Archiv der Kategorie: Horror & Unheimliches

Koontz, Dean / Anderson, Kevin J. – Frankenstein: Das Gesicht

_Die |Frankenstein|-Trilogie:_
Band 1: _“Das Gesicht“_
Band 2: „Die Kreatur“
Band 3: „Der Schatten“

_Das geschieht:_

In der US-amerikanischen Südstaatenmetropole New Orleans verursacht ein Serienmörder der Polizei Kopfzerbrechen: Er tötet Frauen und Männer, denen er jeweils Gliedmaßen oder Organe entfernt. Detective Carson O’Connor und Partner Michael Maddison stehen auch nach dem sechsten Fall vor einem Rätsel bzw. mit indizienleeren Händen da.

Auch auf der anderen Seite der Erdkugel werden die Morde mit Besorgnis zur Kenntnis genommen. Ins tibetische Kloster Rombuk und damit in die größtmögliche Einsamkeit hat sich jene Kreatur zurückgezogen, die einst der ebenso geniale wie skrupellose Wissenschaftler Viktor Frankenstein aus Leichenteilen schuf. Das „Monster“, wie es einmal genannt wurde, ist inzwischen zweieinhalb Jahrhunderte alt aber weiterhin gut bei Kräften. Es nennt sich Deucalion, hat hart und erfolgreich an seiner Bildung gearbeitet, sich mit seinem grotesken Äußeren abgefunden und ist mit Körper und Geist im 21. Jahrhundert angekommen.

Dies trifft auch auf Frankenstein zu, der zum ultrareichen Konzernboss Helios mit guten politischen Kontakten geworden ist. Ihn verdächtigt Deucalion der Mordserie im Süden der USA. Um ihn zu stoppen, reist er nach New Orleans. Dort gerät er rasch ins Visier von O’Connor und Maddison, die verständlicherweise wenig geneigt sind, an die Existenz einer alten Gruselmär zu glauben. Doch die Not schafft bekanntlich seltsame Bettgenossen: Als seltsame, anscheinend künstliche Wesen ihr Unwesen zu treiben beginnen, offenbart sich ein diabolischer Plan: Frankenstein will eine neue, ‚verbesserte‘ Menschenrasse ins Leben rufen, deren Meister natürlich er selbst sein soll. Ihn aufzuhalten ist schwierig, denn Frankenstein ging bereits erfolgreich in die Massenproduktion und schickt seine Geschöpfe aus, um jene zu jagen und zu töten, die sich ihm in den Weg stellen …

_Ein Kult auf modernen (Ab-)Wegen_

Verrückter Wissenschaftler will die Welt nach seinem Gusto verändern und bedient sich dafür kapital krimineller Methoden, worauf sich ein hoffnungslos unterlegenes Grüppchen aufrechter Gesellen aufmacht, genau dies zu verhindern: Eine Geschichte wird uns hier kredenzt, die wir schon oft gelesen oder als Film umgesetzt gesehen haben. Das geht in Ordnung, wenn sie rasant und ohne Längen erzählt wird, wofür die Namen Koontz & Anderson grundsätzlich garantieren.

Aufmerksamkeit soll in diesem Fall erfolgreich erregt werden, indem besagte Geschichte mit einem Romanklassiker verquickt wird, der über seine literaturgeschichtliche Bedeutung hinaus zu einem festen Bestandteil der Populärkultur geworden ist: Ein echter Kult, der nicht gemacht wurde, sondern aus eigener Kraft wuchs. Baron Frankenstein, der sich gegen Gott versündigte, als er dessen Monopol als Schöpfer von Leben missachtete, und seine Kreatur, die an ihrer Herkunft verzweifelte und ohne Erfolg versuchte, als Mensch unter Menschen einen Platz zu finden, bewegen die Fantasie seit dreihundert Jahren. Die Ankündigung ihres neuerlichen Auftritts stellt bereits ein gewisses Grundinteresse sicher: Was werden sie dieses Mal erleben, da sie im 21. Jahrhundert aufeinandertreffen?

Eigentlich nichts Neues, muss man feststellen. Frankenstein und sein Geschöpf führen ihre Auseinandersetzung fort, die vor vielen Jahren für beide beinahe tödlich geendet hätte. Weiterhin weigert sich Frankenstein einzusehen, dass er intelligente Wesen nicht im Labor ‚bauen‘ darf, um ihnen, ist dieses ‚Experiment‘ gelungen, seinen Willen aufzuzwingen. Das „Monster“, das dieses Schicksal am eigenen Leib erfahren musste, bemühte sich bisher vergeblich, Frankenstein dies klarzumachen. Jetzt geht es ihm darum, seinen ‚Meister‘ zu stoppen.

|Action statt Anspruch: Horror im Höchsttempo|

Der Konflikt beschränkt sich nicht mehr auf Frankenstein und seine Kreatur. Koontz (sein Name wird im folgenden Text allein genannt, da er die treibende Kraft hinter diesem neuen „Frankenstein“-Projekt war) erweitert die Bühne. Die ganze Welt ist nunmehr Spielplatz des globalisierten Barons geworden, was seine Verfolger zwingt, sehr reiselustig zu werden. „Das Gesicht“ fügt sich der Dramaturgie eines „Hit & Run“-Games. Immer geschieht etwas, kaum gibt es jemals einen Moment der Ruhe. Aus Jäger werden Gejagte, wobei die Rollen rasch getauscht werden können. Koontz beherrscht dieses Konzept gut genug, dass kaum jemals der Gedanke beim Leser aufkommt, ob es denn wirklich notwendig ist, dieses Hin und Her auf mehrere Bände auszuwalzen.

Tiefgang dürfen wir folgerichtig nicht erwarten, auch wenn ihn uns Koontz manchmal vorgaukeln möchte, wenn es Frankensteins Monster hier und da über sein Schicksal und seinen Status in dieser grausamen, kalten Welt sinnieren lässt. Es sind trivialisierte Echos jener philosophischen Grundsatzdiskussionen, die Mary W. Shelley, die Autorin des ursprünglichen Romans, Frankenstein und sein ‚Kind‘ vor drei Jahrhunderten führen ließ. „Das Gesicht“ ist dagegen ein moderner Horror-Thriller mit Copkrimi-Einsprengseln, der sich auf die bekannten und bewährten Elemente beider Genres verlässt.

|Unsterblicher Vater-Sohn-Konflikt|

Wie würde ein Frankenstein-Monster – wäre es real – in der modernen Welt leben? Die neue „Frankenstein“-Trilogie basiert zu einem guten Teil auf dieser Frage bzw. den möglichen Antworten. Natürlich gilt es zuvor zu unterscheiden zwischen der zwar hässlichen aber hochintelligenten Kreatur, die Mary Wollstonecraft Shelley 1819 schuf, und dem relativ tumben, schnaubenden Hollywood-Monster, das vor allem in den 1930er Jahren von Boris Karloff gemimt wurde.

Koontzes Deucalion ist Shelleys Kreatur, was bereits die selbstironische Namenwahl belegt: „Deucalion“ war in der griechischen Mythologie ein Sohn des Prometheus, der wiederum als Schöpfer der Menschen und Tiere verehrt wurde. Als „modernen Prometheus“ bezeichnete Shelley Victor Frankenstein, den sein Geschöpf lange Zeit als „Vater“ betrachtete.

Das ist Vergangenheit, „Vater“ und „Sohn“ sind sich schon lange spinnefeind. Deucalion hasst Frankenstein – nicht zwangsläufig, weil der ihn wider die Naturgesetze bzw. Gott in eine Welt gebracht hat, die ihm nur Furcht und Hass entgegenbrachte, sondern weil er sich zum einen feige weigerte, Verantwortung für seine unglückliche Schöpfung zu übernehmen, während er zum anderen seine unheilvollen Experimente fortsetzte. Das eigentliche Monster ist folgerichtig Frankenstein.

Deucalion hat zu sich selbst und seine Nische in dieser Welt gefunden. Vorbei sind die Zeiten, in denen ihn ängstliches, ungebildetes Volk mit Fackeln und Mistgabeln jagte oder er sich als kurioses Scheusal auf Jahrmärkten prostituieren musste. Die Welt ist politisch korrekter geworden. Deucalion zieht noch immer die Blicke auf sich, aber er muss sich nicht mehr verstecken, sondern kann, wenn es nötig ist, ganz modern von Tibet in die USA reisen.

|Frankenstein: Ein Erfolgsmodell|

Frankenstein hat inzwischen nur als Wissenschaftler und Machtmensch dazugelernt. Er kann es in Sachen Langlebigkeit mit seiner Kreatur aufnehmen, sodass auch er auf das Wissen von und die Erfahrungen aus Jahrhunderten zurückzugreifen vermag. In der globalisierten Gegenwart, für die er geboren zu sein scheint, hat ihm seine rücksichtlose Gleichgültigkeit den Aufbau eines milliardenschweren Konzerns ermöglicht. Sein grundsätzliches Interesse ist jedoch geblieben: Frankenstein baut weiterhin künstliche Menschen. Ständige Experimente haben ihn gelehrt, welche ‚Konstruktionsfehler‘ er vermeiden sollte. Seine aktuellen Geschöpfe haben nichts mehr mit dem plumpen, klobigen Deucalion gemeinsam. Sie verschwinden in der Menschenmenge, und genau das sollen sie auch, denn Frankenstein, bei Shelley noch eine durchaus tragische Gestalt, ist unter Koontzes Feder endgültig zum intelligenten „mad scientist“ mutiert, der die Welt erobern bzw. mit seinen neuen, vollkommenen Menschen bevölkern will.

|Cops zwischen Mythos und ‚Realität’|

Überlebensgroße Gestalten benötigen normalmenschliche Begleiter, in die sich der Leser/die Leserin projizieren kann. Diese Rollen übernehmen die Polizisten O’Connor und Maddison, harte US-Cops, die in Wort und Tat praktisch alle aktuellen sowie die meisten zeitlosen Klischees verkörpern, die Film, Fernsehen & Unterhaltungsliteratur jemals erschaffen haben. Detective O’Connor ist ein eisenhartes Frauenzimmer, das ständig beim Chef aneckt, kleine Ganoven gern gleich auf offener Straße vertrimmt und selten im Büro beim Papierkram anzutreffen ist. Natürlich ist sie hübsch, damit es hier und da ein wenig prüdamerikanisch knistern kann. Maddison ist in diesem Roman das Yang zum O’Connorschen Yin; originell soll vermutlich wirken, dass er in diesem Duo den zurückhaltenden Part übernimmt.

Plumpwitz kommt zum Einsatz, wenn Koontz zwei unsympathische Polizistenkollegen „Jonathan Harker“ und „Dwight Frye“ nennt: Der eine ist Graf Draculas erstes Opfer in Bram Stokers berühmtem Roman, der andere heißt nach dem Schauspieler, der in dem klassischen „Frankenstein“-Filmen von 1931 Frankensteins buckligen Laborgehilfen mimte. Solche ‚Einfälle‘ passen gut zu „Dean Koontz’s Frankenstein“, der nichts Neues, Originelles schafft, sondern stets nur imitiert.

|Exkurs: Frankensteins schwere Wiedergeburt|

Ihre neue „Frankenstein“-Geschichte hatten sich Koontz und Anderson ursprünglich für das USA Cable Network einfallen lassen, dem sie als Grundlage für den Pilotfilm zu einer ganzen „Frankenstein“-TV-Serie dienen sollte. Koontz wurde als Ausführender Produzent angeheuert. Ihm zur Seite stand niemand Geringerer als Meisterregisseur Martin Scorsese. Allerdings überwarf sich Koontz bald mit seinem Auftraggeber und verließ das Projekt. „Frankenstein“ wurde 2004 unter der Regie von Marcus Nispel („The Texas Chainsaw Massacre“, „Freitag der 13te“ – das Remake) mit Vincent Perez als Monster und Thomas Kretschmann als Meister verfilmt. Das Ergebnis ist keine Sternstunde des phantastischen Films, bietet aber solide gestaltetes und visuell überdurchschnittliches Handwerk.

Dieser Film erschien in Deutschland als DVD unter dem Titel „Frankenstein – Auf der Jagd nach seinem Schöpfer“. Eine Serie folgte aufgrund der Streitigkeiten, die sich auch nach Koontzes Abgang fortsetzten, nicht mehr. Der sparsame Koontz hat seine Ideen deshalb recycelt und zu einer Romanserie umgearbeitet.

_Autoren_

Dean Ray Koontz wurde am 9. Juli 1945 geboren. Er studierte Englisch und arbeitete bis in die späten 1960er Jahre als Lehrer für eine High School nahe Harrisburg. In seiner Freizeit begann Koontz zu schreiben, doch erst in den 1970er Jahren machte er sein Hobby zum Beruf. In diesen Jahren versuchte er sich in vielen Genres, schrieb außer Horror auch Sciencefiction, Krimis oder Liebesschnulzen, wobei er sich oft hinter Pseudonymen verbarg.

Seinen Durchbruch verdankte Koontz dem Roman „Demon Seed“ (1973, dt. „Des Teufels Saat“ bzw. „Security“), der zwar wenig innovativ aber erfolgreich verfilmt wurde. Sein Publikum liebt Koontz für die simplen aber stringent entwickelten Plots, die überzeugend ‚menschlich‘ wirkenden Figuren und das Geschick, mit dem der Autor diese in solide inszenierte unheimliche Abenteuer verwickelt. Da sich Koontz gern bewährter Klischees bedient, sind seine Romane als Vorlagen für Filme beliebt. „Watchers“ (dt. „Brandzeichen“), „Whispers“ (dt. „Höllenqualen“ bzw. „Flüstern in der Nacht“) oder „Hideaway“ (dt. „Das Versteck“) wurden allerdings unfreiwillig kongenial verfilmt: als unterhaltsame aber völlig unoriginelle B-Movies.

Als Produzent anspruchslosen Lesefutters hat Koontz inzwischen Bestsellerstatus erreicht. Von der Kritik werden seine zahlreichen, oft überhastet und unfertig wirkenden, sich in endlosen Verfolgungsjagden erschöpfenden Werke selten positiv gewürdigt. Seine Leser teilen diese Vorbehalte nicht. Koontz weiß, was er an seinen Fans hat, und versorgt sie regelmäßig mit Informationen auf der [sehr professionellen Website]http://www.deankoontz.com .

Kevin J. Anderson (geb. 27. März 1962) gehört zu den bekannten und gern gelesenen Autoren des Genres Sciencefiction, was vor allem seinem Fleiß, seinem Hang zu simpel gestrickten und bewährten Plots sowie der Verwendung einfacher Worte in ebensolchen Sätzen zu verdanken ist. Diese Fähigkeiten machen ihn zum idealen, weil zuverlässigen Lieferanten von Romanen zu Filmen und Fernsehserien; Anderson produzierte u. a. Lesefutter für anspruchsarme „Star Wars-“ und „Akte X“-Fans. Außerdem verfügte er über die Kühnheit, Fortsetzungen bzw. Prequels zu Frank Herberts klassischer „Dune“-Saga zu verfassen, die nicht nur ebenso umfangreich sind, sondern zur Freude des Verlags sehr viel schneller auf den Buchmarkt geworfen werden können als die Originale. Selbst ausgedacht hat sich Anderson die Second-Brain-Space-Opera „Saga of Seven Suns“, die es auf bisher sieben Bände (plus eine Vorgeschichte) gebracht hat. Über sein quasi stündlich wachsendes Werk informiert Anderson auf dieser Website: [www.wordfire.com]http://www.wordfire.com

|Taschenbuch: 382 Seiten
Originaltitel: Dean Koontz’s Frankenstein, Book One – Prodigal Son (New York : Bantam Dell, a division of Random House, Inc. 2005)
Übersetzung: Ursula Gnade
ISBN-13: 978-3-453-56504-3|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne

_Dean Koontz bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Anbetung“ 3066
[„Seelenlos“ 4825
[„Schattennacht“ 5476
[„Meer der Nacht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5942
[„Meer der Finsternis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6119
[„Todeszeit“ 5423
[„Todesregen“ 3840
[„Irrsinn“ 4317
[„Frankenstein: Das Gesicht“ 3303
[„Kalt“ 1443
[„Der Wächter“ 1145
[„Der Geblendete“ 1629
[„Nacht der Zaubertiere“ 4145
[„Stimmen der Angst“ 1639
[„Phantom – »Unheil über der Stadt«“ 455
[„Nackte Angst / Phantom“ 728
[„Schattenfeuer“ 67
[„Eiszeit“ 1674
[„Geisterbahn“ 2125
[„Die zweite Haut“ 2648
[„Meer der Finsternis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6119

Hill, Joe – Teufelszeug

_Das geschieht:_

Vor einem Jahr ist das Leben von Ignatius Martin Perrish endgültig aus den Fugen geraten. Ohnehin das schwarze Schaf seiner Familie und im Gegensatz zum erfolgreichen Vater und berühmten Bruder beruflich erfolglos, wurde damals Merrin Williams, die Liebe seines Lebens, brutal ermordet aufgefunden. Weil sie sich an jenem Abend im Streit von Ig getrennt hatte, was viele Zeugen bestätigten, nahm die Polizei Ig als Täter fest. Die Beweiskette hielt jedoch nicht stand, und er kam auf freien Fuß. In seiner kleinen Heimatstadt im US-Staat Maine gilt Ig als nichtsdestotrotz als Mörder, der durch die Maschen des Gesetzes schlüpfen konnte. Die Polizei schurigelt, die Bürger meiden und verachten ihn. Sogar Lee Tourneau, Igs bester Freund seit Kindertagen, hat sich abgewendet; er wurde vom Alkohol ersetzt, dem Ig schon lange zu heftig zuspricht.

An die aktuelle Saufnacht kann sich Ig überhaupt nicht erinnern. Sie muss aber spektakulär gewesen sein, denn am Morgen sind ihm zwei Teufelshörner aus der Stirn gewachsen. Erschrocken bittet er seine Familie um Hilfe – und muss hören, dass ihn die Eltern ebenfalls für einen Mörder halten und sich seiner schämen: Wer sich dem gehörnten Ig nähert, unterliegt dem Zwang, ihn rückhaltlos in jedes intime Geheimnis einzuweihen. Bruder Terry gesteht ihm, in den Mord an Merrin verwickelt zu sein. Lee Tourneau hatte sie ermordet und die Indizien so manipuliert, dass Terry als Mittäter dagestanden hätte. In seiner Not hatte dieser Lee dabei geholfen, stattdessen Ig ans Messer zu liefern.

Der will Vergeltung. Aber die Macht der Hörner versagt bei Lee, der ihm stattdessen seinen Bodyguard Eric auf den Hals hetzt. Ig muss sich einen Plan ausdenken. Als Rächer ist er freilich denkbar untauglich. Er lotet seine neuen Fähigkeiten aus und entdeckt dabei interessante Möglichkeiten. Allerdings bleibt Lee, der sich als lupenreiner Soziopath entpuppt, inzwischen nicht untätig …

_Weiter nach unten geht immer!_

Die Geburt eines Höllenfürsten stellt man sich anders vor. Dass sich ausgerechnet der Nobody Ig Perrish in einen Teufel verwandelt, der darüber hinaus genauso aussieht, wie er in Kinderbibeln oder Comics abgebildet ist – rothäutig, gehörnt und mit Spitzbart -, stellt die satanische Mutation bereits in Frage. In der Tat ist und bleibt Ig auch in seiner neuen Inkarnation, was er als Mensch gewesen ist: ein armer Teufel.

Dies muss und sollte der Leser berücksichtigen, da sonst eine böse Überraschung droht: „Teufelszeug“ ist kein klassischer Horror-Roman und Ig alles andere als eine übermenschliche Gestalt, die entsprechende (Un-) Taten begeht. Ig ist ein Opfer, das meist reagiert. Versucht er zu agieren, geht dies in der Regel schief. Ig will auch kein Dämon sein, und als er versucht, seine neu gewonnenen Fähigkeiten trotzdem so einzusetzen, wie er es seinem teuflischen Äußeren schuldig zu sein glaubt, scheitert er kläglich: Ig ist auf den eigenen Mythos hereingefallen.

Die Verwandlung ist nur Station auf Igs Höllenfahrt durch das Finale des eigenen Lebens. Für ihn gibt es weder Rettung noch Wiederkehr. Dazu gibt es eine dreiteilige Vorgeschichte, der Autor Joe Hill viele Seiten widmet. „Teufelszeug“ erzählt von einer Freundschaft, die sich als schrecklicher Irrtum herausstellt, von einer Beziehung, deren wahre Tragik nicht in ihrem durch Mord begründeten Ende liegt, und von zwei Brüdern, die auf ungewöhnliche Weise wieder zueinanderfinden.

|Was möchte uns der Verfasser sagen?|

Der Literaturkritiker liest solche Worte mit Wohlgefallen. Ihm ist blanker Horror zu trivial, zu unterhaltsam; es fehlt ihm die Raffinesse, die den wahren Schrecken zumindest in seiner gedruckten Form auszeichnen sollte. Der weniger elitär eingestellte Leser denkt da oft anders, und ihm bleibt dabei ein Pfund, mit dem er argumentativ wuchern kann: Der literarische Schrecken ist oft denkbar langweilig.

Joe Hill ist kein Literat. Er versucht einfach, die tief ausgefahrenen Geleise des Horror-Genres zu vermeiden. In gewisser Weise gelingt ihm das. „Teufelszeug“ ist eben nicht die viel zu bekannte Story vom übernatürlich aufgepeppten Rachefeldzug eines Underdogs, dem das Schicksal die Kraft gegeben hat, es seinen Peinigern endlich zu zeigen.

In diesem Zusammenhang muss der Leser auf eine detailreiche Erklärung der Ereignisse verzichten. Hill begnügt sich mit Andeutungen, die der Leser selbst entschlüsseln kann (aber nicht muss). So gibt sich ein „L. Morgenstern“ als Erbauer des „magischen Baumhauses“ zu erkennen, das sich als Schnittpunkt zwischen den Zeiten herausstellt. In der Bibel wird der Morgenstern (= der Planet Venus) mehrfach „Luzifer“ (= „Lichtbringer“) genannt. Offenbar hat sich Satan nach seinem Himmelssturz einen gewissen Humor erhalten, denn es ist doch wohl er, der hinter Igs Metamorphose steckt. Wieso es dazu kam, bleibt indes offen.

|Das Rückgrat des Dackels|

Der Auftakt dieser Geschichte ist gut, und sie mündet in ein spektakuläres Finale, das auch den Horror-Puristen zufriedenstellen dürfte. Dazwischen gibt es leider viel Leerlauf. Wie Sheriff Kane in „12 Uhr mittags“ läuft Ig durch seine Heimatstadt und bittet um Hilfe. Stattdessen stößt er auf Ablehnung und offenen Hass, während Lee Tourneau, sein Todfeind, unerbittlich näher rückt. Ig muss sich ihm schließlich allein stellen, aber hier bleibt Hill dem Vorbild treu und bringt eine versöhnliche Note ein.

