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Cowell, Stephanie – Welche Wonne, dich zu finden

Es gibt wohl kaum einen anderen Musiker aus dem 18. Jahrhundert, den man auch so lange nach seinem Ableben noch in jenem Maße verehrt, wie es bei Wolfgang Amadeus Mozart der Fall ist. Auch über zwei Jahrhunderte nach seinem Ableben 1791 ist seine Musik noch allenorts präsent und wird derzeit noch immer nicht weniger scharfsinnig analysiert als meinethalben die Werke derzeit aktueller Komponisten, die sich dem Stil von Klassik und anderweitiger „E-Musik“ verschrieben haben. So unumstritten seine musikalischen Leistungen sind, so zwiegespalten sind die Meinungen zu Mozarts Lebensstil. Wunderkind, Genie, Chaot, Nervenbündel, psychisch Kranker – mit dem österreichischen Tausendsassa verbindet man vieles, wobei es natürlich im Auge des Betrachters liegt, ob der Weg, den Mozart gegangen ist, positiv oder negativ aufgefasst werden soll.

Stephanie Cowell ist ganz klar den ersten Weg gegangen; die amerikanische Schriftstellerin und Sopranistin hat in ihrem aktuellen Roman „Welche Wonne, dich zu finden“ eine indirekte Liebeserklärung an das Schaffen bzw. die Person Mozarts verfasst und den Musikus passend zum Mozart-Jahr 2006 von einer gänzlich anderen Seite beschrieben. Die Autorin geht nämlich nicht den typischen Weg der Biografie oder dergleichen, sondern nähert sich dem Thema aus der Sicht einer wichtigen Begleiterin, nämlich Sophie Weber. Aus ihrem Blickwinkel sowie jenem der berühmten Musiker-Familie Weber, die neben Sophie auch noch drei andere Töchter hervorgebracht hat, werden die ersten Kontakte mit Mozarts Familie und dessen Entwicklung als Musiker und Mensch beschrieben und in gewisser Hinsicht auch analysiert. Und dies auf eine Weise, die dem allzu kitschigen, fast schon abweisenden Titel Gott sei Dank nicht gerecht wird …

_Story_

Mannheim 1777: Im Hause Weber findet einmal in der Woche ein großes Fest statt. Musiker aus den verschiedensten Regionen präsentieren dann ihre neuesten Stücke und bitten die Anwesenden, darunter die vier Töchter des Hauses, Josepha, Aloisia, Constanze und Sophie, zum Tanz. Auch wenn das Geld bei den Webers stets knapp ist, wird an dieser Tradition festgehalten, schließlich erhofft sich die Mutter, ihre vier Töchter in reicherem Elternhause unterzubringen und mit geeigneten Kandidaten unter den vielen Gästen zu vermählen.

Als eines Tages der junge Österreicher Wolfgang Amadeus Mozart den musikalischen Abend im Hause mit seinem Beitrag veredelt, tritt Sophies Mutter dem gefeierten Musikus sehr skeptisch gegenüber. Seine lockere Zunge und überhaupt sein ganzes Auftreten stoßen bei ihr zunächst auf Missmut, obwohl Vater Fridolin sehr angetan ist von dem mittlerweile sehr verarmten, inzwischen 21 Jahre alten Komponisten.
Und tatsächlich spielen alle Schwestern in Mozarts Leben eine Rolle. Während er für Josephas Altstimme mehrere Werke komponiert und ihr auch den Titel „Königin der Nacht“ widmet, verliebt sich Mozart in deren Schwester Aloisia. Die beiden planen Großes und verloben sich auch, jedoch findet ihre Beziehung ein jähes Ende, als Mozart seine Angetraute zu lange auf die erhoffte Hochzeit warten lässt. Die Enttäuschung ist auf beiden Seiten groß, doch Mozart bleibt der Familie Weber treu, besonders als Hausherr Fridolin frühzeitig stirbt. Seine verwitwete Frau, besorgt um den weiteren Unterhalt, sieht im zunächst verachteten Mozart die letzte Hoffnung und möchte ihn mit Sophie verkuppeln. Doch diese hat eine ganz andere Idee, und nach langem Hoffen gerät schließlich die junge Constanze ins Blickfeld des Komponisten …

_Meine Meinung_

Welchen Input kann einem ein Mozart-Roman noch geben, wenn man durch exzessive Recherche ohnehin schon sehr bewandert in diesem Themengebiet ist? Diese sicherlich berechtigte Frage kam auch mir in den Sinn, bevor ich mich mit dem aktuellen Werk von Stephanie Cowell auseinander setzte. Zunächst konnte ich mir kaum vorstellen, dass die Autorin oder überhaupt ein Buch über den verehrten Komponisten noch wesentlich Neues liefern kann. Und genau dies ist durchaus auch der Fall; rein historisch betrachtet, ist „Welche Wonne, dich zu finden“ ziemlich unspektakulär.

Was an diesem Roman indes so gut gefällt, ist der etwas eigenwillige Ansatz. Das Buch hat zwar den Beititel „Mozart-Roman“, lässt den vermuteten Protagonisten aber nicht zwingend zur Hauptfigur werden. Vielmehr beschäftigt sich Cowell nämlich mit dem Leben der ebenfalls recht armen Familie Weber und dem Einfluss, den der irgendwann dahergereiste Österreicher auf deren weiteren Weg hatte. Und genau hier wird „Welche Wonne, dich zu finden“ plötzlich ausgesprochen interessant! Es geht nämlich nicht mehr alleine um den so oft zitierten Musiker, sondern in erster Linie um das oft nur oberflächlich betrachtete Umfeld.

Gut, wirklich tief greifend ist die sinnliche Beschreibung der Weber-Familie nun auch nicht, schließlich befasst sich Cowell vordergründig mit den Beziehungsgeflechten zwischen den Schwestern des Hauses und dem etwas vorlauten Mozart. Es ist tatsächlich die von Cowell angedeutete, hier Schrift gewordene Liebeserklärung, die im Roman mit den Augen der eher unbeteiligten Sophie Weber betrachtet wird. Sie beschreibt vor allem die gescheiterte Beziehung zwischen Aloisia und dem von Mutter Weber als Hallodri bezeichneten Wolfgang und die sich daraufhin bietende Chance, sich selber mit dem enttäuschten und beleidigten Musiker einzulassen. Doch Sophie hat das Geschehen in den vergangenen Monaten ausführlich beobachtet und die ihrer Meinung nach klügere Entscheidung getroffen, den Musiker ihrer anderen Schwester Constanze zu überlassen.

Vergleiche mit ähnlich gelagerten Romanen ergeben sich hingegen durch die auch hier sehr gekonnt in Szene gesetzte Dramaturgie. „Welche Wonne, dich zu finden“ ist traurig, melancholisch, euphorisch und gefühlvoll in einem Atemzug; ein stetiges Wechselbad der Gefühle, verursacht durch den widersprüchlichen Charakter Mozarts, der durch seinen Drang, der musikalischen Perfektion nahe zu kommen, die Menschen um sich herum fast ganz vergaß, andererseits aber ohne sie nicht sein wollte. Das zerstreute Genie ist auch hier präsent, und die eindeutige Betrachtungsweise des Musikers lässt auch keine Zweifel an dessen Können zu. Nur eben wird hier nicht der Musiker Mozart beschrieben, sondern das Empfinden des Menschen Mozart aus der Sichtweise einer Person, die ihn ohne wirkliche Annäherung sehr gut kennen gelernt hat und daher auch ein sehr gutes Bild von all seinen Wesenszügen hat zeichnen können. Und dies ist – ich erwähnte es bereits – unheimlich interessant geschildert.

Zwei wichtige Voraussetzungen gilt es also vor dem Öffnen der Buchklappe erst einmal zu überdenken: Zum einen ist der Roman trotz Kitschtitel und romantischem Inhalt kein reines Frauenbuch, und zum anderen ist „Welche Wonne, dich zu finden“ kein weiteres Standard-Werk über den Musiker, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird. Kann man sich davon freimachen, bekommt man von Stephanie Cowell ein etwas andersartiges, indes sehr lesenswertes Portrait des damals in seiner Blüte stehenden Komponisten offenbart, mit dem sich Anhänger Mozarts auf jeden Fall mal beschäftigen sollten – zumal die dezent eingeflochtenen fiktiven Ansätze auch noch eine nicht zu verachtende Spannung hineinbringen. Gute, kurzweilige Unterhaltung ist also auf jeden Fall garantiert!

Seidel, Jürgen – Harry Heine und der Morgenländer

_Der Autor_

Jürgen Seidel, geboren, 1948 in Berlin, lebte nach schulischer und handwerklicher Ausbildung drei Jahre in Australien und Südostasien, bevor er Germanistik und Anglistik studierte und 1984 promovierte. Seither arbeitet er als freier Autor und veröffentlichte Romane, Hörspiele und Rundfunkbeiträge. Bei |Beltz & Gelberg| sind bereits die Romane „Young Nick“, „Pickel“, „Clou & Woyzeck“, „Die Kopfrechnerin“ sowie zuletzt „Das Geheimnis um die Seelenpest“ erschienen.

_Story_

Düsseldorf, 1816: Der Tod der erst 18-jährigen Josefa Edel, genannt Sefchen, versetzt die Düsseldorfer Stadtväter in Panik. Einst haben sie sich selber des Nachts häufig an die junge Dame herangemacht, und nun ist Edel plötzlich tot. Damit erst gar niemand in den Verdacht gerät, mit der Sache in Verbindung zu stehen, wird der Todesfall auch schnell als Selbstmord abgehakt, so dass sich die mächtigen Herren in Sicherheit wiegen können.

Harry Heine und sein Freund Christian Sethe, beide im selben Alter wie die Verstorbene, wollen dem Urteil der Stadtväter aber nicht so recht Glauben schenken. Sie beginnen auf eigene Faust zu ermitteln und entdecken in der Kammer, in der Josefa gefunden wurde, einige Blutspuren, die auf ein Gewaltverbrechen hindeuten. Ihr Handeln bleibt jedoch von den einflussreichen Bürgern der Stadt nicht unbemerkt. Ihr Zorn und die Angst, dass die wahren Hintergründe von Sefchens Tod an die Öffentlichkeit gelangen, wird den beiden Jungen zum Verhängnis. Noch bevor Christian und Harry weitere Nachforschungen anstellen können, begeben sie sich in große Gefahr. Und dabei wollte der junge Heine lediglich ein spannenderes Leben führen als das seines jüdischen Vaters, der seit jeher als Tuchhändler seinen Unterhalt sichert …

Der Verlag |Beltz & Gelberg| scheint ein ausgesprochenes Faible für den berühmten deutschen Dichter Heinrich Heine zu haben. So erschien mit „Heine ist gut“ vor nicht allzu langer Zeit bereits bereits ein Buch, das sich mit dem Werk des einflussreichen Poeten auseinander setzte. Jürgen Seidel hingegen geht bis in die Jugendjahre Heines zurück und beschreibt in „Harry Heine und der Morgenländer“ den Zwiespalt, in dem sich der junge Heine befindet. Obwohl er seinen Vater liebt, möchte er nicht in dessen Fußstapfen treten. Er sieht sich zu Höherem berufen, ist sich aber noch nicht schlüssig, wohin ihn der Weg führen soll.

Daher kommt ihm der Fall mit der offenbar ermordeten jungen Frau gerade recht. Heine und sein Freund Christian vermuten, dass sich in den einflussreichsten Kreisen der Stadt Düsseldorf Geheimnisvolles abspielt und Josefa Edel lediglich das Opfer gemeiner, hinterhältiger Intrigen geworden ist. Jedoch fehlt es den beiden zunächst an Beweisen, so dass vor allem Heine seiner Phantasie freien Lauf lassen und sich nicht nur als Ermittler behaupten kann. Sein Gespür und sein Scharfsinn bringt das Ermittlerduo schließlich auch auf die richtige Fährte, gleichzeitig aber auch in große Gefahr.

Nicht nur einmal bekommen Christian und Harry zu spüren, dass der Einfluss der Obersten noch weiter reicht, als diese sich das ausgemalt hätten. Und damit wird Harrys gedanklicher Zwiespalt noch größer: Ist er wirklich zum Abenteurer berufen? Gibt ihm seine weit reichende Phantasie tatsächlich die Bestätigung, ein Leben als Dichter zu führen? Oder sollte er doch besser ein herkömmliches Leben als Kaufmann führen?

Jürgen Seidel hat in diesem Roman zwei sehr schön miteinander harmonierende Handlungsstränge aufgebaut, bei denen vor allem der Charakter des jungen Heine sehr schön herausgebildet wird. Harry ist ein sehr gebildeter Junge und in vielerlei Hinsicht ein Naturtalent, dem nur manchmal das erforderliche Selbstvertrauen fehlt. Dies jedoch kann er im Zuge des ‚Kampfes‘ gegen die Stadtväter mehr und mehr für sich beanspruchen. Er wird zielstrebiger und entscheidungskräfiger, entschlossener und in seiner Position stärker und kann sich letzten Endes sowohl gegen die eigenen Zweifel als auch gegen die mächtigen ‚Gegner‘ durchsetzen.

Die zweite Handlungseinheit besteht natürlich aus dem Kriminalroman an sich, und auch hier hat der Autor in der Kürze der Seitenzahl ganze Arbeit geleistet. „Harry Heine und der Morgenländer“ liegt ein sehr schöner Spannungsaufbau zugrunde, der mit Highlights und geschickten Wendungen nicht geizt. Man hat zwar eine gewisse Vorahnung, was die Entwicklung und die von Heine und Sethe ersuchte Wahrheit anbelangt, doch man kann sich trotz allem nie sicher sein, ob Seidel den gradlinigen Ablauf der Geschichte nicht urplötzlich durch eine überraschende Richtungsänderung unterbricht.

Hierbei wird allerdings auch klar, dass der Autor trotz des historischen Hintergrunds ganz klar ein jugendliches Alter mit diesem Buch anvisiert. Es geht nämlich auch hier um den so oft zitierten Kampf zwischen Bürgertum (verkörpert durch die dementsprechend junge Figur des Harry Heine) und Machthabenden (hier durch ein bekanntes Gremium wie die Stadtobersten vertreten), der durch seine etwas vereinfachte Darstellung auch für jüngeres Publikum bestens geeignet ist. Zudem sind die beiden Jugendlichen, die sich hier den Stadtvätern widersetzen, natürlich tolle Identifikationsfiguren und in ihrem Handeln auch echte, waghalsige Helden, die sich durch nichts wirklich einschüchtern lassen.

Im Grunde genommen spricht Jürgen Seidel mit „Harry Heine und der Morgenländer“ aber mehrere Generationen an; die einen werden sich lediglich an der Kriminalgeschichte laben, die anderen werden die Vermischung aus fiktiver Erzählung und historischen Fakten genießen. Und aus diesem Grunde kann man dem Autor auch nur dazu gratulieren, ein schönes, spannendes, buntes und hinsichtlich der Dramaturgie ziemlich kompaktes Buch geschrieben zu haben, das ich an dieser Stelle auch nur weiterempfehlen kann!

|Empfohlen ab 14 Jahren|
[Beltz: Gulliver]http://www.beltz.de/gulliver/index.htm

Bionda, Alisha – Regenbogen-Welt

Die „Magic Edition“ des BLITZ-Verlags ist schier unberechenbar. Da gibt es Bände wie „Die Geisterseherin“, die mit einfachsten Mitteln einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Oder aber Skurriles wie „Die galaktische Rallye“, wobei sich der Verlag mal ein wenig über die Grenzen der im Titel benannten Magie hinwegsetzt und es mit skurillem Humor versucht. Doch genau so prägnant sind die negativen Eindrücke von Durchschnittsware wie „Die Jahrtausendflut“ und „Endzeit“, die aus der vielversprechenden Serie ein recht wechselhaftes Happening gemacht haben, das im Abonnement daher auch eine ziemliche Riskobereitschaft erfordert. Solange man bei BLITZ allerdings Meisterwerke wie „Regenbogen-Welt“ in die Serie integriert, nimmt man auch gerne mal ein nicht ganz so überzeugendes Buch in Kauf. Die wunderschöne Story, die Alisha Bionda hier kreiert hat, ist nämlich so ziemlich das Beste, was mir aus dem Hause |BLITZ| bislang in die Hände gekommen ist!

_Story_

Saha träumt seit jeher davon, in die fünfte und gleichzeitig höchste Ebene der Regenbogen-Welt zu reisen. Voller Tatendrang entscheidet die junge Gottesanbeterin eines Tages, ihrer Berufung zu folgen und die am fernsten gelegene Landschaft auf der verwaisten Erde zu erkunden. Ihre Freunde sind von dieser Idee jedoch nicht sonderlich begeistert und bremsen Saha in ihrem Vorhaben, schließlich lauern unbekannte Gefahren auf dem langen Weg durch die Ebenen der Regenbogen-Welt. Ihren Mut können die übrigen Insekten jedoch nicht bremsen, und so macht sich Saha mit der Libelle Ishtar, dem Schmetterling Barb und weiteren Tieren auf den Weg, um das zu sehen, wovon sie schon seit Ewigkeiten träumt.

