Archiv der Kategorie: Horror & Unheimliches

Bionda, Alisha / Borlik, Michael (Hrsg.) – ewig dunkle Traum, Der (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 1)

Dämonenjäger, Vampire, Zombies, Mumien, wiederauferstandene Tote, ekelerregende Monster – das ist der Stoff, aus dem die Träume des Horrorliebhabers gemacht sind. „Der ewige dunkle Traum“, eine Anthologie, herausgegeben von Alisha Bionda und Michael Borlik, entführt meisterlich in die dunklen Abgründe menschlicher Existenz und deckt durch die Auswahl der Erzählungen ein breites Spektrum bekannter Gruselmotive ab.

Sechzehn Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen – mit einer Länge von zwei bis fünfzig Seiten – füllen den umfangreichen Band, und als kleine Draufgabe gibt es am Schluss noch kurze Essays zu dunklen Themen wie Vampiren, Werwölfen oder dem ägyptischen Totenkult.

„Der ewig dunkle Traum“ ist der Auftakt zu der von Wolfgang Hohlbein herausgegebenen „Schattenchronik“, einer Romanserie beim |BLITZ|-Verlag, die die Vampirin Dilara durch die Jahrhunderte begleiten soll. Zusammen mit Alisha Bionda wird jeweils ein Gastautor für einen Roman der Serie verantwortlich zeichnen und so – hofft zumindest der Leser – vergangene Jahrhunderte wieder auferstehen lassen. Die hier vorliegende Anthologie jedoch soll den geneigten Leser zunächst neugierig machen, in geheimnisvolle Welten entführen und Autoren des deutschen Fantasy- und Horrorgenres vorstellen: ein Vorhaben, das grandios gelingt!

Wolfgang Hohlbein, seines Zeichens Vielschreiber und ungekrönter König der deutschen Fantasy, leiht der „Schattenchronik“ seinen Namen. Und er bringt die Kugel ins Rollen, denn in der Titelgeschichte „Der ewig dunkle Traum“ aus seiner Feder begegnen wir Dilara zum ersten Mal. Da ist sie noch menschlich und erlebt ihren ersten Zusammenstoß mit den Wesen, die in den Schatten hausen. Ein Vampir nähert sich ihr, kennt sie scheinbar. Und ja, etwas beginnt sich in Dilaras Gedächtnis zu regen. Unbekannte Namen plagen sie, halbe Erinnerungen, die sie nicht zuordnen kann, und so fürchtet sie den Abstieg in den Wahnsinn. Eine wunderbare Novelle, die vieles nur anreißt und so nur noch neugieriger darauf macht, wie es denn nun mit Dilara weitergeht.

Die Qualität der in die Anthologie aufgenommenen Geschichten ist durchweg hoch. Nie hat man das Gefühl, einen Autor vor sich zu haben, der sein Handwerk nur halb versteht. Dazu kommt, dass thematisch für jeden Leser etwas dabei sein dürfte. Es gibt die verschiedensten Vampire, Geister und sonstigen Schattenwesen – bekannt oder unbekannt – zu entdecken. Einige der (meiner Ansicht nach) gelungensten Erzählungen sollen hier kurz erwähnt werden.

Da wäre zunächst Eddie E. Angerhubers „Das Nachtbuch“, die mit der Widmung an E.A.P. und T.L. schon zeigt, wohin uns Angerhuber entführen will. Hier wird das Spiel um die wiedererweckte Geliebte, das besonders Poe so gern betrieb, bis zu Ende gespielt. Ein Paar; er offensichtlich ein obsessiver Liebhaber, sie die Leiche, aufbewahrt und wiedererweckt zu seinem Vergnügen. Gerade die Anspielungen zu Poes „Berenice“ sind kaum zu übersehen. Die Erzählung lässt noch einmal die Schönheit des Todes auferstehen, die in der Literatur des 19. Jahrhunderts so beliebt war. Die sehr suggestige Prosa tut ein Übriges.

Alisha Biondas Erzählung „Seelenpfand“ ist ebenfalls technisch überzeugend. Die reine Form der Geschichte ist originell, ebenso wie Biondas Interpretation des Seelenvampirs. Diese Form des Vampirs, der seinem Opfer die Lebenskraft aussaugt, ist an sich keine neue Erfindung. Doch fragt sich Bionda: Wo fängt ein Seelenvampir an? Ist er überhaupt ein übernatürliches Wesen oder nur eine Metapher für einen verzehrenden Menschen, dessen Liebe seinem Gegenüber geradezu die Lebensenergie aussaugt? Und so bleibt es dem Leser überlassen, ob „Seelenpfand“ nun eine übernatürliche Erzählung oder die psychologische Betrachtung einer (zu?) intensiven Liebesbeziehung ist.

Frank H. Haubolds „Die Stadt am Fluss“ ist von einem gänzlich anderen Kaliber. So realistisch und beschaulich die Geschichte auch beginnt, so steigert sie sich doch unweigerlich ins Bedrohliche und Surreale. Haubolds Protagonist Robert begibt sich auf eine Reise in seine provinzielle Heimatstadt, ein Ort, in den er seit Jahren keinen Fuß mehr gesetzt hat. Doch seine Reise in die Vergangenheit wird bald zu einer Reise ins Verderben, denn was einmal verloren ist, das kann nicht so einfach wiederbeschafft werden. Roberts Suche nach seiner verlorenen Jugend scheitert nicht nur, sie endet in einer Katastrophe. Erscheint Robert die Stadt zunächst nur einsam, so wird die Atmosphäre bald unheilschwangerer. Die Straßen sind verlassen, das Haus seines ehemaligen Schulfreundes verwahrlost. Und als die Dunkelheit hereinbricht, wird er gar von einem Rudel streunender Hunde angefallen. Und was hat es mit seiner Jugendliebe Sara auf sich, die eines Tages spurlos verschwand? Als Schmankerl ist die Geschichte von musikalischen Anspielungen durchzogen, versorgt Roberts Autoradio ihn doch nicht nur ständig mit Musik, sondern lockt in schließlich auch in die zuschnappende Falle. Und so dröhnt nicht nur Jim Morrison aus den Boxen, sondern gar „In a Gada da Vida“- die Langversion wohlgemerkt!

Abschließend sei noch Christel Schejas „Der Verfluchte von Tainsborough Manor“ erwähnt, eine Liebeserklärung der Autorin an die schwarze Romantik. An der walisischen Küste lässt sie die Stimmung der Schauergeschichten des 19. Jahrhunderts wiederauferstehen, ganz im Stile der damaligen Größen wie Byron und Shelley. Selbst ihr Vampir hat grüne Augen, ein kleines aber feines Detail, das Liebhaber zum Schmunzeln bringen wird. Doch anstatt bei den tatsächlich blutrünstigen Vampiren des 19. Jahrhunderts stehen zu bleiben, vermischt sie Elemente der schwarzen Romantik mit der modernen Vorstellung vom Vampir als sensiblem Einzelgänger und schreibt eine überzeugende Erzählung, ohne jemals in den Kitsch abzurutschen.

Über „Der ewig dunkle“ Traum gibt es noch viel zu sagen, vereint die Anthologie doch Geschichten von Markus Heitz, Eddie M. Angerhuber, Mark Freier, Alisha Bionda, Armin Rößler, Frank H. Haubold, Dominik Irtenkauf und Javier Hurtado, Wolfgang Hohlbein, Barbara Büchner, Marc-Alaster E.-E., Michael Borlik, Boris Koch, Linda Budinger, Christel Scheja und Markus K. Korb. Es soll an dieser Stelle jedoch genügen, zu versichern, dass die Anthologie 400 Seiten reinstes Lesevergnügen bietet. Da ist garantiert für jeden Geschmack etwas dabei – Gänsehaut garantiert!

http://www.blitz-verlag.de/

Richard Marsh – Der Skarabäus

Das geschieht:

Das Schicksal hat es wirklich auf ihn abgesehen, denkt Robert Holt, ein zum Landstreicher herabgekommener Londoner Bürger, der in dunkler, kalter Nacht in ein einsam gelegenes Haus einsteigt. Leider steht dies nicht leer; ein unheimliches Wesen haust hier, das kaum Menschenähnlichkeit aufweist und sich womöglich in einen riesigen Skarabäus-Käfer verwandeln kann.

Vor allem ist diese Kreatur abgrundtief böse. Sie hat es auf den jungen Politiker Paul Lessingham abgesehen, der ihr während seines Aufenthalts in Ägypten – über den er sich sorgfältig ausschweigt – nach eigener Auskunft großes Unrecht angetan hat. Bis nach London ist sie Lessingham gefolgt und plant nun sorgfältig dessen politischen Ruin, privaten Untergang und schließlich Tod. Der unglückliche Holt muss ihr als Werkzeug dienen. Mit unwiderstehlicher hypnotischer Kraft wird er gezwungen, in Lessinghams Haus einzubrechen und einige persönliche Briefe zu stehlen, die das Geschöpf über die bevorstehende Verlobung mit der schönen Marjorie Lindon informieren. Richard Marsh – Der Skarabäus weiterlesen

Jörg Kleudgen – Cosmogenesis

Das geschieht:

Europäische Händler und Flüchtlinge – unter ihnen viele deutscher Herkunft – gründeten Mitte des 17. Jahrhunderts an der Ostküste Indiens in Sichtweite des Himalaja-Gebirges die Stadt Cathay. Von Anfang an war der Ort verflucht. Die Siedler haben angeblich einen dämonenbeseelten Götzen mitgebracht haben. Außerdem verärgerten sie einen ortsansässigen Zaubermeister, der die Stadt daraufhin mit einem Fluch belegte.

Tiefe Dschungel und schroffe Berge umgeben die Stadt. Der Standort ist sumpfig, das Klima feucht, die Kanalisation marode, sodass immer wieder Seuchen die Bürger heimsuchen. Schon lange liegt der Handel brach. Cathay verfällt, viele Häuser stehen leer. Dekadenz greift um sich, Melancholie liegt über den vernachlässigten Straßen. Seltsame Kulte treiben ihr Unwesen, noch seltsamere Wesen streifen oft mordend durch die Nacht. Jörg Kleudgen – Cosmogenesis weiterlesen

Heitz, Markus – Ritus

_Handlung_

|1764 Südfrankreich|

Jean Chastel und seine zwei Söhne Pierre und Antoine jagen die Bestie vom Gévaudan, die seit einiger Zeit fast tagtäglich Bürger und Bauern der Umgebung bestialisch zerfleischt. Die Obrigkeit geht von einem Wolf aus, doch die Chastels haben die Bestie schon von Angesicht zu Angesicht gesehen und sind sich sicher, sie ist ein Loup-Garou, ein Werwolf. Die Morde lasten schwer auf ihrem Gewissen, weil die drei Männer glauben, dass die Bestie auf Rache sinnt, da die Chastels bei ihrem ersten Zusammentreffen deren Gefährten erlegten.

Doch gibt es da noch ein Problem, denn der Werwolf hatte es damals geschafft, die beiden Söhne zu verletzen, und die Anzahl der Opfer steigt und steigt, doch die Bestie vom Gévaudan ist einfach nicht zu fassen. Nach kurzer Zeit werden auch schon die Chastels verdächtigt, etwas mit der Bestie zu tun zu haben, und zu allem Unglück schaltet sich auch noch die heilige Mutter Kirche in die Angelegenheit ein …

|2004 Deutschland|

Eric von Kastell ist ein Werwolfjäger, dessen Familie schon seit Generationen gegen die Wandelwesen (es gibt nicht nur Werwölfe, sondern auch noch anderer Wandelwesen) kämpft. Er ist zwar mit allerlei Waffen und technischen Geräten für die Jagd ausgestattet, doch als sein Vater bei einem Einsatz ums Leben kommt, steht er alleine da. Zu allem Unglück wird auch noch das alterwürdige Kastell-Anwesen von den Wandelwesen gesprengt.

Das alles schreckt Eric aber nicht, denn als er Anzeichen entdeckt, dass sich eine schon lange gesuchte Bestie in St. Petersburg versteckt, setzt er sich kurz entschlossen ins Flugzeug Richtung Russland. Dort trifft er nicht nur auf vermummte Schergen, die das Werwesen schützen wollen, und ihm nach dem Leben trachten, sondern auch die verführerische Wolfsforscherin Lena …

_Der Autor_

Markus Heitz, geboren 1971, arbeitete als Journalist bei der Saarbrücker Zeitung, ehe sein erster Roman „Schatten über Ulldart“ mit dem deutschen Phantastik-Preis ausgezeichnet wurde. Dem folgten nicht nur einige Fortsetzungen der „Ulldart“-Reihe und einige SHADOWRUN-Romane, sondern auch die Bestseller „Die Zwerge“ und „Der Krieg der Zwerge“ sowie inzwischen auch „Die Rache der Zwerge“. Damit ist er zu einem der erfolgreichsten Fantasy-Autoren Deutschlands geworden. „Ritus“ ist sein neuester Roman und wird, voraussichtlich im August, mit „Sanctum“ fortgesetzt.

_Mein Eindruck_

Die Geschichte der „Bestie vom Gévaudan“ ist in Frankreich das, was bei den Briten „Jack the Ripper“ ist. Tatsächlich wurden in den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts im Süden Frankreichs etliche Menschen, und vor allem Kinder, getötet und bestialisch zerfleischt. Sogar ein Museum ist der Bestie gewidmet, obwohl die Morde niemals aufgeklärt wurden und es bis heute im Dunkeln verborgen liegt, wer oder was die „Bestie vom Gévaudan“ war.

Einigen wird die Story bekannt vorkommen, denn der Film „Pakt der Wölfe“ beschäftigt sich mit der gleichen Legende. Heitz schließt sich der Interpretation des Filmes nicht an, sondern spinnt aus dem Stoff der Geschichte einen spannenden Werwolfroman.

Dadurch, dass er zwei Geschichten aus jeweils verschiedenen Regionen und Zeitepochen erzählt, einmal im frühneuzeitlichen Frankreich und einmal im Nordost-Europa des 21. Jahrhunderts, wird die Lektüre extrem kurzweilig, denn die Geschichten bilden einen interessanten Kontrast: Klassischer Horror trifft auf schnelle durchgestylte Action, frühneuzeitlich religiös geprägtes Denken auf wissenschaftlich rationales Kalkül.

So hat Eric die Werwolfjagd schon beinahe perfektioniert, weshalb ihm auch dementsprechend viele Wandelwesen zum Opfer fallen, ganz im Gegensatz zu Jean, der lange Zeit vergeblich versucht, die Bestie zu stellen. Durch den Zeitsprung, der mit jedem Kapitel erfolgt, ist eine enorme Abwechslung geboten, die den Leser an das Buch fesselt. Zudem verkommt „Ritus“ nicht zu einem reinen Zähne-und Klauen-Gemetzel, denn der Horror ist gut dosiert.

Desweiteren schafft es Heitz, nicht nur seinen Protagonisten eine Persönlichkeit einzuhauchen, sondern auch die Nebencharaktere sind liebenswert gestaltet. Da wären etwa der Moldawier Malesky, die Äbtissin Gregoria oder die Wolfsforscherin Lena zu nennen, die alle ihren ganz eigenen Charme haben und weit davon entfernt sind, bloße Stichwortgeber zu sein, wie es so oft in actionlastigen Romanen vorkommt. Auch die vermeintlichen Protagonisten sind alles andere als stromlinienförmige Superhelden, denn die beiden haben so ihre ganz eigenen Probleme und Macken, so dass besonders Jean mit extremen persönlichen und ethischen Problemen konfrontiert wird und daran zu zerbrechen droht. Selbst die Werwesen sind nicht nur dumme Fressmaschinen, sondern intelligent, gerissen und mit einer eigenen Persönlichkeit ausgestattet.

Die Orte, an denen die Handlung spielt, sind sehr plastisch und anschaulich beschrieben. Hier ist besonders die Szene zu nennen, in der Eric mit seinem Porsche Cayenne durch den Englischen Garten in München rast: Durch die genaue Beschreibung, wo er sich gerade befindet und welche Punkte des Gartens er passiert, hat man Gefühl, auf dem Beifahrersitz zu sitzen, zumal die Szene auch noch ziemlich witzig ausgestaltet ist.

