ihr gegenüber zwar nicht unbedingt wie ein Gentleman, doch er sieht sehr gut aus, was sie bei aller Antipathie zugeben muss. Möglicherweise entsteht daraus noch die Liebesgeschichte der Reihe. Im ersten Band ist von Romantik jedenfalls nicht viel zu sehen und auch die „erotischen“ Momente der Geschichte wirken eher albern, was unter anderem mit der mädchenhaften Protagonistin zusammenhängt.

Die Story selbst hat einen eher klassischen Aufbau. Es geht darum, Alinas Mörder und ein besonders wertvolles Feenrelikt zu finden. Die Autorin baut auf dem Weg dorthin allmählich Spannung auf, verlässt ihren ausgetretenen Pfad aber nicht. Die Handlung wirkt etwas bieder, da große Überraschungen fehlen. Der geheimnisvolle Barrons und Macs Auseinandersetzung mit ihrer Andersartigkeit sorgen allerdings dafür, dass die Geschichte recht interessant zu lesen ist. Der Schreibstil tut das seinige, um „Im Bann des Vampirs“ zumindest zu einem netten Buch zu machen. Moning schreibt flüssig und einfach, kann aber mit dem humorigen Lesevergnügen von Kolleginnen wie Kim Harrison nicht mithalten.

_Wer mit Leib_ und Seele Fantasy-Fan ist, wird sich mit Karen Marie Monings Serienbeginn deshalb nicht anfreunden können. „Im Bann des Vampirs“ ist mehr Frauenroman als gelungene Fantasy. Zwar ein recht gut erzählter Frauenroman mit einer stellenweise spannenden Handlung und ohne Beziehungskisten, aber trotzdem ein Frauenroman. Und die liebt man nunmal oder hasst sie.

|Taschenbuch: 361 Seiten
Originaltitel: Darkfever
Deutsch von Ursula Walther
ISBN-13: 978-3548266015|
http://www.ullstein-taschenbuch.de

_Karen Marie Moning beim Buchwurm:_
[Der unsterbliche Highlander]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5227

Kastura, Thomas – geheime Kind, Das

Nach „Der vierte Mörder“ und „Das dunkle Erbe“ legt Thomas Kastura mit „Das geheime Kind“ sein drittes Buch mit Kommissar Klemens Raupach vor.

Raupach wird zusammen mit seiner Kollegin Photini Dirou zu einem Mord in einer Schrebergartenanlage gerufen. Otto Wintrich, ein arbeitsloser Alkoholiker, wurde dort auf einem Grundstück erschlagen. Neben ihm findet man einen Brocken Haschisch. Ein Mord im Drogenmilieu? Immerhin: Der Neffe der Besitzer des Grundstücks arbeitet nicht nur als Taxifahrer, sondern dealt auch, aber eine Verbindung zu Wintrich lässt sich zuerst nicht herstellen.

Doch auch Wintrichs Familie – seine Lebensgefährtin Vera Bahlinger und ihre drei Kinder – scheint ihre Geheimnisse zu haben. Tödliche Geheimnisse? Oder hat vielleicht Veras Ex-Mann, ein zwielichtig wirkender Gastronom, etwas mit dem Mord zu tun? Von Otto schien er jedenfalls nicht besonders begeistert gewesen zu sein. Raupach und seine Kollegen ermitteln in alle Richtungen, doch erst, als eine Babyleiche am Rhein gefunden wird, ergibt sich eine Spur …

Kastura hat mit „Das geheime Kind“ einen ruhigen, aber dennoch mitreißenden Krimi geschrieben, der sich nicht weit von seinem Genre entfernt, innerhalb dessen aber durchaus herausragt. Der Autor erzählt den Fall geradlinig und lenkt nur selten davon ab. Er deckt nach und nach Verdächtige auf, von denen jeder ein Motiv haben könnte. Der Leser kann gut mitraten, die Spannung baut sich allmählich auf. Doch obwohl der Täter tatsächlich unter den Verdächtigen zu finden ist, macht Kastura es nicht so einfach. Die Auflösung erfolgt stückweise und hält noch einige gelungene Überraschungen parat.

Das Privatleben von Raupach und Dirou wird ebenfalls beleuchtet, allerdings nie in einem störenden Ausmaß. Der Fall steht im Vordergrund, doch Raupachs Gedanken und Gefühle werden neben der Ermittlungsarbeit ebenfalls dargestellt. Kastura macht allerdings nicht den Fehler, seinen Kommissar zu nachdenklich zu zeichnen. Raupach hat zwar den einen oder anderen melancholischen Gedanken, wirkt aber trotzdem geerdet und aufgeschlossen. Photini Dirou hat zwar weniger Auftritte als ihr Chef, hat aber trotzdem eine tragende Rolle inne. Vor allem aus dem Zusammenspiel zwischen ihr und ihrem Vorgesetzten entstehen tolle Momente im Buch.

Zusammengehalten wird die Geschichte von Kasturas gekonntem Schreibstil. Dass der Autor auch als Journalist tätig ist, merkt man. Er beherrscht es mit einem verständlichen, großen Wortschatz, Sachverhalte treffend zu beschreibend. Mit wenigen Worten bringt er das, was er sagen möchte, stets auf den Punkt. Er wirkt aber dabei nie distanziert oder zu nüchtern. Im Gegenteil ist das Buch sehr locker geschrieben, manchmal auch unterschwellig humorvoll. Gelungen ist auch die Perspektive von Nicolas, Veras an Asperger-Syndrom leidenden Sohn. Der Autor erzählt sehr anschaulich, was in dem Jungen vorgeht.

„Das geheime Kind“ von Thomas Kastura ist ein sehr gut geschriebener, spannender Krimi, der jeden Krimi-Fan überzeugen sollte.

|Gebunden: 376 Seiten
ISBN-13: 978-3-426-19864-3|
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Heitmann, Tanja – Nachtglanz

In vielen Vampirbüchern spielt eine hübsche, meist etwas naive junge Frau die Hauptrolle. Die deutsche Autorin Tanja Heitmann geht einen anderen Weg. Im Mittelpunkt von „Nachtglanz“ steht keine Frau, sondern ein Mann, der von einem Dämonen besessen ist. Doch Adam, so sein Name, hat nicht vor, den letzten Rest seiner Menschlichkeit aufzugeben …

Im 19. Jahrhundert wacht Adam in einer Gasse in Paris auf und weiß weder, wer er ist noch woher er kommt, doch eines weiß er sicher. Irgendetwas stimmt mit ihm nicht – und eine innere Stimme spricht mit ihm und will ihm befehlen, was er tun soll. Und er hat Hunger. Auf Blut. Adam stellt schnell fest, dass er nicht der Einzige ist, der als „Tempel“ für einen Dämon dient. Es gibt einige seiner Art. Während ihnen allen die Unsterblichkeit und der Blutdurst gemeinsam sind, hat jeder von ihnen eine besondere Eigenschaft. Bei Adam ist es die, dass der Dämon sich seiner nicht völlig bemächtigen kann, sondern dass Adams Menschlichkeit erhalten bleibt und den Dämon häufig in seine Schranken weist.

