Da hatte ich mir doch wesentlich mehr erwartet. Alan Dean Foster zählt zu den Altmeistern der Szene, hat im Science-Fiction- wie Fantasy-Genre gleichermaßen faszinierende Romane abgeliefert. „Am Ende des Regenbogens“ (Kingdoms of Light) fällt leider nicht in diese Kategorie. Eine zwar routiniert erzählte Geschichte, auch stilistisch ist dem Autor kaum ein Vorwurf zu machen, aber so recht will der Funke nicht überspringen. Dafür ist der Roman letztlich zu unausgegoren, zu wenig prickelnd, in seiner Gesamtheit zu flach. Die Grundkonzeption erinnert an die weitaus gelungenere |Bannsänger|-Reihe. Während es dort den Protagonisten Jon-Tom Meriweather in eine Welt intelligenter und sprechender Tiere verschlägt – was gerade in den zahlreichen Szenen mit dem großmäuligen Otter Mudge für viele unterhaltsame Momente sorgt -, müssen sich hier diverse Tiere in Menschengestalt durch das arg handlungsarme Geschehen schleppen.
Khaxan Mundurucu, „ein Monster, Herrscher, seelenloser Schlächter von Männern und ein Frauenräuber“, wie es im Text so schön heißt, zudem auch noch den dunklen Künsten zugetan, belegt die Welt mit einem Fluch. Er raubt ihr alle Farben. Der angeblich mächtige Magier Susnam Evyndd wird bei dem Versuch, Munduruncu und seine Horden aufzuhalten, getötet. Sein letzter Zauber verwandelt seine Haustiere in Menschen. Oskar, der Hund, Taj, der Singvogel, die Schlange Samm sowie die Katzen Cocoa, Mamamitzi und Cezer finden sich schlagartig in menschlichen Körpern wieder – ihre Begeisterung hält sich stark in Grenzen. Eine schriftliche Botschaft ihres ehemaligen Meisters klärt sie darüber auf, was sie tun sollen: Um die Gothlanden, wie sich die heimatliche Gegend nennt, von der dunklen Horde befreien zu können, müssen die Farben wiederhergestellt werden. Das geheimnisumwitterte reine Weiße Licht der wahren Farbgebung soll von den Tieren gefunden werden, um eben dies zu bewältigen. Sie brechen auf, gewöhnen sich dabei langsam an ihre Menschenkörper und werden auf ihrer Reise durch die verschiedensten Welten mit allerlei Seltsamkeiten konfrontiert.
Gerade die fremden Sitten und Gebräuche, mit denen es die Weltenretter auf ihrer Reise zu tun bekommen, sollen dem Roman wohl die „Farbe“ geben. Leider verkehrt sich dies ins Gegenteil: So sonderlich exotisch ist das alles nicht, wirklich lustig – wie dann und wann zart angedeutet – auch nicht, sondern eher ziemlich oberflächlich und nur von mäßigem Unterhaltungswert. Logische Fehler, wilde Handlungssprünge und lieblos hingeworfene Charaktere tun ihr Übriges. Vielleicht hätte die Beschränkung auf eine Hauptperson, die sich in einem ungewohnten Körper wiederfindet und eine fremde Umgebung durchqueren muss, etwas retten können. Den gleich sechs Tieren, welche die Handlung tragen sollen, geht ein Eigenleben aber ab. Zur Bewertung: Ursprünglich stand hier mal ein gnädiges „Na ja“. Immerhin handelt es sich ja um einen Roman von Alan Dean Foster, so schlecht kann der doch eigentlich gar nicht sein, so die Intention. Genaueres Nachdenken förderte es aber zu Tage: „Am Ende des Regenbogens“ ist tatsächlich fast durchgängig laue Kost und beim besten Willen nicht zu empfehlen. Selbst die eher schnöden Auftragsarbeiten des Autors zu Filmen oder Serien zeichnen sich durch mehr Originalität aus und sind spannender zu lesen. Ein Vergleich mit den wirklich guten Titeln aus Fosters Feder – den erwähnten Bannsänger-Romanen oder seinem Homanx-Zyklus – verbietet sich.
Manchmal sitzt man da, umgeben vom grauen Einerlei des Alltags, und träumt von der Vergangenheit, von verpassten und verpatzten Situationen. Wenn man die Chance hätte, würde man alles anders und besser machen. Natürlich besser, denn man kennt ja die Konsequenzen seines ersten Tuns, in manchen Bereichen auch die Entwicklung der Menschheit – wobei dies meist auf die Entwicklung des so genannten „Westens“ beschränkt ist. Was könnte man alles erreichen? Es gibt allerlei Möglichkeiten, die genau sich zu überlegen wenige Träumende durchhalten – zu schnell greift der Alltag nach einem und hinterlässt höchstens melancholische Gefühle oder Trauer um verpasste Gelegenheiten.
Nicht so Ken Grimwood (1944-2003): In „Replay“ beschäftigt er sich eingehend mit diesen Möglichkeiten und den Folgen, denn der normale Träumende lässt stets außer Acht, dass das veränderte Verhalten große Veränderungen zumindest des eigenen Lebens nach sich ziehen würde. So würde man nach einer „korrigierenden“ Entscheidung vor einer neuen Situation stehen und einem neuen Leben die Stirn bieten.
Der Protagonist seines Romans, Jeff Winston, scheint eine Zeichnung seiner Selbst zu sein: Ebenso wie Grimwood selbst ist Jeff Radiojournalist und wird in einigen seiner „Replays“ Schriftsteller. Ob allerdings Grimwood so unzufrieden mit seinem Leben war wie der Jeff seines Romans, bleibt pure Spekulation. Grimwood starb in Kalifornien.
Jeff Winston ist ein leicht übergewichtiger Mann, der seinen Traum vom großen Erfolg und dem Wechsel zum Fernsehen aufgegeben hat. Zwar hat er eine gute Stellung bei seinem Radiosender, aber reich und zufrieden wird er damit nicht. Als seine Frau anruft, erkennt er deutlich, wie sehr sie sich auseinander gelebt haben. Ein richtiges Gespräch wäre dringend nötig, aber Jeff hört die Worte seiner Frau: „Wir brauchen dringend …“ – und bevor sie ausreden kann, schießen ihm alle möglichen Varianten durch den Kopf von Dingen, die sie dringend brauchten und die seine Frau jetzt von ihm verlangen könnte. Zum Beispiel ein Duschvorhang. Weitere Worte hört er gar nicht, denn ein brutaler Schmerz zerreißt seine Brust. Typischer Herzinfarkt. Jeff ist nur ungläubig, als er seinen Tod mitverfolgt.
Jeff erwacht in seiner Junggesellen-WG auf dem Campus seines Colleges und denkt anfangs an einen bösen Traum. Natürlich kommen ihm Zweifel, wie man sein ganzes Leben so präzise hätte träumen können, doch die verschiedenen Begegnungen und Situationen in den folgenden Tagen wirken bis auf Kleinigkeiten so bekannt auf ihn, dass er schließlich die Probe aufs Exempel machen will. Mit Achtzehn ist er nun wieder zu jung, um Wetten abzuschließen, also sucht er sich einen älteren Studenten und lässt ihn als vierzigprozentigen Teilhaber seine gesamten Ersparnisse in einem Pferderennen setzen, an dessen Ausgang er sich aus seinem ersten Leben erinnert.
Der Erfolg spornt ihn an, er wird durch weitere Einsätze und Börsenspekulationen reich, gründet eine Firma – bis er im gleichen Alter wie damals plötzlich einen Herzinfarkt erleidet, unter den gleichen, fast schon vergessenen Schmerzen.
Im übernächsten „Replay“ findet er sich schnell zurecht und setzt alles auf schnellen Reichtum. Trotzdem ist er deprimiert und verzweifelt, sucht diesmal die Erlösung in Sex und Drogen. Er sieht keinen Sinn in seinem Schicksal und versinkt in Selbstmitleid. Sein Tod kommt nicht überraschend, nachdem er im zweiten Durchlauf alles umsonst auf ein gesundes Herz gesetzt hat.
Einige Replays später, nachdem er verschiedene Variationen seines Lebens durchlebt hat und sogar den Mord von JFK verhindern wollte (mit dem Resultat, dass ein anderer Mann als Mörder hingerichtet wurde), stößt Jeff auf einen Film, den er nicht kennt und der ein beispielloses Meisterwerk wird. In ihm sind alle damals noch unbekannten Größen aus dem Filmgeschäft versammelt, unter anderem George Lucas und Steven Spielberg, deren Genie noch nicht erkannt war. Die Inhaberin der Filmgesellschaft, gleichzeitig Autorin des Drehbuchs, muss ebenso wie Jeff ein „Wiedergänger“ sein.
Ihrer beider gemeinsames Schicksal schweißt sie über verschiedene Replays zusammen, es entwickelt sich eine starke Liebe zwischen ihnen. Im Glauben, ihnen bliebe unendlich viel Zeit, unternehmen sie Versuche, andere Wiedergänger zu finden oder durch öffentliche Zukunftsseherei die Wissenschaft auf ihr Problem zu lenken. In letzterem Fall verursachen sie einen dramatischen Zusammenbruch der politischen Interaktion der ganzen Welt. Ihrem Ziel, aus diesem Kreislauf auszubrechen, kommen sie nicht näher.
Eine einzige Veränderung stellen sie fest: Die Dauer der Replays verkürzt sich in zunehmenden Intervallen – was erwartet sie, wenn die Wiederholungen dicht bei ihrem Tod beginnen, oder mit ihm zusammentreffen? Ewiges Leid? Endgültiger Tod? Grimwood zeichnet mit meisterhafter Leichtigkeit die Gefühlswelt und die Erlebnisse seines Protagonisten; erst stellt sich Erleichterung ein, als Jeff auf seine Gleichgesinnte trifft, dann fesselt uns die Tragik ihres Auseinanderlebens bis zur erneuten Annäherung. Durch die Verkürzung der Phasen entfernen sich die Wege des bewussten Wiederlebens der beiden voneinander, die festgelegten Wege ihres ersten Lebens beengen ihre Möglichkeiten umgekehrt proportional zur Dauer eines Replays.
Trotzdem läuft alles auf eine Erkenntnis hinaus, die sich allen Anstrengungen zum Trotz durchsetzt und einen Kompromiss zur Zufriedenheit aller Beteiligten zumindest zulässt. Es kommt darauf an, ein zufriedenes Leben zu führen und Differenzen in der Partnerschaft frühestmöglich zu klären. Grimwood gelingt es auf subtile Art, seinem Protagonisten Charaktertiefe und ein gewisses Maß an Weisheit zu verleihen, beides vorstellbare Folgen eines durch viele Wiederholungen stark verlängerten Lebens. Das Wissen um Zusammenhänge, das sich vertieft und verfeinert, hebt Jeff aus der Masse seiner Mitmenschen heraus – ist aber gleichzeitig eine unüberwindliche Kluft.
Es ist eine Tragödie mit melancholischen Schwingungen zum Ende, in denen Grimwood doch Jeffs Entwicklung und dessen ruhige Abgeklärtheit hervorhebt und ihn nicht in Selbstmitleid versinken lässt. Denn ihm wird eines klar: Im Endeffekt gibt es immer nur |ein| Leben, das nur lebenswert gestaltet werden muss. Sind die Replays nun eine Strafe oder eine Belohnung, vielleicht auch ein „Augenöffner“ für das Leben? Wieso Jeff in ihnen gefangen ist, bleibt ungeklärt und spielt auch keine Rolle – entscheidend sind seine Erkenntnisse. Ein hervorragender Roman, aufgrund seiner Komplexität wohl zu schwer für den Durchschnittsjugendlichen, empfehlenswert aber für jeden Erwachsenen! Er ist fesselnd und flüssig zu lesen, ohne Längen und Hänger, und regt auf unterhaltsame Art zum Nachdenken an.
