Brian Harding läuft wieder – allerdings dieses Mal nicht ganz freiwillig. Nach dem packenden Thriller „Boston Run“ legt der deutsche Autor Frank Lauenroth nun mit „New York Run“ nach und lässt seine bekannten Protagonisten aus dem ersten Marathon-Thriller wieder auftreten.
_Heiße Schuhe_
Das Leben auf den Cayman Islands hätte so schön sein können – hätte Christopher Johnson seine Wunderdroge nicht für viel Geld an den Falschen verkauft. Nach Brians überragendem Auftritt beim Boston Marathon konnte sein Freund Christopher sein Doping-Mittelchen gewinnbringend verkaufen, was den beiden und Brians Verlobter – Rachel Elaine Parker – ein wunderschönes Leben auf einer sonnigen Insel ermöglicht hat. Lange hat das Glück allerdings nicht angedauert, denn der skrupellose russische Oligarch Stalin (natürlich handelt es sich dabei nur um einen Decknamen) hat die drei dort aufgespürt und gefangen genommen.
Stalin fühlt sich von Johnson hinter gegangen, denn für viel Geld hat er die Wunderdroge gekauft – ohne allerdings zu wissen, dass Sportler dadurch zu hirnlosen Zombies mutieren. Und so hat er einen perfiden Racheplan ersonnen: Er kidnappt Harding, Johnson und Parker, verschleppt sie auf seine Yacht und droht ihnen mit Schlimmerem als dem Tod. Um die Ernsthaftigkeit der Situation zu verdeutlichen, wirft er kurzerhand die an den Stuhl gefesselte Rachel über Bord. Brian ist starr vor Trauer und auch Wut – nicht nur auf Stalin, sondern auch auf seinen Freund Christopher, der ihn erst in diesen ganzen Schlamassel hineingezogen hat.
Doch Stalin hat noch Pläne mit seinen beiden Gefangenen: Sie sollen am berühmten New York Marathon teilnehmen, und zwar mit Spezialschuhen, die sich nicht öffnen lassen und in denen eine kleine Sprengladung versteckt ist. Mit der Wunderdroge im Körper sollen die beiden laufen – und einer von ihnen soll das Rennen auch gewinnen! Entfernen sich die beiden mehr als 500 Meter voneinander, zünden die Sprengladungen, genauso wenn nicht jeder Fuß alle drei Sekunden den Boden berührt und wieder verlässt. Und so heißt es für Christopher Johnson und Brian Harding laufen, laufen laufen.
_Explosive Mischung_
In seinem neuesten Roman fackelt Frank Lauenroth nicht lange. Es gibt kein langes Vorgeplänkel, und da man die Hauptfiguren aus dem ersten Roman (Boston Run) bereits kennt, stellt er diese auch nicht mehr ausschweifend vor. Stattdessen steigt er gleich mitten in die Entführung ein – und das ist auch gut so. Schon im ersten Satz wird klar, dass bei Christophers Plan etwas gründlich schief gegangen sein muss, wenige Zeilen später liest man auch schon, dass der russische Oligarch Stalin die Drei gefangen genommen hat und bedroht. Der Spannungsbogen setzt also wieder einmal direkt ein und man kann das Buch fortan kaum noch aus der Hand legen.
Auf erfreulich kurzen und vor allem kurzweiligen 271 Seiten verliert Lauenroth auch im weiteren Verlauf der Geschichte keine Zeit. Schnell macht Stalin seinen Gefangenen klar, dass er es ernst meint und ihnen nichts Gutes will, denn noch im Intro geht Rachel über Bord. Und wir müssen auch nicht lange warten, bis wir erfahren, was Stalin mit Brian und Christopher vorhat, bereits auf Seite 32 beginnt der Marathon und damit für die zwei Freunde ein Lauf um ihr Leben. Aber Frank Lauenroth wäre nicht Frank Lauenroth, wenn er den beiden (und auch Stalin) nicht ein paar Steine in den Weg legen würde, denn ansonsten wäre ihnen der Sieg dank der Wunderdroge ja ohnehin kaum zu nehmen. Schnell kommen NSA und CIA den beiden auf die Spur und versuchen herauszufinden, was Christopher Johnson – einen der meistgesuchten Männer der NSA – derart ins Rampenlicht zieht. Dass hier etwas faul ist, merken alle außenstehenden Parteien, doch was Stalin wirklich plant, das erklärt uns Frank Lauenroth erst viel, viel später, wenn wir schon mit kribbeligen Fingern weiterblättern und dem Aha-Erlebnis entgegen fiebern.
Besonders spannend war auch die Tatsache, dass den CIA-Agenten relativ schnell klargeworden ist, dass sie einen Maulwurf in den eigenen Reihen haben müssen, der Informationen an Stalin weitergibt. Doch wer spielt hier ein falsches Spiel? Und warum? Diese Frage möchte man unbedingt beantwortet haben und doch dauert es lange, bis man endlich ahnt, wer ein doppeltes Spiel treibt.
_Spannender Zieleinlauf_
„New York Run“ ist eine ausgesprochen kurzweilige und spannende Lektüre, die einen von der ersten bis zur (viel zu schnell folgenden) letzten Seite in den Bann zieht. Der Spannungsbogen setzt direkt auf der ersten Seite an, steigert sich allmählich und endet nach einigen überraschenden Wendungen – wie könnte es anders sein? – mit einem Paukenschlag! Auch nach dem zweiten Marathon-Thriller hat man noch längst nicht genug von Brian Harding und Christopher Johnson, ganz im Gegenteil: Insgeheim hofft man schon auf den dritten Teil!
Jede Frau, die schon einmal ein Kind bekommen hat, weiß es: Es gibt nichts Großartigeres, nichts Ungewöhnlicheres, nichts Beängstigenderes, aber auch nichts Sensationelleres, als ein Kind zu bekommen – ein kleines Lebewesen im eigenen Bauch heranwachsen zu spüren, von den anfänglichen Blubberbläschen, die man noch gar nicht so recht als erste Bewegungen des Kindes ausmachen kann, bis hin zu den ausgemachten Tritten, dem Hin- und Hergedrehe, bei dem einem um die eigenen Organe Angst und Bange wird. Ja, das Wunder des Lebens ist das allergrößte auf der Welt. Und genau davon schreibt Ildikó von Kürthy in ihrem neuesten Buch.
Eine Frau kommt als Haushälterin zu einem verschrobenen Mathematikprofessor, der nach einem Unfall zurückgezogen auf dem Grundstück seiner Schwägerin in einem kleinen Häuschen lebt. Seit dem Unfall kann der Professor sich nur an diejenigen Dinge erinnern, die in den letzten 80 Minuten geschehen sind. Alles andere hat er vergessen, außer der Mathematik mit ihren geheimnisvollen und anmutigen Formeln. Um sich jeden Morgen wieder an seine Haushälterin zu erinnern, hat der Professor sie auf einen Zettel gezeichnet und diesen an seinen Anzug geheftet, ein anderer Zettel erinnert ihn daran, dass sein Kurzzeitgedächtnis nur noch 80 Minuten währt. Weitere Zettel erinnern ihn an andere wichtige Dinge, die er sonst vergessen würde.
Bereits acht Haushälterinnen hat die Schwägerin des Professors nach kurzer Zeit entlassen, doch mit der neunten soll alles anders werden: Mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen gewinnt sie das Vertrauen des Professors. Als sie ihm erzählt, dass zuhause ihr zehnjähriger Sohn auf sie wartet, besteht der Professor darauf, dass der Sohn – den er aufgrund seines flachen Schädels schnell Root tauft – nach der Schule auch zum Haus des Professors kommt, damit er nicht so lange alleine sein muss. Schnell schließt der Professor den Jungen in sein Herz, löst mit ihm zusammen die Hausaufgaben, stellt ihm allerlei mathematische Rätsel und versucht, dem Jungen die Schönheit der Mathematik näher zu bringen.
Auch wenn dies bei Root nicht so sehr fruchtet, so versteht dieser nach den Erklärungen des Professors zumindest seine Hausaufgaben, doch die Haushälterin lässt sich von der Liebe des Professors zur Mathematik anstecken. Zuhause versucht sie abends, die mathematischen Rätsel zu lösen und hinter das Geheimnis aller möglicher Formeln zu kommen. Aber es ist mehr als die Mathematik, die diese drei Menschen miteinander verbindet – bis Root und seine Mutter den Professor zu einem Baseballspiel mitnehmen und plötzlich alles in sich zusammenbricht, was die drei sich aufgebaut haben …
_Die Schönheit der Mathematik_
„Das Geheimnis der Eulerschchen Formel“ heißt dieses schmale Büchlein einer der erfolgreichsten japanischen Autorinnen. Doch wer diesen Titel zu wörtlich nimmt, könnte enttäuscht werden. Zwar kommt die Eulersche Formel auch zur Sprache und wird auch ansatzweise erklärt, doch geht es in diesem Buch nicht in erster Linie darum, hinter die Geheimnisse der Mathematik zu blicken, sondern die Mathematik ist das Bindeglied zwischen drei sehr unterschiedlichen Menschen – einer Haushälterin, die mit ihrem Sohn in sehr einfachen Verhältnissen lebt und auf den Job beim Professor angewiesen ist, und besagten Professor, der die schwierigsten Rätsel der Mathematik zu lösen vermag, aber sich nicht länger als 80 Minuten an etwas erinnern kann. Wie diese drei Menschen zusammenfinden, welche Rolle die Mathematik dabei spielt und wie die drei – so unterschiedlich sie auch sind – immer mehr zusammen wachsen, das beschreibt Yoko Ogawa in dem vorliegenden Buch.
Zunächst tritt die Haushälterin mit großer Skepsis ihre neue Stelle an, weiß sie doch, dass der Professor bereits acht Haushälterinnen in kürzester Zeit rausgeworfen hat, doch vom ersten Moment an ist alles anders. Schnell findet die Haushälterin einen Weg, zu dem Professor vorzudringen und mit ihm umzugehen. Ogawa erzählt eine Geschichte von einer sehr ungewöhnlichen Persönlichkeit, die einen tief bewegt und berührt. Es ist eine sehr leise Geschichte, die sich nie in den Vordergrund drängt und es sind zarte Bande, die die Haushälterin zum Mathematik-Professor knüpft – zarte Bande, die nach dem Baseballspiel schlagartig zu zerreißen drohen.
_Die Schönheit der Sprache_
Das Büchlein hat leider nur 256 Seiten und ist ratzfatz gelesen, da die Seiten nur sehr spärlich bedruckt sind, aber welch eindrucksvolle Geschichte die Yoko Ogawa in dieser Kürze entfaltet, beeindruckt von den ersten Seiten an. Ogawa hat einen sehr anmutigen und ansprechenden Schreibstil und eine herrlich poetische Ausdrucksweise, in der man versinken mag. Ein Beispiel:
|“Mir gefiel auch die Form der Ziffern, die er mit seinem Bleistift aufs Papier zauberte. Die 4 wirkte rund und üppig wie der Knoten einer Geschenkbandschleife, während die 5 sich derart weit vorlehnte, dass sie fast ins Stolpern geriet. Die einzelnen Zahlen waren zwar nicht besonders akkurat, aber alle besaßen ihre eigene Persönlichkeit. Seine Liebe zu den Zahlen, die der Professor zeit seines Lebens hegte, fand sich darin wieder.“|
Hier sitzt jedes Wort und lässt einen beim Lesen ins Schwärmen geraten, denn die Gratwanderung zwischen poetischer Sprache und klischeehaftem Geschwafel meistert Ogawa überzeugend, nie gleitet sie ins Kitschige ab, sondern bleibt immer in sicherer Entfernung von dieser Grenze zum Gewöhnlichen. Ihre Schreibweise ist wahrlich außergewöhnlich und das eigentliche Geheimnis hinter dem Erfolg ihres Buches. Natürlich zeichnet Yoko Ogawa auch wunderbare Charaktere, die einem das Herz erwärmen mit ihren herzensguten und liebevollen Eigenschaften und Eigenarten, doch wie Ogawa all dies geschickt zu Papier bringt, ohne wirklich ein Wort zu viel zu schreiben, ist eine wahre Meisterleistung.
_Zauberhaft_
Es ist gar nicht viel, das in diesem Buch passiert – zumindest auf der reinen Handlungsebene. Doch was zwischen den Zeilen steht und insbesondere, was unausgesprochen zwischen den handelnden Charakteren passiert, was sich hier aufbaut und wie die drei zueinanderfinden, ist eine großartige Geschichte. Wir lernen drei sympathische, allerdings nicht alltägliche Figuren kennen, die hier eine außergewöhnliche Freundschaft eingehen. Bindeglied sind mathematische Rätsel und der Zauber, der einigen Zahlen innewohnt. Sie sind das Bindeglied zwischen der Haushälterin und dem Professor, der sich in der normalen Alltagswelt nicht zurechtfindet und sich daher in die Welt der Zahlen zurückzieht.
Yoko Ogawa schafft es in eindringlicher Weise, uns diese wunderschöne Geschichte zu erzählen und sie uns so nahe zu bringen, dass wir tief von ihr berührt werden. Wer Wert auf schöne Sprache legt, auf eine außergewöhnliche und zurückhaltende Geschichte, die man so sicherlich noch nicht gelesen hat, der ist hier genau richtig!
Im Hamburger Club „Les Fleurs du Mal“ machen die Polizisten eine grausige Entdeckung: Ihr Kollege Ole Hartung, der undercover im Club ermitteln sollte, wurde dort brutal ermordet. Selbst der erfahrene Ermittler Jörg Albrecht ist sprachlos und gibt sich selbst die Schuld, denn er war derjenige, der seinen Kollegen in diese verdeckte Ermittlung geschickt hatte. Eine schlanke Gestalt in einem Catwoman-Kostüm war zuvor mit Ole im Club angekommen – wer ist die geheimnisvolle Person, der Hartung fälschlicherweise sein Vertrauen geschenkt hat? Um seine Witwe zu trösten, kündigt sich die hochschwangere Polizistin Kerstin Ebert an – doch obwohl sie nur wenige hundert Meter entfernt wohnt, kommt sie nie bei der trauernden Frau Hartung an. Kurze Zeit später wird Kerstin Ebert auf dem Friedhof ermordet aufgefunden, eine tödliche Strahlendosis war ihr und ihrem Baby zum Verhängnis geworden.
Durch eine Zeugin erfahren die Ermittler, dass Kerstin Ebert sich regelmäßig mit einem älteren Herrn im Rollstuhl auf dem Friedhof getroffen hat und es den Anschein hatte, dass sie diesem Mann vertraut. Wie passen Catwoman und der alte Mann im Rollstuhl zusammen? Die Ermittler Jörg Albrecht und Hannah Friedrichs fragen sich, ob es auch in ihrem Leben eine Person gibt, die erst vor Kurzem in ihr Leben getreten ist und der sie aber vertrauen, ohne dass andere Menschen in ihrem Umfeld davon ahnen. Albrecht ist sich dessen nicht bewusst, doch bei Hannah klingeln sämtliche Alarmglocken, denn erst kürzlich ist sie mit einem sehr attraktiven Mann im Bett gelandet, der ihr auch jetzt wieder über den Weg läuft. Hat sie etwa eine Affäre mit dem Mörder?
Noch weitere Morde geschehen, alle Opfer hatten mit einem Kriminalfall zu tun, der bereits 30 Jahre zurückliegt und an dem Albrechts ehemaliger Vorgesetzter zerbrochen ist, weil dessen Tochter dabei ums Leben gekommen ist. Doch was hat der damalige Fall mit dem aktuellen zu tun? Immerhin sitzt der damalige Täter in der Psychiatrie in Königslutter fest und kann schwerlich selbst für die neuen Taten verantwortlich sein …
_Angstspiel_
Im direkten Umfeld der Hamburger Kriminalbeamten Jörg Albrecht und Hannah Friedrichs kommen Menschen auf grausame Art und Weise ums Leben. Der Täter spielt offensichtlich mit den ureigensten Ängsten der Menschen – ein späteres Opfer wird lebendig begraben, ein anderes kopfüber in einen Sumpf gehalten, bis es ertrinkt. Albrechts Sekretärin hat schnell den richtigen Riecher, denn 30 Jahre zuvor gab es einen sehr ähnlichen Fall, den Traumfängerfall, bei dem die Menschen ebenfalls an ihren eigenen Ängsten gestorben sind. Alle Spuren führen zu diesem Fall, und so laufen auch in der Psychiatrie in Königslutter schließlich alle Fäden zusammen. Jörg Albrecht schafft es, Zugang zu dem Täter von damals zu erhalten und ihn zu dem neuen Fall zu befragen. Doch merkt er schnell, dass die Befragungen zu einem Katz-und-Maus-Spiel verkommen und er in eine Falle zu tappen scheint. Was aber wird hier gespielt?
Noch größere Ängste steht Hannah Friedrichs aus, die sich Hals über Kopf (obwohl sie ja verheiratet ist) in die Affäre mit einem erfolgreichen Anwalt gestürzt hat, der ihr aber immer dubioser vorkommt und der offensichtlich auch etwas zu verheimlichen hat. Als sie auf der Arbeit ein Video von einem ihrer Sexspielchen erhält, läuft es ihr eiskalt den Rücken runter – wer hat ihr das Video geschickt und was bezweckt der Erpresser damit?
Stephan M. Rother schafft es auf der ersten Hälfte des Buches, seine Leser vollkommen in den Bann zu ziehen. Die Taten sind so grausam, wie man es sich nur in seinen düstersten Albträumen je ausgemalt hat. So fiebert man der Auflösung entgegen und grübelt mit den Ermittlern zusammen, wer hinter der Mordserie stecken kann und hofft inständig, dass es keinen treffen möge, der einem beim Lesen bereits ans Herz gewachsen ist. Doch Rother verschont praktisch niemanden. Viele Personen haben nur sehr kurze Auftritte, sodass man sie kaum kennen lernen kann, aber schon bei der zweiten Toten – der hochschwangeren Polizistin – weiß man, hier werden Albträume wahr. Der Spannungsbogen ist über weite Strecken einfach nur genial. Ich habe das Buch abends kaum aus der Hand legen können, weil es so spannend war.
Dann aber sackt die Spannung komplett in sich zusammen: Als Stephan M. Rother beginnt, den Fall von damals wieder aufzurollen und er häppchenweise zu erklären beginnt, was hinter dem neuen Fall steckt, wird es immer abstruser. Bei seiner Auflösung hat er noch die eine und auch andere dicke Überraschung in petto, denn natürlich steckt jemand hinter der Mordserie, den man nun wirklich nicht auf dem Schirm gehabt hatte und es hängen auch tatsächlich beide Mordserien miteinander zusammen, doch die Verbindung ist dermaßen hanebüchen, dass ich am Ende nur noch den Kopf schütteln konnte. Dazu trägt der rund 100-seitige Showdown bei, der zäh wie Kaugummi ausfällt und trotz der lebensgefährlichen Situation nicht so recht packen will. Hier wäre weniger wirklich mal mehr gewesen.
