Alle Beiträge von Björn Backes

Ange (Autoren) / Démarez, Thierry (Zeichner) – Maries Drachen 1: Armance

_|Maries Drachen|:_

Band 1: [„Armance“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7650
Band 2: [„Rache“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7649
Band 3: „Armaury“

_Story:_

Im zarten Alter von zwölf Jahren wird die junge Marie auf ihre bis dato wichtigste Prüfung vorbereitet; einem traditionellen Ritual zufolge soll sie auf die Jagd gehen und das Herz eines Tieres ins Dorf bringen, so wie es bereits ihre beiden älteren Schwestern vor ihr getan haben. Auf dem Weg in den Wald erhält sie von ihrem Onkel Pate ein übergroßes Schwert, mit dessen Hilfe sie tatsächlich ein Tier erlegt. Doch bei ihrer Rückkehr in ihr Dorf wird sie von einem grauenvollen Bild erschüttert: Die Häuser stehen in Flammen, allerorts liegen Leichen, und selbst eine ihrer Schwestern sowie ihre Eltern wurden grausam getötet.

15 Jahre später arbeitet Marie mit ihrem Kumpan William als Söldnerin und verdient sich mit allerhand schmierigen Kämpfen ihr Tagegeld. Gleichzeitig wird sie von Visionen genährt, von eigenartigen Wesen, die sie als Drachen wahrnimmt, und gegen deren Aura sie ebenfalls ankämpft. Als sie eines Tages die Spur des Mannes aufnimmt, der für das Massaker in ihrer Heimat verantwortlich ist, sieht sie endgültig die Chance, Rache zu üben und das Schicksal ihrer Familie zu vergelten. Doch Marie handelt übereilig und wird der Hexerei angeklagt. Lediglich die Anhörung eines Ordensbruders steht ihrer Verurteilung noch im Wege. Als sie schließlich aus unerklärlichen Gründen befreit wird, nährt sie ihre Hoffnung, endgültig ihre Lebensaufgabe erfüllen zu können. Aber erneut ist Marie in eine Falle getappt und scheint nun genau demjenigen Mann ausgeliefert zu sein, der bereits ihre Angehörigen auf dem Gewissen hat …

_Persönlicher Eindruck:_

Das Autorenpaar Anne und Gerard, kurz Ange, hat in den vergangenen Jahren bereits reichlich interessante Beiträge zum phantastischen Segment des französischen Comics beigetragen, man denke nur einmal an „Das verlorene Paradies“ oder „Die Legende der Drachenritter“. Bemerkenswert bei diesen Serien war stets, dass die Story keinem konventionellen Strickmuster folgte und man eigentlich nie wissen konnte, was den Leser in einer Fortsetzung eines jeden Albums erwarten würde. In diesem Sinne scheint „Maries Drachen“ deutlich von der Norm abzuweichen, weil der Plot sehr stringent aufgebaut ist, gerade zu Beginn arg durchschaubar ist, aber auch im Hinblick auf den inhaltlichen Background weit weniger kreativ scheint, als die teils recht philosophisch bestückten, eingangs erwähnten Werke.

Hinzu kommt im Eingangskapitel „Armance“, dass die Charaktere bis auf Weiteres sehr farblos und beliebig gewählt sind, und man irgendwie noch gar keinen richtigen Zugang zu den Protagonisten bekommt. Hauptdarstellerin Marie beispielsweise fällt als typische Identifikationsfigur sehr stark aus den bewährten Rastern heraus, da sie weder edelmütig und tapfer präsentiert wird wie die meisten ihrer Genre-Kolleginnen, noch nach einem bedachten Strickmuster agiert, welches für den Leser auch nachvollziehbar bleibt. Zwar ist ihr jahrelanger Hass auf die Rädelsführer des Attentats verständlich und dementsprechend auch spielerisch transparent gemacht, doch ihr überstürztes Vorgehen sowie die einzelnen Schritte ihres Handelns, erscheinen auf den ersten Blick ein wenig merkwürdig und undurchdacht. Warum zum Beispiel gibt sie sich nach ihren Kämpfen beliebigen Gespielen hin, wo sie doch eigentlich klüger und begehrter ist? Oder warum wütet sie in einer Nacht- und Nebelaktion durch die Stadt des Herzogs und instrumentalisiert ihre Verzweiflung bei der Suche nach ihrer Schwester, von der sie weder weiß, ob sie noch lebt, noch wo sie sich befinden könnte? Marie hat als tragende Akteurin der Geschichte eine große Last auf ihren Schultern, der sie in ihrer Rolle in „Armance“ aber noch nicht wirklich gewachsen ist. Und das lässt sich in weiten Teilen der Handlung leider auch nicht überspielen.

Davon abgesehen gestalten sich diverse Einzelheiten und Fakten der Story noch sehr verworren. Maries Visionen werden nicht näher beleuchtet oder erklärt, jedoch soll man schon den Zusammenhang verstehen, in dem sie auftreten bzw. welchen Stellenwert sie haben. Die Diskrepanz zwischen eigentlich elementaren Dingen und ihrer reellen Umsetzung ist gerade in diesem Punkt sehr groß und macht die Geschichte sehr unbeständig und wackelig. Einerseits wird um verschiedene Dinge viel Lärm gemacht, andererseits verkommen sie dann aber auch wieder zur Nebensache.

Und derlei Dinge erlebt man im Auftakt von „Maries Drachen“ leider relativ häufig, schlussendlich wirklich zu häufig. Die Verstrickungen der einzelnen Charaktere sind überdies noch sehr unglaubwürdig aufgearbeitet, die Rolle einiger Mitwirkender scheint beliebig, und da all dies auch noch in einem leider recht austauschbaren, spätmittelalterlichen Setting stattfindet, dem in Sachen Innovatiion auch der Lack abblättert, hält sich die Begeisterung trotz einzelner gelungener Akzente innerhalb der Erzählung noch spürbar in Grenzen.

Zweifellos steckt einiges an Potenzial in diesem neuen Ange-Titel, jedoch muss viel mehr Ruhe und Beständigkeit in die Sache kommen und außerdem daran gearbeitet werden, die inhaltlichen Andeutungen auch insofern verständlich zu machen, dass die Story einen Sinn ergibt. Erst dann scheint der Weg für einen weiteren interessanten Fantasy-Comic geebnet, und erst dann stehen die Pforten für mehr konzeptionelle Tiefe so weit offen, dass man sich gerne in die neue Welt, die Anne und Gerard hier geschaffen haben, fallen lässt. Bis dato muss man allerdings festhalten, dass „Maries Drachen“ noch nicht so recht überzeugt und die beiden Autoren, im Gegensatz zu ihrem zeichnenden Partner Thierry Démarez, noch weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben!

|Graphic Novel: 55 Seiten
ISBN-13:978-3868691566|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

Licia Troisi – Der Fluch der Assassinen (Die Schattenkämpferin 3)

Die Schattenkämpferin-Trilogie:

Band 1: „Das Erbe der Drachen“
Band 2: „Das Siegel des Todes“
Band 3: „Der Fluch der Assassinen“

Story:

Nach der teils triumphalen Rückkehr der einzelnen Gefährten beschließt der Rat des Wassers, die Gilde der Assassinen endgültig zu vernichten und die Schreckensherrschaft Dohors‘ parallel hierzu zu einem friedlichen Ende zu führen. Auch Dubhe fühlt sich inzwischen ihrer Aufgabe verpflichtet und reist mit der ungleichen Magierin Thena nach Makrat, um die Herkunft ihres Siegels zu ergründen und es durch den Tod des kriegstreibenden Königs endgültig zu verbannen. Als Mägde verkleidet fallen die beiden jedoch schnell in die Hand von Sklavenhändlern und werden auf dem Markt als neue Hilfskräfte feilgeboten. Ausgerechnet Learco, Dohors Sohn, verpflichtet Thena und Dubhe für seine Dienste, nicht wissend, wen er künftig mit sich führt. Während ihrer treuen Dienste am Hofe von Dohor erforschen Dubhe und Thena die Bibliothek des Königs und werden für ihre Hartnäckigkeit belohnt. Gleichzeitig nähern sich auch Learco und Dubhe immer weiter an – eine Begebenheit, die in der Schattenkämpferin Gefühle weckt, die ihr bislang in dieser Intensität immer fremd waren. Dubhe offenbart sich schließlich dem ungeliebten Königssohn und überredet ihn zur Verschwörung gegen den finsteren Herrscher. Doch bevor ihr Attentat umgesetzt werden kann, wird der Hochverrat bekannt.

Licia Troisi – Der Fluch der Assassinen (Die Schattenkämpferin 3) weiterlesen

Corbeyran, Èric (Autor) / Grun (Zeichner) – Metronom 2: Die Station im Orbit

_|Metronom|:_

Band 1: [„Null Toleranz“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7637
Band 2: [„Die Station im Orbit“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7646
Band 3: – nur angekündigt –

_Story:_

Nach dem Verschwinden ihres kurzzeitigen Verbündeten Florreal Linman widmet sich Lynn Forrester wieder weitestgehend ihrem Alltag. Lynn ist Teil einer Theatergruppe, die ein sozialkritisches Stück einprobt, möchte sich jedoch nicht zu weit in den Zirkel ihrer Mitwirkenden integrieren, da sie derzeit bereits genügend Schwierigkeiten hat. Nach der jüngsten Probe wird sie von ihrem Schwager Ralph abgefangen, der die Proben beobachtet hat und ihr gewaltsam mitteilt, dass sie in seiner Familie nie mehr willkommen ist.

Derweil erlebt Linman während seiner Inhaftierung eine überraschende Wende; da in der Zwischenzeit 200 weitere Exemplare des „Metronom“ an alle erdenklichen Regierungsmitglieder verteilt wurden, wird er mangels weiterer Beweise freigelassen. Alsbald sucht er wieder den Kontakt zu Lynn und verspricht diesmal, sie nicht mehr im Stich zu lassen. Ein einflussreicher Freund beauftragt Linman, mehr über das Virus in Erfahrung zu bringen, von dem auch Doug Forrester befallen scheint. Diese Gelegenheit nutzt der ehemalige Reporter, um sich in die Orbitalstation einzuschleusen, auf der Doug in Quarantäne gelagert wird – und mit an seiner Seite: die wagemutige Lynn, die endgültig bereit ist, sich einem Widerstand anzuschließen und die Wahrheit über ihren Mann in Erfahrung zu bringen. Doch ihre Mission verläuft nicht tadellos. Und schon bald sind die beiden gezwungen, zum Äußersten zu greifen …

_Persönlicher Eindruck:_

Im zweiten Band des Èric Corbeyran geschaffenen Dreiteilers „Metronom“ nimmt die Geschichte ordentlich Tempo auf, kommt vor allem im Action-Bereich langsam aber sicher in Fahrt, wahrt jedoch auch ihren bewusst sterilen Charakter, um die klirrend kühle Atmosphäre aufrechtzuerhalten. Insofern gelingt es quasi spielerisch, den Faden wiederzufinden und auf inhaltlicher Basis zu folgen, was natürlich auch dadurch begünstigt wird, dass sich der Autor in keinen allzu verworrenen Komplex verstrickt hat, sondern schön stringent, manchmal leider auch zu linear und einspurig das fortführt, was er in „Null Toleranz“ geschaffen hat.

Allerdings bekommt „Metronom“ im mittleren Kapitel etwas mehr Tiefe, da sich die einzelnen Geheimnisse zu lichten beginnen und man die Kontrollaspekte des totalitären Regimes noch besser einschätzen kann. Es wird kräftig manipuliert, beobachtet, kontrolliert und schließlich in einem Maße überwacht, welches jedem Freidenker schon fast das entsprechende Urteil aufdiktiert – und dieses endet mit einem Aufenthalt samt Gehirnwäsche in einer der Gefängnisstationen des Staates.

In einer solchen landet auch Florreal Linman, wird aber nach dem ausbleibenden Schuldbekenntnis überraschenderweise wieder auf freien Fuß gelassen. Seltsamerweise wird er sofort erwartet und beauftragt, mehr über das eigenartige Virus in Erfahrung zu bringen, welches auf der Station im Orbit in Quarantäne gelagert wird. Komisch ist das Ganze gerade deswegen, weil Linman kurz davor noch des Hochverrats bezichtigt wurde, nun aber nicht einmal weiter unter Beobachtung bleibt und schließlich einen gänzlich neuen Coup gegen den Staat starten kann, ohne sich Sorgen um seine Bewährungsauflagen machen zu müssen. In dieser Hinsicht agiert Corbeyran – unglücklicherweise unter vielen anderen Beispielen – ziemlich inkonsequent und streift der Story auch irgendwo einen Teil ihrer Glaubwürdigkeit ab. Doch auch sonst scheint die von ihm entworfene Maschinerie zu lückenhaft, als dass „Metronom“ authentisch erscheinen könnte. Die unvorsichtige Entlassung ist eine Passage, die eigenartig anmutet; die Tatsache, dass sich Lynn problemlos in die Mission einschleusen kann, gibt weitere Zweifel auf. Und da der Autor auch nicht wirklich versucht, die Bedeutung des titelgebenden Metronoms etwas weiter zu vertiefen und der Aussendung der Bücher, die hier noch intensiviert wird, logisch erscheinen zu lassen, kann die Geschichte ihren erhöhten künstlichen Anteil nie so recht entfernen.