Fast hundert Jahre später, in den 1960ern, wird er nach Los Angeles beordert. Mittlerweile hat er sich einen Namen darin gemacht, solche Leute, die den Dämonen in sich haben und ihn nicht genügend beherrschen können, zu vernichten. Genau eine solche Person sucht gerade L.A. heim und hinterlässt eine Spur aus blutleeren Leichen. Bei seinem Auftrag lernt er die geheimnisvolle Esther kennen. Sie ist ein normaler Mensch und Angestellte des intriganten Anders, der bei Adams Anheuerung zwielichtige Hintergedanken hatte. Adam verliebt sich in Esther, obwohl das in Anbetracht seines immer hungrigen Dämons ein ziemliches Wagnis ist …

Tanja Heitmanns Buch überrascht auf ganzer Linie. Aufgrund des Titels und des Klappentextes erwartet man eher einen Schmachtfetzen im Stil von „Twilight“, aber „Nachtglanz“ ist wesentlich mehr. Natürlich spielt auch die Liebe eine gewisse Rolle, doch die Autorin beschreibt die Annäherung zwischen Adam und Esther frei von Kitsch. Vielmehr rückt sie die kaputten Charaktere der beiden in den Vordergrund und zeigt, wie sie trotz dieser Probleme zueinander finden. Gleichzeitig hat die Geschichte auch eine starke Thrillerkomponente. Die Mordserie, die Adam aufzuklären hat, bringt an den richtigen Stellen einen Schuss Spannung und fesselt dank diverser Verwicklungen.

Was jetzt noch von der Handlung überbleibt, füllt die Autorin mit Adams Vorgeschichte und einer ausführlichen Beschreibung seiner Persönlichkeit. Auch hierbei verzichtet sie auf alle gängigen Klischees. Adam ist kein erotischer Verführer und auch kein blutrünstiges Monster, sondern ein sehr sensibler, innerlich zerrissener Mann. Der ständige Kampf gegen den Dämonen in sich macht ihn zu einem sehr facettenreichen, interessanten Charakter, mit dem man sich schnell identifizieren kann. Seine Handlungen und Gedanken sind gut nachvollziehbar und werden von der Autorin anschaulich aufbereitet.

Heitmanns Schreibstil ist ebenfalls eine kleine Überraschung. Sie schreibt weder reißerisch noch wie in einem typischen Frauenroman, sondern sehr belletristisch. Mit einem gehobenen, unaufgeregten Wortschatz lässt sie eine düstere, traurige Atmosphäre entstehen, die perfekt zu ihrer Hauptperson passt. Die distanzierte Erzählperspektive erhöht diesen Effekt zusätzlich.

Es gibt keine richtigen Vampire in der Geschichte, keine kitschige Romanze – „Nachtglanz“ ist bei weitem nicht das, was man erwartet. Bereits nach den ersten Seiten wird dank des tollen Schreibstils klar, dass Tanja Heitmanns Geschichte ein anderes Kaliber ist. Eine interessante Hauptfigur, eine spannende Handlung – dieses Buch ist definitiv eine Empfehlung wert!

|Gebunden: 477 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-26642-1|
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Johnson. Alaya – Moonshine – Stadt der Dunkelheit

_Moonshine_:
Band 1: _Stadt der Dunkelheit_

Urban-Fantasy-Reihen gibt es viele. Da ist es schwierig, sich noch von der Masse abzuheben. Die amerikanische Autorin Alaya Johnson probiert es bei ihrer Reihe „Moonshine“ mit einem besonderen historischen Kontext. Der erste Band der Serie, „Stadt der Dunkelheit“, entführt den Leser in das New York der Goldenen Zwanziger des 20. Jahrhunderts.

Zephyr Hollis wird zu dieser Zeit in einer Welt groß, in der Menschen nicht immer friedfertig mit den so genannten Anderen zusammen leben. Zu diesen Anderen gehören neben Vampiren auch Feen und Dschinns. Sie sind nicht gerne gesehen in New York, doch Zephyr, eine begnadete Kämpferin, setzt alles daran, dies zu ändern. Sie engagiert sich nicht nur in diversen Kommitees, sondern arbeitet auch ehrenamtlich für eine Blutbank und verdingt sich als Lehrerin einer Abendschule für Einwanderer und Andere.

Als sie eines Tages einen Jungen in einer dunklen Gasse findet, der soeben in einen Vampir verwandelt wurde, handelt sie wider ihres besseren Gewissens und beschließt, ihn zu retten anstatt ihn ordnungsgemäß bei der Polizei abzugeben, damit diese ihn pfählt. Kinder und Jugendliche dürfen nämlich eigentlich nicht gewandelt werden, da sie damit nicht zurecht kommen. Was die impulsive Zephyr da macht, ist sogar strafbar. Doch sie bekommt Hilfe von ungeahnter Seite. Amir, einer ihrer Schüler, bietet sich an, sich um den Jungen zu kümmern.

Der geheimnisvolle Fremde, ein Dschinn, wie Zephyr erfährt, bittet sie im Gegenzug um einen Gefallen. Sie soll das Versteck von Rinaldo, dem meistgesuchten Vampir New Yorks, ausfindig machen, da Amir mit diesem noch eine Rechnung offen hat. Zu diesem Zweck nähert sie sich den Turn Boys an, einer Gang jugendlicher Vampire, die mit Rinaldo in Verbindung stehen soll. Das ist kein einfaches Unterfangen und ungefährlich erst recht nicht, denn just in diesem Augenblick wird die Stadt von einer Droge überschwemmt, die Vampire in enthemmte Monster verwandelt …

Die Goldenen Zwanziger – dieser historische Kontext verspricht einiges, ist dieses Zeitalter doch für sein ausschweifendes Nachtleben, die lebhafte Musik und die politischen Querelen bekannt. Leider gelingt es der Autorin nur ansatzweise, dieses zum Leben zu erwecken. Häufig wirkt die Geschichte eher wie eine Aneinanderreihung diverser Szenarien dieser Zeit. Etwas genauere Recherche, exaktere Beschreibungen und wirklich Interessantes, was man als Laienleser nicht unbedingt weiß, hätten dem Buch gut getan.

Die Handlung von „Stadt der Dunkelheit“ ähnelt im Grunde der von ähnlich gearteten Reihen. Eine junge, kämpferische Frau muss sich gegen dunkle Mächte behaupten und verliebt sich dabei in einen zwielichtigen Mann. Zusätzlich hat sie noch ein Geheimnis, von dem niemand etwas weiß. Für eine wirklich spannende Geschichte fehlt es allerdings an entsprechenden Ereignissen und überraschenden Wendungen. Das Buch ist zwar gut konstruiert, doch das entscheidende Bisschen fehlt. Von der Handlung her ist Johnsons Debüt eher Mittelmaß.

