Alle Beiträge von Björn Backes

Ehrhard, Dominique / Funke, Cornelia – Drachenreiter

Bereits 1997 veröffentlichte Cornelia Funke ihren Jugendfantasy-Roman „Drachenreiter“ in hiesigen Landen und ahnte zu dieser Zeit wohl noch nicht, welche Wellen dieses Buch noch schlagen würde. Zur amerikanischen Erstveröffentlichung ganze sieben Jahre später durfte die Autorin nämlich die Spitzenposition der |New York Times|-Bestsellerliste erklimmen und damit einen ihrer größten Erfolge feiern. Der französische Maler Dominique Ehrhard fand die Story darüber hinaus würdig genug, um ihr ein Brettspiel zu widmen, welches er nun über den |Kosmos|-Ableger |Oetinger Spiele| auf den Markt bringt. Nach „Tintenherz“ ist dies bereits der zweite Titel der erfolgreichen Schriftstellerin, der es via |Kosmos| aufs Spielbrett schafft.

_Spielidee_

Ehrhard hat die Geschichte des Romans weitestgehend für sein Konzept übernommen, wenngleich das Spiel alles in allem ein ganzes Stück einfacher gestrickt ist. Die Spieler bewegen abwechselnd die vier Hauptfiguren vom Tal der Drachen in den Saum des Himmels, den letzten Zufluchtsort der Drachen, der ihnen endgültig Schutz vor dem fiesen Feuerspucker Nesselbrand bieten soll.

Reihum würfeln die Spieler für die Bewegungen der Protagonisten und achten schon einmal darauf, in welcher Reihenfolge die Figuren über die Landschaft auf dem Spielbrett reisen. Ziel ist es nämlich, die vier Charaktere in einer bestimmten Reihenfolge im Saum des Himmels zu platzieren, denn nur so kommt man an die begehrten Drachentränen, deren Besitz später über Sieg und Niederlage entscheidet. Derjenige Spieler nämlich, der auf der Reise sowie im Zielgebiet die meisten dieser Tränen einsammelt, ist auch gleichzeitig der Gewinner in „Dracheneiter“.

_Spielmaterial_

• 1 zweiteiliger Spielplan
• 4 Auftragskarten
• 8 Abenteuerchips
• 4 gelbe Kampfchips
• 4 Heldenfiguren mit Standfüßen
• 1 gelbe Nesselbrand-Figur mit Standfuß
• 2 Würfel

Das Spielmaterial ist, den hohen Ansprüchen des Verlags entsprechend, wirklich prächtig. Sowohl die Karten als auch die Chips bestehen aus extra dickem Karton und sind zudem optisch sehr schön aufbereitet. Gleiches lässt sich für die stimmungsvollen Chips und die liebevoll skizzierten Teile des Spielplans sagen, die einen materiell wie visuell absolut fantastischen Eindruck hinterlassen. Keine Frage: Hier wurde mit besonderem Blick auf die Zielgruppe gearbeitet.

_Spielvorbereitung_

Vor jedem Spiel wird zunächst der Spielplan zusammengesteckt. Anschließend werden die Heldenfiguren in einer bestimmten Anordnung vor der Figur des bösen Drachen Nesselbrand aufgestellt. Die Abenteuerchips werden auf dem Spielplan abgelegt, ebenso die Kampfchips im Zielgebiet, dem Saum des Himmels. Als Letztes erhält nun jeder Spieler eine der Auftragskarten, die aussagen, in welcher Anordnung die vier Figuren auf der Zielgeraden zu positionieren sind. Je mehr Treffer man hierbei erzielt, desto mehr Kampfchips heimst man ein – und nur derjenige, der hier gut plant, kann am Ende um den Sieg mitspielen.

_Spielablauf_

Der Spielzug in „Drachenreiter“ ist prinzipiell ganz einfach. Man würfelt mit den beiden Würfeln und entscheidet nun, welche Figuren man mit dem Resultat weiterbewegt. Optionen gibt es hier mehrere: Entweder summiert man die Würfelaugen und zieht nur eine Figur vorwärts oder teilt das Ergebnis auf zwei Figuren auf. Allerdings gibt es hier auch einige Sonderfälle: Ein Pfeil bedeutet, dass man eine Figur um ein Feld zurücksetzen muss. Und wer ein schlichtes N auf den Würfel bekommt, muss sich möglicht schnell vor Nesselbrand in Sicherheit bringen. Der nämlich greift nun die letzte Figur in der Reihe an und versucht, dieser ihre Drachentränen zu stehlen. Sollte ein Spieler bereits Tränen in der Farbe dieser Figur in Form eines Abenteuerchips besitzen, muss er diesen nun wieder abgeben.

Abenteuerchips erhält man im Übrigen, sobald eine der vier Figuren auf einem Feld mit einem Chip in der gleichen Farbe landet. Der Spieler, der diese Figur gesetzt hat, nimmt den Chip an sich und behält ihn bis zur Schlusswertung, sollte Nesselbrand nicht in der Zwischenzeit angegriffen haben. Im Umkehrschluss bedeutet dies natürlich, dass man stets versuchen muss, diese Figuren möglichst weit nach vorne zu bringen, da Nesselbrand immer nur die letzte Gestalt in der Reihe angreift.

Auf diese Weise bewegt man die vier Helden gen Ziellinie, sammelt nach Möglichkeit Abenteuerchips ein und drängt die Figuren, deren Abenteuerchips im Besitz der Mitspieler sind, nach Möglichkeit weit nach hinten. Auf der Schlussgeraden gilt es dann, die Auftragskarten genauer zu studieren und die Helden bestenfalls genau in der Anordnung einzureihen, wie sie hier abgebildet sind. Für jede richtige Position gibt es den zugehörigen Kampfchip. Sobald nun alle Charaktere den Saum des Himmels angelangt sind, werden die gesammelten Chips umgedreht und die darauf befindlichen Drachentränen gewertet. Der Spieler mit dem besten Resultat hat gewonnen. Bei Gleichstand zählt die Anzahl der gesammelten Chips.

_Persönlicher Eindruck_

Mit Adaptionen erfolgreicher Jugendromane ist das Team vom |Kosmos|-Verlag mittlerweile längst vertraut, weshalb man sich um die passende Aufmachung und Gestaltung schon gar keine Gedanken mehr machen muss. Und in der Tat ist vor allem die Aufbereitung des Spiels einer der Punkte, die in der Adaption zu Cornelia Funkes Roman wirklich herausragen.

Allerdings soll der hier erzielte Effekt keinesfalls von der wirklich guten Spielidee ablenken, die ein richtig schön ausgewogenes Verhältnis aus Glück und Taktik bietet und insbesondere durch die Aufteilung in zwei zusammengehörige Spielphasen bis zum Ende spannend bleibt. So schleicht sich zunächst der Eindruck ein, dass eh erst die letzten Runden des Spiels wirklich bedeutend sind, doch da die Abenteuerchips in der Schlusswertung das Zünglein an der Waage darstellen, darf man sich auch auf der Reise durch das Tal der Drachen keinen größeren Fehler erlauben – und das macht das Spiel mitunter strategischer, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.

Das Romanthema ist indes nur am Rande bedeutsam und wird in erster Linie durch die grafische Aufarbeitung wiedergegeben. Besonders der schöne Spielplan tut sich hier positiv hervor und sorgt für die nötige Atmosphäre. Den Effekt, dass man sich anschließend dazu berufen fühlt, auch das Buch zu erwerben, hat das Spiel aber nicht wirklich. Braucht es jedoch auch nicht, denn unabhängig von der Vorlage überzeugt „Drachenreiter“ mit einem sehr schön ausgeklügelten Konzept und einem spannenden, abwechslungsreichen Spielverlauf. Gerade für Familien und das jüngere Publikum gibt es daher auch eine klare Empfehlung für diesen kompakten Neuling auf dem Spielemarkt.

http://www.kosmos.de

_Cornelia Funke auf |Buchwurm.info|:_
[„Tintenherz“ 2005 (Hörbuch)
[„Herr der Diebe – Das Hörspiel zum Film“ 2356

Wachowski / Larry & Andy – Matrix Comics – Band 1

_Inhalt_

Als die beiden Wachowski-Brüder Anfang der Neunziger die Idee zu ihrem wagemutigen „Matrix“-Konstrukt langsam aber sicher weiterentwickeln, hätten sie sich sicher nicht träumen lassen, welche Wellen ihr Projekt schlagen würde. Bis es jedoch zur genauen Ausarbeitung des Schemas kam, dienten einige eher rohe Abrisse als Vorlage für das, was später zur vielleicht einflussreichsten cineastischen Philosophie in der Geschichte Hollywoods werden sollte.

Dass das Potenzial hinter der „Matrix“ aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist, zeigten zuletzt die Zeichentrick-Verfilmung „Animatrix“ und einige weiterführende PC-Games, die sich intensiver mit der Materie beschäftigten. Doch nicht genug damit: Basierend auf der Inspiration von Andy und Larry Wachowski entstanden in den letzten Jahren gleich dutzendweise Comic-Strips zum Kino-Kult, in denen einige noch ungeklärte Mysterien der Matrix näher erkundet werden sollten. Zwölf dieser Ausführungen, dargeboten von solch namhaften Autoren wie Neil Gaiman, Bill Sinkiewicz und Bill Gibbons, finden nun in der ersten Comic-Aufarbeitung des Stoffes ihren wohlverdienten Platz – und zeigen nebenbei noch einmal, warum das Phänomen „Matrix“ so ungeheuer faszinierend ist.

_Persönlicher Eindruck_

Dabei ist jedwede Erweiterung der Materie zunächst einmal grundsätzlich skeptisch zu betrachten, waren doch schon die beiden Film-Fortsetzungen nicht mehr aus demselben legendären Holt geschnitzt wie das brillante Kinodebüt und hinterließen gerade bei Verfechtern der mystischen Seiten der Matrix einen eher faden Beigeschmack. Allerdings haben sich die Wachowskis für die weitere Bearbeitung der Hintergründe durch die Bank Granaten-Autoren gesichert, die jeglichen Zweifel bereits im Keim ersticken und hier den Grundstein für ein weiteres Meisterwerk unter diesem Titel legen.

Dabei könnten die Storys teilweise grundverschiedener nicht sein. Den Beginn macht beispielsweise ein eher steriler, aber eben kunstfertiger Abriss über die emotionale Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz. Eine Maschine aus der Serienproduktion hat ihren Besitzer geköpft und steht nun im Fokus der Anklage – klingt merkwürdig, ist merkwürdig, passt aber genau in diese düstere Stimmung hinein, die vom gesamten Comic ausgeht. Im weiteren Verlauf mischen sich die philosophischen Anteile schließlich immer deutlicher mit der teils kompromisslosen Action. Einen angehenden Klassiker hat dabei Dave Gibbons in seinem Beitrag „Schmetterling“ geschaffen. Während in einem Teil des Plots ein Mann friedlich meditiert, beginnt in seiner Umgebung eine fürchterliche Schießerei. Plötzlich treffen hier Welten aufeinander und beschreiben den surrealen Charakter der Matrix wahrscheinlich sogar am glaubwürdigsten – und das gänzlich ohne Worte und Dialoge, sondern nur mit der erschreckenden Kraft der Bilder.

Darübr hinaus gibt es auch einige düstere Ausschnitte aus der Matrix in „Brennende Hoffnung“ von John van Fleet, eher Skurriles in „Kapiert?“ von Petr Bagge und auch einen Schuss Selbstironie in „Ein ganz besonderes Schwert“ aus der Feder von Troy Nixey. Aber auch Endzeitvisionen, apokalyptische Gedanken aus der künftigen Matrix und natürlich actionlastige, teils sogar kriegerische Stränge findet man in der erlesenen Geschichtensammlung, die schließlich von einem Erfahrungsbericht Neil Gaimans gekrönt wird, der hier das verwirrende Element des künstlichen Gebildes in einer Kurzgeschichte ohne großartige Illustrationen auf den Punkt bringt. Es ist dieser magische Funke, der sich hier durch alle Geschichten zieht, aber erst im Text des legendären „Sandman“-Entwicklers Gaiman so richtig überspringen will und auch erst hier verdeutlicht, welch erhabenen Comic man in Händen hält. Magisch, wie dieser Mann mit Worten umgehen kann!

Doch überhaupt hat sich das Konzept, die Elite der amerikanischen Comic-Industrie für ein solch schwieriges Thema heranzuziehen, im ersten Band der „Matrix Comics“ durch die Bank bewährt. Unter den zwölf Erzählungen befindet sich weder grafisch noch inhaltlich ein Aussetzer, selbst wenn die Thematiken enorm weit gestreut sind. Stattdessen wird Fans der Materie hier ein echter Gourmethappen vorgesetzt, der von der Creme de la Creme der Szene stimmungsvoll und unheimlich dicht inszeniert wurde und den Mythos nach etwas längerer Zeit wieder zum Leben erweckt. Keine Frage also: Diesen Comic darf man, ganz egal wie man zur Kino-Trilogie steht, nicht verpassen!

|157 Seiten, farbig
ISBN-13: 978-3-86607-587-0|
https://www.paninicomics.de/?s=serie&gs__gruppe=108&t=matrix-s108.html

Fabrice Meddour – Ganarah 2: Ein Palast, Bäume und blutrote Früchte

Band 1: „Die Tränen von Armon Surath“

Story

Mit dem schwindenden Ruf ihrer Arena verfällt die einst so ruhmreiche Stadt Armon Surath langsam ins Chaos. Die Kämpfe werden eingestellt, und die wenigen ehrbaren Menschen hat es inzwischen nach Quintanaro verschlagen, wo die Kämpfer noch mit ehrlichen Mitteln agieren und die Turniere zumindest noch ein wenig Ansehen genießen. In der dortigen Arena macht seit einigen Tagen ein mysteriöser Fremder von sich reden, der nun in einem Finalkampf gegen einen Riesen zum Champion gekürt werden soll. Doch der Kampf wird jäh unterbrochen, als einige geisterhafte Gestalten in die Stadt drängen, der Fremde seine Maske abnehmen und in Gestalt Ganarahs die Bedrohung vertreiben muss.

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Layman, John / Blanco, F. / Neves, F. / Phillips, S. – Marvel Zombies vs. Armee der Finsternis (MAX 21)

_Inhalt_

Ashley Williams hat in seiner langen Laufbahn bereits Legionen von Untoten bekämpft, als sich ihm inmitten der Straßen von New York ein neues Horror-Szenario eröffnet. Das grässliche Zombie-Virus ist auf die Superhelden-Spezies übergetreten und hat sie in mordlüsterne, kompromisslose Fleischfresser verwandelt. Lediglich die hübsche Dazzler und Scarlet Witch sind den kannibalischen Gestalten entkommen und kämpfen an Ashleys Seite für die Beseitigung des Virus. Die einzige Waffe scheint hierbei das berüchtigte „Necronomicon“-Werk zu sein, welches sich in der noch geschützten Festung von Dr. Doom befindet. Doch der denkt erst gar nicht daran, mit Williams und seinen kurzzeitigen Kolleginnen zu kooperieren …

_Persönlicher Eindruck_

Mit der zweiten Episode der „Marvel Zombies“-Serie begibt sich Autor John Layman auf riskantes Terrain. Immerhin nämlich gestaltet er hier einen Crossover mit der berüchtigten Horror-Klamotte „Army of Darkness“ (Evil Dead/Tanz der Teufel 3), deren Hauptdarsteller Ashley Williams daher auch als Hauptcharakter für den neuen |Marvel|-Plot entführt wurde. Und gerade bei der Reputation, die dieser Titel unter Horror-Liebhabern besitzt, sollte man meinen, dass solch ein Unterfangen eigentlich nur schiefgehen kann und möglicherweise an den hohen Erwartungen zerbricht.

Nun, falsch gedacht: Denn auch wenn die Story jetzt nicht bahnbrechend tiefgründig ist und Layman auf allen erdenklichen Klischees herumtanzt, so wird sie doch den Ansprüchen an den Splatter-Ableger des Comic-Verlags gerecht. Dies liegt in erster Linie sicherlich an den Charakterdarstellungen der Autors, die dieses Mal wesentlich besser funktionieren als im weniger ruhmreichen Auftakt des Titels. Vor allem Ashley Williams gibt in illustrierter Form eine richtig gute Figur ab und überzeugt als Macho, Superheld und Querkopf in Personalunion. Ähnliches lässt sich auch für die, vorsichtig gesagt, etwas anders dargestellten Gestalten aus dem |Marvel|-Universum sagen, die sich Schritt für Schritt in blutrünstige Monster verwandeln und dabei die charakteristische Naivität aufbringen, die man aus den cineastischen Zombie-Schlachten kennt. Vor allem Spiderman genießt diesbezüglich eine recht eigenwillige Vorstellung, bleibt aber wie seinen Kumpanen gegen die Macht des Virus‘ hilflos.