Sowohl positiv als auch negativ schlägt zu Buche, dass sich Heitz mit den Werwolfsmythen aus der ganzen Welt auseinander gesetzt hat. Positiv deshalb, weil er es sich so ermöglicht hat, nicht nur den wölfischen Archetyp zu benutzen. Negativ, weil er davon leider nur wenig Gebrauch macht. Zwar kommen auch Werschakale vor, doch ist der Unterschied zwischen einem Wolf und einem Schakal nicht so groß, dass er als exotisch zu bezeichnen wäre. Heitz regt die Phantasie an, welche verschiedenen Wandelwesen es noch geben könnte, doch befriedigt er sie dann nicht. Man wird sozusagen angefüttert und dann nicht zufrieden gestellt, so dass man gespannt sein darf, ob in der Fortsetzung „Sanctum“ noch einige exotische Wandelwesen auftauchen.

Etwas merkwürdig mag der Schluss des Romans anmuten, da der Leser fast komplett im Ungewissen gelassen wird, was speziell den ungeduldigen Konsumenten bitter aufstoßen dürfte, denn aufgeklärt wird nur wenig. Doch muss man hier berücksichtigen, dass von Anfang an klar war, dass „Ritus“ als zweiteiliger Roman konzipiert worden ist, der erst in „Sanctum“ seinen Abschluss findet. Wer also wirklich so neugierig ist, dass ihn so etwas stören könnte, sollte lieber noch warten, bis „Sanctum“ erschienen ist, und dann beide Romane hintereinander lesen.

Störend sind die zahlreichen Rechtschreib- und Grammatikfehler, hier hätte man seitens des Lektorats/Korrektorats wirklich mehr Sorgfalt erwarten können, denn solche Fehler sind für den Leser besonders ärgerlich und behindern den Lesefluss. Ausdrücklich lobenswert ist die ansprechende Umschlaggestaltung, in düsterer unheimlicher Optik, mit roten hervorstehenden Lettern, die den Buchtitel darstellen, und einem skelettartigen Baum im Hintergrund. Das passt einfach!

_Fazit:_ Es gibt wenige wirklich gute Werwolfromane. „Ritus“ zählt auf jeden Fall zu den „Perlen“ dieses Genres: Klassischer Horror, stylische Action, zwei verschiedene Geschichtsepochen, wirklich interessante Charaktere und die Interpretation eines wahren Hintergrundes machen ihn zu einem wahren Lesevergnügen, auf dessen Fortsetzung man gespannt sein darf.

Home

|Markus Heitz bei Buchwurm.info|:

[Interview mit Markus Heitz]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56
[Schatten über Ulldart 381 (Die Dunkle Zeit 1)
[Trügerischer Friede 1732 (Ulldart – Zeit des Neuen 1)
[05:58 1056 (Shadowrun)
[Die Rache der Zwerge 1958
[Die dritte Expedition 2098

Sträter, Torsten – Hit the Road, Jack! (Jacks Gutenachtgeschichten 3)

Band 1: [„Hamöglobin“ 1416
Band 2: [„Postkarten aus der Dunkelheit“ 1417

Ja, aber hallo! Man braucht gerade einmal die ersten beiden Kurzgeschichten von „Hit the Road, Jack!“ zu lesen, um zu wissen, dass man sich in der blutigen Welt Torsten Sträters befindet.

Der Mann ist meiner Meinung nach ein echter Könner. Niemand außer ihm schafft es innerhalb von nur wenigen Seiten komplette Storys zu erzählen, die zum einen flüssig wie Schmierseife, zum anderen boshaft wie Belzebub persönlich und zuletzt so unvergleichlich beißend ironisch sind, dass dem Leser beim Genuss der Kurzgeschichten vor inniger Schadenfreude die glasklaren Säfte aus den Augen schießen, wobei man sich gleichzeitig ernsthaft überlegt, ob man nun schallend lachen oder schmerzhaft kotzen soll. Nun, Alltagsgeschäft in Sachen Sträter!

Der Dortmunder schüttelt sich die Brachiallyrik im Dutzend aus den Gelenken, immer wohl bedacht, die biestigste Pointe ans Ende zu heften, die sich das abgedrehteste Hirn südlich des Nord- und nördlich des Südpols überhaupt vorstellen kann. Herr Sträter dürfte ahnen, dass dieses Kompliment aus tiefster Seele kommt.

Ein Koch, der sich mächtig über einen Gast freut, dem sein meisterliches Menü zu schmecken scheint und der sich umso mehr freut, seine erschaffenen Kreationen von jenem Gast auch nach dem Verzehr wieder zurückzubekommen. Diese reichlich geschmackvoll gestaltete Hirnakrobatik und stilgerecht wahnwitzig, ironisch und furztrocken beendete Geschichte startet ein Buch voller Kurzweil und grauenhaftem Perfektionismus. Voller Witz und Tücke, voller Humor und heftigstem Horror.

Torsten Sträter muss man als Horrorfan einfach lieben, weil er ein Mann der Extreme ist, der definitiv keine halben Sachen macht. Wenn man lacht, dann schmerzt der Magen. Wenn man kotzt, dann schmerzt er ebenfalls. Sträters Storys gehen also quasi so oder so durch den Magen. Wenn der Ruhrpöttler wie in der Kurzgeschichte „Zimt“ mit der Ekelkeule ausholt und von sich zersetzenden Gangstern und Agenten erzählt, von sekretierenden Gewebeklumpen, die in dumpf stinkenden Katakomben dem Ende entgegenatmen, steht einem die Magenbrühe eigentlich schon oberhalb des Pförtners, oberflächlich leicht zuckend durch die zerebral vibrierende Speiseröhre. Yeah, that´s it! Horror ist Spaß und Torsten Sträter ist der Beweis dafür!

Erwähnte ich eigentlich schon, dass „Hit the Road, Jack!“ der dritte und zugleich letzte Teil von Sträters Kultreihe „Jacks Gutenachtgeschichten“ ist, in der bereits die fabelhaften Werke „Hämoglobin“ und „Postkarten aus der Dunkelheit“ erschienen sind? Nun denn! Diejenigen, die von diesen Büchern überzeugt waren, dürfen blind zuschlagen. Denn Sträters Neustes ist eine Steigerung in jeder Hinsicht. Noch bestialischer, noch brutaler, noch zwingender und noch witziger. Definitiv keine leichte Kost. Wohl eher Vollwert für hartgesottene Mägen, aber immer mit einem deftigen Schalk im Nacken. Irgendwie erinnern mich die Storys an Filme wie „Creepshow“, die auf Horrorcomics aus den Sechzigern und Siebzigern basieren. Aus ähnlichem Holz strikt Sträter seine Bücher. Aus einem Tick Realität, einem noch größeren Tick Abnormität und einer dicken Schippe Absurdität.

Okay, wer bis hierhin durchgehalten hat, wird sich das Buch kaufen. Und Leute, ihr macht dabei keinen Fehler. Es sei denn, ihr kauft euch danach nicht auch noch die Vorgänger! Das |wäre| ein Fehler. Ich persönlich kann die Ideen des Autors und meinen Spaß an der Sache prima wie folgt mit den Worten Sträters zitieren und vergleiche das Buch mit einem in „Hit the Road, Jack!“ erwähnten Kühlschrank: |“Wie ein Sarkophag steht er da, bereit, tote Dinge aufzunehmen und zu bewahren, bis ich die Tür öffne. Oder lebende, bis ich die Tür öffne. Er funktioniert in dieser Hinsicht einwandfrei. Ich habe Hunger.“| Und wie ich Hunger habe …

http://www.eldur-verlag.de

Ligotti, Thomas – Alptraum-Netzwerk, Das (Edgar Allan Poes Phantastische Bibliothek Band 2)

_Der Fänger im Schlafmohnfeld._

Edgar Allen Poe ist eine wichtige Persönlichkeit der phantastischen Literatur, so weit nichts Neues. Seine teils delirierenden Streifzüge durch bizarre Alpdruckwelten sind noch heute Inspiration für Autoren. Um dem Rechnung zu tragen, hat der |BLITZ|-Verlag „Edgar Allen Poes Phantastische Bibliothek“ ins Leben gerufen, eine literarische Verbeugung vor dem opiumschmauchenden Wort-Virtuosen. Aber es irrt sich, wer glaubt, dass der |BLITZ|-Verlag eine Horde von Nachwuchstalenten verpflichtet hat, um in Poe’schen Werken zu wildern. Natürlich hat Herausgeber Markus K. Korb den deutschen Phantastik-Underground nicht außen vor gelassen, (er selbst hat ja den ersten Band zu der Reihe beigesteuert), aber gleichzeitig hat er einige Schätze von Autoren geborgen, die dem deutschsprachigen Leser bisher nicht zugänglich waren.

_Veteran gegen Nachwuchs: K.O. in der 2. Runde._

Markus K. Korb hat in „Grausame Städte“ (Band 1 der Phantastischen Bibliothek) gute Arbeit geleistet, aber mit Thomas Ligotti steigt ein Meister in den Ring, der seinen Vorgänger gnadenlos von der Matte putzt. Der 1953 geborene Amerikaner durchlebte eine Phase wachsender Depressionen, die im August 1970 in Agoraphobie gipfelte, der Angst, sich jenseits bekannter Orte zu bewegen. Seine Geschichten sind das Ventil für seine Ängste, das Sprachrohr seiner rabenschwarzen Weltsicht, die in ihrem Nihilismus einem H.P. Lovecraft durchaus ebenbürtig ist. Dabei ist Ligotti aber „realistischer“ (so weit man das bei ihm sagen kann), er streift dem Bösen nicht die Maskerade kosmischer Ungetüme über, sondern sucht es mitten unter uns, beleuchtet den Alltag dabei mit derartig bitterem Humor, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt.

_Meine Arbeit ist noch nicht erledigt._

Unscheinbarer könnte ein Storytitel kaum sein. Dementsprechend überrascht war ich über die schiere Sprachgewalt, mit der Ligotti den Arbeitsalltag von Frank Dominio darstellt. Ausgeblutet ist dieser, angeekelt vom Karriere-Streben seiner Kollegen, vom Mobbing und vom Schleimen in der Chefetage. Mit bitterstem Zynismus betrachtet er die Beziehungen seiner Kollegen unter sich, muss hilflos mitansehen, wie sie ihm, dem Außenseiter, das berufliche Grab schaufeln, weil er es wagt, sich nicht dem braven Blöken unterwürfiger Angestellter anzuschließen. Dementsprechend vor die Tür gesetzt, sieht er seinen Ausweg nur noch in einem Amoklauf, doch dann kommt plötzlich alles ganz anders …

Hört sich nach Standard an? Nur bis man es gelesen hat! Ligotti möchte in seinen Storys nicht das „echte Leben“ imitieren, von Anfang an ist klar, dass man es hier mit einem Gleichnis zu tun hat, mit einem rabenschwarz gezeichneten Abgesang auf die Welt. Das fängt schon mit Dominios sieben Gegenspielern an, den Sieben Zwergen, (oder sieben Schweine, wie er sie nennt): Barry, Harry, Perry, Mary, Kerrie, Sherry, angeführt von Richard, dem Doc. Man erlebt die komplette Geschichte aus Dominios Perspektive heraus, und es dauert nicht lange, bis man von seinem Ekel angesteckt wurde. Beispiel gefällig? Bitteschön:

|Allgemein gesagt: Erwarte nichts als alptraumhafte Obszönitäten, die geboren werden, wenn menschliche Köpfe miteinander Verkehr haben. Noch allgemeiner gesagt: Was immer geboren wird, wächst letzten Endes zu einer alptraumhaften Obszönität heran – im „großen Ganzen“. Für mich selbst gesagt: Es gibt keine Engel, es sei denn Engel des Todes … und ich würde nie wieder meinen Platz unter ihren Reihen anzweifeln, oder es an Entschlossenheit mangeln lassen, in ihren wilden Reihen zu dienen.|

_Ich habe einen speziellen Plan für diese Welt._

Wiederum eine Horror-Story, die sich innerhalb einer seelenlosen Firma abspielt. In einer unbenannten Stadt mit dem wenig verheißungsvollen Spitznamen „Murder City“ hat diese Firma ihren Sitz, und wie jede Firma will sie wachsen, sich durch Umstrukturierungsmaßnahmen optimieren, um aus „Murder City“ schließlich wieder eine „Golden City“ zu machen. Stattdessen verdrängen bizarre Zombie-Mitarbeiter die Belegschaft, und ein ätzender, gelber Nebel breitet sozialen Verfall über die Stadt …

Stilistisch ähnlich zum Vorgänger, von dünnerer Handlung, aber von massiver sprachlicher Dichte, die unter die Haut geht. Mehr über die Story zu verraten, hieße den Leser vorab eines bitteren Erlebnisses zu berauben.

_Das Alptraum-Netzwerk._

Nur zehn Seiten lang, aber mit Abstand das verstörendste Werk aus diesem Sammelband: Es ist keine Erzählung im eigentlichen Sinn, sondern ein Flickwerk aus „Kleinanzeigen“, Videosequenzen, Träumen, Gedankenblitzen und vielem mehr, die alle die Entwicklung eines Mega-Konzerns beschreiben, beginnend im Jetzt und in einer weit entfernten, ultra-bizarren Zukunft endend. Nirgends ist Ligottis Zynismus so ätzend, sein Menschenekel so ausgeprägt wie im Alptraum-Netzwerk. Seine Sprache ist kalt, abstrakt, teilnahmslos und zeichnet den Wolf im Menschen mit skalpellartiger Schärfe:

|Aus dem Notizbuch eines Leiters:
Und wäre ich dazu entschlossen, mich nur vom Fleisch meines eigenen Personals zu ernähren, ohne Zugang zu den Leuten der anderen überlebenden Aufseher oder sonstigem Personal zu haben, so bestünde die größte Herausforderung darin, jeden von ihnen im essbaren Zustand zu halten und zugleich meinen Verbrauch zu regulieren.|

_Erzähltechnische Kreativität vs. Lesefluss._

Nun zeichnet sich bei den Zitaten eines ab: Ligotti erzählt kraftvoll und gewählt, aber er hält sich nicht an die Konventionen der Mainstream-Literatur. Seine Sätze sind mitunter lang und kompliziert, seine Vergleiche sind eher abstrakt als bildreich und gerne verzichtet er auf die klare Auflösung der Fragen, die sich während der Erzählungen ergeben mögen. Dabei merkt man ihm aber an, dass er das mit voller Absicht tut, Verstörung ist sein elementarstes Stilmittel, und nichts liegt ihm ferner als eine Anbiederung an den Entspannungs-Leser.

Dementsprechend ist „Das Alptraum Netzwerk“ ein Sammelband, der polarisieren dürfte: Wer sich unter gutem Horror eine Ansammlung rotgetränkter Phantastereien erwartet, liegt hier vollkommen falsch. Zynische Kreaturen allerdings finden hier eine heilsam boshafte Abrechnung mit den alltäglichen Perversionen der „Normalgesellschaft“. Und wenn ich schon so oft zitiert habe in dieser Rezension, kommt es auf ein drittes Mal auch nicht an. So soll der geneigte Leser selbst entscheiden, ob ihm das gewisse Quäntchen Misanthropie zueigen ist, um Werke genießen zu können, über deren Motive der Autor Folgendes schreibt:

|Haß auf das System im weitestmöglichen Sinn. In diesem Fall diente das System der Firmenumgebung als Mikrokosmos für das größere System des Lebens, das sich schließlich eindeutig als das ultimate Objekt des Abscheus herausstellt.|

Da lacht einem doch das schwarze Herz in der modrigen Brust! Eine Schande nur, dass es gerade mal ein Bruchteil von Ligottis Werk in den deutschen Sprachraum geschafft hat. Eine Schande vor allem, wenn man bedenkt, dass der nihilistische Kurzgeschichten-Autor schon seit zwanzig Jahren seine giftige Feder schwingt …

http://www.BLITZ-Verlag.de

Shocker, Dan – Alpträume (Larry Brent, Band 26)

_Im Labyrinth des Ghuls_

Der Schriftsteller Janosz Bracziskowsky ist davon überzeugt, dass es Wesen gibt, an die der moderne Mensch nicht mehr zu glauben vermag. Er ist einem leibhaftigen Ghul, einem Leichenfresser auf der Spur.

Aufgrund seiner Nachforschungen und Veröffentlichungen über die verschiedensten Schattenwesen interessiert sich auch X-RAY-1 für den Schriftsteller. Larry Brent und Iwan Kunaritschew werden nach London gesandt, um Janosz aufzusuchen bzw. ihn für die PSA zu gewinnen. Leider ist dieser Hals über Kopf zu einer spontanen Reise aufgebrochen. Iwan trifft nur noch Sandy Whorne an, die hübsche Sekretärin des Autors.