Spaß macht hingegen die Hauptfigur. Zephyr ist wie viele ähnliche Figuren eine Kämpferin, aber durch den historischen Kontext wirkt sie dabei sehr authentisch. Als engagierte Vorkämpferin für Frauenrechte, bessere Bedingungen für Andere und alles, wofür es sich sonst noch zu kämpfen lohnt, hat sie etwas ganz Eigenes. Ihr freches Mundwerk tut das seinige. Der auffälligste Charakter neben Zephyr ist ihre Mitstreiterin Lily, eine vornehme Journalistin, die wirklich alles für eine gute Exklusivstory zu tun scheint. Die Klassenunterschiede zwischen den beiden sind immer sehr erheiternd.

Der Schreibstil der Geschichte ist angenehm, lässt aber ebenfalls ein wenig den Flair der Zwanziger Jahre vermissen. Derart hätte auch ein Buch aus der modernen Zeit geschrieben sein können. Bestimmte Begriffe, vielleicht ein anderes Sprachniveau in den Dialogen hätte vielleicht für etwas mehr Pfeffer gesorgt.

„Stadt der Dunkelheit“ ist kein schlechtes Buch. Die Personen beispielsweise sind toll, vor allem vor dem zeitlichen Hintergrund. Trotzdem hätte man mehr aus der Geschichte herausholen können, gerade bei der Beschreibung der damaligen Zeit. Es bleibt also zu hoffen, dass Alaya Johnson in den Folgebänden auf diesem guten Fundament aufbaut und sich dadurch von ähnlichen Reihen abhebt.

|Broschiert: 425 Seiten
Originaltitel: |Moonshine|
Deutsch von Christiane Meyer
ISBN-13: 978-3426507162|
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Hohlbein, Rebecca – Himmelwärts

Bei diesem Nachnamen erwartet man viel: Rebecca Hohlbein ist die Tochter des wohl bekanntesten Autors Deutschlands. Zusammen mit ihrem Vater Wolfgang hat sie bereits einige Romane verfasst, nun veröffentlicht sie mit „Himmelwärts“ ihr erstes ganz eigenes Buch.

Das kleine Örtchen Oberfrankenburg in Franken ist nicht so beschaulich wie es aussieht. Zwei Vampire leben auf Burg Werthersweide, der neue Prophet lebt unerkannt in der Stadt und wird von Alvaro, seinem Schutzengel, davor bewahrt, in Gefahr zu geraten, bevor er seine eigentliche Aufgabe erfüllt hat. Und dann ist da noch die Mafia, die die Ereignisse ins Rollen bringt.

Bei einer Schießerei in einer Kneipe trifft ein Querschläger Lennart, den neuen Propheten, der daraufhin stirbt. Dies ist eine Tragödie für Alvaro, denn sein Auftrag ist damit gescheitert. Um Ärger mit seinem Vorgesetzten, dem Engel Tamino, zu vermeiden, reist er zur Erde, um Lennart wiederzubeleben. Doch auch das geht schief. In Oberfrankenburgs pathologischem Institut findet er den toten Lennart nicht, da dessen Leiche entführt worden ist. Statt dessen verharrt er bei der Leiche einer jungen Frau – die plötzlich die Augen aufschlägt und ihn in den Hals beißt.

Tabea, seit einiger Zeit untot, hat von einem Menschen genascht, der Drogen im Blut hatte, was ihr nicht besonders gut bekommen ist. Alvaro ist da aber auch nicht besser. Nachdem sie ihn gebissen hat, verliert sie vorübergehend ihre Fähigkeit, sich in eine Fledermaus zu verwandeln, Alvaro wird zu einem Normalsterblichen degradiert. Doch dadurch taucht Lennarts Leiche auch nicht wieder auf. Gemeinsam mit Tabea, die sich nicht sicher ist, ob sie den ehemaligen Engel mögen oder hassen soll, begibt Alvaro sich auf die Suche nach dem neuen Propheten. Doch so einfach ist das nicht, denn oberste Mächte sind gegen die beiden …

Was erwartet man, wenn man den Namen Hohlbein auf dem Cover eines Buches liest? Vermutlich nicht das, was man in „Himmelwärts“ bekommt. Rebecca Hohlbein schreibt sehr versiert mit eigener Stimme. Diverse Wortspielereien, eine satte Portion Humor und schlagfertige Dialoge bestimmen die Geschichte. Dabei gelingt es der Autorin, diesen Stil von der ersten bis zur letzten Seite durchzuziehen. Das ist sehr löblich, doch nicht jedem wird diese Erzählweise gefallen. Tatsächlich ist es an der einen oder anderen Stelle etwas zuviel des Guten. Gerade die längeren Sätze wirken manchmal zu verschachtelt und anstrengend.

Ähnlich humorvoll wie der Schreibstil ist die gesamte Geschichte. Hohlbein reiht ein skurriles Ereignis an das andere. Die Handlung ist manchmal geradezu aberwitzig und spielt gewieft mit diversen Klischees. Dabei vergisst sie aber nicht, auch mal ruhige Töne anzuschlagen, zum Beispiel, wenn Tabea entdeckt, dass Alvaro mehr ist als ein durchgeknallter Flattermann. Dessen Versuche, sich in der Menschenwelt zurecht zu finden, werden durch seine naive, durch bedingungslose Nächstenliebe geprägte Sichtweise bestimmt. Die ist teilweise überaus amüsant, teilweise wird dem Leser aber auch ein Spiegel vorgehalten. Dies täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die Handlung selbst nicht immer überzeugt. Die Geschichte verfranst sich, weil diverse Nebenereignisse miteinbezogen werden. Dadurch geht die Spannung etwas verloren, die unterschiedlichen Motive der Beteiligten erschweren das Verständnis.

Ähnlich humorvoll wie die Handlung sind auch die Charaktere der Geschichte. Tabea und Alvaro geben ein ziemlich ungleiches Paar ab, die freche Vampirin auf der einen, der naive Engel auf der anderen Seite. Beide sind überzeichnet, doch gerade bei Tabea gibt es immer wieder besonnenere Momente. Alvaro hingegen wird meistens ziemlich naiv dargestellt. Daraus resultieren einige lustige Situationen, wenn er versucht, sich in der Menschenwelt zurechtzufinden. Insgesamt fügen sich die beiden, genau wie die übrigen Figuren, nahtlos in die Geschichte ein: Sie sind zumeist sehr amüsant, manchmal zu extrem, dann aber auch an einigen Stellen durchaus tiefgründig.