Bis es soweit ist, wiederholen sich die Ereignisse. Igs Versuche, die neue Persönlichkeit zu ergründen, treten auf der Stelle. Zahlreiche Rückblenden in die Vergangenheiten der Figuren tragen ebenfalls nichts zur Dynamik bei. Was Hill dort dramatisch aufblättert, hat er zuvor so gut skizziert, dass eine ausführliche Nacherzählung bloß überflüssige Wiederholungen bietet. Im Mittelteil hängt die Story dadurch spürbar durch. Als Novelle wäre „Teufelszeug“ vielleicht besser geraten.

|Pechvogel, Psychopath, Idealgefährtin & Bruderfreund|

Eine gewisse Ratlosigkeit hinterlässt Hills Figurenwahl und -zeichnung. Ig ist der reine Tor, dessen Sturz in den Abgrund auch zum Prozess einer Läuterung wird. Wirklich warm wird der Leser mit ihm jedoch nicht. Möglicherweise ist Hill zu erfolgreich in der Erschaffung einer Person gewesen, in deren Hirnschädel es nicht sonderlich hell leuchtet. Ig hatte seine Merrin, die ihn wohl so gut erdete, wie dies überhaupt möglich war. Besonders helle war sie allerdings ebenfalls nicht. Wie sonst hätte ihr entgehen können, dass ein Muster-Psychopath in ihrer direkten Nachbarschaft aufwuchs?

Wie ein dämonischer Bruder von Hannibal Lecter wirkt dieser Lee Tourneau übrigens nicht. Tatsächlich verdankt er sein erfolgreiches Wirken vor allem der kollektiven Hohlköpfigkeit seiner Mitbürger, denen der Riss in Lees Hirnwaffel unbemerkt bleibt. Ig, Merrin und Terry sind in dieses harsche Urteil ausdrücklich eingeschlossen: Nie haben sie nach Hill bemerkt, dass Lee der schönen Merrin ungesund und überhaupt hinterher gierte. Die überzeichnet Hill ohnehin kontraproduktiv als einen eher langweiligen Engel auf Erden, dem der Leser keine besonders freundlichen Gefühle entgegenbringt.

In einem Punkt kann Hill überzeugen: Zur Dummheit gesellt sich gern die Ignoranz. Niemand außer Lee und Terry hält Ig für unschuldig. Nicht einmal oder gerade die Polizei lässt sich durch die Beweislage eines Besseren belehren. Ig ist der ideale Sündenbock. Freudig nutzt man die Gelegenheiten, die sich aus dem sozialen Mobbing ergeben können: Das eigene kümmerliche Leben lässt sich aufwerten, indem man die noch Schwächeren mit Füßen tritt.

|Absturz mit Netz und doppeltem Boden|

Trotz der phantastischen Elemente bleibt „Teufelszeug“ ein konventioneller Unterhaltungsroman US-amerikanischer Prägung. So hart die Nackenschläge die Hauptfigur auch treffen, wirklich zu Boden geht sie nicht, und in totaler Niederlage mag Hill seinen Roman erst recht nicht enden lassen. Ig wird zusammengeschlagen und niedergeschossen, aber als ihm seine Widersacher den Gnadenstoß geben wollen, springt plötzlich Bruder Terry aus dem Gebüsch, lenkt die Strolche ab und gibt Ig die notwendigen Sekunden, in denen er sich verpusten, die Reste seiner Zurückhaltung abstreifen und endlich mit Gewalt zurückschlagen kann.

Terry war bisher nur Randfigur, und seine plötzlich hell auflodernde Bruderliebe nimmt man ihm nicht ab. Hill benötigt ihn, weil er Ig ohne eindeutige Erläuterungen aus der Handlung nimmt. Doch was wird aus dem nun endgültig geschlüpften Jung-Teufel? Die Frage ist berechtigt. Sie stellte Hill vor eine Herausforderung, der er sich nicht stellen mochte. Stattdessen begnügt er sich mit Andeutungen und lässt seine Geschichte mit einer langen, versöhnlichen, sehr banalen Coda ausklingen. Was immer uns Joe Hill mit „Teufelszeug“ sagen wollte, hat er handwerklich gut, aber nicht besonders stringent oder konsequent umgesetzt.

_Autor_

Joe Hill (eigentlich: Joseph Hillstrom King) wurde 1972 als zweiter Sohn der Schriftsteller Stephen und Tabitha King in Bangor (US-Staat Maine) geboren. Ende der 1990 Jahre begann er selbst zu schreiben. Sein Pseudonym wurde spätestens dann publicitywirksam enthüllt, als er 2007 mit „Heart-Shaped Box“ (dt. „Blind“) seinen ersten Roman, veröffentlichte, der solche flankierende Werbung durchaus gebrauchen konnte.

Dass Hill über eine eigene Stimme verfügen und ideenreich plotten kann, wenn er möchte, belegte er schon zwei Jahre früher mit der Storysammlung „20th Century Ghosts“ (dt. „Black Box“), für die er diverse Preise gewann (die allerdings im Literaturbetrieb recht inflationär ins Leben gerufen werden).

Über sein Werk berichtet Joe Hill, der mit seiner Familie in New Hamphire lebt, auf seiner Website. Dort findet man u. a. ein neckisches Online-Game namens „The Museum of Silence“, das auf der „Black-Box“-Story „Ein letzter Atemzug“ basiert und zur Zuordnung terminaler Schnaufer prominenter Persönlichkeiten auffordert.

|Gebunden: 544 Seiten
Originaltitel: Horns (New York : William Morrow, an imprint of HarperCollins Publishers 2010)
Übersetzung: Hannes Riffel
ISBN-13: 978-3-453-26561-5|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne
[joehillfiction.com]http://joehillfiction.com

_Joe Hill bei |Buchwurm.info|:_
[„Blind“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3842
[„Black Box“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4539

Jens Lossau – Nordseeblut

Inhalt

Albert Rothmann hat zwei Bücher geschrieben: Eines wurde von den Kritikern verrissen und verkaufte sich hervorragend, das andere wurde hochgelobt und lag wie Blei in den Regalen. Nun befindet der Autor sich in einer Schaffenskrise, und der lange, kalte, deprimierende Winter droht im Städtchen Norden, direkt am Meer. Eine solche Umgebung |kann| unter diesen Voraussetzungen eigentlich nur jeden fruchtbaren Gedanken absorbieren.

Albert beobachtet zufällig ein paar Halbwüchsige in ihrem Versteck und beschließt, sich mit ihnen die Zeit zu vertreiben und dabei vielleicht neue Ideen zu sammeln. Aus den Tiefen seiner Erinnerung kramt er ein Ungeheuer hervor, Wengry, das er auf die Jungen hetzt.

Jens Lossau – Nordseeblut weiterlesen

del Toro, Guilermo / Hogan, Chuck – Blut, Das

_Die „The Strain“-Trilogie:_

Band 1: [„Die Saat“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5905
Band 2: _“Das Blut“_
Band 3: „Eternal Night“ (erscheint im Original am 15.03.2011, noch ohne dt. Titel)

Schon in „Die Saat“, dem ersten Teil dieser auf drei Bände angelegten Trilogie, setzte das Autorenduo del Toro und Hogan auf altbewährte, stilistische Ideen. Dass man sich in einen Vampir durch einen Biss verwandelt und dadurch ein Virus übertragen wird, ist nicht neu, und doch haben die Autoren auf originelle Art ihre Geschichte um die Invasion der Vampire auf dem amerikanischen Kontinent weiterentwickelt.

_Inhalt_

Mit dem Flugzeug, das auf dem JFK-Airport gelandet ist, kam der Tod. Ein alter Meister-Vampir verbündet sich auf dem amerikanischen Kontinent mit einem, dem Tode geweihten Milliardär und Geschäftsmann, der hofft, den Tod zu betrügen und seine Macht weiter auszubauen. Seit den frühesten Kindheitstagen steckt sein wacher und intelligenter Geist in einem kränklichen, schwachen Körper, und die Gelegenheit, sich mit einem „Dämon“ zu verbünden, schlägt er nicht aus. Zu groß ist die Verlockung, sich über den Tod zu erheben.

Die Seuche, der Vampirismus breitet sich einem Flächenbrand gleich über New York aus. Auf den Straßen regiert die Angst und der Tod, nach Sonnenuntergang hallen durch die Straßenschluchten die verzweifelten Schreie von Opfern, die unvorsichtig und nachlässig genug waren, die Gefahr zu ignorieren.

Ephraim Goodweather – Arzt und Experte der Seuchenprävention in New York und Professor Abraham Setrakian, der schon seit Jahrzehnten von der Existenz der Vampire weiß und diese mit allen Mitteln jagt, kämpfen zusammen mit dem Schädlingsbekämpfer Vasiliy gegen die Ausbreitung der Seuche.

Doch konnten sie die Gefahr nicht weiter eindämmen. Die Nachrichten zeigen, dass sich auch in den Großstädten der europäischen Länder, wie auch in Asien, das Virus und damit die blutrünstigen Vampire weiter ausbreiten.

Zwar konnten sie den Meister-Vampir kurzzeitig stellen, doch nicht besiegen. Er verfügt über größere Macht, als sie vermuteten. Doch es gibt keine Chance. Seit Jahrhunderten existiert ein geheimnisvolles Buch, das Hinweise birgt, wie er und die anderen Meister-Vampire vernichtet werden können. „Die Alten“, wie sie genannt werden, verstecken sich, aber im Laufe der Zeit haben sie die Menschheit gelenkt wie Marionetten an einem Faden Doch nun ist ihr Einfluss gefährdet und sie möchten die Ausbreitung der „Seuche“ nach Möglichkeit weiter verhindern. Dabei bedienen sie sich ebenfalls der Menschen, statten diese mit Waffen aus und schicken sie auf eine blutige Mission.

Für das Trio findet der Krieg also an mehreren Fronten statt und neben der Suche nach dem geheimnisvollen, in Silber eingefassten Buch, wird die Zeit immer knapper -..

_Kritik_

„Das Blut“ ist mit Sicherheit spannender und vielseitiger als „Die Saat“. Zwar sind die Charaktere inhaltlich keinen Entwicklungsschritt weitergegangen, mit Ausnahme vielleicht von Vasily, der als Vampirjäger, quasi seine Bestimmung gefunden hat, doch ansonsten gilt das gleiche Muster wie schon im ersten Teil. Auch wenn das ungleiche Trio einen gemeinsamen Feind hat, so sind ihre Beweggründe ganz unterschiedlich. Besonders Setrakian zeigt sich als Egoist, denn so ganz teilt er sein Wissen nicht mit seinen Waffenbrüdern.

Die Story ist wie schon erwähnt spannender. Der Leser erfährt viel mehr über das Wesen und die Beweggründe der „Alten“ und vor allem ihre Macht, auch wenn sie im Schatten der Menschheit existieren.

Deutlich negativ und absolut überzogen zeigen sich die „Bösen“ von ihrer ganz schlechten Seite und dabei bedienen sich die Autoren der klassischen und sehr klischeehaften Idee, dass das „Böse“ in persönlicher und nun untoter Form von Nazis aus Deutschland auf Amerikas Straßen wandelt. Eine etwas „moderne“ nicht so ganz einseitige Idee wäre vorteilhaft gewesen. Manche Vorurteile werden halt so über die Generationen immer weitergegeben. Aktuell verarbeiten die Autoren auch die Macht der Medien über die Bevölkerung und auch die Finanzkrise bekommt im Roman „Das Blut“ einen kurzen Part.

Die atmosphärische dunkle Stimmung im Roman ist nicht zu verleugnen und so nimmt das Böse seinen Lauf. Der Vorsprung des Bösen ist auch im zweiten Teil nicht mehr einzuholen, das ist selbst für einen Blinden deutlich zu sehen und damit ist das Ende schnell vorhersehbar, auch wenn es die Spannung im Grunde nicht mindert.

Das Tempo im Roman hat deutlich angezogen, der Szenenwechsel – bzw. die Nebengeschichten, die zumal auch dem Leser wieder ermöglichen, einen intensiven Blick in die Vergangenheit einzelner Protagonisten zu werfen, sind schnell erzählt.

_Fazit_

Es geht manchmal recht oberflächlich zu, doch es ist auch eine willkommene Steigerung, die einige inhaltliche Lücken schließen kann, aber auch gleich Ideen und Anreize schafft, um auch den dritten Teil zur Hand zu nehmen. Man sagt ja oft, dass der zweite Teil einer Trilogie der intensivste ist, und so verhält es sich bei „Das Blut“ auch nicht anders.

In jedem Fall ist es nicht zu empfehlen, das Buch zu lesen, ohne vorher den ersten Teil zu kennen, dafür ist die Handlung des ersten viel zu eng mit dem vorliegenden Teil verzahnt.

Für mich ist der Roman „Das Blut“ eindeutig zu empfehlen. Dies ist keine romantisch, verklärte Vampirgeschichte, in der der Blutsauger mit guten Manieren und schmachtendem Blick und feinen Manieren überzeugt. Nein, hier fließt das Blut und das meist auch nicht zu wenig. Ich bin gespannt auf den letzten Teil der Trilogie die nächstes Jahr unter dem Titel: „Eternal Night“ erscheint. Ein deutscher Titel, steht zurzeit noch nicht fest.

|Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
Originaltitel: The Fall
ISBN-13: 978-3453266490|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de

Hill, Joe – Teufelszeug

Joe Hill trägt ein schweres Erbe mit sich, schließlich ist er der Sohn von Altmeister und Kultautor Stephen King. Damit ist die Erwartungshaltung an seinen zweiten Roman „Teufelszeug“ nicht niedrig, denn auch sein erster Roman „Blind“ war ein relativ eindrucksvoller Erfolg.

Seine Idee in diesem vorliegenden Roman ist recht originell und er setzt seiner Hauptfigur im wahrsten Sinne des Wortes gleich die Hörner auf.

_Inhalt_

Ig Perrish ist ein verwöhnter, privilegierter junger Mann. Durch sein Elternhaus geprägt und umsorgt, fehlt es ihm an nichts Materiellem und eigentlich könnte er glücklich und zufrieden in den Tag hinein leben.

In wenigen Tagen soll er einige Zeit in London leben und studieren und damit seine langjährige und erste Liebe in den Staaten lassen. Merrin ist seine Freundin, wohlgemerkt seine erste und wirklich große Liebe, sein wirklicher Freund, der ihn blind versteht. Sie sind ein Traumpaar, doch Merrin ist sich bewusst, dass die zeitliche Trennung ihrer beider Leben völlig neu orientieren wird. Sie möchte Ig freigeben, um ihm so eine neue Perspektive in Englands Hauptstadt zu ermöglichen. Er soll sich ruhig neu verlieben, neue Erfahrung mit anderen Frauen sammeln. Was sein wird, wenn er wieder zurückkommt, werden sie dann gemeinsam sehen – vielleicht bleibt eine tiefe und innige Freundschaft oder ihre Liebe zu- und füreinander wird noch tiefer sein.

Doch dazu kommt es nicht. Nach einem Streit in einem Restaurant wird Merrin bestialisch vergewaltigt und ermordet. Der Mordfall bleibt ungeklärt und als Täter kommt bislang nur ihr Freund Ig infrage. Doch der Verdacht erhärtet sich nicht und aus Mangel an Beweisen wird Ig freigesprochen. In der Kleinstadt zählt das allerdings nichts. Ig ist in den Augen der Bewohner und erst recht in den Augen von Merrins Eltern der Täter.

Ig, der nach dem Streit mit Merrin nicht mehr die Gelegenheit hatte, sich für seine Worte zu entschuldigen, verliert die Lebensfreude und damit sich selbst. Seine Tage ziehen sinnlos dahin, er beginnt zu trinken und verliert sich in Selbstmitleid. Nach einer wilden Nacht wacht er am nächsten Morgen völlig verkatert auf und stellt fest, dass ihm plötzlich Hörner aus den Schläfen wachsen. Geschockt und völlig von Sinnen, sucht er nach einer Erklärung, und mehr und mehr wird ihm klar, dass die Hörner keine Einbildung und sie gerade im Begriff sind, sich zu entwickeln.

Selbst ein Arzt findet keine logische Erklärung, kann aber auch nur bestätigen, dass es sich nicht um Einbildung handelt, denn die Hörner sind genauso ein natürlicher Bestandteil seines Körpers wie Knochen, Zähne usw. Seine „Teufelshörner“ sind nicht mehr zu leugnen und wahrscheinlich nur schwer operativ zu entfernen.

Viel Interessanter dagegen wird es, als Ig merkt, dass er neben seinen sich neu entwickelten Hörnern nun die unheimliche Gabe besitzt, die dunkelsten Wünsche und Geheimnisse seiner Mitmenschen zu kennen. Nichts bleibt ihm nach einer kurzen Berührung verborgen, alle Gelüste liegen wie ein offenes Buch vor ihm. Ein Fluch wie auch ein Segen für Ig. Denn nun erfährt er auch, was seine Mitmenschen und selbst seine eigenen Eltern und sein Bruder von ihm denken, und es ist viel weniger Positives, als sie es ihm vermittelt haben.

Geläutert und schmerzhaft auf dem Boden der Tatsachen aufgeschlagen, findet sich Ig mit seinen „Teufelshörnern“ und seiner neuen, unheimlichen Gabe ab. Im Grunde hat er nichts mehr zu verlieren, und da ihm nun die Gedanken, Wünsche, die dunkelsten Träume und Gelüste seiner Mitmenschen offenbar sind, will er den wahren Mörder aufspüren.

Alles Gute, alles an das er geglaubt und in das er investiert hat, war nichts wert. Kein Beten bringt ihm seine Merrin zurück. Was bleibt, ist die Überlegung, mit dem Teufel zu paktieren, um grausame Rache zu nehmen, wenn er den oder die Täter gefunden hat …

_Kritik_

Der Roman fängt spannend an: Alleine schon die Idee mit den Hörnern war sehr originell und es bleibt nicht das einzige Teufelssymbol, das dem Leser auf den rund 540 Seiten begegnen wird. Die Andeutungen sind gut in die Handlungen eingebaut und diese Symbolik wirkt durchaus traditionell.

Die Idee, sich mit dem „Bösen“ zu verbinden, wenn einem das „Gute“ nicht unbedingt als Partner zur Seite stand, ist nicht neu, aber sie birgt durchaus Potenzial für mehr. Leider verliert Joe Hill das Ziel völlig aus den Augen. Die Rückblenden in die Vergangenheit von Ig und den weiteren Charakteren behindern die Entwicklung und bieten nicht die gewisse explosive Spannung, die es schafft, die Geschichte auf den richtigen Kurs zu bringen. Stattdessen verfängt sich der Roman in Ereignissen, die nicht mehr zu ändern sind und dadurch wenig später den Täter quasi auf einem Silbertablett präsentieren. Keine stimmige, in sich fortlaufende Struktur, die es schafft, den Leser davon zu überzeugen, das Buch zwingend weiterlesen zu müssen.

Zu früh, spätestens aber in der Mitte des Romans fragt man sich, ob man das Buch nicht einfach weglegen sollte, um eventuell ein Buch ein zweites Mal zu lesen, von dem man überzeugt war. Die Grundidee war klasse, die Umsetzung zwischen mangelhaft und ungenügend.

Die Protagonisten sind allesamt überzogen, alleine schon Ig wirkt lächerlich, sein Auftreten unglaubwürdig und es gelingt ihm nicht, sich bei den anderen durchzusetzen. Klingt also insgesamt wirklich so, als würde die Kernbotschaft lauten, dass das „Gutsein“ mit allen anschließenden hohen moralischen und ethischen Beweggründen nicht wirklich bis zum Ziel führen kann.

Soll das also heißen, dass uns nur unsere bitterbösen Seiten zu erfolgreichen Menschen machen können, die egoistisch durchs Leben rennen und dabei nicht nach rechts oder links schauen? Der Roman „Teufelszeug“ will uns, so argumentiert wahrscheinlich der Autor Joe Hill selbst, genau das glauben machen.

_Fazit_

Der Stil von Joe Hill lässt keine oder wenig Ähnlichkeiten zu seinem berühmten Vater Stephen King erkennen. Joe Hill schreibt eindimensional und es wirkt so billig, dass ich den Roman keinesfalls empfehlen kann.

Hätte es der Autor geschafft, seine Geschichte mehr in der Gegenwart spielen zu lassen, um seine Figur mehr ins Rampenlicht zu führen, wäre dies noch ein guter, solider Roman gewesen. Ich hätte gerne mehr darüber erfahren, wie sich die Gabe und die Hörner entwickeln und nicht, in welchem Zusammenhang die Protagonisten in der Vergangenheit miteinander zu tun hatten. Als Nebenschauplatz wäre das von Vorteil gewesen, aber nicht als unabdingbarer Schlüsselpunkt in der gesamten Handlung.

Es ist kein Buch, das unsere uralten, manifestierten Ängste weckt oder uns vor Augen führt. Selbst die spannenden und manchmal blutigen Szenen treiben ins Lächerliche ab, und es bleibt nichts weiter als ein fader Nachgeschmack.

„Teufelszeug“ von Joe Hill ist mit einer der schlechtesten Romane, die ich dieses Jahr gelesen habe, und garantiert wird mir kein weiterer Titel des Autors in die Hände oder gar vor die Augen kommen. Kristallklar nicht zu empfehlen, und wer ihn dennoch lesen sollte, wird froh sein, wenn der Alptraum endlich ein Ende gefunden hat.

|Hardcover: 544 Seiten
Originaltitel: Horns
ISBN-13: 978-3453265615|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de

_Joe Hill bei |Buchwurm.info|:_
[„Blind“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3842
[„Black Box“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4539

Harris, Charlaine – Vampirgeflüster (Sookie Stackhouse 9)

_Die „Sookie Stackhouse“-Serie:_

01 [„Vorübergehend tot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=788
02 [„Untot in Dallas“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=939
03 [„Club Dead“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1238
04 [„Der Vampir, der mich liebte“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2033
05 [„Vampire bevorzugt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3157
06 [„Ball der Vampire“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4870
07 [„Vampire schlafen fest“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5450
08 [„Ein Vampir für alle Fälle“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6161
09 _“Vampirgeflüster“_
10 „Dead in the Family“ – noch kein dt. Titel –
11 „Dead Reckoning“ (im Original: 26. Mai 2011)

_Vampire, Wergeschöpfe, Hexen_, Elfen und allerlei andere interessante Wesen sind fester Bestandteil von Charlaine Harris‘ Serie um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stackhouse. Der mittlerweile neunte Band, „Vampirgeflüster“, ist nun auch auf Deutsch erschienen und es ist logisch, dass sich in so vielen Romanen ein ziemlich umfangreiches Universum aufbauen lässt. Vor allem auch, weil Harris sich nie mit dem einmal erreichten Stand zufriedengibt. Anstatt beim Leser eine gewisse Gewöhnung zu riskieren, führt sie einfach eine neue Gattung Geschöpfe ein. Im letzten Band, [„Ein Vampir für alle Fälle“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6161 waren das Elfen gewesen. Und natürlich nutzt Charlaine Harris den neuen Roman nun, um etwas mehr mit ihren neuen literarischen Spielzeugen anzufangen.