Löblich bleibt lediglich, dass die Action vehementer in den Strang einzieht und „Metronom“ viel mehr Fahrt aufnimmt als im diesbezüglich eher ernüchternden ersten Band. Und auch die bessere Identifikation mit den Hauptfiguren, die in „Die Station im Orbit“ ohne weitere stilistische Hilfsmittel gelingt, bringt den Leser näher an die Erzählung heran und bricht diese distanzierte Hülle, die zuletzt noch über dem Ganzen schwebte. Und dennoch ist „Metronom“ in letzter Instanz nicht überzeugend, weil die wenigen eigenständigen Passagen zu gekünstelt eingeflochten werden, weil die meisten Ideen jeglicher Kreativität entbehren, und weil Corbeyran es nach wie vor nicht geschafft hat, den schmalen Grat zwischen klassischer Science-Fiction und unabhängiger Story souverän zu meistern.

|Graphic Novel: 56 Seiten
ISBN-13: 978-3868692396|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

Corbeyran, Èric (Autor) / Grun (Zeichner) – Metronom 1: Null Toleranz

_|Metronom|:_

Band 1: _“Null Toleranz“_
Band 2: „Die Station im Orbit“
Band 3: – nur angekündigt –

Die Idee eines totalitären Systems ist in der klassischen Science-Fiction kein wirklich neuer Ansatz mehr. Die Inspiration, die Orwells Meisterwerk „1984“ der Sparte geliefert hat, scheint dennoch unerschöpflich, auch im Comic-Sektor. ‚Eric Corbeyran und sein zeichnender Kollege Grun haben sich kürzlich ebenfalls an die Materie herangewagt und mit „Metronom“ einen Dreiteiler aus der Taufe gehoben, der sich mit den Konsequenzen einer erbarmungslosen Regierungsform auseinandersetzt, dabei aber auch nicht den Blick für die Realität verliert. Doch kann dies alles noch innovativ sein? Diese Frage steht wohl im Mittelpunkt der folgenden Rezension.

_Story:_

In einer Welt, in der die heuchlerische Demokratie gerade das Dekret ‚Nill Toleranz‘ durchgesetzt hat und die Bevölkerung sich bedingungslos anzupassen hat, um nicht selber Opfer des Systems zu werden, scheint jegliche Form von geistiger Meinungsfreiheit ausgeschlossen. Nichtsdestotrotz will sich der anarchische Journalist Florreal Linman diesem Regime nicht kapitulierend unterwerfen und ist seinem Chefredakteur ein brutaler Dorn im Auge, da Linman nicht beabsichtigt, die Entwicklungen in seinem Land unkommentiert zu lassen. Die große Chance wittert der junge Mann, als er die verzweifelte Lynn kennen lernt, die bereits seit acht Wochen auf ihren Mann Doug wartet, der von einer Mission bei der Weltraum-Müllentsorgung nicht zurückgekehrt ist. Von ihrer Schwester, die im Innenministerium beschädigt ist, erfährt sie, dass Dougs Eskorte mit einem Virus versucht wurde und nun unter Quarantäne steht, weshalb eine baldige Rückkehr vorerst ausgeschlossen scheint. Als Lynn außerhalb der Sperrstunde auf der Straße aufgegriffen wird und aufs lokale Revier geführt wird, lernt sie schließlich den eigenbrödlerischen Linman kennen und beschließt, sich ihm nach einigem Zögern anzuvertrauen – schließlich hat sie nichts mehr zu verlieren. Der Journalist wittert nicht nur eine neue lukrative Story, sondern ist wirklich gewillt, der Frau zu helfen und die Umstände zu klären. Linman nutzt seine weit reichenden Einflüsse und schafft es tatsächlich, Kontakt mit Doug aufzunehmen.

Zur gleichen Zeit erreicht ein Brief mit einem eigenartigen das Präsidialamt, ohne Absender und ohne jegliche Spur auf die Absicht hinter diesem Schreiben. Das Päckchen enthält das „Metronom“, eine kindlich anmutende Märchengeschichte, deren Bedeutung dem Empfänger vorerst unklar bleibt. Der schonungslose Kommissar wird gebeten, den Urheber aufzuspüren und erfragt Hilfe beim Chef der Vox Populi, der darin eine Chance sieht, sich von seinem respektlosen Mitarbeiter Linman zu entledigen. Und während Lynn hofft, nähere Fakten zu Dougs Aufenthaltsort mitgeteilt zu bekommen, muss sich Linman aus unersichtlichen Gründen wegen Hochverrats verantworten …

_Persönlicher Eindruck:_

Zugegeben, die Themen die Corbeyran in seiner aktuellen Comic-Reihe aufgreift, mögen nicht sonderlich originell sein, scheinen im Hinblick auf die Darstellung der Staatsführung und ihrer strikten Vorgehensweise sogar fast schon überholt. Doch es ist nicht das Setting, welches den Charme dieser neuen Serie ausmacht, sondern die Charaktere und die Atmosphäre, in der sich die Story bewegt. Letztgenannte ist durchweg frostig und bewusst steril gewählt und untermalt dadurch ganz klar die schier ausweglose Situation der normalen Bürger, dem Regime zu trotzen und die Menschenwürde wiederzuerlangen. Kleine Verbrechen werden mit hohen Strafen geahndet, und fortwährend werden neue Dekrete erlassen, um das Volk noch weiter einzuschränken. Selbst die Hinterbliebenen eines Suizidopfers sollen nun genötigt werden, hohe Bußgelder an den Staat zu zahlen, um das Verbrechen zu sühnen.

In genau jener Welt lebt auch die junge Lynn, die sich nicht länger von ihrer Hoffnung trösten lassen möchte, ihren Mann eines tages doch noch wiederzusehen. Doug ist zwar erst seit einigen Wochen verschollen, doch die Systematik der Politik und ihre ständigen Vertuschungen dezimieren den Glauben, dass ihre Familiengeschichte ein positives Ende nehmen wird. Trotz ihrer Ängste, den Kontakt mit Visionären und Andersdenkenden zu suchen, lässt sie sich schließlich darauf ein, dem Reporter Florreal Linman ihren Kummer anzuvertrauen, da das Wissen, dass ihre Schwester ihr vermittelt hat, sie weiter beunruhigt. Die Gewissheit, dass Doug bereits wieder auf der Erde gelandet ist, ist kein wirkliches Trostpflaster und die Tatsache, dass sie von allen Informationen seine Person betreffend ferngehalten wird, begründet ihre Zweifel noch stärker.

Dennoch wird Lynn von Ängsten getrieben: vor der Wahrheit, vor dem System, vor allem aber vor den unangenehmen Konsequenzen ihres stillen Widerstands. Daher setzt sie alle Hoffnung und ihr gesamtes Vertrauen in die neue Begegnung, selbst wenn sie sich einredet, lediglich einer Illusion zu folgen. Doch in Linman hat sie den vielleicht einzigen Menschen getroffen, und das auch noch eher zufällig, der den Freigeist mitbringt, sich dem Komplott namens Demokratie zu stellen und die Schanden aufzudecken, die sich dahinter verbergen. Doch erwartungsgemäß wird sie enttäuscht – doch nicht aus Vorsatz. Und dieser Umstand diktiert „Metronom“ schließlich auch seine gesamte Spannung auf, auch wenn die Story fürs Erste noch relativ fade erscheint.

Kritisch betrachten muss man nämlich den sehr linearen Verlauf der Geschichte, die an und für sich keine Spielräume zulässt, und deren Entwicklungspotenzial zu Beginn noch sehr beschränkt anmutet. Lediglich die Charaktere machen dem Leser Mut, dass sich „Null Toleranz“ alsbald das Blatt wendet und aus einem flach wirkenden Science-Fiction-Komplex etwas Größeres herausbildet, das am Anfang eben noch gar nicht absehbar ist. Und das Vertrauen in diesen Umstand wird belohnt, wenn auch erst zu einem sehr späten Zeitpunkt des ersten Kapitels, in dem sich das zähe Tempo plötzlich beschleunigt, die Handlung einen eignen Charakter bekommt und die eh schon sehr beklemmend wirkende Atmosphäre ihr wahres Ich entfalten kann. Bis hierhin muss man sich allerdings in Geduld üben und die nicht immer fulminanten Ereignisse über sich ergehen lassen, lediglich vom Wissen bestärkt, dass die Story noch die Kurve bekommt – wenigstens was diesen ersten Band betrifft.

Da „Metronom“ jedoch nur als Dreiteiler angekündigt ist und der Cliffhanger noch reichlich Stoff suggeriert, stellt sich die übliche Frage, inwiefern es dem Autoren gelingen wird, die Erwartungen zu erfüllen und vor allem die stellenweise nicht so berauschenden Eindrücke künftig zu kaschieren. Hierzu werden einige kreative Schachzüge nötig sein, die schließlich auch die eingangs erwähnte These, inwieweit ein solcher Comic noch innovativ sein kann, hoffentlich mit einem positiven Statement beschließen. „Metronom“ respektive „Null Toleranz“ ist interessant und zum Ende hin auch sehr spannend. Doch für die verbleibenden beiden Ausgaben ist noch eine Menge Luft nach oben!

|Graphic Novel: 56 Seiten
Originaltitel: Tolerance Zero
ISBN-13: 3-86869-238-X|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

Jarry, Nicolas / Richmond, France – Heinrich, König von Frankreich und England (Der tönerne Thron 3)

_Der tönerne Thron:_

Band 1: [„Der Ritter mit der Axt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7634
Band 2: [„Die Brücke von Montreau]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7635
Band 3: [„Heinrich, König von Frankreich und England“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7636
Band 4: „Der Tod der Könige“

_Story:_

Die Ermordung des Herzogs von Burgund löst in Adelskreisen Hoffnungen und Befürchtungen aus: Während der englische König Henry den Anlass gekommen sieht, sich mit dem Sohn des Verstorbenen zu verbünden und dessen Rachsucht für seine Zwecke zu nutzen, befürchten die Armagnacs und allen voran der eigentliche Thronfolger Charles, dass der Anschlag im Rahmen der Friedensverhandlungen als geplantes Attentat verkauft wird.

Tatsächlich dringen die Stimmen, die von vorsätzlichem Verbrechen sprechen zum Sohn des Herzogs durch, der sich in den Kopf gesetzt hat, alles daran zu setzen, den Dauphin umzubringen und die Tat nicht ungesühnt zu lassen. Dabei hat er keine weiteren politischen Ansprüche und ist auch nicht an der Krone interessiert, was ihn für Henry zu einem weiteren interessanten Spielball macht. Dieser lässt sich bereits zum neuen König von Frankreich feiern und besiegelt seine Legimitation mit der Ehelichung der Königstochter.

Derweil driften die Meinungen von Charles und Tanneguy du Chatel immer weiter auseinander; der Dauphin hat einen Berater an seine Seite geholt, dessen spitze Zunge dem einstigen Grafen von Paris nicht vertrauenserweckend scheint. Dennoch duldet er dessen Anwesenheit in der Nähe des Prinzen, um die Armee an der Front anzuführen und den letzten Widerstand gegen die Briten aufrechtzuerhalten. Doch mit der Ehe am Hofe und den daraus resultierenden Folgen scheint das Schicksal Frankreichs endgültig zugunsten der Engländer besiegelt …

_Persönlicher Eindruck:_

Im dritten Kapitel zu „Der tönerne Thron“ stehen die politischen Ereignisse ganz klar im Vordergrund und hinterlassen den zuvor noch relativ großen Action-Anteil der Serie zugunsten entscheidender Dialoge und wichtiger Bündnisse erst einmal im Schatten stehen. Im Kern dreht sich „Heinrich, König von Frankreich und England“ um die Folgen des Attentats auf den Herzog von Burgund, die von der erwartet großen Tragweite sind, wie es die gesellschaftliche Position des Gemeuchelten erfordert. Sein Sohn sinnt nach Rache, die Intriganten nutzen die Gunst der Stunde, um wilde Gerüchte zu streuen, und die Initiatoren sind vorrangig damit beschäftigt, ihre moralische Unschuld zu beweisen. In diesem Gerangel verlaufen die Dinge dennoch noch einem logischen, historisch vorgegebenen Muster: Henry spinnt sein Geflecht über das Königshaus und nimmt die Tochter des verwirrten Königs zur Frau, während die ihn liebende Jeanne ihm weiterhin blind ergeben ist und ihren Einfluss beim Dauphin geltend macht. Lediglich Tanneguy du Chantel scheint noch auf dem Pfad der Tugenden zu wandeln und alles in seiner Macht stehende zu unternehmen, um die Gerechtigkeit und damit auch die ehrbare Thronfolge zu retten. Doch als Einzelkämpfer, dem gerade wegen des Todes des Herzogs immer mehr Widerstand entgegengebarcht wird, steht er fast alleine auf weiter Flur.

Kapitel drei des Vierteilers ist mal wieder sehr dialoglastig und schwer damit beschäftigt, die politischen Verbindungen und Hintertürchen zu beschatten. Die Story zeigt kein ganz so hohes Tempo mehr wie im vorangegangenen Band und bleibt kompakter, was jedoch im Sinne einer echten Erzählung auch angenehmer erscheint, nicht zuletzt weil somit mehr Platz für die einzelnen Charaktere bleibt. Der Schwerpunkt wird diesmal jedoch auf der Seite der offenkundig ‚Bösen‘ gesetzt, die zwar bislang immer wieder ins Geschehen eingegriffen haben, die nun jedoch noch mehr Raum eingeräumt bekommen, um die Vervollständigung ihrer finsteren Pläne auch für den Leser anschaulich zu machen. So entwickelt sich ein steter Wechsel zwischen den Fronten, der die bisherigen Hauptdarsteller ein wenig in den Hintergrund drängt, was im Hinblick auf das bevorstehende Finale aber auch sinnvoll erscheint. Die Saat ist nun an allen Ecken und Enden ausgelegt, und auch wenn die Lage für die Würdenträger und Identifikationsfiguren der Serie aussichtslos erscheint – das Ende des Comics ist hier sehr deutlich – bleibt noch ein Fünkchen Hoffnung, an das sich die Story geschickt zu klammern weiß.