Und wie erwartet birgt die Reise viele unerwartete Geheimnisse, die für Saha und ihre Gefährten nicht immer ungefährlich sind. Doch dank der verschiedenen und sich in der Gemeinschaft ergänzenden Fähigkeiten gelingt es dem neu zusammengefundenen Verbund immer wieder, dem Bösen zu trotzen und seinen Weg fortzusetzen. Dabei stößt Saha schließlich auf die Geheimnisse der ersten Menschen und Informationen über den selber verursachten Verfall ihrer Rasse. Doch auch ein weiterer Aspekt wird ihr gewahr: Sie soll eines Tages zu den Begündern der zweiten menschlichen Rasse gehören und mit ihren Freunden die Erde neu bevölkern. Dies ist jedoch nur möglich, wenn Saha die fünfte Ebene erreicht …

_Meine Meinung_

Der Inhalt dieses wunderschönen Romans mag auf den ersten Blick anmuten wie die Geschichte eines Kinder- und Jugendbuches, doch dies ist „Regenbogen-Welt“ definitiv nicht. Die Handlung beruht indes auf einer Sage aus dem Bereich der Navajo-Mythologie und ist dementsprechend auch mit einigen esoterischen Ansätzen verknüpft.

Außerdem sind die Heldenfiguren dieses Werkes erst einmal gewöhnungsbedürftig: Eine kleine Schar Insekten soll zusammen mit einigen verbrüderten Freunden aus der Tierwelt im Kampf gegen die Ausgeburten der Erde im nächsten Zeitalter für eine neue menschliche Generation sorgen. Klingt zunächst äußerst seltsam! Doch schneller als man glaubt, werden solche Begebenheiten zur Nebensache degradiert. Saha und ihre Gefährten haben fast ausschließlich ‚typisch menschliche‘ Eigenschaften und Wesenszüge und werden als Identifikationsfiguren sofort akzeptiert. Dass Freundschaft und das Füreinander dabei eine übergeordnete Position einnehmen, ist daher auch selbstverständlich und mitunter einer der wichtigsten Aspekte dieses Romans. Selbst wenn die verschiedenen Tierarten sich partiell unheimlich stark voneinander unterscheiden und in der heutigen Realität wohl kaum einträchtig nebeneinander herlaufen würden, harmonieren sie in dieser phantasiereichen Story wirklich perfekt.

Unterschwellige Anspielungen auf das „wirkliche“ Leben sind natürlich nicht zufällig und werden anhand der Tier-Darsteller auch mit tollen symbolischen Umschreibungen dargestellt. Aber natürlich ist „Regenbogenwelt“ deshalb jetzt kein vornehmlich sozialkritisches oder gar politisches Buch. Im Grunde genommen ist dieser Roman nämlich ein modernes Märchen, das auf den elementaren Eigenschaften der Fantasy-Literatur beruht und dabei die philosophischen Ansätze der Indianerkultur mit einbindet.

Wer jetzt allerdings inhaltliche Parallelen zu „Herr der Ringe“ oder sonstigen bekannten mythologisch motivierten Werken vermutet – schließlich ziehen in „Regenbogen-Welt“ auch einige ungleiche Gefährten auf den Weg in eine andere Ebene –, ist auf dem Holzweg. Die Spannung beruht nämlich nicht ausschließlich auf der Bewältigung von Gefahren und schon gar nicht auf unausgefochtenen, bevorstehenden Kampfhandlungen, sondern schon eher auf der späteren Auseinandersetzung mit dem eigenen Dasein, was erst die Grundlage für die tolle Abenteuerstory liefert.

Ein ganz so leicht zu durchschauendes Buch ist „Regenbogen-Welt“ deshalb ebenfalls nicht, weil neben der im Buch beschriebenen Reise auch diverse Gedankenansätze zur Diskussion gestellt werden, die einen vergleichsweise aktuellen Hintergrund haben und auch durch die Wahl von Schauplätzen und Hauptfiguren nicht verharmlost werden. Beim Betrachten der gescheiterten Existenz der menschlichen Rasse beim ‚ersten Versuch‘ spielt sich infolge dessen auch so manches auf einer eher spirituellen Ebene ab, die durch die meist vereinfachte Darstellung jedoch jederzeit verständlich bleibt und insgesamt auch nicht unnötig verworren oder komplex geraten ist.

Mit anderen Worten also ist „Regenbogen-Welt“ anspruchsvolle Kost in leichter, aber untransparenter Hülle, und dazu ein unheimlich toller, sich in seiner Identität mehrfach wandelnder Abenteuerroman mit außergewöhnlichen Charakteren und herrlicher Entwicklung. Andersartige Fantasy gepaart mit nachdenklich stimmenden Hintergrundthemen – Alisha Bionda hat mit ihrem Roman zur „Magic Edition“ einen wirklich herausragenden Beitrag geliefert, dessen symbolische Mystik von der ersten bis zur letzten Seite begeistert. Sehr empfehlenswertes Buch!

http://www.blitz-verlag.de/

Ridpath, Michael – Absturz

_Story_

Alex Calder verdiente sich einst seine Sporen als Oberleutnant der Royal Air Force. Nach einem Tornadoabsturz, den ein Insasse mit dem Leben bezahlen musste, sah sich Alex jedoch gezwungen, das Metier zu wechseln. Seitdem ist er Trader bei der erfolgreichen Investment-Bank Bloomfield Weiss und hat mit dazu beigetragen, dieses Unternehmen an die Spitze zu bringen. Seine Kenntnisse über den internationalen Devisenmarkt haben ihm bei seiner zweiten Chance einen steilen Karriereverlauf ermöglicht, dessen Ende noch nicht in Sicht ist.

Dann jedoch wird Alex in einen geheimnisvollen Komplott verstrickt. Seine Kollegin Jennifer Tan wendet sich vertrauensvoll an ihn und berichtet ihm von den unmoralischen Angeboten des Star-Traders von Bloomfield Weiss. Sie fühlt sich von ihm immer stärker belästigt, kann sich aber alleine nicht zur Wehr setzen. Calder versucht daraufhin, ihr zu helfen, bekommt aber von den Bossen eine Abfuhr erteilt – man will ihm nicht glauben, schließlich ist der Kollege ja auch ein indirekter Konkurrent. Jennifer sieht keinen anderen Ausweg mehr und zieht gegen die Firma vor Gericht.

Doch dies ist ihr Todesurteil; wenige Tage später kommt sie nämlich bei einem Sturz aus dem Fenster ihrer Wohnung ums Leben. Die Verstrickungen scheinen jedoch auch mit ihrem Tod kein Ende zu finden, denn die Polizei handelt den Todesfall als Selbstmord ab. Alex indes glaubt nicht an das Urteil der Behörden und versucht auf eigene Faust, der Sache auf die Spur zu kommen. Als dann schließlich ein weiterer Mordfall sein Umfeld erschüttert, wird die Sache langsam heikel …

_Meine Meinung_

„Absturz“ ist mit Sicherheit kein ungewöhnlicher Thriller, dafür aber ein verdammt guter. In bester Tom-Clancy-Manier strickt Michael Ridpath hier eine sehr spannungsgeladene, mit zahlreichen überraschenden Wendungen gewürzte Story zusammen, bei der er sein umfassendes Wissen über den internationalen Finanzmarkt bestens einbringen kann. Was meist zu trockner Selbstbeweihräucherung führt – schließlich rühmt sich ja so mancher Autor gerne mit seiner Fachkundigkeit –, ist bei Ridpath aber nur Mittel zum Zweck und wird auch nicht ständig in den Vordergrund gestellt. Der Autor erklärt lediglich den Aufbau der Firma Bloomfield Weiss anhand der ihm zur Verfügung stehenden Informationen und geht auch nur auf die Zusammenhänge näher ein, die für die Progression des Plots wichtig sind. Genau so lässt sich Beamtenjargon fließend lesen!

Im Vordergrund steht indes natürlich die Geschichte des Protagonisten Alex Calder. Bei ihm sind der im Titel thematisierte Absturz und der darauf folgende, rasante Aufstieg eng miteinander verknüpft. Calder wird als eine sehr ehrgeizige Person vorgestellt, ein Workaholic, der als Karrieremensch eine echte Identifikationsfigur darstellt. Eigentlich lässt sich der Hauptakteur auch durch nichts aus der Ruhe bringen, bis ihn plötzlich einige unliebsame Ereignisse, die zunächst außerhalb seines Einflussbereiches geschehen, einholen. Mit Willenskraft und dem Einsatz, der Calder schon ein Leben lang ausgezeichnet hat, versucht er, die Angelegenheiten wieder ins Lot zu bringen, läuft dabei aber samt seiner Kollegin Jennifer Tan gegen Wände an. Gedanken an die Vergangenheit steigen auf, doch dieses Mal lässt sich der erfolgreiche Trader nicht mehr von seinem Ziel abbringen. Und somit kämpft er auch gegen einen erneuten Absturz.

Die Elemente, mit denen Ridpath in seinem aktuellen Roman arbeitet, sind indes nicht besonders aufregend. Es ist eben alles schon mal dagewesen, angefangen bei den üblen Verstrickungen in der großen Firma bis hin zur ernüchternden Selbstmord-Theorie, der man nicht so wirklich glauben will. Und dennoch ist „Absturz“ ein wirklich empfehlenswertes Buch geworden. Michael Ridpath schafft es nämlich sehr schön, selbst derart bekannte Inhalte zu einer mitreißenden Story umzufunktionieren, die aufgrund der vielen überraschenden Ereignisse merklich an Klasse gewinnt. Es ist in etwa vergleichbar mit den Grisham-Romanen; auch der berühmte Bestseller-Jurist arbeitet in jedem Buch nach demselben Strickmuster, zaubert aber jedes Mal wieder eine umwerfende Geschichte hervor, ohne dabei ausschließlich Klischees zu bemühen. Zwar liegen zwischen Grisham und Ridpath stilistisch Welten (abgesehen vom vergleichbaren Aufbau von „Die Firma“), doch die Ansätze sind durchaus ähnlich – und das Ergebnis auch.

Die Geschichte ist stark, die Charaktere glaubwürdig und der Aufbau trotz vieler Verzwickungen durchweg logisch, gehörige Spannung inklusive. Ridpaths mittlerweile vierter Roman ist ein wirklich atemberaubender Thriller, den man so schnell nicht mehr beiseite legen kann. Wer sich mit der Literatur von Leuten wie Tom Clancy beschäftigt und diese zu schätzen gelernt hat, wird an „Absturz“ sicherlich eine Menge Freude haben.

Shocker, Dan – Sumpfhexe, Die (Larry Brent 29)

_“Lebende Leichen“_

Larry Brent ist gerade auf der Durchreise nach Budapest und möchte nur einen kurzen Zwischenstopp in Österreich machen, wird aber bald schon wieder mit einem neuen Fall vertraut gemacht, der sich bei seinem Aufenthalt in Moolstadt ergibt. Dort haben sich in den letzten Tagen einige mysteriöse Todesfälle zugetragen, bei denen Menschen teilweise auf recht grausame Art und Weise ums Leben gekommen sind. Das Ungewöhnliche daran: Kurze Zeit nach dem Ableben haben sich die Leichen noch einmal für einen kurzen Moment berappelt und ihren Standort verändert.

Larry Brent mietet sich im ortsansässigen Wirtshaus ein und wird dort hautnah mit den Fällen konfrontiert, als sein Zimmernachbar ebenfalls Opfer der außergewöhnlichen Mordserie wird. Daraufhin wird die Unterkunft bis auf weiteres geschlossen, so dass der PSA-Agent sich nach einer neuen Bleibe umsehen muss. Er kommt schließlich bei seinem alten Bekannten, dem Baron Kurt Parsini, unter, der gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Yvette die Heunenburg bewohnt. Dort stellt Brent fest, dass Parsini in seiner noblen Behausung einiges zu verbergen hat. Doch dies muss erst einmal hinten anstehen, denn in Moolstadt wird weiter gemordet, und die Einwohner werden immer wütender. Für Brent wird es höchste Zeit, die Sache aufzuklären, denn die aufständischen Moolstädter haben sich einen Sündenbock ausgesucht, den sie für das Geschehene lynchen wollen. Doch der ist unschuldig …

_“Machetta – Sumpfhexe vom Missisippi“_

Larry Brent verbringt einen angenehmen Abend mit der spanischen Schönheit Maria-Rosa Mojales, die sich vom PSA-Agenten Schutz erhofft, damit sie die schrecklichen Ereignisse aus der Vergangenheit vergessen kann. Doch die gemeinsame Heimfahrt wird von einem seltsamen Vorfall überschattet; aus dem Nichts heraus taucht ein Mann auf und springt Brents rasendem Wagen vor die Front. Obwohl der Fremde eigentlich schwer verletzt sein müsste, steht er sofort wieder auf und flüchtet noch, bevor Brent ihn sich genauer ansehen kann. Lediglich den Ausweis des Mannes findet Larry noch und begibt sich anschließend auf die Suche nach einem gewissen Perry Wilkinson.

Brent überreicht ihm zwischen Tür und Angel seinen verlorenen Pass, wird aber sofort danach abgewiesen. Beinahe zeitgleich wird Wilkinson auch von einem Vertreter namens Poul Anders aufgesucht, der in Wilkinson einen alten Schulkameraden wiedererkennt. Dieser ist jedoch nicht besonders erfreut über den aufdringlichen Besuch und streitet jegliche Bekanntschaften ab. Anders fliegt raus, kurze Zeit später wird seine Leiche entdeckt.

Brent ist davon überzeugt, dass Perry Wilkinson hinter dem Mord steckt, und tatsächlich verhält sich der Angeschuldigte auch sehr verdächtig. Doch immer mehr zeigt sich, dass Wilkinson gar nicht mehr Herr über seine Sinne ist. Seine langen Forschungen nach der sagenumwobenen Sumpfhexe Machetta scheinen nicht ohne Resultat gewesen zu sein, doch inwieweit sie von ihm Besitz ergriffen hat, kann nicht mehr festgestellt werden. Wilkinson ist nämlich plötzlich spurlos verschwunden …

Währenddessen machen sich zwei Jugendliche auf den Weg, aus ihrem Elternhaus zu fliehen. Der etwas reifere Andrew Coaches und seine Freundin, die mädchenhafte Cindy Fuller, fliehen durch die Wälder nach Jackson und wählen dabei den Weg durch das Sumpfgebiet, in dem sich der Legende nach Machetta seit Jahren mordend austoben soll. Und tatsächlich stoßen sie ziemlich schnell auf einige unliebsame Figuren …

_Meine Meinung_

Band 29 aus der BLITZ-Edition der „Larry Brent“-Reihe bietet zwei packende Mystery-Thriller, die beide von der ersten bis zur letzten Sekunde spannend sind. In beiden wird mal wieder das Übersinnliche thematisiert, wobei gerade „Lebende Leichen“ eine interessante These zugrunde liegt. Ein Ermordeter soll in den kurzen Momenten seiner kurzzeitigen Wiederbelebung den Namen seines Mörders verraten können. Ob es ihm gelingt, und was es genau damit auf sich hat, möchte ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten, aber der Umgang mit dem Thema, das hier in einer packenden und wendungsreichen Geschichte dargestellt wird, ist dem Autor wirklich sehr gut gelungen. Es stellt sich lediglich die Frage, ob tatsächlich so viele Mordfälle von Nöten sind, um die gruselige Stimmung in Moolstadt zu beschreiben, denn so gerät die Auflösung des Falles ein wenig knapp. Ansonsten zeichnet sich aber speziell diese Story als sehr gradlinig aus, in der selbst belanglose Nebenstränge wie die gefälschten Bilder in der Heunenburg nicht negativ auffallen. Kurzum: ein Larry Brent in Bestform.

Der zweite Fall ist da schon etwas verzwickter, was unter anderem daran liegt, dass sich einige unnötige Schwierigkeiten dabei auftun, die Masse an Handlung in einer Einheit von ungefähr 120 Seiten unterzubringen. So werden die Zusammenhänge zwischen Perry Wilkinson und der Sumpfhexe Machetta erst sehr spät erklärt. Zudem ist es fraglich, ob man den zweiten Hauptstrang, der sich mit den beiden Ausreißern beschäftigt, überhaupt für den Spannungsaufbau benötigt hätte. Aber es bleiben auch einige Fragen im Raume stehen, so zum Beispiel die nach dem Verbleib von Brents Begleiterin Maria-Rosa Mojales, selbst wenn diese Person für die eigentliche Handlung keine besondere Bedeutung hat. Auch wenn die Geschichte an sich sehr spannend ist, so ist sie bei weitem nicht so kompakt und rund wie der vorangegangene Plot. Einzelne Übergänge lassen logische Überleitungen vermissen, und so manche aufgeklärte Eigenheit ist nur bedingt zufrieden stellend. Aber immerhin; die typische Dan-Shocker-Atmosphäre tritt auch hier beim ersten Anflug einer mystischen Begebenheit ein und führt letzten Endes auch dazu, dass uns die umfangreiche Story nach wenigen Seiten ebenfalls mitreißt.

