Der unermessliche reiche, mächtige und undurchsichtige Industriemagnat Charles Bishop Weyland heuert die besten Archäologen, Historiker und Naturwissenschaftler an. Er will mit ihnen eine mysteriöse Pyramide erkunden, die im Eis der Antarktis zum Vorschein gekommen ist und offenbar vor Jahrtausenden von einer völlig unbekannten Kultur errichtet wurde. Die Zeugen dieser Urzeitzivilisation finden die Forscher im Untergrund als Skelette und Mumien, deren Ende sichtlich nicht friedlich war. Diese Sensation wird überboten, als Weyland und seine Begleiter die versteinerten Überreste einer außerirdischen Kreatur entdecken.
Leider stellt sich rasch heraus, dass diese keineswegs tot ist, sondern nur in einer Art Winterstarre auf neue Opfer gewartet hat. Die insektenhafte Alienkönigin beginnt sogleich mit dem Legen neuer Eier. Daraus schlüpfen gruselige Winzmonster, die sich in Windeseile in gepanzerte Riesenkiller verwandeln, in deren Adern ätzende Säure kreist. Die Neuankömmlinge werden als willkommene Beute in Empfang genommen. Marc Cerasini – AVP: Alien vs. Predator weiterlesen →
Spätestens durch seinen Roman „Weit wie das Meer“, der unter dem Titel „Message in a bottle“ mit Kevin Costner verfilmt worden ist, hat Nicholas Sparks sich einen Namen gemacht durch seine unvergleichlichen Liebesromane. Seine Bücher zeichnen sich durch blumige Sprache und eine meist tragische Liebesgeschichte aus, doch in seinem neuen Buch „Du bist nie allein“ (auf Englisch: „The Guardian“) wagt Sparks einen Spagat zwischen zwei Genres. Seine Intention war dabei die Verbindung einer großen Liebe mit der Gefahr, wobei der Schwerpunkt allerdings für Sparks auf der Liebesbeziehung liegen sollte.
Märchen und Geschichten gehören zur Advents- und Weihnachtszeit wie Lebkuchen oder Kerzenlicht. Diese besondere Sammlung trägt dieser Stimmung Rechnung, wenn auch auf ungewöhnliche Art. Literarische Werke von Theodor Storm, E.T.A. Hoffmann, Oscar Wilde und Theodor Fontane geben sich ein Stelldichein mit Volksmärchen aus Irland, Norwegen, dem Odenwald und der Lüneburger Heide. Alle haben mehr oder weniger mit Weihnachten zu tun, und sei es auch nur ganz am Rande.
Die ersten drei Geschichten über Frau Holle, Nikolaus und Christkind gehören zusammen und erzählen in ganz eigener Weise, wie das Christkind nach Europa kam. Die Mischung aus heidnischen Überlieferungen und christlichem Gedankengut ist für manchen vielleicht überraschend und gewöhnungsbedürftig, gleichzeitig aber auch Darstellung eines Übergangs. Gerade zu einer Zeit, als viele Menschen nicht lesen und schreiben konnten, wurde noch viel in Bildern und Symbolen gedacht, insofern spiegelt sich hier die Christianisierung einer Volksseele, die uns so nicht mehr bewusst ist, weil wir inzwischen schon so lange in einer christlichen Umgebung aufwachsen.
Außer diesen dreien ist lediglich „Das Tannenbäumchen“ ein echtes Weihnachtsmärchen. Die übrigen Volksmärchen haben ihren Bezug zu Weihnachten nur im Zeitpunkt der Handlung, die sich selbst nicht unbedingt um Weihnachten dreht.
Die literarischen Texte dagegen rücken Weihnachten als Fest wesentlich stärker in den Mittelpunkt. Die meisten sind gar nicht als Weihnachtsgeschichten geschrieben, da sie aber großteils für diesen Band onehin zu lang wären, wurden die entsprechenden Abschnitte als Auszüge aufgenommen oder der Text wurde ggf. gekürzt. So entstanden Momentaufnahmen in den unterschiedlichsten Stimmungen, von ausgelassener Fröhlichkeit in „Weihnachtsabend“ aus Wilhelm Raabes „Die Chronik der Sperlinggasse“ über Melancholie in „Da stand das Kind am Wege“ aus Storms „Immensee“ bis hin zu Verzweiflung in Tiecks „Weihnacht-Abend“.
Insgesamt fand ich die Auswahl der Texte recht gelungen, mit zwei kleinen Ausnahmen. „Die verwünschte Burg“, ein irisches Elfenmärchen, spielt zwar an Weihnachten, es fehlt ihr aber im Hinblick darauf jegliches Flair, irgendwie passt sie nicht in den Kontext des Buches. Außerdem wirkt sie gegen Ende abgehackt und hinterlässt das Gefühl, dass das doch nicht alles gewesen sein kann. Ich vermisste einen Kern in der Geschichte. „Der Wolf angelt“ erwähnt das Wort Weihnachten überhaupt nicht, und obwohl die Geschichte an sich nicht wirklich schlecht war, fragte ich mich, warum sie in diese Sammlung aufgenommen wurde. Auch hier fehlt der Bezug zum eigentlichen Thema des Buches.
Oscar Wildes „Der glückliche Prinz“ spielt ebenfalls nicht ausdrücklich an Weihnachten, was in diesem Fall aber überhaupt nicht stört, da die Aussage der Geschichte zu Weihnachten passt.
Entgegen der gängigen Kurzbeschreibung nicht enthalten sind „Die Schneekönigin“ und „Väterchen Frost“, was ich vor allem angesichts der erwähnten beiden „Fehlgriffe“ äußerst bedauerlich finde.
Positiv aufgefallen ist mir, dass die Texte sprachlich nicht überarbeitet wurden, bzw. dass Uther sie nicht in modernes Deutsch übertragen hat. In vielen modernen Ausgaben haben die Märchen dadurch einen Großteil ihres Zaubers verloren.
Dasselbe gilt für die zwölf Illustrationen, die dezent in Schwarzweiß gehalten sind und teilweise aus alten Quellen wie dem Augsburger Bilderbogen stammen. Auch das Bild des Schutzumschlags ist schön gemacht, ganz unaufdringlich und nicht so schreiend grell, wie es heute auch bei Weihnachtssachen bereits oft der Fall ist.
Außerdem hat das Buch ein Quellenverzeichnis, was für mich vor allem im Hinblick auf die Textausschnitte und gekürzten Texte interessant war. Wer Interesse an den vollständigen Texten hat, weiß also, wo er suchen muss.
Alles in allem ein hübsches Bändchen für ein paar ruhige Minuten vor dem brennenden Kamin oder beim Schein von Adventskerzen. Wer etwas sucht, um in der Hektik des Vorweihnachtsgetriebes seine eigentliche Weihnachtsstimmung wiederzufinden, liegt hier bestimmt nicht falsch. Zum Vorlesen für Kinder ist das Buch allerdings nur bedingt geeignet. Die literarischen Texte sind naturgemäß sprachlich und inhaltlich ein paar Stufen zu hoch, aber auch die Volksmärchen sind nicht alle uneingeschränkt kindergeeignet. Am ehesten lassen sich die Märchen um Frau Holle und das vom Tannenbäumchen vorlesen, die stammen aber auch aus einem Kinderbuch mit Weihnachtsmärchen. Der damaligen Zeit entsprechend klingen sie stellenweise etwas kitschig, Kinder wird das aber wohl nicht stören.
Hans-Jörg Uther ist Professor für Literaturwissenschaft an der Uni Essen und außerdem in der Erzählforschung tätig. Er hat eine ganze Liste von Märchensammlungen veröffentlicht, darunter „Sagenschatz“, „Märchenschatz“, „Märchen vom Glück“ und „Das große Buch der Fabeln“. Außerdem ist er Mitherausgeber der Zeitschrift Fabula.
Joe Eszterhas war ein „Hollywood Animal“ – ein Platzhirsch in der Stadt der Filme, deren Einwohner 24 Stunden täglich damit beschäftigt sind, sich gegenseitig übers Ohr zu hauen. Lügen und betrügen, einander mit offenen Armen empfangen, den Dolch für den Stoß in den Rücken stets griffbereit, fixiert auf den Dollar, getrieben von Ruhmsucht, umschwärmt von schönen (und willigen) Frauen, den Medien, von Speichelleckern und falschen Freunden: eine (Alb-)Traumwelt, in der sich Eszterhas ein Vierteljahrhundert pudelwohl fühlte. Kein Wunder, war er doch der wohl erfolgreichste Autor aller Zeiten: Dreißig Drehbücher hat er verfasst, von denen 15 verfilmt wurden. Darunter waren Blockbuster wie „Flashdance“, „Das Messer“ und natürlich „Basic Instinct“, aber auch nicht minder berüchtigte Flops wie „Showgirls“ oder „Jade“.
An die Spitze hat sich Eszterhas durch eine typische Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Karriere gekämpft, wie sie die US-Amerikaner so lieben, weil es ihnen die Existenz in einem Land der Chancengleichheit suggeriert. Geboren wurde Eszterhas 1943 in Ungarn in den Wirren des II. Weltkriegs. Vertreibung und Flucht, elende Jahre in diversen Lagern folgten, dann die Emigration und nicht minder schwere Anfangsjahre in den Vereinigten Staaten, die sich nicht unbedingt von ihrer freundlichen Seite zeigten. Das Ergebnis: ein junger Mann aus Cleveland, der raucht wie ein Schlot, säuft wie ein Loch, nach Anerkennung giert und gelernt hat sich „durchzubeißen“ – ohne Rücksicht auf Verluste.
Nach einem mehrjährigen Zwischenspiel als Reporter des „Rolling Stone“-Magazins landet Eszterhas 1974 in Hollywood, wo er – noch völlig unbedarft – beim Verfassen des Drehbuchs zum Sylvester-Stallone-Vehikel „F.I.S.T. – Ein Mann geht seinen Weg“ einen Crashkurs in Sachen Hollywood-Falschheit durchläuft. Eszterhas lernt schnell – das Drehbuch-Schreiben und das Intrigieren. Immer höher steigt er auf, der als Autor eigentlich das soziale Schlusslicht der Hollywood-Society bildet, kassiert Millionengagen, wird selbst ein Medienstar, hofiert von den Großen und Mächtigen der Stadt, die sich seiner Dienste versichern wollen.
Parallel zum wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg wird Eszterhas von Hollywood „infiziert“. Er verliert jegliches Maß, jede Rücksicht, legt sich mit Gott & der Welt an, weil er es kann und damit durchkommt. Spektakuläre Misserfolge im Kino läuten seinen Sturz ein; seine langjährige Ehe scheitert, er erkrankt an Kehlkopfkrebs. Das 21. Jahrhundert erlebt einen völlig gewandelten Joe Eszterhas, der aus Hollywood geflohen ist und sich vom Saulus zum Paulus wandelte; eine Genese, die er nur für die Niederschrift dieser Lebenserinnerungen unterbrochen hat …
Ach ja, er war schon ein genialer, beinharter Macho-Kotzbrocken; voll uneingestandener Wehmut und Stolz lässt es uns Joe Eszterhas wissen. Er hat zweifellos ein buntes Leben geführt, viel erlebt, noch mehr erduldet. Das haben andere Menschen zwar auch, aber die waren halt nicht in Hollywood tätig. Die Filmstadt und ihre Bewohner faszinieren noch immer ihr Publikum in der ganzen Welt. Objektiv betrachtet gibt es dafür wenige Gründe, aber in Hollywood werden seit jeher Träume fabriziert, was denjenigen, die diesem Job nachgehen, ein Höchstmaß an kollektiver Aufmerksamkeit garantiert.
Ohne diesen Bonus würde uns „Hollywood Animal“ wohl kaum über eine Distanz von 900 Seiten fesseln. Es gibt interessantere und auch angenehmere Zeitgenossen als Joe Eszterhas. Den wilden Mann markiert er noch immer ein wenig zu offensichtlich, als dass man ihm – „weise“ und sogar „fromm“ geworden – seine „Läuterung“ glauben möchte. Da gibt es augenscheinlich mehr als eine Rechnung, die offen geblieben ist, nachdem Eszterhas Tinseltown verlassen hat.
Autobiografien sind niemals objektiv, denn Objektivität gegenüber dem eigenen Leben liegt nicht in der Natur des Menschen. Eszterhas gibt genau das über weite Strecken vor, geißelt sich als Egoist, Ehebrecher, undankbarer Sohn, Verräter usw. usf. Das führt er sehr richtig auf seine schwierige Kindheit und Jugend zurück und deutet es außerdem als Reaktion auf die fragwürdigen Methoden, die im Hollywood-Business an der Tagesordnung sind.
In diesen Punkten kann „Hollywood Animal“ unbedingt fesseln. Nicht einmal die Tatsache, dass Eszterhas deutlich zu episch in seinen Clevelander Jugendjahren schwelgt, schmälert dies. Der Mann kann schreiben, wenn er denn will bzw. sich selbst diszipliniert: „Hollywood Animal“ ist nämlich als Buch an sich recht gewöhnungsbedürftig für den Leser. Eszterhas scheint es mit der wilden Energie in die Tasten seiner alten mechanischen Schreibmaschine gehauen zu haben wie seine Drehbücher, denen es in weiten Passagen auffällig gleicht. Kontinuierliches oder chronologisches Erzählen ist Eszterhas’ Sache nicht. Er bricht – für ihn selbstverständlich – mit entsprechenden Konventionen. „Hollywood Animal“ bietet ein komplex gedachtes, tatsächlich aber vor allem kompliziertes Nebeneinander von Vergangenheit/en und Gegenwart. Eszterhas springt zwischen Zeiten und Ereignissen, splittert sein Leben auf in die wilde Konfusion, als welche er es verstanden wissen möchte. Manche „Unterkapitel“ umfassen nur wenige Zeilen. Ein roter Faden wird lange nur ansatzweise oder gar nicht sichtbar.