Doch von Anfang an: Vor Jahren schon waren die Vampire in einem medialen Rundumschlag an die Öffentlichkeit getreten, um ihre Existenz kundzutun. Im Großen und Ganzen hat dieser Schritt den Vampiren nur Vorteile gebracht – nur ganz wenige Bürgerrechte sind ihnen noch verwehrt. Die Wergeschöpfe wagen zu Beginn von „Vampirgeflüster“ nun auch endlich diesen Schritt. Auf allen TV-Stationen gleichzeitig präsentieren sie sich der Welt. Sicherlich, man rechnet mit Zwischenfällen (aus diesem Grund hat sich auch Bill im Merlotte’s postiert – um im Notfall eingreifen zu können), doch zunächst scheint es so, als würde die große Nachricht gut aufgenommen.

Doch schon bald wandelt sich der Eindruck. Jasons untreue (und schwangere) Ehefrau Chrystal wird nämlich bald darauf tot vor dem Merlotte’s aufgefunden – halb verwandelt und an ein großes Holzkreuz genagelt. Der Verdacht liegt also nahe, dass hier jemand aus Hass auf die Wergeschöpfe gehandelt hat. Verdächtige wollen sich jedoch nicht einfinden und weder kann Sookie etwas in den Gedanken der Leute lesen, noch können Chrystals Verwandte eine Fährte erschnuppern. Somit verliert sich das Verbrechen zunächst in einer Sackgasse.

Sookie hat ohnehin bald andere Probleme. Ihr Urgroßvater Niall steckt nämlich in Schwierigkeiten. Meist halten sich die Elfen in einer Art Parallelwelt auf und so gibt es zwischen Menschen und Elfen kaum Berührungspunkte. Doch Niall hat einen Narren an Sookie gefressen und das merken bald auch seine Feinde, die wollen, dass die beiden Welten endgültig voneinander abgetrennt werden. Es kommt zum Krieg zwischen den rivalisierenden Gruppen und natürlich befindet sich Sookie mitten in der Schusslinie. Den ersten Attentäter kann sie noch – mehr zufällig als tatsächlich vorsätzlich – mit einem Spaten niederstrecken (Eisen wirkt auf Elfen tödlich), doch dann wird sie gefangen genommen …

_Das Positive zuerst:_ Im Gegensatz zum Vorgänger, „Ein Vampir für alle Fälle“, gibt es in „Vampirgeflüster“ tatsächlich wieder eine nachvollziehbare Handlung – diesmal sogar bestehend aus einem A- und einem B-Plot. Eine ganz klassisch erzählte Geschichte also. Zwar ist es ein bisschen schade, dass die große und lang angekündigte Enthüllung der Wergeschöpfe dann doch nicht der zentrale Konflikt des Romans ist, sondern sich eher als eine Art Red Herring für die Mordgeschichte herausstellt. Trotzdem, dass die Wergeschöpfe nun auch endlich ihre Existenz ihre publik gemacht haben, verändert Harris‘ Welt grundlegend und man darf gespannt sein, welche Langzeitfolgen sie in zukünftigen Bänden noch aus dem Hut zaubert.

Auch gibt es endlich wieder mehr Vampirsichtungen zu vermelden. Nachdem Eric ja im letzten Band kaum Interessantes zur Handlung beitrug und man von Bill schon seit Längerem nichts Konstruktives mehr erwartete, hat Charlaine Harris sich nun endlich entschieden, beiden wieder etwas mehr Platz einzuräumen. Das wurde aber auch Zeit! In einem Eric-typischen Schachzug, bringt dieser Sookie dazu, mit ihm den Bund der Vampirehe einzugehen, ehe sie noch weiß, wie ihr geschieht. In der Vampirgesellschaft gelten sie nun also als verheiratet (ein Schritt, den Eric natürlich nur unternommen hat, um Sookies Sicherheit zu gewähren) und die Arme verbringt den Rest des Romans damit, herausfinden zu wollen, was genau das nun eigentlich bedeutet. Zumindest führt es schon mal dazu, dass die beiden sich wieder näherkommen. Und auf derartige Szenen hat die geneigte Leserin wahrlich lange genug gewartet! Doch auch Bill bekommt diesmal seine kleine Szene im Rampenlicht und diese ist so wirkungsvoll platziert, dass man sich fragt, ob Harris plant, Sookies Beziehungsdurcheinander etwa noch einmal auf den Kopf zu stellen. Man darf gespannt sein!

Und dann wären da natürlich noch die Elfen, die Harris gleichermaßen faszinierend und mysteriös gestaltet. Zwar nimmt ihr Krieg einen großen Teil des Romans ein, doch wird man aus ihnen trotzdem nicht wirklich schlau. Da geht es dem Leser wie Sookie selbst, die von Niall zwar nach wie vor hingerissen ist, die aber auch weiß, dass Elfen – im Gegensatz zu all den anderen Supras in ihrer Umgebung – wirklich in eine andere Sphäre gehören. Mit Niall wird sie nie ein normales Familienleben genießen können und dieser Tatsache ist sie sich immer bewusst. Zwar kämpfen beide für ihre wachsende Zuneigung zueinander, doch wissen sie immer, dass diese eigentlich zum Scheitern verurteilt ist. Eine traurige Sache …

_Allerdings hat man_ als Leser immer noch das Gefühl, Charlaine Harris tanze in ihren Romanen einfach auf zu vielen Hochzeiten. Es haben sich derartig viele Charaktere und Charakterbeziehungen angehäuft, dass es einfach unmöglich ist, allen ausreichend Raum zu geben. Harris versucht es trotzdem und ist zum Scheitern verurteilt. Anstatt sich tatsächlich auf die Hauptelemente ihrer Handlung zu konzentrieren (der Mord an Chrystal und der Elfenkrieg) lässt sie sich ständig hinreißen, Umwege zu nehmen. Immer wieder lässt sie sich von Nebensächlichkeiten ablenken (so zwingt sie dem armen Leser eine groß angelegte Szene auf, in der Sookie nichts anderes tut als Unkraut zupfen – da hätte definitiv ein Lektor eingreifen müssen). Das führt wieder nur dazu, dass der Roman zerfasert und eben nicht wie aus einem Guss wirkt – zum Glück ist dieser Makel in „Vampirgeflüster“ nicht so offensichtlich wie im Vorgängerband.

Trotzdem. Alles in allem hat Charlaine Harris mit „Vampirgeflüster“ endlich wieder einen spannenden Teil ihrer „Southern Vampire Series“ auf die lesenden Massen losgelassen. Er mäandert nicht ganz so ziellos umher wie der Vorgänger. Harris hält die Zügel etwas fester in der Hand und so hat auch der Leser mehr Spaß bei der Lektüre.

|Taschenbuch: 352 Seiten
Originaltitel: Dead and Gone
ISBN-13: 978-3423212229|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de

_Charlaine Harris bei |Buchwurm.info|:_
[„Grabesstimmen“ (Harper Connelly 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4704
[„Falsches Grab“ (Harper Connelly 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5608
[„Ein eiskaltes Grab“ (Harper Connelly 3)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6318

Melneczuk, Stefan – Geisterstunden vor Halloween

_Inhalt:_

In Herbst- und Winternächten, so sagt man, wenn der Wind landeinwärts zieht, kann man die Todgeweihten auf dem Hungerberg hören. Fünfzig Männer, vierzig Frauen und fünfzehn Kinder, die keinen Frieden finden. Der Wind trägt ihre Gebete und Lieder hinab in die Stadt. Sie dringen durch Türen und Fenster, wie ein Fluss, der kein Ende nimmt und die Torffeuer von Geisterhand erstickt.
 
Stefan Melneczuk kam am 31. Oktober 1970 zur Welt, ist Redakteur bei einer großen Tageszeitung und schreibt seit mehr als zwanzig Jahren unheimliche Geschichten. Sein erster Roman MARTERPFAHL – SOMMER DER INDIANER sorgte im Herbst 2007 landesweit für Aufsehen und erlebte aus dem Stand heraus mehrere Auflagen. Mit den GEISTERSTUNDEN erscheinen nun einunddreißig seiner dunkelsten Erzählungen vor Halloween.
Gespenster-Geschichten ebenso wie Horror-Storys.

 
_Meinung:_

Längst hat sich Stefan Melneczuk aus dem Schatten des „Insider-Tipps“ bewegt – zu Recht. Wie auch diese abwechslungsreiche, stimmungsvolle Storysammlung beweist.

Der Autor erzählt in seinem Vorwort „Wie alles begann …“ – aus der Zeit, als er seine Kurzgeschichten noch auf seiner alten Schreibmaschine tippte. 31 davon hat er in GEISTERSTUNDEN VOR HALLOWEEN vereint. Sie starten am 1.10. und enden natürlich am 31.10., zu „Halloween” – und wissen vortrefflich zu unterhalten!
 
Hier wenige Worte zu jeder von ihnen, ohne zu viel zu verraten, aber hoffentlich als Appetizer dienen:
 
|Hungry Hill – das Jahr des großen Hungers|, Herbst 1845. Ein Prediger steigt mit einhundertfünf „Schäfchen“ seiner Gemeinde auf einen Berg – auf ein Wunder hoffend.
 
|Schacht der Toten| – so wird Schacht 23 genannt. Steiger Paul geht am 02. Oktober 1928 mit neun Freiwilligen hinunter in den Schacht der Toten, die nach einem Unglück nicht geborgen werden konnten. Steiger Paul und seine Männer müssen dort Schreckliches erleben haben, denn sie kehren völlig ohne Verstand zurück.
 
|Geisternacht| – der kleine Frederic wird von seinem Bruder eingesperrt und dazu verdonnert am 31.10. auf dem dunklen Dachboden eine Mutprobe abzuhalten. Frederic denkt voller Furcht, an die Geistergeschichten seines Bruders – z. B. von den Würgegeistern, die sich Kinder holen.
 
|Loch Ness| – zwei Amerikaner begeben sich auf Tauchgang nach dem Ungeheuer von Loch Ness – mit üblem Ausgang.
 
|Sand| – Fay und ihr Mann Neil landen auf der Suche nach einem Motel in dem Kaff Saltpoint. Bei dem Zusatz „Frieden Eurer Asche“ auf dem Wegweiser in die Stadt stockt ihnen der Atem, denn er wirkt wie mit Blut geschrieben – und er ist nicht der Einzige seiner Art.
 
|Die Kinder von Nonstrom| – Norwegen, Helen fährt mit ihrem Mini-Cooper durch ein Unwetter und kreuzt ihren Weg mit einem Pferdegespann, auf dem eine alte Nonne und zehn Kinder sitzen. Als Helen in dem einzigen Wirtshaus in Nonstrom von ihrer Begegnung berichtet, reagieren die Menschen sehr sonderbar.
 
|Der Kongress| – Die Passagiermaschine Flug Nr. 9031 befindet sich in der Gewalt der „Soldaten des Friedens“ – die es mit besonderen Kongressteilnehmern als Reisende zu tun bekommen. Dem Anführer der Geiselnehmer wird bald klar, dass nicht alles koscher ist und er sich den falschen Flug ausgesucht hat.
 
|Invasion| – William Taylor, genannt Foxey, hat im Wald mit seinen Freunden eine schreckliche Begegnung mit blauhäutigen Wesen aus zigarrenähnlichen Raumschiffen.
 
|Smaragd| – eine E-Mail, eine Website und der Tod, der die ereilt, die die Website besuchen und den „Smaragd“ ansehen. Es entbrennt ein Krieg zwischen Internetbenutzern und Computerhassern – doch einer scheint von alledem gefeit.
 
|Zimmer mit Ausblick| – Prince Edwards Islands. Zwei Ermittler gehen in einem Hotel einem mysteriösen Vorgang auf den Grund, denn in Zimmer 206 soll es spuken. Darin wohnte ein junger Mann, der verschwand, nur sein linker Daumen liegt auf dem Laken des Bettes.
 
|Der lachende Mann| – Daniel Wagner hört von seinem Sohn Jonas von dem „lachenden Mann“ im Kindergarten. Doch dort arbeiten nur Frauen. Von der Kindergärtnerin erfährt Jonas‘ Mutter dann, dass ihr Sohn seit Tagen wie ausgewechselt ist, und er hat dort den „lachenden Mann“ gemalt – ein Bild zum Fürchten. Das Unheil nimmt seinen Lauf.
 
|Wölfe| – Howard Jennings und sein Freund Butch gehen auf Wolfjsagd, geraten an ein besonderes Exemplar – und finden eine junge Frau bewusstlos im Schnee.
 
|Irrtum| – David schreibt Geschichten und hofft dafür einen Lektor zu gewinnen. Um sein Glück zu forcieren, besucht er die alte Amalia und bittet sie um ein Erfolgsritual.
 
|Ich weiß, was kommt| – Beate Heinrich sieht sich mit der Aussage der kleinen Tochter ihrer verunglückten Freunde konfrontiert. Die Kleine behauptet vorhersehen zu können, was in der Zukunft passiert.
 
|Der See| – Dike ermordet seine Frau Carol, nachdem sie ihn mit dem Meister ihres Zirkels betrogen hat, um ewiges Leben zu erhalten. Dike versenkt ihre Leiche in einem See – und erlebt das Grauen.
 
|Ezsras Garten| – Birmingham: Tante Ezsra starb, als Greg 14 Jahre alt war, 1940 in den Kriegswirren, wird Greg mit seinem Bruder zu seinem Onkel Dan geschickt – dort angekommen geschehen im Garten der verstorbenen Tante seltsame Dinge.
 
|Der Turm| – erzählt die Geschichte einer mysteriösen Standuhr.
 
|Wasser| – handelt von einem Mann, der nach 50 Jahren seine Geschichte aufschreibt, die mit einem Anruf mitten in der Nacht beginnt, der sein Leben verändert.
 
|Staub| – Die Raumsonde Stardust landet in Utah – mit an Bord ist Staub eines viereinhalb Milliarden Jahre alten Kometen – damit beginnt das Unheil.
 
|Drachentod| – 1263, Carvan der Ritter entführt den Leser in eine Fantasywelt, denn er will es mit einem Drachen aufnehmen, dem jedes Jahr zwei Mädchen als Opfer dargebracht werden.
 
|Langemark| – das Schlachtfeld von Langemark, das Denkmal für die Gefallenen und die Geister/Seelen der im Oktober 1914 Gefallenen, die keine Ruhe finden, bilden den Plot dieser Story.
 
|Die Treppe| – September 1931, der Autor Arthur Simon hat in seinem Haus eine Treppe, die nichts mag, was lebendig ist.
 
|Ferro| – Der Tod kommt mit der Post, in einem DHL-Paket, das das Vermächtnis des verstorbenen Onkels eines Studenten enthält: 42 alte (Ferro)Tonbandkassetten und einen Recorder. Die Bänder enthalten Aufzeichnungen des Onkels, der Kontakt zu Toten aufgenommen hat.
 
|Augen| – Ein alter Mann, der alles beobachtet, sieht an Halloween Tote, die der Kanalisation entsteigen.
 
|Der Koffer| – Ein Koffer mit brisanten Papieren aus dem Zweiten Weltkrieg und Berichte über Kunstmenschen bestimmen den Plot dieser Erzählung.
 
|Der Tank| –  Carsten Bauer (Kommissar) hat einen besonders abscheulichen Fall aufzuklären – den Mord an zwei Jungen und zwei Mädchen, die in einem Tank unter einem Feld gefunden wurden. Bauer befragt den zehnjährigen Jonathan zu sonderbaren Beobachtungen, die der Junge in dem Zusammenhang gemacht hat.
 
|Hände| – En junges deutsches Paar (Vanessa und Thomas) lässt sich von einer alten Rumänin aus der Hand lesen. Thomas verschweigt seiner Frau, was ihm geweissagt wurde.
 
|Ednäh| – Vanessa kehrt zurück in die Karpaten, während ihr Mann im Krankenhaus liegt, denn sie will die alte Wahrsagerin erneut aufsuchen, um endlich zu erfahren, was diese aus Thomas‘ Hand gelesen hatte – und erfährt Ungeheuerliches.
 
|Vogelscheuchen| – Laura Kavanagh geht auf dem Weg zu ihrer Großmutter an Vogelscheuchen vorbei, die mehr als nur gespenstig sind.
 
|Immer noch| – Anja wird polizeilich zu einer mysteriösen Videoaufzeichnung befragt, auf der ein Mann neben ihr zusehen ist, der eigentlich nicht dort sein dürfte.
 
|Das Mädchen am Steg| – Jan wird an einem Steg von den Erinnerungen an ein verstörendes Erlebnis heimgesucht – mit Frieda, einem mysteriösen Mädchen mit langen schwarzen Haaren, das er auf dem Steg traf.
 
Den 31 Geschichten schließt sich mit „Elaine“ eine zusätzliche Story an, gleichzeitig die längste – und beste (was die anderen nicht schmälern soll), die nicht nur Edgar-Allan-Poe-Liebhabern eine Lesefreude sein wird. In „Elaine“ erhält Agenturchef Henry Franklin sonderbare Briefe eines Taylor Collins, der ihn von Frisco aus zu einem Besuch nach Oklahoma bittet und einen phantastischen Fund gemacht haben will. Das weckt Henrys Neugier, besonders als ihn eine seltsame alte Frau davor warnt und danach bei einem Unfall getötet wird.

Bei Collins angekommen, erfährt Henry, dass es sich bei dem Fund um Tagebücher eines Kolonialwarenhändlers handelt, die u. a. offenbaren, dass dieser mit seinen Eltern in Ägypten weilte und ihn der Totenkult und die Bestattungsriten zu interessieren begannen. Vor allem aber halten sie eine wichtige Begegnung mit Edgar Allan Poe fest, von dem er am 20. Dezember 1848 in Providence ein Manuskript erwarb, mit dem er sich zu Grabe tragen ließ. Henry und Taylor Collins beschließen das Grab zu öffnen, um an das Manuskript zu gelangen – doch Collins hat Henry etwas Wichtiges verschwiegen.
 
Stefan Melneczuk verfügt über einen gefestigten Stil und eine professionelle Sorgfalt. Erzählerische Dichte lassen, ebenso wie die enorma Bandbreite der Plots, diesen Kurzgeschichtenband zu einem literarischen Leckerbissen werden. Der Autor lädt die Leser nicht nur zu Reisen durch Deutschland und die USA ein, sondern auch zum Abtauchen in verschiedene Genres. Im Anschluss der Kurzgeschichten erlaubt uns Stefan Melneczuk in seinem Nachwort noch einen Blick „Jenseits der Schreibmachine“ – seiner Schreibmaschine – und lässt mit einer Danksagung den Band ausklingen. Eine runde Sache, die Lust darauf macht, mehr von dem talentierten „Fabulierer“ zu lesen.
 
Auch die Aufmachung des Bandes weiß voll und ganz zu überzeugen, die Entry-Grafik des kleinen handlichen Hardcovers ist der Halloween-Kürbis, der auch schon das Covermotiv ausmacht. Als Besonderheit ist nicht nur der Schutzumschlag mit dem Covermotiv versehen, sondern entfernt man ihn, befindet sich dahinter, nicht wie oft üblich, ein schlichter einfarbiger Einband, sondern ebenfalls das Covermotiv auf dem Buchdeckel. Das Papier und der Satz sind ebenfalls ohne Fehl und Tadel.

 
_Fazit:_

Stimmungsvoller, abwechslungreicher und kurzweiliger Kurzgeschichtenband eines Autors, der zu erzählen versteht. Dazu in einer ansehnlichen und edlen Aufmachung, die keine Wünsche offen lässt. Absolut empfehlenswert.

|Hardcover: 352 Seiten
Titelillustration/Titelgestaltung von Mark Freier
Innenillustration von Mark Freier
ISBN-13: 978-3898402842|
[www.BLITZ-verlag.de]http://www.BLITZ-verlag.de
[www.freierstein.de]http://www.freierstein.de

_Stefan Melneczuk bei |Buchwurm.info|:_
[„Marterpfahl. Sommer der Indianer“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4719
[„Absurd. Unheimliche Geschichten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4785

Plischke, Thomas – Zombies, Die

_Inhalt:_

Nach den Vampiren kommen die Zombies!

Endlich das große Epos um die geheimnisvollsten Geschöpfe der Nacht – die Zombies! Die lebenden Toten gelten als unheimlich, feindselig und dumm. Doch die junge Lily ist davon überzeugt, dass dies nicht die ganze Wahrheit ist. Seit jeher fasziniert sie der Zombie-Mythos, und sie ist geradezu besessen davon, mehr über die Geschöpfe zu erfahren. Als Lily den attraktiven Victor kennenlernt, kommt sie einem erschreckenden Geheimnis auf die Spur: Zombies existieren wirklich, die unheimlichen Geschöpfe sind mitten unter uns – und Lily erfährt am eigenen Leib, was es bedeutet, lebendig und tot zugleich zu sein …
(Verlagsinfos)

_Detailhandlung und Meinung:_

Der Opener das Romans beginnt am 10. September 2009 in Notthing Hill, wo sich Lily auf der Straße wiederfindet und sich fragt, ob sie tot ist oder doch wiederum nicht, ob sie ein Zombie ist – und nun beginnt die Handlung als Rückblick auf Lilys Leben und darauf, wie es zu dem kam, was sie jetzt ist. Denkt der geneigte Leser nun, das nähme dem Roman die Spannung, weil somit zu viel vorweggenommen würde – weit gefehlt!

Die Handlung ist in drei Teile untergliedert und startet mit dem:

1. Teil: |Injektion|

Lily Young, Doktorandin in Oxford, befasst sich mit dem Mythos der lebenden Toten – den Zombies. Die Rückblickshandlung beginnt am 28. August 2009 bei der Beerdigung ihres Großvaters Jules Young. Dort erfährt die junge Frau, dass ihr verstorbener Großvater vor seinem Tod sonderbare Wünsche seine Beerdigung betreffend geäußert hatte, die ihr Vater aber missachtete. Lily erzählt ihrem Freund Gottlieb, dass sie mit ihrem Großvater einen Streit über ihre Arbeit hatte und er sie drängte, dass sie diese beenden solle, weil sie in Gefahr schwebe – und dass die Schatten, in denen sie herumstochere, „hungrig“ seien. Nach der Beerdigung begegnet Lily auf dem Friedhof einem mysteriösen Mann: Victor Cunningham.