Was mir auch nicht wirklich gefallen hat: Das Buch ist aus der Ich-Perspektive erzählt, und zwar aus Sicht von Hannah Friedrichs. In den Szenen, in denen sie nicht dabei ist – wenn Jörg Albrecht sich beispielsweise mit einem Psychologen trifft, um ein Täterprofil zu erstellen – fehlt diese Ich-Perspektive zwar, aber wann immer Hannah Friedrichs dabei ist, erzählt sie uns die Geschichte. Und das mag nicht so recht überzeugen – wieso gerade Friedrichs, die weder die Ermittlung leitet noch die entscheidenden Schritte zur Aufklärung macht? Am Ende durchschaut sie den Mörder zwar als Erste, aber auch da überzeugt sie bei ihrem Auftritt im Showdown nicht wirklich. Ich habe nicht generell ein Problem mit der Ich-Perspektive, aber hier mag sie nicht so recht passen.
_Spannend mit Abstrichen_
Bis etwa zur Hälfte des Buches war ich vollkommen in der Handlung versunken und blätterte mit kribbeligen Fingern Seite um Seite um, damit ich auch schnell vorankomme. Doch als Stephan M. Rother beginnt, seine Geschichte aufzuklären, verliert das Buch nicht nur rapide an Fahrt, sondern auch an Glaubwürdigkeit. Wie schlussendlich alle Fäden zusammen laufen, fand ich dermaßen abgefahren und übertrieben, dass ich das Buch am liebsten in die Ecke gepfeffert hätte. Dazu trägt auch das sehr müde, fast 100 Seiten andauernde Finale bei, das sich schier ewig hinzieht. Schade, dass Rother hier zu dick aufträgt, denn spannend schreiben kann er, nur sollte er beim nächsten Mal nicht ganz so übertreiben.
_|Annika Bengtzon| (chronologisch nach Handlungsfortschritt):_
Band 1: [„Studio 6“ 904
Band 2: [„Der Holzdieb“ 2519
Band 3: [„Paradies“ 1197
Band 4: [„Prime Time“ 385
Band 5: „Olympisches Feuer“
Band 6: [„Der rote Wolf“ 573
Band 7: „Nobels Testament“
Band 8: [„Lebenslänglich“ 6255
Band 9: „Silvesternacht“
Band 10: „Kalter Süden“
Band 11: _“Weißer Tod“_
Bei Liza Marklund heißt es „Hopp oder Topp“! Entweder begeistert sie mich mit ihren Büchern vollauf, fesselt mich für Stunden an ein und dasselbe Buch, oder eben ich langweile mich ganz schrecklich und muss mich von Seite zu Seite quälen. Dazwischen gab es bislang für mich nichts. Mit großen Erwartungen habe ich ihr neuestes Werk aus der „Annika Bengtzon“-Reihe „Weißer Tod“ aufgeschlagen, denn die beiden letzten Bücher, die ich von ihr gelesen habe, waren einfach nur spannend. So aber leider nicht mit ihrem aktuellsten Werk …
_In Afrika entführt_
Im Schnee liegt eine tote Frau – in direkter Nähe zu einer Kindertagesstätte. Wie ist die Frau ums Leben gekommen? Wurde sie ermordet? Und wenn ja, von wem? Alles Fragen, die Annika Bentzon stark beschäftigen. Sie ist ins Mark getroffen und will diesem Fall sofort auf den Grund gehen. Doch dann platzt eine neue Schreckensnachricht in ihr Leben: Ihr Mann Thomas, der sich zurzeit mit einer Delegation in Afrika aufhält, wurde von Rebellen entführt! 40 Millionen Dollar fordern die Geiselnehmer. Völlig ausgeschlossen, dass Annika eine solche Summe aufbringt, auch wenn sie einige Millionen Kronen aus der Versicherungssumme für ihr abgebranntes Häuschen auf dem Konto hat.
Thomas‘ Kollege Jimmy Halenius übernimmt den Kontakt mit den Entführern, er verhandelt mit ihnen und zieht praktisch bei Annika ein, um immer in Reichweite zu sein, wenn ein Anruf aus Afrika kommt. Dabei kommen Annika und Jimmy sich allmählich näher.
Der Fall um die ermordete Frau ist für Annika vergessen, zu groß ist die Sorge, dass Thomas nicht wiederkommen könnte und die Frage, was dann aus den Kindern wird. Um mit Jimmy Halenius in Afrika die Geldübergabe zu machen, muss Annika sich um eine geeignete Betreuung kümmern: Ihre Mutter und ihre Schwester lehnen ab, auch wenn Annika bei ihnen zu Kreuze kriecht. Schweren Herzens fragt sie bei der Frau an, mit der Thomas sie betrogen hat und zu der er zeitweise gezogen war.
Doch in Afrika droht die Geldübergabe zu scheitern, was nun?
_Kuddelmuddel_
Zunächst beginnt das Buch wie ein ganz normaler Kriminalfall, nämlich mit dem Fund einer Frauenleiche. Annikas journalistisches Gespür ist geweckt, gibt es vergleichbare Fälle in Schweden? Haben sie es gar mit einem Serientäter zu tun? Oder handelt es sich schlicht und einfach um häusliche Gewalt? Bevor Annika diese Fragen klären kann, erreicht sie die Nachricht, dass ihr Mann Thomas entführt worden ist. Ihre Welt bricht zusammen, was soll nun aus ihr werden? Und vor allem aus den Kindern?
Annika kratzt alles Geld zusammen, um eine vernünftige Lösegeldsumme zusammen zu bekommen. Gleichzeitig verhandelt Jimmy Halenius mit den Rebellen, um ihnen klar zu machen, dass ihre Forderungen völlig überzogen sind. Dann jedoch wird eine Geisel ermordet – für Thomas wird die Situation immer brenzliger, immer gefährlicher, Annika muss sich beeilen.
Obwohl sie sich schrecklich um Thomas sorgt, nagen die ersten Zweifel an ihr: Wieso ist er eigentlich mit dieser Delegation nach Afrika geflogen? Hat es mit der jungen, gutaussehenden Frau zu tun, die dabei war? Betrügt Thomas sie gar wieder? Immer mehr fühlt sie sich zu Thomas‘ Kollegen hingezogen – was ist hier bloß los?
In einem anderen Handlungsstrang begleiten wir Anders Schyman, Annikas Chef beim Abendblatt, der die Lösegeldsumme aus Zeitungsgeldern erheblich aufstockt, wenn Annika verspricht, ihm eine Exklusivgeschichte zu liefern. Zeitgleich versucht er, die Auflage durch die Berichterstattung über die toten Frauen in die Höhe zu pushen, merkt aber, dass er gar nicht mehr der Richtige ist für den Job und reicht kurzerhand seine Kündigung ein.
Spätestens jetzt wird klar, dass Liza Marklund sich offensichtlich nicht entscheiden konnte, worüber sie überhaupt schreiben will – sollte es ein Buch über einen Entführungsfall werden? Oder über die Sensationsgier der Journalisten? Oder über einen vermeintlichen Serienmörder, der in Schweden Frauen tötet? Die Geschichte franst total aus, mal liefert uns Marklund neue Infos zu den toten Frauen, dann aber geht es über weite Strecken wieder um Thomas‘ Entführung. Als sie schließlich noch beginnt, Anders Schymans Zwiespalt zu thematisieren, reichte es mir komplett. Aus meiner Sicht hätte sie sich mal für ein Thema entscheiden und sich darauf konzentrieren sollen. Dadurch, dass die Serienmorde nur nebenbei abgehandelt werden, bleibt diese Geschichte völlig nebulös, und gleichzeitig bremst sie den eigentlichen Handlungsstrang rund um Thomas‘ Entführung komplett aus.
Sehr wirr fand ich auch die Handlungen der einzelnen Charaktere – man muss schon sehr gut in der Geschichte um Annika Bengtzon drinstecken, um Liza Marklund folgen zu können, denn sie selbst praktisch alles aus Annikas Vergangenheit voraus, wiederholt lediglich mehrfach, dass ihr Exfreund Sven einst ihr kleines Kätzchen ermordet hat, aber alles andere wird vorausgesetzt. Kennt man andere Bücher aus der Reihe, wird einiges klarer, aber wer direkt mit diesem Buch einsteigt, dürfte komplett verwirrt sein: Welche Kämpfe ficht Annika mit ihrer Mutter und ihrer Schwester aus? Was ist da in ihrer Ehe mit Thomas los? Und was ist das für ein Häuschen, das abgebrannt ist? Nichts davon klärt Liza Marklund auf, dieses Wissen muss man aus früheren Romanen mitbringen. Vor dem Hintergrund von Annikas Vorgeschichte wird vielleicht halbwegs verständlich, wie merkwürdig sie manchmal reagiert, dass sie plötzlich mit Jimmy Halenius in die Kiste springt und vor allem, wie sie am Ende des Buches reagiert. Ich fand das alles nicht sonderlich glaubwürdig. Besonders lächerlich fand ich Annikas Verhalten in Afrika. Anders Schyman hat ihr unter anderem aufgetragen, ein Videotagebuch zu drehen. In Afrika allerdings bringt Annika sich und ihre Begleitung zweimal in eine sehr brenzlige Lage, weil sie in den dämlichsten Situationen ihre Videokamera rauskramt. Hier benimmt sie sich dermaßen dämlich, dass ich das nicht mehr nachvollziehbar fand-
Auch Anders Schymans Verhalten fand ich schwer zu durchschauen, für mich kam seine Kündigung aus heiterem Himmel, irgendwie passte der Handlungsstrang rund um seine Karriere, sein Tun und Wirken beim Abendblatt überhaupt nicht hierher.
_Was für ein Flopp_
Es bleibt dabei: Entweder ich versinke komplett in Liza Marklunds Büchern oder sie langweilt mich mit ihren Geschichten halb zu Tode. Letzteres war leider bei ihrem neuesten Werk der Fall. Hätte sie sich auf den Entführungsfall, der wirklich über weite Strecken auch spannend und ergreifend ist, in den Mittelpunkt gestellt und alles Drumherum weggelassen, hätte ein spannendes Buch draus werden können. So aber zerfasert die Handlung komplett, mir ist bis zum Schluss nicht klar geworden, was der Fall um den Serienmörder hier zu suchen hatte und auch diese ganze Diskussion rund um die Auflage der Zeitung, fand ich einfach nur überflüssig. Sehr schade, dieses Buch hatte definitiv Potenzial, aber aus meiner Sicht verschenkt Liza Marklund das komplett!
|Gebunden mit Schutzumschlag, 384 Seiten
Originaltitel: Du Gamla, du fria
Aus dem Schwedischen von Anne Bubenzer, Dagmar Lendt
ISBN-13: 9783550087523|
http://www.ullsteinbuchverlage.de
Skandinavische Spannungsliteratur sprießt schon fast wie Unkraut aus dem Boden – glücklicherweise finden sich in diesem Dschungel an Neuerscheinungen auch immer wieder einige sehr bemerkenswerte Blumen. Ob wohl Hans Koppels Debütwerk „Entführt“ auch dazu gehört?
_Nebulöse Nachbarschaft_
An einem ganz normalen Tag verabschiedet sich Ylva von ihren Kollegen, um schnell zurück nach Hause zu ihrem Mann Mike und ihrer Tochter Sanna zu kommen. Mit dem Bus möchte sie nach Hause fahren, doch dann hält plötzlich ein Auto neben ihr. Vermeintlich alte Bekannte sprechen Ylva an und überreden diese, sie nach Hause zu bringen. Ylva willigt ein und wird diese Entscheidung bitter bereuen, denn sie ist in das Auto ihrer Entführer gestiegen. Ein Ehepaar sperrt sie in einen schalldicht isolierten Keller ein, in direkter Nachbarschaft von Ylvas Familie. Über einen kleinen Monitor kann sie auf der Straße die Bewegungen ihres Mannes und ihrer Tochter verfolgen, sie beobachtet, wie diese das Haus verlassen, wieder zurückkehren, abends Licht machen und sich durchs Haus bewegen. Mike und Sanna sind so nah und doch kann Ylva sie nicht verständigen, nicht um Hilfe rufen und sich nicht wehren. Das Ehepaar will Ylva büßen lassen für ein Ereignis, das viele Jahre zurückliegt und das Ylva nur vergessen wollte. Über Monate hinweg wird sie gefangen gehalten, ausgebeutet und vergewaltigt.
Nur wenige Häuser weiter bangt Mike um das Leben seiner Frau. Am Abend von Ylvas Verschwinden macht er sich noch keine Sorgen, hatte seine Frau doch angekündigt, nach Feierabend eventuell mit ihren Kollegen noch etwas trinken zu gehen. Als sie am nächsten Morgen allerdings noch nicht zuhause ist, fürchtet Mike zunächst, sie habe wieder eine Affäre. Erst nach und nach dringt der Gedanke zu ihm durch, ihr könne etwas passiert sein. Er meldet Ylvas Verschwinden der Polizei, als betrogener Ehemann steht er aber schnell als Hauptverdächtiger da. So kämpft Mike nicht nur darum, sein Leben mit Sanna neu zu organisieren und um seine Frau zu trauern, sondern auch darum, sich der Polizei und der Öffentlichkeit gegenüber zu verteidigen. Mit der Zeit glaubt er nicht mehr daran, dass seine Frau je zurückkommen könnte.
Doch ein ehemaliger Mitschüler Ylvas – Calle – verfolgt in den Medien die Berichte um die ehemals berüchtigte Viererbande, zu der auch Ylva gehörte: Nach und nach kommen die drei jungen Männer, die einst zu der Viererbande zählten, ums Leben. Besteht ein Zusammenhang?
_So nah und doch so fern_
Hans Koppel steigt direkt ein, ohne viele Umwege. Schnell schildert er den Mord an einem Mann, der eigentlich eine Internetbekanntschaft treffen wollte. Kurz darauf folgt Ylvas Entführung – die Situation scheint aussichtslos. Die junge Frau ist in einem schalldichten Keller weggesperrt und den Launen eines Ehepaars ausgeliefert, ohne dass eine Chance zur Flucht besteht. Gleich zu Beginn eröffnet Koppel weitere Handlungsstränge, neben dem um Ylva und ihren Mann auch den sehr entscheidenden Handlungsstrang um Ylvas ehemaligen Mitschüler Calle, der aufzuhorchen beginnt, als er vom ersten Tod innerhalb der Viererbande liest. Durch den schnellen Wechsel zwischen den Handlungssträngen baut Hans Koppel schnell Spannung auf und auch dadurch, dass man als Leser natürlich wissen möchte, welches Motiv das Ehepaar verfolgt, wird man an den Thriller gefesselt. Etwas aufatmen kann man in den Passagen, die sich um Mike und Sanna drehen, denn die beiden versuchen, sich ohne Ylva zu arrangieren und sich ein neues Leben aufzubauen. Bald kommt eine neue Frau ins Spiel und das Leben nimmt seinen Lauf. Der Gegensatz zwischen der scheinbaren Familienidylle und der harten Realität im Keller könnte größer kaum sein. Während Mike beginnt, seine Trauer abzulegen, verzweifelt Ylva immer mehr, denn sie merkt, dass ihren Entführern, und damit auch ihr, die Zeit davon rennt.
Über weite Strecken ist „Entführt“ unglaublich spannend und durch die kurzen Kapitel, die nur spärlich bedruckten Seiten und die große Schrift fliegt man nur so durch das Buch beim Lesen. Doch ganz ehrlich: Der Mittelteil schleppt sich ziemlich dahin. Ylva ist entführt, Mike wird als Mörder verdächtigt, aber auch nur so gerüchteweise, denn es gibt keine offiziellen Ermittlungen gegen ihn (ohne Leiche gibt es ja auch keinen wirklichen Fall), an die Vergewaltigungen und das Psychospiel der Entführer hat man sich fast schon gewöhnt und dann passiert nichts weiter. Koppel schaltet zwischen Mike und Ylva hin und her, erzählt einmal von Mikes Alltag und auf der anderen Seite von Ylvas Leben im Keller, in dem es strikte Regeln zu befolgen gilt. Aber es passiert nichts Neues. Weder steigern die Entführer ihre Grausamkeiten, noch streut Koppel Informationen ein, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, das Motiv zu entschlüsseln.
Spannend wird es erst wieder, als Mike zufällig auf Ylvas Entführer trifft und Vertrauen zu ihm fasst. Hier zieht Koppel wieder das Tempo an. Wie er am Ende aber alles auflöst, wirkt wie in einem recht gewöhnlichen Actionfilm – das Motiv hinter der Tat schildert er uns im Nachklapp des Buches, entschieden hatte sich aber vorher schon alles. Das konnte mich nicht so sehr überzeugen.
Auch die Charaktere konnten mich nicht wirklich begeistern. Auf der einen Seite haben wir die gutaussehende Ylva, die ihren Mann nachgewiesenermaßen bereits einmal betrogen hat und die es wohl mit der Treue nicht so ernst zu nehmen scheint. Und auf der anderen steht Mike, der seine Frau liebt und zu ihr steht, der aber nach ihrem Verschwinden allzu schnell alle Hoffnung aufgibt, seine Frau je wiederzusehen. Mir ging das alles zu schnell. Nach den vielen gemeinsamen Jahren kann ich mir nicht vorstellen, dass man schon nach wenigen Wochen zum Alltag übergehen und die Hoffnung aufgeben kann. Würde ein Ehemann nicht insgeheim immer darauf hoffen, seine Frau könne noch am Leben sein und eines Tages zurückkehren? Mir persönlich war Mike etwas zu schwach, Ylva dagegen zu eiskalt. Wie sie sich mit der Situation im Keller arrangiert und wie sie ihrem Entführer zu Diensten ist, war irgendwie übertrieben und wenig glaubwürdig.
_Blume oder Unkraut?_
„Entführt“ ist beides nicht so recht: Was am Anfang wie eine strahlende Blume wirkte, die meine Aufmerksamkeit völlig gefangen nahm, wandelte sich streckenweise zu eher lästigem Unkraut. Insgesamt dürfte das Buch im Dschungel der Neuerscheinungen wohl untergehen, zu wenig hebt es sich vom Einheitsbrei ab. Die Charaktere wirken lieblos und wenig authentisch, die Spannung lässt im Mittelteil sehr zu wünschen übrig und auch die Idee hinter dem Ganzen ist alles andere als neu. Hans Koppels Debütwerk unterhält für einige wenige Stunden (auch wenn es rund 350 Seiten hat, so ist das Buch aufgrund des luftigen Layouts in drei bis vier Stunden durchgelesen), wird aber eher nicht im Gedächtnis bleiben. Schade, der Beginn war vielversprechend, da hätte mehr draus werden können.
|Klappenbroschur: 352 Seiten
Originaltitel: Kommer adrig mer igen
Telegram Bokförlag
Aus dem Schwedischen von Holger Wolandt
ISBN-13: 978-3-453-26760-2|
http://www.heyne.de
01 _“Delirium“_
02 „Pandemonium“ (noch ohne dt. Titel)
03 „Requiem“ (Februar 2013, noch ohne dt. Titel)
Die Liebe ist eine Krankheit, so hat es die Menschheit in einer schier unvorstellbaren Welt herausgefunden. Doch es gibt ein Heilmittel – einen Eingriff kurz nach dem 18. Geburtstag, der einen von der sog. Amor Deliria Nervosa befreit. Ein Eingriff, der einem jeglichen Liebeskummer erspart, der Menschen aber auch ihrer Gefühle beraubt.