Larry hingegen wird zu Inspektor Higgins abberufen, da dieser einige seltsame Vorgänge auf dem lokalen Friedhof genauer unter die Lupe nehmen will. Er ist bei einer Graböffnung nebst dem eigentlichen Bewohner des Sarges auf den frischen, teilweise angenagte Leichnam von Paul Morey gestoßen. In dem Grab findet Larry eine Art Tunnel, welcher in ein Labyrinth unter dem Friedhof mündet. Die PSA-Agenten sind sich sicher, auf das Werk eines Ghuls gestoßen zu sein.

Bracziskowsky versucht derweil, auf der Osterinsel die Vergangenheit des Ghuls aufzuklären. Hierbei stößt er auf die Geschichte von Johann Karnhoff und seinem Sohn Franz. Beide sind auf dieser Insel in einer Höhle, die von dem seltsamen Einsiedler Taikona bewacht wird, mit der Magie der Göttin Rha-Ta-N’my konfrontiert worden. Ihre Neugier blieb aber nicht ohne Folgen: Johann wurde schwachsinnig und vegetiert auf der Insel dahin, während sein Sohn das abstoßende Leben eines Ghuls frönen muss.

Larry und Iwan versuchen, eben diesen Franz Karnhoff ausfindig zu machen. Bei Sandy Whorne werden sie fündig, denn der Ghul versucht sie zu töten, da er glaubt, das junge Mädchen wüsste etwas über die Nachforschungen ihres Arbeitgebers. Leider entwischt der Leichenfresser den Agenten, schlägt sogar Larry nieder und verschleppt ihn in die Anstalt von Dr. Anthony Flowfield, welcher seit längerem die Verhaltensweisen des Ghuls studiert. Um seine Nachforschungen nicht zu gefährden, muss der Nervenarzt Larry in seiner Anstalt auf Nimmerwiedersehen verschwinden lassen.

Währenddessen kommt Bracziskowsky dem Geheimnis des Ghuls einen entscheidenden Schritt näher – doch er zahlt einen hohen Preis für sein Wissen ….

Der titelgebende Ghul ist bei Dan Shocker kein schleimiges, bösartiges Wesen aus dem Dämonenreich, sondern fast schon eine dramatische Figur, welche zu einem ausweglosen Schicksal verdammt ist. Ein interessanter Rahmen für eine sehr spezielle Geschichte um einen dieser Leichenfresser. Die Jagd nach dem Ghul hat ihren ganz eigenen Charakter. Hinzu kommt noch die etwas fantastisch anmutende Szenerie auf der Osterinsel. Die unheimliche Atmosphäre der Eröffnungsszene, als Paul Morey dem Ghul in einem schaurigen Keller begegnet, oder aber auch als Larry und Iwan ihre Nachforschungen auf dem Friedhof beginnen, geht auf der Insel etwas verloren. Hier wird viel mit magischem Hokuspokus um sich geworfen, verschiebbare Felswände und ein Höllenfeuer präsentieren sich dem Leser – auch wenn sich die Handlung um die Höhle Rha-Ta-N’mys nahtlos in das Gesamtbild einfügt, die Szenerie erinnerte etwas an die Indiana-Jones-Filme und passt besser in die MACABROS-Serie. Insgesamt schafft Dan Shocker hier eine ausgefeilte, unterhaltsame Geschichte, die mit dem dramatischen Finale zu einem krönenden Abschluss kommt …

_Die Alpträume des Mr. Clint_

Wie Gott sein – die eigenen Wesen erschaffen und ihnen das Leben einhauchen …

Mit diesen wirren Gedanken beschäftigt sich der Künstler Lachlan Moodor-Clint schon sehr lange und er arbeitet wie besessen an kleinen braunen Figuren, die er hauptsächlich nach lebenden Vorbildern gestaltet. Da er der Überzeugung ist, dass der Körper den Geist an seiner Entfaltung hindert, amputiert er sich in seinem Wahn die Beine mit einer Guillotine, die über seinem Bett angebracht ist.

Und tatsächlich schafft es Lachlan schließlich, den von ihm geschaffenen Skulpturen ein unheimliches Eigenleben einzuhauchen. Während er schläft und träumt, wandern die kleinen Wesen durch die Nacht, gehen den verschiedensten Tätigkeiten nach, die leider meistens damit enden, dass jemand auf schreckliche Weise ums Leben kommt. Häufig tritt auch der Fall ein, dass einige Personen dadurch schwer verletzt werden oder das Zeitliche segnen, weil deren kleine Kopien auf irgendeine Weise zerstört oder in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Larry Brent gerät in diese eigenartige Geschichte, indem er sich als Arzt getarnt in einem schottischen Sanatorium für psychisch kranke Menschen anstellen lässt. In der Klinik ist es seit kurzem zu mehreren unerklärlichen Todesfällen gekommen, denen auch der leitende Beamte vor Ort, Inspektor Artur Dixon, nicht gewachsen ist. Und tatsächlich tritt wieder ein tragisches Ereignis ein – Dr. Floyd Merredith wird tot in seinem Büro gefunden. Die Anzeichen sprechen dafür, dass ihm eine Stricknadel in die Schläfe gerammt wurde. Larry und Inspektor Dixon finden nebst der Nadel auch noch ein paar seltsame tönerne Figuren am Tatort. Dixon nimmt diese Indizien mit in seine Herberge – ein schwerer Fehler, denn die kleinen Männchen erwachen in der folgenden Nacht zum Leben und bringen dem Inspektor einen grausamen Tod.

Larry führt seine Nachforschungen im Sanatorium fort. Hierbei trifft er auf den Bruder von Dr. Merredith, der leider auch nicht sehr lange unter den Lebenden weilt. Dieser gibt ihm aber ein paar entscheidende Hinweise auf die eigenartigen Figuren und deren magisches Eigenleben. Die PSA stößt auch auf einen Namen: Lachlan Moodor-Clint.

Morna Ulbrandson geht den Spuren dieses durchtriebenen Künstlers nach. Über einen seiner ehemaligen Freunde macht die Schwedin die Bekanntschaft mit Lachlans Schwester Lucille sowie seiner Frau Constance Moodor-Clint. Der bedingungslosen Loyalität der beiden Frauen zu Moodor-Clint fällt Morna beinahe zum Opfer. Bei ihren Nachforschungen wird sie von den Wahnsinnigen überwältigt und auf Clints Bett gefesselt – ihr soll dasselbe Schicksal wiederfahren wie dem Künstler, nur eben unfreiwillig.

Was die beiden PSA-Agenten nicht wissen ist, dass Larry der Wahrheit in der Nervenklinik bereits sehr nahe gekommen ist, was dem praktizierenden Chefarzt Dr. Frelly gar nicht in den Kram passt. Moodor-Clint ist sein Forschungsobjekt, er hat ihm einen Unterschlupf in einem nahe gelegenen Herrschaftsgebäude eingerichtet, um ihn dort zu studieren. Zu seiner Sicherheit hat sich Dr. Frelly mittlerweile eine Miniaturausgabe von Larry Brent anfertigen lassen …

Mit der Geschichte um den Künstler Lachlan Moodor-Clint und seine magischen Fähigkeiten hat Dan Shocker wieder mal eine feine Brise Innovation spielen lassen. Fast schon metaphorisch mutet diese Geschichte an, wie z. B. der Klassiker „The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde“ – das eigene Unvermögen und der Gram auf die Welt werden in den eigenen Träumen verarbeitet. Auch bei Lachlan werden sie zur schrecklichen Realität.

Die Figur Moodor-Clint selbst bleibt im Dunkeln, sie genießt nur einen sehr kurzen Auftritt beim Finale. Man hört oder besser liest sehr viel über diesen eigenartigen Menschen, wird aber nie richtig mit ihm persönlich konfrontiert. Seine Befürworter, Angehörigen und natürlich seine Geschöpfe agieren an der Front, er selbst verbirgt sich im Schatten.
Für eine gehörige Portion Grusel sorgen eben diese kleinen fiesen Männchen – kalte ausdruckslose Tonfiguren, die gnadenlos ihrem meist blutigen Auftrag nachkommen, um dann wieder zu kalter Materie zu erstarren. Speziell die Szenerie um Inspektor Dixon, als er in seiner Unterkunft von den erwachten Figuren angegriffen und schließlich qualvoll ermordet wird, sorgt für ein paar nette Schauder.

Insgesamt haben wir hier wieder eine solide Story mit einigen interessanten Einfällen und diversen Handlungssträngen, die in die unterschiedlichsten Richtungen laufen, sich aber am Ende zu einem angemessenen Finale vereinen …

Eine interessante und ausschlaggebende Gemeinsamkeit haben die beiden Geschichten in diesem Band – wir lesen jeweils von einem kriminellen Wissenschaftler, der sich das unheimliche Wesen zunutze machen will. Dr. Flowfield benutzte den Ghul Franz Karnhoff, Dr. Frelly den magisch begabten Lachlan Moodor-Clint als willkommenes Forschungsobjekt. Die Schandtaten ihrer Schützlinge nehmen sie billigend in Kauf, werden sogar selbst handgreiflich, als diese von der PSA bedroht werden. Diese Parallelen geben dem Band 26 einen ganz eigenen Rahmen, wobei sich Thematik und Handlung doch sehr unterscheiden.

Pat Hachfeld hat für beide Geschichten wieder den Zeichenstift ausgepackt und zwei herrliche Illustrationen umgesetzt. Als Thema für die Ghul-Story wurde hier das Erscheinen der Dämonengöttin Rha-Ta-N’my gewählt, das zweite Bild orientiert sich an dem Originalcover von Lonati, welches wir auch auf dem Einband finden – nur wird hier der folgenschwere Angriff auf Inspektor Dixon und nicht die Eingangsszene mit Harold Glancy (ein Nebencharakter, den ich in der Zusammenfassung nicht erwähnt habe) dargestellt.

Neben der bereits erwähnten Qualität der Aufmachung möchte ich noch mein Lob dem Lektorat des |BLITZ|-Verlags aussprechen. Die teilweise häufiger vorkommenden und störenden Rechtschreibfehler oder kleinen Patzer in den Original-Vorlagen der Larry-Brent-Romane sind hier alle sorgfältig ausgebessert worden …

http://www.BLITZ-Verlag.de

Korb, Markus K. – Grausame Städte (Edgar Allan Poes Phantastische Bibliothek Band 1)

_Der Fänger im Schlafmohnfeld._

Edgar Allen Poe ist eine wichtige Persönlichkeit der phantastischen Literatur, so weit nichts Neues. Seine teils delirierenden Streifzüge durch bizarre Alpdruckwelten sind noch heute Inspiration für Autoren. Um dem Rechnung zu tragen, hat der BLITZ-Verlag „Edgar Allen Poes Phantastische Bibliothek“ ins Leben gerufen, eine literarische Verbeugung vor dem opiumschmauchenden Wort-Virtuosen. Aber es irrt sich, wer glaubt, dass der BLITZ-Verlag eine Horde von Nachwuchstalenten verpflichtet hat, um in poeschen Werken zu wildern. Natürlich hat Herausgeber Markus K. Korb den deutschen Phantastik-Underground nicht außen vor gelassen, (er selbst hat ja diesen ersten Band zu der Reihe beigesteuert), aber gleichzeitig hat er einige Schätze von Autoren geborgen, die dem deutschsprachigen Leser bisher nicht zugänglich waren.

_Der Herausgeber hat das erste Wort!_

Markus K. Korb, 1971 in Weimar geboren, hat sich der düsteren Phantastik verschrieben und widmet diesen ersten Band der „Edgar Allen Poe“-Reihe seinen „Zwei-Städte-Zyklus“. Insgesamt acht Geschichten entführen den Leser in die dunklen Eingeweide von Venedig und von Berlin. Vier Storys pro Stadt, nicht zusammenhängend, aber durch Anspielungen und einen kalkulierten Aufbau miteinander verflochten. Hiermit seien sie vorgestellt:

_Venezia Vicioso._

Die ersten beiden Geschichten „Concetta“ und „Carnevale in Venecia“ sind keine „Geschichten“ im klassischen Sinn: Es gibt nur einen einzigen Protagonisten, den Ich-Erzähler, der seine jeweilige Situation darstellt. Es sind innere Monologe mit düsterem Ausgang („Concetta“), oder von allegorischer Qualität („Carnevale in Venecia“). Es ist schwierig, den Leser zu unterhalten, wenn es keine „Spannung“ im eigentlichen Sinn gibt, und Korb hat es hier nicht wirklich geschafft, den Gedankenwelten seiner Protagonisten so viel Atmosphäre zu verleihen, dass dieser Spannungsmangel kompensiert werden könnte. Wenigstens „Concetta“ lebt von seiner morbiden Stimmung, aber der philosophische Streifzug durch den „Carnevale in Venecia“ ist einfach zu schwach, um mitzureißen.

„Das Ikarus Prinzip“ versucht sich dann an einer „wirklichen“ Story, und das funktioniert auch gar nicht schlecht. Ganove Mario hat es sich zum Ziel gemacht, im Palazzo Dario einen Rubin zu stehlen, um sich endlich zur Ruhe setzen zu können. Während seiner Anfahrt mit einer Touristengruppe erfährt Mario von mysteriösen Geschehnissen im Palazzo. Natürlich glaubt er kein Wort davon, bis er in ein lebendiges Fresko stürzt, um dort mit Dionysos höchstpersönlich einen zu bechern. Die Story macht Spaß, und die Auflösung ist nett, allerdings merkt man auch, wo Korb seine Schwächen hat: in den Dialogen. Aber was soll’s, in dieser Disziplin waren seine beiden Vorbilder Lovecraft und Poe ja auch keine Weltmeister.

Während sich die ersten beiden Storys an Poe’schen Prosa-Streifzügen orientieren, greift „Die Insel der Gräber“ auf Lovecraft-Thematik zurück: Die Leichen von Venedig werden auf die Insel der Gräber geschafft, wo sie der Totengräber bestattet. Diese Insel hat einen morbiden Ruf und eine noch morbidere Ausstrahlung, der Pfarrer bittet den Ministranten Paolo darum, dass er nicht an der Zeremonie teilnimmt, sondern sich mit dem missgebildeten Totengräbersohn abgibt. Wiederum keine schlechte Stimmung, die Korb hier entfesselt, aber ähnlich wie bei den ersten beiden Storys, hat man ständig das Gefühl, dass er unbedingt etwas Ähnliches schaffen möchte wie seine Vorbilder – und das kann eben keiner.

_Bizarres Berlin._

In „Insomnia“ darf der Leser einen jungen Dandy begleiten, der sich in das Nachtleben des betuchten Berlin stürzt, um seine Vergnügungssucht zu stillen. Recht bald erfährt man dann auch, wie besagter Nachtwandler das zu erreichen gedenkt …
Also, das alte Berlin (20er, 30er Jahre) hat Korb hier wirklich spürbar werden lassen (zumindest so, wie er es sich vorstellt); beschreiben kann er! Nur der Story fehlt der rechte Drive, Spannung ist kaum vorhanden, und sehr schnell errät man das bizarre Hobby, mit dem sich der Protagonist die Zeit vertreibt. Schade!

„Der Schlafgänger“ beleuchtet stattdessen die Armenviertel im Berlin von 1842, und erneut hat Korb die Stimmung beklemmend und spürbar eingefangen. Die Familie des Ich-Erzählers lebt am Existenzminimum und muss sich daher „Schlafgänger“ in die Wohnung holen, um sie finanzieren zu können, eine Art Untermieter, die sich in der Stube der Familie zum Schlafen legen. Eines Nachts nimmt eine vermummte Gestalt dieses Angebot in Anspruch und verbreitet alleine durch ihre Anwesenheit eisiges Unbehagen. Der Bruder des Erzählers erkrankt plötzlich, und schnell ist ein Verdächtiger gefunden …

Diese Story wurde bereits im „phantastisch!“-Magazin veröffentlicht, zu Recht, denn in dieser Sammlung ist sie die stärkste. Ähnlich wie der Erzähler fragt man sich ständig, ob der Schlafgänger nun tatsächlich das Böse in die Familie bringt. Beklommen zittert man um das Schicksal des Bruders und teilt den Verdacht des Erzählers. Erinnert ein wenig an „Die Nacht des Roten Todes“ von Poe.

„Wir sehen alle besser aus in Schwarz und Weiß“ dagegen ist wieder schwächer: Ähnlich wie „Concetta“ ein Ich-Bericht über ein Leben, das in Wahnsinn mündet, aber der Grund dafür, warum wir denn nun alle besser aussehen in Schwarz und Weiß, klingt arg konstruiert und will sich aus dem Mund des Protagonisten einfach nicht nachvollziehbar anhören.