Kurz danach reist Gottlieb überstürzt nach Deutschland zu seiner Familie ab, ohne Lily den Grund zu nennen – sein Vater ist gestorben. Lily trifft derweil den gutaussehenden und selbstbewussten Fremden vom Friedhof wieder. Hannah, Lilys Mitbewohnerin, warnt sie zwar davor, sich mit Victor zu treffen, aber Lily kann sich seiner Faszination nicht entziehen. Victor Cunningham (stammt aus Schottland) nimmt sie mit in einen sonderbaren Club, in dem eine morbide Performance um Leben und Tod stattfinden soll.

Lily wird dazu auserkoren, gegen ein „Zombie-Paar“, das sie für Schauspieler hält, zu kämpfen. Als Victor sie zwar rettet, der Mann sie aber zuvor beißt, merkt sie sehr schnell, dass das Zombie-Paar echt war, denn nach dem Biss verändert sich Lily. Ihre Sinne verschärfen sich und ihr Hunger auf Fleisch wächst. Ihr Leben als Vegetarierin hat ein jähes Ende gefunden und sich ins Gegenteil verkehrt. Auch ihr Wesen wandelt sich – z. B. Hannah und ihrem Doktorvater gegenüber.

Als Lily von Hannah dabei ertappt wird, als sie eine Taube tötet und roh mitsamt Federn verspeist, flieht Lily erst einmal in ihr Elternhaus, in dem zu dem Zeitpunkt ihrer Schwester Veronica alleine ist, da die Eltern vereist sind. Dort kommt es zu einem weiteren Vorfall: Veronica wird Zeugin, wie Lily den Hund der Familie tötet. Das ist aber nicht das einzige Problem, das Lily hat, denn sie wird die ganze Zeit verfolgt. Somit sieht sie sich erneut dazu genötigt zu fliehen.

2. Teil: |Inkubation|

Im zweiten Teil erhält der Leser Einblick in Gottlieb Bergers Familie, die sich zur Beerdigung seines Vaters Anselm in Frankfurt zusammengefunden hat: Hedwig Berger, die Stiefmutter sowie Rochus und Mathilde, Gottliebs Geschwister. Gottlieb spricht lange und offen mit seiner kranken Stiefmutter über die Fehde, die er mit seinem Bruder Rochus führt. Dann tritt er das Erbe an, das ihm sein Vater auferlegt hat: Er soll dessen Nachfolge antreten. Denn sein Vater führte ein besonderes „Familienunternehmen“, eine spezielle Art von Jägern – Zombiejägern. Und somit wird schnell erkennbar, dass Lily und Gottlieb, der Lily liebt, nun auf zwei verfeindeten Seiten stehen.

Aber das ist nicht der einzige Brennpunkt. Gottlieb und Rochus müssen nun notgedrungen zusammenarbeiten und sich ihrem alten Konflikt stellen. Der Leser wird vom Autor mit zu Zombiejagden genommen, blickt aber auch Gottlieb über die „Schulter“, als dieser die Aufzeichnungen seines Vaters sichtet. Nach und nach wird gewahr, dass sich Gottlieb und Lily nicht zufällig begegnet sind … Dann erhält Gottlieb einen Anruf von Lilys Mutter und erfährt, dass Lily verschwunden ist und wie sie sich verändert hat – und reist sofort nach England. Er schwört, den zu töten, der Lily zu dem gemacht hat, was sie jetzt ist.

Lily findet sich derweil nach ihrer Flucht bei Victor wieder, erfährt dort eine Bestätigung für ihre Vermutung, dass er ein Zombie ist – wie sie jetzt auch. Victor gesteht ihr in einem Brief, dass er sie liebt und Lily lässt sich auf ihn ein – wohl auch aus Verunsicherung über ihre neue „Natur“, mit der sie nun zu leben lernen muss. Sie hadert damit, dass sie ihre Eltern, aber vor allem Gottlieb nicht mehr sehen darf, sie sich fortan im Verborgenen halten muss … doch es kommt alles anders. Lily erfährt etliches über Victor und seine Familie – auch, dass diese nur Verbrecher und Übeltäter tötet und verzehrt – und Victor gesteht ihr, was das Furchtbarste an ihrem neuen Dasein ist: die Einsamkeit. Dann nimmt er Lily das erste Mal mit auf die „Jagd“ – auf einen Serienvergewaltiger und „Bullen“. Als Lily Victor das Opfer essen sieht, wird ihr bewusst, wozu er sie gemacht hat.

3.Teil: |Eruption|

Als Dougal Cunningham (Victor ist ein Ur-Ur-Großonkel von ihm) aus Manger (Schottland) bei Victor erscheint und ihn wegen einer dringenden Angelegenheit in seine Heimat bittet, folgen Victor und Lily dem Ruf und somit der Leser in Victors Heimat, in einen Kreis weiterer mysteriöser Charaktere, und in eine zusätzliche, spannende Handlung mit einem brisanten Finale in Schottland … denn dort fällt schließlich die Entscheidung, was aus Victor, Lily und Gottlieb wird.

Doch damit nicht genug. Auch wenn die Haupthandlung schon genug gefesselt hätte, so gibt es noch einen zusätzlichen Reiz des Romans: die von Lily während ihrer Arbeit geführten Interviews. So auch eines mit ihrem Großvater, der behauptet zu wissen, dass es lebende Tote, „Zombies“, gebe. Er erzählt ihr von einer Begebenheit, als er ein kleiner Junge war und einen Toten sah, der nicht ruhen durfte (in Port-of-Spain/Karibik). Der Leser erfährt in den Interviews etliches über die Mythen lebender Toter aus verschiedenen Kulturen – so z. B. über Draugr, skandinavische Untote, aber erhält auch auch Informationen wie über die Maschalismos-Praktiken (Zerstückelung).

Die lebhafte, kurzweilige Sprache des Autors trägt ebenso wie der Plot zu einer fesselnden Unterhaltung bei, von der man sich nicht mehr lösen kann und will. Ihr bildhafter Duktus erzeugt Nähe zum Leser und eine stetig steigende Spannung – von der ersten bis zur letzten Seite.

Auch die Aufmachung weiß zu überzeugen. Das Covermotiv spricht sehr an und vermittelt bestens die Atmosphäre des Romans, Papier, Satz und Lektorat sind ebenfalls ordentlich.

_Fazit:_

Spannender Zombie-Roman, der geschickt Informationen einbindet und intelligent zu unterhalten versteht – absolut empfehlenswert.

|Taschenbuch: 479 Seiten
Titelabbildung von Sylwia Makris
Titelgestaltung von Guter Punkt, München
ISBN-13: 978-3492267465|
[www.piper-fantasy.de]http://www.piper-fantasy.de
[www.im-plischke.de]http://www.im-plischke.de

_Thomas Plischke bei |Buchwurm.info|:_
[„Mater Ecclesia“ (Engel RPG)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2046
[„Terra Nova“ (Der Schwur des Sommerkönigs 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1533
[„Terra Incognita“ (Der Schwur des Sommerkönigs 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2283
[„Die Auferstehung“ (Sacred 2, Folge 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5212
[„Das trügerische Paradies“ (Sacred 2, Folge 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5370
[„Im Bann der Bestie“ (Sacred 2, Folge 3)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5600
[„Das verbotene Wissen (Sacred 2, Folge 4)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5756

Festa, Frank (Hg.) – Necrophobia III – Zart wie Babyhaut

_|Necrophobia|:_

Band 1: [„Meister der Angst“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1724
Band 2: [„Die graue Madonna“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5320
Band 3: _“Zart wie Babyhaut“_

19 Gruselgeschichten aus 83 Jahren, davon 17 deutsche Erstveröffentlichungen: Das lange Warten auf die dritte „Necrophobia“-Sammlung hat sich gelohnt. Klassischer Horror wechselt mit modernen Schrecken, für Abwechslung ist gesorgt; Mittelmaß kommt vor, doch echte Ausfälle, verursacht durch um Jungmädchen buhlende Vampire oder deutsche ‚Nachwuchstalente‘, bleiben aus: Ein fesselnder Streifzug durch ein ungemein lebendiges Genre:

– F. Paul Wilson [*1946]: |“Zart wie Babyhaut“| („Foct“, 1991), S. 7-20: Wenn sich ihr die Chance bietet, ins modische Spitzenfeld vorzustoßen, wird für manche Frau die Frage nach der Herkunft des verarbeiteten Materials nebensächlich …

– David Case [*1937]: |“Unter Wölfen“| („Among the Wolves“, 1971), S. 21-88: In der Wildnis wurde er geprüft und für stark befunden; nun testet er ähnlich unbarmherzig seine Mitmenschen in der Stadt auf ihre Lebenstauglichkeit …

– Brett McBean [*1978]: |“Genie eines kranken Geistes“| („The Genius of a Sick Mind“, 2000), S. 89-101: Simon und Sherry geraten in die Falle eines moralfreien Psychopathen, der sie mit schauerlichen ‚Aufgaben‘ konfrontiert, deren Bestehen ihr Leben sichert – vielleicht …

– Walter de la Mare [1873-1956]: |“Der Spiegel“| („The Looking-Glass“, 1923), S. 103-115: Für die vom Leben enttäuschte Alice verschwimmen Realität und Illusion, bis schließlich die Grenze zum Jenseits fällt …

– Brian Lumley [*1937]: |“Fruchtkörper“| („Fruiting Bodies“, 1988), S. 117-152: Von einer fernen Insel geriet ein Pilz an einen einsamen Abschnitt der englischen Küste, wo er ein unheimliches Eigenleben entwickelt …

– Mary E. Counselman [1911-1995]: |“Die drei markierten Pennys“| („The Three Marked Pennies“, 1934), S. 153-163: Sie bringen Glück oder den Tod – und manchmal beides gleichzeitig …

– Frederick Cowles [1900-1949]: |“Das Haus der Tänzerin“| („The House of the Dancer“, 1938), S. 165-179: Sie war die hübscheste Frau ihrer Zeit – und eine böse Hexe, die lustvoll ihr Treiben nach dem Tod fortsetzt …

– Karl Edward Wagner [1945-1994]: |“Das Bildnis des Jonathan Collins“| („The Picture of Jonathan Collins“, 1995), S. 181-204: Eigentlich hieß Dorian Gray Jonathan Collins, und sein Bildnis war kein Gemälde, doch sonst stimmt die Geschichte …

– Simon Clark [*1958]: |“Die außergewöhnlichen Grenzen der Finsternis“| („Limits of Darkness“, 2006), S. 205-229: Eine Schatzsuche in Afrika entwickelt sich zu einer Reise ins Herz der menschlichen Finsternis …

– Robert Bloch [1917-1994]: |“Das Geheimnis der Gruft“| („The Secret in the Tomb“, 1935), S. 231-240: Wie sein verschwundener Vater macht sich auch der Sohn auf den Weg, dem verrufenen Ahnen das Geheimnis des ewigen Lebens zu entlocken …

– Greg F. Gifune [*1963]: |“Vollendete Vergangenheit“| („Past Tense“, 2005), S. 241-258: Manche Vampire saugen Blut, andere zapfen ihren Opfern Lebenszeit ab …

– Manuel Komroff [1890-1974]: |“Du willst also nicht reden!“| („So You Won’t Talk“, 1935), S. 259-268: Ein besessener Polizist bricht ein Verhör auch beim Tod des Hauptverdächtigen nicht ab …

– Fritz Leiber [1910-1992]: |“Der Phantommörder“| („The Phantom Slayer“, 1942), S. 269-291: Das zunächst willkommene Erbe des Onkels entwickelt ein mörderisches Eigenleben …

– Chet Williamson [*1948]: |“Ameisen“| („Ants“, 1987), S. 293-297: Ein streitsüchtiger Fiesling legt sich mit den Falschen an …

– Graham Masterton [*1946]: |“Der Junge von Ballyhooly“| („The Ballyhooly Boy“, 1999), S. 299-327: Ein von seinen Schulkameraden geschurigelter Junge übt als Geist erbarmungslos Rache …

– Jeffrey Thomas [*1957]: |“Die Keller-Götter“| („The Cellar Gods“, 1999), S. 329-350: Die geliebte Frau kann ihre obskure Herkunft auf Dauer nicht unterdrücken …

– Mort Castle [*1946]: |“Nimm meine Hand, mein Sohn“| („If You Take My Hand, My Son“, 1987), S. 351-364: Daddy war ein verlogener Dreckskerl im Leben, und der Tod konnte ihn nicht ändern …

– Carlton Mellick III [*1977]: |“Porno im August“| („Porno in August“, 2002), S. 365-387: Dreharbeiten zu einem Sexfilm gehen in einen grotesken Albtraum über …

– F. Paul Wilson [*1946]: |“Weich“| („Soft“, 1984), S. 389-406: Wie lebt man mit einer Seuche, die alle Knochen zur Auflösung bringt …?

– Ein letztes Flüstern des Herausgebers, S. 407-410

_Andere Zeiten, andere Schrecken?_

Lange hat es gedauert bis zum Erscheinen dieses dritten Bandes der „Necrophobia“-Reihe – lange genug, um als Freund der grausigen & guten Kurzgeschichte unruhig zu werden, zumal der Festa-Verlag zwischenzeitlich in ökonomische Turbulenzen geriet. Aber der Sturm hat sich gelegt, und Verleger Frank Festa hält das Steuer wieder fest genug in der Hand, um erneut bisher unbekannt Genre-Gewässer zu befahren. Er setzt dabei nicht nur auf Romane, sondern bietet auch der Kurzgeschichte eine Nische. Nach der Lektüre von „Necrophobia III“ fragt sich der Leser umso konsternierter, wieso diese nach Ansicht der ‚großen‘ Verlagshäuser angeblich kein Publikum mehr findet, denn wie sonst kann sich der Horror bunter und palettenbreiter darstellen als in seiner kurzen Form?

Zwischen 1923 und 2006 erschienen die 19 hier gesammelten Storys. Schon die chronologische Spanne sorgt für Abwechslung, denn sowohl die Auslegung als auch die Darstellung von Furcht unterlag in diesen Jahrzehnten deutlichen Veränderungen: Walter de la Mare und Carlton Mellick III teilen zwar die metaphorische Beschäftigung mit dem Phantastischen, doch inhaltlich könnte die Kluft zwischen diesen beiden Autoren kaum größer sein.

Aber auch die Werke der zeitgleich schreibenden Autoren lassen sich nur schwer unter einen Hut bringen; „Necrophobia III“ soll ja gerade die Vielfalt des Horrors belegen. Dieser ist vielschichtig („Unter Wölfen“), trivial („Das Geheimnis der Gruft“) oder beides („Der Phantommörder“), klassisch („Fruchtkörper“), einfach nur angestaubt („Das Haus der Tänzerin“), ein wenig experimentell („Nimm meine Hand, mein Sohn“), betont drastisch („Das Bildnis des Jonathan Collins“), schwarzhumorig („Ameisen“), auf den Schlussgag getrimmt („Zart wie Babyhaut“) oder bitterernst („Die außergewöhnlichen Grenzen der Finsternis“).

|Entdeckungen und Andeutungen|

Die erfreuliche Bandbreite der präsentierten Storys und ihre Zahl verhindert eine Besprechung, die jeder Geschichte gerecht werden könnte. Der Leser wird sich unterschiedlich zwischen den Urteilspolen „sehr gut“ und „gefällt gar nicht“ bewegen. Der Rezensent kann deshalb an dieser Stelle nur auf hoffentlich allgemein interessierende Einzelheiten eingehen.

Mit „Fruchtkörper“ legt Brian Lumley nicht nur eine unheimliche Story, sondern auch eine Hommage an einen britischen Großmeister der Gespenstergeschichte vor. Im November 1907 veröffentlichte das |“Blue Book Magazine“| William Hope Hodgsons (1877-1918) „A Voice in the Night“ (dt. „Stimme in der Nacht“), eine intensive Studie ‚biologischen‘ Grauens am Beispiel zweier Schiffbrüchiger, die auf einer Insel stranden, deren Gestade von einem monströsen Wucherpilz befallen sind, der auch auf menschlicher Haut gedeiht. Gerade in der Finalszene beschwört Lumley die daraus resultierenden Schrecken ähnlich intensiv herauf wie Hodgson. Obwohl der moderne Autor sich in der Beschreibung der Effekte keinerlei Zurückhaltung auferlegen müsste, bleibt Lumley erfreulich zurückhaltend.

Jeffrey Thomas ergänzt das „Cthulhu“-Mosaik um ein interessantes Steinchen. Mit „Die Keller-Götter“ beweist er anschaulich, dass der Mythos, den H. P. Lovecraft (1890-1937) schuf und der bereits zu seinen Lebzeiten von faszinierten Autorenkollegen mit- und ausgestaltet wurde, durchaus gegenwartstauglich ist.

Simon Clark vergreift sich unerschrocken an einem literarischen Meisterwerk. „Die außergewöhnlichen Grenzen der Finsternis“ stellt eine Fortsetzung und Variation der Novelle „Heart of Darkness“ (1899, dt. „Herz der Finsternis“) dar, in der Joseph Conrad (1857-1924) den charakterlich schlichten Afrika-Reisenden Marlow auf den Handelsagenten Kurtz als verkörperte Ausgeburt der menschlichen Bosheit treffen und an dieser Erfahrung gleichzeitig reifen und zerbrechen lässt. Gelernt hat Marlow seine Lektion offensichtlich nicht, denn Clark lässt ihn ein zweites Mal in den Dschungel des Kongo = in die Abgründe der Seele zurückkehren, wobei die Lektion dieses Mal noch um einiges deutlicher und drastischer ausfällt.

Dies trifft erst recht auf Karl Edward Wagner zu, der mit „Das Bildnis des Jonathan Collins“ dem einzigen Roman von Oscar Wilde (1854-1900) – „The Picture of Dorian Gray“ (1890/91, dt. „Das Bildnis des Dorian Gray“) – einen Bärendienst erweist; Wagner kopiert die ursprüngliche Handlung, deren Finale deshalb von vornherein feststeht. Der Schluss kann deshalb nicht überraschen, während die quasi-pornografischen Sequenzen weder schockieren noch das Geschehen überzeugend illustrieren, sondern nur langweilen.

|Horror heimlich oder aggressiv|

Die in „Necrophobia III“ gesammelten Geschichten bestätigen und widerlegen gleichzeitig die vor allem von der Kritik gern geäußerte Meinung, dass die Phantastik dort am nachdrücklichsten wirkt, wo sie der Realität so dicht verhaftet bleibt, dass sich das Übernatürliche nur schemenhaft oder scheinbar manifestiert. Um diese Wirkung erzielen zu können, bedarf es eines wirklich guten Schriftstellers. Walter de la Mare gelingt es, in „Der Spiegel“ seinen Lesern ein stetig und ständig wachsendes Gefühl der Unsicherheit und des Unbehagens zu vermitteln.

Während de la Mare dabei die Wirklichkeit niemals gänzlich aus den Augen verliert, gibt Carlton Mellick III in „Porno im August“ sie auf, ohne den Übergang seinem Publikum deutlich zu machen: Quasi dokumentarisch beschreibt er eine Welt, deren Gesetze den handelnden Figuren ebenso fremd bleiben wie dem Leser. Mellick verstößt vorsätzlich gegen jene zwar nicht niedergeschriebene aber von der Mehrheit der Grusel-Freunde eingeforderte Regel, nach der das Grauen einer stringenten Handlung folgen und den Schrecken in einem gruseligen Höhepunkt kulminieren soll.

Solche regelkonformen Geschichten beinhaltet „Necrophobia“ natürlich auch. Sie können, aber sie müssen keineswegs ’schlechter‘ sein als der ‚literarische‘ Horror. Während Frederick Cowles, ein noch sehr jugendlicher Robert Bloch oder Manuel Komroff an den vordergründigen Grusel der „Pulp“-Ära erinnern, verbinden Mary E. Counselman, Fritz Leiber, Mort Castle, Graham Masterton oder F. Paul Wilson (vor allem in „Weich“) den plakativen Horror mit dem Schrecken, den er dem Menschen beschert – ein Schrecken, der über einen blutreichen Tod hinausgeht. David Case treibt diese Kombination auf die Spitze. Brett McBean produziert dagegen nur heiße Luft.

Das gesammelte Grauen kommt auch dieses Mal ohne deutsche Beiträge aus – oder muss ohne sie auskommen, da sie die strengen Qualitätsvorgaben des Herausgebers nicht erfüllen konnten. (Ob ein Chet Williamson allerdings eine Alternative ist …) Sie gedeihen anderenorts prächtig, sodass man sie hier nicht vermisst. Als Buch bietet „Necrophobia III“ nicht nur inhaltlich Lektüre-Vergnügen. Die Storys sind gut übersetzt, das gedruckte Werk ist zwar ein Taschenbuch, liegt aber trotzdem schwer und sauber gebunden in der Hand, und das Cover entstammt keinem Bildstock, sondern ist gezeichnet und wurde passend zum morbiden Inhalt ausgesucht. Solche Details weiß der Leser zu schätzen, und er merkt sich, wo seine Ansprüche befriedigt werden!

|Taschenbuch: 410 Seiten|
Originalausgabe
Übersetzung: Alexander Amberg (1), Andreas Diesel (1), Doris Hummel (3), Sigrid Langhaeuser (8), Sandra Pohley (3)
ISBN-13: 978-3-86552-077-7|
[www.festa-verlag.de]http://www.festa-verlag.de

Monchinski, Tony – Eden

_Das geschieht:_

Eines unschönen Tages hielt es die Toten weltweit nicht mehr in ihren Gräbern. Als hungrige Zombies kehrten sie zurück und fielen über die entsetzten Hinterbliebenen her. Die menschliche Zivilisation brach binnen weniger Tage zusammen. Während die Zahl der Zombies stetig wuchs, weil nicht allzu heftig angefressene Opfer zu ihnen stießen, wurden die Lebenden zur bedrohten Art. Wer den Untoten entkam, schloss sich schwer bewaffnet zusammen und zog in festungsartig gesicherte Refugien.

„Eden“ nennen die Bewohner ironisch den von einer hohen Mauer geschützten Komplex, den sie sich im New Yorker Stadtteil Queens buchstäblich erkämpft haben. Hier fristen sie inmitten notdürftig angelegter Gärten und Felder ein mühseliges Dasein. So selten wie möglich wagen sie Ausbrüche ins zombieverseuchte Stadtgebiet, um Medikamente und andere Güter zu bergen, die sie nicht selbst herstellen können.

Die Präsenz der unmenschlich geduldig lauernden Untoten und private Tragödien haben die Überlebenden gezeichnet. Alkohol- und Drogensucht sind verbreitete Übel, aber auch Endzeit-Despoten wittern Morgenluft. Ex-Lehrer Harris fällt einem perfiden Mordanschlag zum Opfer: Wohl weil ihn seine schöne Gefährtin Julie nicht verlassen will, lässt ein Nebenbuhler nachts Zombies in sein Haus eindringen. Zwar können die Untoten gestoppt werden, aber Harris wurde gebissen. Binnen 24 Stunden wird er sich verwandeln. Harris schweigt, denn die ihm verbleibenden Stunden will er zur Rache nutzen, seinen Mörder entlarven und ihn strafen.