Die Story indes genießt ein anständiges Tempo sowie eine Menge rasante Wechsel und unternimmt letztendlich eine Entwicklung, die sich am Anfang noch überhaupt nicht absehen lässt. Vielleicht ist sie in der zweiten Hälfte auch ein wenig überfrachtet, da es den Eindruck erweckt, als wolle der Autor wirklich möglichst viele |Marvel|-Charaktere darin unterbringen. Somit fällt der Schwenk ins Lager von Dr. Doom am Ende nicht mehr ganz so glaubwürdig aus. Doch was ist im Rahmen einer solchen Geschichte schon glaubwürdig …?

Abgesehen davon hinterlässt „Marvel Zombies vs. Army of Darkness“, so der offizielle Titel der hier enthaltenen Mini-Serie, jedoch einen mehr als ordentlichen Eindruck und erweist sich wider Erwarten als richtig fein aufgemachter, grafisch exzellenter Horror-Crossover mit sehr klassischer Story. Vor allem diejenigen, die von der ersten Zombie-Ausgabe des amerikanischen Großverlags ein wenig enttäuscht war, sollte hier zugreifen, denn der „Army of Darkness“-Ableger hat es wirklich in sich.

https://www.paninicomics.de/?s=serie&gs__gruppe=46&t=marvel-max-s46.html

Busiek, Kurt (Autor) / Anderson, Brent Eric (Zeichner) – Astro City – Local Heroes

Band 1: [„Der gefallene Engel“ 3914

_Inhalt_

Astro City ist eine seltsame, sonderbare, aber auch außergewöhnliche Stadt. Hier leben ganz normale Menschen gemeinsam mit Superhelden und linken Schurken und schreiben mit ihnen die seltsamsten Geschichten. Da wäre zum Beispiel ein altgedienter Hotelportier, der bereits vor 15 Jahren in die Stadt zog, die eigenartigsten Begegnungen mit der Schurkenzunft machte und dennoch seiner neuen Heimat treu geblieben ist. Oder die junge Comic-Autorin, die mit größten Ambitionen zu ihrem neuen Arbeitgeber Bulldog gewechselt ist, wo ihr anrüchiger Verleger mit den mannigfaltigsten Mitteln sein Publikum ausweitet, obschon die betroffenen Schurken hierfür keine Lizenz erteilt haben. Der junge Mitch wiederum traut seinen Augen nicht, als er vom einfachen Schauspieler ohne großes Dazutun plötzlich zum Superhelden gekürt wird, nachdem er einen Supermarkt-Diebstahl vereiteln konnte. Und dann ist da noch eine frustrierte Beraterin einer PR-Agentur, die sich in einen atomaren Helden verliebt und dabei gar nicht realisiert, dass sie ihn mit ihrem herausfordernden Verhalten zutiefst verletzt. Helden, Schurken und ganz einfache Leute – das gibt es in dieser Form wohl nur in Astro City.

_Persönlicher Eindruck_

Mit dem neuen Sammelband zum „Astro City“-Ableger „Local Heroes“ holen |DC Comics/Wildstorm| dieser Tage zum ganz großen Schlag aus; in insgesamt neun Episoden lässt der Verlag Kurt Busiek von den Besonderheiten der eigenwilligen Stadt berichten, und dies so natürlich und authentisch, dass zwischenzeitlich noch nicht einmal wirklich der Eindruck entstehen mag, dass die Handlungen durchweg fiktiv sind. Busiek orientiert seine vermeintlichen Superheldengeschichten ziemlich nah an klassisch gesellschaftlichen Themen, nicht jedoch, ohne ihnen dabei das gewisse Etwas, das „Astro City“ schließlich ausmacht, einzuimpfen.

Die Themenwelt bleibt dabei unheimlich vielfältig und reicht von klassischen Action-Sequenzen zwischen Schurken und vermeintlichen Superhelden über eine ebenfalls recht ungewöhnliche Love-Story bis hin zu schlichten Erfahrungsberichten, die den Glamour und die allgemein sonderbare Ausstrahlung der Comic-Stadt noch einmal besonders hervorheben sollen. Genau dies unterscheidet „Astro City – Local Heroes“ daher auch vom Gros der übrigen illustrierten Landschaft. Der Spannungsfaktor mag zwar nicht so ausgeprägt sein wie in vergleichbaren DC-Publikationen, was unter anderem daran liegt, dass die einzelnen Kapitel recht kompakt und in sich abgeschlossen sind, jedoch ist der Inhalt mal so ganz anders und auch bei schwindender Action-Kost immer noch ziemlich aufregend.

Letzteres steht in erster Linie aber auch mit der Wortgewalt in Verbindung, die Busiek erneut auf seine Leser loslässt. Zeigte er in den „Conan“-Comics noch einen sehr reservierten Ton, der sich ganz dem Charakter des Titelhelden anschmiegte, nutzt er nun die Gunst der Stunde, um die Geschichten mit intelligenten, tiefgründigen Dialogen zu füllen, die zwar jeglicher Komplexität entbehren, dafür aber auch gleich wieder ein größeres Publikum ansprechen. Darüber hinaus schneidet Busiek einige interessante Philosophien an und hinterfragt den eigentlichen Charakter des Superheldendaseins. Was macht den Superhelden aus? Sind es lediglich seine ungeheuren Kräfte? Ist es dem entgegen doch eher sein Herz? Oder einfach nur sein Äußeres?

In „Astro City“ sind die Helden jedenfalls aus einem anderen Holz geschnitzt und erzählen von Dingen, die nicht gerade den klassischen Action-Comic-Kontext unterstreichen, dafür aber durch ihre dezente Loslösung von dieser klassischen Materie auf anderem Gebiet punkten. Die Qualitäten dieses Sammelbands liegen nämlich in erster Linie im Tiefgang der Erzählungen und dem eigenständigen Erscheinungsbild der Protagonisten. Und dies ist häufig, und an dieser Stelle definitiv, mehr wert als überproportionierte Kämpfe und Schlachten, wie sie die beiden großen Comic-Verlage von Zeit zu Zeit bringen.

Abgerundet wird „Local Heroes“ schließlich von den feinen Illustrationen Brent Andersons, der den Episoden eine feine Retro-Optik verpasst und somit die Besonderheit dieser Ausgabe noch einmal nachhaltig kennzeichnet. In Kombination mit seinem namhaften Sidekick Busiek hat er ein wahres Prachtwerk erschaffen, das der gesamten Comic-Szene einige nachdenkliche, neue Impulse geben kann – und hoffentlich auch wird.

https://www.paninicomics.de/?s=serie&gs__gruppe=92&t=astro-city-s92.html

Kugelberg, Johan / Beste, Peter – True Norwegian Black Metal

Das Feuer der norwegischen Black-Metal-Szene scheint in den vergangenen Jahren ein wenig erloschen. Die Protagonisten haben sich partiell zurückgezogen oder aber in den Sumpf der fragwürdigen Comebacks begeben, die wenigen verbliebenen Originale wiederum nutzen ihren Explorationswillen, um ihren Sound in die Moderne zu rücken; und auch wenn noch eine gute Handvoll Individualisten die Flamme der zweiten Generation am Lodern hält, so ist das, was vor gut anderthalb Dekaden noch als faszinierende Subkultur gestartet war, heute eher ein Teil des nordischen Mainstreams und größtenteils sogar salonfähig geworden.

Dennoch, der Mythos bleibt unvergessen, die Ereignisse um die Mordserien, Kirchenverbrennungen und die Hatz gegen das Christentum haben nicht nur die dortige Kultur und das soziale Wesen, sondern auch die internationale Metal-Szene nachhaltig geprägt – sei es nun in visueller Form durch das Corpsepaint, im rohen Ausdruck der rauen, hasserfüllten Musik oder eben auch in der inhaltlichen Grundaussage der schwarzmetallischen Lyrik, die auch heute noch häufig aufgegriffen wird, aber eben nicht mehr derart provokant und außergewöhnlich daherkommt wie dies eben zu Beginn des letzten Jahrzehnts der Fall war.

Peter Beste, seines Zeichens passionierter und studierter Fotograf, hat sich im Laufe seiner Ausbildung und Studienzeit ebenfalls von diesem Phänomen beeindrucken und prägen lassen und vor allem die ungewöhnliche Optik der Musiker zur Faszination schlechthin erklärt. Gleichzeitig hat er gedanklich bereits ein Projekt ins Leben gerufen, das in dieser Form längst überfällig war und die eigenwillige Ästhetik der Szene wiedergeben sollte – nämlich einen Bildband aus der direkten Umgebung, der nicht nur die Darsteller selbst, sondern auch ihre direkte Umwelt, die inspirative Natur und auch die Klischees, die auch im Back Metal eine große Rolle spielen, einfängt. Unter dem Titel „True Norwegian Black Metal“ erscheint nun ein monströses Bildwerk, für das Beste einen großen Teil der letzten sechs Jahre aufbrachte und gleich dreizehnmal nach Norwegen reiste, Freundschaften knüpfte und schließlich in das Mysterium der Musik eintauchte.

Und in eben diesem Werk beschäftigt sich der Fotograf vorwiegend mit den noch verbliebenen Helden der Szene, wobei er es besonders auf Bands wie |Gorgoroth| abgesehen hat, deren Frontmann Gaahl er hier gleich in mehreren Posen zeigt. Dazu gibt es haufenweise Material von Bands wie |Carpathian Forest|, |Darkthrone|, |Mayhem|, |Enslaved| und |1349| nebst einigen Dokumentationen der Szenerie zu Beginn der Neunziger, als die ersten Kirchen brannten und Protagonisten wie Euronymus der Unmenschlichkeit mancher Mitglieder zum Opfer fielen.

Hier gibt es abseits der vielen gelungenen Ablichtungen der Musiker in ihrer privaten und beruflichen Umgebung (also der Bühne) reproduzierte Zeitungsausschnitte, die sich vor allem mit der brisanten Blütezeit des Genres beschäftigen. Die |Mayhem|-Morde werden nachgezeichnet, das Schicksal des zwielichtigen Varg Vikernes noch einmal aufgenommen, aber auch einige Original-Briefe eingeflochten, um noch näher in das Mysterium jener Zeit abzutauchen. Ergänzend gibt es schließlich noch Fotos, die jedoch anderen Quellwerken entnommen sind, aber eben einige der Leute zeigen, zu denen Beste nicht mehr vordringen konnte. Um die Sache rund zu machen, kommt auch ein langjähriger Wegbegleiter von Bands und Szene zum Wort, nämlich Metalion vom norwegischen |Slayer|-Mag, der von Anfang an dabei war und gerade die Krise aus nächster Nähe miterlebte. Auch wenn ihm gerade einmal eine Doppelseite geschenkt wird, so ist der Informationsgehalt doch immens – zumal sein Bericht tatsächlich aus erster Hand stammt.

Das Problem an diesem Werk besteht lediglich in seiner mangelnden Vollständigkeit. Beste hat relativ spät mit den Aufnahmen begonnen und ist zu einer Zeit gestartet, als die große Welle bereits vorüber war. Daher muss er gerade im Hinblick auf die eigentlichen Vorreiter der Szene Einbußen hinnehmen und auf Archivaufnahmen zurückgreifen, was natürlich insofern nicht so glücklich ist, als von ihnen erst diese ganz spezielle Faszination ausging, von der die nun porträtierten Musiker erst im Nachhinein zehren konnten. Gerade diesbezüglich kann der Mann hinter diesem Bildband den hohen Ansprüchen an ein solches Projekt nicht ganz gerecht werden.

Andererseits sind manche Bilder, die Beste hier veröffentlicht gibt, wirklich genial getroffen und strahlen genau jenen Mythos aus, von dem die meist maskierten Musiker profitieren und der letztendlich auch die Szene ausmacht. Es sind ebensolche Momentaufnahmen wie das definitive Chaos im letzten Jahrzehnt, vielleicht diesmal aus einem anderen Blickwinkel, aber dennoch nicht weniger majestätisch und elegant als die rauen Visualisierungen der ersten Stunde. Damit ist dem Autor und Fotografen trotz des inhaltlichen Einschnitts ein wahrhaft grandioses Porträt einiger Menschen gelungen, deren Äußeres bereits faszinierend ist und deren unnachahmlichem Ausdruck man sich auch in Zeiten, in denen der Black Metal nur noch eine Nebenrolle in der Szene spielt, kaum entziehen kann. Der Preis für das Werk mag zwar ein wenig abschreckend sein, aber der Gegenwert dieser teils einmaligen Aufnahmen rechtfertigt die Investition in jedem Falle und macht „True Norwegian Black Metal“ zu einer ganz besonderen Veröffentlichung, die man sich als passende Ergänzung zur „Lords of Chaos“-Chronik nicht entgehen lassen sollte.

|ISBN-13: 978-0-95580-151-8|

Shooman, Joe – Bruce Dickinson – Eine Biografie

Was wäre Bruce Dickinson wohl geworden, hätten die Mannen von |IRON MAIDEN| ihn in den frühen Achtzigern nicht darum gebeten, den vakanten Sängerposten zu füllen? Und umgekehrt: Wo würde der Metal-Dinosaurier heute wohl stehen, wäre der vielleicht begabteste Classic-Metal-Frontmann und -Entertainer damals nicht auf das Angebot eingegangen und lieber seiner alten Kapelle |SAMSON| treu geblieben? Vielleicht hätte ihn seine Passion für den Fechtsport bis an die Weltspitze gebracht. Möglicherweise hätte er sich auch damit zufriedengegeben, als Pilot um die Welt zu reisen. Oder aber er hätte vielleicht sein Studium zu Ende gebracht und sich als Lehrer für Geschichte engagiert.

Spekulationen gibt es hierzu viele, doch laufen sie alle auf ein Ergebnis heraus: Dieser Mann ist ein absolutes Multitalent, sowohl als Showmensch als auch in seinem steten Explorationsdurst, der ihn unter anderem auch lange Jahre durch seine musikalische Karriere gebracht hat. Deshalb ist seine Biografie definitiv nicht gleichzeitig diejenige von |IRON MAIDEN|, auch wenn vor allem die Erfolgsstory des Sängers unmittelbar mit der seiner langjährigen Wegbegleiter verknüpft ist. Aber es steht weiterhin außer Frage, dass Dickinson auch ohne die Band einen konsequenten, erfolgreichen Weg eingeschlagen hätte. Dafür ist seine Willensstärke nämlich einfach zu immens, als dass man hieran Zweifel anbringen müsste.

Als Joe Shooman nun vor Jahren die ersten Ideen zu dieser Biografie entwarf, musste er sich genau diesen Umstand erst noch einmal bewusst machen. Und er ging sein Projekt auch sehr geschickt an, indem er die |MAIDEN|-Jahre vergleichsweise grob anriss und die präziseren Inhalte der Bandgeschichte seinem Kollegen Mick Wall überließ, der die Historie der Briten seinerzeit in [„Run to the Hills“ 1708 abarbeitete.

Also konzentriert er sich vor allem auf die Person Paul Bruce Dickinson und deren zahlreiche Talente, die natürlich in erster Linie mit dem Leben als Musiker zusammenhängen. So erfährt man von seinen ersten Engagements in Bands wie |STYX| und |SHOTS|, von den Diskrepanzen, die der Job bei |SAMSON| mit sich brachte, da sein hoher Gesang bisweilen gar nicht zum klassischen Hardrock seiner neuen Weggefährten passen wollte, und begleitet natürlich den Werdegang von |IRON MAIDEN|, der vorläufig nur bis zum „Fear of the Dark“-Album reichen sollte. Dazu erfährt man reihenweise Persönliches über den rauen Bruce und seinen kreativen Dickkopf, lernt seine kontinuierliche Selbstdisziplin schätzen, realisiert aber im Grunde genommen, dass er trotz der großen Erfolge stets ein Mensch mit Bodenhaftung geblieben ist, der seine Herkunft nie vergessen hat.