„Tief unten“ ist die Geschichte von „Woffo“, einem menschenscheuen Caver, der seine Zeit am liebsten damit verbringt, durch die Katakomben Berlins zu kraxeln, um dort Geheimes zu entdecken. Eines Abends bekommt Woffo eine Karte in die Hand gedrückt, die ihn zu verstecktem Nazi-Gold führen soll. Anstelle von gelbem Edelmetall erschließt sich ihm eine Verbindung zwischen nordischer Mythologie und der Nazi-Ideologie, die von einschneidender Bedeutung ist …

Qualitativ würde ich die „Tief unten“ in die Liga von „Der Flug des Ikarus“ packen: eine interessante und mitreißende Geschichte, die in ein überraschendes Ende mündet. Hier höre ich den Autor selbst: kein Nacheifern, keine Anklänge, Anspielungen und Zitate, und das steht Korb einfach am besten.

_Aufwärmübung für eine interessante Reihe._

Ehrlich gesagt halte ich „Grausame Städte“ für einen recht ungeschickt gewählten Auftakt der „phantastischen Bibliothek“. Korb macht seine Sache nicht schlecht, und Unterhaltungswert bietet seine Storysammlung allemal, aber an der schieren qualitativen Übermacht des zweiten Bandes zerschellt er einfach: [„Das Alptraum-Netzwerk“ 1023 von Thomas Ligotti türmt sich wie ein Wolkenkratzer über Korbs „Grausame Städte“. So weit wird ein mancher Leser aber vielleicht gar nicht kommen, wenn seine Erwartungen von Band 1 geprägt worden sind: Korb liefert solide Qualität, die man haben kann, aber nicht haben muss, für Freunde wortgewandter Phantastik interessant, aber keinesfalls unverzichtbar.

_Nachwort: zum Nachwort._

Die Idee, zu jedem Autor der Reihe ein informatives Nachwort zu verfassen, ist stimmig und sinnvoll, aber was Eddie Angerhuber da über Korb und seine „Grausamen Städte“ vom Stapel lässt, ist teilweise zu putzig. Mit tiefschürfender Metaphorik ergründet sie die Genialität des deutschen Nachwuchsautors und garniert ihre Lobeshymnen mit germanistischem Imponierjargon. Bitte nicht falsch verstehen, Markus K. Korb verfügt über eine gute Sprache und seine Storys heben sich durchaus ab vom Standard, aber „Carnevale in Venecia“ als „atmosphärisch-desillusionierte Kontemplation“ zu bezeichnen, ist so, als würde man einen BigMac als „Garniertes Angus-Flambét zwischen temperiertem Sesam-Weizen-Baguette“ umschreiben. Lieber Himmel …

Shocker, Dan – Hexensabbat (Larry Brent, Band 25)

_Hexensabbat_

Inspektor Paul Tabbert leitet bei Scotland Yard eine Sonderkommission, die sich mit der aktuell anwachsenden Zahl von Kindesentführungen um London herum befasst. Sein neuester Klient ist die leidgeplagte Helen Garison, deren Mann vor nicht allzu langer Zeit bei einem eigenartigen Unfall ums Leben kam. Jetzt ist auch noch ihr Sohn Jonny seit Tagen verschwunden, dieser zweite Schicksalsschlag treibt die Frau langsam in den Wahnsinn.

Was Tabbert noch nicht weiß, ist, dass die Entführungen auf das Konto eines gnadenlosen Satanskultes gehen. Der Kopf dieses Hexenzirkels bezeichnet sich selbst als der Great Ram, er verbirgt seine wahre Identität hinter der Maske eines Ziegenbocks, und dieser Wahnsinnige bringt die entführten Kinder dem Teufel als Menschenopfer dar.

Tabberts Vorgesetzter, Chiefinspektor Higgins, hat die PSA eingeschaltet, daher legt sich Larry Brent zusammen mit Tabbert auf die Lauer, und sie haben tatsächlich Erfolg. In der Spielwarenabteilung eines Kaufhauses werden sie Zeugen einer weiteren Kindesentführung, welche sie nach einer aufreibenden Verfolgungsjagd glücklicherweise vereiteln können. Die blonde Kidnapperin kann leider entkommen. Durch dieses Ereignis wird die Teufelssekte aufgeschreckt und setzt drastischere Methoden gegen die Störenfriede ein. Wie schon bei einem Verräter aus den eigenen Reihen, töten sie Inspektor Tabbert durch eine Art Voodoo-Zauber, ein plötzlicher Herzinfarkt beendet die Karriere des Scotland-Yard-Beamten.

Larry fällt bei seinen weiteren Nachforschungen in die Hände einiger Vebündeter des Great Ram. Seine einzige Hoffnung ist Morna Ulbrandson, die sich an die Fersen einiger möglicher Anhängerinnen des Hexenclubs geheftet hat und heimlich dem Sabbat beiwohnt, nur leider verfällt sie selbst dem Bann des Great Ram. Im Rausch wird sie hilflose Zeugin einiger abartiger Rituale, während Larry besinnungslos in einem Kerker auf sein Opferung wartet …

Große Skepsis meinerseits am Anfang, denn der erste Gedanke war: ‚Oh nein, nicht eine dieser ausgelutschten Teufels-Sekten-Storys!‘, doch ich wurde sehr angenehm überrascht. Die Szenerie die Dan Shocker hier aufbaut, hat nicht diesen faden unspektakulären Beigeschmack vieler Gruselgeschichten mit eben diesem plattgetretenen Thema. Hier wird eine clevere und absolut düstere Geschichte gestrickt. Speziell das erbarmungslose Schicksal von Helen Garison, die ihren Mann und dann auch noch ihren kleinen Sohn verliert, nimmt einen mit. Sie ist schon völlig am Boden zerstört, bevor sie überhaupt weiß, was mit ihrem Kind passiert ist; dass es von ihm nur noch zwei Augäpfel in einem Einmachglas gibt, weiß nur der Leser (wirklich sehr starker Tobak) – vielleicht ist Shocker gerade deswegen nicht mehr auf ihr abschließendes Schicksal eingegangen.

Der Great Ram und sein Hexenclub sind keine stumpfsinnigen, lächerlichen Marionetten, die irgendeinen lahmen Götzen anhimmeln, sondern eine gnadenlose Vereinigung mit äußerst brutalen, präzisen Methoden, der wirklich nur schwer beizukommen ist. Hinzu bastelt Dan Shocker noch eine kleine persönliche Rachegeschichte als Teilmotiv mit ein und verteilt ein paar Seitenhiebe auf das reale Problem der Satanskulte in unserer Gesellschaft.

Was mich etwas störte, ist, dass Dan Shocker aufgrund der zahlreichen Handlungsstränge einige Dinge ins Leere laufen lässt und somit manche Frage unbeantwortet bleibt. Zum Beispiel: Woher hatte der Great Ram seine Voodoo-Fähigkeiten eigentlich? Hatte der Hexenzirkel wirklich Kontakte zur Hölle, wie es am Anfang den Anschein macht, und zu welchem Zweck schlossen sie sich überhaupt zusammen?
Aber man muss ja nicht immer nach den Krümeln suchen, der Kuchen hat allemal gut geschmeckt …

_Die Horror-Maschine_

In der Umgebung der chinesischen Stadt Waiyenng unter den Ruinen eines verfallenen Gehöfts benutzt der größenwahnsinnige Professor Chang Pi Wong die unterirdischen Gewölbe als Unterschlupf, um sich an einigen grauenhaften Gen-Experimenten zu versuchen.
Er hat es geschafft, aus einer einzigen Zelle eine Kreatur nach seinen Wünschen zu kreieren und diese zu klonen. Aber er vermag es auch, Menschen, die er in der näheren Umgebung kidnappen lässt, durch das Einpflanzen von Elektroden in deren Gehirnen zu manipulieren bzw. verschiedenste Urinstinkte (z. B. Kannibalismus) zu wecken.

An seiner Seite assistiert ihm sein eigener verjüngter Klon, der eine Doppelidentität als Dr. Lon Tung im Wai-Kon-Hospital genießt. Zwei unerwartete Ereignisse stören allerdings die unheimlichen Machenschaften des ehrgeizigen Wissenschaftlers. Kana, die tentakelbewährte Krönung seiner Schöpfungen, entwischt eines Nachts aus seiner Zelle und schnappt sich auf den Festlichkeiten des Verlegers Huan Lo den jungen Pao Lim. Pao ist der Verehrer von Tschiuu, der Tochter Huan Los, die das grauenhafte Wesen bei dieser Entführung zu sehen bekommt. Der Schock schlägt sich folgenschwer auf ihr Sprachzentrum nieder, sie kann nicht mehr reden.

Dennoch versucht Chang mit allen Mitteln, das junge Mädchen zu beseitigen, da er befürchtet, sie könnte etwas über Kana ausplaudern. Dann schafft es auch noch einer seiner Gefangenen, aus den Gewölben zu entkommen. Der Fischer Tau Ching berichtet X-RAY-1 von seiner erfolgreichen Flucht und von den grauenhaften Experimenten des Wahnsinnigen.

Sofort wird Larry Brent auf eine riskante Mission nach China gesandt. Um Problemen mit den ausländischen Behörden aus dem Weg zu gehen, nimmt Larry das Aussehen und die Identität des Reporters Pet Reynolds an, täuscht in China einen Herzinfarkt vor und landet schließlich in der Leichenhalle des Wai-Kon-Hospitals. Hier kommt er nach seinem Erwachen dem kaltblütigen Lon Tung bei seinen Bemühungen in die Quere, die arme Tschiuu endgültig in den Wahnsinn zu treiben. Tung kann beide überwältigen. Tschiuu und Larry landen letztendlich in den schrecklichen Gewölben des Professor Chang, der ihnen jeweils eine der berüchtigten Elektroden einpflanzen will …

Dan Shocker hat sich diesmal das Thema Genforschung in seiner extremsten Form als Grundthema ausgeguckt und wartet mit einigen grandiosen Ideen auf. Da kann auch der missverstandene und entsprechend menschenverachtende Wissenschaftler nicht weit sein, mit Professor Chang werden wir mit einem ganz miesen Kameraden dieser Sorte Bösewicht konfrontiert.

Wieder mal glänzt Shocker durch meisterliche, pseudo-wissenschaftliche Ausflüge nicht nur im Hinblick auf die unheimlichen Kreaturen, sondern auch darauf, wie Larry bei seiner riskanten Mission mit biosynthetischer Maske und kreislaufsenkenden Seren versehen wird – ein ganz tiefer Griff in das Geheimagentenarsenal à la 007. Die Handlung ist schlüssig, spannend und ohne größere Längen, so dass man von der ersten bis zur letzten Seite bestens unterhalten wird. Der fernöstliche Schauplatz gibt der Geschichte noch ihren ganz eigenen Reiz – insgesamt also ein wahrhaftiger Volltreffer …

Und wieder gibt der BLITZ-Verlag diesen beiden Geschichten des Altmeisters der Gruselgeschichten Jürgen Grasmück alias Dan Shocker seinen ganz speziellen Rahmen, wenn auch das nostalgische Flair der Larry-Brent-Romane beibehalten wird. Im Kopf finden wir den altbekannten Schriftzug, eingerahmt durch die Knochenhände, und auf dem Cover das Lonati-Bild zu „Hexensabbat“. In dem Paperback selbst hat Pat Hachfeld wieder sein Können gezeigt und die Atmosphäre der jeweiligen Geschichte in einer eigenen einleitenden Illustration bestens eingefangen. Hinzu kommen immer wieder die kleinen illustrierten Knochenhände als Szenentrenner. Ein ganz besonderes Plus ist das kleine Glossar am Ende jeder Geschichte, in dem noch mal alle auftretenden Figuren und ihre jeweiligen Schicksale zusammengefasst werden; der Leser kann nach dem Finale abschließend die Handlung Revue passieren lassen. Eine Bestellkarte, die man bei Bedarf auch als Lesezeichen umfunktionieren kann, rundet das Ganze ab.

Dieser Band wird dem populären PSA-Agenten bestens gerecht und macht Lust darauf, die gesamte Sammlung besitzen zu wollen.

http://www.BLITZ-Verlag.de

Shocker, Dan – Wahnsinnsbrut (Larry Brent 30)

|“Sanatorium der Toten“|

Angelique Gourmon verbringt einige Tage alleine auf dem großen Anwesen ihrer Familie. Doch in Abwesenheit ihres Vaters tragen sich seltsame Dinge zu; eines Nachts erwacht Angelique in einem schwarzen Sarg und flieht völlig verängstigt aus dem eigenen Haus. Dabei rennt sie direkt vor einen Krankenwagen aus der benachbarten psychiatrischen Klinik. Statt sich jedoch auf die Hilfe der Sanitäter einzulassen, erzählt Angelique weiter von ihren düsteren Visionen und wird in das
Sanatorium von Professor Mineau eingeliefert.

Währenddessen geht X-RAY-3, Larry Brent, dem Verschwinden einiger junger Mädchen nach. Seine Spur führt ihn in einen anrüchigen Nachtclub, in dem er die hünsche Yvonne Basac beobachtet. Sein Versuch, die Dame näher kennen zu lernen, bringt jedoch nicht den erwünschten Erfolg, und so kann Brent auch nicht sofort eingreifen, als der angeblich Geliebte Marquis de Noir seine Herzdame auf sein Anwesen verschleppt. Brent nimmt zwar die Verfolgung auf, wird aber selber niedergeschlagen und tappt weiterhin im Dunkeln.

Als er wieder erwacht, trifft er die tolpatschige Bauersfrau Louise, die ihm von einigen mysteriösen Geschichten rund um das Schloss des Marquis erzählt. Der grausame Marquis hat vor mehreren Jahrhunderten eine grausame Folterkammer eingerichtet, die Gerüchten zufolge auch heute noch in Benutzung sein soll. Brent begibt sich schließlich selber ins Schloss und macht dort einige furchtbare Entdeckungen. Er hat die Brutalität der Verbrecher unterschätzt und fordert Hilfe von X-RAY-1, Morna Ulbrandson, an. Die hübsche Schwedin passt äußerlich perfekt ins Schema der verschwundenen Damen und erklärt sich bereit, den Lockvogel zu spielen. Gemeinsam kommen die beiden dem geheimnisvollen Treiben im Sanatorium des Professors auf die Spur, begeben sich aber erneut in große Gefahr …

|“Die Wahnsinnsbrut des Dr. Satanas“|

Larry Brent und sein Kollege Iwan Kunaritschew werden in die uruguayanische Hauptstadt Montevideo beordert, um dort in der Angelegenheit einer vollkommen entarteten Erscheinung des Wahnsinns zu ermitteln. Vor Ort haben einige Menschen nämlich eine völlig neue Methode, sich wütender Hunde zu entledigen, entdeckt; statt nämlich die Flucht zu ergreifen, stellen sie sich den wilden Tieren und fressen sie kannibalengleich auf.

Brent und Kunaritschew verfolgen verschiedene Spuren. Während X-RAY-3 mit den Familien der Betroffenen redet, sucht sein russischer Freund die Anstalt, in der die Wahnsinnigen ‚aufbewahrt‘ werden, auf und erfährt dabei die schreckliche Wahrheit über diese Menschen. Sie wurden ihrer Organe vollständig beraubt und tragen in ihrem Inneren nun eine mysteriöse graue Masse mit sich herum. Bevor Kunaritschew seinen Kollegen über die Neuigkeiten in Kenntnis setzen kann, setzt dieser jedoch schon einer neuen Spur hinterher. Ein junges Mädchen führt ihn nämlich sofort in das Hauptquartier des berüchtigten Dr. Satanas. Brent bringt in Erfahrung, dass dieser hinter der gesamten Manipulation steckt. Wohl wissend, dass Brent für die Geheimorganisation PSA arbeitet, bietet Satanas dem Agenten an, an seiner Seite zu kämpfen und gemeinsam mit dem verrückten Doktor die Weltherrschaft an sich zu reißen. Nachdem er Brent schließlich per Hypnose ausgeschaltet hat, befreit er die gefangenen Wahnsinnigen und startet einen infernalischen Angriff …

_Meine Meinung_

Im Band „Wahnsinnsbrut“ – das 30. Buch in der Sammelreihe des BLITZ-Verlags, in der in loser Folge bereits über 100 Titel geplant oder erschienen sind – klafft die Schere der Spannung arg weit auseinander. Wie eigentlich immer bei Larry Brent spielen Klischees aus dem Horror-Bereich eine übergeordnete Rolle und werden besonders im Falle der ersten Story voll und ganz bedient. In „Sanatorium des Todes“ lässt Dan Shocker keine einzige Peinlichkeit aus und versucht ab dem verspäteten Eingreifen von Larry Brent, die trübe Geschichte mit den verschiedensten stilistischen Mitteln interessant zu halten – jedoch erfolglos! „Sanatorium“ hat im Endeffekt mehr von einem Bericht als von einer Gruselstory. Eine Guillotine hier, grausam verstümmelte Leichen dort und obendrein noch ein paar völlig verstörte junge Frauen, die allesamt Bekanntschaft mit dem totgeglaubten Marquis gemacht haben. Hört sich nicht schlecht an, ist aber im Prinzip ziemlich langweilig. Der Leser wird im Laufe der Erzählung einfach zu oft vor vollendete Tatsachen gestellt, und je weiter die Geschichte voranschreitet, desto vorhersehbarer wird sie schließlich auch. Der Autor zeigt sich bei den Beschreibungen der einzelnen Szenarien allerdings auch sehr, sehr schwach. Symbolisch hierfür steht die Darstellung des Kellergewölbes mit der Folterkammer. Die Beschriebung an sich reicht nicht aus, um die erwünschte Atmosphäre zu erzeugen, also wirft man anschließend einfach ein paar Schlagworte wie Spinnweben, Nebel, usw. in die Runde und versucht somit, das fehlende Element zu erzwingen. Aber so geht das leider nicht!