Die guten Vorsätze und die Anfänge von Vertrauen, die sich durch Alemaheyus Luftgitarre anbahnten, scheinen durch das alte Misstrauen verdrängt worden zu sein. Die PALENQUE und die LAS-TOOR umkreisen manövrierunfähig den Planeten „Mentack Nutai“, auf dem erst kürzlich die Überlebenden der zweiten Sternenarche bruchlandeten. Eine noch unbekannte Macht entzieht den Schiffen jegliche Energie bis auf die Lebenserhaltung, merkwürdigerweise sind die Beiboote nur bedingt betroffen.
Perry Rhodan und einige Prospektoren und Akonen fliegen den Planeten an, um Kontakt mit den Gestrandeten aufzunehmen und möglichst mehr Informationen über die Sternenarchen und die damit verbundenen Rätsel zu finden. Sie stoßen meist auf hilflose Lemurer, die Zeit ihres Lebens nur an Bord eines Raumschiffs lebten und mit der Weite des Planeten sowie den überlebenswichtigen Aufgaben überfordert sind.
Der Kommandant der Arche, der „Sternensucher“ Atubur Nutai, notlandete mit seiner Kommandofähre abseits der Rettungsfähren. Hier erliegt er seinen Verletzungen, gepflegt von seiner Begleiterin Nydele. Sein Zellaktivator verhindert nicht seinen Tod.
Eine Energiesignatur lockt Rhodan und sein Team in den Norden, in die Eiszone, wo er erstmals auf intelligente Bewohner des Planeten trifft: Energiewesen, die für die Probleme der Mutterschiffe verantwortlich sind. In primitiven Kontaktversuchen erfahren die Menschen, dass die „Menttia“, die Energiewesen, bereits schlechte Erfahrungen mit ihresgleichen hatten und sich nur absichern wollen. Es bahnt sich gegenseitiges Verständnis an, als Rhodan auf eine uralte Station der Akonen stößt, die anscheinend einen Konflikt mit den Menttia austrugen. Dort treffen sie auf ein zerstörerisches Wesen, in dem Denetree den „Hüter“ der Sternenarchen und Rhodan seinen Freund Icho Tolot, den Haluter, erkennt …
Hans Kneifel schreibt seit Jahrzehnten für die Perry-Rhodan-Serie, mittlerweile nur noch sporadisch wegen seines doch recht hohen Alters. Der Fan freut sich über seine gelegentlichen Gastspiele. Kneifel schrieb den Großteil der Atlan-Zeitabenteuer und ist damit einer der „Väter“ dieser Figur, die sich unter den Lesern seit ihrem ersten Auftritt größter Beliebtheit erfreut. Zwischenzeitlich gab es eine eigene Serie um den Arkoniden Atlan, die neuerdings einen neuen Versuch wagt.
Im vorliegenden zweiten Band des sechsbändigen Taschenbuchzyklus „Perry Rhodan – Lemuria“ fügt Kneifel neue Fragen dem großen Rätsel hinzu, das sich um die Sternenarchen rankt. Antworten werden noch keine gegeben, aber das Flair des Kosmischen verstärkt sich noch und bildet die fesselnde Atmosphäre des Romans. Mit den Menttia führt Kneifel ein neues faszinierendes Volk ein, das sich an einen uralten Konflikt mit den Akonen erinnert. Die Akonen wiederum wissen nichts mehr davon, die Lemurer und Terraner schon gar nicht. Dank Rhodans zeichnerischer Künste lässt Kneifel so etwas wie ein Friedensabkommen zustande kommen. Von den wenigen hundert Schiffbrüchigen fühlen sich die Menttia nicht bedroht, und Rhodan kann klar machen, dass von den anderen Gruppen keine Aggressionen zu befürchten sind.
Leider scheint keinem der Handelnden, und damit Kneifel ebenfalls nicht, aufgefallen zu sein, dass der Kommandant der zweiten Arche als Sternensucher bezeichnet wird, während auf der ersten Arche die Sternensucher verfolgt und vernichtet wurden. Das wird natürlich seinen Grund haben, den wir jetzt noch nicht kennen. Trotzdem hätte das gerade Denetree auffallen müssen, da ihr Bruder doch als Sternensucher den Tod gefunden hat.
Die Zellaktivatoren der Kommandanten werden ein größeres Rätsel. In beiden Archen wird einer getragen, doch beide scheinen defekt zu sein: Der erste Kommandant altert trotz Aktivator, nur langsamer, und seine Beweglichkeit wird stark eingeschränkt, der zweite Kommandant, Atubur Nutai, unterzog sich einer regelmäßigen, unbekannten „Verjüngungskur“, in deren Verlauf er immer einen Teil seiner Erinnerungen verlor. Das ist eins der Rätsel, die es zu lösen gilt: Woher kommen die Aktivatoren, warum sind sie fehlerhaft?
Zu Beginn des Romans erfährt man von einem fremden schwarzen Kugelraumschiff, das sich in der Arche befindet. Durch die Darstellungen des „Hüters“ angeregt denkt der kundige Leser sofort an ein Haluterschiff – befindet sich einer an Bord dieser zweiten Arche? Bekanntlich erleidet die Arche Schiffbruch, und man erfährt, dass das schwarze Schiff bei der akonischen Station strandet. In dieser Station werden die Menschen um Rhodan fast von einem aggressiven Ungeheuer überrannt, das die Station zerstört. Rhodan erkennt seinen alten Freund Tolot. Neue Frage: Wie kann Tolot seit fünfzigtausend Jahren an Bord der Arche sein, wenn er aktuell mit Rhodan befreundet ist? Wir ahnen, dass es nicht Tolot sein kann, denn Kneifel lässt Rhodan zum Ende noch ein Funkgespräch mit ihm führen.
Die Miniserie macht einen faszinierenden Eindruck, anders als die Vorgängerserien zieht sie ihr Potenzial nicht aus Action, sondern aus der geheimnisvollen kosmischen Atmosphäre. Trotzdem handelt es sich um Fragen, die einem Serienneuling eventuell nicht viel bedeuten, da sie erst im Serienkontext ihre wahre Größe enthüllen. Unterhaltsam sind die Romane bisher allemal, ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis wird man schwerlich auf dem Buchmarkt finden. Insgesamt kann Kneifel nicht ganz an die Güte seines Vorgängers anschließen, trotzdem steigt die Spannung und macht Lust auf mehr. Im nächsten Band zeigt Andreas Brandhorst, wie er sich im Rhodan-Kosmos zurechtfindet. Man darf wirklich gespannt sein!
Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: (9 Stimmen, Durchschnitt: 1,44 von 5)
In den USA längst Kult, nun auch in Deutschland als Neuauflage: Lois McMaster Bujolds Space-Opera |Barrayar| wird von |Heyne| im Doppelpack neu aufgelegt. „Barrayar – Cordelias Ehre“ enthält die ersten beiden Romane des zehnbändigen Barrayar-Zyklus: „Scherben der Ehre“ und den mit dem |Hugo-Award| ausgezeichneten Roman „Barrayar“.
Um die Qualitäten dieses Zyklus und Lois McMaster Bujolds zu unterstreichen, sollte Folgendes nicht unerwähnt bleiben: Mit _fünf_ |Hugos|, einem |Nebula Award| (zwei, zählt man auch Novellen) und unzähligen anderen Preisen wurde die 1949 geborene amerikanische Autorin bereits ausgezeichnet. Drei |Hugos| und den |Nebula Award| brachte ihr alleine der |Barrayar|-Zyklus ein. Nebenbei bemerkt, auch im Fantasybereich ist die Autorin überaus erfolgreich, sowohl [Chalions Fluch 517 als auch „Paladin der Seelen“ (Hugo-Award-Gewinner) wurden mehrfach prämiert.
Dieser Doppelband stellt den Auftakt zu der beliebten Space-Opera dar, deren eigentlicher (Anti-)Held Miles Vorkosigan erst im nächsten Band als „Der Kadett“ (ab Februar 2005 im |Heyne|-Doppelband „Der junge Miles“) seinen Auftritt hat. Vorerst agieren seine Eltern Cordelia Naismith und Aral Vorkosigan – deren Liebesbeziehung sich von Anfang an dramatisch gestaltete …
_Captain Naismith und der Schlächter von Komarr_
|Barrayar| spielt in ferner Zukunft, die Menschheit beherrscht bereits die überlichtschnelle Raumfahrt, Wurmlöcher dienen als Sprungtore in ferne Sonnensysteme. Viele kleine Sternenreiche stehen im permanenten Konflikt, insbesondere um strategisch und wirtschaftlich bedeutsame Systeme mit vielen Wurmlöchern. Die Gesellschaft des technologisch und kulturell leicht rückständigen Kaisterreichs Barrayar erinnert an einen Mix aus dem Zarentum der Romanovs (die Adelskaste der „Vor“ stellt Offiziere und Regierung, der Kaisertitel ist erblich) und Stalinismus, dank Politoffizieren und ausgeprägtem Geheimdienstapparat. Der berechtigte Ruf der Grausamkeit eilt den Barrayanern voraus, insbesondere mit dem Nachbarreich Cetaganda und der kleineren Beta-Kolonie kommt es schon nahezu traditionell zu blutigen Gefechten.
|Scherben der Ehre|
Als Kommandantin des betanischen Erkundungskommandos muss man mit dem Unvorhergesehenen rechnen – auch mit dem Überfall einer barrayanischen Militärpatrouille. Während Cordelias Erkundungstrupp getötet wird, kann sie vorerst entkommen und ihr Schiff warnen.
Cordelia wird schließlich vom Captain der Barrayaner persönlich gefangen genommen. Aber warum ist er völlig alleine mit ihr im Dschungel und nicht an Bord seines Kreuzers? Zu ihrem Entsetzen stellt sich Aral Vorkosigan als der „Schlächter von Komarr“ heraus, der von seinem Polit-Offizier offensichtlich bewusst in Stich gelassen wurde. Auf dem Fußmarsch quer durch die Wildnis zurück zu seinem Schiff kommen sich beide näher und lernen sich schätzen. Cordelia hilft sogar dem altmodischen, ehrenhaften Aral, sein Kommando wiederzuerlangen und eine Meuterei niederzuschlagen. Trotz ihrer großen gegenseitigen Zuneigung flieht Cordelia schließlich, um ihrem Oberkommando eine Warnung zukommen zu lassen: Die Barrayaner planen eine Offensive im Escobar-System, der Krieg steht unmittelbar bevor.
|Barrayar|
Während des Krieges gegen die Barrayaner gerät Captain Naismith erneut in Gefangenschaft, diesmal allerdings in keine annähernd so angenehme. Dabei erhält sie tiefe Einblicke in die barrayanische Gesellschaft: Dynastische Streitigkeiten sind für die kriegs- und siegesgewohnten Barrayaner der eigentliche Grund für die verlustreiche Offensive im Escobar-System. In diesem perfiden Plan des Kaisers, der seinen erstgeborenen Sohn opfert, spielt der wieder in den Admiralsstand erhobene Aral Vorkosigan eine wichtige Rolle.