Bodenhaftung war schließlich auch nötig, als der Sänger sich von seiner Band loseiste, um seine eigenen Projekte zu starten, die anfangs noch recht erfolgreich und eigenwillig waren, später aber zwangsläufig in eine Sackgasse führten, da Dickinson einfach ein Metal-Sänger war und ist und die Arbeiten bei |SKUNKWORKS| lediglich seine Experimentierfreude befriedigten, nicht aber seine Zielgerichtetheit als Künstler. Sein erneuter Wechsel zu |IRON MAIDEN| kam 1999 dennoch überraschend, war jedoch der einzig logische Schritt für die beiden sinkenden Schiffe und wurde letzten Endes zu einem noch größeren Triumphzug als die erhabenen Momente des vorherigen Jahrzehnts – vor allem dank der Schlüsselfigur Dickinson.

Shooman bleibt in seinen Ausführungen allerdings jederzeit objektiv und feiert seinen Helden nicht ständig als solchen ab. Eher aus der Draufsicht schildert er vor allem das Leben des jungen Bruce in einer Detailfreude, die bislang beispiellos ist. Gerade die zwischenmenschlichen Geschichten haben es ihm angetan, was er in zahlreichen Interviews mit frühen Helden der NWoBHM und Gefährten Dickinsons immer wieder belegt. Doch auch der Informationsgehalt seiner Biografie ist enorm und bringt gerade auf musikalischer Ebene zahlreiche Insider-Facts zutage, die man an dieser Stelle auch gerne lesen möchte. Zu kurz kommt lediglich der Wiedereinstieg bei |IRON MAIDEN|, der eigentlich einer der wesentlichen Knackpunkte in der Karriere des Sängers ist. Hier hätten ein paar Details mehr sicherlich gut getan, um die Sache komplett rund zu bekommen. Ansonsten gibt es an Shoomans Werk absolut nichts auszusetzen; wer einen Ausnahmekünstler wie Bruce Dickinson so bodenständig und gleichsam anerkennend vorstellt und das Ganze mit einem solch reichen Informationsschatz füllt, der verdient nicht nur Respekt, sondern auch zahlreiche Abnehmer. Wirklich gelungen, was hier auf gut 250 Seiten als offizielle Biografie angeboten wird!

|ISBN-13: 978-3-931624-53-8|
http://www.iron-pages.de

Taylor, Matt – BreakScore

Würfelspiele sind mittlerweile kaum noch salonfähig, seit die Ansprüche an ein klassisches Brettspiel spätestens mit der Hochkonjunktur der strategischen Vertreter enorm gestiegen sind. Insofern sollte Matt Taylor, seines Zeichens Designer des in Eigenregie publizierten Würfelspiels „BreakScore“, große Schwierigkeiten haben, sein Produkt an den Mann zu bringen. Nicht zuletzt, da der Mann auch noch aus Neuseeland liefert. Aber Moment – dieses nette Spielchen hat dann doch einiges mehr zu bieten als die üblichen „Kniffel“-Varianten.

_Spielidee_

Ähnlich dem traditionellen Leiterspiel geht es in „BreakScore“ darum, seine Spielfigur vom Startfeld in den Zielbereich zu bringen, und dies möglichst als Erster. Insgesamt vier Spieler können an der Jagd um die höchste Punktzahl mitstreiten und sich mit Würfeln, Karten und ein bisschen Risikobereitschaft duellieren. Allerdings ist die Jagd nach Punkten kein Selbstläufer. Bestimmte Kombinationen müssen gewürfelt werden, um den Punktestand aufzubessern, und wenn man dann nicht richtig aufpasst oder zu viel wagt, kann es passieren, dass selbst die lukrativste Summe im Nirwana verschwindet. Reihum pokert man nun und versucht, in die so genannte Enzone zu gelangen. Ist dies geschehen, dürfen die Mitspieler noch einen Überholversuch starten. Wer nun am Ende die Nase vorne hat, hat nicht nur den perfekten BreakScore erzielt, sondern auch das Spiel gewonnen.

_Ausstattung_

Entsprechend dem vergleichsweise geringen Budget des Eigenverlags ist die optische Aufmachung zu „BreakScore“ nicht sonderlich spektakulär. Das Spiel kommt in einer transparenten Plastikdose im Papphüllengewand auf den Markt und würde dementsprechend im Händlerregal auch nicht wirklich auffallen. Auch das Kartenmaterial und der dünn kartonierte Spielplan sind für Vielspieler nicht besonders resistent und nutzen schnell ab. Gerade deswegen wäre ein gescheiter Vertrieb auch dringend erforderlich, um das Thema auch in Europa an den Käufer zu bringen.

Andererseits muss man das Ganze als liebevoll aufgemachte Rohversion betrachten, bei der die Liebe zum Detail ins Spielprinzip integriert wurde, nicht aber in die Gestaltung des Materials. Und unter diesem Aspekt sind die kleinen Eselsohren, die bereits mit dem Abtrennen der Karten entstehen, auch leicht zu verkraften.

_Spielaufbau_

Jeder Spieler entscheidet sich für eine der Spielfarben und nimmt den entsprechenden Setzstein in dieser Farbe. Reihum probieren die Beteiligten nun, in einer Würfelphase mindestens 40 Punkten zu erzielen, um sich überhaupt für das Spielbrett zu qualifizieren. In der Reihenfolge, in der dies gelungen ist, wird später auch gestartet.

Das Interessante an der Sache ist nun, wie konkret man seinen persönlichen BreakScore erweitert, denn dies geschieht mittels bestimmter Kombinationen. Die wohl einfachste Lösung besteht darin, einen Star zu würfeln, in diesem Fall eine 1 oder eine 5. Zehn bzw. fünf Punkte werden hierfür verbucht. Ein wenig anspruchsvoller ist da schon das Triple, das aus beliebigen Trios einer Augenzahl bestehen kann. Je nach Summe des einzelnen Würfels wird noch eine Null angehängt und so die Punktzahl für die einzelnen Triples errechnet. Als Letztes besteht noch die Möglichkeit eines Runs, vergleichbar mit einer großen Straße im Poker, bestehend aus einer Ziffernreihe von 1 bis 6. Dieses enorm schwierige Unterfangen bedeutet entsprechend auch gleich einen Punktezuwachs von 100.

Reihum wird nun gewürfelt, und dies so lange, bis man entweder mit der aktuell erreichten Punktzahl aussteigt oder ein weiterer Wurf nicht mehr produktiv für die Gesamtsumme ist. Man darf so häufig werfen, wie man zusätzlich Punkte addieren kann. Das heißt, man beginnt mit sechs Würfeln und muss Runde für Runde mindestens einen Würfel herausnehmen, der später auch gewertet werden kann. Also sortiert man 1er, 5er und Triples aus, oder man hat direkt das Glück, einen Run zu würfeln. Anschießend ergibt sich immer wieder die Möglichkeit, auszusteigen und den Punktewert festzuhalten, oder eben höher zu pokern und zu versuchen, das Resultat noch zu verbessern. Jedoch reduziert sich die Würfelzahl folgerichtig in jeder Runde, womit das Risiko immer höher wird. Würfelt man nun beispielsweise mit dem letzten verbliebenen Würfel eine 3, erzielt man einen so genannten Zouch und verliert gleich alle Punkte.

Um den simplen Mechanismus jedoch ein wenig zu durchbrechen, hat Taylor einige nette Gimmicks im Spiel untergebracht. Selbst der offenkundige Loser hat noch die Möglichkeit, über eine Zouch-Karte zurück ins Spiel zu kommen oder wenigstens geringfügig zu punkten. Allerdings müssen diese Karten nicht immer positiv sein, weshalb diese Option freigestellt ist.

Reich belohnt hingegen ist derjenige, der mit allen Würfeln punkten kann. Diese Aktion heißt Boomer und führt auch einen eigenen Kartensatz. Bei einem Boomer darf man nun wählen, einen weiteren Versuch zu addieren oder eben eine Karte zu ziehen. Beides birgt weitere Risiken und macht das Spiel zumindest ein klein wenig strategisch.

Sobald nun ein Spieler die Enzone erreicht hat, neigt sich das Spiel dem Ende zu. Alle verbliebenen Spieler haben noch die Option, in einer letzten Wurfserie vorbeizuziehen. Wer danach nun an erster Position in der Enzone steht, darf sich über den Sieg freuen.

Neben dem klassische „BreakScore“-Game beinhaltet die Spielanleitung im Übrigen noch die Regeln für die Champions-Klasse sowie eine Schnellstart-Variante. Gerade die Profifassung ist hier noch eine richtig lohnenswerte Steigerung zum eigentlichen Mechanismus, die das Spiel ein wenig komplexer macht. Nach einigen Einstiegsrunden sollte dies später auch das Regelszenario sein.

_Persönlicher Eindruck_

Anfangs war ich skeptisch, am Ende aber überrascht und sogar richtig begeistert. „BreakScore“ ist ein wirklich starkes Würfelspiel, das durch den Einsatz der Karten und deren Sonderfunktionen klassische Mechanismen durchbricht und zudem auch noch mit einer ganzen Reihe Optionen auf dem Spielplan aufwartet, die das Spiel spannend halten. Anders als beim traditionellen Leiterspiel gibt es außerdem die Möglichkeit, selbst eine immense Führung noch aufzuholen, da man mit unzähligen Boomers in Serie noch richtig hohe Scores erzielen kann, was die Partie natürlich jederzeit spannend hält. Hinzu kommt, dass sich die Rollen im Spiel aufgrund der Kartenaussagen ständig ablösen. Selbst mit einem Boomer kann man rapide absinken, während ein Zouch manchmal sogar noch mit einem Bonus belohnt wird. Skurril, aber sicherlich witzig. Apropos witzig, dies ist das finale Stichwort: Taylor hat nicht nur seinen persönlichen Humor in das Spiel eingeflochten, sondern der überraschend pfiffigen Idee auch eine Menge Spielwitz mitgegeben, der ein nicht zu verachtendes Suchtgefühl weckt.

Wie gesagt: Anfangs war es kaum vorstellbar, dass „BreakScore“ jemanden vom Hocker reißen könnte. Ertappt man sich dann aber bei der fünften Partie in Folge, weiß man, dass hier ein echter Geheimtipp konzipiert wurde. Bleibt also zu hoffen, dass „BreakScore“ auch bis auf den deutschen Markt durchdringen wird. Zu wünschen wäre es dem sympathischen Autoren und seiner feinen Idee auf jeden Fall!

Mehr Infos unter http://www.breakscore.com.

Burkhardt, Günther – On Top

Auch wenn der Trend im Spielsegment seit einiger Zeit zur Materialschlacht geht, so sind klassische Legespiele mit Strategieanteil spätestens seit „Einfach genial“ wieder sehr gefragt. Günther Burkhardt hat diese Entwicklung für seine neue Spielidee „On Top“ aufgegriffen und ein Spiel entworfen, das ganz in der Tradition der simpel gestrickten Taktikspiele aus dem Hause |Kosmos| steht und dort nun auch ein passendes Zuhause gefunden hat. Doch erfüllt die Frühjahrsneuheit auch die berechtigt hohen Erwartungen?

_Spielidee_

In „On Top“ legen zwei bis vier Spieler reihum rautenförmige Spielplättchen aneinander und versuchen dabei, die an den Ecken der Plättchen befindlichen Teilkreise so anzulegen, dass sie bei der Entstehung eines fertigen Kreises mit ihrer Farbe am besten vertreten sind. In diesem Fall nämlich kassiert man Punkte in der Anzahl, in der andere Farben am jeweiligen Kreis vertreten sind. Allerdings wird auch derjenige, der bei der Wertung eines Kreises an zweiter Position landet, noch belohnt, da er ebenso wie der Gewinner eines seiner Hütchen auf den Kreis positionieren darf – und für jedes Hütchen, das man zum Ende des Spiels noch besitzt, muss man wieder einen Punkt zurückzahlen. So taktiert und legt man fortlaufend, bis alle Flächen auf dem Spielplan belegt sind. Wer nun die meisten Siegpunkte gesammelt hat, hat das Spiel gewonnen.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 84 Spielsteine in 4 Farben
• 10 Dreiecke
• 34 rautenförmige Legeteile
• 1 Spielregel

Rein optisch ist „On Top“ alles andere als ansprechend; der Spielplan erinnert an eine Spielshow aus den Achtzigern, die Legeteile wiederum sind ebenfalls keine Hingucker, sondern eher als zweckdienlich zu verstehen. Allerdings ist bei der Suchtgefahr solcher Spiele auch der Verschleiß zu bedenken, und der ist bei der Stabilität der Hartplastikelemente sicherlich gering. Insofern: Auch wenn besonders das Spielfeld etwas mehr Schwung gut vertragen hätte, so ist die Wahl der Materialien in dieser Form sicher nicht verkehrt.

_Spielaufbau_

Der Spielplan wird in die Mitte des Tisches gelegt und die beiden roten Flächen darauf mit Driecksplättchen bedeckt. Nun erhält jeder Spieler die Spielsteine in seiner Farbe und setzt einen davon auf die Wertungsleiste. Sollte man nicht zu viert spielen, werden die übrigen Farben trotzdem bereitgelegt und als neutrale Steine in der Wertung der Kreise verwendet. Als Letztes werden die rautenförmigen Legeteile verdeckt ausgelegt. Nun kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

Der jüngste Spieler zieht zu Beginn des Spiels ein neues Legeteil und setzt es an eines der bereits ausliegenden Dreiecke an. Wichtig ist auch im weiteren Verlauf, dass man immer anlegt und sein Legeteil nicht auf eine beliebige, freie Fläche legt. Im Uhrzeigersinn nimmt nun jeder Spieler ein neues Legeteil und besetzt damit ein neues Feld. Sollte dabei ein Kreis geschlossen werden, indem die Ecken der Legeteile einen solchen ergeben, kommt es zu einer ersten Wertung. Der Spieler, dessen Farbanteile am häufigsten vertreten sind, legt nun einen seiner Spielsteine an die Spitze des Turmes, den man auf den Kreis stellt. Der zweitstärkste Spieler setzt seinen Stein direkt darunter. Sollten mehrere Farben die größte Häufigkeit aufweisen, bleibt der Kreis leer. Bei mehreren Zweitplatzierten wiederum werden auch mehrere Steine unter das Hütchen, das sich ‚On Top‘ befindet, gesetzt, was für den Spieler aber auch mehr Punkte bedeutet. Anschließend wird der Turm nämlich anhand seiner Elemente gewertet. Für jeden enthaltenen Spielstein (also auch den eigenen) gibt es einen Punkt.

Am oberen Rand des Spielfeldes gibt es nun auch eine Randleiste, die einen lukrativen Bonus bietet. Wer hier einen Kreis (und sei es nur ein halber) fertigstellt, bekommt die doppelte Punktzahl. Aber da hier keine kompletten Kreise gebildet werden, ist es ungleich schwerer, auch sofort zu punkten.

Das Spiel wird nun so lange gespielt, bis entweder alle Felder belegt sind (einzelne Lücken werden dabei mit Dreiecken gefüllt) oder ein Spieler vorzeitig alle Spielsteine auslegen konnte. Alle übrigen Spielsteine werden in der Schlusswertung nun auch berücksichtigt und vom Gesamtpunktestand subtrahiert. Der Spieler, der nun auf der Wertungsleiste die Nase vorn hat, hat das Spiel gewonnen.

_Persönlicher Eindruck_

„On Top“ verfolgt definitiv ein interessantes Spielprinzip und sollte vor allem Strategen ansprechen, hat aber insgesamt nicht ganz das Suchtpotenzial von Spielen wie „Einfach genial“, an dem sich Burkhardt mit seinem neuen Titel einfach messen lassen muss. Man gerät in manchen Situationen einfach zu stark ins Hintertreffen und kann seine Geschicke situationsabhängig nur minimal beeinflussen, da man stellenweise einfach zu stark vom Verhalten der Gegner abhängig ist. Darüber hinaus ist das Spiel häufig schon durch das Ziehen eines neuen Plättchens vorgezeichnet, weil es oft nur eine zwingende Möglichkeit gibt, wo man es nun anlegen sollte. Auch hier entsteht eine leichte Diskrepanz, da man nie ein besonders hohes Risiko eingehen muss, um seinen Zug durchzusetzen, was den Spielreiz aber leider auch ein wenig mindert.