Die Zeit drängt, denn erste Zeichen der Infektion werden bald sichtbar. Aber Harris nimmt sich die Zeit, Abschied zu nehmen, an die Zeit vor und nach der Epidemie zurückzudenken und eine Todesfalle auszutüfteln, die mindestens so grausam ausfallen soll wie das Schicksal, das ihn erwartet …

_Once bitten, twice shy_

Erstens: Der zwar variierte aber grundsätzlich identische Plot ist vielen Lesern quasi heilig: Sie hassen Überraschungen und das damit verbundene Risiko der Irritation, sondern wünschen in ihrer knappen Freizeit bewährte Zerstreuung. Von dieser Haltung – die der Kritiker gern „Denkträgheit“ nennt – profitieren zahlreiche Autoren, die genau dieses Gewünschte und nicht mehr zu liefern in der Lage sind.

Zweitens: In der (ungerecht wertend) als „trivial“ bezeichneten, primär der Unterhaltung dienenden Literatur gibt es (Sub-) Genres, die durch eng gezogene Grenzen definiert sind. Zu ihnen gehört der Zombie-Horror, der nicht nur im Buch, sondern auch im Film grundsätzlich derselben Storyline folgt: Die Toten kehren als hirnlose Kannibalen zurück und lassen durch ihre schiere Überzahl die Zivilisation enden. Statt sich möglichst wirkungsvoll zu organisieren, arbeiten sich die Überlebenden an den mannigfachen Möglichkeiten der zwischenmenschlichen Zwietracht ab und zerstören sich selbst; den Rest übernehmen die Zombies.

„Eden“ entspricht diesem Schema exakt. In einer merkwürdigen Mischung aus Fiktion und Vorwort – angeblich wurde dieser Roman von einem unkonventionellen Weltenbummler namens Tommy Arlin verfasst, und Tony Monchinski ist nur sein literarisches Sprachrohr – macht der Verfasser bereits einleitend deutlich, dass er Neues gar nicht anstrebt. Die „Eden“-Zombies sind ausdrücklich als ‚Klassiker‘ und hässliche Zerrbilder des Menschen gestaltet. Sie reden nicht, sie jagen und fressen nur. An eine Verständigung mit ihnen ist nicht zu denken.

|Der Zombie hält den Spiegel|

Nur in Details mochte Monchinski auf Neuerungen nicht verzichten. Im apokalyptisch verheerten New York treiben nicht nur die üblichen Torkel-Zombies à la Romero ihr Unwesen. Die Überlebenden klassifizieren vier Arten: „Schlurfer“, „Hetzer“, „Heuler“ und „Hirne“. Monchinski erkannte, dass langsame, dumme Untote selbst in der Überzahl keine Spannung garantieren. Also erweitert er ihren Handlungsspielraum, indem er die Reihen der trägen Stolper-Leichen durch spurtstarke Läufer und tückisch schlaue Hinterhalt-Jäger ergänzt.

Diese Konstellation sorgt für die übliche Splatter-Action, wenn Mensch und Zombie in dunklen Kellergängen, nur scheinbar verlassenen Lagerhallen oder an ähnlich unübersichtlichen Orten unvermutet aufeinandertreffen. Dazu kommen die beliebten Massenaufmärsche unterschiedlich verwester Untoter, die detailfreudig beschrieben für angenehme Schauer sorgen.

Doch der Zombie fungiert nicht nur als direkte Schreckensgestalt. Er dient in der Masse als gesichtslose Gefahr, der sich die lebendig und damit Individuum gebliebene Rest-Menschheit stellen muss. In dieser Funktion ist die Anwesenheit der Zombies sogar überflüssig. Viele Seiten füllt Monchinski deshalb mit Schilderungen, die sich auf die lebenden Bewohner von Eden konzentrieren. Sie stehen mit dem Rücken so glatt an der Wand, dass die üblichen Beschwichtigungs- und Vertuschungsmechanismen nicht mehr greifen. Die Menschen müssen zueinander finden oder untergehen: An diesem Punkt wird es für den Schriftsteller interessant, denn hier wird er zum Schöpfer eigener Gesellschaftsentwürfe.

|Viele fühlen sich berufen, nur wenige sind auserwählt …|

99 von 100 Apokalyptikern sind Kulturpessimisten. Monchinski gesellt sich zu ihnen, indem er die von außen belagerte Gruppe inneren Zerreißproben aussetzt. In der Not fällt die Maske, der Mensch kehrt in die Regelwelt der Steinzeit zurück, die angeblich durch das Primat des Stärksten und Rücksichtslosesten (aber nicht unbedingt des Klügsten) gekennzeichnet war. Monchinski arbeitet mit bekannten Klischees, lässt Cäsarenwahn, religiöser Fanatismus und feigen Opportunismus wüten, die er durch ostentative Tapferkeit, Pioniertugenden oder einfach Resignation konterkariert.

Die daraus resultierenden Konflikte versucht er kurzweilig abzuwandeln, setzt dabei jedoch erneut auf Klischees: Hauptfigur Harris ist „DOA“, „dead on arrival“; nicht mehr Mensch, aber noch nicht Zombie und ein Opfer, das in den ihm verbleibenden Stunden den eigenen Mörder jagt. Dies ist kein innovatives Konzept, zumal Monchinski sich nicht auf Harris konzentriert, sondern ständig abschweift.

„Eden“ ist kein Roman mit straff gespanntem Handlungsfaden, sondern ein Mosaik kapitelkurzer Schlaglichter auf das Ende der Welt. Wie sein (im Vorwort gelobtes) Vorbild Quentin Tarantino in „Pulp Fiction“ bricht Monchinski mit der Chronologie der Ereignisse, verlässt die Gegenwart, springt in die Zeit vor und zurück, sucht dabei Orte außerhalb der Eden-Festung auf, führt Figuren ein, die sang- und klanglos wieder verschwinden. Die dennoch simple Story vermag der Leser mühelos in die korrekte Reihenfolge zu bringen – und dabei als vordergründig entlarven.

In seinem Debüt-Roman will Monchinski dem ‚dreckigen‘ Horror der 1970er und 80er Jahre spannend seine Reverenz erweisen. Was ihm immerhin gelingt, ist ein unterhaltendes Zombie-Garn der schnell konsumierten und vergessenen Art. (Die zahlreichen Druckfehler der deutschen Übersetzung bleiben dagegen ebenso lange im Gedächtnis haften wie die – rhetorische – Frage, ob es nötig war, ein im Original gerade 268 Seiten zählendes Buch zum 480 Seiten starken und entsprechend teuren Paperback aufzublasen.)

P. S.: Selbstverständlich geht die Schlacht weiter; „Eden: Crusade“ erschien 2010.

_Autor_

Nach Lehr- und Wanderjahren im Dienst des US Peace Corps, die er u. a. in der Karibik und nach Südkorea verbrachte, arbeitet Tony Monchinski, Jahrgang 1973, heute als Lehrer für Politikwissenschaften an der Fox Lane High School in Bedford, US-Staat New York. In seiner Freizeit schreibt und fotografiert er für das Bodybuilder-Magazin „MuscleMag International“. 2008 veröffentlichte Monchinski – zunächst im Selbstverlag – den Horror-Roman „Eden“, den er inzwischen fortsetzte.

|Taschenbuch: 475 Seiten
Originalausgabe: Eden – A Zombie Novel (Mena/Arkansas: Permuted Press 2008)
Übersetzung: Reinhold H. Mai
ISBN-13: 978-3-453-52665-5|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne

Wellington, David – Welt der Untoten (Monster Island 3)

_Die „Monster Island“-Trilogie:_

Band 1: [„Stadt der Untoten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4980
Band 2: „Nation der Untoten“
Band 3: _“Welt der Untoten“_

_Inhalt:_

Zwölf Jahre nach den grauenhaften Ereignissen auf Govenors Island, New York, bei denen der UN-Waffeninspektor Dekalb ums Leben kam, kämpfen die letzten Menschen immer noch gegen die Horden der Untoten. Die Zahl der Ghoule wächst beständig, in dem Maße, wie die Menschheit immer weniger wird. Die somalische Soldatin Ayaan hat Dekalb geschworen auf seine Tochter Acht zu geben und sie zu beschützen. Mittlerweile ist Sarah zwanzig Jahre alt und besitzt die Gabe, die tote Energie der Ghoule zu sehen. Als Soldatin hingegen sind ihre Fähigkeiten eher schwach ausgeprägt. Bei einem weiteren Einsatz in der Wüste wird die Einheit von Ayaan von einer Gruppe Untoter angegriffen, die völlig anders agieren als gewohnt. Die Ghoule taumeln nicht langsam und unkontrolliert auf ihre Gegner zu, sondern rennen mit beängstigender Geschwindigkeit präzise auf ihre Opfer zu. Es gibt herbe Verluste zu beklagen und schließlich fällt Ayaan dem Feind in die Hände. Sarah hat ihrer Freundin einst versprochen sie zu erlösen, sollte sie zu einem Ghoul mutieren. Ein Geist namens Jack, ein ehemaliger Freund ihres Vaters, hilft Sarah bei der Suche nach Ayaan. Gemeinsam mit dem Piloten Osman kapert Sarah einen Hubschrauber. Doch steht sie gegen die Übermacht der Untoten auf verlorenem Posten. So verhilft ihr Jack zu neuen Verbündeten – jahrtausendealte Mumien. Mit ihrer Hilfe hofft Sarah Ayaan aus den Fängen des Zarewitsch befreien zu können. Doch der russische Leichenherr im Körper eines verkrüppelten Jungen hat seine eigenen Pläne und will die versehrte Erde zu einer Welt der Untoten machen …

_Meinung:_

„Welt der Untoten“ ist der krönende Höhepunkt der Zombie-Trilogie aus der Feder von David Wellington, der sich bereits mit seinem Vampir-Dreiteiler (ebenfalls erschienen bei PIPER) einen Namen gemacht hat. Protagonistin ist dieses Mal, neben Ayaan, Sarah, die Tochter von Dekalb, der auf Govenors Island zurückblieb. Treffsicher gelingt Wellington die Charakterisierung der beiden jungen, unterschiedlichen Frauen. Die eine hart, unerbittlich und kriegerisch versucht die andere lediglich zu überleben, sich nützlich zu machen und angesichts des allumfassenden Grauens nicht den Verstand zu verlieren. Die magisch-fantastischen Komponenten, die in den ersten beiden Romanen nur am Rande eine Rolle spielten, treten im vorliegenden Buch in den zentralen Fokus. Der Leser wird mit allerlei Abarten und Mutationen der Untoten konfrontiert, die direkt den Alpträumen eines Clive Barker entsprungen zu sein scheinen. Mit den Zombieszenarien eines Goerge A. Romero hat David Wellingtons Roman indes nichts mehr gemein. Die literarisch-geistige Distanz wird auch im Ausdruck deutlich, denn der Autor vermeidet es auf den 400 Seiten konsequent den Begriff „Zombie“ zu verwenden. Die alternative Bezeichnung lautet Ghoul, der im Sinne eines menschenfleischfressenden Dämons benutzt wird, mit den arabischen Mythengestalten aber nichts zu tun hat. Die Szenerie der „Welt der Untoten“ ist sehr viel bizarrer, abgedrehter und unwirklicher als in den anderen Romanen, die noch einen unverkennbaren Realitätsbezug hatten. Die Geschichte spielt in einer postapokalyptischen Welt, in der die Menschheit eine verschwindend geringe Minderheit darstellt. Die Fülle an Figuren und Begriffen würde einen unbedarften Leser schnell überfordern, so dass es unabdingbar ist, die Bücher in chronologischer Reihenfolge zu lesen. Auf ein Glossar, wie im zweiten Band „Nation der Untoten“, muss verzichtet werden. Waffensysteme und militärische Abkürzungen werden im Kontext erklärt. Auch in diesem Buch outet sich Wellington als Waffennarr und Militär-Fan was auf die Dauer sehr ermüdend und überfrachtet wirkt. Hinzu kommt ein sehr actionlastiger und handlungsorientierter Schreibstil, der wenig Möglichkeit zur Reflektion bietet. Das führt dazu, dass der Leser zwischen all den Lebenden, Toten und Leichenherren den Überblick zu verlieren droht. Einzig die plakative Brutalität und der zynische, schwarze Humor wirken in der ansonsten staubtrockenen Zombie- … Verzeihung … Ghoul-Apokalypse reichlich erfrischend.

Das handliche und stabile Taschenbuch ziert ein kunstvolles Covermotiv des Künstlers Dan Dos Santos. Papier, Satz und Lektorat lassen keine Wünsche offen.

_Fazit:_

Im abschließenden Teil seiner Zombie-Trilogie verrennt sich der Autor in mystischen Magie-Duellen, militärischen Fachbegriffen und einem unwirklichen Apokalypse-Szenario. Eher etwas für Fantasy-Fans, die sich auch von brutalen Zombie-Massakern nicht abschrecken lassen.

|Taschenbuch: 398 Seiten
Originaltitel: Monster Planet (2007)
Aus dem Amerikanischen von Andreas Decker
Titelillustration/Titelgestaltung von Dan Dos Santos/Agentur Luserke
ISBN-13: 9783492266871|
[www.piper-verlag.de]http://www.piper-verlag.de
[www.brokentype.com/davidwellington]http://www.brokentype.com/davidwellington

_Florian Hilleberg_

_David Wellington bei |Buchwurm.info|:_
[„Der letzte Vampir“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4613
[„Krieg der Vampire“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5894
[„Vampirfeuer“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6230

Saintcrow, Lilith – Höllenschlund (Dante Valentine – Dämonenjägerin 5)

_Dante Valentine – Dämonenjägerin:_
Band 1: [„Teufelsbraut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5288
Band 2: [„Höllenritt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5957
Band 3: [„Feuertaufe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6150
Band 4: [„Sündenpfuhl“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6353
Band 5: _Höllenschlund_

Dante Valentine kämpft nun mehr seit vier Büchern gegen Luzifer höchstpersönlich. In „Höllenschlund“, dem letzten Band der Reihe „Dante Valentine -Dämonenjägerin“, tritt sie dem Herrscher der Hölle ein letztes Mal gegenüber …

Als Dante aufwacht, ist sie ein körperliches und seelisches Wrack. Schwer verletzt ist sie aus der Hölle zurück gekommen. Der Zusammenstoß mit Luzifer hat sie beinahe getötet. Als ihr Geliebter, der mächtige Dämon Japhrimel, davon erfährt, beschließt er, dem Teufel, seinem ehemaligen Gebieter, den Krieg zu erklären und ihn zu töten.

Gemeinsam mit Dante und seinem Gefolge macht er sich auf nach Konstans-Stamboul. Dort wollen sie eine Waffe an sich bringen, die im Stande sein wird, den Fürsten der Hölle zu töten. Dass das nicht einfach sein wird, war den beiden klar, doch sie müssen sich mit mehr herumschlagen, als sie erwartet haben. Verräter in den eigenen Reihen, Heerscharen von Dämonen und dann ist da noch das kleine „Geschenk“, das Luzifer Dante mitgegeben hat …

Der letzte Band der Reihe fährt noch einmal alle Geschütze auf und überzeugt auf ganzer Linie, auch wenn es nicht unbedingt ein klassisches Happy-End gibt. Die Handlung der Serie war von Band 1 an komplex und hat sich mit der Zeit eher noch verkompliziert. Die verschiedenen Handlungsstränge, die Intrigen der Dämonen, die zahlreichen Wendungen – sie alle haben dazu beigetragen, dass die Geschichte zwar immer spannend, aber manchmal auch ein bisschen unübersichtlich wurde. Im letzten Band konzentriert sich Lilith Saintcrow zum Glück darauf, keine weiteren Erzählstränge einzuführen. Statt dessen nimmt sie die Wichtigsten und führt sie konsequent weiter bis zum Ende. Je weiter man liest, desto mehr erschließt sich die gesamte Reihe. Die Autorin löst zum Abschluss so gut wie alles auf, vergisst darüber aber nicht, Neues in die Geschichte einzubauen. Neue Verschwörungen, überraschende Wenden und eine große Anzahl von Actionszenen sorgen für die richtige Spannung und ein fantastisches Finale, das auch auf der handwerklichen Seite überzeugt.

Toll ist auch, dass Saintcrow erneut den Schauplatz wechselt. Die Welt, die sie in ihren Büchern geschaffen hat, ist eine Science-Fiction-Version der heutigen Welt, inklusive fliegender Skateboards und bösartiger Fantasywesen. Nach dem sie schon diverse Pendants zu gegenwärtigen Städten besucht hat, liegen dieses Mal Konstans-Stamboul und Paradisse auf der Reiseroute. Ersteres dürfte Istanbul, zweiteres Paris entsprechen. Beide verwandelt die Autorin in mehrstöckige Städte mit imposanten historischen Gebäuden, die trotz der Fortschrittlichkeit wie eine Brücke in die Alte Zeit wirken. Trotzdem haftet ihnen etwas Düsteres an, da Dante es jedes Mal schafft, in den kriminelleren Teilen der Stadt zu landen.

Was ihre Heldin angeht, foltert Lilith Saintcrow ihre Leser dieses Mal ganz besonders. Dante kommt am Anfang verletzt und mit zerstörten psinergischen Schutzschilden aus der Hölle zurück. Danach wird sie manchmal absichtlich, manchmal unabsichtlich in einen Kampf nach dem anderen hinein gezogen. Sie leidet fast die Geschichte durch, vor allem daran, dass sie immer noch nicht weiß, ob sie Japhrimel, eigentlich ihre große Liebe, vertrauen kann. Auch andere Leute enttäuschen sie und man merkt es ihr an. Ihr Zynismus ist noch stärker als sonst und sie wirkt erschöpft. Es fällt nicht schwer, sich in sie hinein zu versetzen und mit dieser außergewöhnlichen Heldin zu fühlen.

Der Schreibstil ist so dicht und flüssig wie eh und je. Aus der Sicht von Dante erzählt, fließen immer wieder ihre Gedanken und sarkastischen Bemerkungen mit ein. Die Beschreibungen sind sehr detailliert und zeugen von einem großen Wissen der Autorin. Sie helfen, sich die fremde Welt sehr gut vorzustellen und nach fünf Bänden ist man auch mit dem besonderen Vokabular vertraut. Saintcrow hat sehr vielen Dingen eigene Namen gegeben, vor allem Fahrzeugen und Materialien. Nicht jedes davon wird im Glossar am Ende des Buches erklärt. Dieses bezieht sich hauptsächlich auf die verschiedenen Wesen im Buch und ist auch bei der Auffrischung von Wissen sehr nützlich.

Mit „Höllenschlund“ ist Lilith Saintcrow ein fantastisches Finale ihrer Reihe um die Dämonenjägerin Dante Valentine gelungen. Sie führt erneut interessante Schauplätze ein und bringt die Fäden der Vorgängerbände zusammen, um sie sicher zu einer Auflösung zu führen. Damit gehört die Serie definitiv zum Besten, was die Urban Fantasy zu bieten hat. Abseits von romantischen Vampirgeschichten und verzauberter Chic-Lit erzählt sie eine düstere und spannende Geschichte, die sicherlich nicht nur Frauen ansprechen wird.

|Broschiert: 427 Seiten
Originaltitel: To Hell and Back
Deutsch von Katrin Mrugalla und Richard Betzenbichler
ISBN-13: 978-3802583056|
http://www.egmont-lyx.de

About Lili

Lindqvist, John Ajvide – Im Verborgenen

_Das geschieht:_

Dünn wie Papier ist die Barriere zwischen der Realität und dem Phantastischen. In zehn Geschichten erzählt der schwedische Autor von Menschen (oder anderen Kreaturen), die es dorthin verschlägt, wo diese Grenze verschwimmt oder sich auflöst:

|“Grenze“ („Gräns“)|, S. 9-95: Dass sich Tina in ihrem Leben nie wohlgefühlt hat, liegt womöglich daran, dass sie gar nicht von dieser Welt ist …

|“Dorf auf der Anhöhe“ („By på höjden“)|, S. 97-132: Ein altes Hochhaus erweist sich als idealer Schlupfwinkel für eine Kreatur, die sich hier ihren Bau einrichtet …

|“Äquinoktium“ („Equinox“)|, S. 134-168: Der Leiche kann die unzufriedene Frau endlich ihren Willen aufzwingen, doch als sie dies übertreibt, schlägt die Leiche zurück …

|“Sieht man nicht! Gibt es nicht!“ („Syns inte! Finns inte!“)|, S. 169-189: Ist ein Wunsch stark genug, kann er zur Realität werden – und gleichzeitig unerfreuliche Hirngespinste real werden lassen …

|“Die Vertretung“ („Vikarien“)|, S. 191-225: Was wäre, wenn die Welt von mehr oder weniger menschenähnlichen aber nur ansatzweise lebensechten Wesen bevölkert wäre …?

|“Ewig/Liebe“ („Evig/Kärlek“)|, S. 227-288: Man kann zwar den Tod überlisten, aber er wird trotzdem das letzte Wort behalten – und sein Sinn für Humor ist bizarr …

|“Dich zu Musik umarmen zu dürfen“ („Att få hålla om dig till musik“)|, S. 289-292: Endlich hat der verrückte Priester Helfer gefunden, die ihn Christus wie ersehnt nahebringen – am Kreuz …

|“Majken“ („Majken“)|, S. 293-355: Vom System beiseitegeschoben und aussortiert, beschließen zwei alternde Frauen, buchstäblich mit einem Knall abzutreten …

|“Pappwände“ („Pappersväggar“)|, S. 357-366: Eine Übernachtung im Wald konfrontiert den abenteuerlustigen Jungen mit dem wahren, grausamen Leben …

|“Die Entsorgung“ („Sluthanteringen“)|, S. 367-497: Vor einigen Jahren stiegen 2000 Zombies aus den Gräbern Stockholms. Die Regierung hat ein Lager für sie eingerichtet. Einige misstrauische Bürger fragen sich, was dort vor sich geht. Ihre Nachforschungen enthüllen Geheimnisse und Gräuel, die sie veranlassen, sich dem Tod als Handlanger zur Verfügung zu stellen …

Nachwort, S. 499-508

_An einem Finger über dem Abgrund hängend_

„Im Verborgenen“ heißt diese Sammlung von kürzeren und längeren Geschichten, denen ein Kurzroman beigegeben wurde. Vermutlich sollte der Titel wenigstens ansatzweise auf den Inhalt hinweisen, denn der deutsche Leser – und ganz besonders der Freund des Phantastischen – ist auf solche subtile Unterstützung angewiesen, da er in seiner Mehrheit zu unempfänglich (vulgo: zu dumm) für andeutungs- und subtextreiche Buchtitel ist.