Man kann also bei diesem Sammelband nicht meckern. Eine gute und eine sehr gute Geschichte füllen „Die Sumpfhexe“ und machen das Doppelpack zu einem der besten Vertreter dieser momentan wohl umfangreichsten Serie aus dem Hause BLITZ. Hier lohnt es sich definitiv, den Festpreis von 9,95 €uro zu investieren, und man sollte sich dazu auch ein wenig beeilen, denn das Teil ist wie immer auf 999 Exemplare limitiert und nun schon ein paar Monate auf den Markt. Mehr Infos gibt es [hier]http://www.Blitz-Verlag.de.

Hoffmann, Horst – galaktische Rallye, Die (Magic Edition, Band 9)

Als ich bei Erwähnung des Titels „Die galaktische Rallye“ an die legendäre Trickfilm-Serie „Space Race“ dachte, lag ich damit anscheinend gar nicht mal so verkehrt. Tatsächlich glänzt auch die von „Perry Rhodan“-Autor Horst Hoffmann erstellte Story durch ziemlich abgedrehten Humor, der auf den abwegigsten, aber letztendlich doch klar durchschaubaren Ideen beruht. Damit ist „Die galaktische Rallye“ sicherlich auch der ungewöhnlichste Vertreter der „Magic Edition“ aus dem |BLITZ|-Verlag und will auch nicht so ganz in die Serie hineinpassen, was aber sicherlich nicht heißen soll, dass man dieses Buch als Fan der feinen Reihe nicht trotzdem lesen darf.

_Story:_

Die verschiedenen Völker des Universums haben beschlossen, die Herrschaft über das Weltall neu zu strukturieren. Doch statt einen Krieg um den Thron über die Galaxis zu entfachen, soll ein Wettrennen zwischen den Raumschiffen der verschiedenen Gruppierungen stattfinden, bei dem dann das siegende Volk ermittelt werden soll. Während die Kul-Uys mit einem Bierflaschen-ähnlichen Konstrukt (siehe Cover) ins Rennen gehen und dabei ihrem Ruf als alkoholabhängige Sippe vollends gerecht werden, machen die Treehs mit den einst eingesperrten Knastorianern gemeinsame Sache und werden von ihnen übers Ohr gehauen. An anderer Stelle kämpfen Frauen um die Macht: Bei den Goobhins wird ordentlich um die Führungsposition gerangelt, was natürlich nur Stress einbringt. Für die Terraner geht ein gewisser Oberst Julius von Wolkenheim an den Start, der schwer mit seiner General-Attitüde zu kämpfen hat und deswegen mehrfach sein Schiff demoliert. Deswegen hat er auch keinen einfachen Stand in der galaktischen Rallye, die jedoch nur mit Intrigen und Bösartigkeiten zu gewinnen zu sein scheint.

Der Startschuss ist gefallen, die Punkte einbringenden Aufgaben sind verteilt und die Hindernisse aufgestellt – jetzt geht es für die Beteiligten nur noch darum, mit größtmöglicher Hinterlist und dem ständigen Drang, seinen Gegnern Böses anzutun, um die Führungsposition zu boxen. Aber auch die Ankunft am Ziel als solche ist schon eine große Herausforderung, der nicht jedes Raumschiff gewachsen zu sein scheint …

_Meine Meinung:_

In gewisser Weise kann man den Inhalt dieses kurzweiligen Romans als die deutsche Antwort auf den durchgeknallten Douglas Adams bezeichnen. Wären da nicht einige Schönheitsfehler, dürfte man Autor Horst Hoffmann sogar auf eine Stufe mit dem Kultautor von der Insel stellen. Der Unterschied zu besagtem Adams besteht jedoch darin, dass nicht alle Aspekte der Handlung von „Die galaktische Rallye“ wirklich schlüssig sind. Aber das ist in der begrenzten Spanne von 224 Seiten auch kaum zu realisieren, zumal Hoffmann sich im zweiten Teil ziemlich oft wiederholt oder bereits Bekanntes unnötigerweise rezitiert. Dies liegt jedoch daran, dass die Story damals in etwas größerem Zeitraum über zwei Bände verteilt auf den Markt gekommen ist. Der Lesefluss ist dadurch gerade zur Halbzeit stark eingeschränkt, weil man von den ständigen, wenn auch nicht ausufernden Rückblicken bald genervt ist.

Hoffmann verbringt allerdings – und das muss man ihm zugute halten – nicht allzu viel Zeit damit, die einzelnen Völker und ihre wichtigsten Vertreter vorzustellen. Mit den ersten Seiten ist man direkt in der Story drin, und sofern man noch Hintergrundinformationen zu den jeweiligen Gruppen benötigt, wird man sie im Laufe des Buches an passender Stelle erfahren. Diese Tatsache hilft dem Autor auch dabei, die Spannung mitsamt einiger ungeklärter Geheimnisse aufrecht zu erhalten. Doch von Spannung im klassischen Sinne darf man bei „Die galaktische Rallye“ jetzt nicht sprechen; es steht eher die Frage im Raum, welche ausgefallene Idee sich Hoffmann für den nächsten Zwischenfall auf dem Weg zum Ziel hat einfallen lassen.

Der Humor ist dabei allerdings Geschmackssache; sicher, anfangs wird noch jeder schmunzeln, wenn Oberst von Wolkenheim seine Fähre anhimmelt, oder wenn die Tanks der „Bottle Of Beer“ von den Kul-Uys (natürlich nicht, ohne vorher selber die Geschmacksprobe gemacht zu haben) mit neuem Gerstensaft befüllt werden, doch mit der Zeit wiederholen sich die Gags in ihrer Machart und die skurille Wirkung verfliegt infolgedessen auch ein wenig. Und so etwas wäre einem vollkommen bekloppten und gerade deswegen genialen Autor wie Douglas Adams nicht passiert.

Unterhaltsam ist „Die galaktische Rallye“ aber allemal, dafür sorgen schon die unheimlich witzigen Charaktere und überhaupt der ganze Rahmen, in dem dieser außergewöhnliche Wettkampf stattfindet. Die schlichte Sprache trägt hierzu einen nicht zu unterschätzenden Teil bei und hilft einem selbst in den etwas konfuseren Abschnitten dabei, die jeweilige Situation auf Anhieb zu erfassen. Es gibt jedenfalls keine Stelle, in der man plötzlich nicht mehr wüsste, was jetzt genau Sache wäre – auch nicht beim sehr direkten Einsteig, dessen Hintergründe umgehend aufgelöst werden. Es ist nur manchmal so, dass einige Passagen keinen direkten Sinn und, wie eingangs erwähnt, im Hinblick auf den gesamten Plot keinen erkennbaren Zusammenhang ergeben. Wer das seltsame Ende bereits kennt, wird diese Worte verstehen. Humor um der Lustigkeit willen ist dies zwar nicht, dafür sind die vielen unmterschwelligen Attacken auf die einzelnen Randgruppen der Gesellschaft zu bissig und auch zu gut verpackt, aber dieses Mittel als ausschließliches Element eines Buches zu verwenden, ist in diesem Fall nicht immer glücklich gewählt.

Wer Douglas Adams zu seinen Heldern zählt, sollte sich aber dennoch mal mit dem zweieinhalb Dekaden alten Werk des „Perry Rhodan“- und neuerdings auch „Titan“-Autors befassen. Ich habe es trotz der einzelnen Mängelpunkte nicht bereut, dieser irrwitzigen Wettfahrt einen Abend gegönnt zu haben. Vielleicht auch, weil ich hierdurch in meiner Betrachtung von Douglas Adams als unantastbarem Gott in diesem Genre enorm bestärkt wurde!

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Parzzival, S.H.A. – Gefühlsjäger (Titan-Sternenabenteuer 24)

Nun, die Begründung für den erneuten Wechsel des Veröffentlichungsrhythmus der „Titan“-Romane kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Hier wird angegeben, dass in Zeiten von Hartz IV in Deutschland nicht mehr so viel Geld für die neulich unter dem Banner Social-Fiction firmierenden Sternenabenteuer übrig ist, weshalb die Bücher statt monatlich nur noch jeden zweiten Monat auf den Markt kommen. Das Komische hieran ist nämlich, dass die Seitenzahl seitdem ebenfalls sehr gekürzt wurde, so dass es die reine Netto-Story im aktuellen Band „Gefühlsjäger“ nicht mal mehr auf 140 Seiten bringt. Wie wäre es denn gewesen, wenn man die letzten beiden Romane in einem Buch zusammengefasst hätte? Schließlich gibt es vom BLITZ-Verlag auch andere Bücher, die bei gut doppelt so großem Seitenumfang ebenfalls für 9,99 € angeboten werden können … Nun ja, äußerst schwammig, diese seltsame Erklärung – gerade wenn man bedenkt, dass der neue Handlungs-Ableger in den letzten beiden Bänden nicht wirklich der Renner war. Aber gut, auf der anderen Seite hat „Gefühlsjäger“ trotz des merkwürdigen Beigeschmacks auch wieder ein Gutes: Die Geschichte wird wieder auf einen vernünftigen Kurs gebracht, und die Autoren (dieses Mal erneut der beim letzten Mal gescheiterte S.H.A. Parzzival) besinnen sich wieder vermehrt der ursprünglichen Science-Fiction-Basis. Recht so!

_Story_

Michael Moses gerät nach dem Zerfall seiner Metropole Germania weiter unter Beschuss; die Ökoterroristen haben eine monströse Killerkrake auf die Malediveninsel, auf der sich sein derzeitiges Domizil befindet, gehetzt, und diese kann erst im letzten Moment von Moses‘ Helfershelfern (darunter auch die „Titan“-Crewmitglieder Anaka Tagawa und Cyberjohn Five) unschädlich gemacht werden. Doch bei den beiden Abgesandten der CRC-Flotte macht sich mehr und mehr Skepsis breit: Irgendetwas auf dieser Insel geht nicht mit rechten Dingen zu. Da ist es ihnen nur recht, dass sie Moses in die Werft der CRC begleiten dürfen und diesem mysteriösen Platz entfliehen können.

Im M-13-Sektor sucht derweil ein anderes Schiff der CRC nach neuen Energiestoffen für die Erde. Dabei gerät der Weltraumkreuzer in die Fänge eines seltsamen Alien-Volkes, das bei seinem Angriff auch sofort in die Gehirne der Besatzungsmitglieder eindringt. Die fremden Wesen stellen sich per Gedankenaustausch als das Volk der Cadschiden vor und geben an, auf die Ankunft des Lariod zu warten, der ihre Seele mit den einst verloren gegangenen Gefühlen füttern soll. Doch die friedliche Atmosphäre, die der Crew der „Wallenstein“ von den Cadschiden entgegengebracht wird, währt nur kurze Zeit.

Auf eigene Faust nutzen Kommandant Sebastian, Navigator David und die von beiden verehrte Dame an Bord, Ceccyl, ihre auf Cadschid gewährten Freiräume und entdecken dabei die Schattenseiten des fremden Volkes. Auch mit den Emorebs, einer Randgruppe der Cadschiden, die in begrenztem Rahmen Gefühle empfangen kann, macht das Trio Bekanntschaft und gerät dabei immer tiefer in die wirren Verstrickungen um die außergewöhnliche Rasse mit den Zyklopenaugen. Für Sebastian und seine Mannschaft stellt sich von Minute zu Minute hartnäckiger die Frage, welche Funktion sie als Vertretung der menschlichen Rasse auf Cadschid erledigen sollen bzw. wie sie die Ankunft des Laroid erwirken können. Deshalb holen sie sich Hilfe beim eigenen Volk und beordern ein Schiff der Space-Police nach Cadschid.

Von da an nimmt das Unglück seinen Lauf; plötzlich nämlich haben die einäugigen Aliens eine Möglichkeit gefunden, die Gefühle der Menschen anzuzapfen, und trotz Anwesenheit der Rechtshüter der Weltraumpolizei droht die Lage auf dem fremden Planeten zu eskalieren. Werden die Raumfahrer mit der „Wallenstein“ rechtzeitig aus der Gefangenschaft fliehen und die Erde vor der Bedrohung durch die Gefühlsjäger schützen können?

_Meine Meinung_

Im Grunde genommen ist „Gefühlsjäger“ ein fast schon eigenständiger Roman, der abgesehen von der einleitenden Geschichte als Auftakt einer neuen Reihe für sich alleine stehen könnte. Das Hintergrundwissen um die Ereignisse in Germania ist (zunächst mal) kaum noch von Belang, und die kurze Abhandlung über die weiteren Geschehnisse um den World-Market-Chef Michael Moses wirkt diesbezüglich auch ein wenig aufgesetzt, damit zumindest ein geringer Zusammenhang vom letzlich noch thematisierten Anschlag der Ökoterroristen erkennbar ist.

Statt an dieser Stelle fortzusetzen, widmet sich S.H.A. Parzzival hier einem gänzlich neuen Volk, komplett neuen Helden und Gott sei Dank auch wieder dem Leben im Weltraum, das, begünstigt durch die endlich wieder feinstens ausgeklügelte Handlung, um einiges spannender ist als die billige Erotik in „Germania“ und dessen Vorgängerband. Auffällig ist hierbei der überaus philosophische Unterton, den der Autor in den Diskussionen über die verlorenen Gefühle der Cadschiden mit einbringt. Solche Ansätze sind deutlich interessanter als die nicht bis ans Ende durchdachte Planung der Stadt aus dem Dritten Reich. Doch auch sonst wirkt die neue Geschichte in allen Belangen frischer und lebhafter. Der Aufbau eines Mysteriums gelingt Parzzival beispielsweise bei der Beschreibung der fremden Alien-Rasse weitaus besser als noch bei der Erörterung der schlimmen Naturkatastrophe rund um Germania. Aber auch die in „Gefühlsjäger“ eingeführten neuen Charaktere bringen spürbar Leben in die Serie. Daher liegt auch ständig das Gefühl in der Luft, dass S.H.A. Parzzival mit diesem ziemlich kurzen Roman so gerade noch einmal die Kurve bekommen hat, nachdem ihm die Story noch im letzten Buch zu entgleiten drohte.

Wenn es nach mir ginge, könnte man jetzt auch gerne wieder das Social-Fiction-Banner aus den neuen Sternenabenteuern der „Titan“ entfernen, denn wie sich hier klar herausstellt, ist die Rückkehr zu den Ursprüngen weitaus interessanter als die unglaubwürdigen zwischenmenschlichen Episoden aus den letzten Büchern. In diesem Sinne ist „Gefühlsjäger“ dementsprechend auch ein echter Fortschritt in die richtige Richtung. Jetzt muss es dem um „Perry Rhodan“-Schreiber Horst Hoffmann verstärkten „Titan“-Team nur noch gelingen, die einzelnen Stränge zusammenzufügen und einen logischen Zusammenhang zwischen den ungeklärten Ereignissen um Shylan Shans Geliebte Monja, den Befall der Ökoterroristen, Michael Moses‘ verschwiegene Geheimnisse und das Volk der Cadschiden, das sich gerade auf den Weg nach Terra begeben hat, herzustellen. Aber ehrlich gesagt: Wenn der Autor des bereits unter dem Titel „Himbeertod“ angekündigte 25. Teils Ähnliches vollbringt wie in „Gefühlsjäger“, dann darf man von „Titan“ trotz der zuletzt noch sehr starken Skepsis in Bälde noch so einiges erwarten. Lediglich der fade Beigeschmack, oder soll ich besser sagen: die etwas verwegene Erklärung in Bezug auf die eingangs erwähnte neue Terminfestlegung und Preispolitik bleibt am Ende bestehen.

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Winter, Alex – Ein Gespür für Mord

In einer Zeit, in der legendäre Krimi-Spürnasen wie Sherlock Holmes ein schier unaufhaltsames Revival feiern, ist die moderne Literatur händeringend darum bemüht, neue Helden zu finden. Starke, gefestigte Charaktere mit dem besonderen Etwas sind gefragt; außergewöhnliche Fähigkeiten ebenso wie markante Macken. Dementsprechend viele neue Krimi-Serien gehen derzeit an den Start und jeder will die gesuchte Figur in seinem Roman gefunden haben.