Lena ist 17 und zählt die Tage bis zu ihrem lang ersehnten Eingriff. Sie ist ein durchschnittliches Mädchen, nicht besonders hübsch, aber mit der sehr attraktiven Hana eng befreundet. Beide gehen zusammen zur Schule und drehen regelmäßig zusammen ihre Laufrunden. Lena hat bis heute nicht verstanden, was Hana an ihr findet. Nicht nur ihr 18. Geburtstag und damit der Eingriff gegen die gefürchtete Krankheit Amor Deliria Nervosa rückt näher, sondern auch die Evaluierung in den Regierungslabors. Diese Prüfung vor einem Gutachtergremium ist ein entscheidender Wendepunkt im Leben jedes Jugendlichen. Dort werden sie auf Herz und Nieren geprüft und mit einer Note versehen – diese beeinflusst alles andere. Basierend auf den Ergebnissen bekommt jeder Jugendliche vier potenzielle Partner zugeteilt, für einen davon muss man sich entscheiden, denn diesen heiratet man nach dem Studium, setzt Kinder in die Welt (die Zahl legt selbstverständlich die Regierung fest, denn nach dem Eingriff ist der Wunsch nach eigenen Kindern meist gering) und lebt sein Leben, ohne die Gefahr einer Liebeskrankheit.
Doch Lena ist vorbelastet: Bei ihrer Mutter ist der Eingriff zweimal gescheitert. Als der Dritte bevorsteht, nimmt sie sich das Leben. Das ist ein Grund, warum Lena den Eingriff umso mehr herbeisehnt, denn sie fürchtet, dass sie ähnlich enden könne wie ihre Mutter. Aufgewachsen ist sie stattdessen bei ihrer Tante, die stets ein wachsames Auge auf Lena hat und sie für die Prüfung drillen möchte. Genau an diesem Tag geschieht etwas Merkwürdiges: Fremde Menschen dringen in das Regierungslabor ein und machen die Prüfungen von diesem Tag ungültig. Lena ist sehr froh darüber, hatte sie dem Gremium doch gerade verkündet, grau sei ihre Lieblingsfarbe, obwohl doch blau die richtige Antwort gewesen wäre. Ein unbekannter Junge steht plötzlich vor ihr – Alex, wie sie später herausfinden wird. Vom ersten Augenblick an fühlt sich Lena magisch von Alex angezogen, weil er so fremdartig und anders wirkt.
Bald findet Lena heraus, was anders ist: Obwohl Alex die charakteristische Narbe über dem Ohr trägt, die auf seinen Eingriff hindeutet, zählt er noch nicht zu den Geheilten. Er täuscht den Eingriff nur vor! Fast zur gleichen Zeit erfährt Lena, dass ihre Freundin Hana auf illegale Partys geht – nach der allabendlichen Ausgangssperre für die Ungeheilten. Beides rüttelt an Lenas Grundfesten und irritiert sie zutiefst. Um aber nicht als Feigling dazustehen, schleicht sie sich auf eine illegale Party und trifft Alex wieder – der Beginn einer zarten und sich allmählich anbahnenden Liebesgeschichte. Aber die Zeit rennt den beiden davon, denn Lenas Eingriff rückt näher und näher, als dann auch noch ihr späterer Ehemann ausgewählt ist, wird Lena und Alex klar, dass ihre gemeinsame Zeit bald zu Ende geht. Unvorstellbar, doch wie können sie in dieser Welt zusammen glücklich werden?
_Liebeskrank_
Die Geschichte in „Delirium“ erzählt von einer Welt, in der die Liebe als Krankheit gilt, so zeigt es auch schon das Cover, das übersät ist mit dem Schriftzug „Liebe“, der sich kreuz und quer über das gesamte Cover rankt (der aufmerksame Leser wird im Laufe des Buches verstehen, woran sich die sehr gelungene Covergestaltung orientiert). Die 17-jährige Lena ist die Ich-Erzählerin, die uns von ihrer Welt, ihrem Leben und ihren (noch) Gefühlen erzählt. Natürlich ist auch diese glücklicherweise fiktive Welt nicht frei von Liebe(skrankheit), denn der Eingriff ist noch nicht ausgefeilt, sodass er erst ausgeführt werden kann, wenn das Gehirn vermeintlich ausgewachsen ist, also nach dem 18. Geburtstag. Zeigt ein jüngerer Jugendlicher Anzeichen der Krankheit, wird er auch früher „geheilt“, doch dann ist der Eingriff mit hohem Risiko verbunden und geht oft schief. Die Regierung wacht strikt über die Einhaltung zahlreicher Regeln. Für Ungeheilte gilt abends eine Ausgangssperre, zudem dürfen sie keinen Kontakt zum anderen Geschlecht haben. Mädchen und Jungen gehen auf getrennte Schulen und haben auch sonst nichts miteinander zu tun, damit bloß keine überflüssigen Krankheitsfälle auftreten.
Und so lebt Lena ihr Leben, immer ihrem Eingriff entgegen fiebernd, denn sie weiß von ihrer Mutter, wie es enden kann, wenn man nicht rechtzeitig geheilt wird bzw. wenn der Eingriff misslingt. Lenas Mutter hat sich das Leben genommen, aus Liebe. Davor hat Lena Angst und daher glaubt sie den Grundsätzen der Regierung, sie glaubt an den Eingriff und sie glaubt daran, dass es nicht rechtens ist, sich gegen die Regeln aufzulehnen, wie ihre beste Freundin Hana es tut.
Als sie Alex begegnet, beginnt der Zweifel in ihr zu keimen. Alex ist nicht geheilt und wirkt doch alles andere als krank auf Lena. Er lebt sein Leben in Freiheit, denn niemand ahnt, dass er den Eingriff nicht hat vornehmen lassen. Als Leser beginnt man allerdings sich zu fragen, wieso der Regierung nicht aufgefallen ist, dass er keine Partnerin zugeteilt bekommen hat, denn davon ist im ganzen Buch keine Rede. Hätte die Regierung ihm nicht auch seine spätere Ehefrau zuweisen müssen?
Wie dem auch sei: Langsam aber unweigerlich entwickelt sich zwischen Lena und Alex eine Liebesbeziehung. Sie kommen sich näher und näher und küssen sich schließlich. Lena merkt, dass Liebe gar keine Krankheit ist, sondern etwas sehr Schönes, das sich zu bewahren lohnt. Sie will für ihre Liebe kämpfen und steht doch auf verlorenem Posten dar. Der Brief mit den Ergebnissen ihrer Evaluation trifft ein, sie hat sehr gut abgeschnitten und kann sich doch nicht darüber freuen. Denn auch vier Namen stehen in dem Brief, die ihr im Grunde nichts sagen. Kurzerhand wählt sie einen davon aus – den Namen ihres zukünftigen Ehemannes. Wohl wissend dass sie diesen Jungen nie heiraten und stattdessen mit Alex in Freiheit leben möchte. Doch im Gegensatz zu ihm gäbe es für Lena keine Freiheit, sie müsste ständig auf der Flucht leben und sich von ihrer Familie trennen und ihrer Freundin Hana Lebewohl sagen. Schafft sie das? Für Alex?
_Gesunde Gedanken_
Lauren Oliver zeichnet eine Welt, in der Liebe auszumerzen ist – eine Krankheit, die letztendlich unweigerlich zum Tod führt. So steht es im Buch „Psst“ geschrieben, das die Regierung herausgibt. Es ist eine Welt, die gezeichnet ist von einer allumfassenden Gehirnwäsche. Jeder Mensch soll daran glauben, dass Liebe eine gefährliche Krankheit ist. Jeder Mensch MUSS daran glauben, denn sonst bräche das komplizierte Konstrukt in sich zusammen. Und doch sieht man an der strengen Kontrolle durch die Regierung, wie wackelig dieses Konstrukt ist. Es gibt Wilde, die außerhalb aller Regeln leben und sich nicht heilen lassen. Sie werden gejagt. Alle Ungeheilten werden abends bei ihren Familien eingesperrt, rigide Kontrollen sorgen für Ordnung und überwachen die Ausgangssperre. Aber auch tagsüber muss jeder sich jederzeit ausweisen können. Jungen und Mädchen gehen strikt getrennt voneinander zur Schule und haben tunlichst jeden Kontakt zu vermeiden. Es sind strenge Regeln, die es nicht ohne Grund gibt, denn würden zu viele Jugendliche merken, wie schön sich Liebe anfühlt, wie glücklich sie einen machen kann, wäre die ganze Ordnung bedroht. Zu viele Menschen würden für ihre Liebe, ihr Glück kämpfen. Und das muss natürlich verhindert werden.
Eine Geschichte wie diese habe ich noch nicht gelesen, die Liebe als Krankheit anzusehen, war mir völlig neu, und so fand ich die erzählte Geschichte mit all ihren Konsequenzen sehr spannend. Die Konstruktion der fiktiven Welt ist ausgesprochen gelungen und überzeugt auf ganzer Linie. Lauren Oliver hat an alles gedacht, ihre Charaktere und ihre Grundidee sind vollkommen glaubwürdig und passen wunderbar zusammen. Allen voran ist natürlich Lena zu nennen, aus deren Sicht die Geschichte erzählt ist und die sich ganz allmählich entwickelt: Am Anfang treffen wir ein sehr unsicheres Mädchen, das richtig Angst vor der ominösen Amor Deliria Nervosa hat, weil ihre Mutter daran zugrunde gegangen ist. Lena glaubt alles, was die Regierung ihr glauben machen will, doch ganz allmählich wachsen die Zweifel, sie wird stärker, handelt auf eigene Faust, bekommt mehr Profil und entwickelt sich zu einer starken und selbstbewussteren Persönlichkeit. Seinen Anteil daran hat natürlich Alex, der Lena erstmals das Gefühl vermittelt, etwas Besonderes zu sein und nicht nur ein durchschnittlich hübsches Mädchen, das sich nicht aus der Masse abhebt.
Zu bemängeln habe ich eigentlich nur eins, und zwar die Vorhersehbarkeit der gesamten Geschichte. Nun gut, „Delirium“ richtet sich eher an jugendliches Publikum (laut Verlag ist das Buch für Jugendliche ab 14 Jahren gedacht), da mag man das verzeihen. Als erwachsener Leser jedoch kann man praktisch von Seite 1 an die Geschichte vorausahnen. Natürlich ist klar, dass Lena, nachdem sie Alex kennen gelernt hat, eine Beziehung mit ihm eingeht und merkt, dass die Regierung doch nicht immer Recht hat mit ihren Ansichten und Regeln. Und klar kommen dadurch Konflikte zustande, die Geschichte nimmt an Tempo auf und sorgt für Spannung. Ich denke, jugendliche Leser dürften das Buch noch viel spannender finden und auch trefflich darüber diskutieren.
_Im Delirium_
„Delirium“ ist der erste Teil der „Amor“-Trilogie und erzählt die Geschichte der 17-jährigen Lena, die von der Krankheit der Liebe geheilt werden soll. Lauren Oliver zeichnet in dem Auftakt zu ihrer Trilogie eine schreckliche Welt, in der alle Menschen nach strengen Regeln zu leben haben – ohne Aussicht auf Liebesglück. Mit all seinen Konsequenzen konstruiert die Autorin diese Welt und passt ihre Charaktere daran an. Es sind faszinierende Gedanken, die im eigenen Kopf dabei entstehen, auch wenn das Buch sich eher an jugendliche Leser richtet und der erwachsene Leser sehr schnell erahnen kann, in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt und wie sie wohl ausgehen wird. Dennoch darf man sehr gespannt sein, wie Lauren Oliver ihre Geschichte fortsetzt!
Eine Mordserie, die einem Kriminalroman nachempfunden ist? Nein, das ist sicherlich keine neue Idee, und dennoch hat Arno Strobel sie so überzeugend umgesetzt, dass ich von der ersten Minute an an das Hörbuch gefesselt war.
Die Studentin Nina Hartmann erhält ein mysteriöses Paket – ein Stück „Stoff“, der aussieht wie menschliche Haut und der mit dem Beginn eines Kriminalromans beschrieben ist. Sie meldet die seltsame Post der Polizei und die findet schnell heraus, dass es sich tatsächlich um menschliche Haut handelt, die da beschrieben wurde. Zur gleichen Zeit wird die Tochter eines bekannten Hamburger Verlegers vermisst – ist es etwa ihre Haut, die als Grundlage für diesen perfiden Roman diente?
Es dauert nicht lange, bis die polizeilichen Ermittler – Andrea Matthiesen und Stephan Erdmann – herausfinden, dass der Autor Christoph Jahn ein Buch geschrieben hat, das genau so beginnt. Hat Jahn etwa mit dem Päckchen an die Studentin zu tun? Jahn ist erst seit Kurzem in der Stadt, vorher hat er in Köln gewohnt, doch als ein nie gefasster Täter dort einen Roman aus Jahns Feder „nachgemordet“ hat, beschloss Jahn, die Schriftstellerei an den Nagel zu hängen und sich in Hamburg ein neues Leben aufzubauen.
_Grusel pur_
Obwohl Strobels Idee alles andere als innovativ ist und ich schon mehrere Krimis oder Thriller gelesen habe, in denen ebenfalls ein Täter die Taten aus einem Kriminalroman nachspielt, war ich sofort gepackt. Arno Strobel schafft es von der allerersten Minute an, Spannung aufzubauen. Wir lernen zunächst die Studentin Nina Hartmann kennen, kurz bevor sie dieses grausige Paket zugestellt bekommt. Und vom ersten Moment an ist klar, dass nun gleich etwas Entscheidendes geschehen wird. So fiebert man von Sekunde zu Sekunde diesem entscheidenden Moment entgegen und weiß sofort, dass es sich natürlich um menschliche Haut handeln muss, die Nina Hartmann in den Händen hält. Und schon ist man nach nur wenigen Minuten mitten im Geschehen und völlig angefixt von der erzählten Geschichte! Normalerweise muss ich mich in einem Buch oder Hörbuch immer erstmal einfinden, die Charaktere kennen lernen und wissen, worum es geht, doch aus einem mir kaum erfindlichen Grunde schaffte es Arno Strobel, mich mitzureißen, bevor ich überhaupt wusste, in welche Richtung sich sein Thriller entwickeln würde – grandios!
Und es geht nicht minder spannend weiter: Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf, befragt die unterschiedlichsten Personen und verdächtigt immer neue Figuren – alles im Wettlauf mit der Zeit, immerhin ist die Verlegerstochter spurlos verschwunden und es steht zu befürchten, dass auch ihre Haut als Grundlage für ein Buchkapitel herhalten muss.
Was uns Arno Strobel präsentiert, ist eine sehr gruselige Geschichte – nichts für schwache Nerven! Denn zwischendurch schaltet er immer wieder zu einem weiblichen Opfer, das sich in der Gewalt des Täters befindet und mit ansehen muss, wie eine andere Frau grausam misshandelt und ermordet wird. Dieses Opfer bleibt die längste Zeit über namenlos, sodass der Zuhörer nicht weiß, ob es sich bei ihr um die Verlegerstochter handelt oder ob diese womöglich bereits tot ist. Aber der Zuhörer erfährt sehr genau, was der Täter mit den Frauen anstellt, welche Qualen sie erdulden müssen und welch perfides Spiel er spielt. Und dadurch, dass er ein Buch nachspielt, erfährt der Leser mitunter sogar vorher, was noch geschehen wird.
_Verdächtige Personen_
Der Kreis der verdächtigen Personen wird mit der Zeit immer größer. Zunächst tappt die Polizei – natürlich! – völlig im Dunkeln, doch dann machen sich immer mehr Figuren verdächtig. Da wäre zum einen der Schriftsteller selbst, schließlich ist er es doch, der am meisten profitiert. Seine Bücher haben sich nur mäßig verkauft, bis in Köln jemand ein Buch nachgespielt hat, und plötzlich eroberte Christoph Jahn die Bestsellerlisten. Nun ist sein Konto leer und es käme ihm sehr zupass, würde auch sein neues Buch, an dem er aktuell schreibt, ebenso einschlagen. Doch natürlich hat auch der Verlag ein Interesse daran, dass das neue Buch sich gut verkauft. Zudem wäre da noch der frustrierte Lektor, der das mittelmäßig geschriebene Buch aus der Feder Jahns gründlich überarbeiten musste, damit es überhaupt lesbar wird. Auch er hat ein Interesse daran, dass sich das neue Buch gut verkauft und die Öffentlichkeit mal erfährt, wer der eigentliche Autor von Jahns Werken ist. Und natürlich hat Jahn auch Fans, wie eine Buchhändlerin, die ihn anhimmelt wie ein verliebter Teenager. Wer ist bloß der Schuldige? Beim Zuhören verdächtigt man selbst die unterschiedlichsten Personen und hat natürlich eine immer stärker werdende Ahnung, aber am Ende musste ich bemerken, dass mich Arno Strobel an der Nase herum geführt hat. Zwar hatte ich den wahren Täter zwischenzeitlich auch mal auf dem Schirm, sodass die Wendung am Ende durchaus schlüssig ist, aber dann scheinen doch die Ermittlungen jemand ganz anderes einzukreisen, sodass ich mich auch auf jemand anderen eingeschossen hatte. Prima, wie Strobel das gelöst hat!
Auch die anderen Figuren gefallen gut, Arno Strobel gibt all seinen handelnden Charakteren ein Profil, sodass man sie bildlich vor Augen hat. Mir persönlich breitete Strobel die Geschichte um Andrea Matthiesen etwas zu sehr aus, denn im Grunde genommen spielte es keine Rolle, welche Probleme sie mit ihrem Vorgesetzten hat und was ihr vor dem jetzigen Fall mit ihrem damaligen Partner passiert ist, aber es störte mich auch nicht weiter, dass Arno Strobel hier sehr ins Detail gegangen ist. Denn immerhin sorgte diese Nebenhandlung auch ein wenig für Spannung, da Matthiesens Partner Erdmann aufgrund des Wissens über seine Partnerin bei allen Einsätzen fürchten musste, dass diese ihn im Stich lassen könnte. Das war schon auch ein kleines Spannungsmoment.
_Hörbar_
Gelesen wird das Hörbuch von Sascha Rothermund, der mir persönlich als Sprecher bislang gar nicht untergekommen war. Rothermund ist ein deutscher Schauspieler, Hörbuchsprecher und die Synchronstimme von Lee Pace und Jon Hamm – wer auch immer diese beiden US-Schauspieler sind.
Sascha Rothermund macht seine Sache prima. Mir gefiel nicht nur seine Stimme ausgesprochen gut, sondern auch seine Interpretation der verschiedenen Charaktere und der Geschichte an sich. Er verleiht jedem Charakter eine individuelle Stimme, ohne aber je zu übertreiben und er sorgt mit seiner warmen, angenehmen Stimme für eine sehr stimmungsvolle Atmosphäre. Ich fand seinen Vortrag sehr unaufdringlich, aber total stimmig. Auch wenn ich Sascha Rothermund bislang als Hörbuchsprecher noch nicht gehört hatte, so werde ich mit großer Sicherheit künftig gezielt nach ihm als Sprecher Ausschau halten.