Mit „Himmelwärts“ zeigt Rebecca Hohlbein, dass sie nicht von ihrem berühmten Nachnamen abhängig ist, um erfolgreich zu sein. Ihr Debütroman ist ein heiteres Stück Literatur, dass mit viel Schwung geschrieben ist. An einigen Ecken ist es sicherlich verbesserungswürdig – die Handlung ist beispielsweise etwas zu ungeordnet -, insgesamt hinterlässt die Autorin aber einen guten Eindruck. Vor allem ihr origineller Schreibstil gefällt.

|Gebunden: 618 Seiten
ISBN-13: 978-3453266889|
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Millar, Martin – Kalix – Fluch der Werwölfe (Kalix 2)

_|Kalix|:_

Band 1: Kalix – Werwölfin von London
Band 2: _Kalix – Fluch der Werwölfe_

Nachdem die junge Werwölfin Kalix MacRinnalch es in „Kalix – Werwölfin von London“, dem ersten Band der Reihe, geschafft hat, fast ihre gesamte Familie gegen sich aufzubringen und vom schottischen Familiengut vertrieben zu werden, lebt sie ein beschaulich anmutendes Leben in London. Sie wohnt mit Freunden in einer WG, geht aufs College, doch so wirklich kann sie ihrer wilden Vergangenheit und auch ihrem wilden Wesen trotzdem nicht entfliehen.

Obwohl sie eigentlich glücklich sein müsste, fühlt sie sich einsam und ist depressiv. Sie wird immer noch für ihren Mord am Werwolfanführer Sarapen verfolgt und ist nur durch die Zauber ihrer Schwester Thrix vor anderen Wölfen und den Werwolfjägern geschützt. Ihre Sucht nach Laudanum, Whiskey und Selbstverletzung sowie ihre Appetitlosigkeit nagen an ihr. Als sie einen Brief von ihrem ehemaligen Geliebten Gawain erhält, der sie zuvor mit ihrer Schwester betrogen hat, ist sie hin und her gerissen, ob sie ihm vergeben soll oder nicht.

Als sie sich zu einer Aussprache mit ihm treffen will, macht sie eine grausige Entdeckung. Gawain wurde mit einem Stich ins Herz ermordet. Für die impulsive, unberechenbare Kalix ein rotes Tuch – sie will Rache an seinem Mörder nehmen. Dafür muss sie diesen aber erstmal finden, doch dies gestaltet sich schwierig, denn Werwolfjäger und verfeindete Werwölfe sind ihr auf der Spur. Einzig der undurchsichtige Decembrius scheint ihr helfen zu wollen …

_Mit über 744 Seiten_ ist „Kalix – Fluch der Werwölfe“ nicht gerade dünn, doch dem Autor Martin Millar gelingt es nach Startschwierigkeiten, diese überzeugend mit Leben zu füllen. Da die Geschichte aus der Perspektive mehrerer Personen erzählt wird, die jeweils abwechselnd in kurzen Kapiteln auftreten, ist der Anfang etwas unübersichtlich. Millar führt die einzelnen Charaktere so ein, dass sie trotz ihrer Vielzahl gut voneinander zu unterscheiden sind. Mit dem Fortschreiten der Geschichte werden die einzelnen Handlungsstränge immer enger miteinander verwoben. Dadurch baut sich mehr Spannung auf, auch wenn der Spannungsbogen insgesamt eher flach bleibt.

Allerdings sind es in diesem Buch auch weniger die Ereignisse, die überzeugen und das Buch so wunderbar machen, als vielmehr die Charaktere. Allen voran Kalix, die für ein Jugendbuch sehr gut ausgearbeit, kreativ und vor allem überraschend ist. Sie wird als zerrissenes Mädchen dargestellt, das nicht immer fair und mutig ist. Viele ihrer Handlungen sind durch Angst oder Hass motiviert. Sie handelt unüberlegt, ist drogenabhängig, psychisch labil. Sie ist sicherlich nicht die pädagogisch wertvollste Protagonistin, aber eine, mit der man mitfiebert. Jedes Mal, wenn sie wieder ihrer Laudanumsucht nachgibt, wünscht man sich, sie würde damit aufhören. Wenn sie wieder etwas tut, was dem gesunden Menschenverstand widerspricht, wünscht man sich, sie würde nur einen Moment weniger auf Instinkte hören. Viel Spannung bezieht die Geschichte daher auch aus ihrer unberechenbaren Hauptperson.

Die übrigen Charaktere sind nicht weniger interessant und lebendig. Millar stattet jeden von ihnen mit ganz besonderen Eigenheiten aus, die nicht immer ganz ernst gemeint sind. Die weiblichen Feuergeister beispielsweise fechten ihre internen Machtkämpfe mithilfe von Designerkleidung und Schuhen aus. Wer den angesagtesten Auftritt hinlegt, gewinnt. Obwohl die Geister in einer anderen Sphäre leben, werden sie überspitzt menschlich dargestellt, was überaus amüsant ist. Auch andere Figuren werden zumeist auf ihre prägnantesten Charakterzüge reduziert, was sie einfach verständlich und auch ziemlich witzig macht. Vex‘ Naivität beispielsweise sorgt immer wieder für humorvolle Momente, vor allem, wenn sie auf die gar nicht naive Kalix trifft.

Millar pflegt einen ganz eigenen Schreibstil. Auf der einen Seite schreibt er leicht verständlich, locker, wie es sich für einen Jugendroman gehört, auf der anderen benutzt er einen ihm ganz eigenen Humor. Dieser ist manchmal sehr eindeutig, manchmal eher versteckt, doch da ist er immer. Er zaubert dem Leser ein Lächeln ins Gesicht und hilft charmant über die handlungstechnisch weniger spannenden Stellen hinweg.

_Es ist vor allem_ dieser einmalige Schreibstil mit dem Humor, der „Kalix – Fluch der Werwölfe“ aus der Masse herausstechen lässt. Hinzu kommt ein herrlich funkensprühendes Personenensemble voller unterschiedlicher, lustiger, aber auch trauriger Charaktere, die den Leser mitreißen. Die Handlung hat zwar die eine oder andere Länge, was jedoch durch die genannten Pluspunkte kompensiert wird.

|Broschiert: 744 Seiten
Originaltitel: |Curse of the Wolf Girl|
Deutsch von Eva Kemper
ISBN-13: 978-3841421029|
http://www.fischerverlage.de

de Vigan, Delphine – Ich hatte vergessen, dass ich verwundbar bin

Mit [„No und Ich“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5680 hat sich die französische Autorin Delphine de Vigan in die Herzen ihrer Leser geschrieben. Mit „Ich hatte vergessen, dass ich verwundbar bin“ will sie an diesen Erfolg anknüpfen.