Der schweizerische Schriftsteller Alex Winter kommt der Vorstellung von einer solchen Ikone schon ziemlich nahe. Daryl Simmons, sein Titelheld, ist nämlich ein sehr smarter Kerl, mit dem man sich auf Anhieb anfreundet, weil er einerseits ein gewiefter Ermittler ist, andererseits aber auch einen gewissen Charme ausstrahlt, der einem sehr schnell sympathisch ist. Und noch etwas: Simmons ist als Weißer bei den Aborigines aufgewachsen und stark in den Ursprüngen dieser Kultur verwurzelt. Das Wissen um die Traditionen seiner ‚Brüder‘ und natürlich sein cooles, herzliches Auftreten helfen ihm in seinem ersten literarischen Auftritt dabei, einen verzwickten Fall zu lösen.

_Story_

Daryl Simmons hat den Polizeidienst in Perth endgültig satt. Schon mehrfach hat er bei seinem Boss Garratt um eine Versetzung gebeten, und auch eine endgültige Beurlaubung hat er schon ins Auge gefasst. Eines Tages kommt dem Obersten dieser Drang zur Landflucht gerade recht: Ein Freund hat ihn um Hilfe gebeten, um einen mysteriösen Todesfall aufzuklären. Garratt schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen kann er seinen besten Mann zwangsbeurlauben und trotzdem weiterarbeiten lassen, und zum anderen kommen die Ermittlungen im Zuge des Todes von Floyd Butler auf einer Farm im Outback endlich ins Rollen.

Simmons hat es bei der Ankunft auf dieser Farm allerdings nicht leicht; hart muss er um die Akzeptanz der übrigen Mitarbeiter kämpfen, die dem verdeckt ermittelnden Kommissar sehr skeptisch entgegentreten. Erst nach und nach wird Daryl als echter Kerl akzeptiert und kann sich durch das neu gewonnene Vertrauen erste Informationen zu Butlers Tod erfragen. Obwohl er seinen Chef im Dunkeln tappen lässt, kommt langsam aber sicher Licht in die Sache – bis dann eine weitere Leiche gefunden wird und den Fall erneut zurückwirft. Doch Simmons gibt nicht auf, denn die Anzahl der Verdächtigen ist überschaubar und erste Vermutungen scheinen ihn auf die richtige Fährte zu führen. Nur die Motive der potenziellen Täter scheinen unklar. Als dann auch noch die beliebte Meena spurlos verschwindet und einen dubiosen Abschiedsbrief hinterlässt, gerät der Beamte in Zeitnot. Doch Daryl hat noch eine Geheimwaffe: das Wissen, das er aus der Lehre bei den Aborigines gesammelt hat, und welches ihm im direkten Umfeld eines weiteren Stammes nun entscheiden weiterhelfen soll …

_Meine Meinung_

Als absoluter Australien-Liebhaber war dieses Buch natürlich eine echte Pflichtlektüre, zumal Alex Winter die Kultur und die Landschaft des kleinen Kontinents immer wieder in die Geschichte integriert und ihr letztendlich auch eine entscheidende Bedeutung zuspielt. Allerdings kommt die Geschichte trotz aller interessanten Facetten nicht so richtig in Schwung. Bevor Simmons überhaupt mal richtig ins Geschehen eingreift, ist schon mehr als die Hälfte des Buches durch, denn statt die Seiten mit einem gewissen Spannungsaufbau zu füllen, verliert sich Alex Winter zunehmend darin, das Leben auf der Farm zu beschreiben. Die Geschichte ist dabei in einem Fluss geschrieben und lässt sich insgesamt auch sehr angenehm lesen, jedoch mangelt es ihr bisweilen an einer klar erkennbaren Struktur. In aller Seelenruhe erzählt Alex Winter, wie sich Daryl Simmons langsam aber sicher im Tross der Farmer einlebt und dort nicht immer auf Gegenliebe stößt, vergisst allerdings manches Mal, dass eigentlich die Morde und das Verschwinden von Meena im Mittelpunkt stehen. Viel zu spät besinnt sich der Autor darauf, für einen klaren Höhepunkt zu sorgen und diesen aufzubauen. Selbst wenn er am Ende mit einem ziemlich überraschenden Ende aufwarten kann, ist die Erzählung über weite Strecken eher unspektakulär und gewinnt nach sehr behäbigem und überaus langem Einsteig erst sehr spät an Fahrt.

Was mich weiterhin an „Ein Gespür für Mord“ stört, sind diese haltlosen Andeutungen. Nicht selten taucht irgendwo die Aussage auf, dass der verdeckte Ermittler in Gedanken bereits eine Spur verfolgt, die dann aber nicht benannt wird. Auf diese Weise Spannung zu schaffen, funktioniert beim ersten Mal noch ganz gut, wirkt aber auf die Dauer etwas einfallslos.

Dem entgegen sammelt Winter bei der Beschreibung von Landschaft, Menschen und Kultur wiederum mächtig Pluspunkte. Die Darstellung von traditionellen Bräuchen und kulturellen Eigenheiten zeugt von intensiver Recherche und verleiht dem Roman auch deutlich mehr Farbe als die recht simple und schwerfällig voranschreitende Story, und ich muss auch zugestehen, dass mich hier nicht selten das Fernweh gepackt hat. Das Problem an der Sache ist, dass die eigentliche Erzählung im Zuge dessen schon mal vernachlässigt wird. Es gelingt dem Autor viel zu selten, das Land Australien und den Roman „Ein Gespür für Mord“ zu einer Einheit zu verschweißen; irgendwie läuft beides nebeneinander her. Dass ich mich zum Schluss dann doch noch gut unterhalten gefühlt habe, liegt (neben den Rahmenbeschreibungen) in erster Linie an der sehr interessanten Wendung kurz vor Schluss, die den Verlauf der Geschichte noch mal ein wenig auf den Kopf stellt. Sowieso geizt Winter nicht mit guten Ideen, nur will vor lauter Harmonie und etlichen Annäherungsversuchen der Hauptdarsteller kein richtiges Krimi-Feeling entstehen.

Für kurzweilige Unterhaltung ist „Ein Gespür für Mord“ daher auch gut geeignet; als undurchschaubarer Thriller taugt das Ganze aber nur bedingt. Australien-Liebhaber sollten aber dennoch überlegen, sich dieses recht überschaubare Werk anzuschaffen, denn die genannten Qualitäten sollten dieses Klientel definitiv zufrieden stellen. Ansonsten gilt: Kann man lesen, tut man’s nicht, hat man kein herausragendes Buch verpasst.

Parzzival, S.H.A. – Germania (Titan-Sternenabenteuer 23)

Band 22: [„Todesanzeigen“ 2063

„Germania“ ist der zweite Band des neu begonnenen Social-Fiction-Abschnitts innerhalb der „Titan“-Reihe und erzählt die Geschichte um die seltsame Liebe zwischen Shalyn Shan und der rätselhaften Monja weiter fort – dieses Mal allerdings in sehr knapper Form. Auf gerade mal 157 Seiten bringt es dieses Buch, und die Ersparnisse beim Umfang der Story machen sich dann leider auch sehr negativ bemerkbar. Doch nicht nur das; auch das neu betretene Feld namens Social-Fiction will einfach nicht greifen. Statt Innovation bildet sich in „Germania“ zum ersten Mal im Laufe der Serie echte Langeweile heraus, so dass man nur hoffen kann, dass die Reihe schon bald wieder zu den ursprünglichen Weltraumabenteuern zurückkehrt.

_Story_

Für Michael Moses, den mächtigsten Menschen der Erde, soll die feierliche Einweihung seiner neuen Metropole Germania zum bedeutendsten Ereignis in seinem ganzen Leben werden. Die Stadt, die nach den Plänen des Dritten Reiches entworfen wurde, soll die Machtstellung des kompromisslosen Wirtschaftsgiganten noch weiter stärken und zudem weitere Arbeitsplätze sichern. Doch noch bevor die Festivitäten richtig in Gange kommen, wird Germania von einem furchtbaren Orkan heimgesucht. Eine Gruppe von Klimaterroristen hat einen hinterhältigen Anschlag auf die neue Zentrale von Moses’ World-Market-Imperium ausgeübt und damit das gesamte Gleichgewicht der Erde ins Wanken gebracht. Denn nicht nur in der Wüste Arizonas, wo Germania entstanden ist, sondern auch an anderen Schauplätzen wird die Naturkatastrophe zu einer echten Bedrohung, bei der auch mehrere Menschen ihr Leben lassen.

Moses und der befreundete CRC-Chef Amos Carter starten Verhandlungen mit den Terroristen und stellen dabei fest, dass diese die Kontrolle über den erpresserischen Eingriff in das Weltklima vollständig verloren haben. Trotzdem lässt der Germania-Gründer die Basis der Terroristen stürmen und ihre ‚Bewohner‘ vor laufender Kamera vernichten. Doch dies ist nicht die einzige Katastrophe, mit der die Menschen in Germania und Umgebung zu kämpfen haben; auch eine Gruppe von mutierten Rattenfröschen macht die Erde unsicher.

Und während all dies geschieht, ist Monja weiterhin auf der Suche nach ihrer Vergangenheit. Ihre neue Lebensgefährtin Shalyn Shan begleitet sie bei der Erkundung des jüngsten folgenreichen Blackouts und stößt dabei auf noch mehr Rätsel. Noch immer steht die Frage im Raum, wer diese Monja wirklich ist, und was sich hinter ihrer Vergangenheit verbirgt. Obwohl Shalyn der hübschen Monja total verfallen ist, weiß sie nicht, was sie von der Sache halten soll. Und noch bevor sie zu ersten Lösungen kommen kann, gerät sie selber in Gefahr …

_Meine Meinung_

Ich habe im Laufe dieses Buches mehrmals darüber nachgedacht, die Geschichte aus der Hand zu legen und dieser Serie bis auf Weiteres meine Freundschaft zu kündigen. Bereits das vorangegangene Buch war nicht gerade berauschend, wobei dort noch eine in sich schlüssige und auch weitestgehend spannende Story aufzufinden war. In „Germania“ sind all diese positiven Eindrücke ausnahmslos verschwunden. Die Geschichte ist nicht nur dröge und langweilig, sie ist auch von vorne bis hinten leicht durchschaubar. Überraschungen hält Autor(in) S.H.A. Parzzival indes keine mehr bereit. Aber wie soll das bei einer übertrieben schnellen Erzählgeschwindigkeit auch funktionieren? Wie soll man beispielsweise die Bedrohung durch den gravierenden Klimawandel auf sich wirken lassen, wenn sie mit einem Schlag wieder ausgeräumt zu sein scheint – und das, bevor sich die tatsächlichen Auswirkungen offenbart haben …? Der Autor schließt den mit Abstand wichtigsten Handlungsabschnitt schon ab, ehe er sich überhaupt hat entwickeln können, und das macht die Sache immer unglaubwürdiger. Man hätte eine ganze Reihe mit dem Attentat auf Germania und dessen Folgen füllen können; Parzzival reichen dazu ungefähr 80 Seiten, dann sind jegliche Ansätze versaut und das letzte bisschen übrig gebliebene Atmosphäre gänzlich zerschmolzen. Wenn es das ist, was die Macher von „Titan“ unter einem Social-Fiction-Thriller verstehen, wird es Zeit, das Genre frühzeitig zu begraben!

Kaum besser fällt die Kritik bezüglich der beiden Hauptcharaktere Shalyn Shan und Munja aus. Schön, dass sich die beiden Turteltäubchen an jeder Stelle herzen müssen – aber ist es wirklich glaubhaft, dass man sich während der größten Klimakatastrophe, die die Welt je gesehen hat, lächelnd küsst? Na ja, ich weiß nicht. Aber es kommt noch schlimmer: Germania ist noch nicht von der Bedrohung entlastet, da springen die beiden in Shalyns Privat-Pool und machen sich da planschend ein paar schöne Stunden. Tut mir Leid, aber spätestens in dieser Szene hat das Buch völlig verloren und bringt die Serie infolgedessen leider auch in Verruf. Beschämend, was S.H.A. Parzzival aus dem tollen Charakter Shalyn Shan gemacht hat. Eingeschworene Anhänger werden die Augen verdrehen, wenn sie das lesen. Aber gut, meine Aufgabe ist es nicht, enttäuscht zu schimpfen. Wohl aber möchte ich klarstellen, dass die Serie auf dieser billigen Ebene keine Zukunft hat. „Germania“ ist das Negativ-Beispiel dafür, wie man einen mühsam erarbeiteten Ruf in kürzester Zeit wieder ruinieren kann. Meine Bitte an das Autorenteam: Schickt die „Titan“ wieder zurück in den Weltraum und lasst sie fremde Welten erkunden. Pseudo-innovative Inhalte wie die hier gebotenen will absolut niemand lesen!

Lohner, Alexander – Jesustuch, Das

Der Zweifel an Festgelegtem und Bestehendem ist momentan eines der Kernthemen der modernen Literatur. Vor allem die Geschichte des Neuen Testaments wird derzeit in Form verschiedener Verschwörungstheorien angegriffen und angezweifelt. Illuminaten, Katharer und andere mysteriöse Gruppen sind die Helden der aktuellen Bestseller-Autoren, und es ist noch kein Ende dieser Entwicklung in Sicht. Alexander Lohner schlägt in seinem Roman „Das Jesustuch“ jedoch einen etwas traditionelleren Weg ein, der aufgrund der anhaltenden Religions- und Glaubenskriege nach wie vor auf dem aktuellen Stand ist. Hier thematisiert er die von Vorurteilen behaftete Kritik an fremden Glaubensrichtungen und wandert dafür zurück ins 13. Jahrhundert zur Zeit der Kreuzzüge. Nun sind gerade die Kriege aus dieser Ära ein sehr populäre literarisches Gebiet, das auch immer mal wieder gerne erkundet wird. Und eigentlich arbeitet Lohner in „Das Jesustuch“ auch keine grundlegend neuen Erkenntnise heraus. Aber dennoch ist dieser Roman ein echtes Goldstück, bei dem Historisches wunderbar in einen fiktiven Plot eingeflochten wurde, ohne in irgendeine klischeebesetzte Schublade hineinzurutschen. Hut ab, kann man da bereits einleitend sagen!

_Story_

Wir schreiben das Jahr 1270, als König Ludwig IX. zum siebten Kreuzzug aufruft, dem zahllose ehrfürchtige junge Menschen folgen. Unter ihnen ist auch der adelige Jüngling Jean-Pierre, der ein Stück der verloren gegangenen Familienehre durch seinem Einsatz im Krieg wieder gutmachen möchte. Gegen den Willen seiner Angehörigen macht er sich auf den Weg nach Tunis, von wo aus die Befreiung der heiligen christlichen Stätten losgetreten werden soll.

Doch schon auf der Überfahrt gerät der junge Franzose in Schwierigkeiten, als sein Schiff durch einen Sturm von der restlichen Flotte getrennt und schließlich von Piraten erobert wird. Die gesamte Mannschaft wird von den Gefolgsleuten des Emirs in Gefangenschaft genommen und als Druckmittel benutzt, um den Rückzug des französischen Heeres zu erwirken. Jean-Pierre kommt durch seinen gehobenen Stand eine Schlüsselrolle zu, die ihm jedoch auch gewisse Freiheiten ermöglicht. Vom Status her eine Geisel, genießt er im Palast des Emirs immer mehr Freiheiten. Infolgedessen lernt er auch den Prinzen Khalid näher kennen, mit dem er fortan einige sehr philosophische Diskussionen über die Unterschiede und Motivationen ihres Glaubens führt. Die beiden werden schließlich zu sehr guten Freunden und vergessen dabei gänzlich die Umstände, unter denen Jean-Pierre in die ‚Obhut‘ des muslimischen Herrschers geraten ist. Besonders Jean-Pierre bekommt, nach wie vor von den Vorurteilen des Christentums beherrscht, bald eine ganze andere Meinung vom islamischen Glauben und lernt, ihn zu akzeptieren, denn in gewissem Sinne verfolgen sowohl die Christen als auch die Muslime die gleichen Ziele.

Über Khalid lernt Jean-Pierre dann auch Nathanael kennen, mit dem er nach Jerusalem aufbricht, um die legendären heiligen Orte zu erkunden, die er einst befreien sollte. Durch weitere Gespräche und neue Meinungen erlangt der französische Christ letztendlich ein komplett anderes Bild vom Islam als jenes, das man ihm vor den Kreuzzügen auferlegt hatte. Doch dies hat seinen Preis: Jean-Pierre wird von seiner Religion als Ketzer und Verräter am eigenen Glauben angeklagt!

_Meine Meinung_

Intoleranz, Starrsinn und blinde Gefolgschaft – die Attribute, die der Autor den Vertretern des christlichen Glaubens im 13. Jahrhundert auferlegt, sind keineswegs erstrebenswert, aber dennoch in ihrer Darstellung sehr realistisch. Dabei ist „Das Jesustuch“ beileibe keine grundlegende Kritik gegen das Christentum, geschweige denn eine direkte Anklage gegen das kriegerische Volk, das aus Unwissenheit und fehlender Bereitschaft zur Akzeptanz einer weiteren Religion wahllos Menschen umgebracht hat. So etwas hätte man schließlich auch auf 200 Seiten abhandeln können, ohne dabei zu sehr in bereits erprobte, klischeetriefende Fußstapfen zu treten.