Lassen wir die Ironie, bleiben wir sachlich: Hinter dem Titel „Pappwände“ mag man zwar nicht sogleich gerade eine Kollektion unheimlicher Geschichten vermuten. Dennoch trifft Verfasser John Ajvide Lindqvist mit diesem einen Wort den Nagel auf den Kopf: Es beschreibt die Konsistenz, die jene Grenze annehmen kann, die den ’normalen‘ Menschen in seinem realen Leben flexibel umgibt. Er bemerkt sie in der Regel gar nicht, weshalb ihm ihre eigentliche Funktion erst aufgeht, wenn sie ihren Dienst versagt: Sie schützt ihn vor dem, was in den Sphären der anderen Seite lauert.

Aufruhr im Menschenhirn, verursacht durch persönliche Krisen, macht es empfänglich für Signale von ‚drüben‘. Die Sinne scheinen sich neu auszurichten; sie durchdringen die Grenze und fangen bisher unbemerkte Signale von der anderen Seite auf. Die Folgen sind fatal, denn jenseits der Grenze liegen die Reiche des Unerklärlichen und Unfassbaren. Auf ‚unserer‘ Seite manifestieren sich seine Bewohner meist von ihrer unfreundlichen Seite, wobei Lindqvist gern offen lässt, ob sich dahinter echte Bosheit oder fremdartige Gleichgültigkeit (wie in „Die Vertretung“) verbirgt.

|Der Schrecken hat viele Gesichter|

Das Seltsame kann stofflich und handfest wie in „Dorf auf der Anhöhe“ oder „Pappwände“ daherkommen. Dann dringt es in eine Welt ein, die unvorbereitet ist, verbreitet Schrecken oder bringt den Tod. Manchmal ist es andersherum. „Grenze“ beschreibt das Drama eines Wesens, das über die Grenze ins Menschenreich kam und von dieser vereinnahmt wurde: Der Schrecken geht plötzlich von der diesseitigen Realität aus.

Noch stärker kommt dieser Aspekt in „Die Entsorgung“ zum Tragen. In dieser novellenlangen Fortsetzung des Romans „So ruhet in Frieden“ (2005) erzählt Lindqvist, was mit den Zombies geschah, die zwar aus ihren Gräbern gestiegen waren, aber eher Abscheu oder Mitleid als Angst erregten. Eine unbekannte Macht hatte sie aus ihrer Totenruhe geweckt. Gern wären sie zurückgekehrt, doch sie konnten es nicht. Stattdessen fielen sie den Lebenden in die Hände. In der Mehrheit erschrocken und angewidert aber nie bedroht, sperrten diese die „Wiederlebenden“ in ein Lager ein, das Lindqvist wie ein KZ der Nazi-Zeit beschreibt. Statt zu versuchen, Kontakt mit den Untoten aufzunehmen, werden sie isoliert, damit man mit ihnen experimentieren kann. Sie sind ja schon tot, weshalb man sich keinerlei Zurückhaltung auferlegt.

Lindqvist zeichnet ein überaus genreuntypisches Zombie-Bild. Diese sind eindeutig Opfer. In „Die Entsorgung“ verstärkt er den phantastischen Aspekt des Geschehens. Während er in „So ruhet in Frieden“ die Existenz übernatürlicher Entitäten nur andeutete, lässt er sie dieses Mal offen auftreten. Damit schwächt er allerdings den Eindruck des mystisch Rätselhaften, den er im Roman zu wahren wusste. Wie Stephen King – mit dem man Lindqvist gern vergleicht, wie er in seinem Nachwort amüsiert anmerkt – personifiziert der Autor das Fremde. Immerhin begründet er dies mit Hilfe von ‚Technobabbel‘, den es auch im Horror-Genre gibt, einleuchtender als befürchtet.

|Wer mit dem Teufel am Tisch sitzen will …|

Manchmal überschreitet der Mensch im vollen Bewusstsein seiner Tat die Grenze. Im Popcorn-Horror würden prompt Monster und andere Metzel-Mächte ihn dort erwarten. Lindqvist arbeitet subtiler: Der Übergang wirkt bei ihm zunächst verlockend, weil er einen Ausweg aus persönlichen Nöten zu bieten scheint. Allerdings bahnt sich typisch menschlicher Eigennutz sogleich seinen Weg. In „Äquinoktium“ findet die Hauptfigur endlich jemanden, an dem sie ihre Frustration auslassen kann. Aber die Kreaturen der anderen Welt lassen sich zumindest in ihrem eigenen Reich nicht instrumentalisieren. Dies gilt selbstverständlich erst recht, wenn man sich mit dem Tod persönlich anlegt („Ewig/Liebe“ – eine Geschichte, die wie eine Vorlage zu Lindqvists „Menschenhafen“ wirkt).

Die Grenze muss nicht zwangsläufig durch Zeit und Raum verlaufen. Sie existiert ebenso im menschlichen Hirn. Dort hält sie im Zaum, was ins Unterbewusstsein verbannt wurde, wo es nicht nur weiter lauern, sondern sich entwickeln kann. „Der Wunsch ist der Vater des Gedankens“, lautet ein Sprichwort. Dieser Vater zeigt sich oft wenig fürsorglich. „Sieht man nicht! Gibt es nicht!“ nennt Lindqvist eine gelungene Geschichte, deren Handlung den Titel besonders eindrucksvoll Lügen straft.

Mit „Dich zu Musik umarmen zu dürfen“ und „Majken“ geht der Autor noch einen Schritt weiter: Die inneren Dämonen müssen das Hirn nicht verlassen. Womöglich gibt es gar keine Dämonen, sondern eine zweite Grenze, die Vernunft und Wahnsinn trennt. In den beiden genannten Geschichten gibt es keine phantastischen Elemente. Die Figuren handeln aus eigenem Antrieb, und was sie dazu treibt, sind bekannte, nicht übernatürliche, sondern menschengemachte Schattenseiten. Die Schwachen werden von den Starken beiseite gedrückt. Faktisch befinden sich Majken und ihre Leidensgenossinnen in derselben Situation wie die Zombies aus „Die Entsorgung“. Im Unterschied zu ihnen sind sie jedoch in der Lage zu handeln. Ihr Fazit ist ebenso fatal wie nachvollziehbar: |“Man kann Menschen nicht unsichtbar machen. Am Ende fordern sie, sichtbar werden zu dürfen, und dann knallt es …“| (S. 346/47)

|Sanfter Transit in die Düsternis|

Lindqvists Horror entsteht trügerisch langsam aber sicher. „Dich zu Musik umarmen zu dürfen“ bildet mit dem direkten Sprung ins Grauen eine Ausnahme. Der Vergleich mit Stephen King basiert sicherlich auf dem Geschick, mit dem beide Autoren den Alltag zu schildern vermögen, den sie anschließend ins Irreale kippen. Selbst wenn man die Hauptfiguren in „Äquinoktium“ oder „Sieht man nicht! Gibt es nicht!“ unsympathisch findet, nimmt man doch Anteil an ihrem Schicksal; sie lassen uns nicht gleichgültig. Das gilt erst recht für die ansprechenden Figuren. Um sie bangt man besonders intensiv, da Lindqvist sie nie schont. Selbst wenn sich das Böse wie in „Pappwände“ nur andeutungsweise zeigt, deutet der Autor an, dass es Folgen hinterlassen wird.

Lindqvist liebt es, Nachwörter zu schreiben, wie er selbst anmerkt. Allerdings lässt er sich kaum über seine Geschichten aus. Deren Interpretation überlässt er den Lesern. Dabei ist er bereit, Risiken einzugehen. So berichtet er, dass „Dich zu Musik umarmen zu dürfen“ seine Testleser durchweg ratlos zurückließ. Auch „Pappwände“ irritiert durch ein Ende, dessen ‚Sinn‘ offen bleibt.

Die Freunde des eher handfesten Horrors kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Lindqvist greift durchaus auf klassische Gruselgestalten zurück, die herz- und lungenhaft zulangen. Die detailreiche Schilderung, wie ein Menschenkörper mit welchen Folgen durch den Abfluss einer Norm-Toilette gezerrt wird („Dorf auf der Anhöhe“), ist idealer Stoff für Splatter-Filme (oder Albträume). Mit „Im Verborgenen“ deckt Lindqvist die gesamte Palette der Phantastik ab. Was die Werbung allzu gern behauptet, löst er nicht nur ein, sondern vermag dem Horror eine (moderne) Stimme zu geben.

_Autor_

John Ajvide Lindqvist wurde 1968 in Blackeberg, einem Vorort der schwedischen Hauptstadt Stockholm, geboren. Nachdem er schon in jungen Jahren als Straßenmagier für Touristen auftrat, arbeitete er zwölf Jahre als professioneller Zauberer und Comedian.

Sein Debütroman „Låt den rätte komma” (dt. „So finster die Nacht“), eine moderne Vampirgeschichte, erschien 2004. Bereits 2005 folgte „Hanteringen av odöda“ (dt. „So ruhet in Frieden“), ein Roman um Zombies, die in Stockholm für Schrecken sorgen. „Pappersväggar” (2006; dt. „Im Verborgenen“) ist eine Sammlung einschlägiger Gruselgeschichten. Lindqvist schreibt auch Drehbücher für das schwedische Fernsehen. Das prädestinierte ihn dafür, das Script für die erfolgreiche Verfilmung seines Romanerstlings zu verfassen, die 2008 unter der Regie von Tomas Alfredson entstand.

Als Buchautor ist Lindqvist in kurzer Zeit über die Grenzen Schwedens hinaus bekannt geworden. Übersetzungen seiner Werke erscheinen in England, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Polen und Russland. Über seine Werke informiert Lindqvist auf [dieser Website]http://www.johnajvide.se .

|Taschenbuch: 508 Seiten
Originaltitel: Pappersväggar (Stockholm : Ordfront Förlag 2006)
Übersetzung: Paul Berf
ISBN-13: 978-3-404-16452-3|
[www.luebbe.de]http://www.luebbe.de

_John Ajvide Lindqvist auf |Buchwurm.info|:_
[„So finster die Nacht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5218
[„So ruhet in Frieden“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5364
[„Menschenhafen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5938

Clark, Simon – Vampyrrhic

_Das geschieht:_

Leppington ist eine kleine Hafenstadt im nördlichen Yorkshire. Sie ist im Niedergang begriffen, nur die gewaltigen Schlachthöfe sorgen noch für Arbeit – und viel Blut, das scheinbar direkt in die Kanalisation geleitet wird. Dies ist Leppingtons seltsamer Geschichte geschuldet, die Dr. David Leppington, ein Nachfahre des Stadtgründers, von seinem Großonkel George erfährt, als er, der den Ort schon als Kind verlassen hat, zurückkehrt, um sich eventuell als Arzt in ’seiner‘ Stadt niederzulassen.

Nach George Leppington schloss vor tausend Jahren der Donnergott Thor einen Pakt mit dem ersten Leppington. In jenen frühen Tagen des Christentums sah Thor den Untergang der nordischen Götter bereits vorher. Um Einhalt zu gebieten, schuf er eine Armee untoter, vampirischer Krieger, die in großen Höhlen und Kavernen unter der Stadt darauf warteten, von einem Leppington in den Kampf geführt zu werden. Doch der Pakt wurde einseitig aufgekündigt. Seither lauern die Vampire unter der später entstandenen Stadt, und die Leppingtons hüten sie, wobei schwere Gitter nützlich sind.

Ausgerechnet der alte George beschließt, Thors Forderung endlich zu erfüllen. Er lässt die Vampire frei, die in Leppington das oberirdische Blutsaugen üben, bevor sie später in die Welt hinausziehen. David versucht verzweifelt, den Kreaturen Einhalt zu gebieten. An seiner Seite stehen Electra Charmwood, Inhaberin eines alten Hotels, ihre Angestellte Bernice Mochardi und der Vagabund Jack Black – ein Quartett, das sich aus Wiedergeburten jener mittelalterlichen Männer und Frauen rekrutiert, die einst für das Ende des Paktes verantwortlich waren.

Während Leppingtons ahnungslose Bürgerschaft sich nach und nach in Untote verwandelt, versuchen diese vier Personen, die Ausbreitung der Vampir-Seuche zu stoppen. Doch wie bekämpft man Kreaturen, die einerseits nicht mehr sterben können, während sie andererseits die durch Buch und Film bekannten Methoden zur Vampir-Abwehr kaltlächelnd ignorieren …?

_Tod, Blut plus Sex = echte Vampire!_

Der erwachsene Freund zumal der klassischen Phantastik hat in den ersten Jahren des noch jungen 21. Jahrhunderts Grund zur Klage. So viele Archetypen zählt der Horror nicht, dass er auf eine prägende Gestalt wie den Vampir verzichten könnte. Aber den stolzen Blutsauger scheint es dahingerafft zu haben; er wurde nicht gepfählt, sondern meyerisiert. Ein grässliches Schicksal, denn ausgerechnet DAS klassische Symbol für wilden, aller Gesetze und Regeln enthobenen Sex wurde seines Beißtriebs beraubt (= kastriert) und zum platonischen Minne-Kasper für die Maid, die sich (noch) nicht traut, herabgewürdigt.

Diese horromantische Demütigung wird der Vampir hoffentlich bald überstanden haben und zur alten Form zurückkehren. Bis es soweit ist, müssen seine wahren Anhänger mit ihm in der Grusel-Diaspora schmachten oder sich mit unbekanntem Stoff aus besseren, alten Zeiten über die Dürre trösten. „Vampyrrhic“ erschien bereits 1998, als sowohl Edward als auch Bella sowie ihre doppelt untoten Klone noch so undenkbar waren wie die aktuelle Gesundheitsreform oder die Ölpest im Golf von Mexiko.

Simon Clark ging damals einen eigenen Weg; ’seine‘ Blutsauger sind keine vornehm in samtgefütterte Capes gewandete Aristokraten, sondern eine gänzlich unattraktive Mischung aus Vampir und Zombie. Sie benehmen sich so schlecht wie sie aussehen, und sie sind viel zu dumm, um sich Gedanken über ihr unerfülltes, untotes Dasein zu machen, sich deshalb zu grämen oder gar auf Erlösung zu hoffen.

In einem Punkt sind sie allerdings klassisch geblieben: Sie definieren sich über das Blut bzw. die Gier danach. Clarks Vampire können sich tarnen und quasi einen Liebeszauber über ihre Opfer werfen, der jedoch wie der Duft der Venusfliegenfalle oder die bunte Schönheit des Fliegenpilzes reines Mittel zum Zweck ist. Dahinter lauert die unkontrollierbare Gier, weshalb diese Vampire wie wilde Hunde hinter massiven Gittern und Türen eingesperrt wurden. Auf den Zeitpunkt ihrer Freilassung haben sie keinen Einfluss: Der Vampir degeneriert zum gelenkten Kollektiv, das als Waffe instrumentalisiert wird.

|Böse Meister und verdammte Helden|

Solche Blutsauger taugen nur als Scheusale, die einen grässlichen (aber vom Verfasser detailfroh ausgemalten) Tod bringen bzw. selbst ein scheußliches Ende finden. Damit sind sie ungeeignet als böse Widersacher, weshalb Clark eine Art Über-Vampir postuliert, der das Denken übernimmt. Logischerweise übernehmen jene Blutsauger diesen Job, die erst jüngst zu Untoten wurden. Sie sind im Gegensatz zu den im Untergrund von Leppington hausenden Dumm-Vampiren mit den Verhältnissen der Gegenwart vertraut und daher fähig, den doch reichlich angestaubten Plan zur Vernichtung des Christentums durch eine zwar ebenso menschenfeindliche aber zeitgemäße Schurkerei zu ersetzen.

Deshalb sind es primär diese ‚modernen‘ Vampire, die unseren menschlichen Helden die echten Probleme verursachen. Wie es sich gehört sowie die Spannung schürt, sind sie eigentlich hoffnungslos in der Minderzahl. Außerdem bilden sie einen bunten, zur Rettung der Welt faktisch untauglichen Haufen. Deshalb dauert es viele Seiten, bis sie ihre Mission begreifen, akzeptieren und in die Tat umsetzen. Diese Zeit ist auch deshalb erforderlich, weil sich die vier Kämpfer gegen das Böse erst einmal finden und zusammenraufen müssen.

Wie einst Abraham van Helsing stellt Clark einen Arzt in den Mittelpunkt des Geschehens. Allerdings ist Dr. David Leppington ein Mann der Gegenwart sowie Wissenschaftler und deshalb zunächst gänzlich unwillig, an Vampire zu glauben. Ihm wird deshalb ein echter Krieger zur Seite gestellt.

Mit Jack Black gelang Clark die sicherlich beste Figur dieses Romans. Bereits der Name ist ein gelungener Insider-Scherz: „Jack Black“ war ein Rattenfänger, der im London der 1850er Jahre nach Ungeziefer jagte. ‚Unser‘ Jack Black setzt die Vampire von Leppington mit Ratten gleich. Dass er einer der ‚Guten‘ ist, vermag Clark gut zu verbergen, denn er wird wie ein Bösewicht eingeführt. Erst allmählich und für den Leser überraschend schält sich seine wahre Rolle heraus.

Wesentlich prosaischer sind dagegen die beiden weiblichen Hauptrollen gezeichnet, obwohl Clark sich alle Mühe gab, Electra Charmwood und Bernice Mochardi ein wenig Normabweichung einzuhauchen. Letztlich beschränkt sich der Verfasser dabei auf Klischees. Electra ist allzu dramatisch, und Bernice wird zum Weibchen in Not, für das sich der zauderliche Leppington mannhaft den Blutsaugern stellt.

|Mancher Plan erledigt sich (von) selbst|

Sowie Götter als auch Untote haben ein gänzlich anderes Verständnis vom Wesen und dem Verstreichen der Zeit, weshalb für sie die Einleitung von Ragnarök weiterhin aktuell ist. Nur wenn man sich diese Tatsache vor Augen führt, ist es möglich, sich mit der Idee einer donnergöttlichen Vergeltungsmaßnahme durch Vampire wenigstens halbwegs anzufreunden. Die überzeugende Rekonstruktion einer Zeit, in der nordische Götter über die Erde wandelten, übersteigt Clarks Fähigkeit eindeutig. Als Leser kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen, zumal die ‚Logik‘ in Thors Racheplan sich wohl nur seinem Schöpfer erschließt. Selbst im Mittelalter wäre dieses Heer der grenzdebilen Untoten mit der Vernichtung der Menschheit definitiv überfordert gewesen. Tausend Jahre später wirkt dieses Vorhaben erst recht lächerlich. Nicht grundlos beschloss Stephen King, ’seine‘ Vampire in „Salem’s Lot“ (dt. „Brennen muss Salem“) auf entsprechende Ambitionen verzichten zu lassen. Sie beschränkten sich darauf, ein Territorium zu schaffen, in dem sie unbemerkt von einer Menschenwelt ‚leben‘ konnten, die sie ansonsten problemlos vernichten könnte.

Genau dies würde den Vampiren blühen, sollten sie Leppington verlassen. Nur im Untergrund konnten sie überdauern. Dass sie sich plötzlich in apokalyptische Zerstörer verwandeln sollen, will man Clark beim besten Willen nicht abnehmen. In der Tat scheint ihm diese Drohung nur als spannungsförderlicher Vorwand zu dienen. Die Handlung verlässt Leppington niemals, und selbst dort bemerken die meisten Bürger nicht einmal, dass Blutsauger durch die Straßen gaukeln.

Diese vage Bedrohlichkeit spiegelt sich in der wenig stringenten Entwicklung der Handlung wider. „Vampyrrhic“ ist hervorragend in den ersten beiden Romandritteln. Clark geizt nicht mit blutigen Effekten, vermag aber dennoch eine sich steigernde Atmosphäre der Angst zu entfachen. Als die finale Konfrontation zwischen Gut und Böse ansteht, fällt ihm freilich nur ein, die Helden mit Kettensägen auszustatten, als sie den Vampiren in die Höhlen unter Leppington folgen. Dort wird gesäbelt und geschnetzelt, bis sich Vampire und Vampirjäger unter einer Schicht aus Schmutz, Blut- und Fleischfetzen nicht mehr unterscheiden lassen.

|Parforceritt statt Meisterwerk|

Die Auflösung der Handlung ist weder originell noch wirklich entschlossen; sie lässt Raum für ein Wiederauftauchen der Vampire, und tatsächlich kehrten sie 2003 und 2009 in zwei Fortsetzungen zurück. „Vampyrrhic“ ist kein Klassiker des Horrorgenres wie Bram Stokers „Dracula“ oder Kings „Brennen muss Salem“. Er war auch nie als solcher gedacht. „Vampyrrhic“ ist pure Unterhaltung mit harten Bandagen. Zur Gruselstimmung gehören hier drastische Ekel-Effekte. Weil „Vampyrrhic“ immer wieder durchscheinen lässt, dass mehr in diesem Roman stecken könnte, ist zumindest derjenige Leser leicht enttäuscht, der darauf wartet, dass Clark dieses Potenzial nutzt, wozu es nie kommt.

Langeweile wird sich deshalb freilich nicht einstellen. Clark kann schreiben und sich der einschlägigen Grusel-Effekte virtuos bedienen. Die Handlung schreitet rasch voran, und sie wird – klammert man den Ragnarök-Faktor (s. o.) aus – mit gelungenen Einfällen aufgewertet.

Auch die deutsche Ausgabe kann – abgesehen von der Tatsache ihrer bloßen Existenz – sowohl den Leser auch auch den Sammler erfreuen. Die Übersetzung ist gut, das Buch ein Paperback mit Klappenbroschur, solidem Papier und – dies ist heutzutage eine Extra-Erwähnung wert – einem gezeichneten Cover statt eines nichtssagenden Fotos, das lieblos einem Billig-Bildstock entnommen wurde.

_Autor_

Simon Clark wurde am 20. April 1958 in Wakefield im Westen der englischen Grafschaft Yorkshire geboren. Er stammt nach eigener Auskunft aus einer Familie von „Geschichtenerzählern“ und hat bereits in sehr jungen Jahren erste Kurzgeschichten geschrieben. Die Jahre zwischen Schule bzw. Ausbildung und einer vollzeitlichen Schriftsteller-Tätigkeit füllte Clark standesgemäß mit den üblichen langweiligen, exotischen oder verrückten Aushilfs- und Kurzzeit-Jobs.

Clark ist ein Genre-Autor, der sich auf Horror und Science-Fiction konzentriert. Er debütierte 1995 mit dem Roman „Nailed by the Heart“, dessen Titel er für seine Website übernommen hat. Für seine Romane und Kurzgeschichten wurde Clark mehrfach für Preise nominiert; gewonnen hat er zweimal den „British Fantasy Award“.