_Skript für einen Bestseller_
„Das Skript“ überzeugte mich auf ganzer Linie. Ich war von der ersten bis zur allerletzten Minute komplett von der Geschichte gefangen, gefesselt und fasziniert. Die Geschichte war wie ein Sog, dem ich mich nicht entziehen konnte, und zwar von Beginn an. Auch wenn Strobels Idee keine neue war, so gefiel mir die Umsetzung dennoch ausgesprochen gut.
Von Arno Strobel hatte ich noch nichts gelesen oder gehört, aber für mich gehört er schon jetzt zur persönlichen Entdeckung des Jahres, sodass ich bald weitere Bücher von ihm hören werde – hoffentlich wieder von Sascha Rothermund gelesen. Das vorliegende Hörbuch gefiel mir durchweg gut, sodass ich es uneingeschränkt jedem Thrillerfreund mit starken Nerven ans Herz legen möchte!
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Es klingt nach Romantik pur: Auf ihrer Abschlussfeier lernen sich Emma und Dexter kennen, verbringen die Nacht zusammen und fragen sich dann, wo und wie sie wohl in 20 Jahren, also im stolzen Alter von 40, sein würden. Und tatsächlich beginnt in dieser Nacht eine ganz besondere Beziehung, obwohl Emma und Dex doch so unterschiedlich sind: Emma ist zwar ausgesprochen hübsch, ist sich dessen aber nicht bewusst. Sie würde zu gerne bei einem Verlag arbeiten und Karriere machen, doch klappt das nicht so recht. Dexter lässt dagegen nichts anbrennen, er landet mit allen Frauen im Bett, arbeitet später als Moderator und bereist die Welt. Die beiden schreiben sich Briefe – sie lange, gefühlvolle Briefe, er dagegen obercoole Postkarten, die in den meisten Fällen im Alkoholsuff entstanden sind. Treffen sich Emma und Dexter mal persönlich, so geht das meistens schief – sie beleidigen sich und merken nicht wirklich, was sie am anderen haben. Doch insgeheim denken sie immer intensiver über den anderen nach.
Emma beginnt eine Beziehung mit einem eher weniger erfolgreichen Comedian, zieht mit ihm zusammen, fragt sich aber dennoch dauernd, ob das wirklich die richtige Entscheidung war und wie es wohl mit Dexter (gewesen) wäre. Der dagegen hat ständig wechselnde Freundinnen, moderiert immer schlechtere Sendungen im Fernsehen. Aber schließlich lernt er eine ganz besondere Frau kennen, die ihm endlich klar macht, dass das Leben keine immer dauernde Party ist. Er trinkt weniger und versucht, seiner neuen Freundin alles Recht zu machen. Als er Emma auf einer Hochzeit wiedersieht, überreicht er ihr schließlich die Einladung zu seiner eigenen Hochzeit … Gibt es für Emma und Dexter noch eine Chance??
_Schicksalhafte Begegnung_
Die Geschichte von Emma und Dexter beginnt wie im Märchen: Beide feiern ihren Abschluss und starten ins richtige Leben. Die beiden verstehen sich gut und verbringen irgendwie die Nacht miteinander. Und obwohl sie doch so unterschiedlich sind und Dexter bereits eine Reise ins Ausland geplant hat, beginnen die zwei, über ihre (gemeinsame?) Zukunft zu philosophieren. Dexter versucht, sich Emma in 20 Jahren vorzustellen. Wie wird sie aussehen, was wird sie wohl machen? Und wird er noch eine Rolle in ihrem Leben spielen?
Aus diesem Gedankenspiel wird eine jahrelange Freundschaft, die allerdings nicht immer unter einem guten Stern steht. Dexter nimmt diese Freundschaft nicht immer ernst und schreibt Emma meist nur sehr oberflächliche Postkarten, die ihm hinterher schrecklich peinlich sind. Doch irgendwie kommen die zwei nicht voneinander los. Ein magisches Band zieht sie immer wieder zueinander. Aber dennoch kommen sie nie zusammen, immer kommt jemand anderes dazwischen – meist hat Dexter eine neue Flamme, deren Name es sich laut Emma gar nicht zu merken lohnt.
Es ist zunächst ein ewiges Hin und Her. Der Beginn der Geschichte findet praktisch ausschließlich im Schriftwechsel zwischen Dexter und Emma statt, ohne dass die beiden sich mal persönlich treffen. Und irgendwie kommt die Geschichte am Anfang auch gar nicht von der Stelle. In der ersten Hälfte des Hörbuchs musste ich mich voran quälen, denn mich packte die Geschichte einfach nicht. Über weite Strecken wird nicht klar, worauf David Nicholls eigentlich hinaus will, außerdem vermisste ich irgendwie seinen ganz besonderen witzigen Schreibstil, der mich in seinen Büchern immer an Nick Hornby erinnert hat und der mir beim Lesen immer wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich erstmals eine Geschichte von David Nicholls gehört statt gelesen habe, aber ich fand seinen Schreib- bzw. Erzählstil in diesem Fall nicht sonderlich gelungen. Wortwitz habe ich praktisch keinen erkannt, was ich etwas schade fand. Und auch seine Charakterzeichnung überzeugte mich zunächst nicht. Dexter wirkt schablonenhaft für den unreifen Mann aus gutem Hause, der nichts mit sich und seinem Leben anzufangen weiß und der glaubt, das Leben sei eine einzige, immerwährende Party. Lange dauert es, bis Dexter aus Emmas Schatten tritt und Profil entwickelt. Die erste Hälfte der Geschichte krankt aber meiner Ansicht nach an allen Ecken und Enden.
Glücklicherweise kriegt David Nicholls irgendwann die Kurve, lässt die Beziehung zwischen Dexter und Emma reifen, Dexter scheint endlich erwachsen zu werden und auch Emma beginnt zu wissen, was sie eigentlich vom Leben möchte – ein Mann scheint es nicht zu sein. Etwa ab der Hälfte war ich plötzlich in der Geschichte versunken, zumal mir wirklich nicht klar war, ob die beiden tatsächlich mal zusammen kommen werden und eine Chance als Paar haben. Diese Frage zog mich immer weiter mit, hier hatte David Nicholls mich endlich gepackt. Aber dann gibt er seiner Geschichte eine Wendung, wie ich sie nicht vorhergesehen hatte und die ich natürlich auch nicht verraten möchte. Nur so viel: Wer wie ich am Anfang seine Probleme mit „Zwei an einem Tag“ hat und wer nicht so recht in die Geschichte hinein findet, soll unbedingt bis zur Hälfte warten, denn dann wird die Story immer spannender und faszinierender und auch die Charakterzeichnung reift deutlich. In der zweiten Hälfte war ich plötzlich sehr begeistert!
_Auf die Ohren_
Die Kapitel sind wechselweise aus Dexters bzw. Emmas Sicht erzählt und je nachdem, wer gerade den momentanen Teil der Geschichte erzählt, spricht entweder Andreas Fröhlich für Dexter oder Nina Petri für Emma. Beides sind bekannte und anerkannte Hörbuchsprecher und obwohl ich persönlich Nina Petris Stimme nicht besonders mag, macht sie ihre Sache im Prinzip doch gut. Sie verleiht Emma Profil und bringt ihre Gefühlsschwankungen gut rüber. Andreas Fröhlich mag ich ohnehin sehr gern und natürlich überzeugt er wieder auf ganzer Linie, doch es gibt ein ganz großes Aber: Andreas Fröhlich hat eine sehr sanfte und gefühlvolle Stimme, Nina Petri dagegen eine tiefe, fast schon männlich wirkende Stimme – und meiner Ansicht nach passen beide Stimmen nicht zu den Rollen, die sie zu sprechen haben. Emma ist die unsichere junge Frau mit mangelndem Selbst- aber großem Sendungsbewusstsein – hier hätte ich mir eine höhere und vor allem zartere Stimme gewünscht, vielleicht Marie Bierstedt, die meist als Synchronsprecherin von Kirsten Dunst zum Einsatz kommt.
Dexter ist der obercoole Draufgänger, der eine Frau nach der anderen flach legt und dazu passt irgendwie die sanfte Stimme Andreas Fröhlichs nicht. Dexter hätte ich eine männlichere und viel rauere Stimme gegeben.
So bemühen sich sowohl Andreas Fröhlich wie auch Nina Petri sehr, ohne aber zu ihren Rollen passen zu können. Sehr schade, aber ich konnte mich bis zum Ende nicht mit den Stimmen und den zugehörigen Charakteren anfreunden, das passte einfach nicht.
_Es waren einmal zwei junge Menschen ,.._
Die Idee zur Geschichte ist sicherlich nicht so neu, dennoch macht David Nicholls, zumindest in der zweiten Hälfte, eine ausgesprochen gute Story daraus. „Zwei an einem Tag“ ist die Geschichte zweier junger Menschen, die sich zufällig begegnen und fortan zwar nicht recht zueinander finden, aber auch nicht voneinander lassen können. Irgendwie ist die Geschichte schon recht kitschig, wenn sie auch nie so trieft, wie man es aus den ZDF-Sonntagabendfilmen kennt, aber ich denke, David Nicholls hat hier schon eher für Frauen geschrieben. Die Geschichte beginnt zunächst schleppend und reißt nicht recht mit, dreht dann aber richtig auf und überzeugte mich im zweiten Teil auch sehr.
Leider krankt die Umsetzung als Hörbuch daran, dass die beiden Stimmen überhaupt nicht zu den beiden Hauptcharakteren passen. Nina Petri und Andreas Fröhlich sind ausgezeichnete Sprecher, aber nicht in den hier zugedachten Rollen. Ich denke, „Zwei an einem Tag“ sollte man vielleicht besser lesen, dann kann man in der ersten Hälfte auch mal quer über einige langatmige Passagen hinweg blättern und hat nicht das Problem, dass man sich mit den Stimmen nicht anfreunden kann. Für Liebhaber einer gut gemachten Liebesgeschichte ist „Zwei an einem Tag“ definitiv eine gute Wahl.
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Direkt-Link zum Titel bei audible: [Daniel Nicholls – „Zwei an einem Tag“]http://www.audible.de/pd/B004V3EYMW
auch erschienen als:
|6 Audio-CDs
Sprecher: Nina Petri & Andreas Fröhlich
ISBN-13: 978-3899033120|
http://www.hoerbuch-hamburg.de
_Daniel Nicholls bei |Buchwurm.info|:_
[„Keine weiteren Fragen“ 3258
[„Ewig Zweiter“ 4696
Alles beginnt wie eine ganz normale Liebesgeschichte: Ein gut aussehender Mann fährt Judith in einem Supermarkt in die Hacken. Sofort ist ihr klar, dass dieser attraktive Mann verheiratet sein und eine Familie haben muss, denn für wen soll er sonst die halbe Bananenstaude in seinem Einkaufskorb mitbringen? Dennoch will ihr der Mann nicht aus dem Kopf gehen. Kurz darauf taucht er in dem Lampengeschäft auf, das sie selbst betreibt. Er habe sie in den Laden kommen sehen, lautet seine Ausrede. Die beiden verabreden sich, treffen sich immer häufiger und kommen sich schnell näher. Nicht lange dauert es, bis Hannes – so heißt der gut aussehende Mann, der als Architekt Apotheken umgestaltet – der verdutzten Judith einen großen Ring überstreift, um ihr seine Liebe zu bekunden. Sie ist völlig überrumpelt und traut sich nicht, ihm zu gestehen, dass sie Bernstein überhaupt nicht ausstehen kann.
Judith genießt die Zweisamkeit, und als dann auch noch ihre Familie und der gesamte Freundeskreis begeistert sind von dem neuen Mann an ihrer Seite, scheint alles perfekt. Doch irgendwann wird ihr die ganze Zweisamkeit zu viel. Mehrmals am Tag besucht Hannes sie in ihrem Geschäft, um einen Kaffee mit ihr zu trinken, abends gehen sie zusammen weg und verbringen dann auch noch die Nacht miteinander. Eine gemeinsame Reise führt schließlich zum Bruch: Judith fühlt sich dermaßen bedrängt, dass sie sich kurzerhand von Hannes trennt.
Doch der kann sie nicht aus dem Kopf bekommen. Nach der Trennung liegen überall gelbe Rosen mit geheimnisvollen Botschaften von Hannes herum – selbst in ihrem eigenen Bett findet sie einen Strauß Rosen, den ihre Freunde dort in Hannes‘ Auftrag versteckt haben. Judith fühlt sich verfolgt – bis in die Träume hinein, in denen sie immer häufiger Hannes‘ Stimme hört. Ihr macht die Situation immer mehr zu schaffen, zumal Hannes sich hinten rum mit Judiths Freunden und ihrer Familie verbündet. Irgendwann kommt es zum Zusammenbruch, Judith wird in die Klinik eingeliefert und psychiatrisch behandelt – wer ist nun verrückt? Hannes, der sie bedrängt und verfolgt? Oder womöglich doch Judith, die sich alles eingebildet hat?
_Auf immer und ewig_
Daniel Glattauer war mir kein Begriff – bis „Gut gegen Nordwind“ in den deutschen Bestsellerlisten eingeschlagen sind und mir meine Zahnärztin dieses wunderbare, kleine Büchlein ans Herz gelegt hat. Mit wachsender Begeisterung habe ich es verschlungen und anschließend sofort auch „Alle sieben Wellen“ gelesen. Doch damit nicht genug: Meine Begeisterung war immer noch nicht gestillt, und so habe ich mir beide Bücher von Christian Berkel und Andrea Sawatzki noch mal vorlesen lassen. Und da ich von der Lesung des frisch gebackenen Ehepaars total begeistert war und mir Andrea Sawatzki neulich in ihrer Lesung von „Ich.darf.nicht.schlafen“ ebenfalls sehr gut gefallen hat, habe ich bei Glattauers jüngstem Werk „Ewig dein“ gleich zur Lesung gegriffen – und habe diese Entscheidung nicht bereut.
Der österreichische Autor Daniel Glattauer hat mich mit seiner Wortgewandtheit und seinem unvergleichlichen Formuliertalent schlichtweg von den Socken gehauen. Immer wieder erfindet er Wortwendungen, die mir leider im Leben nicht eingefallen wären, die aber so treffend und schön sind, dass ich bei ihm jede Zeile gern gelesen habe. Genau in dieser Tradition beginnt auch „Ewig dein“ – in der wachsenden Liebe zwischen Judith und Hannes tobt sich Glattauer mit seinen wunderbaren Formulierungen richtig aus. Er schafft es wieder einmal, einen ganz normalen Sachverhalt in so fantastische Worte zu verpacken, dass außer der reinen Wortbedeutung immer noch mehr dahinter steckt. Und Andrea Sawatzki trägt diese großartigen Sätze überzeugend vor, sodass man ihr von Beginn an sehr gern und auch aufmerksam zuhört. Sie moduliert fein ihre Stimme und verleiht Judiths Gefühlsschwankungen ihre Stimme. Allerdings ist ihr Vortrag sicherlich Geschmackssache, denn Andrea Sawatzki hat eine sehr hohe Stimme, die sie auch entsprechend einsetzt. Wenn Judith ängstlich wird, weil sie sich von Hannes verfolgt fühlt, wird Sawatzkis Stimme dermaßen hoch, dass man meinen könnte, ein Kind trage diese Passage vor. Das gefällt sicherlich nicht jedem, ich persönlich fand es sehr gelungen, da Andrea Sawatzki es dadurch überzeugend geschafft hat, Judiths Gefühlschaos herüberzubringen.
Die Lesung war sicherlich nicht ganz einfach, denn in den Szenen, in denen Judith im Schlaf Hannes‘ Stimme hört, muss sie stottern, da Hannes‘ Stimme hängt wie eine defekte Schallplatte, auch dies schafft Andrea Sawatzki sehr überzeugend, auch wenn ihre Stimme in diesen Momenten natürlich unweigerlich ein enormes Nervpotenzial entfaltet, aber so ist es ja auch gedacht. Andrea Sawatzki hat es geschafft, dass ich völlig in der Geschichte eintauchen und alles um mich herum vergessen konnte – und das ist beileibe nicht selbstverständlich. Ihr Kollege Detlef Bierstedt dagegen hat es meistens geschafft, dass ich seine Lesung oft minutenlang ignorieren konnte, ohne dass ich gemerkt habe, dass er mir irgendwas ins Ohr geflüstert hat. Und wenn ich dann wieder aufgehorcht habe, hatte ich komplett den Faden verloren. Das ist mir bei „Ewig dein“ nicht einmal passiert – und: Das lag nicht immer an der Geschichte.
_Gut mit Schwächen_
„Ewig dein“ beginnt zwar wie die klassische Liebesgeschichte, doch schnell merkt man, dass sich hier etwas anbahnt, das nicht normal ist. Hannes will schnell sehr viel und erreicht dadurch eigentlich nur, dass Judith verschreckt zurückweicht. Dieses Zuviel an Nähe, das zu mehr Distanz zwischen den beiden führt, baut Daniel Glattauer noch sehr gekonnt auf. So entwickelt sich das Hörbuch mit der Zeit zu einem richtigen Thriller. Man ahnt, dass hier das dicke Ende noch kommen muss, dass hier etwas nicht koscher ist und der Autor uns ganz sicher noch mit einer riesigen Pointe überraschen wird. Und so fiebert man mit, verliert sich ganz in Andrea Sawatzkis Worten, fiebert mit und leidet mit, wenn Judith schließlich in der Klinik landet, eine Psychiaterin trifft und Psychopharmaka schlucken muss, um wieder in die Realität zurückzufinden.
Nicht lange dauert es, bis auch Hannes wieder die Bühne betritt, denn Judith hat noch nicht mit ihm abgeschlossen, sie will ihn unbedingt noch mal sehen und stellt dann fest, dass sie vielleicht doch etwas missverstanden haben könnte. Wer ist hier eigentlich wirklich verrückt? Diese Frage habe ich mir beim Zuhören immer häufiger gestellt, und das hat Daniel Glattauer mit Sicherheit beabsichtigt. Doch leider schafft er es aus meiner Sicht nicht rechtzeitig, den Bogen zu kriegen und seine Leser bzw. Zuhörer zum großen Finale zu lenken. Die Geschichte plätschert eine Weile vor sich hin, mäandert mal in diese Richtung, mal in jene. Mal ist Judith die Verrückte, dann hat sie wieder ihre hellen Momente und Hannes scheint der Stalker par excellence zu sein. Als dann schließlich die letzte Szene eingeläutet wird und alle Protagonisten (und noch eine wichtige Figur mehr!) aufeinandertreffen, kommt es nicht etwa zum großen Knall, sondern allerhöchstens zum kleinen Plopp. Und das finde ich ausgesprochen schade. Daniel Glattauer baut über weite Strecken gekonnt Spannung auf, führt seine Leser oder Zuhörer zwischendurch in die Irre und lässt ein großartiges Finale erwarten, doch was dann passiert, war zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr überraschend, und so verpufft in diesem Moment die meiste Spannung – sehr schade.