Der Mann hat Ehrgeiz; vielleicht vermisst er das Verfassen von Drehbüchern auch mehr als er sich selbst eingestehen mag. Verstehen wir uns nicht falsch: Eszterhas versteht sein Handwerk. Sein Werk liest sich deutlich flüssiger als manche „Autobiografie“, die ihren Weg in die Buchläden findet statt echten Pferdemist als Blumendünger zu ersetzen. Auch an das „künstlerische“ Durcheinander gewöhnt man sich.
Was hingegen erheblich stört, ist Eszterhas’ Neigung zu scheinbar „saftigem“ Klatsch. Am „Basic Instinct“-Skandal klammert er sich beispielsweise förmlich fest. Nur war der vor allem ein Medienprodukt, dessen Schockwirkung primär auf die prüden USA beschränkt blieb. Vor allem liegt das Geschehen mehr als ein Jahrzehnt zurück. Wer interessiert sich heutzutage noch so exzessiv für „Basic Instinct“ – oder für Sharon Stone (die ihrem Drehbuchautoren eine Liebesnacht gewährte, was dieser allen Ernstes zu einem zentralen Kapitel seiner Biografie aufschäumt), wie Eszterhas dies offensichtlich glaubt?
Wie man es viel besser macht, beweist der Autor mit der präzisen Chronologie seiner Auseinandersetzung mit dem Agenten Michael Ovitz, die in die Hollywood-Geschichte eingegangen ist – und das mit Recht, denn hier wurden dank Eszterhas, der dafür allerhand Federn lassen musste, wahrhaft beängstigende, quasi mafiöse Strukturen offen gelegt. So etwas ist allemal spannender als die pseudo-schockierenden Schmuddel-Histörchen, mit denen Eszterhas das uralte Klischee von Hollywood-Babylon bedient. Ähnlich fesselnd wird der Schock des Verfassers geschildert, der seinen Vater nach und nach als Kriegsverbrecher enthüllt sehen muss.
Wie es sich gehört für ein Hollywood-Drehbuch, schreibt sich Eszterhas einen Neuanfang nach großer Katharsis auf den Leib. Aus dem „Hollywood Animal“ wurde ein treu sorgender Ehemann und Familienvater. Bis es so weit war, erlegte das Schicksal selbst Joe Eszterhas eine Reihe gewaltiger Prüfungen auf. So muss es gewesen sein, denn wie konnte dieser große Mann sonst so tief fallen? Darüber grübelt er selbst anscheinend immer noch nach – und dies ist seine Interpretation der Ereignisse.
Auf Abbildungen verzichtet Eszterhas vollständig. Man vermisst sie auch nicht; was außer den üblichen Starporträts und nichts sagenden Familienschnappschüssen könnten sie auch bieten? Dass Eszterhas noch immer „heiß“ ist, bezeugt die Geschwindigkeit, mit der seine Lebenserinnerungen auch ins Deutsche übertragen wurden: Gleich drei Übersetzungen bemühten sich, „Hollywood Animal“ hierzulande möglichst zeitgleich mit der amerikanischen Ausgabe erscheinen zu lassen. Sie haben ihren Job gut erledigt, wobei ihnen Eszterhas selbst mit seiner Vorliebe für kurze, prägnante Sätze entgegen gekommen sein mag. Auf jeden Fall liest sich dieses wahrlich seitenstarke Buch die meiste Zeit sehr flüssig. Im letzten Viertel nehmen allerdings die Längen zu. Wieso fand Eszterhas es notwendig, Tagebucheintragungen seiner geliebten Neufrau Naomi geradezu exzessiv zu zitieren? Einmal mehr zeigt sich, dass eine Beziehung vor allem bzw. fast ausschließlich für jene lebenswichtig ist, die sie führen – Außenstehende können damit nur wenig anfangen, zumal auch Joe & Naomi nichts wirklich Neues zum uralten Tanz der Gefühle beizutragen haben.
Der durch Krankheit & Lebensweisheit geläuterte Joe Eszterhas ist zudem nicht wirklich ein neuer Mensch. Mit derselben Intensität, mit der er früher „gesündigt“ hat, zieht er jetzt gegen Unmoral & Suchtverhalten zu Felde. Heuchlerisch mokiert er sich über die Unwilligkeit der Welt, sich belehren und bekehren zu lassen – dabei ist dies exakt die Reaktion, die er selbst früher an den Tag gelegt hat. So liest man das letzte Kapitel von „Hollywood Animal“ lieber nicht allzu intensiv, sondern überfliegt es, was den überwiegend positiven Eindruck dieser Rock’n’Roll-Autobiografie nicht mehr allzu stark beeinträchtigen kann.
Mittlerweile hat die Kultusministerkonferenz einen Entwurf für den _“Rat der deutschen Rechtschreibung“_ vorgelegt. Das Gremium wird den Schriftgebrauch der deutschen Sprache beobachten und Vorschläge zur Weiterentwicklung der Orthografie erarbeiten. Dem Rat gehörten ursprünglich auch Kritiker der Reform an, z. B. hatte die |“Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung“| zwei Sitze. Von deutscher Seite sind 16 Institute mit insgesamt 18 Sitzen vertreten, darunter vier aus der Buchbranche: |Börsenverein|, |VdS-Bildungsmedien|, |Duden|-Verlag und |Wissen Media|-Verlag. Österreich und Schweiz entsenden je neun Vertreter. Eine Gruppierung von Gegnern der neuen Schreibung – unter ihnen die |Forschungsgruppe Deutsche Sprache| – hat gegen die ihrer Meinung nach „einseitige“ Besetzung des Gremiums protestiert. Da dieser Rat von der Kultusministerkonferenz mit neunzig Prozent Ja-Sagern zur Reform (während dagegen nur zehn Prozent der Deutschen für die Reform insgesamt sind) besetzt wurde, sagten die zehn Prozent Nein-Sager – die |“Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung“| und der |“deutsche PEN-Club“| – aufgrund eines Aufrufs der gegenwärtigen Literaturnobelpreisträgerin _Elfride Jelinek_ ihre Mitarbeit wieder ab.
Die Ergebnisse der Beratungen stünden allesamt schon fest und bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass der Rat wie eine Volksfront nach DDR-Muster fast ausschließlich mit treuen Gefolgsmännern besetzt worden war. Durch die Austritte der wenigen Gegner ist der Rat jetzt eine Farce. Bis in den Dezember hinein ist dieser schon im Sommer gegründete Rat zudem noch nicht einmal zusammengetreten. Ein erstes Treffen ist nun aber für den 17. Dezember in Mannheim geplant. Von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff wird mittlerweile aber selbst die Kultusministerkonferenz als Ganzes kritisiert. Die |“Akademie der Künste Berlin-Brandenburg“| fordert dazu auf, die Verantwortung für die Zukunft der deutschen Rechtschreibung ganz an die |“Akademie für Sprache und Dichtung“| allein zu übertragen. Alle Gegner sind sich eigentlich darin einig, dass die Anpassung der Reform durch eine nichtstaatliche Instanz vollzogen werden müsse. Die Schulbuchverleger und die Schulen selbst sind im Grunde die einzigen, die hinter der Reform stehen (müssen).
Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse hatten erneut etwa 250 namhafte Schriftsteller und Verleger mit einem _Frankfurter Appell_ zur Rechtschreibreform an die Ministerpräsidenten und Kultusminister gemahnt, das Experiment Rechtschreibreform nach acht Jahren „zunehmender Verwirrung“ zu beenden. Der große Zuspruch beweise, dass die reformierte Rechtschreibung auch über den 1. August 2005 hinaus für das literarische Leben keinesfalls verbindlich wird, heißt es in einer Erklärung. Initiiert wurde der Aufruf vom |Rat für deutsche Rechtschreibung|. Dennoch wurde daraufhin wiederholt im Oktober von den deutschen Länderchefs auf einer Konferenz der Ministerpräsidenten die Einführung der reformierten Rechtschreibung ab 1. August 2005 bestätigt, sofern der neu eingesetzte „Rat für deutsche Rechtschreibung“ zu einer Einigung über Änderungen der reformierten Rechtschreibung kommt. Noch Ende 2004 wird nun allerdings auch der Bundestag über die Reform debattieren, denn mancher Politiker ist der Ansicht, dass diese Debatte nicht von den Ministerpräsidenten und Kultusministern der Länder vorgeschrieben werden kann. Der Jurist Johannes Wachsmuth, Anführer einer Gruppe von Rechtsgelehrten, die sich für die bewährte Rechtschreibung einsetzen, hat in einem Schreiben an die beiden größten Bundestagsfraktionen ebenfalls noch einmal klargestellt, dass für die Rechtschreibung auch der Bund zuständig ist. Die Reform habe beträchtlichen gesamtwirtschaftlichen Schaden angerichtet und die sinnlose Verschwendung von Steuergeldern verschuldet. Daher ist der Deutsche Bundestag jetzt aufgerufen, seiner gesamtstaatlichen Verantwortung gerecht zu werden. In einem vom FDP-Abgeordneten Hans-Joachim Otto fraktionsübergreifenden Antrag, den sofort 50 Bundestagsabgeordnete unterschrieben haben, wird die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Rücknahme der Rechtschreibreform einzusetzen. Dieser wird allerdings erst im Frühjahr behandelt.
Derweil ist das Chaos perfekt. Annähernd die Hälfte der Zeitungen erscheint in der alten, die andere Hälfte in der neuen Rechtschreibung. Deutschland blamiert sich im Ausland und dort bringt man das auch mit der PISA-Studie in Zusammenhang. Dabei hatte gerade die komplexe, facettenreiche deutsche Sprache das Land nicht von ungefähr zu dem der „Dichter und Denker“ gemacht.
Nach der |Süddeutschen Zeitung| mit ihrer „Billig“-Buchreihe _“SZ-Bibliothek“_ ist nun auch die |Bild|-Zeitung mit einer „Bestseller-Bibliothek“ ins Buchgeschäft eingestiegen. Obwohl schon die SZ ziemlich gut lief, ist Bild noch viel besser gestartet. Allein die Druckauflage des ersten Bandes „Der Pate“ musste um 75 000 auf 350 000 erhöht werden.
Der Literaturnobelpreis ging in diesem Jahr an _Elfriede Jelenik_. Der |Rowohlt|-Verlag setzt deswegen eine Hardcoverauflage und Neuauflagen für 13 ihrer Taschenbuchtitel um. Andere Titel der Autorin sind im |Berlin|-Verlag, |Buch & Media München|, |Rhombus|-Verlag, |Sonderzahl|-Verlag, |Jung und Jung|, |Edition Text & Kritik| sowie bei |Droeschel| erschienen. Durch den Preis hat das Interesse an der Autorin stark zugenommen. Die Verlage kamen mit den Nachlieferungen an die Buchläden in der ersten Zeit nicht mehr nach. Jelenik hat eine Webseite: www.elfriedejelenik.com.
Die Tondokumente des Lyrikers _Gottfried Benn_ sind von der Kulturwelle |hr 2| des Hessischen Rundfunks als Hörbuch des Jahres 2004 ausgezeichnet worden. Die zehn CDs mit Benns Hörwerk 1928 bis 1956 sind im Frankfurter Verlag |Zweitausendeins| erschienen. Die Preisverleihung findet am 30. Januar 2005 im Rahmen des |hr2-Hörfestes| im Staatstheater Wiesbaden statt.
Die Verlage |Campus, Herbig, Droemer-Knaur| und |Rowohlt| hatten fest mit der _Wahl von Kerry_ zum neuen amerikanischen Präsidenten gerechnet und gehofft, ihre Kerry-Biografien in Nachauflagen nachzuschießen. Jetzt interessiert sich für diese Titel allerdings niemand mehr. Entweder ist der Markt tatsächlich mittlerweile gesättigt, oder die deutschen Leser stehen noch unter dem Schock der Wiederwahl von George W. Bush. Denn bis zur Wahl verkauften sich Titel zur US-Politik sehr gut, aber seit Entscheidung der Wahl bleibt plötzlich alles in den Regalen der Buchhandlungen liegen. Es herrscht irgendwie eine gewisse Amerika-Müdigkeit.
Zur vergangenen Frankfurter Buchmesse hatte ich bereits in einem [„Spezial“]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=30 über meine eigenen Eindrücke berichtet. Eine Nachricht erscheint mir dennoch nachtragenswert. Zum ersten Mal seit mehr als 40 Jahren wurde die Verleihung des _Friedenspreis_es nicht im Ersten Programm der ARD live übertragen. Börsenvereinsvorsitzender _Dieter Schormann_ kritisierte das entschieden: „Den Ruf, den der Friedenspreis weltweit genießt, wird das nicht schmälern; wohl aber die Glaubwürdigkeit der ARD, die damit zeigt, dass sie ihren Kulturauftrag als öffentlich-rechtliche Sendeanstalt nicht erfüllt“. Der Friedenspreis sei nach dem Zweiten Weltkrieg als Symbol der Versöhnung entstanden. Seine Wirkung entfalte er daher nicht in erster Linie über das Fernsehen: „Es sollte aber für die ARD selbstverständlich sein, dem bedeutendsten Kulturpreis der Bundesrepublik gebührenden Raum zu geben – und das heißt: im Ersten Programm“, meint Schormann. Auch die Presse kritisierte die Absetzung: Die ARD sei damit dem „puren Zerstreuungsfernsehen“ wieder einen Schritt näher gekommen, schreibt |“Die Welt“|. Preisträger war dieses Mal _Péter Esterházy_ gewesen.