Insgesamt nimmt „On Top“ einfach nicht so recht Fahrt auf, auch wenn die Systematik wirklich gut ist. Allerdings sind die Prioritäten nicht ganz so vorteilhaft verteilt, da die Einflussmöglichkeiten einfach zu schmal bleiben. Fans klassischer Legespiele sind zwar dennoch gut bedient, aber ganz so hohe Ansprüche wie an besagten Titel von Dr. Kinzia sollte man an „On Top“ jetzt nicht stellen.

http://www.kosmos.de

Arleston, Christophe / Latil, Dominique / Labrosse, Theirry – Morea 3: Das Feuer der Zeit

Band 1: [„Das Blut der Engel“ 4350
Band 2: [„Das Rückgrat des Drachen“ 4561

_Story_

Auf der Jagd nach den befeindeten Engeln, die ein Programm zur Besiedelung des roten Planeten aus dem Fundus des DWC gestohlen haben, gerät Morea in eine Falle und wird fortan auf der orbitalen Raumstation ihrer Feinde gefangen gehalten. Die erbarmungslose Doktor Luwellyn unterzieht sie unzähligen tödlichen Tests und erprobt dabei ihre Widerstandskraft, ist aber dennoch nicht auf Moreas unsterbliche Kräfte vorbereitet. Dem Rotschopf gelingt in einem unerwarteten Moment die Flucht durch ein geheimes Portal, welches Morea sofort an die Oberfläche des Mars führt. Während sie dort erst realisiert, welche enormen Vorarbeiten die Engel bereits geleistet haben, eilt ihr verbündeter Drache Terkio bereits zur Hilfe und startet einen kompromisslosen Streifzug durch das gegnerische Schiff. Doch Morea ist nicht mehr dort …

Unterdessen wird der Zentralkomplex der DWC von vereinzelten Machtkämpfen zerrüttet. Die Verantwortlichen glauben bereits, Morea sei dahingeschieden, und streiten daher um die gemeinsame Nachfolge – nicht ahnend, dass diese Diskussion schon bald wieder hinfällig sein wird …

_Persönlicher Eindruck_

Gewohnt humorvoll und straight präsentiert sich auch der dritte Abschnitt von Arlestons aktueller Serie, wenngleich die Action hier in gegebenen Momenten noch deutlicher das Zepter in die Hand nimmt. Dazu wird’s stellenweise alles andere als jugendfrei, so zum Beispiel als Morea ihrer fiesen Kontrahentin eine Spritze ins Auge rammt, oder eben bei der Volldarstellung ihrer blanken Pracht – gerade diesbezüglich hat sich der Plot mit der gerade veröffentlichten Ausgabe ein ganzes Stück weiterentwickelt.

Dieser Umstand ist jedoch keinesfalls kritikwürdig, da gleichermaßen das Tempo der Erzählung zunimmt und auch der gesamte Komplex stetig wächst. Die Handlung spielt sich mittlerweile auf drei tragenden Ebenen ab, die nahezu allesamt gleichberechtigt sind, so dass dementsprechend auch ein ständiger Wechsel mit zahlreichen Wendungen garantiert ist. Während Morea nach ihrer Flucht den Mars erkundet und Terkio seine Rettungsmission startet, geht es in der kubanischen Heimat hinter den Kulissen mächtig zur Sache. Die verbliebenen drei Köpfe der DWC intrigieren mit allen Mitteln, bringen das gesamte Gerüst des Konzerns in Gefahr und befinden sich derweil komplett in dem Irrglauben, Miss Doloniac habe bereits das Zeitliche gesegnet. Lediglich Moreas aktueller Geliebter Theo hat die Hoffnung nicht aufgegeben und stellt sich den beiden Widersachern entgegen, doch diese schmieden im Hintergrund bereits weitere Pläne zur endgültigen Machtübernahme – die in diesem Fall auch kurz bevorsteht.

Alles in allem ist es höchst beachtlich, in welchem Maße Tempo und Spannung im dritten Band der auf fünf Alben ausgelegten Serie zunehmen. Die Story wird um einiges brisanter und härter, und das in allen drei Teilsträngen zugleich. Darüber hinaus werden auch die führenden Charaktere weiter geformt, insbesondere Morea, die den Lesern einige bislang noch unbekannte Facetten ihres Daseins öffnet. Damit sind auch die leichten Diskrepanzen der vorherigen Ausgabe wieder ausgeräumt und die weniger ästhetischen Entwicklungen vergessen. Mit „Das Feuer der Zeit“ gerät Arlestons neues Meisterstück wieder in die richtigen Bahnen und sorgt erneut für Furore. Bis dato ist die Nummer drei mit Abstand das beste Werk dieses Fünfteilers!

http://www.splitter-verlag.de/

Schacht, Michael – Aquaretto

„Aquaretto“? Michael Schacht? Moment mal, bestehen hier etwa gewisse Parallelen zu [„Zooloretto“? 4288 Der Autor des derzeit noch aktuellen |Spiels des Jahres| hat sich nach dem Erfolg seines beliebten Zoowärter-Titels nicht auf die faule Haut gelegt, sondern die vergangenen Monate genutzt, um an einer Variation mit Erweiterungscharakter zu arbeiten. Nun wird die Szenerie ins Wasser verlagert und somit auch mit neuen Tierarten gespielt. Doch dies ist bei weitem nicht die einzige Veränderung, die sich im Vergleich zum ‚Original‘ auftut …

_Spielidee_

In „Aquaretto“ übernehmen die Spieler die Regie in einem Wasserpark und bemühen sich auch dieses Mal darum, möglichst viele Besucher in ihre Aquawelten zu locken. Allerdings ist der Platz begrenzt, und da es nicht sinnvoll ist, viele Tiere auf engstem Raum zu beherbergen, muss man ganz genau überlegen, bei welchem Angebot man zugreift und welche Spezies man schließlich in sein großes Bassin lässt. Letzteres lässt sich allerdings gleich viermal ausbauen, so dass man individuell reagieren kann, wenn es doch einmal zu Platznöten kommt.

Und dennoch: Wer konzentriert sammelt, kann auf die Hilfe neuer Mitarbeiter bauen – und nur mit deren Unterstützung wird der Wasserpark letzten Endes so attraktiv, dass entsprechende Punkteboni winken. Aber da sich der grundsätzliche Mechanismus seit „Zooloretto“ kaum verändert hat, wird man noch seine lieben Probleme bekommen, sich auf eine konkreter Auswahl zu beschränken. Womit die Tücke des Spiels ebenfalls genannt wäre …

_Spielmaterial_

• 16 Nachwuchsplättchen (je 2 von 8 Tierarten)
• 88 Tierplättchen (je 11 von 8 Tierarten)
• 10 Münzplättchen
• 16 Mitarbeiter
• 30 Münzen
• 5 Wasserpark-Tafeln
• 10 kleine Ausbautafeln
• 10 große Ausbautafeln
• 5 Depot-Tafeln
• 5 Transporttafeln
• 1 runde Holzscheibe

Der Inhalt der Spielschachtel gleicht weitgehend dem seines Vorgängers und ist gerade grafisch ähnlich liebevoll gestaltet wie der nach wie vor sehr beliebte Preisträger. Auch was die Stabilität des Materials angeht, ist der neue Schacht-Titel mal wieder vorbildlich: dicker Karton und Figuren und Wagen aus Holz – das ist zweckdienlich und dank der schönen Aufarbeitung auch optisch entsprechend reizvoll. Seltsam ist nur, dass die Wasserpark-Tafeln eine normale Wiesenlandschaft zeigen. Spielt man nicht eigentlich jenseits des befestigten Lands? Wie auch immer, die Spielübersicht leider darunter natürlich nicht, weshalb man derartige Ungereimtheiten auch leicht übersehen kann. Befremdlich ist es aber irgendwie schon.

_Spielvorbereitung_

Nachdem festgelegt wurde, wie viele Spieler an der Partie beteiligt sind, wird entschieden, wie viele Tierarten vorab aussortiert werden. „Aquaretto“ ist für insgesamt fünf Spieler ausgerichtet, und für jeden fehlenden Spieler muss schließlich eine Sorte entfernt werden. Anschließend erhält jeder Spieler seinen Wasserpark, jeweils zwei kleine und große Ausbautafeln, ein Depot und zum Start eine Münze. Die übrig gebliebenen Tierplättchen samt Münzplättchen werden in den beiliegenden Beutel gemischt. 15 Plättchen werden schließlich herausgezogen und wie gewohnt mit der roten Holzscheibe verdeckt. Dies sind die Spielplättchen, die in der letzten Runde zum Einsatz kommen. Nachdem für jeden Spieler genau ein Wagen in der Mitte ausgelegt wurde, kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

Gespielt wird prinzipiell nach bewährtem „Zooloretto“-Muster. Das bedeutet, jeder Spieler zieht ein neues Plättchen nach und legt es auf einem der Wagen aus oder entscheidet sich, einen Wagen an sich zu nehmen, ganz gleich, ob er ganz oder nur teilweise gefüllt ist. Ziel ist es dabei, möglichst viele Exemplare von möglicht wenigen Tierarten zu sammeln, was auch damit zusammenhängt, dass auf dem Startfeld nur drei unterschiedliche Sorten erlaubt sind. Mit jedem größeren Ausbau, den man später im Spiel vornehmen kann, erhöht sich dieses Limit um eine weitere Tierart.

Des Weiteren gilt es, bestimmte Anlegeregeln zu beachten. Die einzelnen Tiere vertragen sich nämlich untereinander nicht und dürfen somit auch nicht direkt waagerecht oder senkrecht aneinander platziert werden. Ein Sicherheitsabstand von einem Feld ist nötig, was angesichts der Enge des Raums zwangsläufig bedeutet, dass man seinen Wasserzoo nicht zu bunt und tierreich gestalten darf. Außerdem lohnt sich dieses fokussierte Arbeiten langfristig, da man für jedes dritte Exemplar einer Sorte eine Münze zugesteckt bekommt, (mit der man schließlich erst den Ausbau betreibe kann), und jedes fünfte Exemplar sogar einen Mitarbeiter ins wässrige Gehege lockt. Und erst mit ihnen wird das Spiel interessant …

Die Mitarbeiter sind nämlich erst das entscheidende Element im Spiel und sorgen in den verschiedensten Bereichen für Bonuspunkte in der Schlussabrechnung. Dabei darf jeder Spieler selbst entscheiden, welche Funktion der Pfleger haben soll: Fungiert er als Kassierer, wird man am Ende des Spiels mit jeweils einem Punkt pro übrig gebliebener Münze entlohnt. Tierpfleger hingegen bringen Punkte für jedes eigene Tier, welches mit einem Fischsymbol versehen ist. Außerdem ist da noch der Trainer, der sich auf Orcas, Seehunde und Delfine spezialisiert hat. Er darf als Einziger in den Wasserpark gesetzt werden und kassiert dort Punkte für jeden anliegenden Vertreter besagter Arten – es sei denn, diese Tiere sind mit einem Blitz versehen, der diesen Bonus raubt.

Ähnlich wie beim Vorgänger gibt es auch eine Ablagestelle für all diejenigen Tiere, die man gerade nicht ‚einbauen‘ kann. Das ist in diesem Fall das Depot, in welches man allerdings jedes Tier nach Reihenfolge des Erwerbs einordnen und eben rückläufig in dieser Reihenfolge auch wieder ins Spiel bringen muss. Ansonsten stehen am Ende der Partie für jede Tierart zwei Minuspunkte, es sei denn, man setzt einen Mitarbeiter als Manager ein, mit dem sich dieser Malus schließlich halbieren lässt.

In diesem Sinne baut man nun seine Parks aus, versucht natürlich auch Männlein und Weiblein zusammenzubringen, um durch den Nachwuchs ein weiteres Extra-Tierchen geschenkt zu bekommen, und bringt die entsprechenden Sorten zusammen. Abgerechnet wird schließlich, sobald der Stapel mit den letzten 15, vorab aussortierten Plättchen angebrochen wird. Die laufende Runde wird nun noch zu Ende gespielt, anschließend kommt es zur Schlusswertung. Für jedes gesammelte Tier gibt es nun einen Punkt. Dazu kommen die einzelnen Boni für die Mitarbeiter sowie eventuell auch Abzüge durch Tiersorten im Depot. Das Schlussresultat wird wie gehabt gegenübergestellt und derjenige mit dem besten Ergebnis zum Sieger gekürt.

_Persönlicher Eindruck_

„Aquaretto“ ist möglicherweise sogar die lohnenswertere Alternative zu „Zooloretto“, und gerade dieses Resümee ist angesichts der Klasse des Originals überraschend genug. Allerdings offenbart sich in der Wasserwelt noch einiges mehr an Spieltiefe, da durch den Einsatz der Mitarbeiter sowie die freizügigeren Spielpläne ganz neue Freiheiten Einzug in den Spielmechanismus halten und die Handlungsmöglichkeiten noch vielschichtiger gestalten. Andererseits sind die Regeln noch ein wenig verschärft worden, das heißt, dass leichtsinnige Gier bei der Auswahl der Wagen noch härter bestraft wird. Es ist nicht mehr so einfach, Tiere aus dem Depot wieder loszuwerden, und da man je nach Ausbaustand auch nur eine sehr begrenzte Zahl an Tiersorten beherbergen darf, sollten selbst risikofreudige Spieler sehr vorsichtig agieren, um nicht unverhofft ins Hintertreffen zu geraten.

Die Mitarbeiter machen die Hatz nach den Siegpunkten dazu noch komplexer und offerieren eben einen echten Zusatz an Optionen. Dazu gehört im Übrigen auch, dass man sie jederzeit in ihrer Funktion ummodeln kann und somit im gesamten Spiel unberechenbar bleibt. Auch wenn sie als zusätzliches Element eher unscheinbar wirken, so sind sie schlussendlich die wichtigste Bereicherung des Spiels und nutzen einige Lücken, die in „Zooloretto“ noch offen blieben.

Apropos „Zooloretto“: Es bietet sich auch die Möglichkeit, beide Spiele zu kombinieren und nach den jeweiligen Regeln gemeinsam zu spielen. Allerdings wird es nun richtig komplex, angefangen bei den Spielvorbereitungen sowie den einzelnen Differenzierungen, die man abhängig vom Titel in ein und demselben Spiel vornehmen muss. Dementsprechend sollte man vor allem „Aquaretto“ einige Male gespielt haben, um die Krux des Spiels erfasst zu haben, bevor man sich dann an die ultimative, aber wirklich sehr lohnenswerte Doppelpartie heranwagt.

Letzten Endes kann man bei „Aquaretto“ ganz deutliche Parallelen zur [„Zug um Zug“-Serie 4962 ziehen, obschon dort von einer klassischen Erweiterung nicht die Rede sein konnte. Doch auch in Schachts zweitem Tierspiel hat man Bewährtes aufgegriffen, vertieft und mit weiteren interessanten Inhalten ausgestattet, die ein ohnehin schon begeisterndes Spiel noch einmal verbessern konnten. Eine erneute Auszeichnung wird der Autor damit zwar nicht bekommen, doch rein objektiv gesehen, hätte er eine solche mit seinem aktuellen Projekt redlich verdient. Sowohl als eigenständiger Titel als auch in Kombination mit „Zooloretto“ ist „Aquaretto“ bereits jetzt eines der Highlights des Strategiespieljahres 2008.

http://www.abacusspiele.de

diverse Autoren – Simpsons Classics 13

_Inhalt_

|“Die Qual der Wahl“|

Ausnahmezustand in Springfield: Die gesamte politische Abteilung des Staates macht in der Kleinstadt Halt, um vor den anstehenden Wahlen ihren Wahlkampf zu betreiben. Doch während der riesige Tross die ganze Stadt belagert und die Lebensqualität der Bürger im Zuge dessen stetig sinkt, finden die entsprechenden Diskussionen hinter verschlossenen Türen statt. Vor allem Marge und Lisa müssen schmerzlich erfahren, dass den Politikern das gemeine Volk zuwider ist …

|“Homey allein zu Haus“|

Der verfressene kleine Homer soll krankheitsbedingt das Bett hüten, nutzt aber die Abwesenheit seines Vaters, um es sich vor dem Fernseher mit Süßigkeiten bequem zu machen. Als er von einem entflohenen Sträfling erfährt, baut er sofort eine Verteidigungsmaschinerie, die ihn schützen soll. Als dann jedoch eine Pfadfinderin mit Keksen statt des Schwerverbrechers vor der Türe steht, wird der kleine Homer das Opfer seiner eigenen Aufbauten.

|“Marge Attacks“|

Marge hat es satt, sich von Talkshows und öffentlichen Selbstmitleidsbekundungen berieseln zu lassen, und geht in die Offensive. Sie fordert vom Bürgermeister, der medialen Heuchelei ein Ende zu setzen und für ein besseres Programm einzutreten. Als dieser die Forderung jedoch nicht ernst nimmt, übernimmt Marge schließlich selbst die Initiative und verdrängt selbst Nachrichtensprecher Kent Brockman von seinem Platz.