_Ewig dein Fan_
Was am Ende übrig bleibt, ist mit Andrea Sawatzki eine überzeugende Sprecherin, die jeder Gefühlsschwankung gekonnt ihre zarte und weibliche Stimme verleiht. Und natürlich überzeugt Daniel Glattauer auch wieder mit seinem Formuliertalent, wobei er sich aber leider ab der Hälfte der Geschichte nicht mehr ganz so sehr austobt wie in seinen beiden E-Mail-Romanen oder zu Beginn von „Ewig dein“. Nichtsdestotrotz beginnt die Geschichte ausgesprochen vielversprechend, wird dann immer spannender und spannender. Nur das Finale konnte mich nicht vollauf überzeugen, aber dennoch fühlte ich mich sehr gut unterhalten! Und natürlich werde ich jederzeit wieder zu einem neuen Buch oder Hörbuch von Daniel Glattauer greifen – diesen Autor darf man einfach nicht verpassen!
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Hier gehts direkt zum Titel bei audible: [Daniel Glattauer – „Ewig Dein!“]http://www.audible.de/pd/B0073TG2LM?ref__=sr__1__1
auch erschienen als:
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Sprecher: Andrea Sawatzki
ISBN-13: 978-3-89903-349-6|
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_Daniel Glattauer bei |Buchwurm.info|:_
[„Gut gegen Nordwind“ 5649
[„Alle sieben Wellen“ 5668
Es war einmal ein sehr frustrierter Mann, der an seiner Ehefrau nichts Gutes mehr finden konnte und daher beschloss, sie eines Abends von einer Klippe in die Tiefe zu stürzen, um fortan als freier und glücklicher Mann zu leben. Und so geschah es: Nach einem heftigen Ehestreit verließ das ungeliebte Weib in einer gelben Öljacke das Haus, der Mann – nennen wir ihn einfach Al Greenwood – folgte ihr, versteckte sich an der Klippe in einem Busch und als dann eine Frau in gelber Öljacke auf der Klippe ankam, schubste er sie in die Tiefe. Glücklich und zufrieden kehrte Al nach Hause, um dort – man ahnt es bereits – seine Ehefrau, lebend und putzmunter, anzutreffen. Soweit die Geschichte des Vorgängerromans „Cliffhanger“, den ich einst mit Begeisterung gelesen habe.
In „Fischnapping“ nun kehrt Al Greenwood nach vier Jahren aus dem Gefängnis, wo er nicht etwa gesessen hat, weil er jemanden von der Klippe geschubst hat, sondern weil er im Verdacht stand, seine eigene (uneheliche) Tochter Miranda getötet zu haben. Nun aber ist Als Frau Audrey zurückgekehrt – wundersam erschlankt und glücklich mit einer Frau zusammenlebend -, um sich der Polizei zu stellen. Denn sie war es, die Als uneheliche Tochter in besagter Schicksalsnacht um die Ecke gebracht hat.
So darf Al sein altes Leben aufnehmen, doch wohnen bereits andere Leute in seinem alten Haus, der geliebte Fischteich ist zugeschüttet und seine herzallerliebsten Karpfen hatte seine verhasste Frau ja bereits im ersten Buch ermordet, sodass sie Al fortan nur noch in ausgestopfter Form – man höre und staune! – begleiten. Ein Gedanke aber lässt ihn nicht los: Wen um Himmels Willen hat er damals von den Klippen gestoßen? Denn eins ist klar: Eine Frau musste in der Nacht dran glauben und es war weder Audrey noch seine eigene Tochter oder etwa die Frau des Inspectors, wie er ebenfalls vermutet hatte. Denn die Frau des Inspectors ist inzwischen Audreys Geliebte. Diese aber hat immer noch nicht mit ihrer eigenen Ehe abgeschlossen und beschließt daher, Al zu ihrem Geliebten und Komplizen zu machen, damit dieser für sie den kostbaren und preisgekrönten Koi aus dem Teich ihres Mannes stiehlt. Und so dreht sich das Beziehungskarussell in diesem Buch immer schneller und schneller.
Außerdem erfahren wir, dass Al gar nicht so unschuldig ist, wie er immer gerne tut und einen glauben machen möchte, denn er hat nicht nur eine Frau auf dem Gewissen, sondern auch bereits den Verlobten seiner ehelichen Tochter Carol, der ihm stets ein Dorn im Auge war, weil dieser besser Scrabble spielen konnte als er selbst. Für diese Tat möchte seine Tochter ihn immer noch hinter Gittern bringen – man darf also gespannt sein, wie sich Al Greenwood aus etlichen brenzligen Situationen befreit …
_Der mit dem Blub_
Tim Binding ist mir dank „Cliffhanger“ als Autor mit wunderbar schwarzem britischem Humor im Gedächtnis geblieben, der schräge Charaktere zeichnet und ziemlich bitterböse Geschichten schreiben, einen gleichzeitig zum Lachen bringen kann. Eine wunderbare Mischung, die mich natürlich auch zu „Fischnapping“ hat greifen lassen – dieses Mal in Form einer Lesung durch Bernd Stephan.
Genau diese Tradition setzt Binding auch in „Fischnapping“ fort: Die Geschichte ist wieder einmal kurios: Während Al vier Jahre „unschuldig“ im Gefängnis gesessen hat, hat seine Frau Audrey den Sport für sich entdeckt und auch die gleichgeschlechtliche Liebe. Doch eines Nachts plagt ein Albtraum sie, sodass sie beschließt, ihren Teil der Schuld zu tragen und sich der Polizei zu stellen. Das wiederum macht den Weg für Al frei, der seine Freiheit natürlich gleich dazu nutzt, um neues Chaos zu stiften. Er gedenkt seines ersten Todesopfers, nämlich des Verlobten seiner eigenen Tochter, den er – was Wunder! – ebenfalls von einer Klippe gestoßen hat. Neue Verwicklungen sind vorprogrammiert, als er ein Auge auf Audreys Geliebte wirft, mit ihr im Bett landet und sich von ihr dazu anstiften lässt, einen wertvollen Koi zu stehlen. Denn natürlich soll alles darauf hinauslaufen, dass Al für diese Tat geradestehen muss.
Doch wieder einmal gelingt es Al Greenwood in zahlreichen Szenen, seinen Kopf im allerletzten Moment aus der Schlinge zu ziehen. Viel Glück gehört dazu, aber vor allem auch eine Portion Kreativität, denn er ist definitiv nie um eine Ausrede verlegen. Und so wendet sich für ihn alles zum Guten – egal, wie viel Mist er eigentlich baut. Das mag den Gerechtigkeitssinn so manchen Lesers stören, aber Tim Binding neigt ja grundsätzlich zu Überspitzungen und dazu, durch allerlei Übertreibungen besondere Charakteristika noch stärker in den Vordergrund zu stellen. Wäre Al bereits für den ersten Mord hinter Gitter gekommen, hätte Binding immerhin nicht an seinem Beispiel aufzeigen können, zu welch schrägen Szenen und verzweifelten Taten kommen kann, wenn ein frustriertes Ehepaar nicht in der Lage ist, über Probleme offen zu sprechen, sondern direkt beschließt, allerletzte Konsequenzen zu ziehen. Denn Bindings Werke sind zwar vordergründig einfach nur zum Lachen, doch wenn man genauer hinsieht, stimmt einen das doch nachdenklich.
Dieses Mal legt Binding vielleicht eine kleine Schippe zu viel auf, manchmal dreht die Geschichte ein wenig zu sehr ab, aber irgendwie bekommt Binding dann doch immer wieder den richtigen Dreh und fängt seine Leser (bzw. in diesem Fall Zuhörer) wieder ein. Die Geschichte überzeugte mich zwar nicht auf ganzer Linie wie Cliffhanger, ist aber dennoch so schräg, unterhaltsam und einfach nur komisch, dass man dennoch unbedingt dazu greifen sollte.
_Phlegma_
Vorgetragen wird Bindings Geschichte von Bernd Stephan, dessen Name mir zwar nichts sagte, der aber bekannt ist als Synchronstimme von John Cleese. Beim Zuhören ist mir das ehrlich gesagt aber nicht aufgefallen, ich habe die Stimme nicht wieder erkannt. Stephan trägt mir sehr ruhiger Stimme vor, betont nie zu sehr und versucht auch gar nicht erst, verschiedenen Charakteren unterschiedliche Stimmen zu verleihen, wie es beispielsweise Rufus Beck oder gar Harry Rowohlt machen. Im Prinzip klingen alle Personen gleich, ob nun Frau oder Mann. Einzig Al Greenwood, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt ist, kommt noch etwas phlegmatischer rüber als alle anderen Figuren. Spricht Bernd Stephan Gedanken oder Sätze von Al Greenwood aus, so tut er sich fast ohne jede Betonung, manchmal verwaschen dadurch die Wörter sogar. Sicher gehört das zu Stephans Interpretation der Figur Al Greendwoods und es mag auch tatsächlich passen, mir persönlich war Stephans Tonfall allerdings zu fad. Manch ein Gag geht so fast verloren. Ich kann mir schon gut vorstellen, dass viele Hörer von dieser Lesung begeistert sein werden, ich persönlich hätte mir dennoch ein klein bisschen mehr Enthusiasmus vom Sprecher gewünscht, daher ein kleines Manko. Eventuell sollte man bei „Fischnapping“ also eher zum Buch greifen.
_Fisch sucht Karpfen_
„Fischnapping“ hat mich ausgesprochen gut unterhalten. Tim Bindung spielt hier in puncto Charakterzeichnung und Wortwitz wieder all seine Trümpfe gekonnt aus. Vielleicht bleibt die Geschichte ein klein wenig hinter dem Vorgängerroman zurück, aber verstecken muss sich dieses Buch ganz sicher nicht. Vom Sprecher war ich nicht ganz so begeistert, da Bernd Stephan ein bisschen zu wenig mit seiner Stimme spielt. Unter dem Strich ist das Hörbuch aber definitiv sehr hörens- und empfehlenswert!
|Download-Version mit 6:12 h Spieldauer|
[www.audible.de]http://www.audible.de
auch erschienen als:
|5 Audio-CDs mit 372 Minuten Spieldauer
Sprecher: Bernd Stephan
ISBN-13: 978-3-8337-2750-4|
[www.jumboverlag.de/Verlag]http://www.jumboverlag.de/Verlag
_Tim Binding bei |Buchwurm.info|:_
[„Inselwahn“ 1648
[„Cliffhanger“ 5200
Eine schicksalhafte Begegnung bei einer Tangoveranstaltung: Eine Frau verdreht einem Mann völlig den Kopf mit ihrem Tanz und ihrer Ausstrahlung. Doch am Ende des Abends verschwindet sie ohne ein Wort und lässt ihren Verehrer ohne Erklärung stehen. Zurück im Hotel entdeckt er bei seinen Sachen einen Zettel, an den er sich nicht erinnern kann. Darauf stehen der Name Natalia und eine Adresse in Buenos Aires. Sobald der Mann kann, reist er nach Argentinien, um der Spur der mysteriösen Fremden zu folgen.
Dort aber entdeckt er lediglich ein Gemälde von einem Tangopärchen – und dieses erzählt die Geschichte von einer Liebe, die nicht sein darf. Natalia ist die Tochter eines nach Buenos Aires eingewanderten Spaniers, der sehr krank ist. Aus diesem Grund will er seine Tochter rechtzeitig verheiraten. Ein deutschstämmiger Matrose ist der Mann seiner Wahl. Natalia ist auch einverstanden mit dieser Entscheidung, bis sie sich eines Tages auf den ersten Blick in einen anderen Mann verliebt. Diego entflammt sofort ihr Herz, und im gleichen Moment versteht Natalia plötzlich, was wahre Liebe ist. Bis ins Mark trifft sie dieses Gefühl, doch kann sie die Hochzeit nicht mehr absagen, so gerne sie auch möchte.
Und so fügt sie sich in ihr Schicksal und heiratet den Falschen. Noch in der Hochzeitsnacht merkt sie, dass ihr Mann nicht annähernd die Gefühle in ihr auslösen kann, wie Diego dies vom ersten Moment an getan hat. Bald nach der Hochzeit muss ihr Mann in See stechen. Doch sein Schiff wird nach Monaten als verschollen gemeldet. Zehn Jahre lang darf Natalia nun keinen anderen Mann heiraten, erst dann wird sie offiziell als Witwe anerkannt. Doch das Schicksal führt sie wieder mit Diego zusammen. Und bei einem gemeinsamen Tango entflammt ihre Liebe erneut – doch wissen beide nicht, dass Natalias Ehemann das Seeunglück überlebt hat und sich auf dem Weg nach Buenos Aires befindet …
_Die Liebe im Tango_
Der Tango zieht sich als Motiv durch das ganze (viel zu kurze) Buch. Wir lernen zwei Menschen kennen, die sich beim Tanzen ineinander verlieben und doch noch am gleichen Abend verlieren. Den Mann führt eine Spur zu einem Gemälde, das die Geschichte einer unglücklichen Liebe erzählt. Und dort trifft er auf eine Frau, die ebenfalls auf der Suche nach ihrem Liebsten ist. Wie aber hängen diese Geschichten miteinander zusammen? Das erfahren wir natürlich erst ganz am Schluss.
Bis Elia Barceló uns ihre Aufklärung präsentiert, erzählt sie in gefühlvollen Worten von einer einzigartigen, aber doch so unglücklichen Liebe. Obwohl das Buch so kurz ist, hat man beim Lesen das Gefühl, als würde man Natalia gut kennen lernen. Elia Barceló weiht uns in Natalias geheimste Gedanken und in ihre chaotische Gefühlswelt ein, wir sind ihr ganz nah und leiden hautnah mit. Es bricht einem fast das Herz, als sie den falschen Mann heiraten muss und ihren Liebsten doch so nah vor Augen hat. Mit nur wenigen Worten versetzt uns Elia Barceló eindrucksvoll in die bunte und fremdartige Welt von Buenos Aires, in der der Tango zuhause ist. Der Tango verbindet alle Protagonisten – nur einer fällt hier aus dem Rahmen, da er nicht tanzen kann und eigentlich nicht zur Geschichte gehören sollte, und das ist ausgerechnet Natalias Ehemann.
Elia Barceló schafft es eindrucksvoll, uns ihre Charaktere näher zu bringen und uns in jede Szene hineinzuversetzen. Sie entführt uns in das Jahr 1920, wo Natalia ihre schicksalhafte Ehe schließen muss. Beim Lesen versinkt man völlig in der Geschichte und vergisst die eigene Welt um einen herum.
Das einzige Manko von „Das schwarze Brautkleid“ ist die Kürze des Buches. In der Kürze liegt zwar bekanntlich die Würze, doch ich hätte gerne noch viel mehr über die Menschen erfahren, mehr mit ihnen gelitten und mehr mit ihnen erlebt, zumal ich weiß, wie grandios Elia Barceló ihre Geschichten auch in der Breite entfalten kann. „Das schwarze Brautkleid“ aber ist klein und fein – ein Kleinod in der oft so durchschnittlichen Bücherwelt und sollte unbedingt von allen Liebhabern von guten und ziemlich unkitschigen Liebesromanen entdeckt werden.
… der herrscht bei Anne und Hella, die gemeinsam mit der 33-jährigen Daniela im imposanten Vorzimmer von Dr. Heimer arbeiten und so allerlei Geschichten im Büro und mit ihren Kollegen erleben. Daniela arbeitet seit der Geburt ihrer zweiten Tochter nur noch vormittags, doch das ist Hella und Anne immer noch lieber als die unbeliebte und einschleimende Schwangerschaftsvertretung. Zu dritt lästern sie gern über ihre Chefs und vor allem über die Leiterin der Finanzabteilung Evelyn Sauher-Seidel, die sich mit all ihren Äußerungen und ihrem penetranten Aufforderungen im gesamten Kollegenkreis nicht eine Freundin macht. Doch auch Hella, die nach ihrer Scheidung für ihre Kolleginnen kein nettes Wort übrig hat, heißt hinter ihrem Rücken nur „Hella Wahnsinn“. Besonders auf Mai Schubert hat sie es abgesehen – eine ausgesprochen attraktive Thailänderin. Ausgerechnet bei deren Hochzeit hat nämlich ihr eigener Ehemann eine neue Frau kennen gelernt und Hella kurzerhand verlassen. Das hat Hella immer noch nicht überwunden und gibt nach wie vor Mai dafür die Schuld.
Nur noch Anne hält zu Hella, doch als diese erfahren muss, dass Hella eine ganz besondere E-Mail von ihrem Schwarm Simon Moninger aus der Grafikabteilung aus völlig egoistischen Gründen gelöscht hat – und das, obwohl Hella doch genau weiß, dass Anne mehr als nur ein Auge auf Simon geworfen hat – droht der einstigen Freundschaft das Aus. Hella wird immer mehr abgekanzelt und verscherzt es sich schlussendlich bei einer Fahrstuhlpanne mit der einzigen Person, die noch zu ihr hält, obwohl sie diesen Mann doch eigentlich ausgesprochen attraktiv und anziehend findet …
Und so muss Hella, nachdem sie all ihre Fehler vor Augen gehalten bekommen hat, versuchen, ihre Freundschaften zu retten. Doch ob es dafür nicht schon zu spät ist …??
_Der ganz normale Wahnsinn_
Sigrid Konopatzki und Sylvia Filz schildern in ihrem zweiten gemeinsamen Roman den nicht ganz alltäglichen Büroalltag, der ganz dominiert ist von Frauen, die zwar gemeinsam arbeiten, aber doch allerlei Fehden austragen und sich manchmal am liebsten die Augen auskratzen würden. Da gibt es in der Tat die ganz klassisch klischeebesetzten Oberzicken, die kein gutes Haar an ihren Kolleginnen und Chefs lassen können. Aber daneben gibt es natürlich auch ausgesprochen sympathische Frauen, wie z. B. Anne, die sich nichts mehr wünscht als den richtigen Mann an ihrer Seite. Und den scheint sie in Simon Moninger auch gefunden zu haben – zumindest weiß bereits die gesamte Belegschaft, dass sie „heimlich“ in ihn verliebt ist. Aber es will nicht so recht klappen mit den beiden – zumal sich dann auch noch Hella einschaltet und die aufkeimende Liebe zwischen den beiden torpediert. Anne ist eine Frau ganz aus dem Leben gegriffen, die sehr sympathisch rüberkommt und der man von ganzem Herzen wünscht, dass sie mit Simon glücklich werden wird. Ganz nebenbei wimmelt sie auch noch einen ungeliebten Verehrer ab (der eigentlich aber sehr nett ist) und verkuppelt ihn kurzerhand mit einer Kollegin, die in Annes unerwünschtem Verehrer den Mann fürs Leben findet. Obwohl Anne immer eine Spitze gegen Evelyn Sauher-Seidel auf den Lippen hat, bleibt sie anderen Kolleginnen und ihren Chefs gegenüber doch loyal und sammelt dadurch immer mehr Sympathiepunkte.