Nachdem dieses Jahr zum ersten Mal Antiquariat auf der Messe vertreten war, sich aber nicht _“Antiquariatsmesse“_ nennen durfte, sieht das nächstes Jahr anders aus. Mit Einverständnis der Frankfurter Buchmesse wird es 2005 eine richtig große Antiquariatsplattform geben.
Im kommenden Jahr findet vom 17. bis 20.März parallel zur |Lit.Cologne| erstmals die _Hörbuchmesse_ |AudioBooks Cologne| statt. Bei der Leipziger Buchmesse, die zur selben Zeit ihre Hallen für Besucher öffnet, ist das Hörbuch ebenso wieder ein Schwerpunktthema. Hoffentlich führt das nicht zu einer Spaltung, denn wenn jeweils nur die eine Hälfte auf einer der Messen erscheinen sollte, wäre die Neueinführung natürlich irgendwie misslungen. Viele kleine Verlage können sich zwei gleichzeitige Messen nicht leisten. Die bisherige Tendenz liegt bislang eher bei der Teilnahme in Leipzig. Es führt bereits jetzt zu erheblichem Ärger, dass sich die Termine überschneiden.
Im _Börsenverein_ des deutschen Buchhandels bewegt sich derzeit sehr viel. In den letzten Jahren hat sich sein Image mehr und mehr zu einem Wirtschaftsverband umgewandelt und die kulturpolitische Aufgabe geriet angesichts der wichtigen Themen wie Preisbindung, Urheberrecht, Verteilungsgefechte und Konzentrationsprozesse am Markt in den Hintergrund. Dabei opferte man zu großen Teilen aber auch die eigentliche Identität. Jetzt beschloss die Mitgliederversammlung, zu dieser zurückzufinden. Die kulturpolitische Dimension der Buchwelt sei „die eigentliche, wenn nicht sogar die einzige Klammer, die unseren Berufsstand zusammenhält – und seine Stärke ausmacht“, betont Dieter Schormann (Vorsteher). Der Verbandsverdrossenheit und dem Imageverlust kann nur mit einer neuen kulturellen Initiative begegnet werden. Ein erster Schritt ist im nächsten Jahr die Erstellung einer Kulturbilanz. Alle kulturellen Aktivitäten des Börsenvereins sollen dokumentiert und geprüft werden.
Neue Akzente will der Börsenverein mit dem Lesewettbewerb „Ohr liest mit“ und mit dem |Deutschen Buchpreis|, der erstmals auf der Frankfurter Buchmesse 2005 vergeben wird, setzen. Für Unruhe sorgte auch, dass der Vertrag des jetzigen Buchmessedirektors Volker Neumann nicht verlängert wurde. Auch am neu geschaffenen |Deutschen Buchpreis| gibt es Kritik. Langfristig ist er finanziell noch nicht gesichert, da die Sponsoren nur für drei Jahre eine Zusage machten. Die Mitglieder des Börsenvereins waren nicht in die Entscheidung eingebunden worden. Dennoch ist die an renommierten internationalen Preisen orientierte Auszeichnung erfolgsversprechend.
Die Verbandsreform, die in den letzten Jahren stattfand, ist noch nicht transparent genug hinsichtlich ihrer neuen Kommunikations- und Entscheidungsprozesse. Der Aufsichtsrat und der Börsenverein sind zur aktiveren Informationspolitik aufgefordert. Der Verband ist zwar kein Konzern, hat aber mittlerweile eine Organisationsform, die sich der in üblichen Unternehmen angenähert hat. Dies hat ein ganz neues Rollenverständnis zur Folge, das noch nicht funktioniert. Natürlich war die Strukturreform mit demokratischer Mehrheit beschlossen worden. Die letzten Jahre waren eben sehr schwierig und so wird es wohl auch noch eine Weile bleiben. Seit vier Jahren sinken auch die Mitgliedszahlen aufgrund von Geschäftsaufgaben.
|Das Börsenblatt, das die hauptsächliche Quelle für diese Essayreihe darstellt, ist selbstverständlich auch im Internet zu finden, mit ausgewählten Artikeln der Printausgabe, täglicher Presseschau, TV-Tipps und vielem mehr: http://www.boersenblatt.net/.|
Im August 1860 bricht in Melbourne eine große Expedition auf, die den Kontinent Australien durchqueren und die Nordküste erreichen soll. Die Reise durch 5000 Kilometer unwirtliches, kaum besiedeltes, feindseliges Land endet in einer Katastrophe, die acht Menschen das Leben kostet und sich in einen nationalen Skandal verwandelt … – Kritische Neubewertung einer historischen ‚Großtat‘, die das zeitgenössische Denken berücksichtigt, die Wahrheit hinter verklärenden Worten sucht und zu einem eher bestürzenden Resultat kommt: gut recherchiertes, spannend geschriebenes und mit trockenem Witz belebtes Sachbuch. Sarah Murgatroyd – Im Land der grünen Ameisen weiterlesen →
Sierra Leone, das Land mit dem niedrigsten Entwicklungsstand in der gesamten Welt, eine Nation, die nur noch von der Hoffnung auf eine bessere Zukunft am Leben gehalten wird. Korrupte Politiker, massive Armut und die Folgen eines grausamen Bürgerkrieges bestimmen den Alltag in diesem westafrikanischen Staat, und auch wenn die dort lebenden Menschen alles dafür täten, um dem Land zum Aufschwung zu verhelfen, so sehen die realistischen Aussichten auf eine bessere Zukunften nicht gerade rosig aus. Zu sehr haftet die Vergangenheit noch an den Bürgern von Sierra Leone, zu sehr sind sie noch von den Greueltaten ihrer eigenen Landsmänner betroffen, und so gerät selbst das alltägliche Zusammenleben zu einem schwer zu überbrückenden Hindernis.
Die Chronik um den unsterblichen Menschen Perry Rhodan umfasst mittlerweile eine über vierzigjährige Geschichte. Unmöglich, einen kurzen Überblick zu geben. Über zweitausendzweihundert Heftromane, 415 Taschenbücher, ungefähr 800 Heftromane um Perrys Freund Atlan, diverse Einzelgeschichten und Spin-off-Serien sowie ein Kinofilm – die Dimensionen sind erdrückend. Aber obwohl die Geschichte der Erstauflage im Heftroman eine fortlaufende Handlung ist, finden sich genügend Lücken für Abenteuer, die leicht zugänglich für so genannte Neuleser und interessant für die Stammleser sind.
Eine Lanze für Perry Rhodan
Seit 2002 veröffentlicht der Heyne-Verlag in Zusammenarbeit mit dem Perry-Rhodan-Team jährlich eine sechsbändige Miniserie im Taschenbuch. Angekündigt als „atemberaubendes Science-Fiction-Abenteuer“ bilden die Bücher spannende Unterhaltung in abgeschlossenen Geschichten, so dass Neulinge sich nicht vor dem gigantischen Hintergrund fürchten müssen. An diesem Punkt hakt die Kritik ein: Wenn der Serienheld Perry Rhodan auch in diesen Sechsern mitspielt, wie soll man den Hintergrund vergessen können? Eine berechtigte Frage, wenn sie die beiden Zyklen „Andromeda“ (Heyne 19001 – 19006) und „Odyssee“ (Heyne 19007 – 19012) betrifft. Zwar verlässt Perry Rhodan in beiden Zyklen den roten Faden der Hauptserie, doch spielen jeweils kosmische Seriendetails wie Superintelligenzen, Kosmokraten oder Hyperimpedanz eine Rolle.
So weit ich das nach der Lektüre des ersten Romans aus dem diesjährigen Zyklus „Lemuria“ beurteilen kann, haben sich die Macher diesmal richtig Mühe gegeben. Perry Rhodan spielt mit, aber anderen Charakteren wird zum Teil mehr Platz eingeräumt als ihm. Der Serienhintergrund spielt eine Rolle, man versucht aber nicht, zwanghaft die letzten Jahrtausende zu erklären, sondern bringt behutsam handlungsrelevante Details ein, die auch Leser ohne „Rhodan-Erfahrung“ erfassen können, wenn sie etwas Interesse mitbringen. Welches komplexe Universum erschließt sich dem Leser auf Anhieb, auf den ersten Seiten? Man denke zum Beispiel an das Kultur-Universum von Iain Banks, Hyperion von Dan Simmons oder auch das so genannte Uplift-Universum von David Brin. Hier wie dort spielen Jahrhunderte, Jahrtausende oder manchmal Jahrmillionen in der Entwicklung eines Universums tragende Rollen, aktuelles Beispiel aus Deutschland: Das Kantaki-Universum von Andreas Brandhorst, der in den Romanen und auf seiner Homepage eine ausgefeilte, liebevoll erstellte Chronik der letzten Zeitalter darbietet. Was ist der Unterschied zu Perry Rhodan, außer dass es zu Rhodans Geschichte massenweise Romane gibt?
Auf den Spuren der Vorfahren
Im vorliegenden Band von Frank Borsch stößt ein Prospektor-Raumschiff der Terraner auf ein gigantisches, fünfzigtausend Jahre altes Schiff, das seine Fahrt auf der Erde begonnen hat: Die Lemurer, Vorfahren der heutigen Menschen und aller humanoiden Völker der Milchstraße, starteten zu Beginn ihrer Raumfahrt ein gewaltiges Projekt. Ein Generationenschiff, in dem eine abgeschlossene Welt existiert, in der die Wesen leben und sich fortpflanzen, bis eines fernen Tages das Ziel erreicht sein sollte. Mit Beginn des überlichtschnellen Raumfluges geriet dieses Schiff in Vergessenheit. So ist es als unwahrscheinlicher Zufall anzusehen, dass es die terranische PALENQUE in den Weiten des Weltalls findet. An Bord des Prospektors befindet sich Perry Rhodan, zu der Zeit Regierungsoberhaupt der terranischen Welten.
Annähernd zeitgleich wird die LAS-TÓOR, ein Explorer der Akonen, auf das uralte Schiff aufmerksam. Die Akonen sind ein altes Volk der Milchstraße, das ursprünglich aus Siedlern der Lemurer hervorgegangen ist. Trotz ihrer Verwandtschaft herrscht eine Art „Kalter Krieg“ zwischen Terranern und Akonen. Da sich beide Parteien Nutzen oder Gewinne von dem Generationsschiff versprechen, ist in dieser Situation Fingerspitzengefühl gefragt: Wer hat das Recht zur Erforschung? Der Umsicht des akonischen Kommandanten und Perry Rhodans ist es zu verdanken, dass ein gemischtes Team zur Ersterkundung überwechselt. Wie groß ist das Erstaunen, als sich der Kommandant des fremden Raumschiffs als Unsterblicher gleich Rhodan erweist? In dieser Lage kann das Auftauchen eines akonischen Gefechtsverbandes zur Eskalation führen …
Entgegen den Vorgängerzyklen beginnt diese neue Serie nicht mit einem Zwangseinstieg durch Action-Überladung. Anscheinend hat man bei den Machern eingesehen, dass auch oder gerade gute Charakterisierungen und ein spannender Plot zu einem guten, unterhaltsamen und interessanten Roman führen können. Frank Borsch stellt unter Beweis, dass er sich auf ausgezeichnete Charaktere versteht, ihnen Tiefe und Seele verleihen kann und dass dabei die Geschichte in einem angenehmen Tempo voranschreiten kann.
Was in letzter Zeit in der Heftserie etwas fehlte, nämlich eine glaubhafte Darstellung der Unsterblichen, gelingt hier quasi nebenbei. Perry Rhodan ist ruhig und ausgeglichen und strahlt seine immense Erfahrung geradezu aus, ist dabei nicht zu distanziert und unterkühlt, sondern sucht die Nähe seiner Begleiter, sucht Verständnis und Vertrauen. Immer wieder liest man, dass es nicht leicht sein kann, einem Charakter, der von vielen unterschiedlichen Autoren beschrieben wurde, neue Facetten abzugewinnen. Muss man ja auch nicht immer zwingend! Es ist schon eine Leistung, eben dieser vielbeschriebenen Person Leben einzuhauchen und sie überzeugend zu schildern.
Das lässt sich auf alle anderen Personen des Romans übertragen. Manche kommen etwas kürzer, andere werden eingehender behandelt. Dadurch werden zum Beispiel Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Terranern und Akonen beleuchtet, so dass dem Leser recht schnell eine interessante Idee kommt: So unterschiedlich sind die Völker gar nicht! Da wirken die Schnittstellen, die Borsch zwischen ihnen einbaut, regelrecht befreiend.
Mit einer leichten Prise Humor gewürzt, lässt sich die Geschichte sehr gut lesen. So betreibt der terranische Funker einen Versand von Luftgitarren, und eine Akonin versucht sich in einem bei ihrem Volk beliebten Zeitvertreib: dem Plejbek. Die Beziehung zwischen den beiden entwickelt sich entsprechend und wird anschaulich geschildert.