_Im Mittelpunkt der_ Geschichte steht Mathilde. Nachdem sie früh Witwe geworden ist, zieht sie ihre drei Söhne alleine auf und arbeitet Vollzeit in der Marketingabteilung eines Nahrungsmittelkonzerns. Sie opfert sich auf, macht viele Überstunden und schafft es, die rechte Hand ihres Vorgesetzten Jacques zu werden. Doch ein kleines, unwichtiges Ereignis auf der Arbeit setzt einen Prozess in Gang, an dessen Ende Mathilde beinahe vernichtet wird.

Bei dem Vortrag eines Kunden widerspricht sie ihrem Chef, was dieser persönlich nimmt. Doch statt ein offenes Gespräch mit ihr zu suchen, beginnt er, Mathilde leise und heimlich zuzusetzen. Er lässt ihr Besprechungstermine nicht zukommen, nimmt ihr allmählich ihre Verantwortungsbereiche ab, bis sie letztendlich mehr oder weniger arbeitslos in einem kleinen Büro sitzt und an ihrer Situation verzweifelt.

Zur gleichen Zeit fährt der mobile Hausarzt Thibault durch Paris, versorgt seine Patienten und hängt in Gedanken seiner Geliebten Lila nach, mit der er am Morgen endgültig Schluss gemacht hat. Während er rastlos seinen Gedanken nachhängt, schöpft Mathilde am schlimmsten Tag ihres Lebens nur aus einer Sache Hoffnung: eine Wahrsagerin hat ihr für genau diesen Tag eine besondere Begegnung voraus gesagt …

_“Ich hatte vergessen_, dass ich verwundbar bin“ ist ein minimalistisches, nicht besonders langes Buch, das schnell gelesen ist, dabei aber nie oberflächlich wird. Im Gegenteil ist es unglaublich atmosphärisch und erschafft mit Hilfe einer leicht zu lesenden, sehr lebendigen, beinahe poetischen Sprache einen ganz eigenen Erzählkosmos.

In dessen Mittelpunkt stehen zwei Personen: Mathilde und Thibault. Die Autorin hält dabei lange offen, ob die beiden sich treffen und ob sie überhaupt die besondere Begegnung sind, von der die Wahrsagerin gesprochen hat. Spannung erhält die Geschichte zum Einen aus diesem Handlungsstrang, sie besticht aber auch durch die atmosphärische Schilderung der Leben der Protagonisten sowie ihres Alltags. Begierig folgt man den Figuren in Vergangenheit und Gegenwart, um mehr über sie zu erfahren.

De Vigan schafft es nämlich, ihre Charaktere unglaublich mitreißend zu gestalten. Mathilde und Thibault erzählten beide aus der dritten Person, doch als Leser erhält man einen tiefen Einblick in ihre Gefühls- und Gedankenwelt. Nach der Lektüre hat man das Gefühl, die beiden tatsächlich kennen gelernt zu haben – und kann sich möglicherweise sogar mit ihnen identifizieren. Während die eine mit Mobbing am Arbeitsplatz zu kämpfen hat, hadert Thibault mit der Liebe. Beide Situationen dürften den einen oder anderen Leser ansprechen. Da de Vigans Figuren keine Übermenschen sind, sondern im Gegenteil sehr alltäglich wirken, fällt es leicht, sich in sie hinein zu versetzen. Thibault und Mathilde wirken auf den ersten Blick zwar nicht unbedingt originell, aber dafür werden sie umso eingehender und intensiver beschrieben und dargestellt.

Dies alles wird durch de Vigans Schreibstil zusammen gehalten, der bereits in „No und ich“ sehr viel zur Qualität beigetragen hat. Einfach und schnörkellos, in einer leicht verständlichen Sprache, gleichzeitig aber auch sehr tiefsinnig und poetisch erzählt die Autorin. Die traurige Grundstimmung passt zu den Protagonisten, es ergibt sich ein rundherum stimmiges Bild.

_“Ich hatte vergessen_, dass ich verwundbar bin“ ist ein würdiger Nachfolger von „No und ich“. Die Handlung hat zwar etwas weniger Substanz und besteht zu einem großen Teil aus Erinnerungen, doch das Gefühl, das beim Lesen aufkommt, die Sprache und die leicht zugänglichen Protagonisten lassen diesen Makel vergessen. De Vigans Roman ist ein kleines belletristisches Kleinod, das zum Nachdenken anregt und den Leser lange nicht loslässt.

|Gebunden: 251 Seiten
Originaltitel: |Les heures souterraines|
Deutsch von Doris Heinemann
ISBN-13: 978-3426198865|
http://www.droemer.de

Kate, Lauren – Engelsnacht

Genug der Vampire, jetzt gehen die Engel an den Start! Die junge Autorin Lauren Kate beginnt mit „Engelsnacht“ eine Fantasyreihe, die vor allem Fans der „Bis(s)“-Reihe ansprechen wird.

_Die siebzehnjährige Luce_ muss nach einem merkwürdigen Vorfall, bei dem ihr Freund Trevor ums Leben gekommen ist, auf das Internat Sword & Cross, das sich als Besserungsanstalt für psychisch Kranke und Vorbestrafte entpuppt. Die meisten ihrer Mitschüler sind ziemlich schräg, aber Luce ist auch nicht gerade ohne. Seit ihrer Kindheit sieht sie ständig Schatten um sich herum, die andere nicht wahrnehmen.

Sie lebt sich recht schnell ein und findet in der verrückten Arriane und der strebsamen Penn gute Freundinnen, in dem Punkmädchen Molly aber auch eine Feindin. Außerdem sind da noch zwei Jungen, Cam und Daniel. Beide sind attraktiv und machen Eindruck auf Luce, doch während Cam sich ihr gerade aufdrängt, weicht Daniel ihr aus und weist sie ab. Er ist unglaublich unfreundlich zu ihr, was ihn in ihren Augen aber noch attraktiver macht. Sie beginnt damit, über ihn zu recherchieren, weil sie mehr über ihn herausfinden möchte, doch keine der Informationen bringt sie wirklich weiter. Gleichzeitig wird Cam immer aufdringlicher. Fast schon zu aufdringlich, doch Daniel rettet sie aus einigen brenzligen Situationen – und offenbart dabei, dass sie mehr verbindet als Luce jemals gedacht hat …

_Der Schwerpunkt in_ Kates Roman liegt eindeutig auf der Romantik. Es gibt zwar einige Spannungselemente – das Geheimnis um Daniel und Cam, ein actionreiches Finale -, doch diese sind nur schwach ausgeprägt und werden auch nicht richtig ausgebaut. Ansonsten dreht sich das Buch, das aus Luces Perspektive erzählt wird, aber hauptsächlich um ihre Gefühle und Gedanken. Von diesen gibt es viele. Luce muss den Unfall mit ihrem Freund verarbeiten, sich an die neue Schule gewöhnen, neue Freunde finden und das erste Zusammentreffen mit Daniel stürzt sie in ein schreckliches Gefühlschaos. Ausgewalzt auf über 400 Seiten kann es da schon zu der einen oder anderen Länge kommen. Insgesamt fehlt es dem Aufbau noch etwas an klarer Linie und vielleicht auch etwas mehr Ausgewogenheit zwischen Romantik und Spannung.