Ganz im Gegensatz zu Hella, die einem zu Beginn eigentlich von einer Szene zur nächsten immer unsympathischer wird, da sie nichts anderes kann als lästern und da sie immer nur an sich selbst denkt. Und dabei ist sie doch im Grunde genommen einfach nur eine sehr unglückliche Frau, die immer noch der gescheiterten Ehe hinterher trauert und die Schuld an diesem Verlust auf andere abwälzen will, weil sie nicht die Kraft hat, die Fehler bei sich selbst zu suchen. Hella macht in dem Buch die wohl größte Wandlung durch, denn zunächst wirkt sie wie die selbstbewusste Frau, die alles kann und alles besser weiß und daher allen Grund hat, über andere nur zu lästern, doch dann fällt sie so tief, dass sie zunächst gar nicht weiß, wie sie sich aus dieser Grube wieder herausschaufeln soll. Mit aller Kraft versucht sie, ihre Fehler wieder gutzumachen und sich zu besser. Ob ihr das wohl gelingen wird?
Jede einzelne Figur in diesem Buch bringen die beiden Autorinnen einem so nah, dass man sie bildhaft vor Augen hat. Und dabei können die beiden aus einem großen eigenen Erfahrungsschatz schöpfen. Und so zeichnen sie Figuren, die aus dem Leben gegriffen wirken und sehr menschliche Eigenarten besitzen. Es sind Figuren wie du und ich, sodass man sich sofort in die Geschichte hineinversetzt fühlt, weil sie tatsächlich genauso im Büro um die Ecke passieren könnte.
_Herzerfrischend_
Wie schon in ihrem gelungenen Debütroman überzeugen die beiden Autorinnen durch ihren (herz-)erfrischenden Schreibstil. Ihre Geschichte kommt aus dem Herzen, die beiden sind mit all ihrem Herzblut dabei und das merkt man ihrem Buch auch an. Sigrid Konopatzki und Sylvie Filz haben einen lebendigen Schreibstil, der einen von der ersten Seite an mitreißt und einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Die beiden Autorinnen unterhalten einen nicht nur von der ersten bis zur (viel zu schnell kommenden) letzten Seite, sondern sie erwärmen einem auch das Herz dabei. Natürlich sind Frauen die eindeutige Zielgruppe für dieses Buch, aber das ist auch gut so, denn so können die beiden Autorinnen sich ganz darauf konzentrieren, diese Zielgruppe bestens zu bedienen.
Selten fühle ich mich beim Lesen in einer Geschichte so wohl, selten fühle ich so mit den Charakteren mit und habe das Gefühl, am Ende gute Freundinnen verlassen zu müssen, wie in diesem Buch. Es ist eine herzerwärmende Geschichte, die natürlich auch das eine oder andere Happy End bereit hält, aber das ist auch gut so, denn eine Katastrophe am Ende würde man den Autorinnen nach der schönen, amüsanten, aber auch durch die menschlichen Schicksale realistischen Geschichte wohl übel nehmen. Was die beiden auszeichnet, ist, dass sie genau die richtige Mischung finden aus realistischen Schicksalen, die einem ans Herz gehen, und Geschichten, die gut ausgehen. Denn es ist beileibe nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen in „Bürozicken“, eine Kollegin hat zuhause ein schweres familiäres Schicksal zu tragen, das sie sich – im Gegensatz zu Hella – auch nicht selbst eingebrockt hat, aber das ihr schwer zusetzt.
_Zickig, aber genial_
Sigrid Konopatzki und Sylvia Filz haben mich auch mit ihrem zweiten gemeinsamen Roman schlichtweg begeistert. Im Nu hatte ich das Buch durchgelesen, weil ich völlig die Zeit dabei vergessen hatte. Ich war völlig in der Erzählung versunken und habe beim Lesen ganz tolle und spannende Charaktere kennen gelernt, von denen ich mich nur schwer verabschieden konnte. Von diesen beiden Autorinnen möchte man auf jeden Fall noch mehr lesen!
Wolfram Fleischhauer dürfte zurzeit einer der vielseitigsten deutschen Autoren sein. Immer wieder erobern seine Bücher die Bestsellerlisten – egal, aus welchem Genre sie denn stammen. Seit mich sein Roman „Drei Minuten mit der Wirklichkeit“ nachhaltig tief beeindruckt hat, wage ich immer wieder einen neuen Versuch und führe mir all seine Neuerscheinungen zu Gemüte. Mit „Torso“ hat er nun das Thrillerparkett betreten – dieser Spannungsroman spielt in Berlin und lässt seinen Lesern schnell einen Schauer über den Rücken laufen …
_Halb Mensch, halb Tier_
In einem leer stehenden Berliner Hochhaus macht die Polizei einen grausigen Fund – einen Torso bestehend aus halb Frau, halb Tier erschüttert selbst den erfahrenen Hauptkommissar Martin Zollanger. Der erste grausige Fund ist noch nicht verdaut, da taucht schon der nächste Torso auf – wieder eine makabre Kombination aus Mensch und Tier. Beide Torsi wirken wie einem schrecklichen Gemälde entsprungen – will der Täter damit eine Botschaft loswerden?
Zur gleichen Zeit versucht die junge Elin, Zollanger zu erreichen. Sie glaubt nicht an den Selbstmord ihres Bruders und will erreichen, dass die Ermittlungen wieder aufgenommen werden. Konsequent verfolgt sie die Spuren ihres Bruders, gräbt in seinen Arbeitsunterlagen und deckt dabei – ohne es zu merken – einen Skandal unfassbarer Tragweite auf. Bevor sie es sich versieht, wird sie zur Zielscheibe mächtiger Personen, die rücksichtslos ihre eigenen finsteren Machenschaften vertuschen möchten.
Auch ein dritter Torso führt die Polizei nicht auf eine heiße Spur. Doch Hauptkommissar Zollanger, ein ehemaliger Volkspolizist der DDR, benimmt sich immer merkwürdiger und immer auffälliger. Was hat er zu verbergen? Und wieso weicht er Elin aus? Fleischhauer wirft Fragen über Fragen auf, die einen wohl in Bann ziehen sollen.
_Etwas Neues wagen_
Wolfram Fleischhauer ist dafür bekannt, dass er nicht auf ein Genre festgelegt ist, genau das macht seine Bücher immer wieder überraschend, weil man nie genau weiß, was einen erwartet. Auch „Torso“ ist auf dem Buchdeckel ganz zurückhaltend als Roman bezeichnet, obwohl der Klappentext das Buch ganz klar als Thriller ankündigt. Doch auch wenn die Berliner Polizei drei schrecklich angerichtete Torsi findet, ist das Buch doch kein klassischer Thriller. Stattdessen versucht Fleischhauer, seinem Buch wieder die besondere Note zu geben. „Torso“ handelt von einem Finanzskandal, wie er kaum vorstellbar ist, wie er aber doch auch gut zu der desaströsen finanziellen Situation der deutschen Hauptstadt passt. Diese Grundidee ist nicht per se schlecht, doch leider konnte mich Fleischhauers Umsetzung in keinster Weise überzeugen:
Zunächst beginnt „Torso“ wie ein klassischer Spannungsroman, nämlich mit einem Leichenfund bzw. dem Fund von Leichenteilen. Dann macht Fleischhauer einen zweiten Handlungsstrang auf, der uns die Geschichte von Elin erzählt, die herausfinden will, was mit ihrem Bruder geschehen ist. Üblicherweise steigern verschiedene, parallel verlaufende Handlungsstränge ja die Spannung, wenn der Autor es schafft, an der richtigen Stelle die Szenerie zu wechseln. Doch dieses Mal bremsen die vielen Nebenschauplätze die Spannung völlig aus. Zu viel erzählt Fleischhauer drum herum, berichtet davon, dass Elin sich weigert, Bargeld zu nutzen und dass sie immer nur mit dem Fahrrad fährt und dass sie mal auf der Straße gelebt hat. Er erzählt von ihrem Bruder, was er beruflich gemacht hat, welche Freundin er zuletzt gehabt hat und und und. Kurz darauf stellt er uns eine weitere Hauptfigur vor, nämlich den Finanzmann Zieten, der ziemlich düstere Machenschaften am Laufen hat. In aller Ausführlichkeit präsentiert er uns den Karrieremann und seine Frau und lässt schließlich Zietens Tochter Inga entführen. Diese findet sich dann in einem Versteck wieder, wo ein als Mönch verkleideter Mann sie gefangen hält, der ihr aber wiederum auch erlaubt, ihr Zimmer zu verlassen. Fleischhauer berichtet lang und breit, was Inga beruflich macht und dass sie doch glatt denkt, dass diese Entführung Teil eines Vorstellungsgespräches als Test ihrer Reaktion sein könnte, bla, bla, bla. All dieses Drumherum mit Inga hat rein gar nichts mit dem eigentlichen Fall zu tun, diese Entführung verläuft komplett im Sande und man hat irgendwann das Gefühl, dass Fleischhauer selbst nicht mehr wusste, wozu er diese Entführung überhaupt eingebaut hat. Immer häufiger lässt Fleischhauer dann anklingen, dass Zollanger in der DDR als Volkspolizist gearbeitet hat und mit der Wende nicht klarkommt. Er macht Andeutungen über Zollangers physischen und psychischen Gesundheitszustand. Und plötzlich findet der Hauptkommissar selbst sich im Zentrum der Ermittlungen wieder.
Ich konnte diesen Ausführungen irgendwann gar nicht mehr folgen. Zu konfus zieht Fleischhauer seine Geschichte auf. Er erklärt uns recht schnell, was Zieten zu verbergen hat, wodurch auch schnell klar wird, aus welchen Gründen Elins Bruder sterben musste. Aber immer denkt man als Leser, da müsse jetzt „noch etwas Besonderes“ kommen, ein Knalleffekt, mit dem man nicht gerechnet hat, das große Aha-Erlebnis. Aber im Grunde genommen hat Fleischhauer nicht mehr zu erzählen, als er auf der Hälfte seines Buches schon verraten hat … Zwar wagt er am Ende noch mal den tiefen Griff in die Trickkiste, indem er einen eigentlich doch schon Toten wieder „auferstehen“ lässt, aber das nimmt man eigentlich nur noch mit einem müden Lächeln zur Kenntnis.
_Zerstückelt_
Ebenso zerstückelt, wie die Berliner Polizei die Leichenteile vorfindet, empfand ich das vorliegende Buch. Obwohl „Torso“ zunächst wie ein klassischer Thriller beginnt, dreht sich die Geschichte schließlich doch schnell um einen dicken Finanzskandal. Den wiederum deckt Fleischhauer aber so schnell auf, dass seiner Erzählung komplett die Luft ausgeht. Zudem schmückt er seine Erzählung mit allzu vielen Nebensächlichkeiten aus, die die Geschichte rein gar nicht voranbringen und damit auch oft wenig zu tun haben. Manchmal hat man beim Lesen das Gefühl, dass der Autor sich zwischenzeitlich selbst gar nicht mehr sicher war, was er eigentlich mit seinem Buch bezwecken will und in welche Richtung es sich entwickeln soll. Weder ist das Buch spannend, noch kann es mit interessanten Charakteren aufwarten. Schade, aber „Torso“ ist leider ein echter Fehlgriff, das kann Fleischhauer definitiv besser!
|Hardcover: 432 Seiten
Mit Schutzumschlag und Lesebändchen
ISBN-13: 978-3-426-19853-7|
[www.droemer.de]http://www.droemer.de
_Wolfram Fleischhauer bei |Buchwurm.info|:_
[„Das Buch, in dem die Welt verschwand“ 265
[„Das Buch, in dem die Welt verschwand“ (Hörbuch) 2047
[„Die Verschwörung der Engel“ 2612
[„Schule der Lügen“ 3449
[„Der gestohlene Abend“ (Hörbuch) 5415
Marathon – das ist Adrenalin pur. 42,195 km voller Anstrengung, Kampf gegen den inneren Schweinehund, aber auch voller Glücksgefühle, wenn die eigenen Beine einen schließlich die gesamte Strecke bis ins Ziel tragen. Einer der traditionellsten Marathonläufe ist der in Boston, der seit 1897 einmal im Jahr – am sog. Patriot’s Day im April – stattfindet. Rund um diesen geschichtsträchtigen Lauf hat der deutsche Autor Frank Lauenroth seinen packenden Thriller „Boston Run“ angesiedelt, der nun auch in einer ungekürzten Hörbuchfassung, gelesen von Johannes Steck, erhältlich ist.
_Auf Droge_
Mittelpunkt der Geschichte ist der Hobbyläufer Brian Harding, der dank einer ausgeklügelten Droge den legendären Boston Marathon gewinnen möchte. Eigentlich ist er nicht mehr als ein Durchschnittsläufer, doch sein Freund Christopher Johnson hat ein Dopingmittel entwickelt, das dem Läufer Kraft und Ausdauer schenkt und sich im Laufe des Marathons abbaut. Direkt nach der Ziellinie lässt sich das Mittel im Blut nicht mehr nachweisen, sodass Harding den Dopingkontrollen bedenkenlos entgegen blicken kann.
Getarnt als Fred Longer geht Harding ins Rennen. Durch die Droge aufgeputscht, kann er den Start gar nicht erwarten und möchte das Rennen am liebsten von vorne weg in Angriff nehmen, doch weiß er aus eigener bitterer Erfahrung, dass er es nicht übertreiben darf. Denn jede (Über-)Anstrengung führt dazu, dass sich das Mittel schneller abbaut und könnte dazu führen, dass es nicht bis ins Ziel reicht. So ist es ihm in Berlin passiert, wo er zu schnell ins Rennen gegangen ist und kurz vor dem Ziel eingebrochen ist und viele Läufer passieren lassen musste. Das soll sich in Boston nicht wiederholen.
Per Funk hält er Kontakt zu seinem Freund Christopher, der ihn immer wieder bremsen muss, denn das Mittel macht Harding extrem übermütig. Doch dauert es nicht lange, bis Christopher sich einem viel kritischeren Problem stellen muss: Sein ehemaliger Arbeitgeber, die NSA, hat erfahren, dass er in der Stadt ist und den Boston Marathon aufmischen will. Schnell ist die NSA ihm dicht auf den Spuren, da sie noch eine Rechnung mit ihm offen hat: Denn eigentlich hatte er die Droge im Auftrag der NSA entwickeln sollen, doch bevor die Formel dafür ausgereift war, hat Christopher nach einem Schicksalsschlag die NSA verlassen und all seine Forschungsergebnisse mitgenommen. Angeführt von Rachel Parker rückt das Team der NSA dem ehemaligen Kollegen schnell immer dichter auf die Pelle, bis dieser zu einem letzten Rettungsanker greifen muss …
Brian Harding alias Fred Longer spult derweil Kilometer um Kilometer ab. Als die NSA jedoch davon ausgehen muss, die Formel für die Wunderdroge nur noch in seinem Blut zu finden, beginnt eine atemberaubende Hatz auf den Marathonläufer – immer live verfolgt von Fernsehkameras, da Longer sich inzwischen an die Spitze des Feldes gesetzt hat und entsprechend große mediale Aufmerksamkeit erhält. Die Anschläge auf den Läufer werden allerdings immer perfider, immer gefährlicher, sodass Longer nicht nur fürchten muss, dass sich das Wundermittel in seinem Blut zu schnell abbaut, sondern dass die NSA ihn noch vor der Ziellinie schnappen kann …
_Atemlose Hatz_
Das Hörbuch von „Boston Run“ verspricht 345 Minuten Hochspannung. Obwohl die Lesung ungekürzt ist, gibt es keinerlei Längen. Die Geschichte setzt direkt vor dem Start zum Boston Marathon an, wenn Brian Harding sich das Wundermittel spritzt und sich in Fred Longer verwandelt. Und schon fiebert man als Zuhörer genau wie Longer dem bevorstehenden Start entgegen. Zunächst spaltet sich die Geschichte in zwei Handlungsstränge auf: Einmal begleiten wir Fred Longer auf seinem Weg vom Start in Hopkinton nach Boston und werden Zeuge seiner Gespräche mit Christopher Johnson. Hier erfahren wir recht schnell, mit welchen Mitteln Longer den Marathon gewinnen und auf sich aufmerksam machen will. Und wir hören, welche Ziele Johnson verfolgt, um sein Mittelchen zu Geld zu machen. In einem zweiten Handlungsfaden betreten wir das Studio des regionalen Fernsehsenders, der live vom Boston Marathon berichtet und alle wichtigen Läufer genau unter die Lupe nimmt. Den zwei Kommentatoren entgeht nichts und so werden sie auch schnell auf den ungewöhnlichen Läufer Fred Longer aufmerksam, von dem sie vorher noch nie etwas gehört hatten. Schnell kommt ein dritter Handlungsstrang hinzu, der sich um die NSA dreht. Hier werden wir Zeuge, wie Rachel Parker ihrem ehemaligen Kollegen Johnson auf die Spur kommt und recht schnell eine Ahnung davon hat, wo dieser sich verstecken könnte.
Im Laufe der Geschichte wechseln wir zwischen diesen einzelnen Handlungssträngen hin und her, werden mal Zeuge, wie die NSA Christopher Johnson umkreist und wie dieser die Gespräche über Funk mit seinem Freund Brian Harding einstellen muss, erfahren dann, wie die Fernsehreporter das spannende Geschehen beim Marathon beurteilen und müssen schließlich miterleben, wie Fred Longer – komplett auf sich allein gestellt – den perfiden Angriffen der NSA ausweichen muss. Passend zum Marathon, wo die Spitzenläufer immer mal wieder das Tempo erhöhen und an ihren Konkurrenten vorbeiziehen, schlägt auch Frank Lauenroth ein immer höheres Tempo an. In rasantem Wechsel springen wir von einer Szenerie zur nächsten und müssen diesen Schauplatz dann meist im spannendsten Moment wieder verlassen, weil Lauenroth uns zur nächsten Szene mitreißt. Zeit zum Luftholen bleibt kaum, Zeit für eine Hörpause erst recht nicht. Hat man das Hörbuch einmal begonnen und ist in der Geschichte versunken, möchte man die 345 Minuten am liebsten am Stück hören. Und eins ist sicher: Dafür benötigt man nicht ansatzweise so viel Ausdauer wie für einen Marathon, zumal uns Frank Lauenroth im Ziel seines Romans mit einem fulminanten Ende belohnt, das dem Zuhörer mit großer Sicherheit ein Lächeln ins Gesicht zaubern dürfte.
Auch die Figuren gefallen gut. Da wäre einmal der Hobbyläufer Brian Harding, der nun den Höhepunkt seiner Sportlerkarriere vor Augen hat – den Sieg bei einem großen Marathon. Diesen Wunsch kann ihm wohl jeder Hobbyläufer nachfühlen, auch wenn man selbst froh wäre, überhaupt die ganze Strecke durchhalten zu können. Und so fiebert man von Minute zu Minute immer mehr mit Harding mit. Er wird nicht nur für die Fernsehreporter zum Liebling des Tages, sondern auch zum Helden für den Zuhörer, da er immer wieder den Anschlägen der NSA ausweichen muss. Ihm gegenüber steht der Tüftler Christopher Johnson, der extrem intelligent ist und entsprechend das Zeugs dafür hat, eine solche Wunderdroge zu entwickeln. So wundert es nicht weiter, dass er menschlich etwas unnahbar wirkt, da Lauenroth ihn eben verständlicherweise als „Laborratte“ charakterisiert. Die dritte Hauptfigur ist Rachel Parker, die ganz offensichtlich noch eine Rechnung mit ihrem ehemaligen Kollegen offen hat und die ihn an dem Tag des Marathons daher unbedingt finden und zur Rede stellen will. Als dies nicht mehr möglich scheint, macht sie umso erbarmungsloser Jagd auf Fred Longer, was sie als ziemlich taffe und rücksichtslose Karrierefrau wirken lässt. Doch so eindimensional, wie es scheinen mag, ist Rachel Parker gar nicht. Aber hierzu möchte ich nicht mehr verraten außer, dass Frank Lauenroth uns im Laufe der Geschichte noch zeigen wird, wie sehr der erste Schein bei Rachel Parker trügt.