Die kosmische Sintflut
Einen weiteren Schwerpunkt bildet das Leben im Generationsschiff. Die Menschen leben in Wohn- und Arbeitsgemeinschaften zusammen, der genetische Austausch wird vom Schiff streng kontrolliert. Natürlich gibt es stille Rebellen, die sich selbst „Sternensucher“ nennen. Denn das Schiff verbietet den Lemurern den Blick ins All, es ist eine wirklich geschlossene Welt ohne Augen und Ohren. Borsch motiviert die träumerischen Sitzungen der Sternensucher durch alte Aufzeichnungen, über die ihre Faszination und ihr Wissensdurst ausgelöst werden. Doch für das ferne Ziel (dies bleibt den Lesern bis zum Schluss unbekannt) muss die Ordnung im Schiff bestehen bleiben, weshalb der Kommandant gegen seine Überzeugung „[…] Es sind die Besten, und wir werden sie brauchen, wenn wir ankommen […]“ die Hinrichtung dieser vom Schiff als Verräter titulierten Menschen befielt. Ihm bleibt nur die Hoffnung, nicht alle großen Geister auszulöschen.
So erhält der Leser Einblicke in das Leben im Schiff aus allerlei Perspektiven, für uns erscheint es unvorstellbar. Doch wer weiß, ob die Menschen nicht in ferner Zukunft ein ähnliches Experiment wagen? Vielleicht, wenn eine moderne Sintflut, ein Armageddon oder degleichen die letzten Kräfte der Erde mobilisiert. Das bleibt in diesem Roman auch die Frage: Warum unternahmen die alten Lemurer diese unglaublichen Anstrengungen, um ein Generationenschiff zu bauen? Der Titel „Sternenarche“ legt nahe, dass es sich um eine Katastrophe gehandelt haben muss. Noch tappen alle Beteiligten im Dunkeln.
Der Auftaktband des neuen Zyklus ist ein hervorragend geschriebenes Science-Fiction-Abenteuer, bei dem man sich nicht durch das Etikett „Perry Rhodan“ abschrecken lassen darf. Frank Borsch gelingt der bisher beste Roman der neueren Rhodan-Geschichte, nach dieser Lektüre hat man Lust auf mehr. Dabei wird es für die Nachfolger schwierig, dieses Niveau zu toppen – allerdings machen Namen wie Andreas Brandhorst oder Leo Lukas durchaus Hoffnung.
Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: (9 Stimmen, Durchschnitt: 1,67 von 5)
Tessa McCamfrey wird seit ihrer Kindheit von Tinnitus geplagt. Als sie einen besonders schweren Anfall erleidet, wird sie von den klingelnden Qualgeräuschen in die kalifornischen Berge getrieben. Hier findet sie aufgebrochene Boxen, die aus einem Banküberfall stammen. Als Tessa die Boxen untersucht, findet sie einen goldenen Ring, der mit Dornen verziert ist. Sie streift sich den Ring über und verschwindet in eine andere Welt. Sie taucht in der Stadt Bay’Zell wieder auf.
In der fernen Stadt Bay’Zell ist Tessa verloren, doch der finstere Ravis rettet sie. Ravis ist auf der Flucht, trotzdem hilft er Tessa. Irgendwie scheinen ihre Schicksale miteinander verwoben zu sein. Während Ravis sich mit Camron verbündet (nach dem Tod seines Vaters neuer König), um König Izgard zu stoppen und zu vernichten, findet Tessa Unterschlupf bei dem alten Schreibergehilfen Emith. Zudem scheint ihr Tinnitus plötzlich verschwunden zu sein.
Izgard ist Träger der Dornenkrone und grausamer Imperator. Er ließ Camrons Vater töten und macht auch keinen Halt vor Frauen und Kindern. Ravis stellte ihm einst eine Armee zusammen, doch fiel er in Ungnade. Nun steht Ravis auf Seiten Camrons, dessen gesamtes Volk abgeschlachtet wurde. Beide Männer sammeln eine Armee, um Izgard zu vernichten. Doch die Vorzeichen stehen äußerst schlecht, paktiert Izgard doch mit dem Bösen und benutzt Zauberei, um seine Hetzer noch gefährlicher zu machen, als sie bereits sind.
Während Ravis sich in einen Krieg stürzt, erlernt Tessa von Emith die Kunst des Schreibers. Schnell erkennt sie, dass alles von einem Muster bestimmt wird. Sie besitzt die Gabe, diese Muster zu erkennen und selbst zu malen. Bei ihren Studien entdeckt Tessa, dass ihr Aufenthalt in einer anderen Welt kein Zufall ist. Tessa erkennt auch, dass Muster Macht bedeuten. Somit ist sie wohl die Einzige, die sich Izgards Schreiber Ederius entgegenstellen kann, und greift in einen Kampf auf Leben und Tod ein.
Das Buch wirkt durch den labbrigen Pappumschlag ein wenig billig und die grobkörnige Vignette am Anfang jedes Kapitels ist lieblos gestaltet. Die Aufmachung und der Originalpreis von fast 8,50 Euro wirken da leicht abschreckend. Und wer die ersten Seiten gelesen hat, glaubt einen Groschenroman vor sich zu haben. Aber die Verpackung täuscht.
Tatsächlich ist „Die ewige Krone“ ein äußerst spannender und detaillierter Roman mit einer dichten Atmosphäre und greifbaren Persönlichkeiten. Jones versteht es, den Leser zu fesseln und baut einen hervorragenden Spannungsbogen auf.
Während Ravis ein eher rauer und kampferprobter Mann ist, der sich stets zu helfen weiß, kommt Tessa ganz anders daher. Bedingt durch ihre Krankheit, ist sie es gewohnt vor Problemen zu fliehen. Als sie durch den Ring in eine fremde Welt gezogen wird, ist sie noch immer unentschlossen und scheinbar ohne Perspektive. Doch mit Hilfe von Emith und seiner alten Mutter findet sie langsam zu sich selbst. Es ist schön, Tessas Wandel zu erleben und an ihrer Seite von Jones in die Kunst des Schreibers eingeführt zu werden. Für den Leser wie für Tessa sind die Farben, das Malen und das Schreiben leicht verfügbar und einfach anzuwenden. In „Die ewige Krone“ besitzt der Schreiber und seine Arbeit allerdings einen anderen Stellenwert. Und dieser wird hervorragend vermittelt. Schnell erkennt man den Zauber des Schreibers und muss die Arbeit anerkennen, die Emith leistet. Der Leser erkennt, welche Mühe es zum Beispiel bereitet, ordentliches Pergament zu erhalten.
Jones versteht es auch, mit wenigen aber gut gewählten Worten die Figuren des Romans zu beschreiben. Dabei wird sich nicht nur auf die Hauptfiguren konzentriert, sondern auch die Nebenfiguren erwachen zum Leben. Sie sind mehr als nur Stichwortgeber oder Bauernopfer, obwohl sie eigentlich nur diesen Zweck erfüllen. Man hat das Gefühl, reale Personen vor sich zu sehen. Und so wie Tessa in eine andere Welt gezogen wird, zieht es auch den Leser in ein fantastisches Reich.
Dabei spart Jones nicht mit blutigen Kampfszenen, um die Gefährlichkeit dieser mittelalterlichen Welt zu unterstreichen. Das traditionelle Rittertum mit seinen schweren Rüstungen kommt dabei allerdings schlecht weg. Langbogenschützen in Lederrüstung brillieren dagegen. Warum das so ist, erklärt Ravis Camron und Jones somit dem Leser. Und das ist wunderbar an diesem Roman. Fragen werden beantwortet und die Taten der Figuren werden erklärt.
Dabei sind Protagonisten und Antagonisten vielschichtig und keine Schwarzweißpersonen, die man über einen Kamm scheren könnte. Selbst der Bösewicht hat seine schwachen Momente und gute Freunde verlieren schon einmal die Beherrschung. Dabei verwischen die Trennlinien zwischen Gut und Böse manchmal.
„Die ewige Krone“ ist spannend und faszinierend. Ein gelungener Auftakt und Appetitanreger, der Lust auf Band 2 macht („Krone aus Blut“, Bastei Lübbe 28 316).
_Günther Lietz_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de/ veröffentlicht.|
Weniger ein Buch als ein reines Fan-Produkt, das die schlüssiger Bearbeitung des vor allem italienischen (S)Exploitation-Films der 1960er bis 1980er Jahre vorgibt … – Formal und vor allem inhaltlich ist dies ein Offenbarungseid. Stilistisch entweder grausig oder unfreiwillig erheiternd, strotzt dieses Machwerk vor Fehlern, schürft aus denkbar flachen Quellen und ist nichts als ein Fixpunkt für Spott und Fremdschämen.Aron Boone – Kannibalen! weiterlesen →
Bret Easton Ellis’ Kultroman „American Psycho“ hält den amerikanischen Yuppies der 80er Jahre ein hässliches Spiegelbild vor und vermittelt als Nebenprodukt dem mittelständischen Leser mit drei Hypotheken die beruhigende Botschaft, dass ein Job an der Wall Street und ungezählte Kreditkarten kein Garant für ein glückliches und erfülltes Leben sind. Nun ist diese Erkenntnis heutzutage weder überraschend noch neu, doch wie Ellis seine Abrechnung mit dem amerikanischen Traum an den Leser bringt, war seinem Verlag |Simon & Schuster| bei der Erstveröffentlichung des Romans im Jahre 1991 einen Skandal wert. Er hatte dort bereits zwei Romane veröffentlicht und für „American Psycho“ einen Vorschuss erhalten. Als das Buch jedoch auf den Markt kam und der Chef von |Paramount| (zu dessen Konzern |Simon & Schuster| gehört) in einer Zeitung Auszüge aus dem Roman las, ließ er „American Psycho“ vom Markt nehmen und die bereits gedruckten Exemplare einstampfen. Dies löste natürlich eine noch größere Kontroverse über den Inhalt des Buches und eine eventuelle Zensur von Seiten des Verlags aus, bis sich der Vintage-Verlag|Ellis’ Buch annahm und den Roman neu herausbrachte.
|Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist …
… Osama Bin Laden!|
Helen Fielding ist spätestens seit der grandiosen Verfilmung von „Schokolade zum Frühstück“ mit Renee Zellweger in der Hauptrolle sicherlich jedem als die göttliche Autorin der beiden Romane um Bridget Jones ein Begriff. Insider kennen darüber hinaus auch ihr eher gewöhnungsbedürftiges Werk „Hummer zum Dinner“, das den typischen Bridget-Jones-Charme ein wenig vermissen lässt. So schlug ich gespannt ihr neues Werk auf, um mir eine Meinung zu bilden, denn ich war von vornherein etwas skeptisch, da ich mir bereits recht sicher war, dass ihre neue Heldin Olivia gar nicht so sympathisch sein kann wie die liebe Bridget mit ihren eingebildeten Gewichtsproblemen.
Olivia Joules arbeitet freiberuflich als Journalistin und wird zur Präsentation einer neuen Gesichtscreme in Miami eingeladen. Auf der Party bemerkt sie einen erstaunlich gut aussehenden Mann, der sie offensichtlich anzuflirten scheint, es handelt sich um den Filmproduzenten Pierre Ferramo, also um die Werbefigur für die neue Creme. Olivia ist entzückt angesichts dieses fantastischen Mannes, doch schnell packen sie Zweifel: Handelt es sich bei Ferramo womöglich um Osama Bin Laden? Plötzlich ist sie sich sicher, den vielleicht meistgesuchten Mann der Welt gefunden zu haben. Schnell googlet sie Ferramo und findet keinen einzigen Treffer, während sie unter ihrem eigenen Namen fast 200 Suchergebnisse angezeigt bekommt. Ihr natürliches Misstrauen ist sofort geweckt, was wird hier gespielt? Nichts kann Olivia Joules in diesem Glauben erschüttern; Bin Laden hat sich sein Gesicht operieren lassen und sogar seine Körpergröße verändert. Als Ferramo dann auch noch ein arabisches Wort fallen lässt, ist Olivia schockiert, sie hat einen al-Qaida-Mann vor sich!
Olivia beschließt, Ferramo auf den Zahn zu fühlen und ihren Aufenthalt in Miami zu verlängern. Dort liegt das berühmte Schiff „OceansApart“ vor Anker, das Olivia unbedingt besichtigen möchte, doch bevor es dazu kommen kann, explodiert das Schiff und sinkt vor Olivias geschockten Augen. Weitaus erschütternder findet sie allerdings die Tatsache, dass Ferramo sie kürzlich noch davor gewarnt hat, das Schiff zu betreten. Ist Ferramo Schuld an dem Schiffsunglück? Kurz darauf flüchtet er nach Los Angeles und Olivia reist ihm hinterher. Die Verfolgungsjagd geht schließlich weiter und führt Olivia zunächst nach Honduras, später in den Sudan, sie erlebt aufregende Dinge und entdeckt schließlich auch das Geheimnis hinter Pierre Ferramo.
So weit zum Inhalt des Buches, der schon mal sehr abgefahren klingt, nicht wahr? Die Geschichte beginnt zunächst recht vielversprechend und lustig. Der Leser wird mit Olivia vertraut gemacht und lernt sie als etwas chaotische Journalistin mit blühender Fantasie kennen. Sie reist gerne und lebt am liebsten in Hotels, wo sie pedantisch darauf achtet, ob das Toilettenpapier am Ende auch ordentlich gefaltet ist und spitz zusammenläuft. Ihre fantastische Einbildung führt sie schnell zu dem Schluss, dass der gut aussehende Ferramo nicht wirklich Franzose ist, sondern ein al-Qaida- Mitglied sein muss und zwar nicht irgendeines, nein, Osama Bin Laden persönlich. An dieser Stelle musste ich etwas schlucken, denn diese Wendung fand ich dann doch ein wenig zu weit hergeholt. Eine blühende Fantasie kann ich noch gut nachvollziehen (wer hat die nicht?), aber musste es gleich Bin Laden sein? Damit hat das Buch zwar aktuellen Bezug, aber wird dadurch noch weitaus unrealistischer als die meisten Frauenromane ohnehin sind. Sympathisch wird Olivia dennoch, man erfährt mehr über ihre tragische Vergangenheit und leidet irgendwo mit ihr mit, denn ihr Chefredakteur besteht auf einer fertigen Story bis 18 Uhr, vergisst allerdings dazu zu sagen, dass er damit englische Zeit meint. So tippt Olivia in Amerika seelenruhig ihrer Zeit hinterher und bringt kein anständiges Wort zu Papier, während ihr Redakteur in London schon graue Haare bekommt.