Und diese Mischung aus unambitionierter Erzählung und lahmen Darstellungen zieht letztendlich auch bis zum Schluss durch. „Sanatorium der Toten“ ist in meinen Augen eine der schlechtesten Geschichten um den Geheimagenten des PSA und zieht sich trotz des vergleichsweise geringen Seitenumfangs wie Käse. Wer einen Einstieg in diese eigentlich immer gute Serie sucht, ist hier falsch beraten.

Ganz anders sieht es da schon mit der zweiten Story innerhalb dieses Sammelbands aus; das eigentliche Titelstück, „Die Wahnsinnsbrut des Dr. Satanas“ schreitet nämlich wesentlich rasanter voran und wirkt im Bezug auf die Kreation der Atmosphäre auch nicht aufgesetzt. Der Leser hat zwar auch hier relativ schnell einen Riecher dafür entwickelt, wohin die Erzählung zum Ende hin führen wird, aber alleine schon die um ein Vielfaches verbesserten Darstellungen der Action-Handlungen und die weitaus besser motivierten Charaktere (hier vor allem Brent und sein Kollege Kunaritschew) treiben den Lesespaß nach dem ernüchternden Vorgänger-Plot schlagartig wieder in die Höhe. Zudem beschränken sich die Klischees in „Die Wahnsinnsbrut des Dr. Satanas“ auf Sachen wie einen verrückten Professor und die Zombie-ähnliche, aber insgesamt sehr gelungene Charakterisierung der ‚Infizierten‘. Die Idee mit den völlig entarteten Menschen, die sich gegenüber Hunden wie Kannibalen verhalten, ist sogar sehr frisch, was auch für ihre Entwicklung im Laufe des Romans gilt.

Auch hinsichtlich der Atmosphäre ist die Handlung wieder auf gewohntem Niveau; die Grundstimmung wirkt beklemmender und die Bedrohung wird hier viel offensichtlicher in Szene gesetzt. Die Szenen, in denen die ‚Hundefresser‘ zur Tat schreiten, sind dabei das i-Tüpfelchen einer packenden Grusel-Story.

Inhaltlich und bezüglich der Schwerpunkte mögen sich die beiden Geschichten enorm ähneln, qualitativ ist allerdings ein mächtiger Unterschied zu erkennen. Während die Geistesgestörten in der ersten Handlung noch vollkommen blass bleiben, wirkt die Wahnsinnsbrut im zweiten Teil tatsächlich sehr bedrohlich und bietet dem Leser das, was er von einem guten Larry-Brent-Roman erwartet. Vielleicht besteht der Fehler in „Sanatorium der Toten“ auch darin, die Geschichte zu nahe an einen klassischen Krimi anzulehnen; irgendwann weiß der Autor nicht mehr, was er nun aus der Sache machen soll: eher eine typische Ermittlungs-Story oder dann doch eine geschickt inszenierte Horror-Geschichte. In beiden Belangen hat er sein Ziel verfehlt und statt zu unterhalten eher für Langeweile gesorgt. „Die Wahnsinnsbrut des Dr. Satanas“ hingegen ist deutlich zielstrebiger. Shocker weiß, worauf er hinaus will, und arbeitet ohne überflüssige Rahmenhandlung auf eine sehr actionreiche, vor allem aber spannende Handlung hin, die man prima in einem Guss verschlingen kann. Typisch Brent eben.

Als Rezensent steht ich am Schluss vor einer schwierigen Aufgabe. Einerseits möchte ich den Lesern auf jeden Fall diese zweite Geschichte empfehlen; andererseits möchte ich sie aber vor der offenkundigen Langeweile in „Sanatorium der Toten“ bewahren. Wem 9,95 € für eine gut 100 Seiten lange Grusel-Story nicht zu viel sind, sollte sich die auf 999 Exemplare limitierte Ausgabe nicht entgehen lassen. Alle anderen sollte wohl besser auf einen anderen Sammelband aus der umfangreichen Reihe zurückgreifen.

http://www.blitz-verlag.de

Dan Simmons – Lovedeath

Fünf Kurzgeschichten bzw. Novellen, die um die Themen Liebe oder/und Tod kreisen, sammelt dieser Band, der zwar als „Horror“-Taschenbuch erscheint, aber vergleichsweise wenige Elemente des Übernatürlichen bietet. Stattdessen geht es um die beiden grundlegenden Gefühle in ungewöhnlichen, meist krisenhaften Situationen. Facettenreich und meisterhaft lotet der Verfasser aus, wie erstaunlich und erschreckend dünn die Trennlinie zwischen Liebe (oder Leben) und Tod ist.

Inhalt

Das Bett der Entropie um Mitternacht („Entropy’s Bed at Midnight“, S. 29-70): Ein auf die Untersuchung bizarrer Unglücksfälle spezialisierter Versicherungsvertreter meint die Regel entdeckt zu haben, dass der Tod der Liebe zwingend und unter grausamen Begleiterscheinungen folgen wird …

Tod in Bangkok („Dying in Bangkok“, S. 71-128): Ein ehemaliger Vietnamkämpfer sucht in Thailand nach einem Mutter-Tochter-Vampirpaar, das einst seinen besten Freund auf höchst extravagante Weise zu Tode brachte …

Sex mit Zahnfrauen („Sleeping With Teeth Women“,129-222): Ein junger Indianer begibt sich auf eine lange, gefährliche Reise, an deren Ende er in jeder Beziehung zum Mann gereift oder tot sein wird …

Flashback („Flashback“, S. 223-284): Die Bevölkerung der USA dämmert im Bann einer Droge dahin, die es ermöglicht, vergangene Ereignisse noch einmal zu durchleben …

Der große Liebhaber („The Great Lover“, S. 285-431): Im I. Weltkrieg erlebt ein junger Schriftsteller das Grauen der französischen Schützengräben. Im täglichen Kampf um das Überleben hilft ihm eine wunderschöne Geisterfrau, die er bald für den leibhaftigen Tod halten muss …

Lang oder kurz bzw. irgendwo dazwischen

Die Novelle ist der ungeliebte Bastard zwischen Roman und Kurzgeschichte. Literaturwissenschaftler werden bei diesem Bild aufschreien, doch es trifft dennoch den Kern der Sache. In einem langen Vorwort (S. 13-27) erläutert Dan Simmons, dass diese mittellange Erzählform als höchst marktschädlich gilt. Romane verkaufen sich besser als Kurzgeschichten, Storysammlungen immer noch besser als Novellen. Diese sind gleichzeitig zu lang und zu kurz. Gleichzeitig gibt es freilich gute Gründe für ihre Existenz: Manche Idee ist für die mittellange Form geboren. Nur wenige Autoren gehen jedoch das Risiko ein dies zu berücksichtigen. Lieber walzen sie das, was ihnen eingefallen ist, zum (mehrbändigen) Roman aus.

Dan Simmons kann es inzwischen einen gewissen Konfrontationskurs leisten. Wie Stephen King, Peter Straub oder Clive Barker gehört er zu den ganz Großen der Phantastik, hat sich aber auch in anderen Genres etabliert. In „Lovedeath“ wirft er seinen Verlegern gleich zwei Fehdehandschuhe hin: Er liefert ihnen Novellen, die zu allem Überfluss nicht einmal ‚richtigen‘ Horror bieten.

Obwohl der Leser in seiner Mehrheit ein Gewohnheitstier ist, geht Simmons das Risiko ein, auch sein Publikum zu verwirren. „Tod in Bangkok“ ist fast Grusel, „Flashback“ irgendwie Science Fiction. Doch der Verfasser hält sich nicht an Genregrenzen, die er überspringt und sogar Erzählungen präsentiert, die verdächtig in Richtung Belletristik (= ’schöne‘ bzw. ‚echte‘ Literatur) gehen.

Was Simmons tatsächlich gelingt, ist das Ad-Absurdum-Führen einer viel zu lang postulierten Grenze: die zwischen „E“- und „U-Literatur“ nämlich. „Lovedeath“ bietet schlicht spannende Geschichten, die gleichzeitig Stoff zum Nachdenken bieten. Zwar stößt der Autor gewaltig ins Horn: „Lovedeath“ sollte eigentlich (auch im Original) „Liebestod“ heißen und eine Beziehung zu Richard Wagners Oper „Tristan und Isolde“ herstellen. So schlimm kommt es jedoch nicht; Simmons bietet durchweg schnörkellose Lektürekost. Ohnehin stellt sich die Frage, ob es überhaupt Literatur gibt, in der Liebe und Tod ausgespart bleiben. Auch Simmons hat inhaltlich wie formal sehr unterschiedliche Erzählungen unter den gemeinsamen Titel gestellt, der dadurch wie eine weit gespannte Klammer wirkt.

Faszinierende aber unbequeme Wahrheiten

Betrachten wir uns die fünf Novellen ein wenig näher. „Das Bett der Entropie um Mitternacht“ kreist um die bekannte aber ungeliebte Erkenntnis, dass es Liebe ohne Risiko nicht gibt. Das Schicksal hat den männlichen Protagonisten doppelt geschlagen: Sein Sohn kam bei einem jener tragischen Unfälle um, mit denen er sich beruflich im Auftrag einer Versicherung beschäftigt. Seither lebt er wie auf dünnem Eis, vermeidet ängstlich jedes Risiko und würde vor allem seine kleine Tochter am liebsten niemals aus den Augen lassen. Immer wieder zitiert er aus seinen „orangefarbenen Akten“, in denen er festhält, wie aus einem nichtigen Anlass eine Tragödie erwachsen kann. Der übervorsichtige Vater kommt zu der Erkenntnis, dass er sein Kind nicht vor allen möglichen Übeln bewahren kann oder muss – er raubt sonst ihr und sich die Lebensfreude. Klingt langweilig? Von wegen! Simmons trifft exakt die richtigen Töne, er weiß Gefühle in Worte und Bilder zu übersetzen und spart zwischendurch nicht mit rabenschwarzem Humor, wenn er von ebenso lächerlichen wie grausamen Unglücksfällen erzählt. (2000 griff Simmons dies übrigens für seinen spannenden Thriller „Darwin’s Blade“, dt. „Das Schlangenhaupt“, wieder auf.)

„Tod in Bangkok“ wirkt wie ein „Nebenwerk“ zu Simmons’ berühmten, mehrfach preisgekrönten Romanerstling „Song of Kali“ (1985; dt. „Göttin des Todes“/“Song of Kali“). Das tropische Asien stellt er als dampfende Sickergrube dar. Bangkok ist eine Stadt, in der Suff, Drogen und Sex zusammen mit Gesetzlosigkeit, Korruption. Armut und Schmutz in einer Halbwelt zusammenfließen, in der sogar der Tod käuflich ist. So deutlich wie keine andere Erzählung macht „Tod in Bangkok“ deutlich, wieso Simmons selbst dieses Buch nicht „Leben und Tod“ nannte: Die Liebe kann durchaus beides subsumieren. Die Atmosphäre rücksichtsloser Verderbtheit verleiht „Tod in Bangkok“ als Erzählung eine unheilvolle Anziehungskraft, während die eigentliche Handlung kaum überraschen kann. In den 1990er Jahren mag AIDS als Symbol modernen Schreckens gewirkt haben. Heute hat Gleichgültigkeit diesen Effekt beeinträchtigt; der von Simmons heraufbeschworene Horror aus Sex und ‚verdorbenem‘ Blut verwandelte die Welt doch nicht in ein Siechen- und Beinhaus, sondern blieb mehr oder weniger auf die Länder der Dritten Welt beschränkt, was ihn problemlos ignorierbar werden ließ.

Mythen ohne Tümeleien

„Sex mit Zahnfrauen“ überrascht als farbenprächtiger Streifzug durch die (Mythen-) Welt der nordamerikanischen Ureinwohner. Der weiße Mann beginnt sich bereits breit zu machen auf den Prärien des nur scheinbar unendlich weiten Kontinents aber noch geben die Indianer sich nicht geschlagen und führen wie seit Jahrtausenden ein Leben, das geprägt wird vom Existieren in und von der Natur sowie einem Glauben, der Geister und mythische Wesen in Tieren, Pflanzen, Felsen oder Quellen ortet; das Nebeneinander von Realität und Übernatürlichem wird als völlig normal erachtet.

In dieser harten aber harmonischen Welt erleben wir die Abenteuer eines jungen Tunichtguts, der eigentlich nur der schönen Maid im Nachbarzelt an die Wäsche möchte, stattdessen seine Berufung zum Schamanen erfährt und sich plötzlich auf einer aufregenden Reise durch sein Land wieder findet, die ihren gefährlichen Höhepunkt in der Begegnung mit den „Zahnfrauen“ des Titels findet – einer besonders für geile junge Kerls unerfreulichen Spezies weiblicher Dämonen. Simmons hat fleißig recherchiert für seine Novelle; letztlich sollte man indes vorsichtig sein mit der Beantwortung der Frage, in wie weit oder ob überhaupt es ihm gelungen ist die historische Realität einer versunkenen indianischen Kultur neu zu beleben. Er präsentiert auf jeden Fall seine unterhaltsame, spannende, mit Humor nicht sparende Version, in der er kräftig gegen kitschigen Ethno-Quark à la „Wer mit dem Wolf tanzt“ vom Leder zieht.

Harte Alternativ-Realität

Eine beklemmende Vision gelingt Simmons mit „Flashback“. In den 1990er Jahren galten die Japaner als ökonomische Gegner, welche die USA wirtschaftlich ins Abseits zu drängen oder gar aufzukaufen drohten. Auf dieser Schiene fährt Simmons ein Stück in eine gar nicht so ferne Zukunft. Die USA sind von der Weltmacht zum Armenhaus abgestiegen; die Schulden der Reagan-Jahre haben das einst reichste Land der Welt zum Schuldner Japans und der Europäischen Gemeinschaft gemacht, die ihre Wirtschaftskriege von amerikanischen Soldaten auskämpfen lassen. Damit diese Weltordnung gewahrt bleibt, schleusen die neuen Herren die Droge „Flashback“ in die USA ein. Fast jeder Bürger nimmt es, ist abhängig davon, kommt nicht auf den Gedanken gegen sein Schicksal aufzubegehren.

„Flashback“ erzählt die Geschichte einer Durchschnittsfamilie, die zufällig von diesem Komplott erfährt. Das genretypische Happy-End bleibt aus; dem ungemein detailliert beschriebenen Alltagsleben der dystopischen Art folgt ein konsequent düsteres Finale, das Simmons zudem als Schriftsteller zeigt, der sich schon vor mehr als einem Jahrzehnt nur zu gut vorstellen konnte, was Globalisierung tatsächlich bedeuten kann.