_Persönlicher Eindruck_

Die quartalsüblichen „Simpsons Classics“ gingen in diesem Frühjahr bereits in ihre 13. Runde und offenbaren ihre womöglich beste und witzigste Zusammenstellung. Insgesamt vier neue bzw. bereits erfolgreich getestete Geschichten warten auf den nimmersatten Fan der gelben Familie, wobei der letzte Plot lediglich eine kurze Abhandlung von Grausamkeiten aus dem Kabinett von Itchy & Scratchy darstellt. Dafür haben es aber die drei regulären Storys wahrhaftig in sich!

Bereits im Auftaktplot geh es richtig zur Sache: Autorin Mary Trainor schießt einige spitze Pfeile gegen das amerikanische Politsystem und dessen mangelnde Volksnähe und zeigt den krassen Kontrast zwischen modifizierter Berichterstattung und Realität auf. Natürlich muss man all dies im Kontext der herberen Simpsons-Storys sehen, doch zweifelsohne sind die Grundideen zu „Die Qual der Wahl“ nicht fiktiv an den Haaren herbeigezogen. Dass Trainor dennoch nicht zu einer sozialkritischen Tirade aufruft, sondern das Ganze immer noch in ein mit viel Wortwitz aufbereitetes Story-Arrangement einfügt, spricht für die Autorin und macht gerade diese (insgesamt auch mit Abstand längste) Geschichte zum Highlight dieser Sammelausgabe.

Die nachfolgende Anspielung auf die Filmstreifen des penetranten Kevin kann gegen diese Gewitter zwar nicht ganz anstinken, bietet aber dennoch ganz nette Abwechslung aus einer Zeit, die insbesondere in der Comic-Serie nur sehr selten aufgerufen wird. Zumindest in jüngster Zeit wurde der jugendliche Homer nur noch selten als Charakter verwendet, was „Homey allein zu Haus“ abseits der eher gewöhnlichen Handlung dennoch ein wenig Exklusivität beschert.

Mit „Marge Attacks“ folgt dann auch schon der zweite inhaltlich deftige Plot, dieses Mal ganz alleine mit Marge in der Hauptrolle. Die kritische Mutter wettert gegen öffentliche Selbstbeweihräucherung und das anstrengende Fernsehprogramm und setzt ihren Kampf gleich auf anderer Ebene bei Bürgermeister Quimby fort. Jamie Angell nutzt dabei das Potenzial der Geschichte vollwertig aus, teilt im weiteren Verlauf einige versteckte Seitenhiebe aus und macht vor allem Marge als Hauptakteurin wesentlich sympathischer, als dies in vergleichbaren Erzählungen bislang oftmals der Fall war. Ergo: Sehr guter Abschluss einer ausnahmslos überzeugenden Sonderausgabe.

Mit der Bezeichnung Klassiker sollte man jederzeit vorsichtig sein, da nicht selten ein Kult heraufbeschworen wird, wo er überhaupt (noch) nicht angebracht ist. Im Falle der „Simpsons Classics Nr. 13“ ist der Name aber durchweg verdient; hier wurden nämlich wirklich drei potenzielle Klassiker der „Simpsons Comics“ zusammengefügt.

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Morrison, Grant / Quitely, Frank – WE3

_Story_

Hinter den Mauern einer US-Airforce Einrichtung bahnt sich Revolutionäres an: Drei Haustiere, die für eine Testreihe der Kybernetik zu Kampfmaschinen ausgebildet werden sollen, entpuppen sich in der Tat als universell einsetzbare Cyborgs, welche die Kriegsführung der Zukunft maßgeblich prägen sollen. Allerdings sollen die Tiere nur als Prototypen verwendet und im Anschluss an diese Testreihe getötet werden, was ihre langjährige Trainerin Roseanne Berry so nicht akzeptieren möchte. Heimlich befreit sie ihre Schützlinge und ermöglicht ihnen die Flucht.

Aus Furcht vor Entgleisungen und Kenntnisnahme der Öffentlichkeit setzt die Regierung sofort das Militär auf den Hund, die Katze und das Kaninchen an, muss jedoch bald feststellen, dass diese Kampfmaschinen schier unbesiegbar sind und die Angelegenheit vollkommen aus dem Ruder läuft.

_Persönlicher Eindruck_

Grant Morrison gilt gemeinhin als einer der besten und erfolgreichsten Comic-Autoren dieser Zeit, sowohl im Superhelden-Metier als auch in der Sektion der anspruchsvolleren illustrierten Kost. Demnach gehören seine Werke bereits vor dem offiziellen Erscheinungstermin zu den am heißesten ersehnten Exemplaren ihrer Art und sind quasi schon ein Garantieschein für atemberaubende Comic-Action – zumindest bislang.

Mit „WE3“ jedoch hat sich der renommierte Schreiber nun an eine Story herangewagt, die inhaltlich zwar sicherlich innovative Pfade beschreitet, in ihrer Ausarbeitung aber eher dürftig und müde ist. Es fehlt an Stimmung und Atmosphäre, wobei Letztere bisweilen apokalyptische Ausmaße annimmt, aber gerade wegen der mangelhaften Charakterzeichnungen – und hiermit ist auch die Darstellung der kybernetischen Bestien gemeint – vorwiegend steril und unnahbar bleibt.

Die Geschichte birgt dabei sicherlich einiges an Potenzial, ist auch wegen der unterschwelligen Kritik an der Forschung und in Sachen biologischer Aufrüstung sehr gewagt und riskant und könnte gerade deswegen durchaus ein Selbstläufer werden. Auch die Tatsache, dass der Autor mit seinem langjährigen Kollegen Frank Quietly zusammengearbeitet und mit ihm ein illustrativ wirklich fabelhaftes Wechselspiel inszeniert hat, ist gewissermaßen ein Garant für einen spannend strukturierten, außergewöhnlichen Comic, gereicht dem Unternehmen „WE3“ aber ebenfalls nicht zur erwünschten Faszination. Doch woran genau scheitert das Ganze nun?

Tja, die Antwort hierauf ist eigentlich leicht gefunden: Die Story besitzt schlichtweg nicht die gewohnte Tiefe und ist von Anfang an beinahe ausschließlich auf die brutale Action fokussiert. Die drei entflohenen Cyborgs liefern sich eine erbitterte Schlacht mit den ausgesendeten Regierungsbeamten und dem Militär, greifen selbst Zivilisten an, in denen sie eine Bedrohung sehen, und hinterlassen nach nur wenigen Seiten bereits ein Schlachtfeld sondergleichen. Gezüchtet, um ihre Gegner nicht nur zu töten, sondern vollkommen zu vernichten, bündeln sie den Hass auf ihre Verfolger und werden ihrem geplanten Status als Kampfmaschinen vollends gerecht.

Doch zwischen der kompakten Action bleibt letztendlich kaum noch Platz für die Weiterentwicklung der Handlung. Die Dialoge sind aufs Wesentliche beschränkt und letztendlich nur Nebensache, und auch die Charakterbildung der drei tierischen Hauptgestalten kommt im Laufe der Story nicht entsprechend voran und endet in einer Form der Stagnation, die „WE3“ bis zum Schluss nur noch auf die Action reduziert, die Grundaussage der Geschichte hingegen nur dürftig bis unbefriedigend transferiert. Selbst die halbwegs philosophische Schlusssequenz kann diesbezüglich keine Abhilfe mehr verschaffen, mag zwar im Gesamtkomplex der Handlung versöhnlich stimmen, beschreibt aber gleichzeitig auch das Dilemma der mangelnden Tiefgründigkeit, unter der Morrisons Werk leidet.

Was als Endzeit-Thriler mit durchaus realistischem und in seiner zwischenzeitlichen Authentizität auch definitiv erschreckendem Background beginnt, endet schließlich in einer nur lose zusammenhängenden Gewaltorgie, deren versteckte Emotionalität und perfide inszenierte Gesellschaftskritik nicht in dem Maße funktionieren, wie man es von diesem Autor erwarten durfte. Zumindest ist Morrison seinem Grundsatz treu geblieben, Geschichten abseits des Mainstreams zu schreiben. Hinsichtlich der enttäuschenden Durchschnittlichkeit der aktuellen Story ist dies aber nur ein schwacher Trost.

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diverse Autoren – Simpsons Super-Spektakel 2

[Simpsons Super-Spektakel 1 4117

_Inhalt_

|“Die Liga der außergewöhnlichen Barts“|

Bartman, Törtchenboy und Stretch-Dude werden von Sideshow-Bob in eine Paralleldimension transferiert, um dort den bösen Schurken Bart zu bekämpfen und das gemeine Volk aus seiner Tyrannei zu befreien. Blöd nur, dass alle Figuren den gleichen Ursprung haben …

|“Bongos“|

Sheldon Phillips ist von Beruf Fotograf und immer auf der Suche nach dem perfekten Bild. Doch jede noch so perfekte Gelegenheit wird von einem Superhelden-Zwischenfall zunichte gemacht – und bringt den genervten Phillips auf die Idee, Comic-Karikaturen der Superhelden zu erschaffen.

|“Das Erscheinen von Gastritus“|

Gastritus befehligt seinen Herolden, ihm neues Planetenfutter zu beschaffen, um seinen großen Hunger zu stillen. Doch Silvery Skateboarder, Hairwalker und Mova vermögen nicht, ihn zufriedenzustellen.

|“Das Verbrechen der verrückten Katzenlady“|

Die verrückte Katzenlady überfällt ausgerechnet zu dem Zeitpunkt eine Bank, als Lure Lass ihren Termin im Schönheitssalon wahrnimmt. Zwar ist ihre Kollegin Weasel Woman sofort zur Stelle, zieht jedoch gegen die Ganovin den kürzeren, weil sie unter einer Katzenhaar-Allergie leidet. Zeit für Lure Lass, das Blatt zu wenden.

|“Eine Liga für sich“|

Stretch-Dude, Clobber Girl und Bouncing Battle Baby sehen schweren Zeiten entgegen: Die Liga der weiblichen Wählerinnen bringt ein Verbot für das Bestehen von Superhelden durch und entlässt die drei Nachwuchshelden in die Arbeitslosigkeit. Als die Schurken jedoch das Ruder übernehmen und die Stadt ins Chaos stürzen, packt das Trio die Kostüme wieder aus.

_Persönlicher Eindruck_

Auch im zweiten „Simpsons Super-Spektakel“ hagelt es massenhaft Parodien auf die Comic-Superheldenriege, wobei dieses Mal ganz besonders der renommierte |Marvel|-Verlag sein Fett wegbekommt. Gleich zwei Geschichten beziehen sich ziemlich direkt auf dessen Historie bzw. wichtige Stammfiguren des Superhelden-Verlags, und dies natürlich mit dem ureigenen Charme von Groenings bester Autoren- und Zeichner-Abteilung.

Den Anfang macht dabei noch die unscheinbarste Story, in der die drei Superhelden-Inkarnationen von Bart gegen diesen in einer Paralleldimension kämpfen müssen. Zwar wird dies nicht ganz so effektreich in Szene gesetzt wie die offensichtlich parodierte „Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“, doch da hier wirklich alle elementaren Figuren der TV-Serie in den Plot einbezogen werden, sei es auch nur als Sklaven oder Hilfsarbeiter, entwickelt die Story sofort einen ganz speziellen Reiz.

„Bongos“ wiederum bezieht sich auf den damals publizierten Selbstläufer „Marvels“, der mal einen Blick hinter die Kulissen des |Marvel|-Universums bot. Gleiches wird auch hier versucht, wobei die Hauptfiguren nicht Spider-Man und Co., sondern eher Radioactive Man und seine schurkischen Kontrahenten sind. Hier sticht vor allem das kunstfertige zeichnerische Gesamtbild hervor, welches sich ganz klar vom üblichen Simpsons-Stil unterscheidet und damit auch die eher langweilige Story auffängt. Ähnliches lässt sich im Übrigen auch für den Plot um den Galactus-Ableger Gastritus sagen, dessen witzigster Inhalt wohl in der humoristischen Bezeichnung der Helden besteht. Silvery Skateboarder statt Silver Surfer ermutigt schon zum Schmunzeln, Gastritus hingegen geht echt aufs Zwerchfell.

In den letzten beiden Strängen kommt dann auch ein wenig mehr Action ins Spiel, darüber hinaus aber auch gänzlich neue Figuren wie Lure Lass und Weasel Woman, denen zunächst keine vergleichbare Figur aus Springfield zugrunde liegt. Dies macht jedoch auch nichts, denn ihre Story ist womöglich auch die beste im Rahmen des zweiten „Simpsons Super-Spektakel“. Den Abschluss markiert dann ein eher gewöhnlicher Plot, in dem sich erstmals auch Lisa und Maggie kostümiert versuchen dürfen und somit eventuell auch den Grundstein für ein neues Superhelden-Trio legen. Interessant wäre es allemal, da Radioactive Man und Bartman langsam aber sicher ausgedient haben.

Nun denn, insgesamt ist diese zweite Ausgabe sicherlich ganz ordentlich und birgt eine ganze Reihe netter Ideen. Schade ist allerdings, dass den Geschichten bisweilen die Spannung fehlt und gerade die Vergleiche mit den realen Helden ein wenig bemüht wirken. Andererseits sollte der Wagemut der Autoren belohnt werden, die hier gänzlich neue Wege in der gelben Welt einschlagen und Figuren erschaffen, die durchaus Potenzial für weitere Comics besitzen und diese neue Serie auf Dauer auch halten könnten. Dieses Spektakel ist nämlich eine völlig eigenwillige Alternative zur üblichen Comic-Reihe – und angesichts solch erfrischender Ideen auch eine durchaus willkommene.

http://www.paninicomics.de/simpsons-s10310.html

Woo, John / Ennis, Garth / Kang, J. – John Woo\’s 7 Brothers

_Story_

Im Jahre 1421 brach die chinesische Flotte auf, um während einer großen Expeditionsreise die Welt zu erkunden und die Geheimnisse der verborgenen Kontinente zu entschlüsseln. Doch Kaiser Zhu Di steckte all seine finanziellen Mittel in die Reise und zwang den Staat damit in die Knie, so dass die Rückkehr der Flotte in einem Fiasko endete und der Handel seinen Tiefpunkt erlebte. Lediglich eine Person profitierte von den Reisen, ein besessener Hexer, der sein Wissen über die Drachenlinien und die energetischen Knotenpunkte der Erde auszubauen lernte und schließlich über die Kontrolle dieser Linien nach der Herrschaft über die Welt trachtete. Seinerzeit konnte ihn ausgerechnet sein Schüler Fong stoppen und die bevorstehende Machtübernahme verhindern.

Nun jedoch ist der Sohn der Hölle zurückgekehrt und aus seinem verborgenen Versteck befreit worden. Und nach Fongs Tod ist es nun an dessen zahlreichen Nachfahren, ihm ein für allemal das Handwerk zu legen. Sieben entfernte Nachfahren sowie eine Ur-Enkelin der x-ten Generation sammeln ihr Wissen und ihre besonderen Kräfte, die ihnen vererbt wurden, um dem Sohn der Hölle gegenüberzutreten, und bis auf einen ist ihnen auch allen ihre Rolle in diesem dramatischen Spiel klar. Erst als die sieben Brüder vorzeitig den Tod finden, wird ihnen bewusst, welche Rolle Ronald spielt – er ist der Schlüssel zur endgültigen Vernichtung des erbarmungslosen Hexers.