Das Buch ist durchaus witzig geschrieben, doch hat es nicht die persönliche Nähe wie „Bridget Jones“, was zum einen daran liegen kann, dass das Buch nicht in der Ich-Form geschrieben ist. Ein neutraler Erzähler aus der dritten Person schildert Olivias Geschichte und ihre Erlebnisse, er stellt sie auch vor, so dass man sie doch irgendwo lieb gewinnt, doch herrscht immer eine gewisse Distanz, die durch die persönlichen Tagebucheinträge in „Bridget Jones“ von der ersten Seite an aus dem Weg geräumt waren. Durch die Erzählerform ist der Schreibstil auch nicht so locker-flockig geraten, Frauenbücher gewinnen meist an Charme durch die persönlichen Gedanken der weiblichen Hauptperson, die den Leser an allen noch so verrückten und peinlichen Gedanken teilhaben lässt, das ist bei Olivia leider nicht möglich.
Die Charakterzeichnung Olivias finde ich auch nur teilweise gelungen, denn man lernt sie nicht so gut kennen, wie man es sich wünschen würde. Das Buch ist nur kurz und will ja auch noch die hanebüchene Spionagegeschichte erzählen, daher rückt die Personenbeschreibung schnell in den Hintergrund. Neben Olivia lernt man eigentlich fast keine handelnde Person näher kennen, selbst Ferramo bleibt recht blass, wobei das vielleicht auch besser ist, da man sich dann als Leser noch eine Ähnlichkeit mit Bin Laden einbilden kann, die wohl offensichtlich gar nicht vorhanden ist. Anfangs fand ich Olivia Joules noch sehr interessant und sympathisch durch ihre leicht chaotische Art, doch schnell fängt sie mit ihrer Einbildungein ein wenig an zu nerven. In jede Situation deutet sie etwas hinein, das doch recht weit hergeholt scheint. Schade, eine Hauptperson, mit der man auf jeder Seite und in jeder Zeile mitleiden kann, weil sie einer verlorenen Liebe oder Kleidergröße 36 hinterher trauert, wäre mir doch lieber gewesen als diese neue Romanfigur. Hier hat sich Helen Fielding deutlich verschlechtert, meiner Meinung nach sollte sie sich lieber ein neues Kapitel in Bridgets Leben ausdenken.
Mein größter Kritikpunkt ist allerdings die Geschichte an sich. Ich weiß das Buch nicht recht einzuordnen, da es als Mischung aus trashigem Frauenroman und Spionage“thriller“ daherkommt, schnell schwenkt das Buch von der typischen Frauengeschichte um auf die Agentenschiene, auf der Olivia der al-Qaida hinterherspioniert. Es mag durchaus innovativ und interessant sein, einen Brückenschlag zwischen verschiedenen Genres zu wagen, doch finde ich, dass Fielding dies nicht überzeugend gelungen ist. Das Buch ist nicht witzig und weiblich genug für das Genre „Frauenroman“, aber auch nicht spannend genug für einen echten Spionageroman. Somit wirkt die Story ziemlich lächerlich und überzeugt eigentlich auf keiner Seite. Wahrscheinlich kann man sogar James Bond einen größeren Bezug zur Realität nachsagen als Olivia Joules. Mir ist nicht ganz klar, was Helen Fielding dazu bewogen hat, ihre neue Romanheldin in eine solche Spionagegeschichte hineinzuschreiben, denn ihre alten Bridgetfans mag sie damit vergrault haben.
Etwas erschrocken war ich außerdem, als ich das Buch nichts ahnend umgeblättert habe (im Zug zwischen zwei Geschäftsmännern, die ihre |Financial Times| lasen …) und mir ein billiges schwarz-weiß Bild entgegensprang. Im Buch finden sich nämlich ein paar wenige Schwarz-Weiß-Zeichnungen, die wirken, wie aus einem Supergirlcomic geklaut. Die Bilder sind unterlegt von einem Satz aus dem Roman, der die Szene beschreiben soll. Leider tragen die Bilder nicht sonderlich gut dazu bei, sich die Situationen besser vorzustellen, da sie doch recht grob und künstlerisch unbegabt wirken, aber irgendwie mögen sie auch in den Rahmen dieses Buches passen …
Insgesamt war ich doch enttäuscht von dem Buch, da ich mir ein spritziges Frauenbuch gewünscht hatte, das in Art von Bridget Jones eine sympathische Frauenfigur mit üblichen Problemen vorstellt. Allerdings wird man als Leser dann mit einer Olivia Joules konfrontiert, die sich Osama Bin Laden gegenübergestellt glaubt. Die Geschichte nimmt dadurch sogleich eine unangenehme und unrealistische Wende, die dem Buch nicht gut tut. Ganz so furchtbar wie die Besprechung klingen mag, ist das Buch dann allerdings nicht. Es war schon unterhaltsam und sicherlich keine Zeitverschwendung, aber über das Mittelmaß kommt es leider nicht hinaus. So reicht es dann auch nur zu einer knappen Empfehlung.
Wer kennt sie nicht: Die Legenden um König Artus, seine Ritter der Tafelrunde, allen voran Lanzelot, Guinevere, Mordred und seinen Magier und Ratgeber Merlin. Die Zahl der Variationen der Legende ist Legion, mehrfach verfilmt wurde der Sagenstoff ebenfalls.
Jean-Louis Fetjaine (* 1956), rückt in |“Der Weg des Magiers“| die Figur Merlin in den Mittelpunkt. Dabei orientiert sich Fetjaine an neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen hinsichtlich Historie und Mythos (der Autor studierte Philosophie und mittelalterliche Geschichte – dieser französische Studiengang entspricht in etwa der deutschen Mediävistik). Die Geschichte selbst ist pseudohistorisch, mit mehr Anleihen aus dem bekannten Sagenkreis um Artus denn nur lose inspirierter Fantasy. Merlin selbst ist ein junger Barde rätselhafter Herkunft, der es durch Zaubertricks bereits zu einiger Berühmtheit gebracht hat. Sein steiniger Weg zum Ruhm, zum mächtigen Magier und Berater legendärer Könige, ist Thema der als Trilogie geplanten Reihe. In Frankreich erschien bereits im Mai der zweite Band, „Brocéliande“.
Das Grundgerüst der Geschichte ist deshalb umfangreicher und detaillierter als sonst üblich: Im 6. Jahrhundert bedrohen Sachsen, Pikten und Iren Britannien. Der schottische König Ryderc von Strathclyde ruft alle Fürsten zu einem Waffenstillstand auf, um gemeinsam gegen die Eindringlinge vorgehen zu können. Doch wider Erwarten wählt man Gwendoleu von Cumberland zum obersten Heerführer, woraufhin Ryderc diesen mitsamt Gefolge in eine Falle lockt und tötet. Nur Merlin kann dank der Hilfe geheimnisvoller Wesen entkommen. Er erkennt seine wahre Herkunft und Bestimmung und macht sich auf den Weg in den sagenumwobenen Elfenwald Brocéliande – mit keiner geringeren Mission als Britannien zu vereinen.
Im Grunde kann man bei einem solch bewährten Stoff nicht viel versauen, besonders als Kenner der Materie. Dass es trotzdem geht, beweist Fetjaine. Seine Stärke liegt zweifellos in seinen überzeugenden und umfangreichen Kenntnissen des Mittelalters und der Artussage. Im Nachwort des Romans zeigt er deutlich, wo er die Historie zurechtgebogen, spekuliert oder frei erfunden hat. Ebenfalls sehr gut sind die Zeittafel der britannischen Geschichte und seine Ausführungen zu König Artus, der Unterscheidung zwischen Mythos und Wahrheit sowie den Ursprüngen einzelner Teile der Sage. So zog zum Beispiel Artus, als Kommandant einer römischen Reitertruppe, sein Schwert wohl eher aus einem Sachsen (ex saxone) denn einem Stein (ex saxo) – ein Übersetzungsfehler. Bezüge zum heiligen Schwert des Gottes Nudd und dem heiligen Stein von Fal, wichtige Gegenstände keltischer Religionen, machten aus diesem Fehler möglicherweise ein Zeichen und Wunder. Aus mehreren berühmten, historischen Figuren entstand dann im Laufe der Zeit der Artus der Sage.
Besonders im ersten Drittel des Buches geizt Fetjaine nicht mit Fußnoten, die fast einer wissenschaftlichen Arbeit würdig wären. Anstelle von Literaturverweisen findet der Leser interessante Zusatzinformationen und dringend benötigte Hinweise zum Verständnis der Handlung. Das ist als positiv zu werten, aber die Geschichte leidet unter der Informationsflut, die eigentliche Handlung dümpelt vor sich hin. Weder zu Merlin noch anderen Charakteren konnte ich eine Beziehung aufbauen, da Fetjaine sich unsinnigerweise in Nebensächlichkeiten verliert, das größte Manko des Romans. Erst gegen Ende bessert sich dies – bis dahin leidet man unter einem Stil, der jeglichen Lesespaß raubt: Muss man wirklich den Vorgang des Absteigens vom Pferd, Anbindens, Sich-umsehens, Wiederlosbindens und Weiterreitens im Detail schildern? Bis zum verhängnisvollen Hinterhalt gibt es kaum Dialoge, dafür kurze Beinahe-Monologe, unterbrochen von der langwierigen Beschreibung körperlicher Tätigkeiten, die sich in nervtötender Weise aneinanderreihen. Hier liegt die Schuld beim Stil des Autors, denn sowohl die Übersetzerin als auch das Lektorat haben sich wirklich keinen Fehler erlaubt.
Dieser Stil macht es mitunter schwer, der Handlung zu folgen. Schiere Langweile wollte mich zum Überblättern weiter Abschnitte des Buches verleiten, das erst im letzten Drittel interessante Ausblicke zeigte und Interesse erweckte.
Insgesamt ergibt sich ein widersprüchliches Bild: Detaillierte historische Kenntnisse heben den Roman aus der Masse heraus, die Handlung selbst erwacht erst gegen Ende aus ihrer Lethargie. Ebenso der Charakter Merlins. Dies ist vor allem dem Sprachstil Fetjaines zu verdanken. Wer mit seiner „Elfentrilogie“ zufrieden war, sollte einen Blick riskieren, alle anderen Leser dürfte Fetjaines Sprache zu Tode langweilen. Als Historiker ist Fetjaine top, als Schriftsteller leider ein Flop. Zumal es unzählige besser geschriebene Alternativen der Artussage gibt, wie die weltbekannten |“Nebel von Avalon“| Marion Zimmer Bradleys oder Stephen Lawheads ebenfalls von Merlin handelnde |“Pendragon“|-Saga.
Seit der Lektüre von Jon Krakauers Buch „In eisige Höhen“ übt das Thema Mount Everest und insbesondere die Katastrophe vom Mai 1996, bei der mehrere Menschen während eines Unwetters in Gipfelnähe erfroren sind, eine gewisse Faszination auf mich aus. Inzwischen sind bereits einige Bücher zu diesem Thema von weiteren Bergsteigern erschienen, die die Katastrophe ebenfalls miterlebt haben. Die bekanntesten dürften neben der Veröffentlichung von Krakauer die Berichte von Anatoli Boukreev, Beck Weathers und auch von Lene Gammelgaard sein.
Klein aber fein ist das Privatkrankenhaus „Schwestern von Jerusalem“ in New York City. Die folglich gut situierte, noch sehr junge Karen Tandy kann sich daher mit Recht vertrauensvoll an Dr. Hughes wenden, gilt er doch als Koryphäe seines Metiers. Besonders als Fachmann für Tumorerkrankungen hat er sich einen guten Namen gemacht. Trotzdem ist er erschrocken, denn im Nacken seiner Patientin wuchert eine Schwellung, die nicht im Lehrbuch findet. Der ‚Tumor‘ ist eine Art Embryo, der sich im Zeitraffertempo entwickelt und seine Wirtin schon bald auch geistig unterjocht.
An einem weniger eleganten Ort der Stadt fristet Harry Erskine, der alten Damen die Zukunft aus den Karten liest und dabei den echten Kontakt zum Reich der Geister durch Fantasie und Erfindungsreichtum ersetzt, sein bescheidenes aber zufriedenes Dasein. Dann kommt der Tag, an dem ihn die Nichte einer alten Stammkundin aufsucht: Karen Tandy, die nicht nur unter besagtem Tumor, sondern auch unter seltsamen Träumen leidet.
Harry verliebt sich ein wenig in seine Besucherin. Er bemüht eine alte Freundin, die über echte parapsychische Fähigkeiten verfügt. Bei einer Seance taucht der Geist eines Indianers auf, dessen Attacken die Anwesenden nur mit knapper Not entkommen. Kurz darauf ist Karens Tumor fast so groß wie der Körper seiner Wirtin geworden. In dieser Situation ist Dr. Hughes geneigt Harry Gehör zu schenken, der die bevorstehende Wiedergeburt eines indianischen Rachegeistes ankündigt.