Delirien eines ‚großen‘ Krieges

Beinahe Romanlänge erreicht „Der große Liebhaber“, die eindringlichste aber auch seltsamste Erzählung dieses Bandes. Akribisch rekonstruiert Simmons die fiktiven Erlebnisse eines jungen Mannes und Schriftstellers, der in den Weltkrieg von 1914-18 zieht und seine Erlebnisse während des realen Somne-Feldzugs von 1916 schildert. Dieser entwickelte sich zu einer Hölle auf Erden, in der die Soldaten aller Krieg führenden Länder zu Hunderttausenden verheizt wurden. Simmons kreiert Bilder äußersten Schreckens, die sich eng an zeitgenössischen Frontberichten orientieren. Eine ganze Generation junger und talentierter Schriftsteller zog mit in diesen Krieg. Sie schrieben über das Grauen, das sie hautnah erlebten, und das mit dem Talent, das ihnen gegeben war. Immer wieder streut Simmons Gedichte aus und vom Krieg ein seine Novelle ein. Er lässt sie von seinem Protagonisten verfassen; in ihrer poetischen Wucht und Eindringlichkeit verdichten sie künstlerisch den Schrecken, den Simmons ansonsten betont sachlich in knapp gehaltenen Tagebucheinträgen fixiert.

„Der große Liebhaber“ lässt seine Leser freilich ratlos zurück. Was möchte uns der Autor sagen? Krieg ist die Hölle, das stellt er wortgewaltig unter Beweis. Dennoch belebt Simmons primär die Erinnerung an einen Krieg, der längst Geschichte ist. Gewisse Strukturen des Schreckens – durch die Kriegshistorie zieht sich als dicker roter Faden die Menschen verachtende Dummheit frontfern entscheidender Feldherren – sind zeitlos. Trotzdem erschreckt Simmons eher vordergründig durch drastische Splatter-Szenen als durch die Darstellung der Sinnlosigkeit des Grabenkampfes.

Aufgesetzt wirken außerdem jene Szenen, in denen der psychisch überforderte Soldat die „Lady in Weiß“ halluziniert. Sie sollen seine ungebrochene Lebenslust bzw. -sehnsucht im Angesicht der Hoffnungslosigkeit illustrieren. Der Schuss geht nach hinten los: Lange fragt man sich, ob Simmons von einer Kriegs- zu einer Geistergeschichte umschwenkt. (Das hatte er übrigens in der früheren Novelle „Iversons Gruben“ vor dem Hintergrund des Amerikanischen Bürgerkriegs von 1861-65 schon getan.) Der Tod in Frauengestalt kann mit den Schrecken des Schlachtfelds nicht mithalten. Es fehlt zudem eine Auflösung; das Kriegstagebuch bricht unvermittelt ab. Simmons selbst übernimmt es das Nachkriegsleben seiner Figur zu beschreiben.

Plötzlich entpuppt sich „Der große Liebhaber“ als Versuch eines Psychogramms. Nicht ohne Grund wird der I. Weltkrieg in Großbritannien noch heute als der „Große Krieg“ bezeichnet. Ganze Jahrgänge junger Männer fielen im Felde; ihr Fehlen führte zu enormen gesellschaftlichen Verwerfungen, deren Folgen sich erst nach dem Krieg abzeichneten. Simmons gelingt es nur bedingt diese Entwicklung am Beispiel eines individuellen Schicksals darzustellen. Letztlich beeindruckt und erschreckt „Der große Liebhaber“ als stupende handwerkliche Leistung eines bemerkenswerten Verfassers. Ihn deshalb gescheitert zu nennen wäre falsch: „Der große Liebhaber“ entwickelt auf jeden Fall einen düsteren Sog, dem sich kein Leser entziehen kann.

Unterm Strich ist dies wohl die Gemeinsamkeit, welche die „Lovedeath“-Erzählungen eint; ich empfinde das als großartige Empfehlung für ein Buch, das die Lektüre von der ersten bis zur letzten Seite lohnt. Ein – zudem flüssig übersetztes – Werk dieser inhaltlichen und formalen Qualität sollte in den von öden Endlosreihen dominierten Regalen der deutschen Buchmärkte keinesfalls untergehen.

Autor

Dan Simmons wurde 1948 in Peoria, Illinois, geboren. Er studierte Englisch und wurde 1971 Lehrer; diesen Beruf übte er 18 Jahre aus. In diesem Rahmen leitete er eine Schreibschule; noch heute ist er gern gesehener Gastdozent auf Workshops für Jugendliche und Erwachsene.

Als Schriftsteller ist Simmons seit 1982 tätig. Fünf Jahre später wurde er vom Amateur zum Profi – und zum zuverlässigen Lieferanten unterhaltsamer Pageturner. Dass er nicht längst in dieselbe Bestseller-Kategorie aufgestiegen ist wie Dan Brown oder Stephen King, liegt wohl primär daran, dass er auf zu vielen Hochzeiten tanzt: Simmons ist einfach zu vielseitig, lässt sich in keine Schublade stecken, versucht immer wieder etwas Neues. Leider liebt das träge Leservieh keine Aufregung, sondern hält sich lieber an das Bekannte, scheinbar Bewährte. Ein flinker Schriftsteller wie Simmons taucht unter zu vielen Masken auf und kann sich deshalb nicht als Markenzeichen etablieren. In Deutschland wird er daher wohl ewig im Taschenbuch-Getto gefangen bleiben, während es Fließband-Kolleginnen und -Kollegen längst zum gediegen gebundenen Festeinband gebracht haben, der allein vom Radar der ‚richtigen‘ Literaturkritik geortet wird: eine Ungerechtigkeit, die den wissenden Fan indes nicht davon abhalten wird, den Meister in seinen vielen Verkleidungen zu finden!

Über Leben und Werk von Dan Simmons informiert die schön gestaltete Website http://www.dansimmons.com.

Impressum

Originaltitel: Lovedeath. Five Tales of Love and Death (New York: Warner Books 1993)
Übersetzung: Joachim Körber
Deutsche Erstausgabe: Dezember 1999 (Blitz Verlag)
352 S.
ISBN-10: 3-93217-122-5
Diese Ausgabe: Oktober 2005 (Festa Verlag/Horror-TB Nr. 1512)
431 S.
EUR 9,90
ISBN-13: 978-3-86552-032-6
www.festa-verlag.de

Simmons, Dan – Lovedeath

Dan Simmons hat sich in der Vergangenheit in den verschiedensten Genres einen Namen machen können. So begeisterte der in Peoria/Illinois geboren Schriftsteller sein Publikum unter anderem mit Science-Fiction- und Horror-Romanen. Zwei der elementarsten Themen seiner Bücher waren dabei stets die Liebe und der Tod. Vor mehr als zehn Jahren, genauer gesagt 1993, hat Simmons daher auch einige Novellen verfasst, die sich ausschließlich mit diesen Schwerpunkten befassen, doch die Veröffentlichung dieser Texte zog schließlich einige Schwierigkeiten nach sich. Während der Autor diese fünf Kurzgeschichten in Amerika noch im selben Jahr auf den Markt bringen konnte, fand sich in Europa kein Verlag für die düsteren Erzählungen des Erfolgsautors. Erst zwölf Jahre später hat sich mit dem |Festa|-Verlag ein würdiger Vertrieb für den Sammelband namens „Lovedeath“ gefunden, der die fünf Episoden, begleitet von einem etwas weiter ausgedehnten Vorwort, nun auch dem deutschen Publikum zugänglich macht. Bis auf das preisgekrönte „Sterben in Bangkok“ sind die Geschichten hierzulande noch nie publiziert worden, und warum dies fast schon schändlich zu nennen ist, möchte ich in den nächsten Zeilen erklären. Doch erst einmal mehr zum eigentlichen Inhalt:

_Die Novellen_

|“Das Bett der Entropie um Mitternacht“|

Ein Versicherungsvertreter fährt mit seiner sechsjährigen Tochter Caroline ins winterliche Colorado. Doch ihr Weg in das Städtchen Boulder wird von düsteren Nebengedanken seitens des Protagonisten überschattet. Immer wieder schießen ihm Gedanken durch den Kopf, die mit seiner beruflichen Vergangenheit in Verbindung stehen. Er hat ein so genanntes |Orange File| angelegt, in dem sämtliche Unfälle, mit denen er sich bislang beschäftigen musste, aufgelistet sind. Doch nicht nur im Job ist der Mann mit Unfällen beschäftigt: Auch sein Sohn kam damals bei einem solchen ums Leben, und nun befürchtet er, dass auch seiner geliebten Tochter etwas passieren könnte. Denn eines ist ihm klar: Liebe und Tod standen in seinem Leben immer im direkten Zusammenhang zueinander …

|“Tod in Bangkok“|

Der amerikanische Arzt Merrill kehrt nach langer Zeit zurück auf die Rotlichtmeile von Bangkok. Während des Vietnamkrieges war er schon mal dort gewesen, um sich hier von den harten Strapazen der grausamen Schlacht zu erholen, jedoch musste seine Freundin Tres den Urlaub damals mit dem Leben bezahlen.

Etliche Jahre später kehrt die Erinnerung an den früheren Aufenthalt wieder zurück in Merrills Gedächtnis, und der Wunsch, die mehr als zwei Dekaden zurückliegende Schreckenstat zu rächen, keimt in dem Mediziner erneut auf. Also begibt er sich mitten im anrüchigsten Viertel von Bangkok auf die Suche nach einer mysteriösen Dame, die einen entscheidenden Einfluss auf die damaligen Ereignisse hatte.

|“Sex mit Zahnfrauen“|

Ein Medizinmann und ein Schriftsteller tauschen sich über die Vorfahren der Lakota-Indianer aus und kommen auf die Sage eines tollpatschigen Indianers zu sprechen, der einst vorgab, zum Medizinmann berufen zu sein, um so bei der Damenwelt zu landen. Daraufhin wird er einer Prüfung unterzogen, deren Ritual dem Mann namens Lahmer Dachs eine Offenbarung beschert, infolge derer er sich plötzlich sogar mit drei ziemlich eigenwilligen Damen auseinander setzen muss … die Frau, deretwegen er überhaupt erst in diese Lage gekommen ist, scheint indes in unerreichbarer Ferne zu sein.

|“Rückblende“|

In gar nicht ferner Zukunft hat sich die Weltordnung komplett verändert. Die USA sind als einstige führende Kraft vollkommen entmachtet und ihre Bürger leben seitdem im totalen Chaos. Während in den Städten die Kriminalitätsrate stetig steigt und fast überall eine bedrohliche Dunstwolke den nächsten Smogalarm ankündigt, sieht das Volk sein einziges verbliebenes Heil in einer Droge namens ‚Flashback‘. Mittels dieses Mittels ist es den Menschen möglich, die schönsten Erinnerungen der Vergangenheit neu aufleben zu lassen, doch kaum hat man seinen Rausch verlebt, verfällt man in tiefe Depression.

Auch Carols Familie hat mit den Auswirkungen der Modedroge zu kämpfen. Sie selbst verfällt stets in Nostalgie, wenn sie die gemeinsamen Momente mit ihrem Ex-Mann von neuem erlebt, ihr Vater ist mit den Folgen des Attentats auf Kennedy beschäftigt, und ihr jugendlicher Sohn leidet unter den Missständen der Entwicklung und führt ein Leben unter den Gangs der Stadt. Der durch die Erinnerung hervorgerufene Kick wird immer wieder von einer tiefen Melancholie begleitet, und so ist auch die Familie von Carol dem totalen Zerfall preisgegeben, aus dem es anscheinend keinen Ausweg mehr gibt.

|“Der große Liebhaber“|

Der englische Dichter James Edward Rooke erzählt in seinem Tagebuch von seinen grausamen Erlebnissen aus dem Ersten Weltkrieg und dabei in erster Linie von Geschehnissen, die sich im direkten Umfeld des Kriegsschauplatzes an der Somme abgespielt haben. Vor Ort hat er mit eigenen Augen beobachtet, wie die erste echte Kriegsmaschinerie Millionen Menschen das Leben kostete. Rookes Verwunderung darüber, dass er selber noch immer am Leben ist, ist beinahe genauso groß wie der Ekel vor den grauenvollen Begebenheiten, die der Krieg einem jeden Augenzeugen beschert, und genau diesem verleiht der Dichter in seinen Tagebucheinträgen von der Front auch lautstark Ausdruck.

_Meine Meinung_

Die ersten Seiten dieses Buches fand ich persönlich ziemlich anstrengend. Da wäre zunächst einmal das Vorwort, in dem sich der Autor ziemlich breit über verschiedene Motivationen bezüglich der fünf Novellen auslässt und darüber hinaus auch noch einige recht mysteriöse Gedankenanstöße gibt. Zwar ist dies alles ziemlich interessant, nach einer Weile aber auch wirklich langatmig und darf daher auch getrost überschlagen werden, zumal es auch nicht zwingend zum Verständnis der enthaltenen Kurzgeschichten beiträgt.

Einen echten Einstieg muss somit die erste Erzählung „Das Bett der Entropie um Mitternacht“ liefern, doch auch hier macht Simmons es seinem Publikum nicht gerade leicht. Die wirren Gedankenstränge des erzählenden Protagonisten und die ständigen Einschübe, in denen er von den Erfahrungen seines Berufes redet, wirken anfangs enorm irritierend und laden auch nicht gerade zum Weiterlesen an. Erst als der wahre Hintergrund dieser Rückblicke ersichtlich wird, gewinnt die Geschichte an Tempo und zeigt den tatsächlichen Charakter dieses vollkommen verstörten Mannes. Beeindruckend ist hierbei, wie emotionslos Simmons seine Hauptfigur gestaltet. Jegliche emotionale Regung geht zwischen den ständigen Unfallberichten verloren, und doch geht es in dieser Geschichte auch vorrangig um das Thema Liebe. Ein toller Einstieg in dieses Buch, auch wenn die Anlaufzeit ein wenig länger war.

Die zweite Geschichte ist ein echter Klassiker und wurde auch schon mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Die Geschichte um den rachedürstigen Vietnam-Veteranen, der ganze 22 Jahre gewartet hat, um sein Gewissen zu bereinigen, geht unter die Haut, ist aber gleichzeitig auch ziemlich abstoßend. Speziell die Beschreibung der Rotlichtmeile ist wirklich erschreckend, ergänzt sich aber prima mit der unreinen Gedankenwelt des zurückgekehrten Arztes. Simmons spielt mit der Brutalität der Psyche und hält so die Spannung aufrecht bis zum packenden Schluss. Meiner Meinung nach ganz klar das Highlight dieses Sammelbands.

Die dritte Erzählung will nicht so ganz zum Rest passen und ist meiner Meinung nach auch klar die schwächste im Rahmen dieses Buches. Es will irgendwie keine richtige Atmosphäre aufkommen, und verglichen mit den vorherigen Novellen sind auch die Hauptcharaktere hier nicht so fesselnd dargestellt. Lesenswert ist „Sex mit Zahnfrauen“ aber allemal, nicht zuletzt, weil der Autor hier eine kleine Prise seines überaus skurrilen Humors beigemischt hat.

„Rückblende“ ist der Vertreter des Science-Fiction-Genres in diesem Buch. Simmons zeichnet ein sehr skeptisches Zukunftsbild und beschreibt die Welt als einen düsteren Moloch mit einigen apokalyptischen Szenarien, die jedoch in diesem Fall noch im ersten Stadium sind. Es ist eine hochtechnisierte, kriminelle und total verschmutzte Welt, in der die Gedanken an die Vergangenheit der einzige Rettungsanker für das eigene Glück sind. Das hierbei geschilderte Familiendrama eignet sich vorzüglich als Beispiel für ein zukünftiges Szenario, das sich selbst die skeptischsten Schwarzmaler kaum finsterer vorstellen können. Auch hier gilt: packende Atmosphäre, tolle individuelle Charaktere und eine sehr beklemmende, stark aufgebaute Handlung.

In seiner letzten Novelle kehrt Simmons noch einmal zur Kriegsthematik zurück und berichtet direkt von der Front. Jedoch lässt der Autor die handelsüblichen Klischees außen vor und befasst sich vielmehr mit dem Seelenleben des fiktiven Erzählers. Dass es sich dabei um eine sehr poetisch veranlagte Person handelt, verstärkt die dramatische Wirkung seiner Tagebucheinträge enorm, doch noch besser und fesselnder sind die verschiedenen Einträge von Soldaten, die der Autor aus Originalbriefen übernommen hat. Simmons entwirft in dieser letzten Geschichte ein sehr authentisches Bild des Grauens, das einem Beteiligten an der Kriegsfront tagtäglich widerfährt, und untermauert die wiederum sehr düstere Stimmung dieser Novelle mit bewegenden Momentaufnahmen aus erster Hand. Im Grunde genommen kann man hier auch den Anfang all dessen sehen, was Simmons zuvor als einen sehr negativen, generationenübergreifenden Entwicklungsschritt in „Rückblende“ beleuchtet.