Trotz ihrer geheimen Kenntnisse schenkt er Cordelia im Rahmen eines Gefangenenausstauschs die Freiheit. Die sich als zweischneidiges Schwert entpuppt: Man hält sie für eine Doppelagentin, die man einer Gehirnwäsche unterzogen hat. Den Schlächter von Komarr lieben? Absurde Behauptungen über angebliche Kriegsgründe aufstellen? Offensichtlich wurde Cordelia von den Barrayanern völlig gebrochen, man steckt sie in ein Militärsanatorium und traktiert sie, bis ihr keine andere Möglichkeit als Flucht bleibt.
Auf Barrayar wird aus Captain Naismith bald Lady Vorkosigan, doch auch hier kommt das Paar nicht zur Ruhe. Aral Vorkosigan wird zum Regenten des Kaisers ernannt – und damit zur Zielscheibe für Attentäter. Bei einem missglückten Giftgas-Attentat wird zudem Cordelias ungeborenes Kind in Mitleidenschaft gezogen. Die nötige Behandlung Cordelias beschert ihrem Sohn brüchige Knochen und andere körperliche Schwächen, nur modernste Technik kann ihn überhaupt retten und in einem externen Bruttank am Leben erhalten.
Als Erbe der Vorkosigans will Arals Vater einen Krüppel nicht akzeptieren. Die feudalistische, körperbetonte Kultur der Barrayaner ist in vielerlei Hinsicht rückständig, Cordelia selbst als ehemalige Offizierin passt nicht in ihr Weltbild.
Inmitten all dieser Probleme kommt es kurz nach dem Tod des Kaisers zum Putsch: Cordelia und Aral müssen nicht nur um das Leben ihres von aller Welt verachteten, noch nicht einmal geborenen Kindes fürchten, sondern auch ihr eigenes und das des Thronerben Prinz Gregor schützen – und ihm seine Krone zurückerobern.
_Erzählkunst kontra Klischee_
Eine Frage stellt sich zwangsläufig: Wie konnte so eine Seifenoper den |Hugo Award| gewinnen? Nach wenigen Seiten finden sich die Hauptakteure sehr attraktiv, bis zur hundertsten Seite hat Aral Vorkosigan Cordelia bereits zwei schüchterne Heiratsanträge unterbreitet. Sergeant Bothari ist offenkundig ein handelsüblicher Psychopath, und während die Betaner Cordelia für eine Doppelagentin halten und vergraulen, ist es offenkundig für die Barrayaner kein Problem, sie als Ehefrau des Regenten zu akzeptieren. Eine feudale, rückständige Kriegerkultur, ein in Space-Operas häufig abgegriffenes, beliebtes Klischee, rundet das fragwürdige Bild ab.
Die Erklärung ist sehr einfach: Dafür ist alles andere mehr als gelungen. Spannung und Action werden wortwörtlich von der ersten Seite an geboten, Unwichtiges konsequent gerafft und ausgespart – Cordelias Flucht nach Barrayar und ihre Hochzeit mit Aral nehmen nur wenige Seiten ein, die Hochzeit gar nur drei Zeilen. Cordelia und Aral sind ein sympathisches, dynamisches Duo, die toughe Kommandantin und ihr ehrenhafter Adliger alter Schule erobern schnell das Herz des Lesers. Dasselbe gilt auch für Nebenfiguren wie den psychopathisch angehauchten Sergeant Bothari und andere Personen des Vorkosigan-Haushalts, die dem Leser in der Art einer Familie ans Herz wachsen.
Trotz der schnellen und handlungsorientierten Erzählung spielt ein Großteil der Handlung im psychologischen Bereich: Technik ist eher Mittel zum Zweck in Bujolds Science-Fiction. Wenn Charaktere wie Bothari auf einmal an Tiefe sowie der Konflikt zwischen Cordelia und dem alten Piotr Vorkosigan wegen Miles an Plastizität gewinnen, dann zeigt sich, was den |Barrayar|-Zyklus ausmacht: Bujolds mitreißende Erzählkunst überzeugt sowohl mit temporeicher äußerer Handlung als auch mit der spannenden Thematisierung innerer Konflikte, die nahtlos in dieselbe integriert sind.
_Es wird noch besser …_
Lois McMaster Bujold ist eine begnadete Erzählerin. Innovative, neuartige Ideen oder gar Welten schaffen ist nicht ihre Stärke. Das hat sie aber auch gar nicht nötig. Nur wenige Autoren können eine Geschichte so mitreißend und kurzweilig über fast 600 Seiten hinweg erzählen und dabei so trefflich darstellen und charakterisieren. Einmal in die Hand genommen, möchte man „Barrayar – Cordelias Ehre“ gar nicht mehr weglegen.
Gerade dass Bujold im Vergleich zu gängigen Space-Operas zwar auch Action bietet, die Handlung sich aber weitgehend im Inneren abspielt, unterscheidet |Barrayar| vom üblichen Einerlei. Vielleicht trifft aber gerade deshalb der Vorwurf der Trivialität diesen Zyklus besonders: Denn bei anderen Sagas wie |Star Wars| kommt man gar nicht erst auf die Idee, unter dem Pathos nach einem tieferen Sinn zu suchen.
Am besten vergleicht man |Barrayar| mit einem leckeren, italienischen Speiseeis an einem sonnigen Tag: Man genießt es in einem Zug. Danach ist es weg, rückstandslos verschwunden – und man möchte mehr davon.
|Heyne| lässt den Leser nicht im Stich: Mit „Der junge Miles“ ist bereits der nächste |Barrayar|-Doppelband erschienen, und mit Miles Vorkosigan betritt die wohl beliebteste Figur von Lois McMaster Bujold zusammen mit den Dendarii-Söldnern die Bühne – die Abenteuer des körperlich behinderten Miles in der ihn kontrastierenden Barrayaner-Gesellschaft erhielten ebenfalls einen |Hugo Award|. Übersetzer der gesamten Serie ist wie bei Bujold üblich Michael Morgental, hohe Qualität ist somit gewährleistet – Setzfehler früherer Ausgaben wurden zudem vollständig eliminiert.
Wer Unterhaltung sucht, findet sie im Barrayar-Universum im Übermaß!
Die offizielle Homepage der Autorin:
http://www.dendarii.com/
Joe Fernwright, kleiner Handwerker und Meister der aussterbenden Kunst des Topfheilens, steckt in einer Sackgasse. In einer keramiklosen Zeit, die offensichtlich für seine Fähigkeiten keine Verwendung mehr hat, wartet er seit Monaten tagtäglich untätig in seiner Werkstatt auf Arbeit. Endlich eröffnet ihm der Auftrag eines außerirdischen Überwesens von einem fernen Planeten die Chance, sich aus dieser hoffnungslosen Situation zu befreien. Joe Fernwright entschließt sich, den Auftrag anzunehmen und verlässt die Erde, um auf dem Planeten Plowman, gemeinsam mit einer bunt zusammengewürfelten Gruppe verschiedener Spezialisten unterschiedlichster Spezies, das gigantische Projekt anzugehen. Ein alle Grenzen sprengendes Abenteuer beginnt.
Das Vorhaben – und der Roman – entpuppt sich schon bald als Reise in metaphysische, philosophische Dimensionen, wie es typisch für Philip K. Dicks Romane ist. Diese Hintergründigkeit hebt den Roman deutlich aus der Masse einfacher gestrickter SF-Storys hervor. Dazu wimmelt die Geschichte von skurrilen Einfällen und seltsamen Wesen, die den Leser mit wunderbarer Leichtigkeit in die Tiefen von Dicks Gedankenwelt eintauchen lassen. Besonders köstlich etwa die Seelsorgerzelle, in der sich Verunsicherte gegen Münzeinwurf entsprechend den Regeln des Zen, der puritanischen Ethik, der römisch-katholischen Kirche, des Islam oder wahlweise des mosaischen Glaubens beraten lassen können.
Oder das Spiel, mit dem man in jener Gesellschaft (unter einem repressiven, pseudosozialistischen System, das völlig abgewirtschaftet wurde) die Langeweile des Alltags betäubt – ein Ratespiel, bei dem zuvor per Computerübersetzung verstümmelte Buchtitel wieder dechiffriert werden müssen. (… darauf kam Dick im Jahr 1969!)
Dann der Android, der Schriftsteller werden möchte und Klassiker zitiert (überhaupt, die werden im Roman öfters zitiert, vor allem Goethes Faust – und auch klassische Musik spielt immer wieder eine Rolle). P. K. Dicks Begeisterung für die deutsche Sprache und seine Leidenschaft für Musik blitzen in dem Roman immer wieder durch. Auch in der Szene, in der das Radioprogramm mit seinen absonderlichen Wechseln zwischen geistlicher/klassischer Musik und Werbung für Korsetts, Mittel gegen Menstruationsbeschwerden, Hämorrhoidensalbe und Katzenstreu beschrieben wird. Selbst solche Slapstickszenen führen kleine, hintergründige Extrabotschaften mit sich und regen zum Denken an, ohne belehrend zu wirken. Schon die Idee, das Heilen zerbrochener Keramik zu einem Handwerksberuf der Zukunft zu machen – und den Besten dieser Zunft zum Helden eines Romans – hat eine metaphorische Extradimension – verdeutlicht die Allegorie. Das Thema Vorherbestimmung/Vorhersage der Zukunft fügt Dick im „galaktischen Topfheiler“ einmal als Ergebnis einer computergenerierten Partnerschafts-Simulation ein, ein andermal als geheimnisvolles Buch der mysteriösen Kalenden, die einzig damit beschäftigt sind, darin die Zukunft vor(aus)zuschreiben.
Zum Ende hin wird der Roman stetig surrealer und zeigt immer deutlicher seine erweiterte Dimension. Metaphysische, theologische und philosophische Fragen – die Suche nach dem wahren Wesen des Menschen, dem Sinn der Existenz, der Frage nach Vorbestimmung, nach Täuschung und Realität, der Struktur der Zeit – sind in Dicks Roman so spritzig verpackt, dass man sich trotz der „Schwere“ der Themen bestens amüsiert. Im Backcovertext wird der Roman sehr treffend als „faszinierend absurde Parabel“ bezeichnet – dass die Handlung an manchen Stellen etwas holpert, an anderen die Logik wackelt, tritt angesichts der Aussagekraft auf anderer Ebene völlig in den Hintergrund – das Buch bleibt eine in vielerlei Hinsicht zum Nachdenken anregende und gleichzeitig kurzweilige Lektüre, ein Stück Literatur weit jenseits der Trivialität.
Zum zwanzigsten Todestag Philip K. Dicks begann der |Heyne|-Verlag im Jahr 2002 damit, ausgewählte Werke des Autors sukzessive in einer neuen Taschenbuchreihe auf den Markt zu bringen. Mit „Der galaktische Topfheiler“ wurde jetzt, im Januar 2005, Band 11 der Edition herausgebracht – der nächste ist für April angekündigt – weitere werden folgen.
Die Reihe präsentiert sich einheitlich im seriös-distinguierten Nadelstreifenlook (in von Band zu Band unterschiedlicher Grundfarbe) – darauf prangen schlicht und edel, in silberglänzenden Prägelettern Titel und Verlagsname, in Blau der Autorenname. Diese Aufmachung hebt nun auch optisch Philip K. Dicks Werk aus der vorurteilsbeladenen Trivialecke heraus. „Der galaktische Topfheiler“ kommt in einem die winterlich fröstelnden Finger wärmenden sonnigen Orangecover daher.
Beklagenswerterweise verzichtete Heyne in diesem Band auf ein einführendes bzw. erläuterndes Vor- oder Nachwort. Es findet sich lediglich der dürre Hinweis, es handele sich um eine erstmals ungekürzte deutsche Ausgabe, und zwar die Übersetzung von Joachim Pente (*) in von Alexander Martin neu durchgesehener und vollständig überarbeiteter Version. Weder wurden eine bibliographische Einordnung des Romans, noch etwas ausführlichere Anmerkungen zur Überarbeitung, noch gar eine leicht vertiefte Betrachtung Dicks wechselvoller Biographie angefügt.