Kate greift in ihrem Roman ein hinreichend bekanntes Thema auf: gefallene Engel. Dabei verzichtet sie weitgehend auf religiösen Ballast. Das bedeutet auf der einen Seite ein paar Längen weniger, auf der anderen wirkt das Buch an einigen Stellen allerdings etwas oberflächlich. Hinsichtlich des jungen Publikums ist dieses Vorgehen allerdings sicherlich das bessere.

Luce ist eine Figur, die, ähnlich wie Bella aus der „Bis(s)“-Reihe, viele junge Mädchen ansprechen wird. Sie ist auf der Suche nach sich selbst, muss Ereignisse aus ihrer Vergangenheit verarbeiten und muss sich mit der Liebe auseinandersetzen. Die inneren Konflikte, die dabei entstehen, beschreibt die Autorin sehr anschaulich in einer mitreißenden, leicht verständlichen Sprache. Bereits nach den ersten Kapiteln hat man sich ein gutes Bild von der Protagonistin gemacht, das auch bis zum Ende konsistent bleibt. Sie ist damit sicherlich nicht der originellste Charakter, aber sie ist interessant und lebendig und besitzt Potenzial.

_Ob sich dieses_ Potenzial auch in der von Lauren Kate geplanten Reihe fortsetzen wird, wird sich zeigen. „Engelsnacht“ hat hinsichtlich der Protagonistin und des verständlichen Schreibstils jedenfalls die richtigen Tendenzen. Die Handlung überzeugt allerdings noch nicht ganz. Etwas mehr Spannung und weniger Längen wären wünschenswert.

|Gebunden: 448 Seiten
Originaltitel: Fallen
Deutsch von Doreen Bär
ISBN-13: 978-3570160633|
http://www.cbt-jugendbuch.de

Meding, Kelly – In drei Tagen bist du wieder tot (Dreg City 1)

_Dreg City:_
Band 1: _In drei Tagen bist du wieder tot_

Als ob einmal sterben nicht genug wäre … Evangeline, die Heldin in „In drei Tagen bist du wieder tot“ von Kelly Meding, erwacht nach ihrem Tod in einem fremden Körper, nur weil ihr Arbeitgeber glaubt, dass sie wichtige Informationen mit ins Jenseits genommen hat.

_Evangeline Stone arbeitet_ als Dreg-Jägerin. Ihre Aufgabe ist die Verfolgung von übernatürlichen Wesen wie Gargoyles, Feen oder Vampiren, die aus der Reihe tanzen. Bei einer ihrer Missionen stirbt sie, doch ihr Vertrauter und Vorgesetzter Wyatt lässt sie mit Hilfe eines riskanten Zauberspruchs wieder zum Leben erwecken. Vor ihrem Ableben war sie einer Verschwörung auf die Spur gekommen, die eine Gefahr für die Menschheit darstellen könnte. Die Informationen, die sie hat, sind wichtig, doch das ist nicht Wyatts einziger Grund für dieses ungewöhnliche Vorgehen. Er ist in Evy verliebt, hat es ihr jedoch nie sagen können.

Dummer Weise geht bei der Wiedererweckung etwas schief. Evy leidet an Gedächtnisverlust. An die wichtigen Informationen muss sie sich erst erinnern. Sie hat jedoch nur 72 Stunden Zeit dafür und diese drei Tage machen ihr ihre Feinde nicht besonders leicht. Viel zu schnell wird bekannt, dass sie nun in einem anderen Körper steckt und ihre Widersacher setzen alles daran, um sie auszuschalten …

_“In drei Tagen_ bist du wieder tot“ reiht sich nahtlos in die Reihe der Urban-Fantasy-Bücher mit der toughen Heldin mit großem Mundwerk ein. Evy ist eine Kämpferin, die für Gefühle nicht besonders viel übrig hat. Vom harten Leben als Waisenkind geprägt stellt sie sich jeder Auseinandersetzung und zeigt keine Furcht vor Vampiren und Co. Evy wirkt authentisch, es macht Spaß ihr zu folgen, aber Meding misslingt es, ihre Serienheldin wirklich originell zu gestalten. Sie erinnert im Kern zu stark an andere weibliche Charaktere derartiger Bücher.

Die Handlung klingt auf den ersten Blick originell. Die Autorin versucht diesem ersten Eindruck mit einer flotten Erzählweise und viel Action gerecht zu werden. Es fehlt stellenweise aber etwas an Ordnung. Die Handlung wirkt verworren, echte Höhepunkte fehlen. Dadurch bleibt die Spannung auf der Strecke. Die Welt, in der die Geschichte spielt, ist ansprechend. Neben Vampiren und Feen beinhaltet sie auch eher ungewöhnliche Wesen wie Gargoyles, Kobolde oder Gremlins. Man merkt jedoch, dass es sich bei dem Buch um Medings Debüt handelt. Insgesamt wirkt die Kulisse noch nicht wirklich ausgereift. Hintergrundinformationen fehlen, auch das Düstere, das die Autorin hinein bringen möchte, wirkt noch nicht so dunkel wie es sollte.

Schreiben kann die Debütantin allerdings schon ganz ordentlich. Ihre Wortwahl ist passend, der Stil flüssig. Vereinzelte Sprachbilder und eine gute Portion Humor runden das Gesamtbild ab. Die Geschichte liest sich schnell und einfach und vermittelt einen guten Einblick in Evys Gefühlswelt.

_Kelly Medings erster_ Roman ist ein nettes Stück Urban Fantasy, dem es aber an den entscheidenden Stellen noch an Originalität und Reife fehlt.

|Broschiert: 475 Seiten
Originaltitel: |Three Days to Dead|
Deutsch von Simon Weinert
ISBN-13: 978-3426283134|
http://www.pan-verlag.de

Turow, Scott – letzte Beweis, Der

Schuld oder Unschuld einer Person sind nicht immer eindeutig festzustellen, erst recht nicht in einem Prozess. Indizien können lügen, Zeugen sind nicht immer zuverlässig und auch auf die Geständnisse von Angeklagten kann man nicht immer etwas geben. Der Anwalt und Schriftsteller Scott Turow („Aus Mangel an Beweisen“) beschäftigt sich in seinem Roman „Der letzte Beweis“ sehr detailliert genau mit solchen Fragestellungen – und zeigt, wie sehr der Schein manchmal trügt.

_Die Karriere des_ Richters Rusty Sabich ist nicht ohne Makel. Vor zwanzig Jahren stand er im Verdacht, seine damalige Affäre ermordet zu haben, doch er wurde nie dafür verurteilt. Fehlende Beweise und Verfahrensfehler bewahrten ihn davor, ins Gefängnis zu gehen, doch wirklich reinwaschen konnte er sich von der Schuld nicht.