Ein Fachmann muss her! Medizinmann Singing Rain (der eigentlich im Immobiliengeschäft tätig ist) erkennt den Gegner: Misquamacus ist der vielleicht mächtigste Zauberer seines Volkes, der mit dem Weißen Mann noch eine Rechnung offen hat, seit ihn holländische Siedler Mitte des 17. Jahrhunderts in den Tod getrieben haben. Nun ist Misquamacus wieder da – orientierungslos und wie immer äußerst schlecht gelaunt. Es stimmt ihn nicht versöhnlicher, dass verschwenderisch eingesetzte Röntgenstrahlen seinen neuen Körper schwer geschädigt haben. Der erzürnte Geist setzt seinen Zauber ein, um sich zu rächen …
_Eiliger Horror mit trivialem Charme_
Graham Masterton ist nicht nur ein sehr fleißiger, sondern auch ein in seiner amerikanischen Heimat (eigentlich ist er Schotte) recht populärer Autor moderner Horrorgeschichten. In Deutschland ist ihm der Durchbruch dagegen seltsamerweise nie wirklich gelungen. Nur ein Bruchteil seiner phantastischen Romane und Thriller, ganz zu schweigen von seinen historischen Werken (oder den berühmt-berüchtigten Sex-Leitfäden) haben den Weg über den Großen Teich gefunden, wo sie sich unter denen, die das Phantastische lieben, zu begehrten Sammelobjekten entwickelt haben.
„Der Manitou“ markiert Mastertons Debüt als Autor, was zu berücksichtigen ist, wenn man diesen Roman beurteilen möchte – dies und das Wissen, dass Masterton ihn 1974 binnen einer einzigen Woche niederschrieb. Das erklärt eine Menge; die anspruchslose Handlung oder die schlichte Figurenzeichnung beispielsweise. Auf der anderen Seite verspricht Masterton nie mehr als er zu halten bereit ist: Horror der handfesten Art! „Der Manitou“ ist schnell, durchaus witzig und gespickt mit drastischen Effekten. Auf kaum mehr als 170 Seiten wird die Story ohne Pausen vorangetrieben.
|Geist mit schlechtem Planungsstand|
Probleme gibt es immer dort, wo Masterton einhält, um der Handlung Tiefe zu verleihen. Er bildet sich offensichtlich viel ein auf sein Wissen um die indianische Kultur und Mythologie, kommt aber trotzdem niemals über die peinlichen Roter Mann = Guter Mann-Plattitüden hinweg, die als politisch korrekt gelten.
Zwar angesprochen aber nie wirklich beantwortet wird außerdem die Frage, wieso der angeblich so schlaue Misquamacus eigentlich volle dreieinhalb Jahrhunderte übersprungen hat, um ausgerechnet in der Welt des ausgehenden 20. Jahrhunderts aufzutauchen. Wäre es nicht ein Zeichen echter Intelligenz gewesen schon nach fünf oder zehn Jahren zurückzukehren? Für einen Geist, der außerhalb der Gesetze von Raum und Zeit steht, legt Misquamacus ein bemerkenswert schlechtes Gefühl für Timing an den Tag. Da hat es schon etwas rührend Hilfloses, die magische Eroberung der Welt ausgerechnet in einem Krankenhaus zu starten … Aber natürlich sollte man über Sinn & Unsinn solcher für den raschen Konsum bestimmten Unterhaltungsliteratur lieber nicht intensiver nachdenken.
|Ein Medizinmann spukt im Kino|
„Der Manitou“ erschien zwar zunächst in Großbritannien, war aber später auch in den USA überraschend erfolgreich. Bald wurde Hollywood bei Masterton vorstellig, doch dies leider nur in der Gestalt des jungen William Girdler, dessen Filmografie bis dato nur Sch(l)ock-Klassiker wie „Asylum of Satan“ (1972) oder „Three on a Meathook“ (1973) auflistete. Aber Masterton liebt das Abwegige, und so stand Misquamacus= Zelluloid-Zauberschlacht nichts mehr im Wege. „Manitou“, der Film von 1978, ist mit Tony Curtis (!), Stella Stevens, Ann Sothern und Burgess Meredith erstaunlich gut besetzt. Ganz offensichtlich wandelt „Der Manitou“ hier auf den Spuren der „Exorzisten“ und „Omen“-Reihen, die Mitte der 1970er Jahre Geldfluten in die Kinokassen spülten.
Es lässt sich allerdings nicht leugnen, dass sich die genannten Darsteller 1978 gerade in einem Karrieretief befanden, welches in den meisten Fällen andauerte: War das der Fluch des Manitou? Die ohnehin schlichte Story wurde durch kein geniales Drehbuch geadelt (um es höflich auszudrücken), und Girdler ist nicht Orson Welles (und sollte es auch niemals werden; nachdem „Der Manitou“ ein bescheidener Erfolg geworden war, recherchierte Girdler 1978 auf den Philippinen für seinen ersten Big Budget-Hollywood-Film – und stürzte prompt mit dem Hubschrauber ab; ein neues Opfer des Misquamacus?).
So blieben wie so oft im phantastischen Film nur die Spezialeffekte, die dem Streifen Kontur verliehen. Sie sind ordentlich, können aber aus heutiger Sicht natürlich nicht mehr überzeugen. „Der Manitou“ erfreut sich in Amerika trotzdem noch eines gewissen Rufes, weil er den dauerpubertierenden US-Boys den erregenden Anblick blanker Busen in einem ‚richtigen‘ Spielfilm beschert.
|Misquamacus geht in Serie|
In Deutschland war des Manitous Wiedergeburt auf der Kinoleinwand immerhin Anlass genug, mit Misquamacus die 1978 ebenfalls im Zeichen der phantastischen Renaissance ins Leben gerufene „Horror-Bibliothek“ des Bastei-Lübbe-Verlages prominent einzuleiten. Heute dürfen sich die wohl nicht gerade zahlreichen Besitzer dieses Bändchens glücklich schätzen – über ein hübsches Sammlerstück und die wehmütige Erinnerung an eine Zeit, da jeder deutsche Taschenbuch-Verlag mindestens einen einschlägigen Titel pro Monat auf den Markt brachte.
Misquamacus ließ der unverhoffte Erfolg seines ersten Auftretens übrigens nie lange im Geisterreich verweilen. Schon 1979 war er wieder da; die Chronik seiner neuen Untaten trug hierzulande den sinnigen Titel „Die Rückkehr des Manitou“ und signalisierte schon dadurch, dass dieser seit dem letzten Mal wenig dazugelernt hatte.
|Deutschland bleibt Manitou-Diaspora|
Leider können wir Freunde des Unheimlichen uns in Deutschland davon nur sporadisch überzeugen; wenige Masterton-Romane fanden und finden den Weg in dieses unser Land. Dabei gilt z. B. Misquamacus dritter Streich („Burial: A Novel of the Manitou“, 1992) als bester Teil der Serie, zumal der Verfasser hier seine Leser mit einem Kniff zu fesseln weiß, den er zu einem persönlichen Markenzeichen entwickelt hat: der Verknüpfung einer fiktiven Handlung mit realen historischen Ereignissen, hier der Schlacht am Little Big Horn, an deren Verlauf Misquamacus nicht ganz unbeteiligt war.
Dass Masterton seinen ersten Anti-Helden nicht vergessen hat, bewies er 2005, als er Misquamacus nach 13-jähriger Pause überraschend zurückkehren ließ: Weiterhin ist der Manitou nicht zimperlich ist, wenn es gilt, seinen altbekannten Zielen böse Taten folgen zu lassen, und immer noch folgt auf jede Niederlage eine Wiederkehr. Auf diese Weise kann Misquamacus noch lange sein (lukratives) Unwesen treiben.
_Autor_
Graham Masterton, geboren am 16. Januar 1946 im schottischen Edinburgh, ist nicht nur ein sehr fleißiger, sondern auch ein recht populärer Autor moderner Horrorgeschichten. In Deutschland ist ihm der Durchbruch seltsamerweise nie wirklich gelungen. Nur ein Bruchteil seiner phantastischen Romane und Thriller, ganz zu schweigen von seinen historischen Werken, seinen Thrillern oder den berühmt berüchtigten Sex Leitfäden, haben den Weg über den Kanal gefunden.
Besagte Leitfäden erinnern übrigens an Mastertons frühe Jahre. Seine journalistische Ausbildung trug dem kaum 20 Jährigen die die Position des Redakteurs für das britische Männer Magazin „Maifair“ ein. Nachdem er sich hier bewährt hatte, wechselte er zu Penthouse und Penthouse Forum. Dank des reichlichen Quellenmaterials verfasste Masterton selbst einige hilfreiche Werke, von denen „How To Drive Your Man Wild In Bed“ immerhin eine Weltauflage von mehr als drei Millionen Exemplaren erreichte.
Ab 1976 schrieb Masterton Unterhaltungsromane. Riss er sein Debütwerk „The Manitou“ (dt. „Der Manitou“) noch binnen einer Woche herunter, gilt er heute als kompetenter Handwerker, dem manchmal Größeres gelingt, wenn sein Geist schneller arbeitet als die Schreibhand, was freilich nur selten vorkommt.
Mit der Geschichte des Gangsters Tony Camonte zeichnet Verfasser Trail den Aufstieg des modernen organisierten Verbrechens in den USA nach. Die recht akkurate Rekonstruktion der dem zugrundeliegenden Mechanismen gefällt, doch der in der Übersetzung gewahrte Trivialstil und unzählige zeitgenössische Moralismen verderben den Lektürespaß an diesem unvorteilhaft gealterten Klassiker der Kriminalliteratur. Armitage Trail – Scarface weiterlesen →
Eine respektable Entscheidung, Beiträge, die Autoren von 1988 bis 2001 für die Programmbücher der Bayreuther Festspiele verfassten, in einem einzigen Band zusammenzufassen. Schwerpunkt bildet dabei Richard Wagners Arbeit an den Themenkomplexen Nibelungen-Sage und Gralswelt. Die Beiträge sind nicht populär gedacht, sondern durchaus wissenschaftlich. Immerhin handelte es sich bei den Erstveröffentlichungen auch schon um keine gewöhnlichen Programmhefte, sondern um Festspielbücher. Unüblich an solchen Festspielprogrammen ist eigentlich, wenn die Texte nicht assoziativ oder von vornherein auf die Inszenierung selbst abgestimmt sind, sondern wie in diesen Fällen tatsächlich eine unabhängige Rezeption des Stoffes an sich darstellen.
Vorab dargestellt sind die alten mittelalterlichen Quellen im Original mit der Prosaübersetzung und zwar in den Teilen, auf die Wagner in seinen Musikdramen Bezug nimmt: Textstellen aus dem Nibelungenlied, der Edda, der Snorra Edda, Thidrek-Saga und der Völsungen-Saga mit den unterschiedlichen Namensformen bzw. Personen im Nibelungen, im Altnordischen und bei Wagner.
So entfernt uns Wagner auch sein mag, ist doch zu bedenken, dass ohne ihn viele hervorragende Stoffe des europäischen Mittelalters nur noch einem kleinen Kreis von Kennern bekannt wären. Vor allem für die Geschichte von Siegfried und den Nibelungen und Parzival und dem Gral hat er mit seinem Werk mehr bewirkt als Generationen von Philologen, und er steht daher im Bereich dessen, was die moderne Wissenschaft als „schöpferische Rezeption des Mittelalters“ bezeichnet, ganz vorne an. Natürlich hat er in seinen Werken viel verändert. Im „Ring“ konzentriert er sich als Thema ganz auf Brunhild und Siegfried, übernahm dabei alles aus dem Altnordischen, was zu finden war und ließ den zweiten Teil um Etzel und Kriemhilds Rache ganz weg. Im Gegensatz zu seinen anderen mittelalterlichen Musikdramen hat er den „Ring“ aber am allerwenigsten verändert. Es bleiben auch bei ihm die Gegensätze zwischen Eros und Machtpolitik, zwischen dem unruhigen zerstörerischen Prinzip des Männlichen und dem bewahrenden Prinzip des Weiblichen. Aber da das Nibelungenlied als mittelalterliches Nationalepos der Deutschen gilt, geriet er bekannterweise wegen des rein germanischen Stoffes in den Sog der nationalen, schließlich nationalsozialistischen und chauvinistischen Interpretation und Ideologie. Wagners „Ring“ wurde zum Indikator der späteren deutschen Geistes- und Ideologiegeschichte, wenn auch sehr oberflächlich und paradox interpretiert.
Musik war schon immer bedeutsam für mittelhochdeutsche Texte. Die strophischen Texte sind singbar, aber leider sind Melodien des Nibelungenliedes und der Edda-Lieder nicht überliefert. Man hat versucht, das zu rekonstruieren, und der Hildebrand-Ton scheint einer Lösung formal am nächsten zu kommen. Im späteren Mittelalter wurde die Strophenform dieses Tones auch für eine Bearbeitung des Nibelungenliedes (so genannte „Fassung k“) sowie das Lied vom Hürnen Seyfried verwendet. Der Sänger Eberhard Kummer aus Österreich singt heute das gesamte Lied in dieser Weise in 31 Stunden. Gerade durch den musikalischen Vortrag erhalten viele stilistische Eigenarten des Nibelungenliedes erst einen einsichtigen Sinn, der der Literaturwissenschaft verborgen bleibt.
Wenig bekannt ist ein anderer Ort, wo heute noch in ununterbrochener Tradition seit dem späten Mittelalter die Geschichte von Siegfried und den Burgundern gesungen wird. Auf der Färöer-Insel im Atlantik wird innerhalb dreier Stunden in den Nibelungen-Balladen (Regin Smidhur, Brinhild, Högni) die gesamte Geschichte von Jung-Siegfried bis zum blutigen Ende am Hunnenhof erzählt.