_(Hochge-)Steck(t)_
Johannes Steck ist mir als Hörbuchsprecher bereits bekannt, da er nicht nur die spannenden Romane von Simon Beckett eingelesen hat, sondern auch zahlreiche Romane von Markus Heitz. Sein Name weckt daher hohe Erwartungen, doch diese kann er vollauf erfüllen! Gekonnt schlüpft er in die verschiedenen Rollen, spricht den konsequent laufenden Fred Longer genauso überzeugend wie den eigenbrötlerischen Christopher Johnson oder die aufgeregte Fernsehreporterin. Am beeindruckendsten fand ich Stecks schauspielerische Leistung immer dann, wenn wir ins Fernsehstudio geschaltet haben und er den Dialog zwischen den beiden Fernsehkommentatoren (eine weiblich, einer männlich) nachgesprochen hat – und wer häufig Sportereignisse im Fernsehen verfolgt, weiß, wie übertrieben aufgeregt, genau analysierend und beschreibend die Kommentatoren reden. Dies überzeugend – auch noch in wechselnden Rollen zweier Kommentatoren – nachzuspielen, ist sicherlich alles andere als einfach. Daher Hut ab vor Johannes Steck, der diese schwierigen Sprechsituationen bestens meistert und genau die angespannte Stimmung bei solchen Sportereignissen nachstellt. Sehr routiniert verleiht er all den verschiedenen Rollen seine Stimme und überzeugt dabei auf ganzer Linie. Seinem Vortrag merkt man an, dass er sein Fach (nämlich das Schauspielern) gelernt hat!
_Am Ziel_
Das vorliegende Hörbuch zum ohnehin schon sehr spannenden „Boston Run“ hat mich begeistert. Johannes Steck trägt auch schwierige Sprechrollen überzeugend vor und schafft es, in seinem Vortrag stets die richtigen Töne zu treffen und die passende Stimmung zu erzeugen. Beim Zuhören kann man vollkommen in der Geschichte versinken und sich von Steck nach Boston entführen lassen. Die fünf CDs sind viel zu schnell durchgehört!
|5 Audio-CDs
Spieldauer: 345 Minuten, 73 Tracks (ungekürzt)
Gelesen von Johannes Steck
ISBN: 978-3-941297-09-8|
[www.sportwelt-verlag.de]http://www.sportwelt-verlag.de
Eine Hörprobe bietet der Verlag [hier]http://www.sportwelt-verlag.de/Leseproben/Boston%20Run%20Demo.mp3 an.
Zu bestellen ist das Hörbuch beim Verlag unter [dieser Adresse]http://www.sportwelt-verlag.de/buechershop/product_info.php?info=p29_Boston-Run—8211–Der-Marathon-Thriller–Hoerbuch-.html
_Frank Lauenroth bei |Buchwurm.info|:_
[„Simon befiehlt“ 2478
[„Boston Run“ 5434
Endlich Nachschub von David Safier – so dachte ich, als ich „Happy Family“ per Post bekommen habe. Seit „Mieses Karma“ kann ich es kaum erwarten, wenn Safier ein neues Buch auf den Markt bringt, das ich dann wieder im Handumdrehen verschlingen kann. Und so war es auch bei seinem neuesten Werk, das wieder einmal nur zwei Tage angehalten hat, weil ich es – einmal angefangen – nicht mehr aus der Hand legen konnte.
_Wünsch dir was_
Emma Wünschmann besitzt eine kleine Buchhandlung, die mehr schlecht als recht läuft und eigentlich keine Gewinne abwirft. Dennoch hält sie treu an ihrer Angestellten Cheyenne fest, mit der sie sich so gut versteht, die sie aber eigentlich gar nicht bezahlen kann, weil im Laden die Kundschaft ausbleibt und Emma die Arbeit daher auch ganz alleine schaffen würde. Und dabei hatte Emmas Karriere in einem Verlag doch so viel versprechend begonnen – sogar eine aussichtsreiche Stelle im Ausland hatte sie angeboten bekommen, doch dann hatte sie Frank kennen gelernt und war ganz fix schwanger geworden, sodass sie die Stelle an ihre Kollegin Lena abtreten musste. Und genau diese Lena betritt eines Tages Emmas Laden und erzählt ihrer alten Kollegin von all ihren beruflichen Erfolgen. Emma ist grün vor Neid, will ihrer Konkurrentin aber unbedingt vorführen, wie glücklich sie stattdessen mit ihrer Familie ist. Und so geht Familie Wünschmann abends gemeinsam zu einer Lesung mit Stephenie Meyer – alle in Monsterkostümen verkleidet, obwohl die Lesung gar keine Kostümparty ist …
Entsprechend schlecht ist die Stimmung auf dem Nachhauseweg – Tochter Fee in Mumienkostüm schreibt eine SMS nach der anderen und muffelt alle anderen an, Vater Frank, als Frankensteins Monster verkleidet, ist eigentlich viel zu k. o., um sich aufzuregen, da sein Job ihn unglaublich in Anspruch nimmt, und Sohn Max in seinem Werwolfkostüm denkt an seinen Schwarm Jaqueline, die ihn leider gar nicht ernst nimmt und ihn ins Schulklo getaucht hat. Unterwegs platzt Emma der Kragen – hat sie doch ihre Karriere für diese Familie aufgegeben, mit der sie sich nun ständig herumärgert. Sie rast auf den Bürgersteig und fährt dabei fast eine alte Frau um – die Hexe Baba Yaga, die Familie Wünschmann kurzerhand in Monster verwandelt, denn sie möchte Graf Dracula eine Vampirin als Weggefährtin an die Seite geben – und dies ist Emma Wünschmann in ihrem Vampirskostüm.
Auch als echte Monster hat Familie Wünschmann erstmal nichts Besseres zu tun, als zu streiten. Einig sind sie sich nur in einem – sie wollen schleunigst ihre alten Körper zurück. Obwohl: Auch da ist Söhnchen Max sich eigentlich gar nicht so sicher, sieht er als Werwolf doch die Möglichkeit, endlich mal etwas Mut zum Abenteuer zu entwickeln, während er als Menschenjunge bloß ein schlauer und verschüchterter 12-Jähriger ist.
Um ihre alten Körper zurückzuerlangen, verfolgen die Wünschmanns Baba Yaga durch Europa – Ziel der Reise ist Transsilvanien. Als Fortbewegungsmittel dient der alte Hippiebus von Emmas Freundin Cheyenne. Mit dabei ist auch Jaqueline, die zunächst nichts Besseres zu tun hat, als Max weiterhin aufzuziehen und zu demütigen. Unterwegs begegnen die Wünschmanns Graf Dracula, der unbedingt mit Emma anbandeln will, um viele Vampire in die Welt zu setzen. Emma fühlt sich geschmeichelt, zumal Cheyenne abenteuerliche Geschichten über Draculas Bettkünste erzählen kann. Die Reise führt natürlich nicht auf direktem Weg nach Transsilvanien, einen Zwischenstopp legen die Wünschmanns – nicht ganz freiwillig allerdings – in Ägypten ein, wo sie dem wütenden Pharao Imhotep begegnen, der die Wünschmanns zur Strecke bringen will. Und so gilt es, einige Abenteuer zu überstehen – Ziel ist es jedoch, als Familie wieder das gemeinsame Glück zu entdecken, nur dann kann Baba Yagas Fluch überwunden werden …
_Verflucht seid ihr, oh Unglückliche_
In seinem vierten Roman erinnert David Safier sich offensichtlich wieder an alte Zeiten, denn genau wie in seinem fulminanten Debüt werden Menschen in andere Kreaturen verwandelt und müssen ihr Glück (bzw. im ersten Buch war es eben gutes Karma) erlangen, um wieder zum Mensch werden zu können. Aber wie nicht anders zu erwarten war, ist der Weg dorthin alles andere als geradlinig. Und so muss Familie Wünschmann auch hier alle möglichen Abenteuer überstehen, Widersacher ausschalten und vor allem Familienzwistigkeiten ausfechten. Denn das gemeinsame Schicksal schweißt sie nicht etwa näher zusammen, sondern entzweit die Wünschmanns zunächst viel weiter. Alle geben Emma die Schuld für den Fluch, da sie es war, die die alte Hexe beleidigt und damit ihren Zorn auf sich gezogen hat. Emma dagegen verflucht ihre Familie, da sie unglücklich ist mit ihrem Leben und ihrer Familie die Schuld dafür gibt. Frank ist völlig desillusioniert. Seine Arbeit hat ihm bereits die letzte Kraft geraubt und so sieht er hilflos allen Streitereien zu, da er keine Kraft mehr hat, sich zu engagieren und sich mit Emma zu versöhnen.
David Safier greift mal wieder in seine Trickkiste der besten Kuriositäten, er spielt mit einer Absonderlichkeit nach der anderen, lässt schier unglaubliche Dinge geschehen und erwärmt damit wieder einmal das Herz seiner Leser. Praktisch auf jeder Seite zaubert er einem ein Lächeln ins Gesicht, da man so sehr mit dieser chaotischen Familie mitfühlt und über die erlebten Geschichten lacht. Safier hat ein unglaubliches Geschick zum Formulieren und versteht es grandios, ganz nebenbei die witzigsten Episoden zu präsentieren. Nie ist sein Wortwitz aufdringlich, ganz im Gegenteil, fast hat man das Gefühl, man könnte seine Witze verpassen, wenn man nicht aufmerksam genug liest, da die lustigsten Dinge wirklich im „Vorbeigehen“ passieren. In diesem Buch spielt er vor allem mit Jaquelines beschränktem Verstand und Max‘ Schläue, denn Jaqueline versteht praktisch alles falsch, da sie keine Ahnung von irgendwas hat, aber der kleine Max denkt dafür so verquer und so deutlich seinem Alter voraus, dass man einfach nur über den kleinen Mann lachen muss.
In puncto Wortwitz steht das vorliegende Buch dem „Miesen Karma“ kaum in etwas nach, aber irgendwie ist Safiers Erstlingswerk immer wieder die Messlatte für alle anderen seiner Bücher, da er einfach gleich mit einem fast schon perfekten Buch bekannt geworden ist. „Happy Family“ schrammt aber aus meiner Sicht nur ganz knapp an Safiers Debüt vorbei, denn dieses Mal hat er mich wieder einmal von der ersten bis zur allerletzten (viel zu schnell kommenden) Seite blendend unterhalten.
_Schräge Charaktere_
Im Mittelpunkt steht die Familie Wünschmann – allen voran die frustrierte Emma, die mit sich und ihrem Leben unzufrieden ist, aber allen beweisen möchte, dass sie in ihrer Familie ihr Lebensglück gefunden hat. Doch ihre Kinder bringen ihr keine Liebe entgegen, mit Tochter Fee zofft sie sich am laufenden Band und Söhnchen Max macht seine Probleme mit sich alleine aus, da er der Meinung ist, dass seine Schwester der Liebling seiner Mutter ist und sie ihn eigentlich gar nicht mag. Familienvater Frank ist so mit seinem Job beschäftigt und von ihm eingenommen, dass er für seine Familie und deren Probleme weder Zeit noch Geduld aufbringen kann, und so wirkt er völlig phlegmatisch. Emma mit all ihrem Unglück gefiel mir extrem gut, zumal man sie streckenweise doch gut verstehen kann. Tochter Fee steckt mitten in der Pubertät und möchte ihren großen Schwarm für sich gewinnen, erfährt dank ihrer neuen Hypnosefähigkeiten allerdings, dass dieser gar nicht auf sie steht und nur mit ihr gespielt hat. Das deprimiert sie weiter, zumal sie gar nicht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Das sind die typischen Probleme eines Teenagers – bei Safier natürlich ein wenig überzeichnet, aber doch so authentisch, dass Fee dem Leser echt leidtun kann. Aber auch Max sammelt einen Sympathiepunkt nach dem anderen. Er ist der Intelligenzbolzen der Familie und muss daher in der Schule einiges einstecken. Keiner versteht ihn, da er in ganz anderen Sphären denkt als alle anderen. Und selbst als Werwolf ist er doch nur ein ängstliches Hündchen – einfach zu goldig!
Einzig Frank hat mir nicht gefallen. Als Frankensteins Monster ist sein IQ dermaßen geschrumpft, dass er sich nur noch grunzend artikulieren kann und aufmalen muss, was er seiner Familie mitteilen möchte. Seine Probleme in Job und Familie bleiben daher ziemlich diffus, da er sich nicht mitteilen kann und man ihn deswegen nicht versteht.
Glorreich dagegen ist Cheyenne, die schon alles Mögliche erlebt hat und vor allem gerne von ihren sexuellen Eskapaden in allen Details berichtet – herrlich komisch!
_Eine schrecklich nette Familie_
„Happy Family“ ist ein echtes Feel-Good-Buch. Mit jeder Zeile muntert Safier einen auf, bringt einen zum Lachen und unterhält einen blendend. Das Buch ist herrlich komisch geschrieben, sprüht vor Wortwitz und überzeugt – bis auf eine winzige Ausnahme – auch in der Charakterzeichnung. Die Familie Wünschmann ist so herrlich komisch und doch auch völlig normal, dass man ihre Probleme nur zu gut nachfühlen kann, aber doch auch ständig wieder darüber lachen muss, weil David Safier es schafft, die Probleme so überspitzt darzustellen. Zwar reicht das vorliegende Buch nicht ganz an Safiers Erstling heran, dennoch kann ich das Buch auch all denen nur ans Herz legen, die bislang von David Safier nichts gelesen haben. Das Buch unterhält auf hervorragende Weise, sodass ich schon jetzt wieder Safiers nächstem Werk entgegenfiebere.
Jean-Christophe Grangé – diesen Namen verbinde ich mit Nervenkitzel, ausgefeilten Spannungsromanen, packenden Geschichten, interessanten Wendungen und Topspannung bis zur letzten Seite. Bekannt geworden durch „Die purpurnen Flüsse“ hat sich der französische Bestsellerautor inzwischen in die Riege der ganz Großen geschrieben, sodass ich mit großer Vorfreude seinem aktuellen Buch „Im Wald der stummen Schreie“ entgegen gefiebert habe. Doch leider, leider enttäuscht Grangé dieses Mal nahezu auf ganzer Linie …
Allie Jamison, eine alte Bekannte der drei Fragezeichen, wendet sich Hilfe suchend an Justus, Bob und Peter. Sie hat ein Buch aufgeschlagen und damit einen tödlichen Fluch auf sich gezogen. Demnach hat sie nur noch bis zur nächsten Vollmondnacht zu leben, und diese steht kurz bevor. Sie ist nicht die Einzige, die von diesem tödlichen Fluch getroffen wurde und der es seitdem immer schlechter geht. Auch Emerald Pendragon ist von dem Fluch befallen. In Todesangst hofft Allie nun auf die Hilfe der drei Detektive.
Diese suchen Allie daraufhin zuhause in ihrer kuriosen WG auf, um sich das mysteriöse Buch anzusehen. Der Fluch lässt sich nur brechen, indem die drei Detektive innerhalb der nächsten 24 Stunden ein schwieriges alchemistisches Rätsel lösen, den gläsernen Safe öffnen und aus diesem ein Heilmittel entnehmen, welches Allie retten kann. Allie und Justus sind sofort überzeugt, dass nur Gift am Buch die gesundheitlichen Probleme hervorgerufen haben kann. Doch auch das hilft nicht, um das alchemistische Rätsel zu lösen, dazu sind einige Chemiekenntnisse notwendig und Mut, denn Justus gerät in diesem Fall bald in einen gefährlichen Hinterhalt …
_Schräge Geschichte_
Ein schrecklicher Fluch lastet auf einer alten Bekannten der drei Fragezeichen. Nur wenn man ein kompliziertes alchemistisches Rätsel löst und dem gläsernen Safe das Gegenmittel entnimmt, können Allie und Pendragon gerettet werden – was für ein fulminanter Beginn für eine Folge der drei Fragezeichen! Wir haben Lebensgefahr, einen fiesen Fluch und ein kompliziertes Rätsel – die idealen Zutaten für einen spannenden Fall, bei dem natürlich – so sollte man meinen – der (ober)schlaue Justus glänzen sollte. Doch weit gefehlt.
Zunächst begeben sich die drei Detektive in die wohl kurioseste Wohngemeinschaft, die man sich nur vorstellen kann. Neben Allie Jamison wohnen dort nämlich u.a. der bekannte Astrologe Carl Parsley, die Handleserin Ursula Burns und die merkwürdige Sunshine, die Menschen seit einem Unfall nur anhand – und nun kommt’s – ihrer Aura erkennen kann. Bei dieser Auswahl weiß man gar nicht, welche Figur man eigentlich am abstrusesten und unglaubwürdigsten finden soll. Aber natürlich war es erforderlich, dass Sunshine Menschen nur anhand ihrer Aura identifiziert (obwohl sie bestens sehen kann), denn eine andere Dame verrät sich nämlich genau an dieser Stelle.
Und so begegnen die drei Detektive in der Zauber-WG all diesem merkwürdigen Gestalten, werden Zeuge wie der unbegabte Carl versucht, eine Tomatensuppe zu kochen (warum auch immer…), die die offensichtlich allzu schreckhafte Allie sogleich als Blut fehlinterpretiert und lernen auch Ursula kennen, die noch im allerersten Satz sofort ihre halbe Biografie herunterrattert und Werbung für sich und ihre Handlesekunst macht. Ach ja, fast wie im wahren Leben…
Nun aber zurück zum Fall: Im gläsernen Safe sehen Allie, Justus, Peter und Bob allerlei Fläschchen stehen sowie ein Pergament. Natürlich ist es nicht möglich, einfach das Glas des Safes zu zerbrechen, denn dann schließlich würden Fläschchen zerstört, die sofort für Feuer sorgen und das Pergament verbrennen würden. Also müssen die Detektive den Umweg über das alchemistische Rätsel nehmen. Dazu entzünden sie sogleich im Sommer ein Feuer im Kamin und entdecken dort einen wichtigen Schriftzug. Kurz darauf findet sich Justus ohne seine Freunde im Keller wieder, wo eine Überschwemmung herrscht. Als er dank eines entzündeten Streichholzes erkennen kann, dass im Wasser auch lauter zerstörte Fläschchen aus dem Lager des Chemieladens schwimmen, fällt dem oberschlauen Justus natürlich nichts Besseres ein, als das nächste Streichholz zu entzünden und dieses fallen zu lassen, wo es sofort den Chemikalienteppich im Wasser entzündet und für die feurige Flut sorgt. Sorry, aber gerade Justus, der ach so intelligent ist und alles weiß, sollte Besseres zu tun haben, als das nächste Streichholz zu entzünden, wenn er bemerkt, dass er in einem See aus Chemikalien steht!