Mit seiner Familie lebt Simon Clark in Doncaster im Süden von Yorkshire. Über seine Aktivitäten informiert er (nicht sehr aktuell) auf [dieser Website]http://www.bbr-online.com/nailed .

|Kartoniert: 448 Seiten
Originaltitel: Vampyrrhic (London : Hodder & Stoughton 1998/Forest Hill, Maryland : Cemetery Dance Publications 1998)
Übersetzung: AZMO u. Ernst Wurdack
Cover: Jacek Kaczynski
ISBN-13: 978-3-938065-55-6|
[www.wurdackverlag.de]http://www.wurdackverlag.de

Laymon, Richard – Keller, Der

_Inhalt:_

|Im Keller|

Donna Hayes flieht mit ihrer Tochter Sandy vor ihrem gewalttätigen Ehemann. Aufgrund einer Autopanne stranden sie in Malcasa Point, einem verschlafenen Nest, das dank einer fragwürdigen Touristenattraktion zu zweifelhaftem Ruhm gelangte, denn dort steht das legendäre Horrorhaus, in dem seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts mehrere Menschen auf brutale Art und Weise ums Leben kamen. Seitdem veranstaltet die Eigentümerin Maggie Kutch Führungen, die aber nie nach 16 Uhr stattfinden, denn dann sollen dort grauenhafte Bestien ihr Unwesen treiben. Judgement Rucker, genannt Jud, und Larry Maywood sind ebenfalls nach Malcasa Point gekommen, allerdings um das Monster zu erledigen. Larry leidet seit einem traumatischen Erlebnis in seiner Jugend, als er mit einem Freund in das Horrorhaus eingebrochen ist, unter Alpträumen. Bei einer Führung lernen Jud und Larry, Donna und ihre Tochter Sandy kennen. Ihr brutaler, skrupelloser Ehemann hat die Spur seiner Frau bereits aufgenommen und will sie in Malcasa Point abfangen. Doch gegen das, was die Menschen im Horrorhaus erwartet ist ein durchgedrehter Killer kaum der Rede wert …

|Das Horrorhaus|

Gorman Hardy ist ein erfolgreicher Horror-Schriftsteller der von Janice, der Tochter der Inhaber des Motels „Welcome Inn“, eingeladen wird, ein Buch über das Horrorhaus zu schreiben. Der Teenager hat ein altes Tagebuch der früheren Eigentümerin des Hauses gefunden. Doch Gorman Hardy ist ein skrupelloser Geschäftsmann, der vor nichts zurückschreckt, um einen weiteren Bestseller zu schreiben. Doch gegen die Brutalität der Kreaturen des Horrorhauses kommt auch Gorman Hardy nicht an. Das bekommen auch die beiden Frauen Tyler und Nora zu spüren, die eher zufällig in Malcasa Point Station machen und sich die Touristenattraktion nicht entgehen lassen wollen …

|Mitternachtstour|

17 Jahre nach den grauenhaften Vorfällen im Horrorhaus, bei denen scheinbar alle Kreaturen ausgerottet wurden, ist das Anwesen zu einer noch größeren Attraktion geworden. Eigentümerin ist mittlerweile Janice, die damals selbst in den Strudel des Schreckens hineingerissen wurde. Bestandteil der Führung ist eine Mitternachtstour für besonders Hartgesottene. Geleitet wird die Führung von Lynn Tucker, der Stieftochter von Janice. Da sich die Eigentümerin des Horrorhauses mit ihrem Mann auf einer Kreuzfahrt befindet, wird Lynn von ihrer besten Freundin Dana unterstützt. Doch auf dieser Mitternachtstour läuft nichts ab, wie geplant und die Gäste sehen sich einem Grauen gegenüber, das ihre schlimmsten Alpträume in den Schatten stellt …

_Meinung:_

„Der Keller“ ist Richard Laymons ultimatives Werk, das sich kein Freund der härteren Horror-Literatur entgehen lassen sollte. Die Neuausgabe des Heyne-Verlags aus dem Jahr 2008 beinhaltet die drei Romane „Im Keller“ („The Cellar“), „Das Horrorhaus“ („The Beasthouse“) und „Mitternachtstour“ („The Midnight-Tour“), deren erste beiden Bücher bereits in den 80er Jahren im Goldmann-Verlag erschienen sind. „Im Keller“ ist darüber hinaus Laymons erster veröffentlichter, komplexer Roman und konfrontiert den Leser mit einer blutigen, plakativen Horrorgeschichte, in die der Autor bereits Serienkiller-Elemente mit eingeflochten hat, auf die er auch in späteren Werken immer wieder gerne zurückgegriffen hat.

Die Figur von Donnas Ehemann ist der Archetyp eines skrupellosen triebgesteuerten Soziopathen, der selbst vor seiner eigenen Tochter nicht zurückschreckt und die Frage aufwirft, wer das grauenhaftere Ungeheuer ist? Die offensichtlich missgestalteten Kreaturen oder der charmante, vorzeigbare Herr, der sich überall sehen lassen kann. Allen Romanen in diesem Sammelband ist der flotte, minimalistische Stil Laymons zu eigen, der seine Bücher so unterhaltsam macht und trotz der insgesamt 1232 Seiten kann man den Band in Rekordzeit auslesen, wenn man sich von der Geschichte des Horrorhauses mitreißen lässt. Den Großteil des Buches nimmt die dritte Erzählung „Mitternachtstour“ ein, die alleine schon länger ist, als die ersten beiden Romane zusammengenommen.

Dafür ist sie leider auch die langatmigste, was nicht nur an der Fülle an Charakteren und Handlungssträngen liegt, sondern vor allem an den oberflächlichen Dialogen und häufigen Tagträumereien der Figuren. Hier hätte die Geschichte sicherlich um gut 200 Seiten gekürzt werden können. Dank der präzisen und einfach gehaltenen Sprache, muss man sich aber nicht durch die überflüssigen Zeilen quälen und kann sie in einem Rutsch durchlesen.

Die zentrale Figur aller drei Romane ist eigentlich Sandy, die Tochter von Donna Hayes, die im Verlauf der Bücher erwachsen wird und eine beispiellose Entwicklung durchmacht. Sie ist zugleich die schillerndste und faszinierendste Figur, da sie sich nicht in das Schwarz-Weiß-Schema von Gut und Böse pressen lässt. Stark traumatisiert, praktisch veranlagt und in ihrer Jugend schwerwiegend manipuliert, kann man sie für viele ihrer Taten kaum verantwortlich machen. Insbesondere ihr Werdegang nach den Ereignissen im zweiten Roman bis zu den Geschehnissen in der Gegenwart von „Mitternachtstour“, der ebenfalls in dieser Geschichte beschrieben wird, zeigt wie aus Sandy eine reife Frau wird.

Die Splatterszenen sind äußerst derb und sexuell geprägt, zumal das Buch generell nichts für prüde Gemüter ist. Hier geht es nicht in erster Linie um einen ausgefeilten Handlungsbogen, sondern um lebhafte Charaktere und eine düstere, brutale Geschichte, wenngleich die Verquickung der drei Romane sehr faszinierend gestaltet wurde. Wer die intensive, beklemmende Atmosphäre eines alten, unbewohnten Hauses zu schätzen weiß und sich vor der drastischen Beschreibung diverser Bluttaten nicht scheut, der kann bei diesem Buch bedenkenlos zugreifen. Einige unterhaltsame Stunden sind dem Leser dann gewiss. Für Fans des Schriftstellers Richard Laymon ist „Der Keller“ ohnehin ein absoluter Pflichtkauf.

Das Titelbild, das die Bedrohung und den Horror nur erahnen lässt, ist treffend und macht trotzdem neugierig auf den Inhalt. Das Papier und die Klebebindung sind sehr stabil und lassen das Buch nicht bereits beim Lesen auseinanderfallen.

_Fazit:_

Der ultimative Horror-Schocker von Richard Laymon. Eine bitterböse, zynische Geschichte, die sich kein Horror-Fan entgehen lassen sollte.

|Taschenbuch: 1232 Seiten
Originaltitel: The Cellar (1980), The Beasthouse (1986), The Midnight-Tour (1998)
Aus dem Amerikanischen von Kristof Kurz
Titelgestaltung von Hauptmann und Kompanie, München-Zürich
ISBN-13: 9783453433519|
[www.randomhouse.de]http://www.randomhouse.de
[www.heyne-hardcore.de]http://www.heyne-hardcore.de/

_Florian Hilleberg_

_Richard Laymon bei |Buchwurm.info|:_
[„Necrophobia 1“ (Hörbuch) 1103
[„Vampirjäger“ 1138
[„Rache“ 2507
[„Die Insel“ 2720
[„Das Spiel“ 3491
[„Nacht“ 4127
[„Das Treffen“ 4499
[„Der Keller“ 5289
[„Die Show“ 5331

Dietz, William C. – Resistance: Ein Sturm zieht auf

_Das geschieht:_

Außerirdische Invasoren haben diese (alternative) Erde 1908 angegriffen. Sie töten ihre Opfer nicht, sondern infizieren sie mit einem Virus und verschmelzen mit ihnen zu grausamen, schier unverwundbaren Kampfmaschinen. Auf diese Weise eroberten die „Schimären“ oder „Bestien“ zunächst die Sowjetunion und Asien. Anfang 1949 wurde Europa überrannt; nur England konnte die Aggressoren noch zurückhalten. Seit 1952 belagert der unheimliche Gegner die USA. Der Notstand wurde ausgerufen, viele Küstenstädte sind bereits gefallen, das Militär befindet sich auf dem Rückzug, der Präsident denkt laut über eine Kapitulation nach.

Jedes Mittel ist recht, um den Schimären Paroli zu bieten. Lieutenant Nathan Hale, der immun gegen das Virus ist, kann im November 1951 im Rahmen eines riskanten Kommandounternehmens Alien-Technik aus einem in Nebraska abgestürzten Shuttle des Gegners bergen. Diese enthält Hinweise auf die Lagerung spaltbaren Materials, dass die Armee zur Herstellung dringend benötigter Atomwaffen verwenden könnte. Unter Hales Leitung dringt eine Spezialeinheit in jenen Stützpunkt ein, in dem die Bestien besagtes Material horten. Tief unter der Erde entspinnt sich ein erbitterter Kampf.

Der Erfolg bleibt nicht aus: Zur ‚Belohnung‘ werden Hale und seine Leute – die „Sentinels“ – in die Ruinen der von den Bestien besetzten Stadt Chicago geschickt. Dort vermutet die Regierung ihren abgängigen Verteidigungsminister, der den Präsidenten als Verräter brandmarken und mit den „Freedom First“-Rebellen paktieren will. Doch die Schimären haben ihn erwischt, und wenn sie ihn dingfest machen wollen, müssen die Sentinels in eine wahre Bestien-Höhle vorstoßen …

_Vom Ballerspiel zum Buch_

„Resistance“-Fans sind wahrscheinlich nicht überrascht, dass der Roman zum Playstation-Game überraschend lesbar geraten ist: Obwohl vor allem auf Alien jeglicher Gestalt und Größe geballert wird, ruht die „Resistance“-Story doch auf einem recht detailreich ausgeführten ‚historischen‘ Fundament. Der Grundton ist düster, die Umsetzung konsequent. Vor allem ist der Plot gut für unendlich viele Geschichten aus einem solide gefügten Mythos: Der Kampf Mensch gegen Bestien kann praktisch unendlich fortgesetzt werden. Limitierender Faktor ist allein das Interesse der (zahlenden) Kunden.

Diese sollen nicht nur durch das (inzwischen fortgesetzte) Spiel, sondern auch durch allerlei Franchise-Artikel an das „Resistance“-Produkt gebunden werden. Da mit einem Film zum Spiel (noch) nicht zu rechnen ist, müssen Comics und Romane die Lücke schließen und womöglich jene mit ins Boot ziehen, die keine Lust haben, sich Tage & Nächte im Kampf gegen digitale „Wanzen“, „Wühler“, „Stahlköpfe“ u. a. außerirdische Ungetüme um die Ohren zu schlagen.

„Tie-in“-Romane sind Bestandteil der modernen Franchise-Geschäftspolitik. Sie beschränken sich in der Regel auf das schlicht und lieblos aufbereitete Recycling zentraler Elemente des Primär-Produkts, werden billig hergestellt und rasch auf den Markt geworfen. Autoren, die kein Problem mit Qualitätsansprüchen (bzw. deren Fehlen) haben sowie schnell und termingerecht schreiben (oder besser: produzieren) können, finden hier ihre Nische. Viele Autoren schreiben quasi exklusiv für die „tie-in“-Industrie, aber auch Verfasser, die sonst ‚richtige‘ Bücher mit selbst ausgedachten Handlungen schreiben, nehmen hin und wieder gern den schnellen Dollar mit.

|Zwischen Action und Waffen-Fetischismus|

William C. Dietz schwebt gewissermaßen zwischen beiden Welten. Das militärische Element bildet die gemeinsame Klammer. Die „Military-Science-Fiction“ wird gern als Variante des „Landser“-Romans geschmäht. Sehr oft trifft dieser Vorwurf zu, wobei der gewalttätige Aspekt durch die Verlagerung in ferne oder zukünftige Welten gemildert oder getarnt wird. Fakt bleibt jedoch, dass „Military SF“ in einem simpel gegliederten Mikrokosmos spielt, der von strengen Regeln und Hierarchien gekennzeichnet ist („Befehl ist Befehl“) und in dem Ordnung mit Waffengewalt hergestellt wird.

Auf die Handlungsstrukturen dieses Genres, vor allem aber auf seine Klischees muss der Leser sich einlassen. Auch „Ein Sturm zieht auf“ wimmelt von militärischen Abkürzungen. Feuerwaffen und Kriegsgeräte werden detailliert beschrieben. Noch liebevoller geraten die Schilderungen der Sach- und Körperschäden, die sie anrichten. Soldatischer Alltag wird ausgebreitet, US-typische „Sir, Jawoll, Sir“-Appell-Rituale mit lässiger Kameradschaft gekreuzt. Selbstverständlich gibt es einen bärenhaften Unteroffizier mit polnischem Nachnamen, der stets dort zu finden ist, wo es besonders heftig zugeht – also im Kampf und später in der Kneipe.

Mit „Ein Sturm zieht auf“ bedient Dietz die genannten Genrevorgaben, bietet daneben aber vor allem in den ersten beiden Roman-Dritteln gut getimte, spannende Action und überrascht mit einigen gegen den erwarteten Strich gekämmten Figur-Persönlichkeiten (was mit dem auf den letzten 100 Seiten zerfasernden roten Fadens einigermaßen versöhnt): Der US-Verteidigungsminister hält seinen Präsidenten für einen Verräter und geht in den Untergrund, besagter Präsident schickt ihm eine Todesschwadron hinterher. Die Staatsführung lebt privilegiert, während die flüchtenden Bürger in Zelt- und Hüttenslums getrieben sowie mit Stacheldraht und drakonischen Gesetzen in Schach gehalten werden. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist selbstverständlich außer Kraft gesetzt, wobei Dietz das darüber entstehende Unbehagen ausgerechnet in einem eisenharten Elitekämpfer aufkeimen lässt.

|Klischees und Klassiker|

Der ‚einfache Soldat‘ ist der per-se-Held jeder Geschichte, die im Militär-Milieu spielt. Hauptgegner ist nicht der jeweilige Feind, der im Feld bekämpft wird. Verständnis- und rücksichtslose Vorgesetzte sind eine der ständigen Plagen. In der Sicherheit der Etappe lauern außerdem tückisch Schurken, die mit herabgelassenem Visier und glitschig wie Aale den tapfereren Soldaten den Dolch hinterrücks in die Rücken stoßen: Politiker, Journalisten, Friedensaktivisten (in dieser Reihenfolge) wissen entweder den Einsatz jener Männer (und Frauen) nicht zu würdigen, die für sie in den Kampf ziehen, oder versuchen sie zu instrumentalisieren und auszunutzen: Der Soldat an der Front wird verheizt und rechnet auch damit. An seinem Pflichtbewusstsein ändert dies nichts, denn im Hintergrund ragt über aller Korruption das patriotisch-hehre (und glücklicherweise verschwommene) Ideal freier Vereinigter Staaten auf.

Dietz mag auf diese vor allem in konservativen Kreisen beliebte Konstellation nicht verzichten. Wenigstens zeitweilig verwischt er die Grenzen zwischen ‚Weiß‘ und ‚Schwarz‘: Wer in der bestialischen US-Welt dieses 20. Jahrhunderts Dissident oder Rebell, desillusionierter Realist oder Verräter, Kollaborateur oder ethikfreier Taktiker ist, bleibt lange offen. Dietz zeigt Menschen, die das Beste wollen, ohne sich über den Weg dorthin einig zu sein, zumal es womöglich nur einen Weg gar nicht gibt.

Wer sich nun sorgen sollte, dass „Ein Sturm zieht auf“ den Tatbestand literarisch wertvoller Mehrdeutigkeit erfüllen könnte, sei beruhigt: Im Vordergrund steht stets die Unterhaltung. Von Uncle Sams Geist beseelt, sichert Nathan Hale mit dem Instinkt des Individuums die sowohl richtige als auch ehrenvolle Fortsetzung des ‚gerechten‘ Kampfes gegen die Bestien. Dietz gebührt Dank und Anerkennung dafür, dass er seinen Job auf einem soliden erzählhandwerklichen Niveau erledigt – und selbstverständlich gilt: Fortsetzung folgt.

_Autor_

William Corey Dietz wurde 1945 nahe Seattle in den USA geboren. Er studierte an der Universität von Washington Medizin und diente als Arzt im US-Navy- und Marine-Korps. Im Rahmen seiner Tätigkeit reiste Dietz durch die ganze Welt.

In den 1980er Jahren begann Dietz zu schreiben. Er spezialisierte sich auf das Subgenre der „Military-Science-Fiction“ und konnte sich auf seine einschlägigen Kenntnisse und Erfahrung stützen. Als Autor produziert Dietz Lesefutter der literarisch wertfreien aber unterhaltsamen Art.

Aufgrund seines enormen Arbeitstempos wird Dietz gern für Romane zu Filmen oder Computerspielen angeheuert. So ist es kein Wunder, dass er ebenso Mitglied der „Science Fiction and Fantasy Writers of America“ als auch der „International Association of Media Tie-in Writers“ ist.

Über sein Werk informiert Dietz auf [seiner Website.]http://www.williamcdietz.com

Über das Computerspiel „Resistance – The Fall of Man“, das gleichzeitig Aufschluss über die Vorgeschichte des Romans „Ein Sturm zieht auf“ gibt, kann sich der Leser hier informieren: [Verlagshomepage]http://www.resistancefallofman.com

|Taschenbuch: 363 Seiten
Originaltitel: Resistance – A Gathering Storm (New York : The Ballantine Publishing Group 2009)
Übersetzung: Cora Hartwig
ISBN-13: 978-3-8332-1934-4|
[www.paninicomics.de]http://www.paninicomics.de

Saintcrow, Lilith – Sündenpfuhl (Dante Valentine – Dämonenjägerin 4)

_Dante Valentine – Dämonenjägerin:_
Band 1: [„Teufelsbraut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5288
Band 2: [„Höllenritt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5957
Band 3: [„Feuertaufe“ 6150
Band 4: _Sündenpfuhl_

Lilith Saintcrow schont ihre Heldin Dante Valentine nicht. Die Halbdämonin hat schon einige Rückschläge in der Serie einstecken müssen. In „Sündenpfuhl“ werden nicht nur zwei ihrer besten Freunde umgebracht, sondern ihr Geliebter, der gefallene Dämon Japhrimel, treibt auch noch ein Verwirrspiel mit ihr.

Dante Valentine hat sich dazu verpflichtet, dem Teufel persönlich zur Seite zu stehen, wenn ihr Geliebter, einst die rechte Hand von Luzifer, bei ihr auf der Erde bleiben darf. Doch ihre Aufgabe, vier aus der Hölle entflohene Dämonen zu fassen, widerspricht ihr, da einer der Dämonen Eve ist, die Tochter einer verstorbenen Freundin. Japhrimel hingegen will die Jagd unbedingt durchziehen, unabhängig davon, was Dante sagt.

Zwischen den beiden entsteht Misstrauen. Dante hat das Gefühl, dass Japh sie überwacht, damit sie seine Mission nicht vermasselt. Er erzählt ihr nicht mehr, was er plant, doch auch sie behält ihre Gedanken für sich. Als sie von ihrer Freundin Gabe einen Hilferuf bekommt, sieht sie ihre Chance, von Japh weg zu kommen. Doch er macht ihr einen Strich durch die Rechnung und beschließt, sie zu begleiten. Gemeinsam reisen sie nach Saint City, Dantes Heimatstadt. Dort findet Dante heraus, dass Gabes Mann Eddie gestorben ist. Wenig später ist auch Gabe tot. Es scheint, als ob Eddie ein Heilmittel gegen die Chill-Sucht gefunden hat, die eigentlich als unheilbar gilt, und deshalb verfolgt wurde. Doch wer trägt die Schuld am Tod des Ehepaars? Die Mafia? Die Polizei? Die Pharmaindustrie? Oder jemand ganz anderes? Dante macht sich auf die Suche nach dem Täter und gerät dabei selbst in Gefahr …

„Sündenpfuhl“ unterscheidet sich von seinen Vorgängerbänden dadurch, dass er sehr eng mit Band 3 verknüpft ist. Die Suche nach den entflohenen Dämonen spielt noch immer eine wichtige Rolle, rutscht aber zu Gunsten der Aufklärung von Gabes Tod in den Hintergrund. Trotzdem ist die Handlung an einigen Stellen etwas undurchsichtig. Gerade die Beziehung zwischen Japh und Dante ist manchmal schwer zu verstehen, gerade wenn die Lektüre der anderen Bücher der Serie schon etwas zurückliegt. Andererseits ist die Haupthandlung in diesem Fall aber weit greifbarer als das in vorherigen Büchern der Fall war. Sie ist spannend und wird überraschend aufgelöst.

Nach wie vor verdient die Welt, die Saintcrow in der Reihe geschaffen hat, höchstes Lob. Sie wirkt häufig mehr wie eine Science-Fiction-Kulisse als die eines typischen Urban-Fantasy-Buches. Diverse Formen von Menschen mit übersinnlichen Kräften und andere Wesen teilen sich eine Stadt, die düsterer nicht sein könnte. Verbrechen, Schmutz und Korruption sind in Saint City Gang und Gäbe. Romantik, Liebe oder Zärtlichkeiten trifft man hier eher selten. Obwohl im gleichen Genre angesiedelt, hat die „Dante Valentine“-Reihe wenig Ähnlichkeit mit anderen Urban-Fantasy-Serien. Das mag auch daran liegen, dass Saintcrows Figuren selten den gängigen Klischees entsprechen. Nach verführerischen Vampiren oder Werwölfen sucht man in diesem Buch vergebens. Die Beziehung zwischen Dante und Japhrimel ist das, was Romantik am nächsten kommst – und selbst diese Liebe ist in diesem Buch noch weit von dem entfernt, was andere Autoren unter diesem Begriff kredenzen.