Wagner dürfte dies sicher eher nicht bekannt gewesen sein, aber eine Ähnlichkeit ist schon erstaunlich, denn auch er hatte ja den alten hermetischen Stab-Reim wiederentdeckt und angewandt, den er als Instrument der semantischen Verdeutlichung sehr schätzte. Dabei griff er auch auf alte archaische urtümliche Wortbedeutungen zurück, die seine Kritiker als Neuschöpfungen hielten und ihm Missbrauch der deutschen Sprache vorwarfen.
Sehr aufschlussreich werden innerhalb des Buches tief gehendere Vergleiche zwischen den eingangs erwähnten Quellen zu spezifischen Handlungspassagen gezogen, wie dem Tod Siegfrieds, dem Vergessenstrank, mit dem Siegfried Brunhild vergaß (in der Nibelungensage nicht enthalten), und dem Streit der Königinnen. Dieser Streit kommt im „Ring“ nicht vor, dafür hat Wagner ihn in den zweiten Akt seines „Lohengrin“ integriert. Diese Textvergleiche zeigen auf, dass die mittelalterliche Stofftradition verschiedene Begründungen für die Geschehnisse bietet, die teilweise miteinander verbunden sind, sich aber teilweise ausschließen. Darüber hinaus finden im Zusammenhang dieser Gegenüberstellungen auch die im 19. und 20. Jahrhundert entstandenen Nachdichtungen Beachtung, wie die „Nibelungen“ von Friedrich Hebbel, das nach langer Nichtbeachtung ab Anfang der 80er Jahre fürs Theater wieder interessant und wichtig wurde; oder auch Henrik Ibsens „Nordische Heerfahrt“ (1858).
Interdisziplinär wird auch etwas über den Tellerrand geblickt und in einem größeren Kontext werden – neben dem zur gleichen Zeit entstandenen mittelalterlichen Rolandslied – die vergleichbaren Götter- und Helden aus der indogermanischen Frühzeit, bei den Griechen, Römern, Indern und Kelten und die Mythen des russischen Sprachraums noch hinzugezogen. Damit verlieren sich die Autoren aber nicht in der Vergangenheit, sondern kehren mit Betrachtungen über die Darstellung der zeitgenössischen Kunst, die bis hin zu den Nibelungenbildern von Johannes Heinrich Füssli geht, entstanden zwischen 1798 – 1820, in die Gegenwart zurück. In einem ähnlich gegliederten Schlussteil widmet sich das Buch noch einer umfangreichen Betrachtung des Gralsmythos.
[Richard Wagner]http://de.wikipedia.org/wiki/Richard__Wagner
[Nibelungenlied]http://de.wikipedia.org/wiki/Nibelungenlied
[Der Ring des Nibelungen]http://de.wikipedia.org/wiki/Der__Ring__des__Nibelungen
[Richard-Wagner-Festspiele]http://de.wikipedia.org/wiki/Richard-Wagner-Festspiele
Marcel Feige als Verfasser von „Das neue Lexikon der Fantasy“ hat nach der 1. Auflage (2000) im Juli 2003 eine überarbeitete Ausgabe zum Abschluss gebracht. Das Buch wurde diesmal in einer Taschenbuchausgabe publiziert; mit 562 Seiten ist es umfangreicher als sein Vorgänger (384 Seiten), etwa 100 s/w-Abbildungen (zuvor: 48 Abbildungen) vervollständigen den Inhalt. Der Verlag definiert als Zielgruppe Harry-Potter-Fans, Tolkien-Anhänger, Märchen-Freunde, Fantasy-Leser, Rollenspieler, Kinogänger, überhaupt alle, die sich für phantastische Welten interessieren. Also genau das Publikum, das beim |X-Zine| nach Informationen sucht …
Marcel Feige, alleinverantwortlicher Verfasser des Nachschlagewerkes, verrät uns gleich auf seiner Seite 1, „dass das Lexikon Informationslücken besitzt … Natürlich spielte bei der Zusammenstellung des Lexikons auch die persönliche Vorliebe des Autors eine gewisse (wenngleich zurückhaltende) Rolle.“ Nun gut, das lässt einiges erahnen, leider dämpft eine solche Bemerkung gleich die Erwartungshaltung empfindlich. Erstaunlich ist auch, dass ich an keiner Stelle den Vorschlag entdecken konnte, bei Fehlern oder Lücken den Verfasser auf diese hinweisen zu wollen. Ein gesundes Selbstbewusstsein macht ein solches Ansinnen sicher überflüssig, wer alles weiß, hat kein Bedürfnis nach Hinweisen oder Vorschlägen. Das wiederum ist für mich eine regelrechte Aufforderung, dieses Lexikon umso genauer durchzuarbeiten.
Zwei Mitarbeiter (Kuno Liesegang und Ralf Krause) werden neben Marcel Feige aufgeführt, mir ebenso wie der Verfasser selbst aus dem Dunstkreis der Fantasy-Facharbeiter in Deutschland gänzlich unbekannt (Kuno Liesegang fällt mir im Zusammenhang mit dem Horror-angehauchten Magazin „Nocturno“ ein, so wie er überhaupt mehr diesem Genre verhaftet zu sein scheint; ein Einfluss, der sich in der Auswahl der Beiträge im vorliegenden Lexikon durchaus bemerkbar gemacht haben kann).
Nach zwei Vorworten fasst Marcel Feige die „Geschichte der Fantasy“ auf sechs Seiten zusammen; er beginnt ganz früh bei Homer vor 2.800 Jahren und schmeißt zur Gegenwart den Deckel aufs Thema. 5000 Jahre Literaturgeschichte auf 6 Seiten – das kann nur ein sehr gewagter Überblick sein. Und ist demnach bestenfalls für völlig von der Fantasy Unbeleckte mit informativem Gehalt angereichert. Der von mir unkommentierte Vergleich: „Die Entwicklungsgeschichte der Science Fiction“, Seite 26 bis 150 (!), in Alpers/Fuchs/Hahn/Jeschke: Lexikon der Science Fiction Literatur, München 1987.
Doch das, was mich grundsätzlich interessiert, entblättert sich auf den Beiträgen danach, anfangend bei A wie „Abenteuer“ und endend bei Z wie „Zyklopen“. Marcel Feige stellt in seinem Lexikon Personen, Bücher, Filme, Spiele, Legenden, Märchen, Magazine und Firmen vor, alphabetisch geordnet, wie es sich gehört.
Unter dem Buchstaben „D“ beispielsweise entdecken wir: Dalí, Salvador; Damona King; Dämonen-Zyklus; Dämonen-Zyklus; Dark Fantasy; Dark Force; de Camp, L(yon) Sprague; De Lint, Charles; Dean, Roger; Demontower; Demonworld; Dent, Lester; Deryni-Zyklus; Deutsche Tolkien Gesellschaft e. V.; Deutscher Phantastik Preis; Dhana; Dickens, Charles; Dickson, Gordon R(upert); Der Dieb der Zeit; Der Dieb von Bagdad; Der Dieb von Bagdad; Der Dieb von Bagdad; Die Diebin von Bagdad. Die Erläuterungen zu den einzelnen Begriffen sind unterschiedlich lang geraten; zu einigen Beiträgen hätte ich mir mehr Details gewünscht, zu anderen weniger. Zu aufgeführten Roman-Serien werden die dazugehörigen Einzelbände (wo möglich, die deutschen Übersetzungen) gelistet. Querverweise führen weiter und vervollständigen die lexikalischen Einträge.
Die Auswahl ist, wie oben angesagt, von den persönlichen Vorlieben des Autors geprägt. Ich würde diese „Vorlieben“ vielleicht auch gleichsetzen mit „Erfahrungen“, denn das, was dann Eingang gefunden hat ins Buch, liest sich bisweilen wie ein Sammelsurium an Begrifflichkeiten, deren Plausibilität manchmal sehr zu wünschen übrig lässt.
„Shadowrun“ wird auf 2 ½ Seiten abgehandelt, „Dungeon & Dragons“ dagegen nur auf einer mageren Seite (wobei nur in einem einzigen Satz auf die deutschen Ausgaben hingewiesen wird.) Dabei ist lt. |FanPro| „Shadowrun … eine Science-Fiction-Hintergrundwelt, in der Geschichten und Abenteuer angesiedelt sind, vergleichbar mit den Hintergrundwelten von Science-Fiction-Filmen, -Fernsehserien und -Romanen.“
Erstaunlich sind auch Bemerkungen wie im |Dungeons & Dragons|-Beitrag: „… ist eines der ersten Rollenspielsysteme, das der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.“ Oder zu Gary Gygax: „1974 gründete er die Firma TSR und veröffentlichte eines der ersten Rollenspiele, ‚Dungeons & Dragons‘.“ Vor D&D gab es nichts Vergleichbares.
Unter einem eigenständigen Eintrag wird der „Vielflächner“ beschworen, der mehrseitige Würfel. Dieser Begriff ist mir zwar aus der Geometrie bekannt, aber im Rollenspiel noch nicht untergekommen.
Dazu schleichen sich Recherchefehler ins Innere des Lexikons. George R. R. Martins Roman-Serie „Das Lied von Eis und Feuer“ wird umfirmiert in „Das Lied von Feuer und Eis“. Klingt nicht schlecht, ist aber falsch.
Das Magazin „Magira“ wurde der Herausgeberschaft des gesondert aufgeführten EDFC e. V. (Erster Deutscher Fantasy Club) zugeordnet, was sich alleine durch einen sorgfältigen Blick in das Magira-Impressum als schlichtweg falsch erweist: „Herausgegeben von Hubert Straßl und dem Fantasy Club e. V.“
Überhaupt vermisse ich eine Erwähnung des „Fantasy Club“, noch immer der bedeutsamste Fantasy-Verein im deutschsprachigen Raum ist. (Immerhin veröffentlichte dort Dr. Helmut W. Pesch, im Lexikon zu Recht mit einem eigenen Eintrag geehrt, aber im Vorwort gleichsam herabgekanzelt als „hoffnungsvoller Nachwuchs“; dabei hat dieser bereits professionell gearbeitet, als Marcel Feige das Wort „Fantasy“ nicht einmal vorwärts buchstabieren konnte.)
Hinzu kommen widersprüchliche Beiträge wie der zu „Sword & Sorcery“: „Geprägt wird der Begriff zum ersten Mal durch Fritz Leiber, der die Abenteuer seiner beiden Helden im Schwerter-Zyklus einordnen möchte …“ (Seite 424). „Mit der Anthologie ‚Sword & Sorcery‘ prägt de Camp 1963 ein Subgenre der Fantasy und gibt ihm einen Namen: Sword & Sorcery.“ (Seite 91). Ja, wer denn nun, de Camp oder Leiber? („Der Begriff stammt von Fritz Leiber und taucht zum ersten Mal in einem Magazin namens |Ancalagon| bzw. 1961 in der Julinummer des Magazins |Amra| auf.“ Hetmann, Frederik: Die Freuden der Fantasy, Ullstein 1984)
Magazine werden von Marcel Feige angeführt, die „WunderWelten“ gehört mit Fug und Recht dazu, doch was kommt dann: die „Fantasywelt“ („eher fanmäßiges Infomagazin“). Wo lese ich etwas von der ungleich bedeutsameren „ZauberZeit“, wo ist die Rede von der „Spielwelt“ (der ersten ernsthaften Rollenspielzeitschrift in Deutschland)? Ein solch weitergereichtes Informationsdefizit ist nicht einfach mit der Hand wegzuwischen, denn dieses Lexikon bietet laut Klappentext „einen umfassenden Überblick“, von Lücken und Nachlässigkeiten kein Wort. Was also wird jemand, der sich dieses Lexikon zur Grundlage seiner Arbeit nimmt (weil nichts anderes als Konkurrenzprodukt zur Verfügung steht), womöglich in seinen Artikel aufnehmen: „Deutschlands bekannteste Fantasy-Magazine Fantasywelt und WunderWelten …“
Weshalb werden die Spielbücher mit keiner Silbe erwähnt, die immerhin ein wichtiger Schritt hin zu den textbasierten PC-Rollenspielen waren (von denen Nachfolger wie die „Ultima“-Serie nicht erwähnt werden, aber ein simpler Konsolen-Epigone wie „Zelda“ verewigt wird. Hineingehört hätten stattdessen „Baldur’s Gate“, „Neverwinter Nights“ oder „Diablo“) und in Deutschland eine breite Leserschaft amüsierten?
Ich freue mich über den Versuch, der deutschsprachigen Gemeinde ein Fantasy-Lexikon zu präsentieren. Die Mehrzahl der Beiträge in diesem Lexikon ist ordentlich geraten. Doch die Ausreißer sind nicht von der Hand zu weisen, im Gegenteil: Sie sind in mancher Hinsicht sehr ärgerlich. Damit verhindert Marcel Feige, dass dieses Lexikon als Grundlagenbuch oder Referenz empfohlen werden kann. Es fehlt zu viel, und einiges ist nicht richtig.
Wozu eignet sich dieses „Neue Lexikon der Fantasy“? Zum Schmökern, zum Nachschlagen, als eine mögliche Informationsquelle für Neugierige, die eine erste Übersicht über Fantasy gewinnen möchten.