Nun gibt es erneut eine tote Frau in seinem Leben. Seine Gattin Barbara liegt eines morgens tot im Bett neben ihm, doch anstatt einen Notarzt zu rufen, bleibt er einen ganzen Tag neben ihr sitzen und denkt über die gemeinsame Zeit nach. Tommy Molto, der Rusty damals anklagte, sitzt die frühere Niederlage auch nach zwanzig Jahren noch in den Knochen. Ihm fällt es schwer zu glauben, dass Rusty wirklich nur aus Nostalgie so lange neben seiner Frau sitzen geblieben ist. Er beginnt nachzuforschen und kommt weiteren Ungereimtheiten auf die Spur – dieses Mal sieht es nicht so rosig aus für Rusty …

_“Der letzte Beweis“_ ist ein raffiniertes Buch, das zum Nachdenken anregt und den Leser fordert. Erzählt wird aus zahlreichen Perspektiven und auch aus verschiedenen Zeiten. Um keine Verwirrung aufkommen zu lassen, sind die Kapitel mit dem Namen der Person sowie dem Zeitpunkt überschrieben. Eine zusätzliche Zeitleiste über der Überschrift erleichtert die Orientierung. Die Personen im Vordergrund sind Rusty, Tommy Molto sowie Rustys Sohn Nat, der vor allem die familiäre Situation beleuchtet. Diese spielt im Buch keine unbedeutende Rolle.

Die Figuren sind ausgesprochen gut gezeichnet. Sie dienen nicht nur der Handlung, es scheint dem Autor auch sehr daran gelegen, dem Leser die Charaktere selbst nahe zu bringen. Ihre Gedanken, Gefühle, Ansichten werden ausgiebig behandelt. Einige Stellen wiederholen sich, andere sind für den Fortgang der Geschichte nicht unbedingt relevant. Sie sind jedoch bedeutend für das Gesamtbild, denn Rustys Prozess ist nicht irgendeine Auseinandersetzung vor Gericht. Es ist gewissermaßen auch das Aufeinandertreffen mehrerer Persönlichkeiten, deren Motive nicht immer gleich deutlich werden.

Der Autor schafft es, die Gedanken der Charaktere und ihr zwischenmenschliches Zusammenspiel sowie den langwierigen Prozess zu einer sehr spannenden Sache zu machen. Da der Leser mehr weiß als die Figuren, wartet er nur darauf, dass einige der Lügengerüste zusammenfallen. Zudem überrascht der Autor mit einigen kleinen, aber einflussreichen Wendungen. Turow schafft es, den Leser während des Prozesses als eine Art Richter einzuspannen. Obwohl man in Rustys Kopf gucken darf, schwankt man beständig. Ist er schuldig oder ist er nicht schuldig? Der Autor sät gewieft seine Zweifel, eine Bewertung der Situation ist vertrackt, die Auflösung erfolgt erst ganz am Ende und kommt überraschend.

Bis zu diesem Punkt sind es über 570 Seiten, die Turow flüssig und mitreißend erzählt. Sein Stil ist eher nüchtern, unaufgeregt, dafür aber handwerklich sehr geschickt. So wie er den Persönlichkeiten seiner Figuren auf den Grund geht, so detailliert schreibt er auch. Er drückt sich präzise aus, ohne zu ausschweifend zu werden, bleibt dabei aber häufig recht distanziert von den Personen, aus deren Perspektive er erzählt. Dies stört allerdings nicht, sondern unterstreicht im Gegenteil das schon beinahe analytische Vorgehen des Autors bei der Schilderung der Umstände.

_“Der letzte Beweis“_ ist ein sehr gut geschriebener Roman, dessen Inhalt zuerst etwas langweilig anmutet, in dem aber überraschend viel Potenzial verborgen ist. Autor Scott Turow macht jedenfalls eine interessante und wendungsreiche Geschichte daraus, die zum Nachdenken über Schuld und Unschuld anregt.

|Hardcover: 573 Seiten
Originaltitel: |Innocenct|
Deutsch von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
ISBN-13: 978-3896674241|
http://www.blessing-verlag.de

Todd Strasser – Wish u were dead

In Deutschland ist Todd Strasser vor allem unter dem Pseudonym Morton Rhue und für sein Buch „Die Welle“ bekannt. 2008 drehte Dennis Gansel sogar eine deutsche Filmadaption der Geschichte. Neben diesem Roman hat Strasser zahlreiche weitere Bücher geschrieben. Eines davon ist „Wish u were dead“, das sich, wie vom Autor gewohnt, mit für Jugendliche relevanten Themen beschäftigt.

Madison wohnt im beschaulichen Soundview, einem Örtchen, in dem vor allem reiche Leute leben. Doch obwohl sie in diesen Lebensstil hinein geboren wurde, ist sie kein typisches blondes Highschoolpüppchen. Ihr gehen die Cliquen in ihrer Schule auf die Nerven, auch wenn sie und ihre beste Freundin Courtney ein Teil davon sind. Ihr gefallen eher Menschen, die aus der Reihe tanzen, zum Beispiel Tyler, der Neue an ihrer Schule. Er ist verschlossen und wirkt wesentlich erwachsener als die anderen Typen in Soundview.

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Schulte von Drach, Markus C. – Parasit, Der

Markus C. Schulte von Drach ist eigentlich ein promovierter Biologe, doch es scheint, als liege ihm das Schreiben mehr als das Mikroskopieren. Neben diversen journalistischen Tätigkeiten ist er außerdem als Autor tätig. „Der Parasit“ ist bereits sein zweiter Thriller.

_Die Münchner Polizei_ um Hauptkommissar Hans Bauer steht vor einem Rätsel. Ein Serienmörder treibt sein Unwesen in der Stadt. Er hat es auf Frauen abgesehen, die er in der Dunkelheit angreift, vergewaltigt und anschließend tot beißt. Er hinterlässt keine verwertbaren Spuren, scheint seine Opfer wahllos auszusuchen und es sieht vor allem nicht so aus, als ob er damit aufhören möchte.