Stattdessen nähert sich Lohner dem Thema auf eine eher zurückhaltende, unterschwellig auch spirituelle Art, die besonders durch die sehr tiefgreifenden Diskussionen zwischen Jean-Pierre und Khalid sowie später auch Nathanael geprägt wird. Natürlich sind derweil die Kreuzzüge in vollem Gange und die Kriegshandlungen werden in diesem Roman sicher nicht minder umfassend behandelt wie die eigentliche Auseinandersetzung mit dem Glauben, doch das Buch ist insgesamt von einer sehr angenehmen Ruhe durchwirkt, von der man sich gerne anstecken lässt.

Der Autor beweist hierbei allerdings auch sein ausführliches Hintergrundwissen, durch das es ihm ziemlich leicht fällt, seine Darstellungen der verschiedenen Religionen bzw. das Pro und Kontra mit schlagkräftigen Argumenten zu belegen. Es wäre ein Leichtes gewesen, das Interesse für den Islam und später für das Judentum durch eine klug inszenierte Verschwörung gegen das ‚böse‘ Christentum zu wecken und die in Europa verbreitete Glaubensrichtung an den Pranger zu stellen, indem lediglich die von ihr erzeugten Missstände verurteilt werden, aber eine solche Herangehensweise liegt Alexander Lohner fern.

In seinem Buch stehen nämlich immer noch die fiktiven Charaktere und somit auch die erzählte Geschichte im Vordergrund, und erst danach folgen die historische Einarbeitung sowie die sehr frei gestaltete Diskussion, bei der allerdings auch die Eigenschaften der Hauptfiguren und deren derzeitige Stellung eine bedeutende Rolle spielen.

Dadurch, dass sich Lohner im Verlauf der Geschichte zahllose Möglichkeiten zur weiteren Entwicklung offen lässt, gelingt es ihm zudem, von einem Spannungshöhepunkt zum nächsten zu gelangen. Wichtig ist diesbezüglich, dass die befürchteten Ausschweifungen der Gespräche, von denen ich denke, dass sie durch die Inhaltsangabe in ihrem Umfang überschätzt werden, gänzlich ausbleiben. Sie sind der Kern der Entwicklung von „Das Jesustuch“, beeinträchtigen aber nicht die sich fortlaufend wandelnde Erzählung.

Und dennoch ist es im Endeffekt nicht die Handlung als solche, sondern verstärkt die aus ihr resultierende Botschaft, die einem in Erinnerung bleibt, die man gleichzeitig als moralischen Aufruf verstehen darf, nicht mit blinder Fahrlässigkeit gegen Unbekanntes, in diesem Falle Religionen, zu wettern, wenn man die wahren Hintergründe nicht aus erster Hand kennt. Es hat etwas von dieser „erst denken, dann handeln“-Mentalität, allerdings viel schöner verpackt und facettenreich inszeniert.

Es ist auf jeden Fall überaus interessant, welche Einzelheiten der Autor der Historie entlockt und wie er sie in das Gerüst seiner Erzählung integriert. „Das Jesustuch“ ist demzufolge auch ein sehr empfehlenswertes Buch, das in einer Zeit, in der Djihad auf einem ganz anderen, bedrohlicheren Level ausgeführt wird, aktueller denn je ist. Und außerdem wird hier bewiesen, dass die Beschäftigung mit diesem Thema nicht immer gleich zur innerlichen Verkrampfung führen muss; die Grundstimmung dieses Romans ist nämlich trotz der weit reichenden Thematik so entspannt, dass man mit Freuden darin eintauchen kann.

Paul Stewart, Chris Riddell – Rook und Twig, der letzte Himmelspirat (Die Klippenland-Chroniken V)

Buch I: Twig im Dunkelwald
Buch II: Twig bei den Himmelspiraten
Buch III: Twig im Auge des Sturms
Buch IV: Twig – Fluch über Sanktaphrax

Neue Helden braucht das Land, diese alte Weisheit gilt wohl auch für das sagenumwobene Sanktaphrax, die Heimat der Himmelspiraten, durch die einst der beliebte Twig reiste. Mit dem fünften Teil der „Klippenland-Chroniken“ ist es dann auch schließlich so weit: Ein neuer Hauptcharakter wird eingeführt, nämlich der junge Rook, der zu den Ausgesandten gehört, die Sanktaphrax vor dem erneut drohenden Untergang bewahren sollen. Doch die Trennung von Twig als zentraler Figur kann natürlich nur funktionieren, wenn dieser auch in „Rook und Twig, der letzte Himmelspirat“ einen wichtigen und letztendlich entscheidenden Gastauftritt hat.

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Tonke Dragt – Das Geheimnis des siebten Weges

Bei meiner Recherche zu diesem Titel habe ich erfahren, dass es seinerzeit bereits eine TV-Serie namens „Das Geheimnis des siebten Weges“ gegeben haben muss. Keine Stunde später erzählte mir mein Bruder, dass er die Serie damals im Ersten Deutschen Fernsehen gesehen hat und recht begeistert war. Für all diejenigen, die das damals verpasst haben, trotzdem aber interessiert sind, gibt es nun zwei Möglichkeiten. Entweder man schreibt sich im Internet auf der TV-Wunschliste für diese Serie ein und wartet oder man wählt die schnellere Variante und greift nun das gleichnamige Hörbuch ab, in dem die Geschichte um den beliebten Lehrer Franz van der Steeg neu belebt wird.

Story

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Merlau, Günter – Schloss der Schlange, Das (Die Schwarze Sonne, Folge 1)

Das junge Hörspiel-Label |Lausch| hat erst kürzlich mit der Erstveröffentlichung von [„Caine“ 2050 einen echten Volltreffer gelandet, da startet auch schon die nächste Serie mit dem Titel „Die schwarze Sonne“. Und wieder ist alles bestens: tolle Story (sehr frei interpretiert nach der Romanvorlage von Bram Stoker), exzellente Sprecher, herrliche Atmosphäre und eine wunderschöne Aufmachung mit tollen Zeichnungen und Illustrationen im Booklet. Kurzum – man darf es vorwegnehmen – ein Optimalfall von einem Hörspiel und ein weiteres wichtiges Standbein, mit dem sich das Label endgültig etabliert haben sollte.

_Story_

England 1885: Nach dem plötzlichen Tod seiner Eltern kehrt der junge Adam Salton in seine Heimat zurück. Dort wird er schon von seinem Onkel Richard sowie dessen Gefährten Nathaniel de Salis erwartet. Besonderes Letzterer ist Adam von Anfang an sympathisch, hat er doch ein Faible für das Mystische, ähnlich wie Adam selber, der seit einiger Zeit von grausamen Visionen und erschreckenden Tagträumen heimgesucht wird.

Doch auch die Realität ist voller Entsetzen: Bereits bei seiner Ankunft stoßen die drei Männer auf eine brutal zugerichtete Leiche, deren zunächst prognostizierte, natürliche Todesursache heftig umstritten ist. Als es dann nicht bei dem einen Leichnam bleibt, entschließen sich Nathaniel und Adam, dem Spuk auf den Grund zu gehen. Beiden ist bewusst, dass die Bewohner von Derbyshire irgendetwas verheimlichen, doch noch kann sich niemand einen Reim darauf machen, wie es zu den plötzlichen Todesfällen gekommen ist. Dann jedoch machen die beiden eine furchtbare Entdeckung: In den Mooren von Derbyshire haust ein mythologisches Schlangenwesen, das von einem seltsamen Kult gedeckt wird. Langsam kommt Licht ins Dunkel, doch eine Frage steht weiterhin im Raum: In welchem Zusammenhang stehen die jüngsten Morde mit dem Tod von Adams Eltern?

_Meine Meinung_

Natürlich wird ein Hörspiel in erster Linie im Hinblick auf die Rahmenhandlung bzw. die eigentliche Geschichte bewertet. Ohne einen spannenden Plot läuft nunmal gar nichts. Und dennoch ist „Die schwarze Sonne“ in seiner genialen Umsetzung nicht nur auf die eigentliche Story zu beschränken. Es sind die fantastischen Bedingungen, unter denen dieses Hörspiel auftritt, die letztendlich für die hier entfachte Begeisterung sorgen. Alleine schon der Soundtrack dieser ersten Episode ist Gold wert. Mit vielseitiger Klassik hebt Hörspielautor Günter Merlau die verschiedenen Stimmungen perfekt hervor. Düstere Gruselstimmung, plötzliche Euphorie, gesteigerte Theatralik – alles zu seiner Zeit und alles unheimlich toll inszeniert. Lausch bieten nicht nur eine erzählte Geschichte, sondern Kino für die Ohren! Bärenstark, wie die Atmosphäre immer wieder ruckartig umschlägt. Ängste, Liebe, Harmonie, Schrecken, Freude, Grusel, Verwirrung, was will man mehr?

Dazu dann die Sprecher: Das Label kann wirklich auf eine erlesene Auswahl erstklassiger Akteure zurückgreifen. Besonders hervorzuheben sind hier die beiden Hauptdarsteller Christian Stark in der Rolle des Adam Salton und Harald Halgarth als der wissensdurstige Nathaniel de Salis. Stark kann dabei besonders an den Stellen, in denen die Handlung aus seiner Sicht erzählt wird, auftrumpfen. Die Beschreibung seiner schrecklichen Visionen sowie das Erleben der abenteuerlichen Ermittlungen rund um die Moore von Derbyshire sind darstellerische Extraklasse, oder, um beim Klischee zu bleiben, ganz großes Kino!

Die eigentliche Story soll bei all dem äußeren Glanz natürlich nicht unter den Tisch gekehrt werden. Günter Merlau nimmt sich alle Freiheiten, die ihm seine Arbeit bietet, hält sich aber inhaltlich komplett an die Vorlage. Der wesentliche Unterschied besteht in der frischen, lebhaften Präsentation. Der verstaubte Stoker wird neu belebt, das alte England durch die moderne Aufarbeitung ins neue Jahrtausend transferiert. Dennoch geht dies nicht auf Kosten der Spannung. Und, nicht unwichtig, das Ganze wirkt auch nicht wie die kitschige Auferweckung verschollener Klassiker. Denn gerade erst durch den tollen Soundtrack und die herrliche Grundstimmung bekommt das Hörspiel die zweifellos vorhandene Authentizität zugesprochen; erst hierdurch entsteht das teils gruselige, teils abenteuerliche Flair, in dem sich die Geschichte bewegt. Außerdem begeht man nicht den Fehler, die Story an sich zu modernisieren. Jugendliche Plattitüden sind den Machern fremd, Gepflogenheiten des 19. Jahrhunderts hingegen willkommen.

Was kann ich mehr sagen? Es passt einfach jedes einzelne Puzzlestück dieser Produktion wie die berüchtigte Faust aufs Auge. „Das Schloss der Schlange“ ist ein wunderbarer Auftakt einer neuen, viel versprechenden Reihe, mit der wir in Zukunft garantiert noch sehr viel Freude haben werden. Leider wird die Fortsetzung erst im Herbst erscheinen, doch bis dahin ist dann wenigstens genügend Zeit, um die Kunde von diesem neuen, fantastischen Label für phantastische Unterhaltung weiterzugeben! Mit einem Wort: Super!

http://www.die-schwarze-sonne.de/
http://www.merlausch.de

Oprisko, Kris / Wood, Ashley – Metal Gear Solid (Band 2)

[Band 1 2223

_Story_

Solid Snake trifft im Labyrinth den gefangenen Baker und erhofft sich von ihm mehr Informationen über die Pläne zum Abschuss von Metal Gear, doch während des Gespräches stirbt der Wissenschaftler in den Armen des Einzelkämpfers – gerade als er dabei war, ihm ein wichtiges Geheimnis über seine Auftraggeber aus dem Pentagon anzuvertrauen. Diese wiederum verlangen von Solid Snake eine engere Zusammenarbeit mit der Söldnerin Meryl, auf die sich Solid Snake jedoch nur bedingt einlässt. Von ihr erfährt er, wo der Erfinder des Projektes, Dr. Emmerich, stationiert ist und wie man Metal Gear aufhalten kann. Meryl, zugleich Tochter von Colonel Campbell, hält die Stellung, während sich Snake noch tiefer in das Labyrinth hineinbegibt und schließlich Emmerich aufspürt. Doch auch hier scheint er zu spät zu kommen, denn ein brutaler Cyborg hat sich bereits einen Weg zum Metal-Gear-Urheber gebahnt und droht, ihn zu vernichten. Es kommt zum Kampf, in dem sich das wahre Gesicht des Kampfroboters offenbart, und in dem Snake von oberster Stelle erfährt, um wen es sich bei seinem neuen, übermächtig erscheinenden Gegner zu handeln scheint …

_Meine Meinung_

Der zweite Comic-Band zur vierteiligen Serie steckt voller Überraschungen für den Helden Solid Snake. Irgendetwas scheint nicht zu stimmen, und es macht den Eindruck, als würden seine Auftraggeber ihm wichtige Informationen vorenthalten oder aber eingreifen, wenn Snake droht, zu viel zu erfahren. Es liegt eine Verschwörung in der Luft, die durch das Auftauchen eines alten Bekannten in der zweiten Hälfte noch mysteriöser wird, den Leser aber gleichzeitig auch ein bisschen (im positiven Sinne) verwirrt. Genaue Motivationen der Verbrecher sind zwar rein äußerlich erkennbar, aber wie die einzelnen Verstrickungen tatsächlich aussehen, bleibt weiterhin ein Rätsel, das es für den legendären Söldner aufzudecken gilt.

Wie auch schon im ersten Teil lebt die Geschichte vorrangig von ihrer Action. Solid Snake hat mehrere Gefechte zu überstehen, verfolgt aber eine sehr klare Linie, die sich aber generell auch durch die gesamte Geschichte zieht. Der Hauptcharakter und sein zielstrebiges Auftreten sind sinnbildlich für den sehr gradlinigen Verlauf der Handlung, die aber dank der verzwickten Rollenaufteilung – man weiß nach wie vor nicht mit Gewissheit, welche Person jetzt welchen Zweck erfüllt – niemals an Spannung verliert. Schade ist nur, dass das Ganze wieder so schnell vorbei geht. Rein quantitativ passiert in Band 2 jedenfalls nicht allzu viel, und auch wenn die Handlung sich weiterentwickelt hat, ist die Geschichte nur geringfügig vorangekommen. Kris Oprisko kommt schnell auf den Punkt, das ist auch gut so, aber ein bisschen mehr Inhalt hätte dem zweiten Teil letztendlich trotzdem sehr gut getan. Es fällt mir jedenfalls schwer, mir vorzustellen, dass die Sache nach ganzen vier Bänden bereits komplett rund sein soll. Es wäre zu einfach, wenn Solid Snake jetzt auf direktem Wege die Nuklearwaffen aufspürt und sie vernichtet. Wo bringt der Autor dann die Lösung der hier aufkeimenden Ungereimtheiten bezüglich der ‚bösen‘ Charaktere noch unter?

Aber gut, ich lasse mich überraschen und darf mich auch eigentlich nicht beschweren, schließlich war Band 2 am Ende auch wieder sehr unterhaltsam und konnte mit seiner düsteren Atmosphäre erneut echt begeistern. Mittlerweile habe ich mich auch an den Stil von Ashley Woods Skizzen gewöhnt, der mir von Bild zu Bild besser gefällt, gerade wenn der Mann mal etwas mehr Farbe ins Spiel bringt. Wer sich den ersten Teil bereits angeschafft und damit seine Freude gehabt hat, darf die aktuelle Ausgabe natürlich auch nicht verpassen und sich schon jetzt auf die im Mai folgende Fortsetzung freuen. Dann sollte aber neben der gewohnt rasanten Action auch die Rahmenhandlung ein wenig mehr vorankommen, denn wenn es von meiner Seite etwas zu kritisieren gibt, dann die meines Erachtens zu deutliche Fokussierung auf Dialoge und Kampfhandlungen, deren Inhalte nicht immer den gewünschten Fortschritt bringen – und dies war eigentlich einer der Punkte, die mir im Vorgängerband noch so positiv aufgefallen sind, sprich ein konsequenter Strang und kaum Nebenhandlung. Ein bisschen mehr Rahmen hätte es aber in der Fortsetzung schon sein können, und ich wäre rundum zufrieden gewesen. Ja, ja, wüsste ich nur manchmal selber, was ich genau will … Aber wie gesagt, alles in allem bin ich auch von Teil zwei überzeugt!