_Persönlicher Eindruck_

Es mag überraschen, dass ausgerechnet Action-Regisseur John Woo die Idee zu einer Story vorgelegt hat, die historische Inhalte mit der Handlung eines modernen apokalyptischen Thrillers verbindet und darüber hinaus auch noch im Rahmen eines Comics realisiert wurde. Verinnerlicht man dann jedoch, dass die asiatische Hollywood-Ikone mit niemand Geringerem als Garth Ennis zusammengearbeitet hat und somit letztendlich zwei absolute Visionäre an einen Tisch gebracht wurden, scheint der Erfolg dieses Unterfangens vorprogrammiert – und sollte es ob des fantastischen Inhalts auch sein!

„7 Brothers“, das Resultat dieser ungewöhnlichen Kollaboration, ist alles in allem nämlich ein souveränes, gerade atmosphärisch unheimlich dichtes Album geworden, welches einerseits auf einem sehr soliden, ausgeklügelten Background fußt, andererseits aber auch immer wieder Freiräume aufdeckt, in denen die vereinzelten Lücken der Story sich noch einmal zusätzlich entfalten können. Alles beginnt mit einem spektakulär aufgebauten Mysterium, das inhaltlich sehr weit ausholt, anschließend einige merkwürdige Kontraste aufwirft und gerade bei der Einführung der eigenartigen Hauptgestalten klarmacht, dass der Story absolut keine Grenzen gesetzt sind. Vulgärsprache trifft auf eine philosophische Rahmenhandlung, der Teufel kommt mit Gestalten aus dem Ghetto zusammen, chinesische Historie verbindet sich mit dem modernen Leben in Los Angeles, und mittendrin entwickelt sich ein derart homogener Plot, dass man vor der fließenden Zusammenfügung all dieser divergierenden Versatzstücke nur den Hut ziehen kann.

Natürlich darf und muss Woo innerhalb dessen auch seinen persönlichen Stempel ganz markant setzen, was angesichts der massiven Action, die hier zum Tragen kommt, aber auch kein großes Opfer für die Story darstellt. Es geht merklich zur Sache, und all diese Konflikte sind mitunter auch blutig und radikal, doch spiegelt gerade dies die Konsequenz wider, mit welcher das Team Ennis/Woo hier gearbeitet hat bzw. wie der Comic-Autor die recht freizügige Original-Vorlage letztendlich umgesetzt hat. Selbst in den Sorgenmomenten, in denen die Geschichte droht, aus dem Ruder zu laufen – beispielsweise bei der kurzzeitigen Verbannung in die Hölle -, findet der Co-Regisseur der Story die erforderliche Souveränität, um das Ganze glaubwürdig und erfinderisch fortzuführen und schließlich auf dieses begeisternde Finale zuzusteuern, welches sich am Ende manifestiert. Klarer Fall, das ist wirklich ganz große, innovative Klasse!

Doch ehrlich gesagt: Was hätte man auch anderes erwarten sollen? Woo lieferte seinem Scriptautor eine Riesengeschichte und auch ein Gros an frei interpretierbaren Freiräumen, die sowohl Ennis als Schreiber als auch Kang als Zeichner brillant ausnutzen. Selten habe ich ein solch stimmiges, spannendes und eben auch interessantes Gesamtpaket auf dieser Ebene erlebt, also quasi das Gefühl, einer weiteren Sternstunde der illustrierten Kunst beigewohnt zu haben. Im Umkehrschluss bedeutet dies daher auch ganz klar, dass „7 Brothers“ definitiv in jedem Schrank stehen sollte, in dem anspruchsvolle Comic-Kunst einen Ehrenplatz verdient. Dieses Meisterwerk sollte man wirklich keinesfalls verpassen!

http://www.paninicomics.de/virgin-s10537.html

diverse Autoren – Bart Simpson Comics 35

_Inhalt_

|“Die Rückkehr von Brummisaurus“|

Als Bart erfährt, dass Otto bei der Reparatur seines Schulbusses Hilfe benötigt, begleitet er den unbeholfenen Rocker zum Schrottplatz und wird dort sofort auf einen stählernen Saurier aufmerksam. Begeistert nimmt er die Offerte an, das Teil behalten zu dürfen, falls es ihm gelingen sollte, den Brummisaurus vom Gelände zu befördern, und entfesselt alsbald eine Godzilla-ähnliche Maschine, mit der er die Sicherheit von ganz Springfield bedroht …

|“Versager der Grundschule“|

Bei einer feierlichen Gala der Springfielder Grundschule stiehlt Bart seinem Rektor mit einem unverhofften Nacktauftritt die Show und wird daraufhin umgehend von der Schule suspendiert. Zunächst noch erfreut über diesen Freischein, schleicht sich bald Langeweile in Barts Leben ein. Sein Entschluss, wieder auf die Schulbank zurückzukehren, obliegt allerdings einigen Hindernissen – bis er Skinners Mutter kennenlernt und plötzlich Mitglied des Haushalts seines einstigen Rektors wird.

_Persönlicher Eindruck_

Zwei typische Bart-Plots – so lautet das Resümee zur 35. Ausgabe der „Bart Simpson Comics“, in der unser beliebter Titelheld mal wieder äußerst freizügig seinem Schabernack nachgeht und den Humorlevel nach einer längeren Durststrecke wieder langsam gen Maximum führt. Insbesondere die erste Geschichte ist dabei ganz nach dem Geschmack der Fans der ersten Stunde und orientiert sich serienhistorisch an den ersten Staffeln, als „Die Simpsons“ noch eine reine Jungenserie war und der derbe Humor noch nicht so stark Einzug in die Handlung hielt. Nichtsdestotrotz hat sich James Bates die Gelegenheit, einige feine Seitenhiebe einzubauen, nicht nehmen lassen und bietet gerade in den rasanten Schlusssequenzen einige humoristische Volltreffer.

Nach zwei weniger spektakulären Mini-Storys folgt mit „Versager der Grundschule“ schließlich ein weiteres Highlight aus der Feder von Earl Kress, der mal wieder das angespannte Verhältnis zwischen Bart und der Schule im Allgemeinen bzw. zwischen dem kleinen Simpson und Rektor Skinner im Speziellen aufrollt. In diesem Fall nimmt der Autor allerdings kein Blatt vor den Mund und treibt die Fehde bis zuletzt auf die Spitze. Wieder einmal ist es dabei Skinners offenherzige Mutter, die das Zünglein an der Waage darstellt und dem Plot die nötige Würze gibt. Ergo: Eine wirklich gute Erzählung, die auch im TV-Format perfekt funktionieren dürfte.

Damit darf man der Nr. 35 auch ganz klar attestieren, im qualitativen Wechselspiel der Comic-Serie einen Spitzenplatz einzunehmen. Die „Bart Simpson Comics“ mögen zwar unter den Serien um die gelbe Familie diejenige mit den gewaltigsten Qualitätseinbrüchen sein – doch solange sie mit solch anständigen Geschichten aufwarten wie in der vorliegenden Ausgabe, darf man weiterhin beherzt zugreifen.

http://www.paninicomics.de/simpsons-s10310.html

Wilson, Kevin / Launius, Richard – Arkham Horror – Das Grauen von Dunwich / Dunwich Horror

Es war eigentlich lange überfällig, dass Lovecrafts |Cthulhu|-Mythos in irgendeiner Form in einem Brettspiel verewigt würde, und nachdem sich Spielautoren weltweit vor der vielschichtigen Thematik gesträubt hatten, nahmen Richard Launius und Kevin Wilson zur Mitte des aktuellen Jahrzehnts endlich das Heft in die Hand und konzipierten mit [„Arkham Horror“ 4085 nicht nur eines der interessantesten, sondern sicherlich auch eines der besten komplexen Strategiespiele, welche auch über die Verlagsgrenzen von |Fantasy Flight Games| hinaus erschaffen wurden.

Allerdings deckte das zunächst veröffentlichte Grundspiel nur einen kleinen Teil der Mysterienwelt und ihrer Kulte ab. Dementsprechend ließen die ersten Erweiterungen nicht lange auf sich warten und fanden in den letzten Monaten nun endlich auch den Weg auf den deutschsprachigen Markt. Mit „Das Grauen von Dunwich“ publizierte der |Heidelberger Spieleverlag| nun das zweite von bislang fünf veröffentlichten Upgrades in deutscher Sprache, damit allerdings auch das zweifellos umfangreichste. Eine Spielschachtel in Größe des Basisspiels verrät bereits einiges über die Quantität des „Dunwich Horror“; aber auch die vielschichtig ergänzte Spielregel macht punktgenau deutlich, dass diese Erweiterung großen Erwartungen gerecht zu werden verspricht …

_Spielidee_

In „Das Grauen von Dunwich“ verlagert sich das Geschehen auf einen weiteren Stadtteil in der Welt von Arkham, was natürlich auch bedeutet, dass die potenzielle Bedrohung durch die monströsen Geschöpfe nun noch umfangreicher ist. Neun neue Schauplätze, Optionen wie Dimensionsrisse, die selbst verschlossene Portale wieder öffnen, sowie das Monster von Dunwich höchstpersönlich warten auf die erfahrenen Ermittler und machen ihnen das Leben regelrecht zur Hölle.

Andererseits bieten sich durch das Absolvieren von kniffligen Missionen Möglichkeiten, dem Spiel ein vorschnelles Ende zu bereiten und somit den Großen Alten zuvorzukommen. Doch der Terror ist allgegenwärtig und die Aussichten sind durch die Erweiterung des finsteren Arsenals bzw. der zusätzlichen Einschränkungen noch düsterer als in der regulären Mission. Ergo ist das erneuerte Konzept auch gar nicht mehr so komplex, schließlich gilt es lediglich, das Grauen unter noch härteren Rahmenbedingungen auszumerzen. Aber gerade darin besteht eine Herausforderung enormen Ausmaßes!

_Spielmaterial_

• 1 Spielregel
• 1 Erweiterungsspielbrett
• 8 Ermittler-Charakterbögen
• 8 Ermittler-Marker
• 8 Standfüße für die Ermittler-Marker
• 24 Invaliditätskarten
• 24 Geistesstörungskarten
• 15 einfache Gegenstände
• 25 besondere Gegenstände
• 21 Zaubersprüche
• 11 Fertigkeiten
• 5 Verbündete
• 20 Spezialkarten
• 4 ‚Großer Alter‘-Bögen
• 63 Arkham-Standortkarten
• 42 Dunwich-Standortkarten
• 36 Mythoskarten
• 32 Torkarten
• 7 Grauen von Dunwich-Karten
• 28 Monstermarker
• 3 Grauen von Dunwich-Marker
• 4 Tormarker
• 7 Trümmermarker

Das gesamte Spielmaterial orientiert sich weitestgehend am Basisspiel; größtenteils handelt es sich hierbei um weitere Ergänzungen bei den Ermittler-Karten sowie ein ausgebautes Repertoire auf Seiten der Großen Alten. Prunkstück ist dabei zweifelsohne der neue Spielplan, der direkt an die große Arkham-Welt angelegt wird und sich dort grafisch problemlos einfügt. Apropos Grafik: Auch hier ist „Das Grauen von Dunwich“ genreintern mal wieder Referenzklasse und offenbart sich insbesondere im Hinblick auf das Kartenmaterial als wahrlich prachtvoll. Kurz gefasst: Bewährte Qualität und somit allerhöchstes Niveau!

_Die Erweiterung – Neuerungen und neue Herausforderungen_

Erst einmal eines vorweg: Auch wenn ein Ausbau eines erfolgreichen, richtig guten Spiels für jeden Besitzer des Originals reizvoll erscheint, so sollten vor allem Gelegenheitsspieler etwas vorsichtig bei der Investition sein. „Das Grauen von Dunwich“ fordert seinem Publikum nämlich eine ganze Menge ab, vor allem aber einige taktische Kniffe, die auf dem Wissen aller Tücken und Hintertürchen des Regelwerks beruhen. Wer also (noch) nicht mindestens ein halbes Dutzend Erfolge gegen die Großen Alten des Standardspiels vorweisen kann, sollte erst hier einmal seine Lehren ziehen, bevor er sich an diese definitiv als ultimativ zu bezeichnende Herausforderung heranwagt. Und dies gilt natürlich für jeden der bis zu acht Beteiligten einer Partie.

Unter besagter Grundvoraussetzung öffnet sich schließlich eine weitere Blaupause für die perfekte Verbindung aus Atmosphäre, Taktik und Abwechslungsreichtum. Ziel des Spiels ist es weiterhin, die Welt Arkhams und nun auch Dunwichs vor der finsteren Bedrohung zu beschützen und den jeweiligen Großen Alten auszuschalten. Dementsprechend hat sich auch der Mechanismus nicht verändert. Das Spiel gliedert sich in eine Unterhalts- und Bewegungsphase, der schließlich eine Begegnung sowie der Mythos folgen, welche wiederum darüber entscheiden, welche Anforderungen an den Ermittler gestellt werden. So tauchen immer wieder neue Monster auf, Tore öffnen sich und warten darauf, wieder versiegelt zu werden, und gleichzeitig sollte man auch darauf achten, dass die Terrorleiste nicht expandiert. Insofern bleibt also alles beim Alten.

Dann jedoch kommt das neue Spielbrett ins Spiel, welches man nur per Bahnfahrt (kostet genau einen Bewegungspunkt) erreichen kann. Dort befinden sich zwei neue Schauplätze der Anderen Welt, neun weitere Orte und insgesamt vier weitere Möglichkeiten, ein neues Portal entstehen zu lassen. Viel interessanter ist allerdings das personifizierte Grauen von Dunwich, welches regelrecht danach lechzt, endlich entfesselt zu werden. Dies geschieht immer dann, wenn die zugehörige Leiste mit drei Markern belegt ist und somit die Inkarnation des Monsters hervorruft. Marker wiederum gelangen genau dann nach Dunwich, wenn ein Monster sich in einen in Dunwich befindlichen Dimensionswirbel hineinbegibt. In diesem Fall wird zum einen die Terrorleiste mit einem weiteren Marker bestückt, aber auch die Leiste des Dunwich-Horrors – der nach besagtem System schließlich ins Spiel kommt. Ist dies der Fall, gilt es schnell zu handeln, um weiteres Grauen abzuwenden. Dabei zeigt sich das Monster immer mit anderen Vitalwerten, je nachdem, welche Karte gerade gezogen wurde. Dementsprechend gibt es auch keine universellen Strategien, da der Gegner bis zuletzt unberechenbar scheint. Mit einem Sieg über diese Ausgeburt ist man aber immer noch nicht am Ende angelangt, denn drei weitere Bewegungen auf die Dimensionswirbel bewirken ein erneutes Auftauchen des vermeintlichen Endgegners.

Um diesem enormen Widerstand aber auch genügend entgegensetzen zu können, werden auch die Ermittler mit neuen Fähigkeiten ausgestattet. Eine Vielzahl neuer Helfershelfer kommt ins Spiel und bietet besonders in den schwierigen Missionen den nötigen Support. Außerdem ist es möglich, seine Charaktere vor dem Ableben in die Invalidität zu schicken oder als geistesgestört zu deklarieren. Zwar hat dies für den weiteren Spielverlauf auch einige unschöne Folgen für die Betroffenen, doch in dem Moment, wenn die Figuren nicht mehr ausreichend zu führen sind, schickt man sie nun einfach vorzeitig in den Ruhestand und besorgt sich einen neuen Ermittler, bevor der alte endgültig verschlungen wird.

Doch genauso hilfreich wie für die Ermittler ist Gros der neuen Optionen für die Seite des Bösen. Monster können sich nun auf benachbarte Felder heranpirschen, ein Dimensionsriss zerstört ältere Zeichen und öffnet bereits versiegelte Portale in die Anderen Welten, und wenn es hart auf hart kommt, treten Maskenmonster und neue Formen der Ausgeburten ins Spiel ein und machen einem das Leben schwer. In all diesen Wirren noch Bodenhaftung zu bewahren, während man ständig auf der Grenze zwischen Leben und Tod balanciert, fordert dem Spieler alles ab – aber schließlich ist die Abenteuerlust in kaum einem anderen Spiel so ausgeprägt wie eben in „Arkham Horror“ und ganz besonders in dieser Erweiterung. Daher: Sollte sich die Gelegenheit bieten, sich einer der vielen neuen Herausforderungen zu stellen, sollte nichts und niemand die Spieler hierbei aufhalten.