(*) 1976 bzw. 1984 erschien der Roman bereits in deutscher Übersetzung (von Joachim Pente) – unter dem Titel „Joe von der Milchstraße“. Allerdings in gekürzter Fassung: 168/192 Seiten hatte der Roman in jener Version (Fischer/Moewig). Die hier besprochene, ungekürzte Ausgabe ist 207 Seiten lang.
Ob die Neuausgabe denn nun – abgesehen vom geschmackvoll schlichten Design des Covers – auch von den inhaltlich Qualitäten her betrachtet einen Gewinn gegenüber den Vorgängern darstellt, lässt sich, ohne allzu sehr in Details zu gehen, vielleicht so beantworten: Wer bei Übersetzungen Wert auf eine gelungene Kombination aus inhaltlicher Werktreue, möglichst weitgehend erhaltener „Handschrift“ des Autors und dabei noch gutes Deutsch legt, ist mit der Neubearbeitung bestens bedient. Auch die Wahl des Titels zeugt vom Bestreben des Verlags, das Werk Dicks in dieser Edition möglichst originalgetreu wiederzugeben.
Vom einzigen kleinen Wermutstropfen – dem fehlenden Vor- oder Nachwort – abgesehen, kann ich Heynes ungekürzte Neuausgabe von P. K. Dicks „Der galaktische Topfheiler“ jedem Freund tiefgründiger und origineller Literatur wärmstens empfehlen! Dass dieser Roman unter Dicks Werken bisher eher wenig beachtet wurde, wird sich durch die Neuausgabe hoffentlich ändern: Das Buch hat es verdient.
|Originaltitel: „Galactic Pot-Healer“, 1969|
_Susanne Jaja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de veröffentlicht.|
Warum wird Philip K. Dick außerhalb des Science-Fiction-Genres kaum wahrgenommen? Eigentlich unbegreiflich, denn seine Romane und Kurzgeschichten handeln von Menschen und ihren Beziehungen zueinander. Seine Beobachtungen sind dabei derart präzise, dass wohl jeder Leser sich selber in den Figuren seiner Geschichten wiedererkennt. Wie in einem Comic sind die Verstrickungen, in denen sich die Protagonisten bewegen, überspitzt dargestellt. Das mag der Grund sein, weshalb der Autor sich in dieses Genre „geflüchtet“ hat. Ein Roman über die Welt, in der wir leben, könnte schwerlich den tiefen Einblick in das Wesen des ganz normalen Menschen tragen, den Dick uns in seinem Werk schenkt.
Seltsame Flugkörper landen in der US-Provinz; sie streuen zerstörerische Kraftfelder von spiralförmiger Gestalt aus, scheinen aber nicht direkt feindlich zu sein. Kommen die Fremden aus dem All – oder sind es Sendboten aus einer möglichen Zukunft der Erdmenschen? … Herrlich altmodischer, d. h. langsam oder besser gesagt: sorgfältig komponierter, spannender und überraschend witziger Science Fiction-Roman um eine Invasion der besonders merkwürdigen Art. Lloyd Biggle jr. – Spiralen aus dem Dunkel weiterlesen →
Einst erschütterte die Zeit der Sorgen das Gefüge der Welt. Die Götter waren von Ao verdammt worden, in den Reichen zu wandeln, um die Tafeln des Schicksals zurückzuholen. Einige Götter ließen dabei ihr Leben und Menschen nahmen ihren Platz im Pantheon ein: Mitternacht und Cyric. Einst Freunde, nun verhasste Feinde.
Die Götter sind zurück an ihrem angestammten Platz und wachen wieder über die Geschicke der Welt. Noch immer sind sich Mitternacht – nun Mystra, die Göttin der Magie – und Cyric – Gott der Lügen, Intrigen, des Todes und des Chaos’ – spinnefeind. Cyric plant gar, sich zum einzig wahren Gott aufzuschwingen. Sein Schwert, Götterfluch, leistet ihm dabei gute Dienste, denn es vermag Götter zu töten.
Cyric ist ein erbarmungsloser Gott, der keine Gnade kennt und selbst in seinem Totenreich Unmut hervorruft. Die Götter bitten Ao, Cyric zu bestrafen, doch Cyrics Handeln entspricht seinen Aufgabengebieten als Gott – er kann nicht bestraft werden.
Nur Mitternacht vermag scheinbar zu erkennen, wie gefährlich Cyric ist. Doch auch andere, verborgene Machtgruppen ziehen die Fäden im Hintergrund. Aber ihre genauen Ziele sind unbekannt.
Cyric scheint niemand aufhalten zu können. Er lässt ein magisches Buch schreiben, um alle Andersgläubigen auf seine Seite zu ziehen. Und er ist kurz davor, seine Rache an dem Mann zu vollenden, der ihm einst ebenbürtig war: Kelemvor. Doch dessen Seele wird von einer fremden Macht verborgen – selbst Mitternacht vermag ihren ehemaligen Geliebten nicht zu finden.
Der Prinz der Lügen – Cyric – ist kurz davor, alle seine Ziele zu erreichen …
Mit „Der Prinz der Lügen“ wächst die Avatar-Trilogie zur Avatar-Chronik heran und spinnt den Faden weiter, der in der Zeit der Sorgen seinen Anfang nahm. Denn gerade jetzt erleben die „Vergessenen Reiche“ eine spannende Zeit, die vor allem Fans der Reihe miterleben möchten. James Lowder weiß, zum Glück, die Vorlage der Trilogie gut zu nutzen.
Im Mittelpunkt steht der Konflikt zwischen Cyric und Mitternacht. Letztere nennt sich als Göttin der Magie Mystra und bildet einen Gegensatz zur Bösartigkeit Cyrics. Beide waren einst Menschen und vermögen über den Tellerrand der Göttlichkeit hinwegzuschauen. Und genau das macht sie gefährlich, den anderen Göttern gegenüber vielleicht sogar überlegen.
Cyric macht seinen Aufgabengebieten alle Ehre. Er metzelt alles nieder, kennt keine Skrupel und spinnt tödliche Intrigen. Dabei geht es oftmals brutal und blutig zu. Der Autor nimmt kein Blatt vor den Mund und stellt die entsprechenden Szenen sehr plastisch dar. Das ist dann allerdings Geschmackssache – wobei die Brutalität nicht Mittel zum Zweck ist, sondern Cyrics bösartigen Charakter aufzeigt.
Während sich Cyric in der Götterwelt schnell zurechtfindet, hat Mitternacht Anpassungsschwierigkeiten. Sie begreift nur langsam, was Göttlichkeit bedeutet und wie die anderen Götter die Welt wahrnehmen. Und das ist schlussendlich Mitternachts wahre Stärke im Kampf gegen Cyric. Das Charakterspiel der beiden Hauptfiguren und ihr greifbarer Konflikt sorgen für die nötige Spannung.
Überhaupt: Der Spannungsbogen steigt stetig an. Das wird hauptsächlich durch die vielen verschiedenen Handlungsebenen und Schauplätze erzielt – ohne den Leser zu verwirren. Man behält stets den Überblick und kann sich gut in die Figuren des Romans hineinversetzen. Sie sind sehr farbig und beleben das Bild, das James Lowder zeichnet.
Der Autor besitzt einen plastischen und detaillierten Stil, mit dem er die Geschichte packend transportiert. Gefesselt verfolgt man das Schicksal der Götter, der Menschen und der Halbmenschen. Obwohl diese den Göttern unterlegen sind, lassen sie sich nämlich nicht alles gefallen. Ganz im Gegenteil: Einige von ihnen wissen sich richtig zu wehren – selbst im Leben nach dem Tod.
Man merkt sehr schnell, dass Lowder gerne mit Überraschungen arbeitet. Intrigen und Verwirrspiele scheinen ihm zu liegen, aber auch große Wendepunkte werden vom Autoren gezielt eingesetzt. Sein Roman ist einfach fesselnd und sorgt für kurzweilige Unterhaltung. Fans der Reihe und Kenner der Reiche kommen an dem Buch jedenfalls nicht vorbei, behandelt es doch auch einen der wichtigsten Zeiträume der Buchreihe.
Die Schauplätze und Figuren überraschen übrigens durch ihre Kreativität und Vielfalt. So gibt es nicht nur Menschen und Götter, sondern unternimmt der Leser Ausflüge auf andere Ebenen, verfolgt die Erlebnisse einer getäuschten Seele und erlebt die Befreiung einer gefährlichen Bestie. Großartige Zaubereien, gefährliche Kämpfe und mechanische Kreaturen – Lowder kocht ein appetitliches Süppchen aus fantastischen Zutaten. Einfach wunderbar.
Auch die Aufmachung des Buchs ist gelungen. Das düstere Cover ist passend gestaltet, Titel und Detailangaben dynamisch angeordnet. Das Schriftbild ist klar und lässt sich gut lesen. Jedes Kapitel wird durch eine kurze Inhaltsangabe eingeleitet, über der sich das Symbol Cyrics befindet – immerhin wurde der Roman auch nach ihm benannt: Der Prinz der Lügen.
Das Buch schließt mit Verlagswerbung ab. Zum einen gibt es einen Ausblick auf den nächsten Teil der Avatar-Chronik (Band 5: Die Feuerprobe), zum anderen wird auch auf die weiteren Romane der „Vergessenen Reiche“ hingewiesen. Nicht fehlen darf die Information zum Rollenspiel „Dungeons & Dragons“, das von Feder & Schwert verlegt wird und die Grundlage der Romane bildet. Immerhin sind die „Vergessenen Reiche“ Bestandteil dieses Spiels.
Einzig wirkliche Schwachpunkte liegen im Lektorat, dem zwei große Fehler unterlaufen sind. So findet man an zwei auffälligen Stellen noch englische Begriffe. Da wäre das Wort Skyline, bei dem man aber getrost ein Auge zudrücken darf. Schlimmer ist jedoch, das Fürst Schach plötzlich Fürst Chess genannt wird. Das ist zwar nicht besonders schlimm, aber trotzdem auffällig und stört kurz ein wenig den flüssigen Lesefluss.
Unter dem Strich bleibt ein gelungenes Fantasy-Buch, das man gerne liest.
|Originaltitel: Prince of Lies
Übersetzung: David Raphael Flor
Lektorat: Oliver Hoffmann|
„Der Kreuzzug“ ist die Fortsetzung von [„Butlers Jihad“, 827 zugleich der zweite Teil der Legenden des Wüstenplaneten und spielt ungefähr 25 Jahre nachdem Serena Butler den Denkmaschinen den heiligen Krieg, den Djihad im Namen ihres ermordeten Sohnes Manion erklärt hat.
Die Kämpfe sind seit einiger Zeit voll im Gange, doch immer wieder mussten die Menschen herbe Rückschläge gegen die Roboterarmeen von Omnius in Kauf nehmen. In der Zwischenzeit hat sich aber auch einiges geändert. Die Protagonistin, Serena Butler, hat sich mittlerweile fast ganz zurückgezogen und ihre Führungsrolle zugunsten ihrer Aufgabe als Priesterin aufgegeben. Iblis Ginjo, einst bei der Rebellion auf der Erde Anführer der menschlichen Streitkräfte, hat nun gewissermaßen ihren Posten eingenommen und sich selber den Titel Großer Patriarch verliehen. Und gerade dieser Iblis ist es auch, der im zweiten Buch der Legenden des Wüstenplaneten die Hauptrolle übernimmt. Mit seinen Entscheidungen und letztendlich auch mit seinen Intrigen steht und fällt die gesamte Geschichte. Derweil wird den beiden Kampfpiloten Xavier Harkonnen und Vorian Atreides im zweiten Teil weniger Platz eingeräumt. Xavier ist trotz etlicher Einsätze mehr und mehr zu einem Familienmenschen geworden, während Vorian auf dem fernen Planeten Caladan die große Liebe entdeckt hat.