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Serno, Wolf – Balsamträger, Der

Wolf Serno wurde in den letzten Jahren vor allem durch seine Geschichten um den Wanderchirurgen bekannt und in manchen Publikationen sogar als die deutsche Antwort auf Umberto Eco bezeichnet. Seine Fähigkeit, historisch Korrektes mit spannender Fiktion zu verknüpfen, ist hierzulande fast schon einzigartig und verdient immer wieder großes Lob. Während ich selber noch immer sehr begeistert an sein zuletzt von mir gelesenes Buch „Hexenkammer“ zurückdenke, veröffentlichte Serno dieser Tage auch schon wieder einen neuen Roman unter dem Titel „Der Balsamträger“. Die Vorfreude war groß, aber leider bleibt der Autor in seinem Ende 2005 erschienenes Werk ein Stück weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Warum, wieso, weshalb kann man im Anschluss an die folgende Inhaltsangabe lesen.

_Story_

1780 im Thüringer Wald. Der kleine Tagedieb Listig ist als Bettler nicht sonderlich erfolgreich. Eines Tages entdeckt er jedoch eine Masche, mit der er die Leute auf dem Markt übers Ohr hauen kann. Und seine Raffinesse wird immer ausgefeilter; so gelingt es ihm tatsächlich, den berüchtigten, wertvollen Antonius-Splitter aus der Kirche zu entwenden, als eine Räuberbande diese in Brand setzt. Als er diesen in einem Wirtshaus gegen eine Mahlzeit tauschen kann, kommt dem jungen Listig eine Idee; er schnitzt sich seine eigenen Splitter, verkauft die Duplikate und bereichert sich mit dieser üblen Gaunerei. Im selben Ort trifft Listig auch auf einen Zahnbrecher, mit dem er fortan von Dorf zu Dorf zieht, bis Listig das Opfer eines Unfalls wir: Mitten im Wald wird der betrunkene Ganove von einer Kutsche angefahren und verliert dabei beide Beine. Aus dem Mann, der seinem Namen alle Ehre macht, wird ein hilfloser Krüppel.

Pausback ist ein recht einfältiger, ziemlich naiver Hüne, der nach dem Tod seines Vaters dessen Geschäft übernehmen muss. Weil dieser jedoch stets auf Reisen war, um seine heilenden Medikamente zu verkaufen, muss sich der Riese von seiner geliebten Mutter trennen und verliert trotz seines bärigen Äußeren jegliche Obhut. So kann ihm auch niemand zur Hilfe eilen, als seine Kunden den neuen Buckelapotheker immer wieder übers Ohr hauen und ihm die angepriesenen Salben quasi gratis entwenden. Der jedoch merkt vom Schwindel zunächst nichts und wandert seine Route stetig weiter – bis er in Pennewitz auf einen Mann ohne Beine trifft.

Von dort an reisen Pausback und Listig gemeinsam durch die Lande und wandern entlang der Apothekenstrecke bis nach Hamburg. Das heißt, Pausback läuft, während er neben seinen Kräutern auch noch den neuen Freund auf den Schultern trägt. Als Lohn für die Erleichterung der Fortbewegung unterstützt Listig Pausback bei seinen Geschäften und vermeidet, dass dieser in den Ruin hineinrennt. Der neue Friede wird aber schnell getrübt, als die beiden dank Listigs lockerer Zunge in das Lager der Räuberhauptmanns Galantho gelangen. Und dort müssen sie um ihr Leben bangen. Doch dies ist nicht die einzige Situation, in der die Freundschaft der beiden auf eine harte Probe gestellt wird. Auch die spätere Bekanntschaft mit der hübschen Eva, in die sich beide prompt verlieben, wird zur Zerreißprobe, in der Listig erneut auf alte Qualitäten zurückgreift …

_Meine Meinung_

Das 18.Jahrhundert ist das neue Steckenpferd von Serno und wird in „Der Balsamträger“ von der Atmosphäre und den kulturellen Bräuchen her mal wieder fantastisch beschrieben. Die Personen, die Schauplätze der Geschichte und auch die Gepflogenheiten der Charaktere, all dies lässt auf eine verstärkte Vorliebe für diese Ära schließen, bei der Serno mal wieder eine makellose Figur abgibt. Woran es aber bei „Der Balsamträger“ im Vergleich zu früheren Romanen mangelt, ist die Spannung. Der Autor verbringt lange Zeit damit, die einzelnen Hauptpersonen genauer vorzustellen, was im Falle von Listig sicher auch nötig ist, schließlich ist der Mann mit allen Wassern gewaschen, und seine zahlreichen Eigenschaften sollen sich ja auch im späteren Verlauf immer wieder zeigen. Trotzdem dauert es einfach viel zu lange, bis die ganze Geschichte mal in Schwung kommt, denn richtig interessant und in diesem Sinne auch halbwegs spannend wird es erst ab dem Moment, in dem Pausback und Listig aufeinander treffen und gemeinsam ihre Abenteuer erleben.

Zudem hat Wolf Serno es irgendwie verpasst, die einzelnen Handlungsstränge fließender ineinander übergehen zu lassen. Die Verbindung des Amtsmannes Röther, der seine Magd (und Geliebte) Eva dazu bringt, die eigene Frau umzubringen, zur übrigen Geschichte wird zwar später deutlich, aber die diesbezügliche Darstellung ist eher unzufrieden stellend. Lediglich die tatsächliche Rolle der Eva bzw. das Mysterium um die junge Giftmischerin ist ein Punkt, um den herum sich eine gewisse Spannung aufbaut, die auch bis zum Ende durchhält.

Ansonsten scheint der Autor bei „Der Balsamträger“ mehr darauf bedacht zu sein, seinen Humor mit einzubringen. Alleine schon die Darstellung des ziemlich dummen (wenn auch klischeehaft eingeleiteten) Buckelapothekers Pausback lockert so manches Mal die Lachmuskeln, und auch das Bild, das der flinke Listig abgibt, fördert einem ab und an ein Grinsen zutage. Leider aber sind es im Endeffekt auch seine Sprüche und Streiche, die nach einiger Zeit langweilig werden und dem Buch diese vermeidbaren Längen in den ersten beiden Dritteln verpassen. Wie heißt es so schön: Weniger ist manchmal mehr, und genau das trifft hier zu. Serno lässt bisweilen die Zielstrebigkeit beim Kreieren des Plots vermissen, und infolge dessen verrent er sich einfach zu oft in Teilhandlungen, die für die grundlegende Story absolut keine Bedeutung haben. Zu Beginn liest sich das noch alles schön und locker, auf Dauer aber nimmt es der Geschichte den Fluss.

Zum Schluss offenbart Serno dann aber glücklicherweise wieder alte Qualitäten. Die einzelnen Nebenstränge werden zusammengefügt, und es ergibt sich ein gutes, zufrieden stellendes Ende und dann auch das Resümee, dass der Roman trotz der genannten Kritikpunkte immer noch Spaß bereitet hat. Hier scheidet sich nämlich die Spreu vom Weizen: Serno bringt selbst einen durchschnittlich beginnenden Roman noch halbwegs sauber ins Ziel; bei manch anderem Autor hätte man zwischendurch – wohl wissend, dass der Schuss nach hinten losgeht – schon längst aufgegeben.

Shocker, Dan – Wahnsinnsbrut (Larry Brent 30)

|“Sanatorium der Toten“|

Angelique Gourmon verbringt einige Tage alleine auf dem großen Anwesen ihrer Familie. Doch in Abwesenheit ihres Vaters tragen sich seltsame Dinge zu; eines Nachts erwacht Angelique in einem schwarzen Sarg und flieht völlig verängstigt aus dem eigenen Haus. Dabei rennt sie direkt vor einen Krankenwagen aus der benachbarten psychiatrischen Klinik. Statt sich jedoch auf die Hilfe der Sanitäter einzulassen, erzählt Angelique weiter von ihren düsteren Visionen und wird in das
Sanatorium von Professor Mineau eingeliefert.

Währenddessen geht X-RAY-3, Larry Brent, dem Verschwinden einiger junger Mädchen nach. Seine Spur führt ihn in einen anrüchigen Nachtclub, in dem er die hünsche Yvonne Basac beobachtet. Sein Versuch, die Dame näher kennen zu lernen, bringt jedoch nicht den erwünschten Erfolg, und so kann Brent auch nicht sofort eingreifen, als der angeblich Geliebte Marquis de Noir seine Herzdame auf sein Anwesen verschleppt. Brent nimmt zwar die Verfolgung auf, wird aber selber niedergeschlagen und tappt weiterhin im Dunkeln.

Als er wieder erwacht, trifft er die tolpatschige Bauersfrau Louise, die ihm von einigen mysteriösen Geschichten rund um das Schloss des Marquis erzählt. Der grausame Marquis hat vor mehreren Jahrhunderten eine grausame Folterkammer eingerichtet, die Gerüchten zufolge auch heute noch in Benutzung sein soll. Brent begibt sich schließlich selber ins Schloss und macht dort einige furchtbare Entdeckungen. Er hat die Brutalität der Verbrecher unterschätzt und fordert Hilfe von X-RAY-1, Morna Ulbrandson, an. Die hübsche Schwedin passt äußerlich perfekt ins Schema der verschwundenen Damen und erklärt sich bereit, den Lockvogel zu spielen. Gemeinsam kommen die beiden dem geheimnisvollen Treiben im Sanatorium des Professors auf die Spur, begeben sich aber erneut in große Gefahr …

|“Die Wahnsinnsbrut des Dr. Satanas“|

Larry Brent und sein Kollege Iwan Kunaritschew werden in die uruguayanische Hauptstadt Montevideo beordert, um dort in der Angelegenheit einer vollkommen entarteten Erscheinung des Wahnsinns zu ermitteln. Vor Ort haben einige Menschen nämlich eine völlig neue Methode, sich wütender Hunde zu entledigen, entdeckt; statt nämlich die Flucht zu ergreifen, stellen sie sich den wilden Tieren und fressen sie kannibalengleich auf.

Brent und Kunaritschew verfolgen verschiedene Spuren. Während X-RAY-3 mit den Familien der Betroffenen redet, sucht sein russischer Freund die Anstalt, in der die Wahnsinnigen ‚aufbewahrt‘ werden, auf und erfährt dabei die schreckliche Wahrheit über diese Menschen. Sie wurden ihrer Organe vollständig beraubt und tragen in ihrem Inneren nun eine mysteriöse graue Masse mit sich herum. Bevor Kunaritschew seinen Kollegen über die Neuigkeiten in Kenntnis setzen kann, setzt dieser jedoch schon einer neuen Spur hinterher. Ein junges Mädchen führt ihn nämlich sofort in das Hauptquartier des berüchtigten Dr. Satanas. Brent bringt in Erfahrung, dass dieser hinter der gesamten Manipulation steckt. Wohl wissend, dass Brent für die Geheimorganisation PSA arbeitet, bietet Satanas dem Agenten an, an seiner Seite zu kämpfen und gemeinsam mit dem verrückten Doktor die Weltherrschaft an sich zu reißen. Nachdem er Brent schließlich per Hypnose ausgeschaltet hat, befreit er die gefangenen Wahnsinnigen und startet einen infernalischen Angriff …

_Meine Meinung_

Im Band „Wahnsinnsbrut“ – das 30. Buch in der Sammelreihe des BLITZ-Verlags, in der in loser Folge bereits über 100 Titel geplant oder erschienen sind – klafft die Schere der Spannung arg weit auseinander. Wie eigentlich immer bei Larry Brent spielen Klischees aus dem Horror-Bereich eine übergeordnete Rolle und werden besonders im Falle der ersten Story voll und ganz bedient. In „Sanatorium des Todes“ lässt Dan Shocker keine einzige Peinlichkeit aus und versucht ab dem verspäteten Eingreifen von Larry Brent, die trübe Geschichte mit den verschiedensten stilistischen Mitteln interessant zu halten – jedoch erfolglos! „Sanatorium“ hat im Endeffekt mehr von einem Bericht als von einer Gruselstory. Eine Guillotine hier, grausam verstümmelte Leichen dort und obendrein noch ein paar völlig verstörte junge Frauen, die allesamt Bekanntschaft mit dem totgeglaubten Marquis gemacht haben. Hört sich nicht schlecht an, ist aber im Prinzip ziemlich langweilig. Der Leser wird im Laufe der Erzählung einfach zu oft vor vollendete Tatsachen gestellt, und je weiter die Geschichte voranschreitet, desto vorhersehbarer wird sie schließlich auch. Der Autor zeigt sich bei den Beschreibungen der einzelnen Szenarien allerdings auch sehr, sehr schwach. Symbolisch hierfür steht die Darstellung des Kellergewölbes mit der Folterkammer. Die Beschriebung an sich reicht nicht aus, um die erwünschte Atmosphäre zu erzeugen, also wirft man anschließend einfach ein paar Schlagworte wie Spinnweben, Nebel, usw. in die Runde und versucht somit, das fehlende Element zu erzwingen. Aber so geht das leider nicht!

Und diese Mischung aus unambitionierter Erzählung und lahmen Darstellungen zieht letztendlich auch bis zum Schluss durch. „Sanatorium der Toten“ ist in meinen Augen eine der schlechtesten Geschichten um den Geheimagenten des PSA und zieht sich trotz des vergleichsweise geringen Seitenumfangs wie Käse. Wer einen Einstieg in diese eigentlich immer gute Serie sucht, ist hier falsch beraten.

Ganz anders sieht es da schon mit der zweiten Story innerhalb dieses Sammelbands aus; das eigentliche Titelstück, „Die Wahnsinnsbrut des Dr. Satanas“ schreitet nämlich wesentlich rasanter voran und wirkt im Bezug auf die Kreation der Atmosphäre auch nicht aufgesetzt. Der Leser hat zwar auch hier relativ schnell einen Riecher dafür entwickelt, wohin die Erzählung zum Ende hin führen wird, aber alleine schon die um ein Vielfaches verbesserten Darstellungen der Action-Handlungen und die weitaus besser motivierten Charaktere (hier vor allem Brent und sein Kollege Kunaritschew) treiben den Lesespaß nach dem ernüchternden Vorgänger-Plot schlagartig wieder in die Höhe. Zudem beschränken sich die Klischees in „Die Wahnsinnsbrut des Dr. Satanas“ auf Sachen wie einen verrückten Professor und die Zombie-ähnliche, aber insgesamt sehr gelungene Charakterisierung der ‚Infizierten‘. Die Idee mit den völlig entarteten Menschen, die sich gegenüber Hunden wie Kannibalen verhalten, ist sogar sehr frisch, was auch für ihre Entwicklung im Laufe des Romans gilt.

Auch hinsichtlich der Atmosphäre ist die Handlung wieder auf gewohntem Niveau; die Grundstimmung wirkt beklemmender und die Bedrohung wird hier viel offensichtlicher in Szene gesetzt. Die Szenen, in denen die ‚Hundefresser‘ zur Tat schreiten, sind dabei das i-Tüpfelchen einer packenden Grusel-Story.

Inhaltlich und bezüglich der Schwerpunkte mögen sich die beiden Geschichten enorm ähneln, qualitativ ist allerdings ein mächtiger Unterschied zu erkennen. Während die Geistesgestörten in der ersten Handlung noch vollkommen blass bleiben, wirkt die Wahnsinnsbrut im zweiten Teil tatsächlich sehr bedrohlich und bietet dem Leser das, was er von einem guten Larry-Brent-Roman erwartet. Vielleicht besteht der Fehler in „Sanatorium der Toten“ auch darin, die Geschichte zu nahe an einen klassischen Krimi anzulehnen; irgendwann weiß der Autor nicht mehr, was er nun aus der Sache machen soll: eher eine typische Ermittlungs-Story oder dann doch eine geschickt inszenierte Horror-Geschichte. In beiden Belangen hat er sein Ziel verfehlt und statt zu unterhalten eher für Langeweile gesorgt. „Die Wahnsinnsbrut des Dr. Satanas“ hingegen ist deutlich zielstrebiger. Shocker weiß, worauf er hinaus will, und arbeitet ohne überflüssige Rahmenhandlung auf eine sehr actionreiche, vor allem aber spannende Handlung hin, die man prima in einem Guss verschlingen kann. Typisch Brent eben.

Als Rezensent steht ich am Schluss vor einer schwierigen Aufgabe. Einerseits möchte ich den Lesern auf jeden Fall diese zweite Geschichte empfehlen; andererseits möchte ich sie aber vor der offenkundigen Langeweile in „Sanatorium der Toten“ bewahren. Wem 9,95 € für eine gut 100 Seiten lange Grusel-Story nicht zu viel sind, sollte sich die auf 999 Exemplare limitierte Ausgabe nicht entgehen lassen. Alle anderen sollte wohl besser auf einen anderen Sammelband aus der umfangreichen Reihe zurückgreifen.