_Persönlicher Eindruck_

Grundsätzlich spricht die Auflistung und Darstellung der umfangreichen neuen Optionen schon Bände; „Das Grauen von Dunwich“ verleiht dem bewährten Spielkonzept weitere entscheidende Impulse und ermöglicht eine Weiterentwicklung auf nahezu allen Ebenen. Bewegungsabläufe wurden in der Konzeption noch einen Schritt weitergesponnen, die Zugabe des Kartenmaterials macht das Spiel durch die noch kontrastreichere Auswahl weitaus unberechenbarer, und nicht zuletzt wegen der insgesamt vier neuen bösen Charaktere liegt dem Karton schon eine Bereicherung bei, die für unzählige weitere spannende Partien birgt.

Allerdings muss man ganz klar sagen, dass diese Erweiterung wirklich sehr fokussiert zusammengestellt ist: Angefangen bei den Dimensionsrissen bis hin zu der neuen Bedrohung in Dunwich hat man an vielen entscheidenden Stellen des Spiels wertvolle Zusätze eingebaut, welche die Tiefe des Basisspiels noch deutlich verstärkt haben. Jeder einzelne Schritt scheint noch vehementere Konsequenzen zu haben, jeder Fehler wird noch härter bestraft, und jegliche unüberlegte Risikobereitschaft kann zu einem bitteren Fiasko werden – und doch ist man irgendwie darauf angewiesen, zu gegebenen Zeitpunkten alles auf eine Karte zu setzen.

Aus diesem Grunde wiederhole ich mich gerne auch noch einmal: „Das Grauen von Dunwich“ ist eine echte Herausforderung für jeden, der epische komplexe Spiele mag und auch bei vielfachem Scheitern nicht frustriert aufgibt. Oder um es anders zu sagen: Wer atmosphärisch dichte Strategie sucht, wird derzeit kaum eine bessere Kombination finden als die hier vorliegende!

http://www.hds-fantasy.de/
http://www.heidelberger-spieleverlag.de/

Prinz, Matthias – Six

Es gibt diese Art von Spielen, an denen schaut man immer wieder gerne vorbei, weil ihre Aufmachung schlichtweg zu unspektakulär ist und alleine schon die Tatsache, dass eine Sanduhr, Würfel und nummerierte Karten Teil des Schachtelinhalts sind, ausreicht, um sie als unwürdig abzustempeln. Derlei Vorurteile und Antipathien sind natürlich de facto völliger Unsinn, gerade dann, wenn man bedenkt, wie viele Klassiker gerade im Kartenspielbereich mit kleinsten Bemühungen und geringem Aufwand entstanden sind. Gerade im Katalog von |Amigo| tummeln sich dementsprechend zahlreiche Titel, die auf den ersten Blick nicht unbedingt ansprechend erscheinen, nach einer ersten Testrunde aber fast schon suchtgefährdend sind. Wie zum Beispiel die Frühjahrsneuheit „Six“, die unlängst auf der Nürnberger Spielwarenmesse vorgestellt wurde …

_Spielidee_

In „Six“ geht es vornehmlich um Tempo und darüber hinaus darum, die drei Würfel möglichst schnell seinem linken Nachbarn weiterzureichen, um selbst wieder an der Punktevergabe teilnehmen zu können. Gespielt wird in insgesamt drei Durchgängen, in denen die Mitspieler drei oder mehr Karten mit Werten zwischen 1 und 18 vor sich auszuliegen haben, und die es durch entsprechende Würfelsummen auf die eigene Ablage zu befördern gilt, wo sie später Punkte bringen. Doch derjenige, der gerade würfelt, kann nicht punkten – und sollte er ausgerechnet eine Summe werfen, die gerade in der eigenen Auslage liegt, beginnt seine Würfelphase von vorne -, während die Sanduhr unerbittlich weiterläuft.

_Spielmaterial_

• jeweils 5 Kartensätze mit den Werten 1-18 in den fünf Spielfarben
• 3 Würfel
• 1 Six-Röhre
• 1 Sanduhr
• 1 Spielanleitung

Wie eingangs bereits erwähnt, ist die Wahl der Spielmittel recht schlicht und aufs Nötigste begrenzt. Dies gilt einerseits für die Reduzierung auf das Wesentliche, andererseits aber auch ganz klar für die Optik der Karten, die eher zweckdienlich und weniger auffallend gestaltet sind. Alles andere würde dem Spiel aber auch eine unnötige Hektik bescheren und gerade das hohe Tempo merklich beeinträchtigen. Man halte also fest: Es muss nicht immer quietschig bunt und außergewöhnlich sein. Manchmal, und eben auch hier, ist die Wahl der einfachen Dinge definitiv vorteilhafter.

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie erhalten die Spieler ihren persönlichen Kartensatz und mischen ihn gut durch. Der nun gebildete Nachziehstapel wird verdeckt abgelegt, bevor dann die ersten drei Karten nebeneinander ausgelegt werden. Die Sanduhr wird bereitgestellt und mit Spielbeginn ebenfalls verdeckt in die Six-Röhre befördert. Sobald ein Startspieler ausgemacht wurde, der die drei Würfel an sich nimmt, wird die Röhre samt Spieluhr umgedreht, und das Spiel kann beginnen.

_Spielablauf_

„Six“ – da ist der Name schon Programm. Im Optimalfall beträgt die Nettospielzeit einer Partie ganz genau sechs Minuten und orientiert sich dabei am Zweiminutentakt der Sanduhr. Diese ist nämlich genau auf einen Rhythmus von zwei Minuten eingestellt, also diejenige Zeit, die eine der drei Spielrunden andauern soll.

Ist die Uhr nun gewendet, beginnt der Startspieler mit dem Würfeln. Er nimmt zunächst alle drei Würfel, dann nur noch zwei und als Letztes einen Würfel und benennt die jeweiligen Würfelsummen laut. Alle Spieler, die nun in ihrer Auslage eine dieser Summen zu liegen haben, dürfen die jeweilige Karte sichern und in ihre persönliche Ablage schieben. Brisant wird es indes, wenn der aktive Spieler eine Summe würfelt, die sich in seiner eigenen Auslage befindet. In dem Fall darf er die Karte nämlich nicht sichern, sondern muss mit dem Würfeln wieder von vorne, also mit allen drei Würfeln beginnen. Dies kann zur Folge haben, dass man schier endlos würfelt und selber nicht die Gelegenheit bekommt, Karten während der Würfelphase eines anderen Spielers loszuwerden.

Wer hingegen dreimal hintereinander ohne ein solches Ergebnis würfeln konnte, übergibt die Würfel an seinen linken Nachbarn mit dem Wort ‚Wechsel‘. Alle Spieler außer dem zuletzt Würfelnden müssen nun eine Karte nachziehen und in ihre Auslage legen. Sollten dort immer noch drei Karten nebeneinander liegen, muss nun eine davon verdeckt werden; es ist also nicht erlaubt, mehr als drei Kartenstapel aufzubauen. Karten, die sich nun in der zweiten Reihe befinden, werden bei entsprechendem Würfelergebnis nicht freigespielt und müssen darauf hoffen, wieder aufgedeckt zu werden.

Der Knackpunkt ist schließlich bei Verstreichen der zwei veranschlagten Minuten erreicht. Sobald die Würfel wechseln, hat der nun aktive Spieler die Möglichkeit, die Röhre zu heben und nachzusehen, ob die Sanduhr abgelaufen ist. Ist dies tatsächlich der Fall, muss sein Vordermann eine der bereits gesicherten Karten zurücknehmen. Andernfalls widerfährt diese Strafe dem Spieler, der auf diese Weise die Zeit kontrolliert hat.

Das Spiel wird nun exakt so lange gespielt, bis die Sanduhr dreimal aufgedeckt wurde. Anschließend werden die gesicherten Karten gewertet, wobei die Karten je nach Wahrscheinlichkeit eines Treffers natürlich unterschiedliche Punktzahlen bringen. Wer nun am besten abschneidet, hat die Partie gewonnen – und wird wahrscheinlich schon auf eine Fortsetzung brennen!

_Persönlicher Eindruck_

Ich muss ehrlich sagen, dass mich das Spielprinzip bzw. die ungewöhnliche Interaktion in „Six“ völlig positiv überrascht haben. Ein Spiel, das einen solch hohen Spielwitz mit einer vergleichbar simplen Spielregel kombiniert und wirklich über unzählige Partien zu fesseln vermag – ja, das findet man in der überfüllten Karten- und Brettspiellandschaft in der Tat sehr selten. Überzeugend ist vor allem, dass man ohne lange Einführung ins Spiel kommt, die Krux sofort begriffen hat, man aber dennoch oftmals in einige Handlungsnöte gerät. Welche Karte beispielsweise soll abgedeckt werden, wenn eine vierte, fünfte oder eventuell sogar sechste nachgezogen werden muss? Und wann genau sind diese verflixten zwei Minuten nun um? Wie viel soll man generell riskieren?

Natürlich, letztendlich entscheidet bei „Six“ natürlich fast ausschließlich das Glück, aber die geringen Einflussmöglichkeiten verleihen dem Ganzen noch einmal einen zusätzlichen Reiz, der den neuen Titel von Matthias Prinz zu einem echten Allrounder für wirklich jeden Spieltisch macht. Wer also immer noch nicht davon überzeugt ist, dass es häufig erst die schlichten Ideen sind, die langfristig begeistern, sollte sich von „Six“ eines Besseren belehren lassen. Hier ist die Mischung aus Witz, Tempo und Interaktion wirklich optimal!

http://www.amigo-spiele.de/

Seyfarth, Andreas – Giganten der Lüfte

Luftschiffe, seinerzeit auch Zeppeline genannt, zählen nach wie vor zu den wichtigsten Errungenschaften der technischen Entwicklung und scheinen besonders vor dem Hintergrund der historischen Bedeutung geradezu prädestiniert für den thematischen Leitfaden eines Brettspiels. Seltsam also, dass sich bislang noch kein renommierter Spielautor an die Thematik herangewagt und die damit verbundenen Möglichkeiten für ein neuartiges Konzept aufgegriffen hat – bis zur letztjährigen Messe in Essen. Dort nämlich präsentierten |Queen Games| erstmalig den von Andreas Seyfarth frisch konzipierten Zeppelin-Titel „Giganten der Lüfte“, der bereits bei der ersten Betrachtung des Spielmaterials Großes erhoffen ließ. Doch ob der optische Reiz auch auf den Spielmechanismus übertragen wurde?

_Spielidee_

Die Spieler gründen in „Giganten der Lüfte“ ihr eigenes Luftschiffunternehmen, welches im Laufe des Spiels immer weiter ausgebaut wird und schließlich auch in der Lage ist, eigene Luftschiffe zu konstruieren. Zu Beginn jedoch ist man zunächst nur ein einfacher Unternehmer, der auf dem freien Markt nach Ingenieuren, Motoren und Finanziers Ausschau hält und mit ein wenig Würfelglück erst die entsprechenden Ausbauten vornehmen kann. Doch je weiter man schließlich fortschreitet, desto größer wird auch das eigene Repertoire, bis man schließlich über die Möglichkeiten (also Würfel) verfügt, die ersten eigenen Schiffe zu produzieren. Die Krönung wartet schließlich bis zuletzt, nämlich der Bau der prestigereichen „Hindenburg“, der insgesamt die meisten Siegpunkte verspricht. Doch auch der gezielte Ausbau des eigenen Unternehmens und die Investition in das Luftschiffangebot werden belohnt, so dass schließlich derjenige zum erfolgreichsten Unternehmer wird, der hier den besten Mittelweg findet – und natürlich die meisten Siegpunkte einheimst.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 4 Firmentableaus
• 18 Luftschiffkarten
• 48 Ausbaukarten
• 1 Kärtchen Epochenwechsel
• 4 Unternehmerkärtchen
• 24 Bonus-Chips
• 9 spezielle Würfel
• 1 Luftschiff aus Holz
• 1 Spielanleitung

Wie bereits angesprochen, macht das sehr schön auf das Thema zugeschnittene Material bereits auf den ersten Blick einen hervorragenden Eindruck, insbesondere was die Gestaltung der Karten und Tableaus betrifft. Diesbezüglich ergibt sich ein äußerst stimmiges Gesamtbild, welches dem Spiel schon einmal ein angenehmes Setting verpasst und den anfänglichen Reiz auf ein konstant hohes Level bringt. Lediglich bei der Auswahl der Zeppeline hätte man sich noch ein wenig erfinderischer zeigen können, doch derlei Dinge sind wohl eher Erbsenzählerei.

Darüber hinaus ist auch die Spielanleitung schlüssig und leicht verständlich aufgebaut, so dass nach kurzer Erklärphase bereits ein schneller Start ins Spiel gewährleistet ist. Die Weichen sind also gestellt …

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie wird der Spielplan in der Mitte ausgelegt und das Kartenmaterial individuell angeordnet. Die Luftschiffkarten werden nach Farben sortiert und anschließend separat gemischt. Jeweils vier Karten jeder Farbe werden nun auf die dafür vorgesehenen Flächen ausgelegt, wobei die Karten mit dem stärksten Wert an unterste Stelle gelangen. Die übrigen Karten gehen ganz aus dem Spiel. Die Ausbaukarten wiederum werden nach Phasen unterteilt und unabhängig voneinander gemischt. Anschließend werden das Kärtchen für den Epochenwechsel zwischen die beiden Kartenstapel für die erste und zweite Phase geschoben und der Gesamtstapel anschließend neben dem Plan bereitgelegt.

Als Letztes werden die Unternehmen der Spieler aufbereitet. Jeder Spieler bekommt ein Unternehmerkärtchen in der gewünschten Landestracht und vier der dazugehörigen Bonus-Chips. Dann werden die Start-Aufbaukarten gemischt und jeweils eine an die Spieler bzw. der Rest auf den Spielplan gelegt. Dieser wird dann noch so weit aufgestockt, dass sechs Aufbaukarten dort bereitliegen. Der Startspieler gibt nun einen Bonus-Chip für sein Startprivileg ab und eröffnet die erste Runde.

_Spielablauf_

„Giganten der Lüfte“ ist im weitesten Sinne ein strategisches Würfelspiel, in dem jeder einzelne Fortschritt vom Würfelglück sowie dem Einsatz der Ausbaukarten abhängig ist. So muss man zunächst einmal die sechs Bereiche auf dem eigenen Tableau mit Ausbaukarten bestücken, um auch weitere Würfel einsetzen zu können, mit denen man wiederum erst um die ausliegenden Luftschiffe buhlen kann. Zu Beginn einer Partie besitzt man dank des Unternehmer-Kärtchens und des ersten Ausbaus vorerst zwei weiße Würfel, mit denen man nun die ersten Schritte machen kann. Später wird dieses Kontingent stetig erweitert, so dass man auch die wertvolleren schwarzen und roten Würfel einsetzen kann.

Ein Spielzug gliedert sich nun in insgesamt zwei Phasen, deren jeweilige Aktionen auch durchgeführt werden müssen. Zunächst zieht der aktive Spieler eine Karte vom Nachziehstapel und legt sie auf das dafür vorgesehene Feld in der Ausbaukarten-Ablage. Diese Auslage ist in sechs Gattungen getrennt, in denen jeweils Platz für drei Karten ist. Sollte man nun beispielsweise eine vierte Karte für die Gattung ‚Motor‘ nachziehen, werden die Karten weitergerückt und die erste Karte in der Reihe verschwindet aus dem Spiel.

Nachdem eine Karte gezogen wurde, darf sich der Spieler nun entscheiden, ob er einen Ausbau oder sogar ein Luftschiff erwerben möchte. Die jeweiligen Karten geben an, welche Würfelsumme hierzu erzielt werden muss und welche Würfel man einsetzen darf. Allerdings darf man immer auch nur so viele Würfel einsetzen wie die eigenen Ausbauten erlauben. Sollten also anfangs drei weiße Würfel gefragt sein, sieht es schon ziemlich schlecht aus. Im Laufe des Spiels erwirbt man aber immer lukrativere Ausbaukarten, so dass man schließlich auch die andersfarbigen Würfel einsetzen und auch um die besseren Luftschiffe bieten kann.