So kann man konstatieren, dass sich „Der tönerne Thron“ im richtigen Moment die Ruhe vor dem Sturm zunutze gemacht hat, die Ereignisse noch einmal sortiert und schließlich auf ein furioses Finish zugeht, dessen pikanter Verlauf zwar schon zu erahnen ist, dem Jarry und Richemond jedoch noch genügend Spielraum gönnen, sich mit zunehmender Ausführlichkeit und Detailverliebtheit auszubreiten. Vielleicht ist „Heinrich, König von Frankreich und England“ auch gerade deswegen die bislang beste Episode der Serie, da man zu keiner Sekunde mehr den Eindruck vermittelt bekommt, die Autoren würden das Story-Konstrukt noch einmal aus der Hand geben und sich vom Tempo der Geschehnisse überholen lassen. Und das bedeutet gleichermaßen, dass man für die zwischenzeitliche Geduld, die auch hier und dort von Zweifeln ob des weiteren Aufbaus der Handlung gezeichnet waren, anständig belohnt wird und die Serie endgültig ihren Platz in der Riege der wirklich lohnenswerten historischen Comics gefunden hat!

|Graphic Novel: 56 Seiten
ISBN-13: 978-3868691887|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

Jarry, Nicolas / Richmond, France – Brücke von Montreau, Die (Der tönerne Thron 2)

_Der tönerne Thron:_

Band 1: [„Der Ritter mit der Axt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7634
Band 2: [„Die Brücke von Montreau]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7635
Band 3: [„Heinrich, König von Frankreich und England“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7636
Band 4: „Der Tod der Könige“

_Story:_

Der Dauphin hat sich bis Melun durchschlagen können, wo Tanneguy du Chatel und seine Mannen sich wieder mit ihm vereinen. Alsbald zieht es die letzten Vertreter der Armagnacs zu Herzogin Yolante, gleichzeitig Mutter der Verlobten von Thronfolger Charles, in der Hoffnung auf ihre Unterstützung. In ihr finden du Chatel und der Dauphin eine wertvolle Verbündete, deren politische Klugheit und deren Einfluss neue Hoffnung bringt. Yolante plant, den Sohn des verwirrten Königs sofort auf den Thron zu bringen und dem Herzog von Burgund den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Dieser marschiert derweil in Paris ein und rühmt sich damit, die Gattin der noch amtierenden Königs aus dem Verlies befreit zu haben. Der Herzog plant während seiner intriganten Ränke, den Einfluss seiner neuen Vertrauten zu nutzen und eine neue burgundische Regierung zu bilden, die ihn als Erben des Königs vorsieht. Gleichzeitig bewahrt er seine Kontakte zum englischen König Henry, der ebenfalls auf die französische Krone spekuliert und mit Freuden zusieht, wie das Land sich in einem Bürgerkrieg selbst zerstückelt.

Doch für den Herzog von Burgund laufen die Dinge schneller als verhofft aus dem Ruder: Eine Söldnertruppe lebt innerhalb der Stadtmauern ihren Blutrausch aus, der legitime Thronfolger wird in einer Zeremonie zum neuen König gekrönt, und auch das verräterische Spiel des britischen Monarchen treiben ihn in die Enge. Von Missfallen begleitet entschließen sich die französischen Parteien zu einem Bündnis, um die Ansprüche der Engländer abzuwenden. Doch zwischen den Burgundern und den Armagnacs, die nunmehr vom jungen Dauphin angeführt werden, ist noch längst nicht das letzte Wort gesprochen …

_Persönlicher Eindruck:_

Die zweite Ausgabe zu „Der tönerne Thron“ wirft einige Fragen auf, die der Comic leider nicht beantwortet – und die sich schließlich auch mit den Tücken in Verbindung bringen lassen, die eine historische Aufarbeitung wie diese Serie von France Richemond und Nicolas Jarry einfach mit sich bringen. So fragt man sich zum Beispiel, warum die Wiedervereinigung von Dauphin Charles und Tanneguy du Chatel nicht näher aufgegriffen wird, sondern lediglich als fakt erwähnt wird, dessen genauer Hergang ausgespart wird. „Die Brücke von Montreau“ springt ein Stück weit in der Zeit und nimmt der Story auch einen Teil ihres Inhalts, zumal die Flucht des Thronfolgers und die parallel stattfindenden Ereignisse um seinen Beschützer einen elementaren Part im ersten Kapitel der Reihe eingenommen haben. Warum also so bruchstückhaft voranschreiten, wenn doch genügend Raum zur Verfügung steht, hier etwas mehr Licht auf die Geschehnisse zu werfen?

Die Begründung liefert die Story lediglich insofern, dass das Tempo mächtig angezogen wird und die prägenden Begegnungen und Entscheidungen sich in „Die Brücke von Montreau“ regelrecht überschlagen. Verfehlte Bündnisse, weitere Intrigen, politisches Taktieren und die Frage um die tatsächliche Thronfolge dominieren die nächsten 48 Seiten der Geschichte, und das mit einer Geschwindigkeit, die einen wünschen lässt, man hätte sich etwas mehr Zeit genommen, womöglich sogar ein zusätzliches Album eingeworfen, um die sich bietenden Entfaltungsspielräume auch breit zu nutzen. Stattdessen lebt Folge zwei vom rasanten Erzähltempo, zahlreichen elementaren Dialogen und einem hohen Maß an Action – Inhalte, die allemal begrüßenswert sind, aber partiell schon nach etwas mehr Ausschmückung verlangen, zumal ja gerade vermieden werden sollte, dass die geschichtlich relevanten Ereignisse lediglich in einer Berichterstattung wiedergegeben werden.

Jarry und Richemond gelingt es zwar im Laufe der Story immer besser, die Atmosphäre wieder herzustellen und dem Plot den Charakter einer spannenden Erzählung zu verpassen, aber angesichts der vielen Zeitsprünge und der gleichzeitigen Integration vieler neuer Charaktere, droht man mehr als einmal, sich zu verhaspeln und relevante Dinge zu übergehen bzw. nur am Rande zu erwähnen. Dass „Die Brücke von Montreau“ dennoch eine gelungene Fortsetzung geworden ist, liegt wohl in erster Linie daran, dass besagte Atmosphäre sich immer intensiver ausbreitet und man nie das Gefühl bekommt, den Faden zu verlieren oder überrannt zu werden. Die Geschichte bleibt trotz allem transparent und überschaubar, die Intrigen sind mit all ihrer pikanten Würze anschaulich und überzeugend dargestellt, und an Spannung mangelt es der Story gerade deswegen nicht, weil sich die Situation um den Thron von Seite zu Seite verändert. Außerdem beleuchten die Autoren das Ganze aus allerhand Perspektiven und machen vor dem historischen Background auch alle Motive und Ideen verständlich, wie etwa das unliebsame Bündnis, dass Tanneyguy und der Herzog von Burgund zweckmäßig anstreben. im letzten Drittel des Albums ist man dann auch wieder bei der Euphorie angelangt, die bereits große Teile von „Der Ritter mit der Axt“ kennzeichneten und der Serie zu einem fabelhaften Einstieg verhalfen. Zwar bleibt ein bisschen Schatten ob der verpassten Gelegenheit, entscheidende Themen näher auszuführen, doch solange die Spannung auf einem konstanten Level bleibt und die Charaktere und Aktionen mit gleichbleibend großer Leidenschaft gezeichnet werden, nimmt man die kleinen Mangelerscheinungen auch gerne mal in Kauf.

Ergo: „Der tönerne Thron“ ist auf Kurs und bereitet Liebhabern historisch geprägter Comic-Kunst auch im zweiten band reichlich Freude. Wünschenswert für die Zukunft wäre nur, dass die beiden Autoren ab und an noch etwas tiefer in die Materie eindringen würden und selbst zunächst nebensächlich anmutende Situationen mit etwas mehr Liebe zum Detail schildern würden. Davon abgesehen ist zu scharfe Kritik auch hier fehl am Platze!

|Graphic Novel: 44 Seiten
ISBN-13: 978-3868691870|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

Jarry, Nicolas / Richmond, France – Ritter mit der Axt, Der (Der tönerne Thron 1)

_Der tönerne Thron:_

Band 1: [„Der Ritter mit der Axt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7634
Band 2: [„Die Brücke von Montreau]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7635
Band 3: [„Heinrich, König von Frankreich und England“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7636
Band 4: „Der Tod der Könige“

_Story:_

Frankreich im Jahr 1418: Inmitten der Wirren des Hundertjährigen Krieges scheint der Disput zwischen den Burgundern und den Anhängern der Armagnacs ein katastrophales Ende zu nehmen. Charles VI. ist infolge seiner geistigen Verwirrung nicht mehr imstande, das Land zu regieren und die Monarchie zu stützen, aber auch sein Thronfolger scheint nicht in der Lage, das Erbe zu übernehmen, da er altersbedingt noch nicht die entsprechende Reife besitzt. Tanneguy du Chatel, Vogt und vertrauter Beistand der Armagnacs sieht das Ende seiner Partei, kämpft jedoch weiterhin mit größter Entschlossenheit für Charles, für Frankreich und für die Gerechtigkeit. Als die Burgunder kurz darauf die Stadttore von Pariss stürmen und ein blutiges Gemetzel initiieren, scheint jedoch auch du Chatel am Ende.

Mit einer List gelingt es dem Vogt, den Thronfolger zu retten und ihm zur Flucht zu verhelfen, selber jedoch auch die Stadt zu verlassen. An der Bastille versammeln sich die verbliebenen Anhänger der Armagnacs, um unter Tanneguys Führung die endgültige Vernichtung abzuwenden. Doch der Herzog von Burgund scheint ihm überlegen, da er den König gefangen hält und der befürchtete Pakt mit den Engländern auch weiter ausgereift ist, als die Armagnacs es erahnen …

_Persönlicher Eindruck:_

Historische Comics mit bewusster Hinwendung zu den Fakten sind oftmals eine schwierige Sache. Zum einen sind die Autoren häufig befangen von den tatsächlichen Ereignissen und haben nicht viele kreative Gestaltungsmöglichkeiten, um ihre eigene Note zu hinterlassen. Zum anderen ist der Grat zwischen nüchternen Tatsachenbeschreibung und spannendem Plot relativ schmal, zumal häufig ein Ende vorgegeben ist und die Spannung alleine schon deswegen leidet, weil die Originalvorgabe den Verlauf vorschreibt.

Auch im Falle von „Der tönerne Thron“ war zu befürchten, dass die Erzählungen um den Hundertjährigen Krieg zu stark von den historischen Fakten geprägt sind und die Entfaltungsmöglichkeiten eher begrenzt sind. Der erste Blick in die neue Serie von Nicolas Jarry und France Richemond bestätigt diesen Eindruck, zumal man ein eher schlichtes illustratives Bild gewählt hat und die Story auf den ersten Seiten nicht so richtig in Fahrt kommt. Dies wird jedoch alsbald damit rechtfertigt, dass die Vielzahl der Charaktere ihre Position innerhalb der Handlung bekommen müssen und es vorerst notwendig ist, sich mit den zahlreichen Akteuren vertraut zu machen, bevor man schließlich tiefer in die Materie und damit auch in die Story eindringen kann – und dies gelingt von Panel zu Panel besser.
Die Wahl des historischen Schauplatzes scheint den beiden Autoren schließlich eine Menge Vergnügen zu bereiten, was sich an der Sprache, den teils recht detailverliebten Charakterzeichnungen und dem ganzen Stolz, der in den Figuren vereinigt ist, stark bemerkbar macht. Vor allem Tanneguy du Chatel ist eine absolute Vorzeige-Persönlichkeit, an der die beiden Schreiber zweifelsohne einen Narren gefressen haben, und dessen Heldenmut ihnen nachhaltig imponiert haben muss. Nicht anders lässt sich erklären, mit wie viel Hingabe sie den offenkundigen Protagonisten hier in das Szenario entlassen.

Die Story ist unterdessen sehr linear und in ihrem Fortschritt durch und durch stringent. Nach kurzer Einleitung, in der die Verwirrung des Königs und die daraus resultierenden Folgen für die Armagnacs und das gesamte Land dargestellt werden, folgen zahlreiche Action-Sequenzen, Scharmützel um die Vorherrschaft im chaotischen Frankreich, aber inhaltlich auch einige Intrigen und Vernestelungen, die das Konstrukt spannend halten. Zwar sind die Verstrickungen um die vermeintlich vakante Thronfolge für den Leser jederzeit transparent, aber dennoch macht es Spaß, die Entwicklungen zu verfolgen, die Entschlossenheit der Charaktere zu spüren und vor allem die herrliche Präsentation des historischen Settings zu begutachten – hier haben sowohl die beiden Autoren als auch die zeichnenden Kollegen Theo und Pieri ganze Arbeit geleistet!

Insofern ist illustrierte Geschichtsaufarbeitung nach wie vor nichts, was die Initiatoren mal eben so von der Stange reißen. Die Kluft zwischen qualitativ hochwertigen Comics und drögen Abhandlungen geht zwar weit auseinander, doch im Falle von „Der tönerne Thron“ bzw. dem ersten Kapitel der Serie, „Der Ritter mit der Axt“, muss man betonen, dass Jarry und Richemond hier ein fabelhaftes Epos gestartet haben, der in Sachen Atmosphäre, Stil und Rahmengestaltung keine Wünsche offen lässt. Deshalb sollte man sich nicht vom ersten Eindruck täuschen lassen, denn diese Serie, ausgehend vom Debüt-Album, ist ihr Geld wert!

|Graphic Novel: 47 Seiten
ISBN-13: 978-3868691863|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

Bec, Christophe / Betbeder, Stéphane / Genzianella, Nicola (Zeichner) – Bunker 2: Nullpunkt

_Die „Bunker“-Reihe:_

Band 1: [„Verbotene Grenzen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7629
Band 2: _“Nullpunkt“_
Band 3: „Reminiszenz“
Band 4: „Blutbad“
Band 5 – nur angekündigt –

_Story:_

Zoltan Velikic ist am Boden zerstört: Nicht er ist der Auserlesene, den die Jeretik für die Thronfolge auserkoren haben, sondern die Prophezeiung weist darauf hin, dass Aleksi Stassik derjenige ist, auf den das eigentlich feindliche Volk seit Jahren gewartet hat. Als er völlig entkräftet von einem ausgesandten Trupp aufgefunden wird, kann er diese nüchterne Erkenntnis noch seinem Vorgesetzten mitteilen – und wird noch vor Ort exekutiert.