Zur gleichen Zeit werden ähnliche Fälle aus Amerika, Schottland und Hawaii gemeldet. Der Mörder scheint viel herum zu kommen. Doch als Bauer nach Hawaii fliegt, muss er schnell feststellen, dass hier etwas nicht stimmt. Die Mordzeitpunkte liegen zu nahe beieinander. Gibt es mehrere Täter? Auch die hinzugezogenen Profiler können sich keinen Reim auf den Täter machen. Doch allmählich kristallisiert sich etwas heraus, dass keiner der beteiligten Ermittler glauben möchte …

_Schulte von Drach_ hat mit „Der Parasit“ ein sehr umfangreiches, detailliertes Buch geschrieben. Verschiedene Hauptfiguren berichten von verschiedenen Aspekten der Ermittlungen und aus verschiedenen Ländern. Die einzelnen Perspektiven sind recht gleichmäßig verteilt und so gut voneinander getrennt, dass dies kein Problem ist. Der Autor gewährt jedem Einzelnen genug Freiraum, um sich zu erinnerbaren Charakteren zu entwickeln. Der breite Überblick sorgt dafür, dass der Leser bei den einzelnen Höhepunkten stets vor Ort ist. Die Handlung ist dadurch unglaublich spannend. Nach und nach werden verschiedene Spuren aufgedeckt. Erst treibt sich der Mörder nur in München herum, dann in Hawaii, Amerika, Schottland. Der Fall wird immer verworrener, aber nie undurchsichtig. Es gibt so gut wie keine Längen – wenn man mal von einigen längeren Fachgesprächen absieht -, man muss einfach weiter lesen.

Die zahlreichen Protagonisten wirken am Anfang verwirrend, sie gewinnen mit der Zeit aber an Tiefe und Persönlichkeit. Beinahe jeder hat eigene Probleme und Stigmata, mit denen er zu kämpfen hat. Dadurch, dass jeweils aus der dritten Person erzählt wird, wirken die Charaktere zwar etwas distanziert, was sich mit steigender Seitenzahl jedoch auswächst. Besonders geschickt: Einer der Ermittler, der zuerst nur wie Beiwerk wirkt, nimmt mit der Zeit unerwartet eine immer wichtigere Rolle ein. Das ist der Geschichte sehr zuträglich.

Geschrieben ist das vorzüglich konstruierte Buch ebenfalls erstklassig. Am sprachlich hohen Niveau merkt man den journalistischen Hintergrund des Autors. Nicht immer ist alles für den Laien sofort verständlich, da Schulte von Drach vor allem im Bereich der (Kriminal-)Psychologie häufig sehr tief eintaucht. Allerdings schafft er es, derartige Sachverhalte verständlich darzustellen. Ein gewisses Interesse für die Materie sollte man dennoch mitbringen. Wer mehr Wert auf Action als auf lehrreiche Unterhaltung legt, ist mit „Der Parasit“ daher möglicherweise falsch beraten.

_Wer sich jedoch_ darauf einlässt, wird in dem Buch von Markus C. Schulte von Drach eine spannende und informative Lektüre finden. „Der Parasit“ ist ein überdurchschnittlich guter Thriller, der sich durchaus mit internationalen Bestsellern messen kann.

|Taschenbuch: 586 Seiten
ISBN-13: 978-3426504437|
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Robbins, Tom – B wie Bier

Wenn ein Buch den Titel „B wie Bier“ trägt, dann kann man mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es nicht besonders ernst gemeint ist. Tatsächlich bietet Tom Robbins Roman einiges zum Lachen, aber auch zum Schmunzeln …

_Gracie Perkel ist_ eine ziemlich naseweise beinahe Sechsjährige, die sich brennend für das interessiert, was ihr Vater und ihr Onkel Moe so gerne trinken: Bier. Während ihre Eltern über ihre Neugierde nicht gerade erfreut sind, erkennt Onkel Moe sehr schnell, dass Gracies Wissenslücken auf diesem Gebiet gefüllt werden müssen. Seine Nichte freut sich darauf, mit ihrem Onkel eine Brauerei zu besuchen, um zu erfahren, wie Bier gemacht wird, doch den beiden kommt einiges dazwischen. Erst verletzt sich Onkel Moe am Fuß, dann brennt er mit seiner Ärztin Dr. Proust nach Costa Rica durch.

Und Gracie? Die betrinkt sich frustriert an ihrem sechsten Geburtstag, was ihr, selbstverständlich, nicht gerade gut bekommt. Nachdem sie sich auf ihren Hello-Kitty-Teppich übergeben hat, kriegt sie merkwürdigen Besuch. Eine zierliche kleine Frau, die sich Bierfee nennt und ziemlich frech ist, fliegt um ihren Kopf herum. Sie beschimpft sie erst ein bisschen, weil sie sich betrunken hat, doch dann nimmt sie sie mit auf eine lehrreiche Reise, damit Gracie lernt, woher das Bier stammt …

_“B wie Bier“_ hat nur wenig mehr als 100 Seiten, ist aber nicht nur deswegen eine sehr kurzweilige Lektüre. Betrachtet man die Inhaltsangabe, sollte klar werden, dass Robbins es nicht besonders ernst meint. Im Mittelpunkt steht eine Sechsjährige, die ein brennendes Interesse an Bier hat. Dadurch werden auf charmante Art und Weise Vor- und Nachteile des bayrischen Nationalgetränks aufgezeigt. Die Reise mit der Bierfee ist dabei der krönende Abschluss. Allerdings wäre es fatal, das Buch alleine darauf zu reduzieren. Nebenbei erzählt Robbins auch noch Gracies Familiengeschichte, wie ihre Eltern sich scheiden lassen und wie sie auf Umwegen in Costa Rica landet. Dadurch gewinnt das Buch, das streckenweise wie ein Vorlesebuch für Kinder konzipiert ist, deutlich an Tiefe – an unerwarteter Tiefe. Doch mit dem gleichen skurrilen, manchmal schmerzhaften Humor, mit dem er Bier und Biertrinkende beschrieben hat, geht er auch auf Erwachsene im Allgemeinen ein. „B wie Bier“ wirkt dadurch stellenweise tatsächlich wie ein Kinderbuch, doch der Schreibstil verrät es.

Möchte man den Schreibstil betrachten, kommt man nicht um das Schriftbild herum. Der Verlag hat den Text so gedruckt, dass er wie ein Bierglas aussieht. Zwischendrin findet sich die eine oder andere interessante, detailreiche Grafik für all jene, die gerne mal wieder jung sein wollen. Der Autor spricht seine Leser gerne direkt an – und addressiert dabei ganz beiläufig vorlesende Großväter -, was höchst amüsant ist. Auch sonst reißt er den einen oder anderen Witz, sowohl in Dialogform als auch in seinen bunten, lebendigen, metaphernreichen Beschreibungen. Es vergeht keine Seite, auf der man nicht mindestens gelächelt hat. Höchst unernst, dafür aber überaus dramatisch schildert Robbins die Geschichte und setzt dabei neben kindgerechter Sprache auch immer wieder auf bizarre Fremdwörter, die mal mehr, mal weniger in den Kontext passen.

_“B wie Bier“_ ist ein amüsanter Zeitvertreib, der Wissenswertes und Nachdenkliches durch die Augen einer Sechsjährigen vermittelt. Originelle Einfälle und ein bezaubernder Schreibstil runden das Gesamtbild ab.

|Broschiert: 108 Seiten
Originaltitel: B is for Beer
Deutsch von Pociao
ISBN-13: 978-3499254246|
http://www.rowohlt.de