Wenn man das erste Buch bereits gelesen hat, so kann man jetzt schon sehen, dass sich einschneidende Veränderungen abgespielt haben, die eigentlich von ihrer Wichtigkeit viel näher hätten beleuchtet werden müssen. Das ist nämlich einer der Kritikpunkte an „Der Kreuzzug“; zu viele wichtige Details aus der Vergangenheit werden dem Leser zunächst vorenthalten und auch anschließend nur bruchstückhaft erzählt. Die ganzen Schlachten, der Aufstieg von Iblis Ginjo, all das wird völlig ausgelassen und am Ende nur mit einer chronologischen Rückblende versehen.
An anderer Stelle ist hingegen fast gar nichts passiert; die Zeit scheint gerade im Sektor der Denkmaschinen stehen geblieben zu sein. Und auch die Situation der versklavten Zenschiiten hat sich über die Jahre keineswegs geändert. Umso verwunderlicher ist es, dass sich die Dinge im Buch dann plötzlich nach so langer Zeit auf kurze Dauer überschlagen. Ein tödlicher Sklavenaufstand hätte den Ereignissen des ersten Buches zufolge jedenfalls viel früher geschehen müssen. Desweiteren ist mir schleierhaft, warum der Wissenschaftlerin Norma Cenva plötzlich sämtliche Ideen aus dem Kopf schießen, die sich anscheinend in 25 Jahren nicht ergeben haben.
Ich könnte weitaus mehr Beispiele nennen, fest steht jedoch, dass wichtige Geschehnisse übergangen worden sind, und das ist für die Fortsetzung des Buches alles andere als förderlich. Doch es gibt noch mehr Kritik zu äußern: Der Schreibstil hat sich nämlich gravierend geändert, und manchmal scheint es tatsächlich so, als würden die beiden Autoren lediglich versuchen, die Seitenzahl zu strecken. Immer wieder werden Sachen wiederholt, die man als aufmerksamer Leser bereits einige Male zuvor ausführlich vorgestellt bekommen hat. Zudem werden wiederholend die Ereignisse aus dem ersten Band ins Gedächtnis gerufen, vielleicht ja auch, damit man das Buch auch unabhängig lesen kann, jedoch ist wohl davon auszugehen, dass man, sofern man sich für die Materie interessiert, beide Bücher durchliest.
Die Geschichte an sich verläuft hingegen weiterhin sehr spannend und nimmt besonders zum Ende hin einige sehr überraschende Wendungen, die das Ganze quasi noch einmal komplett auf den Kopf stellen. Ich möchte nicht zu viel vorwegnehmen, aber mit einem derartigen Ende war keinesfalls zu rechnen.
In der Kritik zum ersten Band hatte ich betont, dass ich die Enttäuschung mancher Kritiker über diese Serie nicht ganz verstehen kann, muss diese Behauptung jedoch jetzt teilweise zurücknehmen, da mir manche inhaltliche aber auch einige stilistische Elemente in „Der Kreuzzug“ nicht mehr so gut gefallen. Hat man sich durch „Butlers Djihad“ gekämpft, dann ist dieses zweite Buch sicherlich Pflichtlektüre, aber so ganz das, was man sich von „Der Kreuzzug“ erhofft hatte, ist es eben nicht geworden.
Sehr schade, wie ich finde, denn die Geschichte an sich hat eine ganze Menge Potenzial.
Mit dem Namen Isaac Asimov (1920-1992) verbindet man in der Science-Fiction vor allem eines: Seine drei Robotergesetze sind mittlerweile legendär und auch heute noch aktuell und heiß diskutiert, wie der auf frühen Kurzgeschichten Asimovs beruhende Film I, Robot zeigt.
Ein wenig untergegangen in dem Rummel um die Robotergesetze und seine Foundation-Trilogie ist eines seiner frühesten Werke überhaupt:
Anthologien deutscher (oder überhaupt) Science-Fiction sind mittlerweile äußerst seltene Publikationen. Kurzgeschichten scheinen der heutigen Leserschaft immer weniger zu bedeuten. Im Wurdack-Verlag erschien Anfang 2004 die erste SF-Anthologie („Deus ex machina“) des Verlags, der damit schwieriges Terrain betritt. Es ist ein erfreuliches Ereignis, dass mit „Walfred Goreng“ bereits der zweite Band erschienen ist – Kurzgeschichtenanthologien dienen als wichtige Plattform für aufstrebende Autoren und bieten in unterhaltsamer Form einen Querschnitt durch die deutsche Science-Fiction-Landschaft. Vielleicht spielte auch die von Andreas Eschbach jüngst herausgegebene Sammlung von Geschichten bekannter europäischer Schriftsteller eine unterstützende Rolle, um das Interesse an derartigen Publikationen zu erhöhen.
Als die Menschen vor mehr als eintausend Jahren aus ihrem künstlichen Schlaf erwachten, um den Planeten Arna zu kolonisieren, ahnten sie nicht, wie gefährlich der Planet ist. Einer der Kolonisten vollführte ein Ritual, um Arna gnädig zu stimmen, um die Dämonen und Geister zu bändigen, die dem Unterbewusstsein der Kolonisten entsprangen.
Heute befindet sich Arna auf dem Stand des irdischen Mittelalters. Der Planet ist von einer Kraft umgeben, die sich Fae nennt und manipuliert werden kann. Doch das Fae ist gefährlich. So versagen alle Dinge, die zu viel Technik benötigen. Unter anderem schon simple Dampfkraft oder Schwarzpulverwaffen.
In dieser Welt lebt Pater Damien Kilcannon Vryce, der dem einzig wahren Gott dient. Er ist unterwegs nach Osten, um dort – auf einem unbekannten Kontinent – einen verborgenen Feind zu bekämpfen, der vielleicht die ganze Welt bedroht. Damien steht Gerald Tarrant zur Seite, ehemaliger Neograf von Merentha. Einst war er Begründer von Damiens Glauben – nun ist er der Teufel persönlich. Die beiden Männer werden von der Rakh Hesseth begleitet, die durch Geralds dunkle Macht menschliches Aussehen erhält.
Tatsächlich stoßen sie auf Zivilisation. Die Überlebenden einer vor Jahrhunderten verschollenen Expedition haben ein neues Reich gegründet und leben dort nach den Lehren, die einst vom Neograf von Merentha niedergeschrieben wurden. In diesem Gottesstaat gibt es funktionierende Technik, niemand ängstigt sich vor Dämonen und Monster, alle verehren den einen wahren Gott. Damien glaubt sich im Garten Eden, denn in seiner Heimat versagten die Menschen im Bemühen darin, dem rechten Glauben zu folgen. Doch Gerald Tarrant öffnet Damien rasch die Augen und reißt dem Feind die Maske herunter, hinter der er sich versteckt. Gerald, Damien und Hesseth fliehen …
Die Abenteuer von Damien und Gerald sind einfach faszinierend. Beide Männer sind scheinbar unterschiedlich, doch ihre Seelen weisen tiefe Abgründe auf. So ist Gerald ein skrupelloser Mörder, ein Vampir, der sich an der Angst seiner Opfer weidet. Und obwohl Damien ihn vernichten müsste, vertraut er diesem Mann, nährt ihn und lässt ihn jagen. Ganz nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel. Doch Damien ist sich bewusst, dass er auf einem schmalen Grat wandelt und jederzeit abstürzen kann. Hier arbeiten Licht und Schatten zusammen, kämpfen stets gegeneinander an und ergießen sich in Gegensätzen. Die Spannung bleibt am kochen, denn es ist fraglich, ob Gut oder Böse obsiegt – falls eine Seite überhaupt triumphieren wird.
Die emotionale Spannung baut sich also zwischen diesen beiden Männern auf. Die Figur der Hesseth wirkt noch blass, besitzt aber eine exotische Anziehungskraft. Bleibt abzuwarten, ob ihr Part in den nächsten zwei Bänden des Zyklus‘ stärker wird. Immerhin wurde der Originalroman „When True Night Falls“ (DAW Books Inc., New York) in drei Teile gespalten („Kathedrale der Dämonen“, „Tal der Nebel“, „Burg der Illusionen“). Dies geschieht zwar mit dem Einverständnis der Autorin, ist trotzdem unglücklich gemacht, da der Kaltfeuer-Zyklus vor allem im Ganzen besticht und die deutschsprachigen Bände künstlich gebrochene Spannungsbögen besitzen. Vom Preis ganz zu schweigen. Dafür hat sich der Verlag um anständige, zusammenpassende Titelbilder bemüht, die im Manga-Stil daherkommen und zu gefallen wissen.
Nun, trotz der Teilung ist „Kathedrale der Dämonen“ ein guter Roman, der sich flüssig lesen lässt. Friedman besitzt einen packenden Stil, der vom Übersetzer entsprechend eingefangen wurde. Bereits die ersten Seiten fesseln die Aufmerksamkeit, da C. S. Friedman erst einmal in die Vergangenheit reist und eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte Arnas beleuchtet. Dann wechselt die Autorin in eine real wirkende Traumsequenz, um anschließend mit ihrer Geschichte zu beginnen. Ein kontroverses Stilmittel, das gefällt.
Neben den ausgeklügelten Helden buhlen auch die Antagonisten um die Gunst der Leser. Auch sie haben ihre dunklen Geheimnisse, die nicht gelüftet werden. Ausgefeilt, mit Ecken und Kanten, herausfordernd und gefährdet – auch die Gegenseite besitzt eine große Anziehungskraft.
Obwohl Celia S. Friedman viel Wert auf Charakterentwicklung und Emotionen legt, weiß sie auch blutige und harte Szenen zu beschreiben. So liest man plötzlich von verwesenden Kreaturen, ausgeweideten Menschen und Kindern, die als Dämonenköder dienen. Das ist nichts für zart besaitete Menschen.
„Kathedrale der Dämonen“ ist ein packendes Buch. Bleibt abzuwarten, wie dem Roman die Dreiteilung bekommt. Der Auftakt ist jedenfalls sehr gelungen.
|Originaltitel: When True Night Falls (1993)
Übersetzung: Ronald M. Hahn|
Vor 1200 Jahren versuchten die Menschen, den Planeten Arna zu kolonisieren. Doch sie scheiterten, da es auf dem Planeten eine Energieform namens Fae gibt. Das Fae lässt Zauberei zu und manifestiert die Ängste und Albträume der Menschen. Die Kolonie war sich selbst überlassen und fiel in der Entwicklung zurück. Die Menschen leben nun in einer mittelalterlichen Welt voller Magie und Monster.
In dieser Welt lebt die Fae-Adeptin Ciani. Sie wurde von mysteriösen Wesen überfallen und ihrer Erinnerungen und ihrer Macht beraubt. Die Wesen konnten vertrieben werden, doch um Ciani zu heilen, muss der Angreifer vernichtet werden. Aber das Dämonenwesen lebt hinter einer magischen Barriere, dem Baldachin. Er schützt die Ureinwohner – die Rakh – vor den Menschen.