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Barclay, James – Elfenmagier (Die Chroniken des Raben 6)

Band 1: [„Zauberbann“ 892
Band 2: [„Drachenschwur“ 909
Band 3: [„Schattenpfad“ 1386
Band 4: [„Himmelsriss“ 1815
Band 5: [„Nachtkind“ 1982

Mit sehr viel Freude, gleichzeitig aber auch einigen Tränen ob des Endes dieser fantastischen Fantasy-Reihe, habe ich diesem Moment entgegengeblickt. Endlich ist der letzte Band der „Chroniken des Raben“ auf den Markt gekommen und die wiederum dreimonatige Durststrecke seit dem letzten Buch „Nachtkind“ vergangen. Seit dem Beginn der Serie hier in Deutschland im September 2004 verschlinge ich nun schon die Bücher um das legendäre Söldnergespann und ihre Abenteuer in der Fantasy-Welt in Balaia und bin dabei auch zu der Meinung gelangt, dass James Barclays Serie im Hinblick auf die eher kompakte phantastische Literatur – dazu gehören zum Beispiel nicht die ewig langen Tad-Williams-Epen – die wohl beste und spannendste Story überhaupt bietet. Daher bin ich auch sehr erleichtert über die Tatsache, dass „Elfenmagier“ nicht die letzte Geschichte um den Raben ist. In „Die Legenden des Raben“ werden die Chroniken schon im Mai dieses Jahres eine deutschsprachige Fortsetzung erfahren, deren zweiter Teil ebenfalls schon angekündigt wurde, und zwar für den September dieses Jahres. Und schon jetzt kann man gespannt sein, ob Barclay das hohe Niveau noch einmal wird erreichen können. Aber bei solchen Superhelden braucht er sich eigentlich keine Sorgen zu machen. Aber gut, das ist alles noch Zukunftsmusik, widmen wir uns lieber der aktuellen Veröffentlichung, sprich dem großen Finale in Band 6.

_Story_

Die Hafenstadt Arlen steht kurz vor der Invasion. Sowohl das Kolleg der Dordovaner als auch die Abgesandten aus Lystern unter der Führung von General Darrick sind auf der Suche nach Erienne, deren Tochter auf einer fernen Insel das magische Gleichgewicht der Kollegien durcheinander gebracht hat und zur Gefahr für ganz Balaia geworden ist. Und tatsächlich gelingt es Selik, dem Anführer der Schwarzen Schwingen, die sich wiederum mit den Dordovanern verbündet haben, die Raben-Magierin gefangen zu nehmen und mit dem Elfenschiff |Meerulme| in See zu stechen.

Währenddessen beratschlagen sich Denser, Ilkar und der Unbekannte Krieger darüber, wie es gelingen kann, aus dem Gefängnis auszubrechen. Die Antwort folgt auf den Fuß; Hirad Coldheart eilt seinen ehemaligen Verbündeten und im Streit geschiedenen Kumpanen zur Hilfe. Gemeinsam beleben sie den Raben neu und schließen sich mit dem desertierten Darrick zusammen, um die Streitmacht der Dordovaner aufzuhalten. Doch diese scheint viel zu mächtig, und bereits in Arlen kommt es zu heftigen Gefechten, bei denen der Unbekannte schwer verletzt wird. Dennoch gelingt es dem Team, ein Schiff zu entern und die Verfolgung aufzunehmen. Mit an Bord: der Gestaltenwandler Thraun, der in der Abgeschiedenheit des Waldes mit seinem Wolfsrudel gelebt hat und nach dessen Tod langsam aber sicher wieder menschliche Züge annimmt. Jedoch ist auch sein Leben in Gefahr, und schon seit Tagen regt er sich nicht mehr.

Für den Raben gilt es jetzt, Erienne noch schneller zu befreien, denn das Leben einiger ihrer Mitstreiter hängt von einer zügigen Heilung ab, die nur die verratene Magierin aus Dordover gewährleisten kann. Es beginnt ein Wettlauf auf hoher See, der für beide Gruppen zusätzlich durch die immer wieder aufkeimenden Unwetter behindert werden, welche durch die unkontrollierten Energien aus Lyannas Mana entfacht werden. Und wenn Denser und Erienne nicht rechtzeitig ihre Tochter erreichen und nach alter Überlieferung das Gleichgewicht mit einer magischen Formel wieder herstellen, droht ganz Balaia der Untergang – selbst wenn einer von ihnen dabei den sicheren Tod finden wird …

_Meine Meinung_

Nach dem vierten Band wagte sich James Barclay zeitversetzt noch einmal an eine neue Rahmenhandlung, die er nun auch schon im letzten Band wieder zu Ende bringt. Gab es damals noch einen Zeitsprung, der im Buch eine Periode von circa sechs Jahren umfasste, setzt der Autor die Geschichte im „Elfenmagier“ unmittelbar fort und landet dabei auch direkt in einem brutalen Kampfszenario inmitten der ansonsten so friedlichen Hafenstadt Arlen. Und mit diesem Gefecht beschäftigt sich Barclay schließlich auch ziemlich lange, geht näher auf die einzelnen Duelle ein und zeigt erneut ein sehr gutes Gespür für die Darstellung von Schwertkämpfen und magischen Waffen. Meines Erachtens hätte man aber dennoch diese umfangreiche Beschreibung ein wenig kürzen können und sich stattdessen am Ende ein wenig ausführlicher über die genauen Hintergründe der gesamten Handlung auslassen sollen. Man muss das Buch gelesen haben, um diese Aussage zu verstehen, denn es ist schon so, dass sich der Autor nach dem finalen Showdown ein wenig kurz fasst. Aber wer weiß, vielleicht knüpft ja das nächste Buch schon nahtlos hier an …

Ansonsten ist „Elfenmagier“ wiederum ein makelloser Vertreter dieser Reihe und zeigt den Raben in bester Form. Die Differenzen untereinander sind überwunden und man kämpft wieder stolz Seite an Seite gegen das verräterische Kolleg aus Dordover mit seinem Anführer Vuldaroq und gegen den Anführer der Schwarzen Schwingen, Selik, von dem man eigentlich schon glaubte, er sei tot. Besonders Erienne hat mit ihm schon seit langer Zeit eine Rechnung offen, schließlich war er derjenige, der einst ihre beiden Söhne umgebracht hat. Aus diesem Grunde ist das wahre Böse in „Elfenmagier“ auch klar definiert und wird fast ausschließlich auf die Schultern von Selik übertragen. Während es eigentlich andere sind, die die Hauptlast des Kampfes gegen den Raben auf sich nehmen, steht er als Symbol für die Verlogenheit der ehemals befreundeten Kollegien, gegen das man nach und nach eine echte Abscheu entwickelt. Alleine für seine Charakterisierung verdient Barclay großen Applaus.

Weiterhin sehr schön beschrieben ist der Zwiespalt im Gemüt der Raben-Magier. Denser und Erienne sind sich dessen bewusst, dass einer von beiden sich für den Fortbestand der einen Magie und zugunsten des Weiterlebens ihrer Tochter Lyanna opfern muss. Doch auch ein weiterer Magier hat hart mit sich kämpfen, nämlich der unscheinbare Ilkar. Lyanna zu retten, hieße gleichzeitig, die Magie seines Kollegs aufzugeben, und im entscheidenden Moment bekommt der Elf aus Julatsa diesbezüglich arge Zweifel.

Im Vergleich zu anderen Büchern über den Raben sind die Rollen der Charaktere in „Elfenmagier“ wieder gerechter verteilt. Heimliche Helden wie Denser und Hirad werden nicht mehr bevorzugt und sind den anderen gegenüber – speziell nach dem dummen Streit vor der Ankunft in Arlen – gleichgestellt. Erienne übernimmt zwar eine übergeordnete Hauptrolle, aber dies liegt auch am Verlauf der Geschichte und ihrer Entführung, infolge derer sie zur begehrtesten Person in ganz Balaia wird. Ansonsten kommen hier alle Mitglieder des Raben (ausgenommen Thraun) in gleichem Maße zum Zuge, und das gab es eigentlich schon seit dem ersten Band nicht mehr.

Alles in allem ist „Elfenmagier“ sicherlich eines der actionreichsten Bücher der Serie. Im Gegensatz zum eher Charakter-bezogenen Vorgängerbuch wird der Großteil dieses Bandes von kriegerischen Handlungen bestimmt und entschieden. Barcley baut einen sehr gelungenen Spannungsbogen auf, der in einem unvermeidbaren, finalen Showdown ausartet, bei dem sich die Zukunft von ganz Balaia entscheidet. Wie es ausgeht …? Nun, das muss sich jeder selber erarbeiten. Nur so viel: Es ist ein sehr überraschendes Ende, das der Autor aber unter Umständen auch gebraucht hat, um einen etablierten Rahmen für die demnächst erscheinende Fortsetzungs-Reihe zu schaffen. An meiner erneuten Begeisterung hat sich demnach auch nichts geändert. Einmal mehr fasziniert von der Welt der Rabenkrieger, fiel es mir von Seite zu Seite schwerer, dem Ende entgegenzutreten, und ich kann meine Erleichterung darüber, dass dieses Ende nicht endgültig ist, schon kaum mehr in Worte fassen. All das spricht sicherlich dafür, wie genial und beeindruckend „Die Chroniken des Raben“ sind, und ich bin mir jetzt schon sicher, dass ich mir eines Tages die gesamte Erzählung noch mal von Anfang an durchlesen werde. Aber ich schweife ab. Wer sein Desinteresse an dieser Serie bislang immer damit begründet hat, dass sie noch nicht komplett erhältlich ist, wird jetzt keine Ausrede mehr finden und ist in die Pflicht genommen. Ein Meisterwerk der modernen Fantasy-Literatur steuert in „Elfenmagier“ seinem vorläufigen Ende entgegen und sollte mit sofortiger Wirkung in jede gut sortierte Sammlung aufgenommen werden. Mr. Barclay, Sie haben ein wahrhaft göttliches Werk vollbracht!

Kirkman, Robert / Moore, Tony – Gute alte Zeit (The Walking Dead 1)

Robert Kirkman ist von Kindheitstagen an ein großer Zombie-Fan und liebt vor allem diejenigen Genre-Streifen, in denen neben der handelsüblichen Action auch noch ein wenig versteckte Gesellschaftskritik enthalten ist. Zu seinen Favoriten zählt Kirkman vor allem die Klassiker von George A. Romero und Sachen wie „Dawn Of The Dead“ und den noch ganz jungen Beitrag „28 Days Later“.

Diese Vorliebe ist seiner neuen Comic-Reihe auch deutlich anzumerken. Im ersten Band von „The Walking Dead“ findet man haufenweise Zitate aus diesen Streifen und somit auch keine Handlung, die jetzt sonderlich originell wäre. Dennoch: Der Start ist voll und ganz gelungen, weil die Geschichte trotz allem kein billiger Abklatsch ist. Kein Wunder, dass der Autor in den Staaten großen Erfolg mit dieser Reihe hatte, deren erste Episoden nun auch bei uns als Sammelband erscheinen.

_Story_

Eigentlich arbeitet Rick Grimes in einem Kleinstädtchen in Kentucky als Police-Officer und führt jenseits des Großstadt-Trubels ein sehr glückliches Leben mit seiner Frau und seinem Sohn. Eines Tages hat sich die Lage jedoch drastisch geändert. Rick wacht nach wochenlangem Koma in einem verlassenen Krankenhaus um und entdeckt dort keine Menschenseele mehr. Stattdessen lauern ihm in den Straßen des damals noch friedlichen Orts plötzlich Zombies auf, die nach seinem Leben trachten. Er kann sich gerade noch so zu seinen Nachbarn retten, die ihm erzählen, dass die gesamten Staaten von Untoten heimgesucht werden. Nur wenige Überlebende sind in ein Camp in Atlanta geflüchtet, darunter auch Ricks Familie und sein ehemaliger Kollege und bester Freund Shane.

Ausgerüstet mit Waffen aus dem Präsidium macht sich Rick ebenfalls auf den Weg nach Atlanta und trifft dort tatsächlich seine Familie. Doch die erste Vorfreude bleibt nicht lange bestehen, denn sein Verhältnis zu Shane wird immer schlechter, und außerdem sind die Bewohner des Camps nicht mehr lange sicher. Die eigenwillige Gruppe Überlebender zerstreitet sich immer mehr aus Uneinigkeit über das weitere Handeln, und bevor man sich versieht, haben die Zombies das abgeschirmte Lager entdeckt und greifen an …

_Meine Meinung:_

Mich wundert es eigentlich kaum, dass Kirkman mit diesem Comic in Amerika auf regen Zupruch gestoßen ist, schließlich enthält „The Walking Dead“ neben den bekannten Genre-Klischees auch eine sehr gute Story mit vielen Sub-Plots und diversen Beziehungskisten, die eine überraschend gute Rahmenhandlung abgeben. Vorwerfen lassen muss sich der Autor lediglich, dass nicht alle verwendeten Ideen tatsächlich auch seinem Kopf entsprungen sind. So weist die Anfangssequenz einfach zu starke Parallelen zu „28 Days Later“ auf – ein Mann wacht im Krankenhaus auf und findet sich in einer völlig verlassenen, von Zombies umsäumten Stadt wieder. Hallo?

An anderer Stelle, sprich bei den Szenen in der überfüllten Zombie-Stadt Atlanta, offenbaren sich gravierende Ähnlichkeiten zu „Dawn Of The Dead“, die Kirkman auch nicht von der Hand weisen kann.

Nun, es ist sicherlich nicht einfach, in diesem Genre frische Elemente zu etablieren, und es ist nunmal Fakt, dass sich sehr viele Zombiefilme stark ähneln. Insofern kann man Kirkman hier auch keinen Vorwurf machen. Und anscheinend hat es den Macher dieser Serie auch nicht wirklich interessiert. Davon profitiert die Handlung schließlich auch, denn sie wirkt im Gegensatz zu manchen cineastischen Vorlagen absolut nicht verkrampft und enthält auch mehrere, wenn auch vorauszuahnende Wendungen, die schließlich in ein tolles (vorläufiges) Finale münden.

Rein auf die Geschichte bezogen, ist „The Walking Dead“ definitiv eine Bereicherung für das Genre, denn die Umsetzung samt den sehr starken, Marvel-typischen S/w-Zeichnungen ist fantastisch, anders darf man das gar nicht sagen. Vor allem die Zeichnungen, in denen die Untoten in großen Massen dargestellt werden, sind echte Augenweiden, an denen man sich als Fan dieses Themas gar nicht satt sehen kann. Aus diesem Grunde kann ich das Ganze auch nur wärmstens empfehlen, denn die Kombination aus Erzählung und zugehörigen Illustration ist durchweg überzeugend – trotz sehr vieler bekannter Inhalte!

Einen weiteren Pluspunkt gibt es für die wunderschöne Aufmachung des Buches. „The Walking Dead 1 – Gute alte Zeit“ kommt als Hardcover-Ausgabe auf den Markt und enthält neben dem eigentlichen Comic noch jede Menge Hintergrundinformationen. So schreibt der Autor selber ein kurzes Vorwort und erläutert seine Inspirationsquellen, wird aber auch anschließend in einem Interview noch mal zur Rede gestellt. Auch Zeichner Tony Moore darf sich im nachfolgenden Zwiegespräch kurz zu seiner Zusammenarbeit mit Kirkman äußern und gibt einige Tipps und Empfehlungen hinsichtlich anderer Reihen. Als Letztes folgt noch ein kurzer Überblick über einige wichtige Filme aus dem Zombie-Genre, der aber im Vergleich zum Rest ein wenig oberflächlich daherkommt. Außerdem weiß ich jetzt nicht, ob man sich damit einen Gefallen tut, die zitierten Streifen hier noch ein weiteres Mal zu beleuchten, schließlich werden die sehr deutlichen Parallelen hierdurch nur noch verstärkt. Aber gut, trotzdem ist dies ein nettes Gimmick, das Neulingen vielleicht weiterhelfen wird.

Alles in allem ist der Gesamteindruck vom ersten Sammelband durchweg positiv; „The Walking Dead“ hat alles, was ein guter Zombie-Comic braucht und ist für einen solchen auch noch ziemlich spannend aufgebaut. Ich freue mich jetzt schon auf die für August angekündigte Fortsetzung und rate euch, mal einen Blick auf die Website von [Cross Cult]http://www.cross-cult.de zu werfen, wo noch weitere interessante Titel und Reihen angepriesen werden.

Montanari, Raul – Rückkehr eines Mörders

„Rückkehr des Mörders“ ist eines dieser Bücher, von denen man anfangs nichts Spektakuläres, sondern einfach nur gute Unterhaltung erwartet, dann aber vom Inhalt total umgehauen wird. Ein unscheinbares Cover, ein dürftiger Klappentext und ein fast schon belangloser Titel – was soll an diesem Buch schon so besonders sein? Nun, besonders ist diese beklemmende, teils auch schon fast furchterregende Atmosphäre, die von den Charakteren in der Story ausgeht. Raul Montanari hat einige sehr brutale Figuren erschaffen und lässt diesen innerhalb der Erzählung auch weitestgehend freie Hand, was die Action anbelangt. Was dabei herausgekommen ist, ist schließlich weitaus mehr als das, was der kurze, unscheinbare Text auf dem Buchrücken vermuten lässt. „Rückkehr eines Möders“ bohrt nämlich um einiges tiefer und geht dabei bisweilen tief in die menschliche Psyche und ihre erschreckendsten Auswüchse hinein – nur um am Ende so simpel und direkt zu wirken, dass man, wahrlich fasziniert vom effektreichen Stil des Autors, Beifall klatschen muss!