Wer sich nun also für eine Karte entschieden hat, würfelt mit mindestens so vielen Würfeln wie angegeben und versucht, die erforderliche Summe zu erreichen. Man darf auch mit mehreren Würfeln werfen und schließlich die besten herauspicken, sofern ein höheres Kontingent erlaubt ist. Schafft man es nun, die gewünschte Summe zu erzielen, nimmt man die Karte an sich und nutzt für die kommenden Runden ihre Vorzüge. Auch Luftschiffe gehen in den eigenen Besitz über und können von dort nicht mehr verschwinden. Wer indes nicht genügend Würfelaugen beisammen hat, kann nun noch auf einen Bonus-Chip oder eventuell auf die Vorzüge eines Motors hoffen. Sollte man außerdem der letzte Spieler sein, der ein Luftschiff erworben hat, bekommt man das Holzschiff ausgehändigt, welches die Würfelsumme ebenfalls noch einmal um ein Auge hochschraubt. Möglicherweise kann man anschließend mit diesen Hilfsmitteln doch noch zum Erfolg kommen. Sollte aber selbst dies schiefgehen, bekommt man als Entschädigung zumindest einen Bonus-Chip zurück – und darf sich gegen den Einsatz von genau drei solcher Chips ein zweites Mal versuchen.

In dieser zweiteiligen Abfolge wird munter weiter gewürfelt und ausgebaut, bis schließlich die zweite Phase mit dem Aufdecken des Epochenwechsels eingeläutet wird. Von nun an liegen noch reizvollere Ausbauten bereit, mit deren Würfelboni man schließlich auch die besten Luftschiffe aufkaufen kann. Sollte nun einer der vier Luftschiff-Stapel komplett erwürfelt sein, darf man sich fortan auch am Bau der „Hindenburg“ beteiligen, welcher in insgesamt vier Abschnitten abläuft, den Würfeln aber höchste Summen abverlangt. Allerdings muss es nicht zwingend zum Bau der Hindenburg und dem damit verbundenen Spielende kommen. Sollten in der Zwischenzeit nämlich alle Luftschiff-Stapel bis auf ein verbliebenes aufgebraucht sein, erlebt das Spiel ein noch schnelleres Ende.

_Spielende und Wertung_

Je nachdem, welches Szenario zuerst eintritt, wird das Spiel sofort beendet. Anschließend werden die Siegpunkte für alle erworbenen Luftschiffe sowie die prestigereichsten Ausbauten verteilt. Außerdem erhält man eventuell auch Punkte für die Beteiligung an der Hindenburg-Konstruktion, wobei diese noch wertvoller werden, wenn das große Luftschiff tatsächlich fertiggestellt wurde. Der Spieler, der nun das beste Resultat erzielt hat, gewinnt.

_Persönlicher Eindruck_

Tja, eine gewisse Enttäuschung kann man auch nach mehren Partien des aktuellsten Seyfarth-Titels nicht unterdrücken, denn alles andere wäre angesichts der wirklich guten Vorzeichen und des hervorragenden ersten Eindrucks auch höchst ungewöhnlich. Dem Spielkonzept fehlt es jedoch merklich an Frische, und insbesondere die taktischen Vorzüge, die „Giganten der Lüfte“ vorab zugeschrieben wurden, sind letzten Endes nur halbherziges Geplänkel.

Dabei muss der hohe Glücksfaktor nicht zwangsläufig ein Hindernis sein – siehe „Um Krone und Kragen“ -, jedoch wird er hier nicht lebendig genug ins aktive Spielgeschehen einbezogen. Zudem ist die Herausforderung, bestimmte Dinge zu erwerben, aufgrund der Bonus-Chips nicht sonderlich hoch, was die Spannung im Spielverlauf natürlich merklich einschränkt. Zumeist nämlich wird man problemlos an die jeweilige Wunschkarte herankommen, da auch die Bonuskarten sehr vorteilhaft gestaltet sind. Von Anspruch und einer wirklich brisanten Konkurrenz fehlt also jede Spur. Dass letzten Endes sogar meistens über Sieg und Niederlage entscheidet, welche Karte man gerade nachgezogen hat, ist bezeichnend für die lückenhafte Ausarbeitung des Spiels. Dort nämlich, wo bei der Optik überhaupt nicht gegeizt wurde, fehlt es in der Konzeption an Tiefe und Weitsicht. Klassische Werte wie Intuition, Risikobereitschaft und planvolle Strategien sind nämlich nur sehr begrenzt gefragt, und auch wenn die bunte Würfelei anfangs noch Spaß macht, so ist der langfristige Spielreiz doch sehr stark eingeschränkt und büßt mangels flexibler strategischer Inhalte auch sehr schnell wieder sein Potenzial ein. Dies ist im Gesamtüberblick auch überaus bedauerlich, da einerseits der Versuch, eine neue Themenwelt spielerisch zu ergründen, gescheitert ist, sich andererseits aber auch all die positiven Ersteindrücke nur als heiße Luft erwiesen haben. Es bleibt schließlich die Gewissheit, dass auch renommierte Autoren wie Seyfarth mal einen Durchhänger haben – und die Hoffnung, dass verpatzte Titel wie „Giganten der Lüfte“ in seinem Katalog Ausnahmen bleiben!

http://www.queen-games.de

Knizia, Rainer – Keltis: Der Weg der Steine

Rainer Knizia ist und bleibt eine Ausnahmeerscheinung auf dem Spielautorenmarkt. Mit mehr als einhundert Titeln, zahlreichen Preisen und einer Reihe suchtfördernder Dauerbrenner hat sich der populäre Spieledoktor in der letzten Dekade zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten in seiner Sparte hochgearbeitet, seinen Zenit jedoch noch lange nicht erreicht. Für seine Qualitäten spricht überdies, dass Knizia selbst bekannten eigenen Ideen immer noch weitere Nuancen abgewinnen kann bzw. bewährte Systeme noch einmal sinnvoll auszubauen weiß. Im aktuellen Fall brachte ihm die Weiterentwicklung eines bereits bestehenden Mechanismus sogar die Nominierung für das „Spiel des Jahres 2008“ ein: „Keltis“, sein aktuelles Werk, orientiert sich nämlich sehr stark an Knizias Zwei-Spieler-Erfolgstitel „Lost Cities“, bewegt sich aber in einem völlig neuen thematischen wie inhaltlichen Setting und ist in seinen aktiven Zugmöglichkeiten noch eine ganze Spur flexibler. Ein würdiger Vertreter für den prestigereichen Jury-Preis – wir wollen sehen …

_Spielidee_

In „Keltis“ beschreiten die Spieler die Pfade der Steine und versuchen, mit deren Einfluss möglichst viele Punkte einzustreichen. Insgesamt fünf Wege warten für fünf Figuren darauf, erkundet und nach Möglichkeit bis zum Ziel ausgekundschaftet zu werden, denn wer seine Figuren weit nach oben bringt, kassiert auch dementsprechend viele Punkte – oder im umgekehrten Fall auch Minuspunkte.

Allerdings kann man seine Figuren auch nicht willkürlich bewegen. Alles hängt davon ab, in welcher Reihenfolge man die Karten für den jeweiligen Pfad (farblich getrennte Werte zwischen 0-10) ausspielt. Wer nämlich nicht mehr ab- oder aufsteigend anlegen kann, muss zwangsläufig passen und seinen Mitspielern einen Vorsprung gewähren, welcher letztendlich entscheidend sein kann. Derjenige, der zu dem Zeitpunkt, wenn die ersten fünf Figuren das oberste Drittel des Spielplans erreicht haben, schließlich am besten positioniert ist und dementsprechend die meisten Punkte eingesammelt hat, wird den Pfad der Steine siegreich bestehen.

_Spielmaterial_

• 110 Karten – jeweils 22 Karten in fünf Farben mit den Werten 0-10
• 16 kleine Spielfiguren (jeweils vier Figuren in vier Farben)
• 4 große Spielfiguren in vier Farben
• 4 große Kleeblätter
• 4 Zählsteine
• 9 Wunschsteine-Plättchen
• 9 Kleeblätter-Plättchen
• 7 Punktekärtchen
• 1 Spielplan
• 1 Spielregel

Das Spielmaterial orientiert sich ausschließlich am keltischen Grundthema und ist besonders optisch sehr schön aufgemacht. Zwar wirkt der Spielplan auf den ersten Blick ein wenig schlicht, ist aber nach Abschluss der Spielvorbereitungen dennoch ein echter Hingucker. Ähnliches lässt sich für das eher zweckdienlich gestaltete Kartenmaterial sagen, welches jedoch aufgrund seiner simplen Gestaltung einen leichten Einstieg ins Spiel ermöglicht. Da auch die Holzfigürchen sehr schön ans Hauptthema angelehnt sind und die Spielregel kurz und knapp auf den Punkt kommt, bleibt das Resümee ob der Spielmittel durchweg positiv.

_Der Spielplan_

Das Spielfeld zeigt insgesamt fünf Steinpfade, die sich jeweils in drei Sektoren unterteilen. Wer seine Figuren nicht über den ersten Sektor hinausbringt, kassiert später Minuspunkte, im mittleren Sektor gibt es zum ersten Mal Siegpunkte, und der letzte Sektor bestimmt schließlich über das Spielende, welches genau dann eintritt, wenn die ersten fünf Figuren dort angelangt sind. Darüber hinaus sind die fünf Steinwege in insgesamt neun Steine unterteilt, die man alle überwandern muss, um schließlich ans Ziel, den großen Stein, zu kommen. Wem dies schließlich gelingt, der bekommt immerhin zehn Punkte zugesprochen. Allerdings ist dieser Weg im wahrsten Sinne des Wortes steinig und schwer.

_Spielvorbereitungen_

Vor jedem Spiel werden die Wegekärtchen (Wunschsteine, Kleeblätter und Punktekärtchen) auf die dunklen Steine der Steinpfade sowie den großen Stein platziert. Dort bringen sie im späteren Spiel wertvolle Vorteile und Bonusaktionen ein. Anschließend werden die Karten durchgemischt und als Nachziehstapel offengelegt. Im Spiel zu zweit werden 30 Karten entfernt, ansonsten spielt man mit allen 110 Karten. Jeder Spieler bekommt acht Karten auf die Hand sowie ein Kleeblatt und die entsprechend farbigen Spielsteine, welche er nun auf das Startfeld des Spielplans stellt. Außerdem wird der Zählstein auf den Start der Zählleiste gesetzt. Nun kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

Derjenige Spieler, dessen Irland-Urlaub noch in jüngster Erinnerung ist, darf in „Keltis“ den ersten Zug machen. Er hat nun die Auswahl aus zwei elementaren Spielaktionen. Die Variante, die dabei weniger lukrativ erscheint, ist, einfach eine Handkarte abzuwerfen und eine neue nachzuziehen. Da man aber immer eine Aktion durchführen muss und an Stellen des Spiels nicht die passende Karte auf der Hand ist, bleibt diese Aktion oftmals die einzige vernünftige Option.

Ungleich wertvoller ist daher auch die andere Option, nämlich eine der Karten auszuspielen und seine Figur auf dem zugehörigen Pfad fortzubewegen. Allerdings muss man hier genau überlegen, in welcher Reihenfolge man seine Karten ablegt. Nachdem die erste Karte einer Farbe nämlich ausgespielt ist, dürfen die nächsten Karten in dieser Farbe nur noch mit dem gleichen Wert oder – je nach Wahl – nur noch höher oder nur noch niedriger ausgelegt werden. Wer zum Beispiel mit einer gelben ‚7‘ einsteigt und anschließend eine ‚5‘ legt, der kann anschließend nur noch Zahlen im Wert von 5 oder niedriger legen, um eine weitere Fortbewegung auf dem gelben Steinpfad zu ermöglichen. Wer also zu schnell niedrige oder hohe Werte (ebenfalls je nach Auswahl) ins Rennen bringt, muss sich darauf einstellen, dass er nicht mehr bis zum obersten Stein gelangen wird: Es droht die vorzeitige Endstation. Daher sollte man auch manchmal einfach abwarten anstatt überstürzt aus dem Möglichen zu schöpfen. Eventuell zieht man nämlich auch bessere Karten nach, wobei man den Zeitfaktor natürlich nie unterschätzen darf. Die Gegner schlafen schließlich auch nicht, und bis fünf Figuren im obersten Drittel angelangt sind, muss nicht wirklich viel Zeit verstreichen.

Ein Spielzug seht nun also folgendermaßen aus: Der Spieler setzt eine Karte ein und legt sie auf einen der maximal fünf sich bildenden Auslagestapel oder aber er wirft eine in die Ablage – in der sich auch bis zu fünf Stapel bilden. Anschließend darf er eine Karte vom Nachziehstapel oder aber – ein interessantes Element – die oberste Karte von einem der Ablagestapel nehmen. Ergo muss man auch noch doppelt überlegen, welche Karten man abwirft; möglicherweise gereichen sie nämlich einem Mitkonkurrenten unbewusst zum Vorteil.

Auf diese Weise läuft das Spiel nun Zug für Zug weiter und streift unwiderruflich auch die Wegekärtchen, deren unterschiedliche Funktionen möglicherweise das Zünglein an der Waage darstellen. Wer beispielsweise auf einem Kleeblatt landet, darf eine beliebige Figur zusätzlich weiterbewegen. Manchmal ergeben sich dabei regelrechte Kettenreaktionen, bei denen man in einem Zug gleich drei oder vier Bewegungen durchführen kann. Ein Punktekärtchen wiederum bringt sofortigen Fortschritt auf der Siegpunktleiste. Und wer auf einem Wunschstein landet, darf diesen einsammeln und ihn in der Schlusswertung einsetzen. Wunschsteine sind im Übrigen sehr wichtig, denn wer keinen besitzt, der verliert am Ende weitere Punkte.

_Spielende_

Sobald die fünfte Figur im oberen Drittel des Spielfelds eingezogen ist, wird das Spiel sofort beendet und gewertet. Minuspunkte und Siegpunkte werden verrechnet und auf der Leiste markiert. Die großen Figuren werden dabei doppelt gewertet, weshalb man tunlichst darauf achten sollte, diese Figur mit höchster Priorität im Spiel auszustatten. Dazu werden Punkte für eingesammelte Wunschsteine gerechnet, bis schließlich derjenige ermittelt wurde, der das beste Resultat auf der Zählleiste vorweisen kann.

_Persönlicher Eindruck_

„Keltis“ besticht durch Simplizität und einem nicht zu unterschätzenden strategischen Anteil, der die anfängliche Skepsis ob des schlichten Spielsystems schnell wieder wettmacht. Natürlich hängt auch einiges davon ab, welche Karten man nachzieht, also auch davon, wie viel Glück man in den entscheidenden Situationen hat, doch letztendlich hält man über weite Strecken die Zügel selber in der Hand und ist quasi seines eigenen Glückes Schmied.

Schön ist darüber hinaus auch, dass sich der Spielcharakter von Partie zu Partie wieder wesentlich verändert. Alleine schon durch die individuelle Positionierung der Wegekärtchen ist die Ausgangssituation immer wieder eine andere, aber ebenso können die einzelnen Taktiken je nach Risikobereitschaft immer wieder verschieden und entweder darauf ausgelegt sein, das Spiel so weit wie möglich herauszuzögern oder doch auf ein schnelles Ende abzuzielen. Manchmal lohnt sich sogar die Überlegung, bestimmte Farben gar nicht zu berücksichtigen und eine Figur auf dem Startfeld stehen zu lassen, statt Minuspunkte zu vermeiden – hier ist in der Tat ein überraschend hoher Variantenreichtum enthalten.

Als Letztes gibt es auch ein Lob für das sehr schön ausgeklügelte Wertungssystem, welches diese Flexibilität beim taktischen Vorgehen erst ermöglicht. Hier hat Knizia mal wieder deutlich seine erlesene Handschrift hinterlassen und ein Spiel geschaffen, in dem sich Anspruch, Herausforderung und Familientauglichkeit die Waage halten. Und gerade diese Qualität sollte die Jury bei der in Kürze anstehenden Wahl sicherlich beeindrucken können.

Ist „Keltis“ also schlussendlich ein verdienter Anwärter auf das „Spiel des Jahres“. Was den Reiz sowie den Wert als Familienspiel betrifft, aber auch im Hinblick auf den Kontrast zwischen leichter Erlernbarkeit und unverhoffter Vielschichtigkeit wäre es dem Spiel und seinem Autor zu wünschen, in diesem Jahr ins Schwarze zu treffen. Eine respektvolle Empfehlung bekommt „Keltis“ allerdings schon einmal im Voraus von dieser Seite.

|Empfohlen ab 10 Jahren|
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