Doch Ciani steht nicht alleine dar. Der Krieger-Priester Damien Vryce liebt die Adeptin und ist bereit für sie zu sterben, um ihre Erinnerungen zurückzuholen. Ein weiterer Freund der beiden ist Senzei, ein Gelehrter, der gerne ein Adept wäre. Doch dieser Weg ist ihm verwehrt. Das Quartett wird von dem Dämonen Gerald Tarrant komplettiert. Er ist ein mächtiges Wesen und wird „der Jäger“ genannt. Doch einst war er der Neograf und Begründer des Glaubens, dem Damien folgt. Doch der Neograf gab sich einst dem Bösen hin und ist nun der Feind von Damiens Glauben.
Die vier durchschreiten den Baldachin. Doch schnell werden sie von Jägern zur Beute. Nur durch die Hilfe der Rakhs, die mehr als ungastlich sind, vermögen sie zu überleben. Die Rakhs schließen mit den Fremden ein Zweckbündnis. Immerhin werden sie ebenfalls von den erinnerungsfressenden Dämonen bedroht, die von einer fremden Macht gesteuert werden. Einer Macht, die sich im Haus der Stürme verschanzt. Zusammen mit einer Rakh macht sich die kleine Gemeinschaft auf, um sich dieser fremden Macht zu stellen. Doch sie unterschätzen den Gegner …
Der Klappentext stellt eine Verbindung zu Stephen King und Dean Koontz her. Allerdings hat „Zitadelle der Stürme“ kaum etwas mit den Büchern der beiden Horror-Autoren gemein. Auch der Buchtitel ist etwas irreführend, ist im Roman doch vom Haus der Stürme die Rede. Dass der Originalroman „Black Sun Rising“ von Knaur geteilt wurde ([„Festung der Nacht“, 800 Knaur TB 70281 und „Zitadelle der Stürme“, Knaur TB 70282), ist ein weiterer Minuspunkt. Trotz der Verlagstorpedos hält sich der Roman jedoch glänzend über Wasser.
Der Umschlag wurde im Stil japanischer Mangas gestaltet und wartet mit gelungenen Motiven auf. Ein kurzer Überblick am Anfang des Buchs vermittelt das nötige Vorwissen aus dem ersten Band des Kaltfeuer-Zyklus.
Obwohl die Magie und die Landschaften im Roman faszinierend sind, machen vor allem die Figuren den Reiz aus. Sie sind wunderbar ausgearbeitet, und ihre Beziehung zueinander sorgt für viel Konfliktpotenzial. An erster Stelle steht hier Gerald Tarrant, der Täter und Opfer zugleich ist. Er ist eine bösartige Kreatur, abstoßend und anziehend zugleich. Sein Wiederpart ist Damien Vryce, dessen Macht jedoch begrenzt ist und der des Öfteren unter Eifersucht leidet. Auch Senzei ist eine packende Figur, der ihre eigene Gier zum Verhängnis wird. Nur Ciani verblasst ein wenig, was aber an der Teilung des Originalromans liegt. Immerhin wurden die Charaktere in „Festung der Nacht“ eingebracht und skizziert. In „Zitadelle der Stürme“ fehlt entsprechend eine Charaktereinführung. Das wird jedoch durch die hervorragende Charakterentwicklung ausgeglichen.
Celia S. Friedman weiß zu schreiben und besitzt einen bildhaften Stil. Ihre Geschichte ist spannend und wartet mit überraschenden Wendungen auf, die Friedmans Leser in Atem halten. Dazu gibt es eine ordentliche Portion Blut, Gewalt und Action. Hier verbindet sich feinsinnige Unterhaltung mit rasanter Dramaturgie. Eine gelungene Sache, die auf der ganzen Linie überzeugt.
„Zitadelle der Stürme“ ist ein gelungener Roman, der flüssig geschrieben und zügig zu lesen ist. Helden mit Ecken und Kanten, faszinierende Kreaturen, lebensfeindliche Landschaften und eine spannende Geschichte – Fantasy vom Feinsten und eine gute Empfehlung.
|Originaltitel: Black Sun Rising (1991)
Übersetzung: Ronald M. Hahn|
Als die Menschen im Weltraum eine neue Heimat fanden, ahnten sie nichts von den Schrecken, die dort lauerten. Allein durch Gedanken konnte man seine Umwelt verändern. Durch die im Unterbewusstsein verankerten Ängste schufen die Menschen jedoch Dämonen und Monster, führten ihren eigenen Untergang herbei. Seitdem ist viel Zeit vergangen. Die einstige Kolonie wurde sich selbst überlassen und fiel auf einen pseudomittelalterlichen Stand zurück. Die Menschen haben gelernt, mit der Macht umzugehen, die sie umgibt. Dämonen und Adepten sind real. Der magieverdammende Klerus einer Erweckerkirche, ein uralter Dämon, Inquisitoren und Gelehrte, sie alle bevölkern diese magische Welt, die so gefährlich ist.
Der hochrangige Priester Damien reist durchs Land, um seiner Kirche neue Wege zu eröffnen. Er selbst vermag das |Fae|, die alles umgebende magische Kraft, zu manipulieren. Obwohl er darin einiges Talent besitzt, übertrifft ihn die hübsche Ciani bei weitem. Ciani mag wohl jung aussehen, doch tatsächlich ist sie viel älter als Damien, der sich in die Adeptin verliebt. Ciani besitzt viel Wissen und arbeitet mit Senzei zusammen, einem alten Gelehrten. Als Cianis Magie von schrecklichen Kreaturen ausgelöscht wird, schließt sich das Trio zusammen, um Cianis Leben zu retten. Denn als man ihr das Fae nahm, nahm der Feind auch ihren Lebenswillen.
Gemeinsam wollen Damien, Ciani und Senzei den Schleier durchdringen. Dabei handelt es sich um eine magische Barriere, die ein Urvolk vor den Menschen schützt. Die Reise ist gefährlich und der Vampir Gerald schließt sich den Freunden an. Der Dämon ist von einem schrecklichen Geheimnis umgeben, das Damien, Ciani und Senzei langsam lüften …
Obwohl das Buch mit 406 Seiten ein wenig schmal wirkt, steckt es voller fantastischer Inhalte, die dem Leser den Atem rauben. Wo andere Autoren leicht das doppelte Volumen mit nichts sagenden Trivialitäten füllen, benötigt Celia S. Friedman weniger Platz für mehr sinnvolle Handlung. Jede Seite überzeugt durch einen angenehmen und flüssigen Stil, der ohne Lückenfüller oder Belanglosigkeiten auskommt. Die Autorin schreibt pointiert und steuert gezielt auf den Höhepunkt des Romans zu.
Eine der Stärken des Romans, der den Fantasy-Zyklus |Kaltfeuer| einläutet, ist die fantastische Welt, in der die Handlung spielt. Detailliert und dennoch verspielt erweckt Friedman Flora und Fauna zum Leben. Zugegeben, die ersten Seiten sind etwas verwirrend. Doch mit jedem Satz enthüllen sich die Feinheiten der Umwelt, begreift der Leser mehr von den Zusammenhängen. Celia S. Friedman setzt auf Subtilität, vermeidet Beschreibungen, die mit dem Holzhammer rausgeprügelt werden. Hier macht das Lesen und Entdecken großen Spaß.
Gleiches gilt für die tiefgründigen Figuren, die sehr authentisch wirken und griffig rüberkommen. Damien ist ein Wegbereiter, der das Fae zu manipulieren vermag und dadurch eigentlich gegen die Anordnungen seiner Kirche verstößt. Doch die Kirche muss neue Wege gehen, will sie den Kampf gegen die Dämonen gewinnen. Große Säuberungen und Kreuzzüge in der Vergangenheit haben dem Klerus mehr geschadet als genutzt. Dadurch wirkt Damien wie die letzte Hoffnung der Menschheit.
Ciani ist ein wenig anders gestrickt. Sie besitzt eine große Lebenserfahrung, kennt die Höhen und Tiefen ihrer Vergangenheit. Sie ist frei und unbeschwert, vermag das Fae mit Leichtigkeit zu manipulieren. Das alles ändert sich erst, als sie überfallen wird. Nur Senzeis Eingreifen retten Cianis Leben. Hier wird deutlich, dass die Figuren untereinander feste Freundschaften pflegen, die selbst über den Tod hinausreichen. Sie alle riskieren ihr Leben, um dem anderen zu helfen. Dieser Zusammenhalt des Trios ist ergreifend und berührt den Leser. Die Sehnsucht nach fester Freundschaft wird hier gestillt und bindet Emotionen.
Doch wo Licht, da auch Schatten. Die Düsternis des Romans beruht zum Teil auf der Welt selbst, doch auch auf dem Vampir Gerald, den ein düsteres Geheimnis umgibt. Damien traut dem Dämonen nicht, doch sie alle sind auf den Mann angewiesen. Im Verlauf der Handlung wird seine wahre Identität immer weiter aufgedeckt. Hier fordert Friedman auch die grauen Zellen ihrer Leserschaft, bedingt durch die gelungene Einleitung des Romans. Der Prolog zeigt bereits die Klarheit, mit der die Autorin vorgeht. Da richten sich schon die Nackenhärchen auf und rieselt uns ein kalter Schauer über den Rücken. Hier werden Erwartungen geschürt, die tatsächlich erfüllt werden.
Der Roman beginnt stark, steigert sich bis zum Höhepunkt und macht dann Lust auf mehr. „Festung der Nacht“ ist ein gelungener Einstieg in den Kaltfeuer-Zyklus und – auch für sich allein gelesen – ein tolles Stück Fantasy.
|Originaltitel: Black Sun Rising (1991)
Übersetzung: Ronald M. Hahn|
Es sind Schulferien. Für den Internatsschüler Anders Beron ist das die schönste Zeit des Jahres. Denn nun kann er endlich seinen Vater sehen, den ebenso reichen wie mächtigen Ottmar Beron, Besitzer eines riesigen Vermögens an Firmen, Land und Geld. Er wird von seinem Freund und Leibwächter Jannek abgeholt, der zwar freundlich lächelt, aber sehr nervös zu sein scheint. Dafür hat er auch alle Gründe, denn am Privatflugzeug kommt es zur Katastrophe. Jannek und Anders geraten in die Fänge zweier skrupelloser Entführer. Diese zwingen Jannek, das Flugzeug zu starten und die Berge anzusteuern. Schnell nimmt die Polizei in Hubschraubern die Verfolgung auf und die Entführer zwingen Jannek, in ein militärisches Schutzgebiet zu fliegen. Dort werden sie von futuristischen Kampfhubschraubern abgeschossen und müssen notlanden. Die Entführer überleben den Absturz nicht, doch wie durch ein Wunder bleiben Anders und Jannek am Leben. Doch dann tauchen Männer in Schutzanzügen auf und nehmen sie unter Beschuss, ebenso wie die Kampfhubschrauber. Eine abenteuerliche Flucht beginnt, bei der Jannek tödlich verletzt von einem Dach stürzt und Anders von einem unbekannten Mädchen gerettet wird.
Dieses Mädchen führt ihn durch eine zerstörte Stadt, in der eine schreckliche Katastrophe gewütet haben muss. Noch immer wird er von den Männern in den schwarzen Schutzanzügen verfolgt. Und noch andere Schrecken lauern in den Ruinen. Ein Schwarm von spinnenähnlichen Tieren frisst alles, was den Insekten begegnet. Nur knapp können die beiden den geheimnisvollen Männern mit ihren todbringenden Waffen und den Insektenmonstern entkommen. Das Mädchen bringt ihn zu ihrer Zuflucht, wo auch andere Überlebende der Katastrophe eine Notgemeinschaft bilden. Diese nach strengen Regeln lebende Sippe besteht aus merkwürdigen Geschöpfen. Teilweise sind sie menschlich, teilweise sehen sie aus wie Tiere. In welch einer Welt ist Anders gelandet und wie kann er ihr wieder entkommen?