_Story_

13 lange Jahre hat Andrea in Kanada verbracht, und in all dieser Zeit hat sich der ursprünglich aus einem kleinen italienischen Dorf stammende Mann wie ein Aussätziger gefühlt. Weggeekelt hat man ihn einst, als die junge Ilaria gestorben und Andrea des Mordes beschuldigt wurde. Und bis heute ist sich das gesamte Örtchen sicher, dass der langhaarige Schönling hinter dem Verbrechen steht. Andrea hat diesen Gedanken nie aus seinem Kopf vertreiben können, selbst wenn er nun in Kanada als Polizist ein ganz neues Standbein aufgebaut hat.

Eines Tages treibt ihn der Tod seiner Mutter zurück in seine Heimat, in der sich allerdings nichts verändert hat. Bereits bei seiner Ankunft schlägt ihm Feindseligkeit entgegen, als Ilarias Bruder Loris ihn erkennt, und nur wenige Stunden später muss Andrea bereits den Zorn der versammelten Dorfgemeinschaft spüren. Ganz anders hingegen reagiert die jugendliche Dora auf die Ankunft des verhassten Verdächtigen. Die Tochter des damals ermittelnden und mittlerweile an den Rollstuhl gefesselten Polizisten ist fasziniert von der Ausstrahlung Andreas – ganz zum Unmut ihres Vaters und ihrer Stiefmutter Antonella, die damals eine Affäre mit Andrea hatte. Je mächtiger der Hass der Anderen wird, desto größer wird auch ihr Verlangen nach Andrea, dem dies ebenfalls nicht entgeht. Immer wieder treffen die beiden aufeinander, doch die flüchtigen Momente reichen nicht aus, um ihre Begierde zu befriedigen. Außerdem lebt es sich für Andrea immer gefährlicher. Nicht nur Loris und sein Bruder Gianni haben sich gegen ihn verschworen; auch der brutale Sportstar Mauro schreckt vor keiner Grausamkeit zurück und stellt sich kompromisslos gegen Andrea. Dieser bewahrt jedoch die Ruhe und begibt sich daran, das Verbrechen von damals auf eigene Faust aufzudecken. Speziell der mysteriöse und um lehrreiche Geschichten nie verlegene Pfarrer Don Alfio scheint mehr zu wissen, als er zunächst zugibt. Doch bevor Andrea richtig klarsieht, wird auch schon ein weiterer Mensch tot aufgefunden, und es scheint, als würden die Emotionen von damals nun noch in weitaus schlimmerer Form wiederbelebt werden …

_Meine Meinung_

Die ersten Kapitel dieses Buches waren eine echte Qual, weil Montanari durch die Aufdeckung sehr vieler Tatsachen schon enorm schnell auf den Punkt kommt und die Geschichte bereits gelöst zu sein scheint, bevor sie richtig anfängt. Entsprechend habe ich mich bis zum Ende des ersten Fünftels dann auch eher gelangweilt, bis dann endlich mal so richtig Fahrt in die Sache kam und die wahren Hintergründe bzw. die echten Persönlichkeiten der Hauptcharaktere zum Vorschein traten. Oder zumindest das, was man hinter Leuten wie Mauro, Don Alfio, der Wahrsagerin Anna und dem körperlich eingeschränkten Werner vermutet. Und ab diesem Zeitpunkt ist „Rückkehr eines Mörders“ auch eine echte Berg- und Talfahrt, bei der sich die Rollen der beteiligten Hauptpersonen ständig ändern, so dass sich gleichzeitig auch die Perspektive des Lesers von Sinneinheit zu Sinneinheit wieder komplett erneuert.

Montanari hat sich am Anfang recht viel Zeit gelassen, den Schauplatz und den gesamten Rahmen vorzustellen, und die Folge ist, dass man sich recht schnell in Sicherheit wiegt, weil man glaubt, bereits alles über die einzelne Charaktere zu wissen. Doch das genaue Gegenteil trifft letztendlich zu; wirklich jede einzelne Person nimmt in diesem Buch mehrfache Wandlungen vor und gerät unerwartet in ein ganz anderes Licht. Hinter jedem schwebt ein unantastbares Mysterium, das sich absolut nicht ergründen zu lassen scheint und dem man während des gesamten Buches stets auf der Spur ist. Und dabei ist man sich ja doch eigentlich immer sicher zu wissen, wie es damals abgelaufen sein muss und wer genau dahintersteckt, da Montanari ohne jegliche Wertung schon ganz klar die ‚Guten‘ von den ‚Bösen‘ trennt. Doch dann wieder verliert man die Sicherheit des einstweiligen Verdachts und grübelt erneut darüber, wie der Tathergang gewesen sein muss.

Die Aufdeckung des Mordes von damals ist jedoch nur die Rahmenhandlung dieses Buches; weit wichtiger ist hier die eigentliche Rückkehr Andreas mit all ihren unschönen Nebenwirkungen. Und hier geht der Autor selber auch keine Kompromisse ein; vor allem auf die Beschreibungen der vielen Schlägereien lässt er sich sehr detailliert ein und rutscht nicht nur einmal mit seinen Schilderungen in übelsten Gossen-Slang ab. Vor allem die Bearbeitung des Genitalbereichs bei diesen Aggressionen haben es ihm angetan und tauchen gerade in den gewaltreichen Szenen gehäuft auf. Die einzige Schwäche stellt diesbezüglich auch die Wortwahl dar. Montanari liebt anscheinend den Begriff ‚Schwanz‘ und verwendet ihn auch gerne in jedem Zusammenhang der Gefühlslage des Protagonisten. Und dies ist nur ein Beispiel von vielen, das deutlich machen soll, mit welch simplen sprachlichen Mitteln der Autor in diesem Buch arbeitet. Simplizität ist in diesem Fall aber auch ganz klar mit Effektivität gleichzusetzen, und das in allerlei Hinsicht.

Raul Montanari hat nämlich durch die vielfältigen Nebenstränge dafür gesorgt, dass die Geschichte von allen Seiten immer wieder neue Impulse bekommt, ohne dafür ein großartiges Brimborium veranstaltet zu haben. Die Fakten liegen immer klar auf der Hand, und dennoch liegen dem Autor zahlreiche Möglichkeiten offen. So spielt er zum Beispiel mit der erotischen Anziehungskraft zwischen Dora und Andrea und mit der scheinbaren Überlegenheit des Dreiergespanns Loris/Gianni/Mauro und setzt diese immer wieder perfekt ein. Gleiches gilt für den Pfarrer, oder aber für Anna und nicht zuletzt für die unglücklich verheirateten Werner und Antonella. Alle Personen haben markante Eigenheiten und offenkundige Motive, lassen sich aber trotzdem in kein ersichtliches Schema einordnen. Und um diese ständige Ungewissheit auf Seiten des Lesers zu erreichen und ggf. noch zu verstärken, greift der Autor fast ausschließlich auf sehr simple Mittel zurück, aber das mit Bravour.

„Rückkehr des Mörders“ ist ganz sicher kein komplexes Buch und überzeugt durch einen sehr gradlinigen, gut durchstrukturierten Ablauf. Trotzdem aber ist die Story enorm reich an Wendungen und Spannung, speziell im letzten Drittel, bei dem es wirklich Schlag auf Schlag geht. Wenn hier überhaupt etwas stören könnte, dann die oftmals bemühte umgangssprachliche Wortwahl, doch im Grunde genommen passt diese sich auch nur der skrupellosen Umgangsart der jungen Italiener innerhalb der Geschichte an. Man sollte sich jedenfalls auf keinen Fall von den nichts sagenden Worten auf dem Rücken des Buches irritieren lassen, denn in „Rückkehr des Mörders“ steckt letzten Endes eine ganze Menge mehr als das, was man auf den ersten Blick vermutet.

_Fazit_

Raul Montanari hat eine sehr intensive, fesselnde Story kreiert und sich dafür einen nahezu perfekten Schauplatz ausgesucht. Dass nicht immer alles den gängigen Konventionen entspricht, ist dabei das innovative Momente dieses eigentlich einfach gestrickten, in letzter Konsequenz aber durch und durch genialen Buches. Ganz klare Empfehlung meinerseits!

Fontenay, Charles Louis – Jahrtausendflut, Die (Magic Edition, Band 2)

Charles L. Fontenay wurde 1917 geboren. Er schrieb nach seinem Abschluss für einige Magazine und mauserte sich währenddessen zum Chefredakteur einer amerikanischen Tageszeitung. Nebenher widmete sich Fontenay den verschiedensten Hobbys; er malte, war als Philosoph aktiv, spielte Schach und errang einen Meistertitel im Taek Wan Do. Seine Karriere als Buchautor sollte allerdings nicht von langer Dauer sein; insgesamt schrieb Fontenay nur drei Science-Fiction-Romane, von denen zwei nach der Erstveröffentlichung auch den Weg nach Deutschland fanden. Der letzte hingegen, „Die Jahrtausendflut“, blieb bis zuletzt ein gesuchtes Sammlerstück, das nur in der Originalausgabe zu haben war.

Vor einiger Zeit hat sich schließlich der BLITZ-Verlag dieses Buches angenommen und es im Rahmen der hauseigenen |Magic Edition| erstmals in deutscher Sprache aufgelegt, dies jedoch in leicht überarbeiteter Form, denn der Autor selber hat den Inhalt in gewissen Punkten an das aktuelle Tagesgeschehen angepasst, um die Geschichte auch für die heutige Zeit noch relevant zu machen.

_Story_

In nicht allzu ferner Zukunft ist die Erde einer mächtigen Bedrohung durch die Natur ausgesetzt. Die globale Erwärmung hat allerorts Folgen hinterlassen, so dass durch das ständige Schmelzen der Gletscher und der Pole der Meeresspiegel erheblich angestiegen ist. Die Erdbevölkerung ist sich darüber im Klaren, dass eines Tages die gesamte Landschaft von den Wassermassen überflutet werden wird, doch sie ist noch nicht darauf vorbereitet, dass dieser Tag schon der heutige sein könnte …

Die Erde droht nämlich mit einem Meteoriten zusammenzustoßen, der bei seinem Aufprall eine gewaltige Flut nach sich ziehen würde. Den Berechnungen nach soll dieser Himmelskörper mitten im Atlantischen Ozean aufschlagen und die angrenzenden Länder sollen durch die übermächtige Sturmflut bereits nach wenigen Minuten verschlungen werden. Und tatsächlich: Das Unglück ist nicht mehr abzuwenden und die gesamte Welt steht vor ihrem Untergang.

Mittendrin im totalen Chaos: eine Gruppe von sechs Menschen (von denen drei aber eine eher untergeordnete Rolle spielen), die versuchen, der Jahrtausendwelle zu entrinnen und während ihrer Flucht um ihr Leben kämpfen. Doch nicht nur die Katastrophe selber wird zur schier unausweichlichen Bedrohung; auch die überlebenden Mitmenschen werden im brutalen Überlebenskampf zu Gegnern, die in ihrer Todesangst jegliche Skrupel ablegen und jenseits jeglicher Moral ihre eigene Haut retten wollen. Auch in dieser Sechsergruppe bilden sich zwei Parteien mit unterschiedlichen Motiven. Der Wissenschaftler Brand Caravel versucht das Beste aus der Situation zu machen und somit auch den Weg des allgemeinen Wohles zu gehen – sofern dies möglich ist. Ihm entgegen stellt sich der skrupellose Geschäftsmann Ashley Garland, der auch nach dem urplötzlichen Verfall seines Unternehmens die altbewährten Strategien beibehält und lediglich auf sein eigenes Wohl schielt. Die Übrigen stehen nun vor der Entscheidung, wem sie folgen sollen – dem kompromisslosen Unternehmer oder doch dem sozial motivierten Wissenschaftler. Und währenddessen werden die apokalyptischsten Visionen immer mehr zur Realität …

_Meine Meinung_

Naturkatastrophen von astronomischem Ausmaß waren zur Entstehungszeit dieses Romans eigentlich noch kein Thema, über das sich die Wissenschaft, geschweige denn die Bevölkerung ausführlich Gedanken gemacht hat. Doch durch das wachsende Bewusstsein über die Folgen der globalen Erwärmung und nicht zuletzt aufgrund der verheerenden Tsunami-Flutwelle aus dem vorletzten Jahr hat die Welt selber erfahren müssen, wie mächtig die Natur infolge des Raubbaus von Menschenhand geworden ist. Insofern ist die Thematik dieses Buches mittlerweile aktueller denn je, auch 40 Jahre, nachdem Charles L. Fontenay diesen lange Zeit verschollenen Roman verfasst hat.

Sehr positiv fällt auf, dass sich der Autor trotz des verhältnismäßig geringen Seitenumfangs recht detailliert auf die Thematik einlässt, sowohl im Hinblick auf das Ereignis an sich als auch bezogen auf die Charaktere, die im Buch eine wesentliche Rolle spielen. Die Katastrophe als solche und auch ihre Auswirkungen auf die Zivilisation werden sehr ausführlich dargestellt und weichen in ihrem Facettenreichtum gar nicht mal so weit von den jüngsten, real geschehenen Horrorszenarien ab. Ob dies jetzt daran liegt, dass der Autor die Geschichte im Nachhinein noch mal überarbeitet hat, vermag ich nicht zu sagen, jedoch ist es schon sehr erschreckend, welch authentisches Bild sich bei der Schilderung der Ereignisse ergibt. Dies gilt auch für die Darstellung der gesellschaftlichen Konflikte, die sich innerhalb des sehr knappen Zeitrahmens nach der Katastrophe ergeben; Menschen ringen mit allen erdenklichen Mitteln um ihr Leben und vergessen dabei jegliche moralischen Werte; das eigene Leben steht über allem, das Wohl der Gesamtbevölkerung ist hingegen gar nichts mehr wert. Aus einer Milliardenbevölkerung wird eine gewaltige Ansammlung von Einzelkämpfern, von denen sich jeder selbst der nächste ist, und wer dann doch versucht, an die Vernunft zu appellieren wie in diesem Fall Brand Caravel, der senkt seine Überlebenschancen mit einem Mal um einen drastischen Prozentsatz.

Das einzige Problem an diesem Buch ist lediglich, dass sich Fontenay nicht wirklich darauf einschießen kann, was nun das genaue Thema des Buches ist: die Entstehung der Naturgewalt oder die Folgen für das menschliche Miteinander, geprägt durch Personen wie Ashley Garland, Jimmy Haggard und Brand Caravel. Trotz umfassender Beschreibung versäumt der Autor es nämlich irgendwann, sich auf beide Themen gleichermaßen intensiv einzulassen. Gerade die Lösung im Bezug auf die Hauptpersonen ist im Endeffekt ein wenig unbefriedigend, zumal man eigentlich schon erahnen kann, wer mit seiner weiteren Vorgehensweise Erfolg haben wird. Aber auch der Konflikt zwischen Ashley und Brand wird nicht auf angemessenem Level ausgetragen und lässt die erforderliche Brisanz vermissen.

Dafür kann Fontenay allerdings mit tollen Szenenbeschreibungen glänzen, in denen seine Berufung als Journalist voll und ganz durchkommt. Sehr eindrucksvoll sind diesbezüglich die Schilderungen über die letzten Momente von New York, bevor die Stadt komplett von den Wassermassen vernichtet wird. Der Anschlag auf das World Trade Center hinterließ ein Bild des Schreckens und der Trauer, das man nie vergessen wird, und daran knüpft der Autor hier nahtlos an. Beim Lesen bekommt man eine echte Gänsehaut, die potenziell noch viel öfter hätte auftreten können, hätte sich Fontenay mehr auf diese Stärken konzentriert. Dies ist aber leider nicht der Fall, und so fehlt es dem Buch letztendlich auch an dem gewissen Etwas, sozusagen an der nötigen Würze und schließlich auch am erforderlichen Tiefgang, der prinzipiell – man beachte den schon erwähnten Detailreichtum – möglich gewesen wäre. Es mangelt der Geschichte weitestgehend an Konsequenz, d.h. der Autor führt die vielen Andeutungen und Ansätze nicht adäquat aus, und dadurch büßt „Die Jahrtausendflut“ trotz eigentlich sehr gutem Inhalt einiges an Klasse ein.

Fazit: Gute Unterhaltung: ja, intensive Atmosphäre: jein, tatsächlicher Tiefgang: nein.

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