Währenddessen ist Stassik in einem Wüstencamp stationiert und wird beauftragt, einem Bankett beizuwohnen, bei dem erste diplomatische Annäherungsversuche mit Prinz Aberrahman Derleth Al-Hazin aufgenommen werden sollen. Der Prinz verfügt über große Rohstoffvorkommen und bietet diese im Tausch gegen den Leichnam des Freiheitskämpfers Anteras an, dessen sterbliche Überreste ihn zum Märtyrer im Gebiet des Prinzen machen sollen. Doch beide Seiten täuschen ihre guten Absichten nur vor, und selbst die Warnung einer Priesterin, die Stassik zu überzeugen versucht, dass die Folgen des Vertrags großes Unheil mit sich bringen, kann das Abkommen nicht abwenden. Kurz darauf kommt es zur Katastrophe: Die Soldaten aus Velikiistok fallen einer Sabotage zum Opfer und krepieren elendig in den Weiten der Wüste. Nur einer überlebt und wird schließlich zur meistgesuchten Person im gesamten Territorium – doch von Aleksi Stassik fehlt plötzlich jede Spur …

_Persönlicher Eindruck:_

Nach der beeindruckenden Einführung in das neue illustrierte Themengebiet, durfte man sich beim zweiten Kapitel von Christophe Becs aktuellem Comic-Projekt „Bunker“ über eine Vertiefung der Materie freuen, gerade nach dem viel versprechenden Ende des Debüt-Albums. Doch wer den französischen Autor aus früheren Werken kennt, sollte wissen, dass er sich gegen konventionelle Methoden sträubt und gerne mal etwas Verwirrung stiftet, bevor er wieder zum Kern des Plots zurückkehrt – und hier bildet „Nullpunkt“ auch keine Ausnahme!

Nach einem kurzen Zwischenschritt in die frostige Bergwelt findet sich der Leser plötzlich in einer völlig neuen Umgebung wieder und bewahrt als einzige vertraute Charakteristika den Protagonisten Aleksi Stassik. Dieser scheint mittlerweile einen gefestigten Posten in der Armee eingenommen zu haben und aufgrund seiner außergewöhnlichen Ausstrahlung für wichtig genug befunden, bei offiziellen Anlässen die Delegationen der höheren Ämter zu begleiten. Eigenartigerweise reißt Bec jedoch einen völlig neuen Strang auf, führt mit dem verräterischen und rachsüchtigen Prinzen eine weitere Figur aufs machtbesessene Schachbrett und wendet den Grundton der Story nicht nur wegen des völlig neuen Schauplatzes in eine völlig neue Richtung. Plötzlich scheint es weniger bedeutsam, was in „Verbotene Grenzen“ geschehen ist, da einige Handlungseinheiten quasi wieder am Nullpunkt beginnen und die Geschichte mit völlig neuen Fragmenten gefüttert wird, die man noch nicht so recht in den gesamten Zusammenhang bringen kann.

Erst im letzten Drittel des zweiten Kapitels entstehen Querverweise, wobei Bec hier sehr deutlich und fokussiert vorgeht. Stassiks Position als möglicher Nachfolger des Imun wird gefestigt, die Bedeutung seiner Person aus allen Sichtweisen heraus geschildert, und auch seine Rolle im wechselseitigen Machtkomplex wird verständlicher, da auch bislang verschollene Personen wie der Imperator und seine rechte Hand zu Wort kommen und erstmals in die Geschichte einbezogen werden. Spätestens hier stellt man dann auch fest, dass auch „Nullpunkt“ vorrangig dazu dient, erst einmal in die Geschichte eintauchen und sich noch weiter mit allen wichtigen Rahmenbedingungen vertraut machen zu können. Es ist erneut eine Menge Information zu verarbeiten, und selbst wenn die Action definitiv nicht zu kurz kommt, hat man erst am Ende das Gefühl, so richtig in der Handlung drin zu sein und zu verstehen, in welche Richtung sich die Erzählung bewegen wird.

Nun stellt sich lediglich die Frage, ob der große Komplex, den das Autorenteam hier aufgerissen hat, in den drei Folgebänden ausreichend abgehandelt werden kann, auch wenn viele Zusammenhänge bereits stehen und man grundsätzlich eine Vorahnung hat, wie breit gefächert „Bunker“ ist. Aber in Sachen Content ist eine immense Saat ausgestreut worden, die einzufahren gerade bei der Harmonie von Spannungsaufbau und Ruhe bei der Fortführung der Story eine Herausforderung darstellen wird. Doch auch diesbezüglich kann man erfahrungsgemäß auf den namhaften Chefdenker der Serie vertrauen.

Ein Wort noch zu den Illustrationen: Christophe Bec hat sich scheinbar komplett aus dem Geschehen zurückgezogen und neben dem bereits erprobten Stéphane Betbeder den italienischen Zeichner Nicola Genzianella engagiert, der in „Nullpunkt“ auch eine sehr deutliche Note hinterlässt. Allerdings wirken seine Panels nicht so detailverliebt und eher verschwommen, so dass man in dieser Hinsicht nicht zwingend von einem Gewinn für die Serie sprechen muss. Summa summarum konnte „Verbotene Grenzen“ hier besser Eindrücke vermitteln, was dem verdienten Applaus für diesen zweiten Teil aber kaum schadet. „Nullpunkt“ ist nämlich eine würdige Fortsetzung, zwar mal wieder völlig anders als erwartet, aber vielleicht gerade deswegen erneut spannend und lohnenswert!

|Graphic Novel: 52 Seiten
ISBN-13: 978-3868692235|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

_Christophe Bec bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Lagune auf Fortuna“ (Carthago 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7102
[„Die Challenger-Tiefe“ (Carthago 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7103
[„USS Nebraska“ (Heiligtum 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7159
[„Der Weg in den Abgrund“ (Heiligtum 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7160
[„Moth“ (Heiligtum 3)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7168

Die „Prometheus“-Reihe:
Band 1: [„Atlantis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6432
Band 2: [„Blue Beam Project“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6433
Band 3: [„Exogenesis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7628

Bec, Christophe / Betbeder, Stéphane – Bunker 1: Verbotene Grenzen

_Die „Bunker“-Reihe:_

Band 1: _“Verbotene Grenzen“_
Band 2: „Nullpunkt“
Band 3: „Reminiszenz“
Band 4: „Blutbad“
Band 5 – nur angekündigt –

Christophe Bec ist längst kein unbeschriebenes Blatt mehr im internationalen Comic-Zirkus. Vor allem Reihen wie „Heiligtum“ und „Prometheus“ haben seine Reputation gestärkt und ihn sowohl als Autor als auch als verantwortlicher Zeichner zu den großen Namen des phantastischen Genres gemacht. Gemeinsam mit seinem langjährigen Vertrauten Stéphane Betbeder hat er sich nun an einen neuen Fünfteiler herangewagt, bei dem das mystische Element wieder an vorderster Stelle steht. In „Bunker“ verschmelzen realistische Settings und Inhalte aus Science-Fiction und Fantasy nun ein weiteres Mal zu einem großen Ganzen.

_Story:_

Der einstige Bauernsohn Aleksi Stassik hat seinem Drang, das unspektakuläre Landleben aufzugeben und sich der Armee anzuschließen, nicht nur nachgegeben, sondern geht in der Verlockung, der Elite anzugehören, voll und ganz auf. Auf seiner ersten Mission wird der junge Rekrut in das Gebiet der Damarkacia geführt, wo auf mehr als 7000m Höhe eine Überwachsungsstation der Velikiistok angelegt wurde, die dem unbekannten Feind, den Jeretiks, als Abschreckung und den Kampf gegen die Feindeslinie als Basis dienen soll.
Getränkt von seinem Wagemut und den Anforderungen seiner neuen Aufgabe begibt sich Stassik in den Dienst und trotzt den vielen Zweifeln, die von seinen Kumpanen ausgehen. Von übersinnlichen Erscheinungen, brutaler Abschlachterei und gefährlichen Wesen ist hier die Rede, doch Aleksi verbannt dieses Gerede schnell in das Gebiet der Fabeln. Auch die Erfahrungsberichte des einzigen Überlebenden einer damaligen Patrouille können ihn nicht abschreckend, im Dienst des Vaterlandes und somit des Imperators den Feind aufzuhalten und seinem Elite-Dasein mit Stolz nachzukommen.

Lediglich das Schweigen seiner Vorgesetzten sowie der heraufbeschworene Mythos um den Berg und das Volk der Jeretik sind dem durch und durch motivierten Schönling ein Dorn im Auge. Und als seine Heimpost durchwühlt und Stassik aufgrund seiner üblen Nachrede zu jener Verschwiegenheit gegenüber seiner Familie Stellung zu nehmen versucht, wird er schneller mit dem Berg und seinen Regionen vertraut gemacht, als ihm lieb ist. Als Vaterlandsverräter wird er mit seinem ängstlichen Kollegen Josef an einer entfernten Überwachungsstation fernab von Bunker 37 ausgesetzt. Und was er dort erlebt, sprengt endgültig seine rationalen Vorstellungen …

_Persönlicher Eindruck:_

Erwartungsgemäß ist die neue Bec-Serie ein weiterer schwerer Brocken, der sich durch einen recht komplexen Handlungsstrang, zahlreiche Szenenwechsel, außergewöhnliche Schauplätze und unkonventionelle Figuren charakterisieren lässt. Darüber hinaus malt der Autor erneut ein sehr düsteres Szenario, welches sich durch ein leichtes Horror-Flair und die ständige Erwartung des Unerwarteten auszeichnet und hinsichtlich seiner Atmosphäre starke Akzente setzt. Dabei ist nicht nur die frostige Berglandschaft ein bedeutsamer Faktor, sondern vor allem das Gespür für verquere Eigenheiten und neue Mythen, von denen „Bunker“ gleich mehrere aufzubieten weiß.

Das erste Kapitel ist trotz der teils sehr abrupten Breaks dennoch ein vergleichsweise leichter Einstieg in die Materie, weil Bec und Betbeder sich genügend Zeit nehmen, die einzelnen Persönlichkeiten und Szenerien zu beleuchten und den Leser nicht sofort in einen Wust an Informationen und Verstrickungen schmeißen. Nicht nur die Figur des Protagopnisten wird dabei intensiv beschrieben, sondern auch die Motivationen, Ängste und Absonderlichkeiten seiner teils sehr merkwürdigen Kollegen geraten in den Fokus und machen das Publikum der beiden Franzosen alsbald mit dem Kern der Story vertraut.

Die Detailverliebtheit ist ferner eine weitere Stärke, die das Duo konsequent auslebt. Einerseits sind die Skizzen mit vielen Feinheiten gespickt, andererseits liefert auch der Text genügend Informationen, die „Verbotene Grenzen“ bis auf Weiteres überschaubar gestalten und dazu beitragen, dass der Blick für die wesentlichen Inhalte nie verloren geht. Trotzdem steigert sich die Intensität der Erzählung von Seite zu Seite, begünstigt durch die merkwürdigen Vorfälle rund um Bunker 37, aber auch durch den kulturellen Mythos, der hier heraufbeschworen wird. Der Feind ist nicht näher definiert, wird lediglich kurz vorgestellt, doch die Art und Weise, wie er bekämpft wird, bzw. die Grundintention, warum die Basis in dieser enormen Höhenlandschaft angelegt wurde, ist nicht durchschaubar – genauso wenig die Idee, dass generell eine Notwendigkeit besteht, die Jeretiks zu bekämpfen, wo die Bedrohung lediglich durch die Verschwiegenheit der Figuren höherer Ämter greifbar erscheint. Insofern geben sich die beiden Autoren gewohnt geheimnisvoll, lassen den Leser immer wieder nahe an den Komplex heran, werfen derweil aber auch genügend Fragen auf, die die Spannung abseits des eigentlichen Plots gewaltig anheizen.

Schlussendlich ist das Storyboard irgendwie schon vertraut, zumindest bei den Arrangements des Spannungsaufbaus. Bec gibt vor, eine Menge zu verraten, versteckt aber genauso viele prägende Dinge, die in den Folgebänden näher zu erforschen sind. „Verbotene Grenzen“ endet mit einem gewaltigen Cliffhanger und suggeriert bereits, welche Tragweite die gesamte Reihe einnehmen wird. Es scheint zwar noch zu früh, zu behaupten, „Bunker“ könnte es problemlos mit den bisherigen Bec-Klassikern aufnehmen, doch im Bezug auf den ersten Eindruck, ist man schon dezent gewillt, ein solches Statement abzugeben. Auf jeden Fall verdient „bunker“ die Aufmerksamkeit des vertrauten Publikums und hat das Potenzial, sich zu einem weiteren Science-Fiction-Kultcomic zu mausern!

|Graphic Novel: 52 Seiten
ISBN-13: 978-3868692228|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

_Christophe Bec bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Lagune auf Fortuna“ (Carthago 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7102
[„Die Challenger-Tiefe“ (Carthago 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7103
[„USS Nebraska“ (Heiligtum 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7159
[„Der Weg in den Abgrund“ (Heiligtum 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7160
[„Moth“ (Heiligtum 3)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7168

Die „Prometheus“-Reihe:
Band 1: [„Atlantis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6432
Band 2: [„Blue Beam Project“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6433
Band 3: [„Exogenesis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7628

Bec, Christophe – Prometheus 3: Exogenesis

_Die „Prometheus“-Reihe:_

Band 1: [„Atlantis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6432
Band 2: [„Blue Beam Project“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6433
Band 3: _“Exogenesis“_
Band 4: „Prophezeiung“
Band 5: – nur angekündigt –
Band 6: – nur angekündigt –

_Story:_

Auch am sechsten Tag der verheerenden Katastrophen tappen die führenden Kräfte der Länder der Erde im Dunkeln ob des Urpsprungs der tragischen Zwischenfälle. Kurz bevor die Uhr ein weiteres Mal auf die besagte Minute springt, lebt die Weltbevölkerung in größter Angst. Derweil erinnert sich der letzte Überlebende der Apollo XX-Mission vage an die letzten Sekunden an der Mondoberfläche und zeichnet ein Bild dessen, was er glaubt, vor Ort gesehen zu haben – und alles deutet darauf hin, dass extraterrestrisches Leben für die eigenartigen Ereignisse der letzten Tage verantwortlich ist.