Das vorliegende Buch ist der Beginn der vierteiligen Romanfolge von Heike und Wolfgang Hohlbein, die damit wieder mal ihrem Lieblingsthema folgen, das sie beispielsweise in „Druidentor“ und vielen anderen Romanen pflegen und hegen. Sie bringen ein Stück Fantasie (Legenden und Fantasy bunt gemischt) in unsere Welt. Dazu bemühen sie moderne Technik und Wissenschaft, die durch Legenden und Märchen angereichert werden. In diesem Fall haben Wissenschaftler in ihrem Labor etwas freigesetzt, das zusammen oder allein mit der nuklearen Vernichtung der Stadt in den Bergen (so ganz deutlich wird das nicht) Mutationen unter den Lebenden hervorruft. Jeder, der das Gebiet betritt und/oder mit den dort Lebenden konfrontiert wird, leidet unter einer schrecklichen Krankheit, die fast immer zum Tod führt. Die Mutationen sind nun eine praktische Angelegenheit für die Autoren, beliebige Fabel- und Fantasywesen auf die Bühne zu holen. So treffen wir hier Tiermenschen, Insektenvölker, Trolle, Zwerge, Gnome, Orks, Elfen und was die einschlägige Literatur noch so hergibt (wenn auch eventuell unter einem anderen Namen).
Die Geschichte beginnt schnell und furios und bleibt bis zum Ende des Buches sehr spannend. Fasziniert folgen wir Anders in sein persönliches Endzeitszenario, aus dem er von Anfang an verzweifelt zu entkommen versucht. Die Schrecken und Gefahren, die ihm dabei begegnen, sind bedrohlich und glaubhaft vermittelt.
Der Einstieg in das vierbändige Werk ist dem Autorenpaar am besten gelungen. Während die späteren Romanteile ein paar Längen, Wiederholungen, Brüche und Schleifen aufweisen, ist der erste Band eine spannende und interessante Angelegenheit.
Autorenhomepage des Verlages: http://www.hohlbein.at/
_Jens Peter Kleinau_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|
Mit „Butlers Djihad“ beginnt eine zweiteilige Reihe, in der die Ursprünge des legendären Wüstenplanet-Zyklus beschrieben werden, die Anfänge von „Dune“, der erfolgreichsten Science-Fiction-Serie aller Zeiten. Brian Herbert, Sohn des 1986 verstorbenen „Dune“-Schriftstellers Frank Herbert, und Kevin J. Anderson haben sich bereits vor einiger Zeit mit der Vergangenheit des Hauses Atreides beschäftigt und die Chroniken in Form einer Trilogie abgearbeitet, die von Kritikern als das legetime Erbe des Original-Autors gelobt wurde, doch nun gehen sie noch weiter zurück und berichten von einer Zeit, die circa 10.000 Jahre vor der Herrschaft über den Planeten Arrakis spielt.
Die Welt wird in dieser Zeit vom mächtigen Allgeist Omnius beherrscht, der mit Hilfe seiner Denkmaschinen einzelne Planeten eroberte, die dort lebenden Menschen entweder brutal abschlachten ließ oder sie in die Sklaverei der Maschinen führte und schließlich die Vorherrschaft über das gesamte Universum übernahm. Dabei ist Omnius indirekt nur eine Erfindung einer unzufriedenen Schar Menschen gewesen, die seinerzeit das alte Imperium als Titanen stürzen konnte und sich schließlich selbst in Maschinen verwandeln ließ, so genannte Cymeks, die jedoch weiterhin über ein organisches Gehirn verfügten. Ein Fehler in ihrer Programmierung ließ schließlich den allmächtigen Omnius entstehen, der ihnen selber überlegen war und nun von überall her das Geschehen kontrollierte.
Nur ein geringer Teil der menschlichen Rasse wagt es noch, dem Allgeist Widerstand zu leisten. Gemeinsam bilden sie die Liga der Edlen, die sich zum Ziel macht, die bevorstehende Ausrottung ihrer Rasse durch die Roboter zu verhindern. Unter der Führung ihres Präsidenten Manion Butler, seiner wagemutigen Tochter Serena und ihres Verlobten Xavier Harkonnen stellen sie ein neues Heer auf, um sich gegen die Roboter zur Wehr zu setzen, jedoch bleiben sie stets in einer Verteidigerrolle. Erst in dem Moment, als sich Serena Butler dazu entschließt, den an die Denkmaschinen verlorenen Planeten Giedi Primus zurückzuerobern, erkennen die Menschen ihre Chancen, jedoch fällt Serena diesem Angriff selbst zum Opfer und landet als Gefangene auf der Erde, wo sie als Haussklavin des intelligenten Roboters Erasmus gehalten wird.
In ihrer Heimatwelt ist man indes von Serenas Tod überzeugt und bemerkt somit gar nicht, dass sie auch auf der Erde weiterhin für die Rechte der versklavten Menschen kämpft, dabei teilweise auch Erfolge erzielt und schlussendlich den Mord an ihrem unter Erasmus‘ Aufsicht geborenen Sohn zum Anlass nimmt, um mit einem Arbeiterfüher eine Revolte gegen die Maschinen anzuzetteln. Ihr erneuter Erfolg und das Wissen, das sie vom übergelaufenen Titanensohn Vorian Atreides übermittelt bekommen hat, lässt sie schließlich bei ihrer Rückkehr in die Liga der Edlen den Djihad gegen die von Omnius gesteuerten Maschinen ausrufen, der von ihrem ehemaligen Verlobten Xavier Harkonnen angeführt werden soll.
An vielen anderen Stellen wird dieser erneute Vorgänger harsch kritisiert, was mir persönlich überhaupt nicht verständlich ist, denn schließlich ist es dem eingespielten Team Herbert/Anderson eindrucksvoll gelungen, eine weitere atemberaubende Science-Fcition-Geschichte zu erzählen, die sich vor allem durch ihre ironische Brutalität von anderen Vertretern ihres Genres abhebt. Hiermit meine ich in erster Linie die Gleichgültigkeit, mit der die Roboter ganze Stämme ausrotten und die fast schon beiläufige Ironie, mit der das Autorenteam Stellung dazu bezieht. Diese zieht sich auch durch das ganze Buch und löst immer wieder Entsetzen aus, da sich hinter der Frage, wie viel ein Menschenleben eigentlich wert ist, ein unterschwelliges Stück Gesellschaftskritik verbirgt.
Davon einmal abgesehen, ist der Handlungsstrang ausgesprochen spannend arrangiert worden. Sehr viele Nebenschauplätze werden in kurzen Kapiteln eingeblendet, zahlreiche Charaktere vorgestellt, das Leben auf den verschiedensten voneinander unabhängigen Planeten wird beschrieben und trotzdem lässt sich der Wust an Informationen Stück füt Stück zusammenfügen und ergibt schließlich auch die erhofften Zusammenhänge. Dabei lesen sich die ersten 150 Seiten gar nicht mal so einfach, weil der eben beschriebene Prozess, sprich das Sammeln von Informationen, schon eine gewisse Zeit verschlingt, die sich jedoch im Endeffekt als wertvoll investiert erweist, denn je tiefer man in die Welt von Omnius, Xavier Harkonnen, Vorian Atreides, den Titanen und natürlich Serena Butler eingedrungen ist, desto wissbegieriger wird der Leser schließlich.
Schlussendlich lässt sich daher auch sagen, dass die beiden Autoren den sehr guten Ruf der Wüstenplanet-Saga nicht nur weiter aufrechterhalten, sondern ihn mit „Butlers Djihad“ sogar auf ein neues Level angehoben haben. Für diejenigen, die mit der „Dune“-Geschichte bisher noch nicht in Kontakt getreten sind, ergbit sich hier sogar die einmalige Möglichkeit, von ganz vorne zu beginnen, was die Sache neutral betrachtet sogar noch weitaus interessanter macht als die stetigen Rückblenden, die sich für den eingeschworenen Leser bieten.
Mehr Informationen zur Wüstenplanet-Saga gibt es u. a. bei [wikipedia.]http://de.wikipedia.org/wiki/Dune
„Der dunkle Turm“ wird von Stephen King selbst als sein Lebenswerk bezeichnet. Der erfolgreiche Autor erklärte den Ende 2004 erschienenen siebten Band „Der Turm“ zu seinem letzten großen Roman und Abschluss seines vor 22 Jahren begonnenen Turmzyklus, der als Metafiktion viele Bezüge zu anderen Werken Kings, zum Leben des Autors sowie der realen Welt herstellt.
Bereits vor dem Erscheinen des ersten Bandes, „Schwarz“ (1982), spukten die Gedanken zu der Gestalt des Roland von Gilead und die Grundlage zu seinem späteren Turmzyklus in Kings Kopf. Das 1855 von Roland Browning geschriebene Gedicht „Childe Roland to the Dark Tower came“ – man findet es auf Kings Dark-Tower-Homepage ]http://www.stephenking.com/DarkTower/ – setzte dabei einen kreativen Prozess in Gang, der sich nach und nach verselbstständigte, King wob immer mehr Bezüge zu seinen Romanen und der realen Welt in die Geschichte um den dunklen Turm ein.
Die „Polis“ nennt man jenen Teil der Galaxis, der von den Menschen und ihren Abkömmlingen, Verbündeten und Feinden besiedelt wird. Das Sagen haben die KIs, künstliche Intelligenzen, deren Einheiten über die gesamte Polis verteilt sind und mit der Zentrale in Verbindung stehen. In dieser gewaltigen Sphäre begehren immer wieder feindliche Mächte auf. Vor gar nicht langer Zeit machte sich über dem Planeten Samarkand der „Drache“ bemerkbar – ein außerirdisches Biokonstrukt der legendären, längst ausgestorbenen „Erschaffer“, das unter hohen Verlusten nur scheinbar besiegt werden und fliehen konnte. Deshalb fragt sich Earth Central Security, die Sicherheitseinheit der Polis, ob der Drache hinter den mysteriösen Ereignissen steckt, die zur Zerstörung der Raumstation „Miranda“ geführt haben.
Das Schlachtschiff „Occam Razor“ wird in Gang gesetzt. An Bord befinden sich die Agenten Cormac und Gant sowie „Narbengesicht“, eine Kreatur Draches, deren Loyalität höchst ungewiss ist. Zunächst an anderer Stelle der Galaxis jagt Cormacs alter Kampfgefährte Thorn den kriminellen Naturwissenschaftler Skellar. Dieser ist durch einen Zufall in den Besitz von Hightech der der ausgestorbenen Dschaina gelangt. Sie lassen den skrupellosen Skellar zu einem Gegner werden, dem kaum beizukommen ist. Da sich der Forscher an Cormac rächen und außerdem ein Kampfschiff an sich bringen will, überfällt er die „Occam Razor“. Ein Segment Draches rettet die wieder vereinten Kampfgefährten. Neal Asher – Der Erbe Dschainas weiterlesen →
„Die linke Hand der Dunkelheit“ ist ein Klassiker von 1969, neu aufgelegt in |Heynes| wunderbarer Jubiläums-Edition. Hauptfigur ist der Gesandte Genly Ai, einziger Vertreter der Ökumene auf dem fernen Planeten Gethen. Die Ökumene ist ein Verbund aus 83 Welten für den wirtschaftlichen und vor allem kulturellen Austausch. Politische Macht wird jedoch nicht ausgeübt, jede Welt regiert sich selbst.