So unterschiedlich die einzelnen Episoden auch sind, so viele Gemeinsamkeiten haben sie dann schlussendlich wieder. Der größte gemeinsame Nenner ist dabei ganz klar die unterkühlte, manchmal auch erschreckende Grundstimmung, die sich durch die fünf Geschichten zieht. Simmons zeigt sich als Meister der finsteren Lyrik und betrachtet in kurzen Aufnahmen Ausschnitte aus dem Leben von Personen, die irgendwo am Rande der Gesellschaft stehen, weil sie in sich Probleme tragen, denen sie nicht gewachsen sind bzw. deren Ursprung sie nicht beeinflussen konnten. Jede dieser kurzen Novellen ist ein kleines Meisterwerk für sich (auch wenn „Sex mit Zahnfrauen“ qualitativ ein wenig abfällt) und in ihrer Form definitiv einzigartig. Wichtig ist diesbezüglich, dass der Autor hierzu keine besonderen Effekte verwendet. Ganz besonnen wirft er den Leser in das Leben der Betroffenen und holt ihn quasi am Tiefpunkt wieder heraus, eben dort, wo die Spannung ihren Höhepunkt erreicht, und hier sorgt er besonders bei „Tod in Bangkok“ und „Der große Liebhaber“ für eine kurzzeitige Gänsehaut ob des enorm kaltherzigen Anstrichs dieser Erzählungen.

Mit „Lovedeath“ ist Dan Simmons vor mehr als zehn Jahren ein enorm starkes, in seiner Ausprägung zudem überaus vielseitiges Werk gelungen, das man – ist man einmal infiziert – so schnell nicht mehr aus der Hand legen kann. In Schriftsteller-Kreisen ist der Verfasser dieser fünf Kurzromane bereits eine echte Ikone, und nachdem ich dieses Buch gelesen habe, wird auch klar, warum das so ist. „Lovedeath“ ist eine perfekt inszenierte Attacke auf die Psyche des Lesers und hinterlässt dort einen bleibenden Eindruck. Ich kann die hierin enthaltenen Geschichten und somit den Sammelband nur wärmstens weiterempfehlen und möchte genau dies zum Abschluss dieser Rezension auch tun!

http://www.festa-verlag.de

Shocker, Dan – Dämonenaugen (Larry Brent 02)

Band 1: [„Das Grauen“ 2164

_Im Kabinett des Grauens_

Larry Brent und Iwan Kunaritschew befinden sich auf dem Rückflug nach New York, als plötzlich die Maschine von einem Unbekannten entführt und die Piloten zur Rückkehr gezwungen werden. Nachdem die Maschine nahe London auf einer Straße notgelandet ist, versucht der Kidnapper mit dem Co-Piloten als Geisel zu entkommen. Larry Brent greift ein, kann aber nicht verhindern, dass der Co-Pilot schwer verwundet wird. Auch Iwan wird bei der Verfolgung angeschossen. Larry erfährt von dem schwer verletzten Co-Piloten Colin Perkins, dass er von Derry Cromfield niedergeschossen wurde, einem Verbrecher, der von Colins Großvater Sir Harold vor zwanzig Jahren hingerichtet wurde.

Während Colin Perkins und Iwan Kunaritschew gemeinsam in ein nahe gelegenes Krankenhaus eingeliefert werden, beschließt Larry an dem mysteriösen Fall dranzubleiben. Larry besucht am nächsten Tag Sir Harold auf dessen Wohnsitz in der Nähe der Millionenstadt und erfährt von ihm, dass seine Enkelin Jane ihn bald besuchen kommen will. Larry entschließt sich, zusammen mit dem ehemaligen Henker auf dem Bahnhof die Ankunft der jungen Frau zu erwarten. Tatsächlich lässt sich der Mörder die Gelegenheit nicht entgehen, Jane zu ermorden. Aber ein engagierter Detektiv und der PSA-Agent können die Bluttat im letzten Moment vereiteln. Larry gelingt zudem ein Treffer aus der Laserwaffe, woraufhin sich ihm ein grauenhaftes Geheimnis offenbart: Der Mörder ist eine lebendige Wachsfigur, nahezu unbesiegbar …

_Der Dämon mit den Totenaugen_

David Gallun alias X-Ray-1 und Chef der PSA hat einen Hinweis bekommen, dass sich Ron Silker wieder in der Stadt befindet. Silker war vor drei Jahren für den Unfall Galluns verantwortlich, der den ehemaligen FBI-Beamten das Augenlicht kostete. Silker will sich der geheimnisvollen Verbrecherorganisation von „M“ anschließen. M beabsichtigt, sämtliche Agenten des FBI und der CIA auszulöschen. 17 Agenten gehen bereits auf das Konto der unheimlichen Mörder, die sich alle mit totenkopfähnlichen, fluoreszierenden Masken tarnen. Da die Bande mit neuesten Errungenschaften der Technik ausgestattet und hervorragend organisiert ist, setzt David Gallun alle verfügbaren PSA-Agenten auf den Fall an. Doch nur einer schafft es scheinbar, sich an die Fersen von „M“ und seinen „Totenköpfen“ zu heften: PSA-Agent Larry Brent alias X-Ray-3. Aber die Bande dreht den Spieß um und Larry wird zum Gejagten …

Die erste Geschichte schließt nahtlos an das zweite Abenteuer Larry Brents an und präsentiert in rasanter Satzfolge einen geradezu klassischen Gruselkrimi. Die Idee der lebenden Wachsfiguren war ja schon immer ein beliebtes Thema des Genres, und der Hauch des Ungewissen, ob nicht doch Leben in diesen realistisch modellierten Gesellen steckt, fasziniert immer noch Millionen von Menschen. Dass die Thematik noch lange nicht zum alten Eisen gehört, beweist der Film „House of Wax“, welcher im vergangen Jahr das Horror-Genre bereicherte. Im Bereich des Horror-Heftromans war Dan Shocker wohl der Erste, der diese Spielart in einem Roman verarbeitet hat, und das in seinem unnachahmlich atmosphärischen Erzählstil.

Die Lösung ist hierbei nicht gar so einfach, wie man vermuten mag, und als Leser ist man vom Anfang bis zum Ende hin gefangen von dieser unheimlichen Szenerie. Dabei verwendet der Autor wieder einmal klassische Begebenheiten und Schauplätze, die seit jeher für ein angenehmes Gruselambiente sorgen: ein nebelverhangenes London mitten im November, ein düsterer Friedhof, ein englisches Herrenhaus und ein altes Wachsfigurenkabinett. In einer kleinen Nebenhandlung geht der Autor auch auf allzu eifrige Journalisten ein, die für eine gute Story einfach alles tun und sogar den Tod eines Menschen in Kauf nehmen würden, um die Auflage in die Höhe schnellen zu lassen. Hier kommt Nostalgie pur auf und trotz seines Alters ist dieser Roman immer noch empfehlenswert und hat nichts von seinem Charme eingebüßt.

In der zweiten Story greift der PSA-Chef David Gallun zum ersten Mal persönlich ins Geschehen ein, und mit dem Auftreten des Verbrechers Ron Silker legt der Autor bereits den Grundstein für den gefährlichsten Feind, den die PSA je erhalten wird: Dr. Satanas. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg und selbst Dan Shocker wird zu dem Zeitpunkt, als er diesen Roman schrieb, noch nicht in eine so ferne Zukunft geschaut haben.

So gruselig der Titel auch klingen mag, so wenig folgt die Story den gängigen Horror-Klischees, denn der „Dämon“ ist keineswegs ein hässliches Monstrum aus den tiefsten Gefilden der Hölle. Die Bezeichnung gilt vielmehr der Maskierung der Banditen und orientiert sich einmal mehr in die Richtung der Bösewichter, wie sie auch Edgar Wallace ins Leben rief. Die Totenaugen spielen allerdings eine wirklich frappierende Rolle, denn dem Anführer des Syndikats „M“ ist es tatsächlich möglich, durch einen suggestiven Blick das Herz seines Opfers stehen bleiben zu lassen. Zudem bekommt es Larry hier mit LSD, Gaspistolen und hochexplosiven Nitroglycerin-Folien zu tun. Hier zeigt sich wieder, wie vielseitig der Autor seine Themen ausgewählt hat, denn vom Genre her kann man diese Geschichte eher im Bereich Spionage, Krimi oder Thriller einordnen als in die Kategorien Grusel oder Horror – obwohl eine sehr beklemmende Szene darstellt, wie ein Verbrecher, der die Organisation verlassen will, lebendig begraben wird.

Als ein wenig fahrlässig ist die Aktion von David Gallun zu bewerten. Als Chef eines so hoch entwickelten Geheimdienstes wie der PSA selbst einzugreifen, noch dazu mit einer nicht unerheblichen Behinderung, nämlich Blindheit, ist mehr als brisant. Immerhin kennt niemand der Agenten den Boss persönlich, und wenn dieser dennoch Tag und Nacht für seine Agenten erreichbar sein will, kann er nicht so ohne weiteres auf eigene Faust ermitteln und sich in Gefahr begeben. Wie gut, dass keiner der im Einsatz befindlichen Agenten Kontakt zur Zentrale aufgenommen hat, während David Gallun bewusstlos und mehrere Stunden außer Gefecht gesetzt war.

Was die Handlung betrifft, geht es im wahrsten Sinne des Wortes Schlag auf Schlag, so dass man kaum dazu kommt, die Geschehnisse zu verdauen. Die Aushebung des Verbrechernestes durch zwei Agenten nimmt der Gefährlichkeit des Syndikats ein wenig von seiner Glaubwürdigkeit. Mehr gibt es an diesem ansonsten hochspannenden Roman wirklich nicht zu bemängeln, und es ist immer noch eine sehr empfehlenswerte Geschichte.

Die Innenillustrationen sind eine hervorragende Bereicherung der Geschichten und vervollständigen die Aufmachung. Das vielfarbige Cover zeigt das Oberhaupt der „Totenköpfe“ vor der Grabplatte des besten PSA-Agenten. Ein schaurig schönes Cover, welches wieder perfekt zur Story passt und bereits auf dem Originalroman der eigenständigen Heftromanserie zu bewundern war. Weder das Titelbild noch die Geschichten haben im Laufe der Zeit an Spannung eingebüßt und bieten immer noch hervorragende Unterhaltung für lange Winterabende.

http://www.blitz-verlag.de/

_Florian Hilleberg_

Meyer, Kai – Schattenesser, Der

Kai Meyer ist in den letzten Jahren als ein sehr eigenwilliger Autor bekannt geworden, der in seinen historischen Romanen immer wieder Phantastisches und Übersinnliches einfügt und so auch mehrere Genres miteinander verbindet. Diesen Ansatz verfolgte der Autor bereits in „Der Schattenesser“, jedoch hat er seinerzeit leider versäumt, das Ganze auch in eine spannende Rahmenhandlung zu integrieren. Meyer bleibt nämlich in „Der Schattenesser“ ziemlich blass und verschiebt die Schwerpunkte zugunsten einer sehr blutigen Erzählung, in welcher der eigentliche Plot viel zu kurz kommt. Auch wenn es sich lediglich um die Neuauflage eines bereits 1996 veröffentlichten Romans handelt, rückt diese Veröffentlichung den Autor aus heutiger Sicht in kein gutes Licht.

_Story_

Die Judenstadt Prag befindet sich mitten im Dreißigjährigen Krieg. Das Heer der Katholischen Liga hat die Stadt besetzt und es herrscht Ausnahmezustand. Plünderer machen die Straßen unsicher, skrupellose Söldner machen sich über das unschuldige Volk her und vor den Stadtmauern wartet der schwarze Tod, die Pest, nur darauf, das Elend innerhalb der Stadmauern mit einem Schlag endgültig zu beseitigen.

Mitten in dieser bedrohlichen Situation befindet sich die junge Sarai, selbst Jüdin, die sich als Junge verkleidet von einer Ecke der Stadt in die andere begibt, um Aufträge für den Alchimisten Cassius zu erledigen. Der alte Magier hat gleichzeitig eine Art Vaterrolle für das Mädchen übernommen, seit ihr richtiger Vater in Selbstmitleid versunken ist und dem Tod seiner Frau hinterhertrauert.

Bei der Ausübung eines weiteren Auftrags im Dienste Cassius‘ begibt sich Sarai in große Gefahr. Zwei Söldner verfolgen sie durch die Hinterhöfe, und erst im letzten Moment kann sie ihnen entkommen. Bei dieser Jagd trifft sie auf eine Gruppe Frauen, die Sarai wegen ihrer seltsamen Verkleidung als Hühnerdamen identifiziert. Fasziniert von dem großen Ei, das sie behüten, nutzt Sarai die Gelegenheit, diesen Schatz zu stehlen und zu Cassius zu bringen. Und damit beginnt eine Geschichte, deren Folgen Sarai lebenslanges Leid zufügen, das sie nie mehr wird besiegen können. Das Mädchen findet seinen Vater auf und sieht sich gezwungen, ihn selbst umzubringen, um seine Schmerzen zu lindern. Dabei fällt ihr auf, dass er keinen Schatten mehr bei sich trägt.

Cassius deutet daraufhin verschiedene Vermutungen an, die dem Verschwinden dieses Schattens zugrunde liegen könnten, doch obwohl er eigentlich mehr weiß, als er behauptet, will er Sarai nicht in das düstere Geheimnis einweihen. Daher macht sich das Mädchen selber auf den Weg, mehr über diese außergewöhnliche Begebenheit zu erfahren und stößt schließlich auf den |mal’ak| Jahve, einen Engel, den der Herr entsandt hat, und der nun auch zur größten Bedrohung für Sarai wird. Der göttliche Schattenesser verfolgt die Jüdin durch ganz Prag und wird zu ihrem Schicksal, dessen einziger Ausweg der Tod zu sein scheint.

Währenddessen hat sich vor den Toren der Stadt eine neue Macht ihren Weg gebahnt: Der friedliche Michal und seine Familie werden auf der Reise nach Prag von ein paar Söldnern überfallen. Während er schwer verletzt überlebt, kommen seine Frau und das gerade erst geborene Kind bei dem Attentat ums Leben. Michal schwört Rache und stößt bei seinem Feldzug auf eine alte Hexe, die dem ehemaligen Familienmenschen die Vorzüge des Kannibalismus näherbringt …

_Meine Meinung_

Es ist schon eine recht seltsame Geschichte, die Kai Meyer hier erschaffen hat. Dabei beginnt zunächst noch alles sehr strukturiert und auch nicht wirklich außergewöhnlich. Die Verfolgungsjagd zu Beginn des Buches lässt auf eine Menge Spannung hoffen, und die Begegnung mit den Hühnerdamen sowie das Auffinden ihres schattenlosen Vaters steigern die Vorfreude auf einen tollen historischen Roman mit vielen phantastischen Inhalten.

Doch leider verliert sich Meyer in diesem Fall recht schnell in einer allzu wirren Story, bei der die einzelnen Szenenwechsel nicht immer besonders günstig gewählt sind. Der Autor wechselt von Kapitel zu Kapitel den Schauplatz und erzählt parallelel die Geschichten von Sarai und Michal, die erst am Ende des Buches zusammengefügt werden, als die beiden aufeinander treffen. Bis dahin sind die Zusammenhänge zwischen den beiden Hauptfiguren des Buches aber völlig unklar, weil Meyer nicht eine einzige Andeutung diesbezüglich macht. Man weiß zwar, dass beide auf irgendeine Weise mit den Hühnerfrauen in Verbindung stehen, doch das war’s dann schon. Natürlich muss dies kein schlechtes Vorzeichen sein, doch die Art und Weise, wie der Autor schließlich die beiden Stränge zu einer Einheit verschmelzen lassen will, wirkt dann doch sehr uninspiriert und wirft am Ende auch noch mehr Fragen auf als zuvor ohnehin schon im Raume standen. In dieser Beziehung ist „Der Schattenesser“ schon einmal eine echte Enttäuschung.