Ähnlich düster wie die Kulisse ist die Hauptfigur Dante Valentine, die sich vom ersten Buch an konstant weiter entwickelt hat. Mittlerweile wirkt sie wesentlich gesetzter, enttäuschter, aber sie kämpft immer noch mit aller Kraft gegen das Böse und für die Menschen, die sie liebt. Sie entwickelt mit jedem neuen Buch mehr Tiefe und die tragischen Abenteuer, in die sie gerät und die häufig auch ihr Privatleben beeinflussen, sorgen dafür, dass sie einem immer mehr ans Herz wächst. Dass sie direkt aus der ersten Person erzählt, kommt noch dazu. Da Saintcrow zu einer detaillierten, aber nicht ausufernden Schreibweise neigt, wird man direkt in Dantes Gedankenwelt gezogen. Die häufig sehr bildhafte Sprache mit starken Vergleichen und Metaphern lässt nicht nur Dante, sondern auch die Geschichte und ihren einzigartigen Hintergrund lebendig werden.

„Sündenpfuhl“, der vierte Band der Serie um Dante Valentine, enttäuscht nicht. Die Geschichte geht rasant weiter und nimmt eine weitere, unerwartete Wendung. Der Fan kann auch dieses Mal getrost zugreifen.

|Broschiert: 780 Seiten
Originaltitel: Saint City Sinners
Deutsch von Katrin Mrugalla und Richard Betzenbichler
ISBN-13: 978-3802582974|
http://www.egmont-lyx.de

About Lili

Barker, Clive – Cabal

_Inhalt:_

Aaron Boone ist psychisch schwer gestört und befindet sich in Behandlung bei dem renommierten Psychiater Dr. Decker. Dieser eröffnet Boone eines Tages, dass er im Zustand geistiger Umnachtung mehrere Menschen auf brutalste Art und Weise abgeschlachtet haben soll. Am Boden zerstört, versucht Boone sich das Leben zu nehmen, was ihm gründlich misslingt. Noch in der Notaufnahme lernt er den offensichtlich ebenfalls psychisch gestörten Narcisse kennen, der ihm von Midian erzählt, dem Zufluchtsort aller menschlichen und nichtmenschlichen Ungeheuer. Von schweren Selbstvorwürfen geplagt, begibt sich Aaron Boone auf die Suche nach Midian und trifft dort auf die grausame Wahrheit und den Tod hinter der Maske des Biedermannes.

Als Boones Verlobte Lori den von mehreren Polizeikugeln versehrten Leichnam ihres Freundes identifizieren soll, ist der Tote verschwunden. Lori begibt sich ebenfalls auf die Suche nach Midian, dicht gefolgt von einem menschenverachtenden, skrupellosen Killer, der mit Boone noch eine Rechnung offen hat …

_Meinung:_

Der Name Clive Barker steht für Horror in Reinkultur: Blutig, subtil und gnadenlos spannend. Mit seinen „Büchern des Blutes“ schrieb Barker Literaturgeschichte und sein bizarrer Serienkiller-Roman „Cabal“ setzt die Tradition anspruchsvoller Horrorgeschichten nahtlos fort.

„Cabal“ setzt Akzente und verleiht dem triebhaften, absolut bösen Serienkiller eine beklemmende Authentizität. Der Wahnsinn der Figur wird lebhaft und nachvollziehbar beschrieben und tritt vor allem in den Abschnitten zu Tage, in denen sich der Mörder mit seiner selbstgeschneiderten Maske unterhält. Der zum Sündenbock degradierte Aaron Boone soll die Bluttaten auf sich nehmen und erhält durch den geheimnisvollen Ort Midian die einmalige Chance, Gerechtigkeit walten zu lassen. Dabei lernt er selbst die Faszination des Bösen kennen und begreift, wie er die Kräfte der Finsternis für sich nutzen kann. Seine Verlobte Lori, eine mutige und bedingungslos liebende Frau, setzt alles aufs Spiel, um Boone zu unterstützen, selbst ihr Leben. Der Roman lebt von schockierenden Spannungsspitzen, die sich mit surrealen Szenen abwechseln.

„Cabal“ ist ein einzigartiger Horror-Roman, der sich mit dem abgrundtief Bösen im Menschen beschäftigt. Ihren Höhepunkt erlebt die Geschichte in dem Massaker, das einige Männer, angeführt von einem falschen Propheten, auf dem Friedhof von Midian unter den lichtempfindlichen Gestalten anrichten. Die Aggressivität und Brutalität des Menschen ist ein zentrales Motiv des Romans, denn selbst die sogenannten Monster, die in Midian Zuflucht suchen, werden zu Opfern des Homo sapiens.

Clive Barker bedient sich einer anspruchsvollen, metaphorischen Sprache und schreckt auch vor drastischen Beschreibungen exzessiver Gewalt nicht zurück. „Cabal“ gelingt es bereits auf den ersten Seiten, den Leser zu packen, und fesselt ihn die nächsten 200 Seiten wie gebannt an die Geschichte, die ihn bis zum Schluss nicht mehr loslässt.

Das edel gestaltete Paperback mit Klappenbroschur glänzt in einem blutigen Rot und zeigt dem Leser lediglich auf dem Cover die abgrundtiefe Schwärze des Bösen. Die blutige Rasierklinge spricht eine deutliche Sprache.

_Fazit:_

Horror der Superlative! So düster, so packend und so brutal kann nur Clive Barker schreiben.

|Taschenbuch: 216 Seiten
Aus dem Amerikanischen von Joachim Körber
Aus dem Amerikanischen von Astrid Finke
ISBN-13: 9783937897158
[www.edition-phantasia.de]http://www.edition-phantasia.de

_Florian Hilleberg_

_Clive Barker bei |Buchwurm.info|:_
[„Hellraiser – Das Tor zur Hölle“ 471
[„Hellraiser“ 2433 (Neuauflage)
[„Die Bücher des Blutes I – III“ 538
[„Das erste Buch des Blutes“ 1746
[„Die Bücher des Blutes IV – VI“ 549
[„Spiel des Verderbens“ 1276
[„Ein höllischer Gast“ 1284
[„Galileo“ 1319
[„Abarat“ 1476
[„Im Bergland: Agonie der Städte“ (Hörbuch) 3216
[„Der Dieb der Zeit“ (Graphic Novel) 3345

Saintcrow, Lilith – Dämonenmal (Jill Kismet 01)

_Jill Kismet:_
Band 1: _Dämonenmal_

Mit der „Dante Valentine“-Serie hat sich die amerikanische Autorin Lilith Saintcrow in die Herzen ihrer deutschen Fans geschrieben. Mit Jill Kismet schickt sie eine weitere Heldin ins Rennen, die es mit Dämonen und anderen paranormalen Wesen aufnehmen muss. „Dämonenmal“ ist der erste Band der Reihe, die im englischen Original bereits vier Bücher umfasst.

_Jill Kismet ist_ in einer düsteren amerikanischen Großstadt Jägerin. Ihr Job ist es, die paranormalen Wesen der Schattenwelt in ihrer Stadt in Schach zu halten. Um gegen die Dämonen und andere Höllenbrut ankommen zu können, hat sie einen Pakt mit dem Dämonen Perikles geschlossen. Er hat sie mit besonderen Kräften ausgestattet und im Gegenzug steht sie ihm im Monat eine Stunde für seine Psychospielchen zu Verfügung.

Als die Stadt plötzlich von merkwürdigen Todesfällen heimgesucht wird, muss sie enger mit Perikles zusammen arbeiten als ihr lieb ist. Mehrere bestialische Polizistenmorde geben ihr Rätsel auf. Alles weist auf einen Täter aus der Schattenwelt hin, doch etwas an seiner Fährte ist komisch. Er riecht sowohl dämonisch als auch nach einem Werwesen. So etwas ist Jill noch nicht untergekommen. Obwohl sie ahnt, dass dies kein gewöhnlicher Fall ist, setzt sie alles daran, dem Mörder auf die Schliche zu kommen. Deshalb ist sie nicht gerade glücklich, als sie mit drei Werwesen des FBI zusammen arbeiten soll. Es scheint, als ob der Mörder bundesweit seine Spuren hinterlassen hat. Doch die Kooperation gestaltet sich schwierig. Der junge Werpuma Saul unterstellt Jill, mit Dämonen zusammen zu arbeiten, doch ihre Antipathien schlagen schnell in etwas anderes um …

_Auf den ersten_ Blick erinnert Jill Kismet stark an Dante Valentine. Beide sind starke, unabhängige Frauen, die brutalen Männerjobs nachgehen und dabei mehr mit Dämonenwesen zu tun haben als ihnen lieb ist. Allerdings gibt es auch einige Unterschiede. Saintcrows neue Reihe spielt nämlich nicht in der Science-Fiction-Welt von Dante Valentine, sondern hat einen Schauplatz, der trotz der Fantasy-Elemente eher an bereits existierende Städte erinnert. Einen Namen nennt die Autorin zwar nicht, doch die Stadt mit all ihrem (paranormalen) Chaos wirkt trotzdem gut ausgearbeitet, interessant und düster.

Die Stimmung im Buch ist wohl eine der stärksten Parallelen zur Dante-Valentine-Serie. Auch hier geht es düster, beinahe freudlos zu. Die Hauptperson hat eine nicht besonders glückliche Vergangenheit, die sie zu einer sarkastischen, harten Frau gemacht hat. Die Liebe ist etwas, an dass sie nicht glaubt, vor allem dann nicht, wenn sie vor ihr steht. Saintcrow passiert nicht der Fehler, dass sich ihre beiden Heldinnen zu sehr ähneln. Auch wenn Jill nach dem ersten Band als Person noch etwas schwammig ist, hat sie ihre eigene Stimme. Sie ist wesentlich frecher, humorvoller und jugendlicher als Dante, teilweise sogar übermütig und herb. Es bleibt abzuwarten, welche Entwicklung sie im weiteren Verlauf der Serie noch durchmachen wird.

Alles in allem kaut das Buch daran, das erste in der Serie zu sein. Die Handlung, eigentlich spannend und weniger kompliziert als die Plots in Saintcrows anderen Büchern, wird immer wieder für Erklärungen über Jill, ihre Vergangenheit oder ihre Arbeit unterbrochen. Leider dauern diese Pausen häufig zu lange. Saintcrow macht den Fehler, bereits in diesem Band das Geheimnis um den Tod von Jills Meister rückblickend aufzuklären. Geschickter wäre es womöglich gewesen, dies auf mehrere Bücher zu verteilen. Das hätte für zusätzliche Spannung gesorgt und der Story in diesem Buch den Platz eingeräumt, den sie gebraucht hätte. Die Jagd nach dem Täter hat nämlich eigentlich alles, was eine spannende Mörderjagd braucht: Action, Intrigen und überraschende Wendungen.

Der Schreibstil ist, wie man das von Saintcrow kennt, detailliert, originell und düster. Dadurch, dass Jill wesentlich kratzbürstiger und auch ein wenig humorvoller als Dante Valentine ist, wirkt das Buch häufig lockerer und witziger. Es finden sich auch wesentlich weniger Fantasiebegriffe darin, da die Geschichte mehr in der realen Welt verankert ist. Trotzdem lässt sich die Geschichte gut lesen, ist interessant und gefällt durch den lässigen, aber gekonnten Umgang mit der Sprache. Ein Feuerwerk des Humors sollte man allerdings trotzdem nicht erwarten. Mit Autorinnen wie Kim Harrison hat Saintcrow nicht wirklich viel zu tun.

_“Dämonenmal“ ist der_ erste Band einer neuen Serie und er besitzt genug Potenzial, um Jill Kismet zu einer ähnlich kultigen Sache zu machen wie Dante Valentine. Angenehm dabei ist, dass die neue Reihe nicht ganz so komplex und dem Alltag des Lesers etwas näher ist. Jill ist darüber hinaus frecher, härter, vielleicht auch unreifer (und dadurch interessanter) als Dante. Allerdings kämpft der erste Band mit Kinderkrankheiten: Die Handlung ist nicht so straff, wie sie sein sollte, und die Autorin muss sehr viel erklären. Das hätte man geschickter lösen können. Andererseits ist nun viel gesagt, dass in den nächsten Bänden nicht mehr erläutert werden muss. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Reihe weiter entwickelt.

|Broschiert: 361 Seiten
Originaltitel: |Night Shift|
Deutsch von Nadine Mannchen
ISBN-13: 978-3802583063|
http://www.egmont-lyx.de

About Lili

_Lilith Saintcrow bei |buchwurm.info|:_
[„Teufelsbraut (Dante Valentine – Dämonenjägerin 1)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5288
[„Höllenritt (Dante Valentine – Dämonenjägerin 2)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5957
[„Feuertaufe (Dante Valentine – Dämonenjägerin 3)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6150

Paffenroth, Kim – Dying to Live 1: Vom Überleben unter Zombies

_Das geschieht:_

Vor einem Jahr brach eine Seuche aus, die Menschen zu Zombies werden ließ. Die Untoten breiteten sich in rasender Geschwindigkeit über die ganze Erde aus, weil sie in immer größerer Zahl über die Lebenden herfielen, sie fraßen und in Ihresgleichen verwandelten. Sämtliche Eindämmungsversuche scheiterten, die Zivilisation brach zusammen.

Die wenigen Menschen, die der Epidemie bisher entkamen, führen wie Jonah Caine ein Leben in ständiger Angst und auf der Flucht. Die Untoten sind überall, sie haben keine Angst, kennen keine Erschöpfung oder Müdigkeit, nur Hunger. Caine hat das unstete und einsame Leben abseits der zu Todesfallen gewordenen Städte satt. Als er auf der Suche nach Lebensmitteln trotzdem wieder einmal eine Geisterstadt betritt, entkommt er nur, weil ihn Überlebende heraushauen.

Ehemalige Soldaten und versprengte Bürger haben sich in einer von Mauern umgebenen und zusätzlich gesicherten Museumsanlage verbarrikadiert und organisiert. So halten sie den auf sie eindrängenden Untoten stand. Dabei stützen sie sich stark auf die Hilfe des ehemaligen Forschers Milton, der den Biss eines Zombies überlebte und seitdem nicht nur immun gegen ihr Gift ist, sondern auch von ihnen ignoriert und sogar gemieden wird.

Caine schließt sich der Gruppe an. Er findet eine neue Lebensgefährtin, und er ist es, der bei einem Außeneinsatz auf dem Dach des städtischen Krankenhauses einen funktionstüchtigen Hubschrauber entdeckt. Dieser würde den Aktionsradius der Gruppe, zu deren Mitgliedern eine Pilotin zählt, enorm steigern, doch um das Fluggerät zu erreichen, muss sich ein Kampftrupp durch ein wahres Heer von Zombies schlagen. Dabei werden Caine und einige Gefährten versprengt und geraten in die Gewalt von Ex-Sträflingen, die in ihrem gut gesicherten Gefängnis ein Terrorregiment installiert haben …

_Sie kamen, bissen & faulten_

Der Zombie: Eine untote Karikatur des lebenden Menschen, dem er nur noch entfernt ähnelt. Eigentlich ist er hirntot, fußlahm und planlos, aber leider ist er gleichzeitig nimmermüde, hartnäckig und vor allem in der Überzahl. Man kann den Untoten zwar ausweichen, doch wohin man auch geht, es warten nur weitere hungrige Zombies.

Bevor der Begriff „Pandemie“ an die breite Öffentlichkeit gelangte, vermittelten die lebenden Toten einen Eindruck davon, was eine weltweite Seuche anrichten könnte. Der Mensch ist auch Jahrzehnte, nachdem George A. Romero die Untoten zurückkehren ließ, auf eine Katastrophe, die alle Grenzen möglicher Präventionen sprengt, nicht vorbereitet. Deshalb stehen im Zombie-Genre überlebende Menschen immer in der Minderzahl gegen ein Heer von Untoten, die sich mit den bekannten und bewährten Methoden nicht kontrollieren lassen.

Am Zombie erschrecken sein Aussehen und seine Kommunikationsunfähigkeit. Ist der Mensch tot, wird er zwar betrauert aber auch auf den Friedhof verbannt: Aus den Augen und aus dem Sinn gerät, was sich im Kreislauf der Natur in ein hässlich anzusehendes und noch schlimmer riechendes Zerrbild des lebendigen Menschen verwandelt. Hinzu kommt die Schweigsamkeit einer Kreatur, mit der man nicht diskutieren und einen Frieden aushandeln kann. Der Zombie verkörpert die pure Zerstörung. Kein Wunder, dass er immer wieder als Sinnbild der biblischen Apokalypse beschworen wird.

|Wenn gerade keine Schädel bersten|

Das Bild der Toten, die sich in Massen aus ihren Gräbern erheben, besitzt für christlich orientierte Zeitgenossen besondere Symbolkraft. |“Die Toten aber wissen nichts …, denn bei den Toten, zu denen du fährst, gibt es weder Tun noch Denken, weder Erkenntnis noch Weisheit”|, heißt es in der Bibel (Prediger 9,5.10). Der Apostel Paulus fügt hinzu: |“Was ich damit sagen will, liebe Brüder, ist, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht erben können“| (1. Korinther 15,44. 49-50). Wenn dereinst die Posaunen des Jüngsten Gerichts erschallen, kehren die Toten zwar zurück (Offenbarung 20). Dann sind es allerdings keine Zombies, die aus den Gräbern gerufen werden, sondern |“unverwesliche“| und |“geistige Körper“|.

Wer sich wundert, was solche theologischen Reminiszenzen in der Rezension eines Horroromans verloren haben, sei darauf hingewiesen, dass Autor Kim Paffenroth in seinem ‚richtigen‘ Beruf als Professor für Religionswissenschaften lehrt. Er kennt die christlichen Mythen und beschäftigt sich auch in seinen Romanen mit ihnen. „Dying to Live“ bildet keine Ausnahme. Vor allem im Mittelteil werden dem Leser lange Passagen auffallen, in denen Jonah Caine – dessen Namen bereits zweifach auf die Bibel (Jonas bzw. Kain) verweist – und Milton (der wiederum an John Milton erinnert, dessen Versepos „Paradise Lost“ 1665 das Ringen zwischen den Mächten des Himmels und der Hölle beschreibt) über einen möglichen Sinn der Zombie-Plage diskutieren.

Später schildert Paffenroth den verrohten Mikrokosmos eines in die Barbarei zurückgefallenen Gefängnisses. Hier stützt sich der Autor zusätzlich auf eigene Forschungen zum Werk des antiken Kirchenlehrers und Philosophen Augustinus (354-430), der sich viele Gedanken über das Böse im Menschen gemacht und diese niedergeschrieben hat. Zusätzlich greift Paffenroth auf William Shakespeare und Herman Melville („Moby Dick“) zurück, wenn es darum geht, die Bestie Mensch gebührend schauerlich darzustellen.

|Zurück zu den Anfängen|

Diese philosophischen Erörterungen kann der Leser entweder als Mehrwert betrachten oder muss sie ertragen. Glücklicherweise stellt Paffenroth den genannten Geistesgrößen den Schöpfer des modernen Zombieversums an die Seite: In einem Nachwort bezieht er sich ausdrücklich auf George A. Romero, der zum Thema alles Grundsätzliche gesagt habe. Dem stimmen wir zu, wobei wir nur „Night of the Living Dead“ (1968), „Dawn of the Dead“ (1978) und „Day of the Dead“ (1985) gelten lassen und über „Diary of the Dead“ (2007) und „Survival of the Dead“ (2010) den Mantel gnädiger Vergessenheit breiten.

Folgerichtig ist auch Paffenroth nichts wirklich Neues eingefallen. „Dying to Live“ fällt gegenüber anderen Zombie-Geschichten immerhin durch formale Qualitäten auf, die das Genre allzu oft vermissen lässt. Der Zerfall der wandelnden Leichen scheint zumindest auf die Hirne jener Autoren überzugreifen, die sich den Untoten in Serien widmen. Brian Keene, David Wellington oder Jonathan Maberry haben es mit ihren simpel gestrickten Krawall-und-Ekel-Spektakeln inzwischen auch nach Deutschland geschafft.

Paffenroth beherrscht den groben Quast ebenso wie den Feinhaarpinsel. „Dying to Live“ bietet spannende, gewaltvolle und splatterreiche Massenszenen, neben denen gut ‚beobachtete‘ und beschriebene Miniatur-Dramen für feiner ziselierten Schrecken sorgen. Das erste Kapitel stellt einen gelungenen Einstieg und ein gutes Beispiel dar: Statt über viele Seiten und in allen Details zu beschreiben, wie die Welt zum Zombieland degenerierte, schildert Paffenroth Caines Kampf mit einem Zombie als ganz alltägliches Geschehen.

|Das Leben ist zäh|

„Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her“: Dieses alte Sprichwort beschreibt ein grundlegendes Element des Zombie-Horrors. In der Allgegenwärtigkeit des Todes scheint der Mensch den endgültigen Untergang höchstens verzögern zu können. Doch so dramatisch diese Hoffnungslosigkeit auch dargestellt wird: Irgendwann wird deutlich, dass sich das Leben seinen Weg bahnen wird. 99,9% der Menschheit mögen tot über die Erde wandern; die wenigen Überlebenden haben sich auf die Situation eingestellt. Sie werden sich vermehren und in einer Welt der Zombies den Neuanfang wagen.

Auch Kim Paffenroth mochte sich dieser tröstlichen Entwicklung nicht verschließen. „Dying to Life: Life Sentence“ (dt. 2011 als „Die Traurigkeit der Zombies“) spielt zwölf Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils und in einer Welt, die zwar auf allen Ebenen von der Gegenwart der Untoten geprägt ist, in welcher der lebende Mensch sich jedoch behaupten konnte.

_Autor_

Kim Paffenroth wurde 1966 in Syosset, einem kleinen Ort nordöstlich von New York City, geboren. Er wurde in den US-Staaten New York, Virginia und New Mexico auf und studierte an mehreren Universitäten Religionswissenschaften, bevor er 1995 seinen Doktor an der University of Notre Dame in Indiana machte.

Paffenroth lebt mit seiner Familie in New York. Seit 2001 lehrt er am Iona College Department of Religious Studies, wobei er sich die Untersuchung religiöser Ideen und Ideologien spezialisiert hat.

Parallel dazu interessierte sich Paffenroth für phantastische Literatur und Horrorfilme. Seit 2006 verfasst er Sachbücher und Artikel, wobei er gern die Verbindung zwischen der universitären Lehre und der Populärkultur sucht und findet. 2007 erschien mit „Dying to Live: Vom Überleben unter Zombies“ auch ein erster Roman, der seitdem regelmäßig weitere Werke folgen.

Über sein Werk informiert Kim Paffenroth [in seinem Blog.]http://gotld.blogspot.com

|Kartoniert: 256 Seiten
Originaltitel: Dying to Live: A Novel of Life Among the Undead (Mena/Arkansas : Permuted Press 2007)
Übersetzung: Doris Hummel
ISBN-13: 978-3-86552-091-3|
[www.festa-verlag.de]http://www.festa-verlag.de