Während Nachrichtensprecherin Kellie Lambert sich bereits auf ihre nächste Sendung vorbereitet, um weiteres Unheil zu verkünden, scheinen sich auch die Premiers darüber einig, dass die Existenz von Außerirdischen nicht mehr zu leugnen ist. Bei einer Konferenz in Genf sollen die Fakten auf den Tisch gelegt werden. Selbiges hält eine ambitionierte Geschichtsprofessorin ebenfalls für richtig und führt den Leiter der NASA an die zahlreichen Erkenntnisse aus der historischen Forschung heran. Außerirdisches Leben scheint bereits seit Jahrtausenden den Planeten zu bevölkern, und in ihren Augen ist die Menschheit lediglich ein Versuchsprojekt der Aliens. Ihre Theorie scheint nicht mehr weiter hergeholt, wenn man berücksichtigt, dass weltweit immer mehr Anzeichen für die Annahme auftauchen und die Angst infolge der seltsamen Beobachtungen von Sekunde zu Sekunde wächst …

_Persönlicher Eindruck:_

Nachdem sich die Ereignisse in den ersten beiden Bänden der „Prometheus“Reihe von Christophe Bec regelrecht überschlagen haben, drosselt der Autor und Zeichner das Tempo in „Exogenesis“ ein wenig und begleitet seine Leser bei der Ursachenforschung für die gigantischen Katastrophen. Dabei werden die einzelnen Vorfälle in einem kurzen Rückblick noch einmal durchlaufen und ins Gedächtnis gerufen, nicht jedoch ohne den eigentlichen Plot in einer ziemlich gemischten Chronologie weiter voranzubringen.

Die dritte Episode des gewaltigen Science-Fiction-Komplotts wechselt dennoch sehr häufig zwischen den Erzählzeiten, forscht in der ganz fernen Vergangenheit, macht zahlreiche Andeutungen, die im Großen und Ganzen mit der Existenz von außerirdischem Leben zusammenhängen, und befestigt diese Theorie anhand der Ereignisse in der Gegenwart, die zwar fürs Erste plausibel erscheinen, schließlich aber doch noch sehr viele Geheimnisse verbergen, die Bec in den nächsten Kapiteln aufzuklären hat.

Nichtsdestotrotz wirkt „Exogensis“ ein wenig aufgeräumter und gezielter sortiert, selbst wenn der Leser erneut mit Fakten und Details überschüttet wird. Doch der Textanteil des neuen Bandes ist verhältnismäßig groß, da Bec offenbar das Verlangen hat, sich und die Story näher zu erläutern und Dinge auf den Tisch zu bringen, die vermeiden, dass der Plot aus dem Ruder läuft bzw. die Übersicht über die ganze Vielfalt von „Prometheus“ verloren geht. Dieser Schritt ist gerade insofern begrüßenswert, da man zwischenzeitlich kaum mehr folgen konnte, wie die einzelnen Geschehnisse aus den unterschiedlichen Epochen in Verbindung stehen könnten und somit wieder etwas mehr Klarheit in die Geschichte kommt. Das mystische Element der Serie bleibt aber weiterhin sehr stark ausgeprägt, wird durch weitere kuriose Inhalte sogar noch verschärft und ist schließlich auch die eindeutige Triebfeder von Monsieur Bec, der im Übrigen auch auf illustrativem Gebiet wieder einige Glanzleistungen abgeliefert hat. Letztgenanntes ist in „Exogenesis“ speziell dadurch charakterisiert, dass große Kontraste zwischen themenreicher Handlung und stillen Panels entworfen wurden, die gerade auf den ersten Seiten sehr bildgewaltig erscheinen. Die Mischung aus textreichen Abschnitten und beeindruckenden Bildern ist ein weiteres Plus, das vor allem in diesem dritten Band sehr schön zur Geltung kommt und sein Übriges dazutut, dass die Story und ihr gesamtes Drumherum immer imposanter wirken.

Darüber hinaus hat Bec schließlich so viele Cliffhanger in diesem Band verankert, dass die Wartezeit bis zur Fortsetzung erdrückend anmutet. Ein knappes Jahr liegt letzten Endes zwischen den Ausgaben 3 und 4, welches zwar genutzt werden kann, um die reichhaltigen Eindrücke adäquat zu verarbeiten, bei der gebotenen Spannung aber definitiv schwer erträglich ist. Gut Ding will jedoch Weile haben, und da „Prometheus“ nicht nur gut, sondern auch in der aktuellen Ausgabe durchweg brillant ist, bleibt das Statement, hier eine der besten Science-Fiction-Reihen der gesamten Comic-Historie aufgeschnappt zu haben, auch bei „Exogenesis“ erhalten. Kompliment an den Autor für die Weiterführung eines unglaublichen intensiven Konstrukts!

|Graphic Novel: 47 Seiten
ISBN-13: 3-86869-085-9|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

_Christophe Bec bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Lagune auf Fortuna“ (Carthago 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7102
[„Die Challenger-Tiefe“ (Carthago 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7103
[„USS Nebraska“ (Heiligtum 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7159
[„Der Weg in den Abgrund“ (Heiligtum 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7160
[„Moth“ (Heiligtum 3)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7168

Arleston, Christophe (Autor) / Floch, Adrien (Zeichner) – unfassbare Wahrheit, Die (Die Schiffbrüchigen von Ythaq 9)

_|Die Schiffbrüchigen von Ythaq|:_

Band 1: [„Terra Incognita“ 3722
Band 2: [„Die falsche Ophyde“ 3744
Band 3: [„Seufzer der Sterne“ 3777
Band 4: „Khengis Schatten“
Band 5: [„Das letzte Geheimnis“ 5158
Band 6: [„Aufstand der Spielfiguren“ 6112
Band 7: [„Das Zeichen der Ythen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6259
Band 8: [„Der Spiegel der Lügen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6856
Band 9: _“Die unfassbare Wahrheit“_

_Story:_

Das Meereswesen Sarkun’hr, das in den vergangenen 100 Jahren in den Tiefen des Ozeans von Ythaq gefangen war, bereitet bereits seit längerer Zeit seine Befreiung vor, konnte bislang aber keinen geeigneten Schützling finden, der sich mit seinen psychosensiblen Kräften arrangiert und die vier Elemente in sich vereint. Aus der Zwischendimension, in der er seither lebt, hat er schließlich immer wieder Kontakte knüpfen können und seine Geisteskräfte an die Figuren der eigenartigen Welt verteilen können – doch erst Narvarth hat sich als würdig erwiesen, Erde, Wasser, Feuer und Luft zu nutzen und einen Pakt mit Sarkun’hr zu knüpfen. Sein bahnbrechendes Hilfsmittel: Die Poesie.

Doch Ythaq scheint dem Untergang geweiht, da das Söldnerteam die Auferstehung des angeblichen Monsters befürchtet und daher drängt, den Planeten endgültig dem Erdboden gleichzumachen. Mit Hilfe seiner ständigen Begleiterin Granit, die noch in einer Gießerei gefangen gehalten wird, stürzt sich der frisch erkorene Poet in ein letztes Abenteuer in der fremden Welt. Doch nach all den Ereignissen der jüngeren Vergangenheit hat Narvarth inzwischen den größten Teil seiner Vertrauenswürdigkeit eingebüßt …

_Persönlicher Eindruck:_

Mehrere Jahre konnten treue Leser die Abenteuer von Granit, Narvarth und all ihren Begleitern verfolgen – nun endet „Die Schiffbrüchigen von Ythaq“ mit dem neunten und letzten Band und wird sicherlich eine große Lücke in der Liste der monatlichen Neuerscheinungen reißen. Doch der Abschied von der phantastischen neuen Welt wird nicht nur mit einem weinenden Auge gesehen. Denn nachdem die Geschichte in den letzten Bänden immer abstraktere Züge angenommen und das eigentliche Abenteuer sich mit philosophischen Inhalten verstärkt hat, war ein konsequenter Break auch irgendwo nötig, um die Geschichte nicht zu weit abdriften zu lassen. Und jener ist dem eingespielten Team Arleston/Floch mit „Die unfassbare Wahrheit“ auch auf beeindruckende Art und Weise gelungen.

Das Schlusskapitel vereint schließlich noch einmal alle bemerkenswerten Elemente, die auch schon die vergangenen acht Etappen ausgezeichnet haben: Grandiose, aber eben nicht reißerische Action, feine Charakterzeichnungen, eindrucksvolle Gedankensprünge, eine Prise Humor und schließlich diese ganz spezielle Atmosphäre, die sich nie genau einordnen lässt, den Leser aber immer wieder zu packen vermag.

Derweil ist die Story überraschend stringent zu Ende erzählt, macht zwar noch ein paar kurze überleitende Sprünge, kommt aber nach den weitreichenden Einschnitten, die vor allem die letzten beiden Episoden gekennzeichnet haben, überraschend zügig auf den Punkt. Etwas unerwartet entwickeln sich zudem die Dinge zwischen den beiden Hauptakteuren, die immer wieder prima kooperiert haben, nun aber auch ihre emotionale Seite zeigen und sich mehr aufeinander einlassen können, als es die Story bislang hergegeben hat. Mehr wird dazu jedoch nicht verraten. Schade ist einzig, dass die letzten Seiten zum relativ flotten Abriss verkommen, da hier und dort noch eine kleine Ausschmückung willkommen gewesen wäre. Aber eventuell wäre dies auch zuviel des Guten gewesen.

De facto hat Christophe Arleston das Potenzial der Serie bis zur letzten Seite nahezu komplett ausgeschöpft und einer wirklich fantastischen Comic-Reihe einen krönenden Abschluss beschert. „Die Schiffbrüchigen von Ythaq“ werden dauerhaft zu den prägenden Titeln des Splitter-Verlags sowie des gesamten franko-belgischen Sektors gehören – und daran hat „Die unfassbare Wahrheit“ ebenso seinen Anteil wie all die vorangegangenen Kapitel! Bravo, Monsieurs!

|Graphic Novel: 56 Seiten
Originaltitel: Les Naufragés d’Ythaq – L’impossible vérité
ISBN-13: 978-3-940-8649-25|
[www.splitter-verlag.de]http://www.splitter-verlag.de

_Christophe Arleston bei |Buchwurm.info|:_
[„Loxullios Formes“ (Elixier 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2514
[„Morea 1: Das Blut der Engel“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4350
[„Morea 2: Das Rückgrad des Drachen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4561
[„Morea 3: Das Feuer der Zeit“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5028
[„Morea 5: Die Flamme der Finsternis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6105
[„SinBad 1: Der Kelch voni Alexandria“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6130
[„SinBad 2: In den Klauen des Djinns“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6131

Reichs, Kathy – Fahr zur Hölle

_|Temperance Brennan|:_

Band 01: „Tote lügen nicht“
Band 02: [„Knochenarbeit“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1229
Band 03: [„Lasst Knochen sprechen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1479
Band 04: „Durch Mark und Bein“
Band 05: „Knochenlese“
Band 06: „Mit Haut und Haar“
Band 07: [„Totenmontag“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=937
Band 08: [„Totgeglaubte leben länger“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2083
Band 09: [„Hals über Kopf“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4806
Band 10: „Knochen zu Asche“
Band 11: „Der Tod kommt wie gerufen“
Band 12: „Das Grab ist erst der Anfang“
Band 13: [„Blut vergisst nicht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6621
Band 14: _“Fahr zur Hölle“_

[„Bones – Die Knochenjägerin: Tief begraben“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3355

_Story_

In Charlotte winkt der alljährliche Zirkus mit seinen vielen Attraktionen: Die NASCAR-Serie hält in der finanzstarken Metropole und verspricht, auf dem Motor-Speedway ein riesiges Spektakel zu entfachen. Temperance Brennan hat eigentlich kaum Interesse an der Motorsport-Veranstaltung, muss sich jedoch zwangsläufig damit beschäftigen, als kurz vor Start der ersten Trainigsrennen die Überreste eines Menschen, asphaltiert in einem Müllfass, entdeckt werden. Während die Forensikerin die ersten Spuren sichert, macht sie Bekanntschaft mit einem verzweifelten jungen Mann, der vermutet, dass es sich bei der Leiche um seine seit zwölf Jahren vermisste Schwester Cindi handelt. Diese war damals mit ihrer Jugendliebe Cale Lovett durchgebrannt und urplötzlich von der Bildfläche verschwunden. Und da Lovett Kontakt zu rechtsgerichteten Vereinigungen hatte und auch in Verbindung mit dem offenkundigen Attentäter Eric Rudolph stand, scheint der Fall plötzlich Kreise zu ziehen, die sich Brennan bis dato nicht ausgemalt hatte.

Während die Ermittlerin mit dem übergewichtigen, ebenfalls nicht wirklich vertrauenerweckenden Inspektor Skindell im Hintergrund an dem Fall arbeitet, mischt sich auch das FBI in die Angelegenheiten und schränkt die Arbeiten an den entscheidenden Stellen ein. Brennan ist sich sicher, dass hier Fakten aus Gründen vertuscht werden, die bis in die tiefsten Kreise des Bureaus hineinreichen, und begibt sich immer weiter in Gefahr. Als sie schließlich überhaupt nicht mehr einsehen kann, wem sie glauben und vertrauen kann, steckt sie bereits tiefer in der Sache drin, als Temperance lieb ist …

_Persönlicher Eindruck:_

Es schleicht sich langsam aber sicher der Eindruck ein, als wüsste Kathy Reichs auch nicht mehr so recht, was sie mit ihrer einstigen Kultfigur Temperance Brennan anfangen soll. Das Potenzial scheint erschöpft, der Chjarakter verblasst von Fall zu Fall mehr, und auch wenn die Rahmenhandlung bisweilen spektakulärer und bunter ausgemalt wird, treten die Storys um die berüchtigte Forensikerin immer deutlicher auf der Stelle.

Diese Entwicklung setzt sich leider auch im aktuellen Roman „Fahr zur Hölle“ fort, der zwar mit gewohnt interessanten Ansätzen einsteigt, sich aber schnell wieder in einem Wust an Details verrennt, die in dieser Masse weder adäquat aufgearbeitet werden, noch bei der Klärung des Falles mit genügend Aufmerksamkeit bedacht werden können. Dabei scheint das Setting perfekt: Das NASCAR-Spektakel zieht seine Kreise, ein plötzlicher, abstrakt inszenierter Todesfall macht die Runde, eine verschollene Person bringt einen folgenschweren Kontrast in die Ermittlungen, und da die übrigen Personen gerade auf den ersten Seiten nie so recht eingeschätzt werden können, ist in der Einleitung für genügend Spannung gesorgt.