Davon einmal abgesehen, gelingt es Kai Meyer auch nicht annähernd, die vielfältigen Elemente und die teils auch schon bekannten Fantasy-Figuren – unter anderem den Golem – sinnvoll in die Handlung einzubeziehen, so dass es irgendwann vor Spannung zu kribbeln begänne. Das Bisschen an Spannung, das den Leser auf den ersten Seiten schlichtweg überfällt, verschwindet plötzlich im Nichts, und die Erzählung entwickelt sich infolgedessen auch immer mehr zu einer Aufzählung von Fakten und Selbstverständlichkeiten. Überdies schafft Meyer es auch nicht, die einzelnen abstrakten Figuren ihrer Bedeutung entsprechend vorzustellen. Der |mal’ak| Jahve ist hier das beste Beispiel. Seine Herkunft wird zwar noch grob umrissen, doch die Schilderungen bezüglich seiner Bestimmung bzw. seines eigentlichen Charakters sind dann doch sehr unbefriedigend. Gleiches gilt für die Hühnerdamen; man erfährt zwar über das Buch verteilt, wer eigentlich dahinter steckt und was sie (im wahrsten Sinne des Wortes) ausgebrütet haben, doch auch hier gibt sich der Autor damit zufrieden, dem Leser Kapitel für Kapitel die Tatsachen vor den Latz zu knallen, ohne dass dieser sich irgendetwas erarbeiten müsste.

Bisweilen bekommt man den Eindruck, als wäre „Der Schattenesser“ lediglich ein Ventil für einige recht abstrakte, zwischenzeitlich auch abstoßende Phantasien, die in diesem Buche besonders mit der Wandlung des einst so friedlichen Michal in den Vordergrund treten. Die Pest als weiteres Mittel, das ganze Massen dahinrafft, kommt da noch hinzu, verliert aber im Vergleich zu den anderen Gewaltdarstellungen ein wenig an erschreckendem Ausdruck.

Meyer hatte es in der Hand, einen wirklich fesselnden Roman zu schreiben. Alle Mittel standen ihm zur Verfügung: ein gottgesandter Schattenesser, eine vom Krieg gezeichnete Stadt, ein Heer von skrupellosen Eigenbrödlern, der Golem des Rabbi Löw, zwei Hauptfiguren mit sehr starkem Charakter und letztendlich auch noch übersinnliche Schauplätze wie das Schatzhaus der Seelen. Und dennoch hat er in diesem Fall ziemlich daneben gegriffen. In den 400 Seiten dieses Buches passiert so viel, und im Grunde genommen passiert doch gar nichts. Nach einem rasanten Beginn wird die Erzählung radikal ausgebremst und liefert trotz der arg bedrohlichen Atmosphäre keinen weiteren Einstieg mehr, der die Spannung wieder aufnehmen könnte. Die hoch gesteckten Erwartungen wurden mit „Der Schattenesser“ ziemlich enttäuscht, und über das Prädikat „Mittelmaß“ kommt Kai Meyer mit diesem neu aufgelegten Frühwerk daher auch nicht hinaus.

Jeffrey Thomas – MonstroCity

Die amorphe Allesstadt.

Jeffrey Thomas ist ein impulsiver Schreiber, einer, der seine Geschichten aus der Feder fließen lässt, ohne sich mit großmächtiger Szenenarchitektur aufzuhalten; Kunst ist etwas Spontanes, sagt er, und ein Verbrechen wäre es, dem frischen Moment der Schöpfung durch Planung das Blut abzuschnüren. Dementsprechend ist die Kurzgeschichte sein Revier, inspiriert durch die Werke von Barker und Lovecraft schreibt er sich durch sein 1980 erschaffenes Universum, das mit jeder neuen Geschichte wächst: Punktown. Es ist eine Stadt auf einem fremden Planeten, sie ist keinen Regeln unterworfen, es gibt keine Karte, auf der man ihrem Verlauf folgen könnte, keine Chronologie, die ihre Geschichte nachzeichnete, in Punktown kann alles geschehen, es ist der Ort, an dem Thomas seine Ängste auslebt, sein persönliches Oz, sein morbides Wunderland, Punktown ist die amorphe Allesstadt.

Jeffrey Thomas – MonstroCity weiterlesen

Anthony O’Neill – Der Hüter der Finsternis

Im schottischen Edinburgh geht ein Gewalttäter um, der Lebende wie Tote in Stücke reißt. Ein verbitterter Gelehrter und ein Totengräber kommen einer Geheimgesellschaft auf die Spur, die gute Kontakte zum Höllenfürsten Luzifer unterhält – … Mystery wird hier mit dem Historienkrimi gekreuzt; entstanden ist ein unterhaltsamer und durchaus anspruchsvoll konstruierter Roman, der zu den Glanzstücken seiner Gattung gehört.
Anthony O’Neill – Der Hüter der Finsternis weiterlesen

Nancy Kilpatrick – Todessehnsucht

Ein Vampir tut sich mit einer Prostituierten zusammen, um einen mysteriösen Finsterling zu bekämpfen. Während dies mit den üblichen Schwierigkeiten – gegnerische Übermacht, Todesfallen, hinterhältige Mordattacken etc. – einhergeht, kommen sich Nosferatu und Frau näher, was der Autorin die Gelegenheit zur schmalzvollen Schilderung ‚gotischer‘ Sexkapaden gibt. Die leicht gegen den Gruselstrich gebürstete Figurenzeichnung hebt den routiniert geschriebenen Roman ein (kleines) Stück über den Genre-Durchschnitt.
Nancy Kilpatrick – Todessehnsucht weiterlesen

Dan Shocker – Das Grauen (Larry Brent, Band 1)

Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus

Im französischen Ort Maurs werden die Menschen Opfer von Vampiren. Zunächst werden nur vereinzelt Menschen angezapft, ohne getötet zu werden, dann gibt es die erste Leiche. Die französische Regierung bittet den amerikanischen Geheimdienst um Amtshilfe. David Gallun, Chef der geheimnisvollen PSA, der Psychoanalytischen Spezialabteilung, schickt seinen Agenten Henry Parker, alias X-Ray-18, nach Frankreich. Tatsächlich gelingt es dem Amerikaner, eine Menge Informationen zu sammeln. Dreh- und Angelpunkt ist das Anwesen des Ägyptologen Professor Bonnard, der gemeinsam mit dem undurchsichtigen Dr. Canol obskure Forschungen betreibt. Henry Parker setzt sich auf die Fersen von Canol, um die entscheidenden Beweise zu erbringen, und läuft direkt in die Falle.

Dan Shocker – Das Grauen (Larry Brent, Band 1) weiterlesen

Bionda, Alisha / Borlik, Michael (Hrsg.) – ewig dunkle Traum, Der (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 1)

„Der ewig dunkle Traum“ – das ist eine ergreifende, abwechslunsgreiche Reise in die Abgründe der Schattenwelt, in das Reich der Geister, Vampire und Dämonen – aber auch in die geistigen, morbiden Auswüchse der Vorstellungskraft: Der Leser begegnet diesen Geschöpfen persönlich oder taucht in die düsteren Fantasien der agierenden Personen ein. Diese Sammlung der unterschiedlichsten Erzählungen des Grauens sollte bei keinem Liebhaber der schwarzen Literatur im Bücherregal fehlen.

Die Kurzgeschichten stammen aus der Feder mehrerer Autoren wie dem namensgebenden Wolfgang Hohlbein, begleitet von Barbara Büchner, Markus Heitz, Marc-Alastor E.-E. Und vielen anderen. Ebenfalls dabei sind Alisha Bionda und Michael Borlik; die beiden Herausgeber geben ihren eigenen Beitrag zu diesem Almanach der Schattenwelt zum Besten, aber auch ein paar neue Namen in diesem Genre gewähren einen ersten Einblick in ihre beklemmenden Fantasien des Schreckens:

„Ein besonderer Geschmack“ entführt uns in die moderne Welt der vampiresken Wesen Elaine und Gedeon und ihres gnadenlosen Kampfes gegen die eigenen Artgenossen. Die actiongeladene, teilweise zynische Story erinnert zweifelsohne an das Schicksal des Daywalkers |Blade|. Die Geschichte liest sich auch vielmehr wie ein kurzer Einblick in einen umfassenden Zyklus dieses außergewöhnlichen Paares, weniger wie eine abgeschlossene Kurzgeschichte. Vielleicht werden wir von Markus Heitz und seinen Kreaturen irgendwann noch mehr lesen können.

Eddie M. Angerhuber dreht die Lautstärke der ersten Geschichte auf ein Minimum zurück und bedient sich vielmehr psychologischer Elemente. In „Das Nachtbuch“ wird mit einer geschickten Metapher gespielt – die Schattenwelt als Symbol einer Beziehungskrise: Eine Frau wird zur Gefangenen ihres Geliebten, nachdem dieser sie mit einem Fremden erwischte, der sie anscheinend infiziert hat, denn die Frau verändert sich zunehmend. Sie wandelt sich zu einer Art Dämonin, sucht ihren Trost in einem Buch, das die Geheimnisse der Hölle zu kennen scheint.

Mark Freier (auch er lässt es sich nicht nehmen, einen kleinen Schocker zu präsentieren) jagt den Leser in „Das Höllenwunder“ durch einen treibenden, aufregenden Albtraum.

In „Seelenpfand“ arbeitet die Herausgeberin Alisha Bionda ebenfalls mit einer Metapher – das Schicksal der Vampire als Spiegel zur alltäglichen, misslungen Beziehung unter Normalsterblichen. Hier bedient sie sich auch eines wunderschönen Spiels mit Worten, um die auszehrende Ambivalenz dieser Krise deutlich zu machen.

Nach diesen Ausflügen in die Abgründe der emotionalen Hölle serviert uns Armin Rößler eine klassische Gruselstory. In einem „Vergnügungspark“ bricht das Grauen abrupt in das Leben des jungen Adrian ein, jagt ihn durch eine Geisterbahn seiner beklemmendsten Ängste und wartet mit einem schockierenden Ende auf.

Frank H.Haubold entführt uns in „Die Stadt am Fluss“, zusammen mit Robert wandern wir durch eine leise Gespenstergeschichte, die Geister der Vergangenheit holen uns schleichend ein, wir baden uns in tiefen Sehnsüchten, begleitet von einigen Zitaten der |Doors| und Jim Morrisons.

Beklemmend, aber auch von einer ganz eigenen Atmosphäre umschlungen geht es in „Trauerflug aus dem Süden“ zu. Dominik Irtenkauf und Javier Hurtado berichten über eine Gruppe von Männern, die das Verschwinden einiger Personen aufklären wollen. Sie machen sich auf den Weg durch eine düstere, einsame Moorlandschaft – ein Weg in den Schrecken.

Die titelgebende „Schattenchronik – Der ewig dunkle Traum“ vom Altmeister Wolfgang Hohlbein führt den Leser in die Anfänge der Geschichte um die Vampirin Dilara ein. Wie alles begann, wie sie unmerklich zu dem wurde, was sie fürchtete. In die Vorfreuden auf ihre Verlobung bricht der Vampir Antediluvian in ihr behütetes sorgloses Leben ein und zeigt ihr das wahre Gesicht der Schattenwelt. Das junge Mädchen versinkt in eine Schizophrenie zwischen Wahn und Wahrheit bis zur finalen schrecklichen Erkenntnis, was tatsächlich mit ihr passiert ist. Der Einstieg in einen vielversprechenden Zyklus …

„Die Nahrung der Toten“ von Barbara Büchner greift das Thema des Nachzehrers bzw. eines Ghouls auf, verpackt in eine kurze, emotionsgeladene Geschichte.

Marc-Alastor E.-E. präsentiert die erste von drei Mumiengeschichten in diesem Band. Hierbei wird auf mitreißende Weise das Thema der Mumifizierung am eigenen Leibe behandelt. „Lang lebe die Königin!“ heißt es am Ende nach einem Trip durch die einzelnen erschreckenden Stationen.

Der Vampir als melancholischer Romantiker findet seinen „Engel der Nacht“ in Michael Borliks Erzählung. Er macht seine sterbliche Angebetene zu einem Geschöpf seinesgleichen, damit sie doch noch ein Paar werden können.

Anfänglich so gewöhnungsbedürftig wie der Titel „Mumienglanz in der Nekrophilharmonie“ liest sich die experimentelle Sprache von Dominik Irtenkauf. Ebenso ungewöhnlich wohl wie die Aussagen der hier sprechenden Geister, die durch das Einbrechen der Sterblichen in ihrer ewigen Ruhe gestört werden.

Für ein belustigtes Schmunzeln sorgt Boris Koch in seinem „Heiligabend bei Manfred“. Weihnachten bei den Blutsaugern bei dampfendem Glühblut – herrlich!

Für beste viktorianische Unterhaltung im alten London sorgt Linda Budinger mit ihrem „Schattentrinker“. Das Thema Mumie wird diesmal in guter alter Tradition aufbereitet, aber auch der berüchtigte „Jack the Ripper“ sieht sich mit einer ganz neuen Theorie konfrontiert. Beste Unterhaltung durch eine bodenständige Gruselgeschichte.

Klassisch präsentiert sich auch „Der Verfluchte von Tainsborough Manor“. Christel Scheja geleitet uns in eine altbewährte Spukgeschichte, verpackt in eine dramatische Liebesnovelle.

Am Ende wartet Markus K.Korb noch mal mit einem packenden Schocker auf. „Die Brut“ erinnert in seinem Flair an Horror-Geschichten aus den Federn von H.P. Lovecraft oder Stephen King, vor allem das überraschende Finale lässt den Leser ein letztes Mal zusammenfahren.

Die Essays von Christel Scheja im Anhang geben abschließend einen interessanten Einblick in die historischen und wissenschaftlichen Hintergründe der Geschöpfe, von denen wir in den vorangegangenen Erzählungen lesen durften. Über Dämonen, Werwölfe, Vampire bis hin zu den Mumien werden all diese klassischen Schattenwesen genauer unter die Lupe genommen. Dominik Irtenkauf jongliert in seiner Niederschrift auf seine ganz eigene Weise mit den Worten, verpackt Nietzsche und Bram Stoker zu einer gemeinsamen Theorie, um der Welt der Schatten seinen speziellen Anstrich zu verpassen.

Auf den letzten Seiten stellen sich dann alle Autoren mit Fotos und kurzen Abrissen ihres Schaffens vor, damit auch die Personen hinter dieser großartigen Chronik ein Gesicht bekommen.

Die Aufmachung dieses Buches ist beeindruckend! Für gerade mal 9,95 € bekommt man eine ganze Menge geboten: nicht nur die erwähnten Erzählungen und Zusatzinformationen, sondern auch die Covergestaltung von Mark Freier sowie die morbiden Illustrationen von Pat Hachfeld als passende Einleitung zu jeder Geschichte geben dem jeweiligen Einstieg eine ganz eigene Atmosphäre und sorgen für den richtigen Flair. Schriftgröße und der illustrierte Seitenaufbau machen deutlich, dass man hier ein sorgfältig gestaltetes Werk in Händen hält, welches in seiner Ausführung zusätzliches Lesevergnügen bereitet.

An dieser Stelle gibt es daher ein großes Lob an den [BLITZ-Verlag]http://www.blitz-verlag.de/ für dieses schöne und gelungene Buch; ich habe es sehr genossen, diesen ewig dunklen Traum zu träumen.

Jay Bonansinga – DIe Eismumie (Frozen)

Das geschieht:

FBI-Profiler Ulysses Grove ist am Ende. Seit Monaten hält ihn der „Sun-City-Killer“ in Atem, der durch die USA geistert und anscheinend wahllos Menschen mit einem Pfeilschuss in den Nacken tötet. Anschließend bahrt er die Leichname sorgfältig auf und arrangiert ihre Arme in einer typischen Geste, die zu enträtseln dem Fachmann einfach nicht gelingt. Schließlich bricht Grove zusammen und wird in einen Arbeits- und Erholungsurlaub geschickt: Im fernen Alaska fanden zwei Touristen im Eis eines Gletschers die Mumie eines vor 6000 Jahren umgekommenen Mannes. Die Archäologen der University of Alaska sind in heller Aufregung, zumal der Tote einem Verbrechen zum Opfer fiel.

Mord in der Steinzeit! Die Presse horcht auf. Maura County vom „Discovery Magazine“ rät den Wissenschaftlern, sich der Hilfe eines Kriminologen zu sichern. Eher widerwillig fügt sich Groves in diese Rolle. Er fühlt sich abgeschoben und will zu ‚seinem‘ Fall zurück. Eine bizarre Laune des Schicksals eröffnet ihm diese Möglichkeit: Der Steinzeitmensch, „Keanu“ genannt, zeigt die gleichen Verletzungen wie die Opfer des „Sun-City-Killers“! Da Groves nicht an Geister glaubt, denkt er an einen Nachahmungstäter. Ermittlungen ergeben, dass es am Fundort der Mumie zu einem Zwischenfall kam: Richard Ackerman, einer der beiden Finder, zeigte Anzeichen einer geistigen Verwirrung und verschwand wenig später spurlos. Jay Bonansinga – DIe Eismumie (Frozen) weiterlesen