Genly Ai soll die Bewohner für einen Beitritt zur Ökumene gewinnen, doch seine Mission ist nicht leicht, denn Gethen unterscheidet sich sehr von Terra, der Heimat Genlys.
„Das Rad der Zeit dreht sich, Zeitalter kommen und gehen und hinterlassen Erinnerungen, die zu Legenden werden.
Legenden verblassen zu Mythen und selbst die sind längst vergessen, wenn das Zeitalter wiederkehrt, das an ihrem Ursprung stand.“
Mit diesen Worten begann Robert Jordans „Das Rad der Zeit“-Zyklus – einer der umfangreichsten und erfolgreichsten Fantasy-Zyklen der letzten Jahre.
Mittlerweile sind 10 Bände der amerikanischen Originalausgabe erschienen, die satte 7569 (!) Seiten Umfang aufweisen. Bei den 29 (die Bände wurden gesplittet) bisher erschienenen Übersetzungen liegt die Seitenzahl gemäß der Regel, dass deutsche Übersetzungen umfangreicher werden, entsprechend mittlerweile bei über 10.000. Da seit dem Erscheinen des ersten US-Bandes „The Eye of the World“ im Jahre 1990 bereits einige Zeit verstrichen ist, verwundert es nicht, dass in der deutschen Übersetzung mit Andreas Decker bereits der dritte Übersetzer tätig und die Reihe von |Heyne| an den |Piper|-Verlag verkauft worden ist.
Piper veröffentlicht mit „Der neue Frühling“ den 29. Band der deutschen Rad-der-Zeit-Serie, der allerdings aus der Reihe fällt: In den USA wird „The New Spring“ getrennt vom Rad der Zeit als Prequel-Serie im selben Universum angeboten.
Zum besseren Verständnis der ausufernden Fantasy-Welt des Rads der Zeit möchte ich einen sehr groben Handlungsabriss des Rad-Zyklus voranstellen:
Das Grundkonzept des Rads der Zeit ist das des ewigen Konflikts zwischen Schöpfung und Chaos, verkörpert von dem jeweiligen „Drachen“ (im übertragenen Sinn: Der Drache ist ein Mensch) und seinem Widerstreiter vom Anbeginn der Schöpfung an, dem Dunklen König. Seit der Schöpfung der Welt treten sich Drache und Dunkler König am Ende eines jeden Zeitalters zum finalen Gefecht gegenüber, sollte der Dunkle König siegen, geht die Welt unter. Was bisher offensichtlich nicht geschehen ist …
Das Muster der Zeitalter ist dabei stets sehr ähnlich: Nicht nur der finale Konflikt, auch die Helfer des Drachen werden stets in einem neuen Zeitalter wiedergeboren. Aus dem Zeitalter der Legenden und dem Dritten und Vierten Zeitalter haben noch fragmentarische Schriften, unter anderem die „Prophezeiungen des Drachen“ im Karaethon-Zyklus, überdauert.
Diese versprechen nicht nur die Wiederkehr des Drachen, sie beunruhigen auch die wenigen Eingeweihten: Der Drache soll bei seiner Wiederkehr die Welt zerstören. Wie das zu interpretieren ist, darüber streitet man sich. Wird der Drache die Welt vor dem Dunklen König retten, sie aber dabei zerstören? Vieles spricht für einen Sieg des Schattens. Die magiebegabten Menschen der Welt des Rades, „Aes Sedai“ (Diener Aller) genannt, sind schwächer denn je: Beim Kampf gegen Lews Therin Telamon, den letzten Drachen, gelang es dem Dunklen König, die männliche Hälfte der „Wahren Quelle“ oder auch der „Einen Macht“, Saidin, zu verunreinigen: Jeder Mann, der sich ihrer bedient, wird unweigerlich früher oder später wahnsinnig. Das hat zur Folge, dass alle Aes Sedai des aktuellen Zeitalters weiblich sind und alle der Magie fähigen Männer gezielt suchen und ihrer Fähigkeit berauben, bevor sie sich selbst und anderen im Wahn Schaden zufügen können. Erschwerend sind im Zeitalter der Legenden bereits einige der mächtigsten Aes Sedai aller Zeiten zum Dunklen König übergelaufen; die so genannten „Verlorenen“ zählen neben anderen, heimlich dem Schatten dienenden Aes Sedai, der sogenannten „Schwarzen Ajah“, zu seinen mächtigsten Schergen.
Einer der potenziell wahnsinnigen männlichen Machtanwender ist der wiedergeborene Drache selbst, Rand al’Thor. Dank der Hilfe der Aes Sedai Moiraine Damodred und vieler anderer gelang es ihm, dem Wahnsinn, den Dienern des Dunklen Königs und zahllosen anderen Gefahren zu trotzen. Doch noch nie zuvor waren die Siegeschancen des Dunklen Königs besser, die magischen Siegel seines Gefängnisses im Berg Shayol Ghul bröckeln, die Verlorenen wandeln wieder auf der Welt und seine Trolloc-Heerscharen überziehen das Land mit Krieg, während eine Invasion der Seanchaner, die von einem Kontinent am anderen Ende des Aryth-Meers stammen, die Reiche der Menschen zum Fall zu bringen droht.
Das Ende scheint nahe, doch Robert Jordan lässt sich nicht hetzen: Bereits seit einigen Bänden tritt die Handlung auf der Stelle, bis zur entscheidenden Schlacht wird es wohl noch eine Weile dauern, es ist noch nicht einmal klar, wann der nächste Band erscheint. Aberhunderte von Charakteren, unzählige Völker, Monster, fremdartige Konzepte und Dinge bevölkern seine gigantische Fantasywelt.
„Der neue Frühling“ dient der Überbrückung der Zeitspanne bis zum nächsten Rad-der-Zeit-Band und erzählt die |Vorgeschichte| des Zyklus:
Moiraine Damodred und die spätere Amyrlin (Anführerin) der Aes Sedai, Siuan Sanche, sind zu dieser Zeit gerade erst Aufgenommene, noch nicht einmal richtige Aes Sedai. Doch während die wilden Aiel-Wüstenkrieger die Ländereien um den Drachenberg verwüsten, ereilt die Aes Sedai Gitara Moroso eine schicksalhafte Vision: Der Drache ist wiedergeboren worden! Sofort entsendet die regierende Amyrlin vertrauenswürdige Sucherinnen, die nur eine Aufgabe haben: Den Drachen zu finden. Moiraine und Siuan befinden sich ebenfalls darunter, denn sie waren während der Vision Gitaras zufällig zugegen.
Bald darauf stirbt die Amyrlin – und viele andere Aes Sedai mit ihr. Moiraine und Siuan kommt das nicht geheuer vor, und bald sehen sie sich in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Die „Schwarze Ajah“ – Schwestern, die nicht an die drei Eide der Aes Sedai (nicht lügen, keine Waffe mithilfe der Macht herstellen, die Macht nicht als Waffe gegen andere Menschen einsetzen außer zur Selbstverteidigung) gebunden sind und dem Dunklen König dienen – hat die Macht an sich gerissen! Doch sie können nichts beweisen, woraufhin Moiraine sich ganz der Suche nach dem und dem Schutz des Drachen verschreibt …
Auf diesem einsamen Weg trifft Moiraine auf ihren späteren „Behüter“ Lan Mandragoran, den letzten Königsohn des von den Heeren des Dunklen Königs überrannten Landes Malkier. Dieser hat anfangs noch keine wortlose Übereinstimmung mit ihr, hat ganz im Gegenteil seinen eigenen Kopf und empfindet die Aes-Sedai-Hexe als überaus lästig. Hat er doch ganz andere Sorgen, wie eine ehemalige Geliebte, die treue Malkieri zu einem vermutlich blutigen Desaster, einer unrealistischen Rückeroberung Malkiers, angeblich zu dessen Wohl, anstiften will.
Damit wäre die Handlung dieses Romans auch schon zusammengefasst – denn Neues erfährt der Rad-der-Zeit-Kenner wirklich nicht. Außer den Namen von Lans ehemaliger Geliebter, und der Tatsache, dass, wie man bereits vermuten konnte, schon damals die Schwarze Ajah ihr Unwesen trieb. Rand selbst kommt in diesem Buch gar nicht vor, dies bleibt wohl folgenden Prequels, von denen Jordan noch 2-3 weitere für möglich hält, vorbehalten.
Erschwerend kommt hinzu, dass Teile des „neuen Frühlings“ bereits in der Anthologie „Legends“ von Robert Silberberg erschienen und zuvor einige Zeit im Internet zum kostenlosen Download bereitstanden. Hier drängt sich der Verdacht der Geldmacherei auf, denn der nächste „Rad der Zeit“-Band lässt schon lange auf sich warten, die letzten drei US-Bände wurden kontinuierlich schlechter und die Handlung tappt schon seit langem auf der Stelle. Dies mit einer genauso langamtigen und ereignislosen Prequel-Reihe zu toppen, kann man nur noch als dreist bezeichnen.
Einen Großteil seiner Faszination schöpft dieser Band aus der Verbindung zum Rad-Zyklus sowie dem Wiederauftauchen der in diesem Zyklus bereits toten oder verschollenen Sympathieträgerin Moiraine. Leider wird die durchaus interessante Vorgeschichte im selben Schneckentempo abgehandelt, das leider die letzten Bände des Rad-Zyklus geprägt hat. So fallen vermehrt Unstimmigkeiten auf: Moiraine und Siuan hatten bereits als junge Mädchen dieselben Charakterzüge wie zur Zeit der Haupthandlung, auch Lans Charakter hat anscheinend keinerlei Entwicklung erfahren. Negativ fällt auch ins Gewicht, dass Siuan Sanche es wirklich in Rekordzeit zur Amyrlin gebracht haben muss, währt das Leben von Aes Sedai doch in Jahrhunderten. Rand wurde während ihrer Jugend geboren, insofern muss Siuan innerhalb von maximal zwanzig Jahren das höchste Amt in der extrem traditionellen Gesellschaft der Weißen Burg errungen haben.
Begeistern können Jordans Figuren nach wie vor. Die süßen Magierinnen im Abendkleid, auch Aes Sedai genannt, starke Frauencharaktere in einer faszinierenden matriarchalischen Gesellschaft, sind nur eine der vielen beeindrucken Facetten der überbordend komplexen Welt Jordans. Sein Erzählstil ist ebenfalls erstklassig, aber die Tendenz zur Langatmigkeit bei zahllosen unüberschaubar werdenden Handlungsfäden kann selbst den größten Fan enttäuschen.
Für Einsteiger ist dieses Buch nicht geeignet, diese sollten besser bei Band 1, „Drohende Schatten“, beginnen, der auch als Originalausgabe unter dem Namen [„Die Suche nach dem Auge der Welt“]http://www.buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=700 als einbändige Neuauflage der in der Taschenbuch-Reihe gesplitteten US-Ausgabe verfügbar ist.
Treuen Fans wird die Tatsache, dass die |Piper|-Ausgabe im Vergleich zur |Heyne|-Fassung optisch leicht verändert wurde, sowie die bekannte Leier Jordans, auf der Stelle zu treten, den Spaß an „Der neue Frühling“ ein wenig verderben. Mag der Zyklus auch überdurchschnittlich gut sein und mit epischer Breite glänzen, auf solch belanglose Leerlauf-Geschichten kann man gerne verzichten.
Taschenbuch: 432 Seiten
Sehr gute deutsche Fanseite:
http://www.radderzeit.de/
Offizielle Homepage von Robert Jordan:
www.tor.com/jordan
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