Doch alsbald werden die gravierenden Schwächen der Story immer markanter. Insbesondere die Charakterzeichnungen sind widersprüchlich und eigenbrödlerisch, erfüllen ihren teils absurd anmutenden Zweck aber im weiteren Verlauf der Erzählung absolut nicht mehr. Da gibt es einen aufgesetzten Streit zwischen Brennans Kollegen, die dem jeweils anderen den Schwarzen Peter zuschieben. Da taucht ständig dieser mysteriöse Mann auf, der nach seiner Schwester sucht, aber eigentlich überhaupt kein wirkliches Motiv bekommt, Teil der Handlung zu sein. Und überdies schneiden die Verhöre und Nachforschungen immer wieder die Arbeiten des strikt auftretenden FBI, dessen Verhalten im Grundsatz jedoch auch keiner echten Logik folgt, zumal die Detectives immer wieder Inhalte preisgeben, die sie in ihrer Position gar nicht offenbaren müssten. Schlussendlich wirkt einfach zu viel konstruiert und immerzu passend für die Story maßgeschneidert, damit hier keine Verwicklungen entstehen, die Reichs in der Auflösung nicht mehr mit der nötigen Konsequenz rechtfertigen kann. Dass hierbei jedoch gerade eindeutige Ungereimtheiten auftreten, während der Plot sich stetig mehr verbraucht und die Spannung Schritt für Schritt weiter entlässt, scheint der renommierten Autorin ganz und gar zu entgehen.

Zur Lockerung all dieser Widersprüche taucht Kathy Reichs ab und an noch einmal in das Seelenleben ihrer Protagonistin ein und stellt hier im Wesentlichen kurze, knappe Verbindungen zu ihren letzten Romanen her. Da aber auch hier lediglich an der Oberfläche gearbeitet wird und man sowohl emotional als auch inhaltlich überhaupt keinen Tiefgang zulassen mag, kommt einem auch in diesen Passagen der Gedanke, die Autorin agiere inzwischen hilflos und täte definitiv besser daran, ihre Hauptfigur langsam aber sicher aus der literarischen Welt zu entfernen und sich nicht mehr von der damit verbundenen Erwartungshaltung an den oftmals sturen Charakter fesseln lassen. „Fahr zur Hölle“ ist nämlich in der Zusammenfassung ein ernüchternd langweiliger Thriller, der nach viel versprechendem Beginn immer weiter zu entgleiten droht und letzten Endes mehr Schaden als Freude beim Leser anrichtet. Dass man nämlich einer Persönlichkeit wie Temperance Brennan eines Tages derart überdrüssig sein könnte, hätte man vor einer knappen Dekade wohl kaum geglaubt!

|Gebunden: 352 Seiten
Originaltitel: Flash and Bones
ISBN-13: 978-3896673251|
[www.randomhouse.de/blessing]http://www.randomhouse.de/blessing/index.jsp

Lahm, Philipp – feine Unterschied, Der – Wie man heute Spitzenfußballer wird

_Viel Lärm um nichts?_

Eigentlich hätte Philipp Lahm ja damit rechnen sollen, dass die Publikation eines Fußballspielers, der als Kapitän der Deutschen Nationalmannschaft und des erfolgreichsten hiesigen Klubvereins eine Menge Verantwortung trägt und dementsprechend ständig in den Medien präsent ist, bereits vor der eigentlichen Veröffentlichung von der Boulevardpresse zerpflückt wird. So geschehen ist dies dann auch vor wenigen Wochen, als das berüchtigte Revolverblatt mit den vier Buchstaben einige Passagen aus „Der feine Unterschied“ zitierte und damit auch sofort für Skandalmeldungen und Gesprächsstoff sorgte, wodurch der Spieler des FC Bayern sofort in die Schusslinie gerät. Namhafte Ex-Begleiter wie Rudi Völler und Jürgen Klinsmann empörten sich über Lahms offenkundig angriffslustige Seite und beklagten dessen wortreiche Freizügigkeit bei der Kritik an seinen einstigen Förderern und Mitstreitern. Wie sich mit der endgültigen Freigabe des biografischen Werks nun jedoch herausstellt, ist „Der feine Unterschied“ jedoch alles andere als die vorab propagierte Abrechnung mit dem deutschen Fußball. Stattdessen beschreibt Top-Star Lahm lediglich die Tücken des Profidaseins anhand seines persönlichen Lebenswegs und blickt hierbei ausschließlich auf Erfolge und Niederlagen seiner Karriere zurück, die ihn schließlich zu dem Fußballer und Menschen geformt haben, der derzeit wohl die größte Last auf seinen vergleichsweise kleinen Schultern trägt. Skandale? Mitnichten! Aufwiegelei? Nein, das war nie die Motivation dieses Buches. Insofern sind die Vorankündigungen zu jener Geschichte, die mit „Wie man heute Spitzenfußballer wird“ untertitelt bleibt, völlig irreführend – und haben letzten Endes wieder gezeigt, wozu eine gewisse Stimmungsmache fähig ist. Nämlich in diesem Fall dazu, viel Lärm um nichts zu machen!

_Profi durch und durch_

„Der feine Unterschied“ wird seinem Titel schließlich insofern gerecht, dass Philipp Lahm sich intensiv mit seiner Vergangenheit als Kind und Jugendlicher auseinandersetzt und beschreibt, worauf es bereits in dieser Zeit ankommt, hat man die Motivation, sich eines Tages als Profi auf dem Platz zu präsentieren. Geduld, Enthaltsamkeit, ein absoluter Wille sind seines Erachtens die tragenden Säulen, die ein talentierter Fußballer zwingend mitbringen sollte, um die Bühnen, auf denen sein Spiel stattfindet, peu à peu zu vergrößern. Lahm selber hatte das Glück, relativ bald bei der Jugend des FC Bayern unterzukommen und dort unter besten Bedingungen trainieren zu können. Und dennoch schien sein Heißhunger auf die großen Stadien nicht so gierig zu sein, dass er sein Privatleben voll und ganz missachtete. Für Lahm ist diese Kombination der Schlüssel zum Erfolg, auch heute noch. Ein Profifußballer ist gleichzeitig ein Teil der landesweiten Prominenz, insbesondere in der Stellung eines Nationalspielers, aber dennoch darf die Familie nie zu kurz kommen, selbst wenn vergleichsweise größere Opfer gebracht werden müssen. Planung ist daher alles, so dass man sich bereits in frühen Jahren Gedanken machen muss, wer zum Stab der Vertrauten heranwächst, wie man sein eigenes Management aufbaut, wie man verhandelt, aber auch wie man zurücktritt, um sich einer ganzen Mannschaft unterzuordnen. Profisport ist in zweiter Linie auch Planwirtschaft, vielleicht vor einem anderen Hintergrund, aber im Rahmen des knallharten Geschäfts namens Bundesliga sicherlich in diesem Setting passend. Und wer sich damit nicht arrangieren will und zu oft seinen eigenen Kopf durchsetzen mag, der bleibt ganz einfach auf der Strecke.

Lahm beschreibt, wie er die Tücken bewältigt hat, wie er sich anpassen musste, und welche universelle Bereitschaft vorhanden sein muss, um den langen, harten Weg an die Spitze zu meistern. Dabei zeigt er auch einige unschöne Seiten auf, bekundet aber letzten Endes, dass jede Entbehrung schlussendlich auch zu großem Lohn geführt hat – wirtschaftlich, aber auch rein mental. Denn dieses Gefühl, das er beschreibt, welches einen überkommt, wenn man vor unzähligen Fans in einem WM- oder im Heimstadion aufläuft, entschädigt Woche für Woche für all die Strapazen, die er in inzwischen 27 Jahren auf sich genommen hat. Ein Profi durch und durch eben, dieser Philipp Lahm – aber eben auch ein Mensch, der genau weiß, was er will und was er aufzubringen hat, um seine Ziele zu erreichen!

_Eine lesenswerte Biografie – mehr nicht_

Rein strukturell ist Lahms Titel schließlich eine zumeist chronologisch geführte Autobiografie, die hier und dort ein paar kritische Randbemerkungen bereithält, am Ende aber niemanden frontal attackiert. Wenn man ein paar Worte über die zweifelhaften Methoden eines Louis van Gaal auf den Tisch kommen, bewahrt Lahm immerzu den Respekt vor seinem ehemaligen Trainer. Und auch die angesprochenen Herren Völler und Klinsmann sollten eigentlich keinen Grund haben, sich über die Inhalte des Buches zu beklagen, da Lahm sachlich analysiert, aber eben nicht angreift. Für solche Begleiterscheinungen bleibt auf den rund 270 Seiten allerdings auch gar kein Spielraum, weil Lahms bisheriger Karriereverlauf und die wichtigsten Ereignisse in seinem Leben als Fußballer schon genügend Stoff bieten, um die Seiten zu füllen. Er beschreibt seine Jugend, seinen Start bei den Amateueren, den rasanten Aufstieg nach seinem Wechsel zum VfB Stuttgart und schließlich die Einberufung in die Nationalelf, die analog zur Rückkehr zum FC Bayern dazu führte, dass sich Lahm als Weltstar und einer der besten Abwehrstrategen der deutschen Fußballgeschichte etablieren konnte. Und all diese Begeisterung, die in diesen Worten mitschwingt, transferiert der Autor schließlich auch in „Der feine Unterschied“. Vergessen sind am Ende, die plumpen Vorab-Storys, das Geschwätz, die überflüssigen Statements in den vermeintlich großen Blättern – denn rein inhaltlich ist die Biografie eigentlich nicht angreifbar. Lediglich die Tatsache, dass Lahm sich nicht bis zum Ende seiner Karriere Zeit gelassen hat, ist verwunderlich. Den Lesegenuss trübt sie aber keinesfalls!

|Hardcover: 269 Seiten
ISBN-13: 978-3888977299|
[www.kunstmann.de]http://www.kunstmann.de

Licia Troisi – Das Siegel des Todes (Die Schattenkämpferin 2)

Die Schattenkämpferin-Trilogie:

Band 1: „Das Erbe der Drachen“
Band 2: „Das Siegel des Todes“
Band 3: „Der Fluch der Assassinen“

Story:

Nach ihrer Flucht aus dem Verlies der Gilde reisen der Magier Lonerin und die von einem bösartigen Fluch gezeichnete Dubhe über die Grenzen der Aufgetauchten Welt, um den verschollenen und schon für tot erklärten Magier Sennar aufzuspüren. Der Gatte der legendären Drachenkämpferin Nihal soll einerseits dabei unterstützen, die finsteren Pläne des tyrannischen Königs Dohor zu durchkreuzen, andererseits aber auch das Siegel brechen, welches Dubhe von Zeit zu Zeit in eine Bestie verwandelt und sie in einen unkontrollierten Blutrausch treibt. Doch die Reise des ungleichen Duos ist nicht nur von den natürlichen Hindernissen der fremden Welt beeinträchtigt; auch die Ausgesandten der Assassinen sind stets im Nacken der Flüchtigen und wollen Dubhe, ihr Wissen und ihr Geheimnis vor dem Rat schützen. Unter der Führung der kompromisslosen Rekla reist ein ausgewählter Trupp der Meuchelmörder hinter Lonerin und Dubhe – und bringt das Duo immer näher an den Rand des Todes.

Licia Troisi – Das Siegel des Todes (Die Schattenkämpferin 2) weiterlesen

Brezina, Thomas C. – Tiger Team: Der Berg der 1000 Drachen (Hörspiel zum Film)

_Story:_

Biggi, Patrick und Luk wird auch in der Ferienzeit nicht langweilig. Eher zufällig geraten sie in den Besitz eines eigenartigen Schlüssels, dessen Spur zu einem uralten chinesischen Mythos führt. Offenkundig öffnet sich mithilfe des legendären Artefakts das Tor zum Mondscheinpalast auf dem Berg der 1000 Drachen – doch was nun?

Mit etwas Pfiff gelingt es dem Trio, eine Reise nach Peking zu gewinnen und dort ihrer Spur nachzugehen. Allerdings bleibt ihre Ankunft nicht unbeobachtet; die hinterhältige Lady Q. hat es ebenfalls auf den Schlüssel abgesehen und wittert endlich ihre Chance, endlich selber den Mondscheinpalast zu betreten und ihn für den Geheimbund der Schwarzen Schlange zu öffnen. Als Biggi, Luk und Patrick hiervon erfahren, scheint es bereits zu spät. Lady Q. und ihre Schergen haben die lokalen Verbündeten des Trios entführt und erpresst das Tiger Team. Doch mit Aussicht auf den Kelch mit dem Elixier des Lebens lassen die drei jungen Detektive aus Österreich nicht locker …

_Persönlicher Eindruck:_

Es ist jedes Mal schwierig, einen jugendlichen Kinostreifen als Hörspiel-Adaption ähnlich packend zu gestalten, wie das entsprechende Leinwand-Abenteuer, ganz einfach weil ein Großteil der rasanten Action nicht passend wiedergegeben werden kann und stattdessen durch einen leitenden Erzähler aufgefangen werden muss. Einen genau solchen Fall erleben wir auch beim Äquivalent zum ersten Streifen um das „Tiger Team“, welches sicherlich durch einen tollen Spannungsaufbau und eine sehr starke Inszenierung überzeugen kann. Doch insgeheim liegt eine zu große Last auf den Schultern von Stephan Schad, der im Prinzip den gesamten Background erläutern muss, jede Bewegung analysiert und partiell auch noch jede Emotion auffangen muss. Die eigentlichen Akteure kommen im Zuge dessen kaum zum Zuge – und das kratzt schlussendlich schon zu einem gewissen Anteil an der Atmosphäre und am lebendigen Setting der Geschichte!

Letztere ist indes indiskutabel mitreißend und mit vielen interessanten, mythischen Elementen gespickt. Natürlich sind die zufälligen Begebenheiten zu beginn des Plots nicht sonderlich glaubwürdig, doch einen Aufhänger, um die Dinge überhaupt erst in Gang zu bringen, ist schließlich dringend nötig, damit das Buch von Thomas C. Brezina sofort Tempo aufnehmen kann. Und die Geschwindigkeit, mit der die Dinge in den folgenden mehr als 80 Minuten voranschreiten, ist für ein Hörspiel mit der hier bedienten Zielgruppe schon wirklich bemerkenswert. Und unter diesem Aspekt muss Schad dann noch einmal besonders hervorgehoben werden, da er die Handlung jederzeit fest in seinen Händen hält, als Lenker einen Spitzenjob macht und auch die Brisanz der einzelnen Szenen passend mit seiner Stimme verarbeitet – ohne künstlich heroisch zu klingen oder in den Action-Szenen zu übertreiben. Und gerade das ist für ein Hörspiel, wie es „Der Berg der 1000 Drachen“ ist, nicht immer üblich!