_Karl-Georg Müller_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|
Albert Campion ist das schwarze Schaf seiner hochadligen Familie, die ihn deshalb verstoßen hat. Nun verdingt er sich als privater Ermittler, der auch dort seiner kriminalistischen Arbeit nachgehen kann, wo die Polizei versagt. Campion hat dank seines bodenständigen ‚Partners‘, des ehemaligen Einbrechers Lugg, einen guten Draht zur Unterwelt. So hat er von der „Firma“ erfahren. Diese Verbrecherbande arbeitet für hoch angesehene, schwer reiche, absolut skrupellose Kunstsammler, die ihrer Sammlung Stücke einverleiben wollen, die sich in Privatbesitz befinden oder in Museen hängen: Sie werden schlicht gestohlen.
Nun erging ein neuer ‚Auftrag‘ an die „Firma“: Der berühmte Kelch von Gyrth soll geraubt werden. Seit Jahrhunderten befindet er sich im Besitz der gleichnamigen Familie, die ihn in „The Tower“, dem Stammsitz nahe der Gemeinde Sanctuary in der Grafschaft Suffolk, aufbewahrt. Ein uralter Geheimvertrag verpflichtet die Gyrthes, den Kelch für die Krone zu hüten. Verschwindet er, verlieren sie Rang und Besitz.
Kein Wunder, dass Campions Warnung für Aufregung sorgt. Doch wer ist Freund, wer Feind? Campion findet einen Verbündeten in Valentine Gyrth, Sohn und Erbe des derzeitigen Baronets. Dieser hat sich zwar mit dem Vater zerstritten, kehrt jetzt aber zurück, als nicht nur die Familienehre in Gefahr gerät: Lady Diana, Valentines törichte Tante, die sich selbst zur „Kelchjungfrau“ ernannt hatte, wurde ermordet auf einer Waldlichtung gefunden. Die „Firma“ ist schon aktiv, und sie will den Kelch offenbar um jeden Preis: schlecht für Campion & Co., die weiterhin absolut keine Ahnung haben, wer ihre Gegner sind!
|Kleine, mörderisch gemütliche Welt|
Glückliches Großbritannien: Hier ist zumindest im klassischen Kriminalroman die Welt noch in Ordnung. Ein Verbrechen kann das nur kurzfristig stören. In so einer Welt möchten wir globalisierungsgestressten, outgesourcten Gegenwartsmenschen insgeheim auch gern leben. Deshalb lesen wir so gern Romane wie diesen. Alle von den Fans so heiß geliebten Elemente eines zünftigen „Whodunit“-Thrillers werden von der Verfasserin kundig beschworen. Da haben das kleine, idyllische, von der Zeit offenbar vergessene Dorf auf dem Land, über dem ein feudaler, von einem verwunschenen Wald umgebender Landsitz thront, der über einen Turm mit Geheimkammer verfügt.
Der Plot ist dieser Umgebung angemessen. Vor Urzeiten hat ein frühmittelalterlicher Eroberer in „The Tower“ einen Schatz verborgen, von dessen Existenz die englische Monarchie abhängt. Ein kompliziertes, höchst archaisches Ritual ist damit für jene verbunden, die ihn hüten. Die Vergangenheit ist und bleibt präsent, als sich nun gierige Diebesfinger nach dem wertvollen Kelch ausstrecken.
Hüten können diesen natürlich nur Adlige reinsten Geblüts, die dann ruhig reichlich verschroben sein dürfen. Es ist unter diesen Umständen überhaupt kein Stilbruch, dass sich ein leibhaftiges Gespenst ins Geschehen einmischt. Auch eine Hexe, ein Dorftrottel, ein zerstreuter Professor, romantisch-verwegene Zigeuner, pittoreske Schurken und andere absolut unrealistische, aber allerliebst agierende Gestalten haben ihre großen Auftritte.
Eine riskante Geschichte, stets haarscharf am Rande der Lächerlichkeit balancierend: Das Talent der Autorin führt dazu, dass wir uns stattdessen durchweg gut amüsieren. Allingham leugnet nie die Märchenhaftigkeit ihres Kelch-Krimis – sie ignoriert diese einfach bzw. präsentiert noch die haarsträubendsten Ereignisse mit dem berühmt-berüchtigten britischen Ernst, hinter dem sich knochentrockener Humor verbergen kann. Solche Meisterschaft und Dreistigkeit zugleich im Spinnen absurder Garne kennt man sonst nur von John Dickson Carr (1906-1977), der gruselige Burgen und Ruinen liebte und doch immer wieder streng rational denkende Detektive ihre Geheimnisse lüften ließ. In dieser Beziehung geht Allingham noch einen Schritt weiter: Die Präsenz des Übernatürlichen fügt sie geschickt ins Geschehen ein. Das hätte Carrs Dr. Fell niemals gestattet!
|Den Anstand wenigstens vorgeben|
Verfolgungsjagden, Massenprügeleien, nächtliche Hexenhatz, Entführungen, Todesfallen: Auch sonst lässt Allingham ihre Leser nie zur Ruhe kommen. Albert Campion kommt kaum zum Kombinieren. Für einen angeblich vergeistigten, weichlich wirkenden Ermittler ist er ziemlich rege, reist inkognito mit Zigeunern im Land umher, verfügt über bemerkenswerte Verbindungen zur Prominenz seines Heimatlandes in Politik und Gesellschaft. Kein Wunder, ist er doch selbst so etwas wie ein Königskind, das sich zwar von seiner Familie losgesagt hat, aber dennoch seine Adelspflichten erfüllt. Um seine ehrwürdige Verwandtschaft nicht vor der Öffentlichkeit zu düpieren, hat er sich ein bürgerliches Leben und einen neuen Namen zugelegt. Die ihm in die Wiege gelegten Kontakte kombiniert er mit seinen kriminalistischen Talenten. Das ist für den echten Blaublütler praktisch: Selbst das Königshaus bemüht Albert Campion, wenn es heikle Verbrechen zu klären und Skandale zu verhindern gilt, denn er ist offiziell zwar persona non grata, aber trotzdem „einer der Jungs“ & ein Gentleman, mit dem man sich abgeben kann.
Campion ist wie so viele Detektive der klassischen Ära ein Abkömmling von Sherlock Holmes. Allingham bemüht sich zwar ihn menschlicher wirken zu lassen, aber da ist einerseits doch eine Grenzlinie, hinter der sich der wahre Albert Campion verborgen hält. Andererseits finden wir halt doch viele Holmes-Elemente wieder, wenn wir nach ihnen Ausschau halten.
|Freunde & Frauen|
Einen Watson besitzt Campion auch. Den hat Allingham allerdings völlig neu gestaltet. Lugg zeichnet ganz sicher nicht die Taten seines Herrn für die Nachwelt auf. Er schreibt (oder denkt) nicht, er handelt. Als waschechter Angehöriger der Unterschicht und geläuterter Krimineller verfügt er über Mutterwitz, Schlauheit und Mut. Allingham hat ihn bemerkenswert freigeistig und ohne Spur des typischen Herr-Diener-Verhältnisses gestaltet, wie es z. B. Dorothy Sayers’ Lord Peter Wimsey und Bunter verbindet. Campion und Lugg haben viel miteinander erlebt; sie sind Freunde geworden, soweit dies das starre britische Kastensystem möglich macht.
Frauen sind im klassischen Thriller üblicherweise schmückendes Beiwerk. Auch Allingham hütete sich ihre zeitgenössischen Leser zu vergrämen. Emanzipation im eigentlichen Sinn wird man daher nicht finden. Allerdings deutet der Originaltitel unseres Abenteuers bereits an: Die Verfasserin ist sich durchaus der Tatsache bewusst, dass ihre Geschlechtsgenossinnen nicht nur deshalb auf dieser Welt wandeln, um von guten Männern vor bösen Kerls gerettet zu werden ,..
_Autorin_
Margery Louise Allingham wurde 1904 geboren. Die Schriftstellerei wurde ihr quasi in die Wiege gelegt; in ihrer Familie ersetzte sie die Hausmusik. So war es kaum verwunderlich, dass Margery beschloss, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Sie veröffentlichte 1923 als Romanerstling „Blackkerchief Dick“, eine Romanze. In diesem Genre verfasste sie auch eine Reihe von Kurzgeschichten für Magazine
In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre entdeckte Allingham den Kriminalroman. 1928 erschien „The White Cottage Mystery“ (dt. „Ein böser Nachbar“). Die Leserschaft reagiert positiv. Allingham blieb dem Genre treu. Sie erfasste rasch, dass sie ihr Publikum noch fester an sich binden konnte, wenn sie ihm eine Identifikationsfigur in Gestalt eines Serienhelden lieferte. 1929 erschien Albert Campion auf der Bildfläche. Allingham schuf ihn (übrigens in enger, lebenslanger Zusammenarbeit mit ihrem Ehegatten Philip Youngman Carter) als freundlichen, intelligenten, jungen Mann mit adligem Hintergrund. Sie stattete ihn mit einer Biografie aus, wies ihm als Geburtsdatum den 15. Mai 1900 zu und ließ ihn altern. Mit den Jahren wurde Albert Campion klüger (und ein wenig zynisch). Auch seine Fälle wurden moderner; zwar blieben sie „Whodunits“, aber sie orientierten sich sacht an der Zeitgeschichte und taten nicht so, als sei das viktorianische England nie verstrichen.
Allinghams Thriller wurden von der Kritik und den Lesern gleichermaßen wegen der sauber gedrechselten, verwickelten Plots, der einprägsamen Figurenzeichnung und des Stils geschätzt. Zusammen mit Agatha Christie oder Dorothy L. Sayers gehörte sie zur Prominenz der britischen Kriminalschriftstellerinnen. (In Deutschland genoss sie seltsamerweise nie den Ruhm, der ihr zukommt; erst relativ spät nahm sich in den 1980er Jahren der Diogenes-Verlag des Allinghamschen Œvres an, aber dann immerhin gut übersetzt und ungekürzt.)
In den 1960er Jahren erkrankte Margery Allingham an Krebs. Sie erlag ihrer Krankheit am 30. Juni 1966. Dies war allerdings nicht das Ende von Albert Campion. Youngman Carter setzte die Reihe fort, er starb allerdings selbst bereits dreieinhalb Jahre später. Trotzdem blieb Albert Campion präsent; Allinghams Bücher werden ständig neu aufgelegt. Ende der 1980er Jahre gelang Campion der Sprung ins Fernsehen. In acht spielfilmlangen Episoden verkörperte ihn Peter Davison mit großem Erfolg.
_Die Albert-Campion Serie:_
(1929) Mord in Black Dudley/Der italienische Dolch |(The Black Dudley Murder)|
(1930) Gefährliches Landleben |(Mystery Mile)|
(1931) Polizei am Grab |(Police at the Funeral)|
(1931) Der Hüter des Kelchs |(Look to the Lady)|
(1933) Süße Gefahr |(Sweet Danger)|
(1934) Ein Gespenst stirbt/Wenn Geister sterben |(Death of a Ghost)|
(1936) Für Jugendliche nicht geeignet/Blumen für den Richter |(Flowers for the Judge)|
(1937) Der Fall Pig |(The Case of the Late Pig)|
(1937) Tänzer in Trauer |(Dancers in the Morning)|
(1938) Mode und Morde |(The Fashion in Shrouds)|
(1941) Judaslohn |(Traitor’s Purse)|
(1945) Zur Hochzeit eine Leiche |(Coroner’s Pidgin)|
(1948) Überstunden für den Totengräber |(More Work for the Undertaker)|
(1952) Die Spur des Tigers |(The Tiger in the Smoke)|
(1955) Die lockende Dame/Trau keiner Lady |(The Beckoning Lady)|
(1958) Schlag mich mit Blindheit |(Hide My Eyes)|
(1963) Der Geist der Gouvernante |(The China Governess)|
(1965) Gedankenschnüffler |(The Mind Readers)|
(1968) |Cargo of Eagles| (vollendet von Philip Youngman Carter; keine dt. Ausgabe)
(1968) Der zweite Anruf |(Mr. Campion’s Farthing)|*
(1971) Trick 17 |(Mr. Campion’s Falcon)|*
* von Philip Youngman Carter
_Die Campion-Kurzgeschichten-Sammlungen_
(1937) |Mr. Campion, Criminologist| (keine dt. Ausgabe)
(1939) Die Handschuhe des Franzosen |(Mr. Campion and Others)|
(1947) |The Casebook of Mr. Campion| (keine dt. Ausgabe)
(1969) Mädchen, Nerz und Detektive/Der Dank des Einbrechers |(The Allingham Case Book)|
(1973) Der vollkommene Butler |(The Allingham Minibus – More Short Stories)|
(1989) |The Return of Mr. Campion| (keine dt. Ausgabe)
|Taschenbuch: 282 Seiten
Originaltitel: Look to the Lady (London : Jarrolds 1931)
Übersetzung: Alexandra u. Gerhard Baumrucker
ISBN-13: 978-3-442-03079-8|
[Autorenhomepage]http://www.margeryallingham.org.uk
[Verlagshomepage]http://www.randomhouse.de/goldmann
Anderthalb Jahrzehnte stellte David Quammen stellvertretend für wache Zeitgenossen Fragen zum Verhältnis des Menschen zur Natur, um sie im Magazin „Outside“ zu beantworten. 25 dieser Kolumnentexte liegen hier vor. Quammen hinterfragt scheinbar feststehende oder „unwichtige“ Fakten, zeigt erstaunliche Querverweise auf und stellt die herauspräparierten Erkenntnisse zu einem neuen Gesamtbild zusammen. Dabei schweift der Autor unbekümmert aus & ab und schwelgt in Anekdoten. Nicht immer geht die Rechnung auf, aber insgesamt liest und lernt man mit großem Vergnügen. David Quammen – Die zwei Hörner des Rhinozeros weiterlesen →
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