Auch recht außergewöhnlich ist die ziemlich lange Spielzeit, die jedoch daher rührt, dass der Kinostreifen hier nahezu 1:1 übernommen wurde. Dabei ist beachtlich, dass die Story in diesem relativ üppigen Rahmen nicht mit Längen kämpfen muss, sondern grundsätzlich von einer packenden Szene zur nächsten rast. Das Tempo bleibt kontinuierlich auf einem ansprechenden Level, die Spannung eilt derweil von Höhepunkt zu Höhepunkt, und zuletzt können auch die Sprecher ihr Übriges dazu tun und die Hörspiel-Fassung von „Der Berg der 1000 Drachen“ in eine wirklich lohnenswerte Alternative zur audiovisuellen Version verwandeln. Schade eben nur, dass die Protagonisten selber nicht so oft zum Zuge kommen; ansonsten ist diese überlange „Tiger Team“-Episode jedoch frei von jeder angebrachten Kritik!

|Audio-CD mit 87 Min. Spieldauer
ISBN-13: 978-3833726668|
[www.jumboverlag.de]http://www.jumboverlag.de

Conze, Eckart / Frei, Norbert / Hayes Peter – Amt und die Vergangenheit, Das

Eine der langlebigsten Legenden der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts befasst sich mit dem Widerstand des Auswärtigen Amts gegen die offensive Gewaltpolitik des NS-Regims. Obschon die Nürnberger Prozesse vermehrt Verbindungen zwischen den Fragen der Judendeportation und der Beteiligung an der ‚Endlösung‘ entlarvten, schworen viele einflussreiche Diplomaten über Jahre hinweg ihre Unschuld an den Vergehen der Hitler-Diktatur und begründeten ihre Parteimitgliedschaft vorrangig mit dem wachsenden politischen Druck sowie der parallel entstandenen Panik vor persönlichen Konsequenzen im Rahmen der Verfgolgungspolitik des Nationalsozialismus.

Nachdem die Thematik in den letzten Jahrzehnten ständig wie ein kaum greifbarer Schatten über dem Amt und den einstigen Beschäftigten in der Wilhelmstraße schwebte, gelang es einem der kontroversesten Außenminister schließlich, die oftmals angekündigte, aber nie konsequent umgesetzte Vergangenheitsfrage zur Pflichtaufgabe zu erklären. Die 2005 einberufene Kommission sollte die Verbindungen und Verstrickungen des Amtes endgültig aufdecken, das Politische Archiv offenlegen und schließlich auch mit der jahrelang betriebenen Beschönigung befestigter Fakten aufräumen. Fünf Jahre später wurde schließlich das umfangreichste Dokument zu jenem nebenpolitischen Schauplatz fertiggestellt – und es offenbart erwartungsgemäß einige erschreckende Entwicklungen und Wendungen in der deutschen Außenpolitik!

_“Das Amt und die Vergangenheit“_ hat sich jedoch nicht zum Ziel gesetzt, rückwirkend anzuprangern und verschonte Drahtzieher in offenkundig hohen politischen Positionen zu verurteilen. Zwar werden schonungslos Tatsachenberichte auf Basis intensiver Recherchen bereitgestellt, dies jedoch völlig wertfrei und manchmal fast schon erschreckend nüchtern. Stattdessen geht es in der großen Studie darum, bekannte Straftaten im Rahmen der NS-Kriegsverbrechen nachzuvollziehen, die oberflächlich unschuldige Rolle einiger Diplomaten ins rechte Licht zu rücken und nachzuweisen, dass das Auswärtige Amt einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf viele Entscheidungen die Judenfrage betreffend gebilligt oder partiell sogar durch Hilfestellungen unterstützt hat. Gerade im zweiten Abschnitt des Buches, der sich mit der Zeit des Zweiten Weltkriegs beschäftigt und Stück für Stück aufdeckt, an welchen elementaren Deportationsverfahren verschiedene Mitarbeiter der auswärtigen Behörde beteiligt waren, stolpert man über unzählige passive wie aktive Verbrechen, die zwar in ihrer personenbezogenen Komplexität gut verschleiert werden, nach ausführlicher Recherchearbeit jedoch nicht mehr länger verschwiegen werden konnten.

Insofern gerät man in einen regelrechten Schockzustand, wenn man im ausführlichen Kapitel über die Nachkriegszeit erfährt, wie einfach sich die am Massenmord beteiligten Diplomaten reinwaschen konnten und im Rahmen der Entnazifizierung dank der Solidarität der Kollegen als entlastet eingestuft wurden. Als Schein-Oppositionelle aufgetreten konnten sie sich im Rahmen der Prozesslawinen gegenseitig die Bälle zuschieben und eine Lüge über Jahre hinweg, teilweise sogar über ihren Tod aufrechterhalten. Viel brisanter noch: Ein Großteil der einstigen Mitarbeiter, die nachweislich einen aktiven Part in der NS-Politik eingenommen hatten, wurden später wiederbeschäftigt und teils in höhere Ämter berufen, um einen Staat zu vertreten, unter dessen Banner sie Jahre zuvor noch für faschistische Werte gekämpft hatten – prominente Beispiele wie den Präsidentenvater Ernst von Weizsäcker nicht ausgeschlossen.

Die mehr als 800 Seiten mächtige Studie ist trotz ihres Umfangs aber dennoch gewissermaßen begrenzt, da der Fokus in erster Linie auf der Entwicklung des Amtes und vielen fragwürdigen Personalentscheidungen liegt, sodass viele Verbrechen, die auch im Namen des Amtes begangen wurden, lediglich als Randnotiz erwähnt werden können. Weiterhin schwierig ist die Fülle an Namen, die „Das Amt und die Vergangenheit“ stellenweise recht unübersichtlich gestaltet, zumal Personen in späteren Abschnitten wiederkehren und es oftmals schwerfällt, jedwede individuelle politische Einstellung sofort wieder adäquat einzustufen, ohne dabei Fakten zu vermischen. Das Buch verfolgt zwar einen chronologischen Ansatz, wagt aber dennoch sehr viele Sprünge, was vorrangig damit zu begründen ist, dass die Arbeit vor allem in den Jahren 1939-45 an unheimlich vielen Schauplätzen parallel ausgetragen wurde.

_Das Problem der_ mangelnden Übersichtlichkeit ist jedoch eines, welches man im Hinblick auf den Lohn, den dieses Dokument mit sich bringt, gerne in Kauf nimmt. „Das Amt und die Vergangenheit“, so belegen mehr als 100 Seiten Quallenangaben, ist eines der ambitioniertesten Aufklärungswerke der deutschen Nachkriegsgeschichte – und im Hinblick auf die Belege, die einen scheinheiligen Mythos endgültig beenden sollten, sicherlich die Referenz zur Geschichte des Auswärtigen Amts.

|Gebundene Ausgabe: 880 Seiten
ISBN-13: 978-3896674302|
[www.randomhouse.de/blessing]http://www.randomhouse.de/blessing/index.jsp

Efinger, Marianne – Gottes leere Hand

_Inhalt:_

Als Wissenschaftsexperte ist die Meinung von Manuel Jäger stets sehr gefragt. Vor allem sein bester Freund Lothar schätzt Manuels Wissen und seinen belesenen Charakter und diskutiert oftmals bis in die Nacht hinein mit dem Enddreißiger. Doch soviel Achtung Manuel auch entgegengebracht wird, an seinem wohl größten Problem können selbst die meist ambitionierten Experten nichts ändern: Jäger leidet unter der Glasknochenkrankheit und hat in seinem bisherigen Leben schon hunderte Knochenbrüche über sich ergehen lassen. Auch seine aktuelle Erkältung scheint lediglich ein Routineablauf zu sein, die ihn auf Lothars Drängen hin jedoch vorsorglich ins Krankenhaus führt, wo er ein paar Tage beobachtet werden soll.

Doch der Aufenthalt im Marienhospital verändert Manuels Einstellung zum Leben radikal. Als ihm zum wiederholten Male schmerzlich bewusst wird, dass einem Menschen wie ihm nicht die gebührende Akzeptanz entgegengebracht wird und wahre Werte wie Menschlichkeit und Nächstenliebe vor allem an jenem Platz, an dem Menschen Unterstützung und Beistand zukommen soll, völlig außer Acht gelassen werden, fasst er einen folgenschweren Entschluss …

Auch Dagmar, lange Jahre als Krankenschwester im Marienhospital beschäftigt, gehen die Entwicklungen an ihrem Arbeitsplatz längst gegen den Strich. Der Idealismus des Personals ist nur noch eine Farce, kleine Grabenkämpfe belasten das Betriebsklima, und überdies werden berufliche Fehltritte immer wieder vertuscht und manipuliert – Hauptsache der makellose Ruf des Krankenhauses wird nach außen gewahrt. Ähnlich wie bei Manuel sind ihre Zukunftsgedanken ernüchternd. Und auch Dagmar beschließt, wenn auch spät, an ihrem Leben etwas Entscheidendes zu ändern …

_Persönlicher Eindruck:_

Der Pflege- und Allgemeinzustand in deutschen Krankenhäusern wird nicht erst seit gestern massiv beklagt – allerdings verzichten die entsprechenden Kräfte und Angestellten aus Ehrfurcht vor der Herabsetzung ihres Berufsbildes und möglichen Konsequenzen für ihre Anstellung zumeist darauf, die Realität nach außen zu tragen. Diese Form der Stagnation scheint Marianne Efingr nicht zu dulden. In ihrem Roman „Gottes leere Hand“ weist sie nicht nur in unterschwellig politischer, teils auch sehr zynischer Form auf die Art und Weise hin, wie man offenkundigen Sonderlingen und Abnormalitäten zumeist entgegentritt – und zeichnet dabei ein allzu finsteres Bild von Hospitalismus, Selbstaufgabe, Enttäuschung und Frustration.

Während die Autorin an der Oberfläche die Geschichte vom hochbegabten Manuel erzählt, der aufgrund seiner Glasknochenkrankheit schon viele Barrieren im Leben meistern musste, gräbt sie zeitgleich tiefer und stellt den Krankenhausalltag in einer sehr erschreckenden Weise dar. Da mobben sich Schwestern gegenseitig, weil sie mit dem verbliebenen Idealismus ihrer Kolleginnen nicht zurechtkommen und sich mit allerlei Vitamin B in höhere Positionen hieven wollen. Da werden medizinische Fehlgriffe heruntergespielt, als seien sie für den Gesundheitszustand der Betroffenen schier bedeutungslos. Und zuletzt wird dort ständig über den Kopf von Patienten hinweg entschieden, die sich nichts sehnlicher wünschen, als ihren Lebensabend im Kreise ihrer Lieben zu verbringen, dabei aber in ihrer Würde und der noch existenten Entscheidungsfreiheit derart krass beeinflusst werden, dass dem Leser Hören und Sehen vergeht.

Nichtsdestotrotz wirft Efinger einen sehr detaillierten Blick auf die Einzelschicksale ihrer Protagonisten und schildert in den jeweiligen Einzelfällen, inwieweit man den eigentlich unschuldigen Patienten ihr letztes Bisschen Menschlichkeit nimmt. Dies beginnt bereits bei der Beurteilung des Pflegezustandes, geht über plötzlich beschlossene Verlegungen und unüberlegte medikamentöse Eingriffe und reicht schließlich bis zu jenem Punkt, an dem die internen Kritiker mundtot gemacht werden.

Im Mittelpunkt bleibt Manuel, dessen Schicksal eh schon schwierig genug ist, der von seiner einzigen Geliebten aber unverhofft Abschied nehmen musste, als diese von einem alkoholisierten Autofahrer umgebracht wurde. In seiner Person wird all die Verzweiflung und Ernüchterung beschrieben, eine Form der Selbstaufgabe und der hoffnungslosen Akzeptanz seiner Situation wie derer im Krankenhaus, aber auch die Erfahrung, dass alles Drängeln und Hoffen eh zu nichts führt, da die medizinischen Fachkräfte lediglich in eine Maschinerie eingebunden sind, in der kein Systemfehler geduldet wird. In nur wenigen Tagen findet er für all das Bestätigung, was sein Leben außerhalb der Krankheit belastet hat und nimmt sich dabei jegliche positive Zukunftsaussicht mit seinem Entschluss, den Teil des Lebens, der wirklich lebenswert gewesen war, bereits gelebt zu haben.

Ihm gegenüber steht die privat chaotische, im Job aber stets motivierte Dagmar, die jeden Tag aufs Neue mit unglaublichen Entschlüssen konfrontiert wird, in ihrer Position aber nicht viel mehr ausrichten kann, als an bessere Zeiten zu glauben – trotz aller Rückschläge, die alleine der Wochenablauf an ihrem Arbeitsplatz bietet. Hinzu kommen Dagmars Kolleginnen, die größtenteils intrigant sind und sicherlich auch viele Klischees erfüllen müssen, um dem sarkastischen Blick auf die Szenerie Wirkung zu verleihen. Hier reicht die Spanne von der Manipulation von Beurteilungsbögen bis zur gnadenlos unfairen Gestaltung des Dienstplanes, lediglich zum Zwecke, aufbegehrende Schwestern in die Schranken zu weisen. Und all dies läuft unter dem Banner Gottes, des christlichen Trägers, der seinerzeit zum Bau des Marienhospitals führte.

Sofern man dieses Buch bereits verschlungen hat, darf man eigentlich nicht zu viele Details preisgeben, da man wirklich erleben muss, was Marianne Efinger hier zu Papier gebracht hat. Im Rahmen einer fiktiven Story hat sie so viel Abschreckendes geschaffen, so viele Enttäuschung in die Realität übertragen und eine Menge an oftmals verschwiegenen Fakten zusammengetragen, dass der Drang zum Idealismus zumindest noch bei denjenigen geweckt werden kann, die noch zum Kämpfen bereit sind. Zwar dient „Gottes leere Hand“ nicht ausschließlich dazu, anhand verschiedener erfundener Schicksale die Krankenhausrealität an den Pranger zu stellen. Doch die Sicht der Dinge ist sehr realistisch und wird auch in keiner Phase des Buches beschönigt, um in einem Maße Schadensbegrenzung zu betreiben, wo sie nicht angebracht ist. Für manchen wird der Inhalt stellenweise übertrieben anmuten – und dennoch ist es durch und durch lesenswert, was die Autorin hier zusammengefasst hat und sollte gerade denjenigen Mut machen, die seit Jahr und Tag als Pflegekraft gegen Mauern ankämpfen. Auch wenn man bezweifeln darf, dass dies die eigentliche Intention des Buches ist. Aber es ist ein absolut begrüßenswerter Nebeneffekt einer Geschichte, die sehr bewegend und zwischen den Zeilen auch sehr emotional ist!

|Gebundene Ausgabe: 377 Seiten
ISBN-13: 978-3937357409|
[www.bookspot.de]http://www.bookspot.de

Sick, Bastian – Dativ ist dem Genitiv sein Tod, Der (Teil 3) (Lesung)

_Deutsche Sprache, schwere Sprache:_

Sie sind legendär, berüchtigt und mittlerweile auch schon berühmt: Bastian Sicks ‚Zwiebelfisch‘-Kolumnen bei Spiegel Online gehören zu den unterhaltsamsten Blogs in der deutschsprachigen Internet-Welt. Nicht zuletzt durch die Zusammenfassung seiner Artikel im monatelang an oberster Stelle platzierten Bestsellers „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ hat Sick Ruhm und Ansehen erlangt und sich als Retter der deutschen Sprache, als Verfechter grammatikalischer Regeln und schließlich als Hilfskraft bei der Bewältigung linguistischer Problemfälle in die Medien gepusht. Mit dem dritten Teil seiner Buchreihe setzt Sick seinem Anspruch, richtigzustellen, zu unterhalten und schließlich auch mit Wortwitz und Charme zu begeistern, schließlich die Krone auf – leider auch zum vorerst letzten Mal.

In der letzten Episode von „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ holt Sick dann aber noch einmal gekonnt zum Rundumschlag aus. Anhand vieler alltäglicher Situationen schildert er den Missbrauch von Pleonasmen und Präpositionen, stolpert über die Sinnlosigkeit doppelter Verneinungen, erklärt die Fehlverwendung von Verben und Adverbien und macht sich einen Scherz aus dem missbilligenden Sprachgebrauch bei Artikeln oder lokal bedingten Akzentuierungen. Schließlich zieht er zur Erklärung der einzelnen Sachverhalte gerne wieder alte Bekannte hinzu, so zum Beispiel Frau Jackmann, jene bürgerliche, sprachlich weniger gewandte Hausfrau, die es mit der deutschen Sprache nicht immer so genau nimmt. Andererseits greift Sick auch in der Prominenten um sich, beispielsweise wenn die Aussagen einiger Sportler zitiert werden, allen voran Lothar Matthäus, der hier gleich doppelt sein Fett weg bekommt. Es sind so viele typische Situationen, die der Autor aufzählt, sei es nun bei der plumpen, aber grundsätzlich sinnentleerten Ansage bei der Deutschen Bahn bis hin zu den peinlichen Statements bekannter Persönlichkeiten in Interviews und weniger vorteilhaften Selbstdarstellungen.

Natürlich mag man Sick hier und dort gerne als Besserwisser wahrnehmen, da er die jeweiligen Themen bis ins kleinste Detail herunterbricht und jeden Wortfetzen durch sein grammatikalisches Vorbildschema lenkt und schließlich auch jeden Fehltritt durch den Kakao zieht. Doch Sick hat Charme, er verkündet Selbstbewusstsein, bleibt logisch und hat letzten Endes immer wieder den passenden Kommentar zu der jeweils brisanten Situation. Wenn zum Beispiel verdrehte Redewendungen ins Gespräch kommen und dabei die sonderbarsten Verbindungen zustande kommen, gelingt es dem Autor immer wieder, mit einer noch heftigeren Verdrehung einen draufzusetzen und aus einem Schmunzeln einen echten Schenkelklopfer zu machen. Da wird man auch keinen Schnee über die Sache wachsen lassen können, um manche Aussage ungeschehen zu machen – legendär, ja wahrhaftig kultig, was hier manchmal geschieht und durch den sprachlichen Fleischwolf gedreht wird.

Im Rahmen der knapp zweieinhalbstündigen Inszenierung kommen schließlich die vielfältigsten Schauplätze der deutschen Sprache auf den Tisch: Zeitprobleme, Wortstellungsfehler, amüsante Ausschweifungen der Umgangssprache, die Wechselwirkung von Anglizismen, Wortschöpfungsfehltritte und schließlich die alles entscheidende Frage, ob man nach, zu oder bei Aldi geht – sehr stark.

Die Audiofassung der dritten Episode lebt schlussendlich von der zunehmend ironischeren Sichtweise des Autors selbst. Nachdem er die erste Episode der Hörbuch-Variante noch an einen Auftrags-Sprecher (Rudolf Kowalski) abgegeben hatte, legt Sick seit Teil 2 selbst Hand und Mund an – und dies zahlt sich alsbald aus, weil der Autor schlicht und einfach sehr tief in der Materie steckt und den Humor der ‚Geschichte‘ viel besser an den Mann und die Frau bringen kann. Sehr schön ist hierbei vor allem, wie Sick den Überraschten mimt, sobald er mal wieder mit einer unberechenbaren Wendung im Sprachgebrauch konfrontiert wird. Das ist charmant, das ist witzig und vor allem ist das Unterhaltung auf sehr hohem Niveau. Schade ist lediglich, dass man im Vergleich zum gleichnamigen Buch rapide gekürzt hat. Ungefähr ein Drittel des Gesamtinhalts wurde herausgestrichen, sodass die Originalausgabe dem Hörbuch der Vollständigkeit halber sicher vorzuziehen ist. In diesem Fall tut man sich aber wohl den größten Gefallen, wenn man doppelt investiert: Denn wie Sick die Sprache hier zum Leben erweckt und vermeintlich nüchterne Themen in feinstes Entertainment verwandelt, sollte man auf jeden Fall einmal gehört haben!

|2 Audio-CDs
Spieldauer: ca. 146 Minuten
Sprecher: Bastian Sick
ISBN-13: 978-3898135665|
[www.der-audio-verlag.de]http://www.der-audio-verlag.de

_Bastian Sick bei |Buchwurm.info|:_
[„Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=952
[„Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod – Das große Spiel“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5199

Thorsten Havener – Denken Sie nicht an einen blauen Elefanten

Die Gedanken sind frei – ach ja?

Thorsten Havener hat mit seinem revolutionären Werk „Ich weiß, was du denkst“ nicht nur die Bestseller-Listen gestürmt, sondern vor allem auch die Gemüter erhitzt. Der selbst ernannte Gedankenleser stellte in seinem viel beachteten Buch Thesen und Ideen dar, die sich zunächst einmal nicht widerlegen ließen – und somit auch den New Age-Kosmos im Mainstream-Markt etablierten. Haveners Reputation wuchs schlagartig und nicht bloß infolge seiner immens gesteigerten medialen Präsenz galt er plötzlich als Shootingstar einer ganz neuen, wenig erforschten Branche, die auch in der Folge nach neuen Arbeiten des Autors und Bühnenkünstlers verlangte. Mit „Denken sie nicht an einen blauen Elefanten“ veröffentlicht Havener nun einen weiteren Titel, der sich mit der Macht der Gedanken beschäftigt. Doch kann der Autor hier tatsächlich an den Erfolg seines ersten Werkes anknüpfen?

Thorsten Havener – Denken Sie nicht an einen blauen Elefanten weiterlesen

Jordan, Robert – Schatten erhebt sich, Der (Das Rad der Zeit 4 – Das Original)

_Story:_

Eine neue Epoche beginnt für den jungen Rand al’Thor. Nachdem der Krieger die Prophezeiung erfüllt und als der Wiedergeborene Drache die Festung ‚Stein von Tear‘ eingenommen hat. Gestärkt durch den Ter’Angreal Calandor, jenes Artefakt, mit dem er den Sieg erringen konnte, setzt Rand seine Reise fort, zunächst jedoch mit ungewissem Ziel. Doch die Bestimmung seines Heeres lenkt ihn in die Wüste – und somit in das Reich der Aiel. Dort trifft Rand schließlich auch Egwene wieder, die sich von den Magierinnen unterrichten lässt und ihm als Weggefährtin treu bleibt. Doch ihre Reise durch das Land der Träume gestaltet sich ebenso verzwickt wie Rands ersuchte Freiheit. Denn der erfahrene Krieger wird inzwischen von vielen Fronten gejagt und lieber tot als lebendig gesehen.

Derweil fürchtet Perrin um das Wohl seines Volkes. Im Land der zwei Flüsse treiben die Trollorcs ihr Unwesen und erregen größte Besorgnis. Viel schlimmer scheint jedoch der Umstand, dass auch die Weißmäntel in das Land eingefallen sind. Aus Angst, seine Familie zu gefährden, geht Perrin in die Offensive und versucht, weiteren Schaden von Freunden und Verwandten abzuwenden. Doch die gewieften Strategen lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen.

Aber auch andernorts herrschen große Unruhen: Als Sedai Nynaeve und Elaine in die Stadt Tanchico reisen, um das Treiben der letzten Schwarzen Ajah zu begutachten, wittern sie Böses. Und in der Tat ist ihre Mission im Reich der Träume alles andere als ein Paradiestrip …

_Persönlicher Eindruck:_

Lange genug haben die Fans von Robert Jordan’s Kultserie auf den vierten Band der sogenannten „Originale“ warten müssen – nun ist „Der Schatten erhebt sich“ mit den Episoden 10-12 aus der ursprünglichen Buchreihe um Rand al’Thor und „Das Rad der Zeit“ endlich zu haben.

Doch im Gegensatz zu den vorausgegangenen Ausgaben ist das Tempo im aktuellen Exemplar bei Weitem nicht mehr so hoch. Viele Veränderungen, vor allem auf Charakterebene, zeichnen das Buch und belegen erstmals den immensen Wandel, den die Story im Laufe der etlichen Kapitel noch durchlaufen wird. Die Charaktere wachsen nicht nur in ihrem handeln, sie werden schließlich auch älter und ändern infolge dieses Prozesses auch ihre Einstellungen, ihre Ziele und schließlich auch ihre Beziehung zu Dingen, Personen und Situationen.

Dieser Schritt war nach den hektischen Ereignissen des letzten Bandes sicher auch erforderlich, um wieder Ruhe in den sehr vielschichtigen, abwechslungsreichen Plot zu bekommen. Fraglich ist allerdings, ob Jordan hierzu gleich ein ganzes Drittel der Fortsetzung dafür opfern musste, um die Story wieder ins Lot zu bringen und ihr neue Ansätze zu verpassen bzw. die Richtung dementsprechend mit frischen Mitteln zu weisen. „Der Schatten erhebt sich“ kommt vor allem auf den ersten 300-400 Seiten überhaupt nicht in die Gänge, da sich der Autor viel zu sehr damit beschäftigt, der Handlung wieder eine facettenreiche Orientierung zu verpassen. Die Frage nach dem ‚Wohin‘ stellt sich allen Akteuren, denn nach den verbuchten Erfolgen scheint niemand mehr so recht zu wissen, wo genau sein Platz in dieser Serie bzw. (konkreter formuliert) in seinem individuellen Leben jetzt genau sein soll. Allen ist gemeinsam, dass sie nach Veränderung streben, aber wirklich entschlussfreudig ist abgesehen von Perrin niemand – und Letztgenannter dann auch eher gezwungenermaßen.

Das relativ lange Interludium, welches es in der Mitte zu verkraften gilt, findet schließlich aber doch ein versöhnliches Ende und initiiert gleichzeitig einen Neustart, der inhaltlich problemlos an die Geschehnisse der ersten drei Bände anknüpft. Die Charaktere folgen wieder ihrer sehr stark divergierenden Bestimmung, die Story gewinnt zunehmend wieder an Komplexität, aber auch die Motive, denen Perrin, Rand und auch Elaine und Nynaeve hinterher jagen, zeugen wieder von gesteigertem Potenzial und der Kreativität, die man zu Beginn des Romans noch so schmerzlich vermisst hatte. In diesem Rahmen macht der angesprochene Alterungsprozess der vielen Helden dann auch gleich viel mehr Sinn, da er nicht mit eher dürftigen Themen wie der Selbstfindung oder der Suche nach der persönlichen Bestimmung gewidmet ist. Dies wäre zwar bei angemessener Seitenzahl ganz angenehm, aber nicht in der breiten Form und derart allumfassend wie es in „Der Schatten erhebt sich“ geschieht.

Zum Schluss weiß man aber trotz aller zeitweiligen Zweifel und einer Reihe von Geduldsproben, was man am Schreiber und somit auch an „Das Rad der Zeit“ hat. Der Text ist auch in den schwächeren Phasen stark, die Übersetzung makellos, die Geschichte im späteren Verlauf wieder vollkommen überzeugend, und auch im Hinblick auf die inhaltliche Eigenständigkeit gibt sich der zusammengefasste Dreiteiler keine Blöße mehr. Es dauert eine Zeit, bis man sich wieder zurechtfindet – doch ist dies geschehen, darf man sich auf einen weiteren sehr faszinierenden Plot und einen Roman freuen, der der anspruchsvolleren Vorstellung von klassischer Fantasy weitestgehend gerecht wird.

|Broschiert: 1200 Seiten
ISBN-13: 978-3492700849
Originaltitel: The Shadow Rising|
[www.piper-verlag.de]http://www.piper-verlag.de/piper/index.php

_|Das Rad der Zeit – Das Original| bei |Buchwurm.info|:_
Band 1: [„Die Suche nach dem Auge der Welt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=700
Band 2: [„Die Jagd beginnt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=730
Band 3: [„Die Rückkehr des Drachen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2470