Und so dümpelt der Fall weiter vor sich hin, die drei Detektive lösen noch einige kleinere Rätsel und kommen dann schlussendlich der Lösung des Falles auf die Spur. Bis dahin reihen sich etliche Kuriositäten und schräge Gestalten aneinander und sorgen dabei beim Hören für nicht mehr als ein müdes Lächeln. Je abgefahrener und unglaubwürdiger der Fall wird – und ich habe hier nur wenige ausgewählte Beispiele herausgegriffen – umso gleichgültiger blickt man der Lösung des Falles entgegen.
Schade, dass André Minninger nicht mehr aus diesem viel versprechenden Beginn gemacht hat, der Fluch und das Rätsel hätten durchaus das Potenzial für eine richtig gute Folge der drei Fragezeichen gehabt.
_Hörvergnügen_
Doch man hört die drei Fragezeichen ja nicht nur deswegen, weil man logisch schlüssige und glaubwürdige Fälle erwartet (denn das ist vielleicht nur jedes zweite Mal der Fall …), sondern auch, weil man auf eine überzeugende und stimmungsvolle Inszenierung hofft.
Und immerhin: In diesem Punkt wird der Hörer nicht enttäuscht. Neben den drei routinierten Hauptsprechern und dem gewohnt überzeugenden Erzähler gefallen auch die meisten Nebenrollen. Allen voran sei hier Katrin Fröhlich in der Rolle von Allie Jamison genannt. Da Allie an den Folgen des Nervengifts leidet, mit dem sie beim Durchblättern besagten Buches in Kontakt gekommen ist, wirkt ihre Stimme müde und kränklich. Das macht Fröhlich durchaus überzeugend, ohne zu dick aufzutragen. Manchmal ist sie vielleicht etwas zu kurzatmig, doch wer weiß, wie man selbst auf ein solches Nervengift reagieren würde. Mir persönlich gefiel ihre Interpretation. In den Nebenrollen fällt aus meiner Sicht nur Birke Bruck in der Rolle der merkwürdigen Ursula aus dem Rahmen: Sie fällt erst durch ihre schräkelige Stimme auf, die auch im Folgenden immer viel zu betont ist und mir daher nicht glaubwürdig erscheint. Auch ihre völlig unsinnige heruntergeratterte Eigenwerbung bei ihrer Vorstellung konnte mich nicht überzeugen.
Die Hörspielumsetzung ist bis auf wenige Ausnahmen sehr gut gelungen, etwas merkwürdig fand ich allerdings Justus’ Selbstgespräche im überfluteten Keller. Da er alleine in diesen Hintergrund geraten ist, berichtet er sich dort selbst, was er sehen kann, wenn das Streichholz den Keller erhellt. Klar kann man davon ausgehen, dass jeder auch mal mit sich selbst spricht, aber so detailliert, wie Justus es in dieser Szene tut, fand ich es doch recht ungewöhnlich. Hier hätte vielleicht der Sprecher bessere Dienste leisten können.
Sehr stimmungsvoll gelungen ist auch wieder die Musik. Manch eine Melodie kennt der treue drei-Fragezeichen-Fan natürlich, doch passend zur geisterhaften Folge gibt es auch mystische Hintergrundmusik, die wunderbar zum Fall passt und für eine sehr düstere Atmosphäre sorgt.
Die Geräusche wirken ebenfalls überzeugend, oftmals untermalen sie das Hörspiel nur im Hintergrund, wie z. B. in der Zentrale der drei Fragezeichen, wo immer wieder der Papagei krächzt und man im Hintergrund auch eine Kreissäge hört. Einzig nervig finde ich, dass irgendwie jede Tür quietschen muss, ganz so offensichtlich muss man die Geräusche irgendwie auch nicht einsetzen.
_Nicht abgesoffen, aber auch nicht überzeugend_
Trotz guten Beginns konnte mich der vorliegende Fall nicht überzeugen. Zu schräg fand ich die Charaktere, zu merkwürdig ihr Verhalten und zu abstrus die Verwicklungen in dem Fall. Es ist schon komisch, wenn sich eine Person dadurch verrät, dass sie andere Menschen mit den Augen erkennen kann und nicht über deren Auren … Sprecher, Musik und Hintergrundgeräusche haben fast auf ganzer Linie überzeugt, aber das kann leider nicht darüber hinweg täuschen, dass der Fall spätestens ab der Hälfte des Hörspiels deutliche Schwächen hat. Schade, aber es bestätigt sich einmal mehr: Die neueren Fälle der drei Fragezeichen können einfach nicht an alte Glanzzeiten heranreichen.
|Audio-CD mit einer Laufzeit von ca. 66 Minuten
Story von Ben Kari Erlhoff nach Figuren von Robert Arthur
EAN: 886978014825|
[www.natuerlichvoneuropa.de]http://www.natuerlichvoneuropa.de
Mehr als 80 weitere Rezensionen zu den „Drei ???“ findet ihr in unserer [Datenbank]http://buchwurm.info/book .
Das Universum ist ein einziges Computerprogramm, unglaublich kompliziert – aber mithilfe der Einheitlichen Feldtheorie zu manipulieren. Und diese sagenumwobene Feldtheorie hat Albert Einstein einst gefunden. Nur sein Ururenkel, der autistische Michael Gupta, kennt sie und bewahrt Stillschweigen, weil sein Adoptivvater David Swift ihm klargemacht hat, wie wichtig es ist, diese Formel niemandem zu verraten.
Doch eine fanatische Gruppe, die sich die „Wahren Gläubigen“ nennt, ist hinter der Formel her, um mit ihrer Hilfe den Urknall zu wiederholen. Bruder Cyrus, der Anführer der Sekte, möchte damit die Welt von all dem Bösen reinigen und einen Neustart hinlegen. Das Programm dazu hat er schon geschrieben, nur einige Lücken befinden sich noch darin, die mithilfe der Einheitlichen Feldtheorie zu füllen sind. Und so entführt er Michael Gupta kurzerhand und droht dem Jungen, ihn umzubringen, wenn er ihm die Formel nicht verrät. In die Enge getrieben, verrät Michael Gupta schließlich die fehlenden Bruchstücke der Formel, mit deren Hilfe Bruder Cyrus den Urknall wiederholen möchte.
Davids Adoptiveltern, der Wissenschaftshistoriker David Swift und die Physikerin Monique Reynolds, sind Bruder Cyrus stets auf den Fersen, um ihren Sohn und damit auch die Welt zu retten.
_Der drohende Weltuntergang_
„Crash“ ist bereits der zweite Wissenschaftsthriller aus der Feder des Astrophysikers Mark Alpert. Während jedoch sein Erstlingsroman „Die Würfel Gottes“ noch ziemlich spannend ausgefallen ist – wenn man denn hingenommen hat, dass Albert Einstein die immer noch gesuchte Einheitliche Feldgleichung gefunden hat und diese die Welt zerstören könnte -, übertreibt Mark Alpert es im zweiten Anlauf ziemlich. Zunächst beginnt das Buch noch recht spannend: Der 19-jährige Michael Gupta wird entführt, weil eine Gruppe Fundamentalisten weiß, dass er die Einheitliche Feldtheorie im Kopf hat. Da der geneigte Leser bereits aus Alperts Debütwerk weiß, dass diese Formel eine gewisse Brisanz besitzt, baut sich dadurch schon Spannung auf. Als sich dann auch noch Michaels Eltern auf die Suche nach ihrem Adoptivsohn machen, steigern sich Spannung und Tempo immer weiter.
Doch dann erklärt uns Mark Alpert recht bald den Plan der „Wahren Gläubigen“ – nämlich die Wiederholung des Urknalls. Theorie dahinter ist, dass die Welt ein einziges Computerprogramm ist, das man mit einer Flut von Daten zum Absturz bringen könne. Und hier kommt die Feldtheorie ins Spiel, die den fehlenden Baustein bietet, um diese Datenflut ins Rollen zu bringen und damit das Universum auszulöschen. Dazu hat Bruder Cyrus ein abstruses Programm geschrieben, dessen Lücken Michael Gupta nun füllen soll.
Aus meiner Sicht scheitert Alpert schon an dieser Idee hinter seinem Buch, denn selbst für Leser mit physikalischem Hintergrund dürfte dieser Ansatz zu abstrus sein, um wirklich die Spannung zu halten und die Leser weiter ans Buch zu fesseln.
Natürlich gibt es in Alperts Buch auch bereits einen schon funktionierenden Quantencomputer – wen wundert es? – der heutzutage noch reine Theorie ist. Zwar gibt es Lösungsansätze, die einmal zu seiner Realisierung führen könnten, doch alles nur im Labormaßstab und unter Laborbedingungen. Darüber hinaus bringt Mark Alpert das Excalibur-Programm ins Spiel: In den 80er-Jahren unterstützte Edward Teller ein Programm zur Raketenabwehr. Demzufolge sollten sowjetische Interkontinentalraketen mittels Hochenergie-Laserstrahlen abgeschossen werden, die von einer Nuklearexplosion im Weltraum angetrieben würden. Die Reste dieser Versuchsanlagen will sich die Gruppe der Wahren Gläubigen nun zunutze machen, um einen „Universums-Neustart“ zu erzeugen.
Echt abgefahren, einfach nur hanebüchen und definitiv zu viel des „Guten“.
_Abgestürzt_
Abgestürzt ist am Ende natürlich nicht das Universum – wie könnte es anders sein? – sondern Mark Alpert mit seinem zweiten Thriller. Nach halbwegs vielversprechendem Beginn bringt er Charaktere ins Spiel, die einfach nur eindimensional und klischeebesetzt sind und mit denen man wirklich nicht mitfiebert. Am abgefahrensten ist aber die Idee hinter dem Buch, nämlich die, dass das Universum ein riesiges Computerprogramm ist, das man einfach mal so zum Absturz bringen und damit das Tor zum Himmelreich öffnen könnte. Nein, das mag in irgendwelchen Theorien zwar möglich sein, ist aber so weit hergeholt, dass mich dieses Buch weder mitreißen noch interessieren konnte. Ich musste mich zum Weiterlesen zwingen und war echt enttäuscht, was Mark Alpert uns hier bietet. Bleibt zu hoffen, dass er in seinem nächsten Buch auf dem Teppich bleibt …
|Klappenbroschur: 448 Seiten
Originaltitel: The Omega Theory
ISBN-13: 978-3-442-20388-8|
[www.randomhouse.de/pageundturner]http://www.randomhouse.de/pageundturner
Band 1: „Erbarmen“
Band 2: [„Schändung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6561
Band 3: _“Erlösung“_
Band 4: „Journal 64“ (noch ohne dt. Titel)
„Erlösung“ – so heißt dieser dritte Krimi aus dem Sonderdezernat Q, und eine Erlösung war es wohl für alle Fans, die sehnsüchtig auf Nachschub aus Jussi Adler-Olsens Feder gewartet haben. Auch der dritte Fall, den Carl Mørck und seine Kollegen zu lösen haben, ist ziemlich knifflig und bereits einige Jahre alt: Eine verwitterte Flaschenpost, die offensichtlich mit Blut geschrieben war und nun kaum noch zu entziffern ist, erreicht das Sonderdezernat Q aus Schottland, wo sie einige Jahre unbemerkt im Fenster gestanden hatte. Mørck und vor allem seine Kollegen Assad und Rose machen sich die Flaschenpost zu ihrer Herzensangelegenheit – mannshoch wird sie in Kopieform an die Wände geklebt, um immer wieder Buchstaben zu ergänzen. So entziffern die drei nach und nach den Hilferuf eines kleinen Jungen, der gemeinsam mit seinem Bruder bereits vor Jahren entführt worden ist.
Mit etwas Glück und viel Geduld bekommen die Mitarbeiter des Sonderdezernats dem Entführungsfall auf die Spur und erfahren, dass der Flaschenpostschreiber von seinem Entführer ermordet worden ist. Doch seine Eltern haben diesen Mord nie zur Anzeige gebracht, weil der Mörder ihnen gedroht hat, dann noch weitere Kinder von ihnen zu entführen und zu ermorden. Was Mørck und seine Kollegen allerdings nicht ahnen: Der Mörder von damals hat bereits das nächste Geschwisterpaar in seiner Gewalt. Wieder will er eine große Geldsumme von den Eltern erpressen, doch dieses Mal hat er einen fatalen Fehler begangen: Er hat Unterschlupf bei einer Frau gesucht und ihren Computer angezapft, die IT-Expertin ist und seine Spuren auf ihrem Rechner sofort entdeckt hat. Durch Zufall steht sie kurz darauf vor den Türen der Familie, deren zwei Kinder entführt worden sind. Gemeinsam mit den verzweifelten Eltern versucht sie, dem Entführer ein Schnippchen zu schlagen.
Die Frau des Entführers muss derweil um ihr Leben bangen. Oft allein gelassen und von ihrem Mann und wie eine Gefangene gehalten, beschließt sie eines Tages, in die fast schon vergessenen Umzugskisten zu schauen, die ihr Mann in einem unbenutzten Zimmer ihres Hauses abgestellt hat. Dort allerdings findet sie Dinge über ihren Mann heraus, die sie ihm nie zugetraut hätte und die ihr zum Verhängnis werden, als ihr Mann entdeckt, dass seine Frau sich an den Umzugskisten zu schaffen gemacht hat.
Doch die Geschwister und die verzweifelte Ehefrau sind nicht die einzigen Personen, die in diesem Buch um ihr Leben fürchten müssen, Jussi Adler-Olsen lässt noch weitere Menschen in Lebensgefahr geraten …
_Aller guten Dinge sind drei_
Mit großen Erwartungen habe ich diesen dritten Fall aus dem Sonderdezernat Q aufgeschlagen, da ich die beiden vorigen Fälle bereits mit großer Begeisterung gelesen habe. Auch der dritte Band beginnt rasant: Ein kleiner Junge schwebt gemeinsam mit seinem Bruder in Lebensgefahr, nur knapp kann er eine verzweifelte Flaschenpost loswerden, in der er um Hilfe bittet – nicht ahnend, dass diese erst Jahre später geöffnet und entziffert wird. Das Schicksal des Jungen ist besiegelt, doch in dem Moment, in dem Adler-Olsen in die eigentliche Romanhandlung einsteigt, hat der Entführer bereits die nächsten Geschwister im Visier. Und so erleben wir mit, wie er sich mit der Familie anfreundet, sich in deren Glaubensgemeinschaft einschleicht, das Vertrauen der Eltern und Kinder gewinnt und schließlich die beiden liebsten Kinder entführt. Der Junge und das Mädchen sind in Todesangst, die Eltern verzweifelt, denn sie haben das Geld nicht, das der Entführer als Lösegeldsumme verlangt. So entschließen sie sich zu einer verzweifelten Rettungsaktion, bei der mehr als eine Person ihr Leben lassen wird…
Zeitgleich sind Mørck und die Mitarbeiter des Sonderdezernats Q damit beschäftigt, die verwitterte Flaschenpost zu entziffern. Nur Buchstabe für Buchstabe können sie den Text zusammensetzen. Und mit jedem Buchstaben, der dem Lückentext hinzugefügt wird, kann Jussi Adler-Olsen die Spannung steigern. Schließlich finden Mørck, Assad und Rose bzw. ihre „Zwillingsschwester“ Yrsa, die für Rose einspringt, die Familie der entführten Jungs und erfahren, dass der Schreiber damals ermordet worden ist.
Sukzessive durchschauen die Ermittler die Taten und den Entführer, erfahren, in welchem Klientel er seine Opfer sucht und mit welchen perfiden Methoden er sich das Schweigen der Opfer erkauft. Durch die vielen Szenenwechsel und die Tatsache, dass wir nur ganz allmählich die Hintergründe erfahren und den Täter kennen lernen und da es immer mehr Menschen gibt, um deren Leben wir fürchten müssen, steigert Adler-Olsen die Spannung immer weiter. Ich konnte das Buch wirklich kaum noch aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, wer denn nun das Buch überleben würde.
Zu bemängeln ist allerdings, dass Jussi Adler-Olsen sich häufig in Nebenschauplätzen verliert, die mit der eigentlichen Handlung rein gar nichts zu tun haben und absolut fehl am Platze sind. Immer wieder beispielsweise erwähnt er den Vorfall aus der Vergangenheit, bei der Mørck und zwei seiner Kollegen in einen Hinterhalt geraten sind. Ein Kollege ist gestorben, einer schwer verletzt worden und Mørck als Dritter wurde ins Sonderdezernat versetzt, um ihn aus dem Wege zu haben. Was aber damals vorgefallen ist und wer die drei verraten hat, ist bis heute nicht klar und langsam mag man darüber auch nichts mehr hören, weil Adler-Olsen nichts weiter als Andeutungen zu bieten hat und diesen auch nie etwas Neues hinzufügt.
Auch die Geschichte mit den Brandstiftungen, an denen die Polizei arbeitet und für die auch das Sonderdezernat Q einige Aufgaben erledigt, ist nur Nebenhandlung, die mit den Entführungsfällen nichts zu tun hat und die am Ende im Sande verläuft. Zwar erfährt der Leser, worum es bei den Brandstiftungen gegangen ist, doch interessiert das einen nicht die Bohne, weil man ja eigentlich nur wissen will, was mit den Entführungen los ist. Hätte man das Buch um diese bestimmt 100 oder 150 Seiten gekürzt, wäre der Spannungsbogen perfekt gelungen, so hängt er zwischenzeitlich immer wieder durch – das hätte nicht sein müssen!
_Personelle Schwächen_
Leider schwächelt Jussi Adler-Olsen ganz klar in der Zeichnung seiner Charaktere. Allen voran ist Carl Mørck zu nennen, der eigentlich immer nur „Unsympathiepunkte“ sammelt. Statt zu arbeiten, möchte er eigentlich lieber die Füße hochlegen und die Augen schließen. Ständig ist er genervt von seinen Mitarbeitern und Vorgesetzten, die es doch tatsächlich wagen, ihm Arbeit auf den Schreibtisch zu legen oder die tatsächlich ihre Arbeit erledigen! Privat möchte er seine Noch-Frau mit allen Mitteln loswerden und bietet seinem Sohn daher sogar Geld, damit er einen anderen Mann für eine Noch-Frau findet. Seine Liebelei mit Mona nervt nur und man würde ihm das Liebesglück auch eigentlich gar nicht gönnen.
Assad hat irgendwas zu verbergen. Er wohnt nicht dort, wo er gemeldet ist und hat irgendwelche Querelen mit einem anderen Polizisten, der sich daraufhin versetzen lassen möchte. Doch wer Assad eigentlich ist, wo er wohnt und was er mit dem anderen Polizisten abzumachen hat, verrät uns Adler-Olsen nicht – warum also diese ganzen Andeutungen? Mich nervt es langsam unendlich, dass Jussi Adler-Olsen immer nur Andeutungen macht, denen aber nie neue Informationen hinzufügt. Irgendwann sollte er all diese Baustellen einfach mal dichtmachen und seinen geduldigen Lesern verraten, was es mit all den Andeutungen auf sich hat.
Auch Rose nervt in diesem Buch von Seite zu Seite mehr. Da sie keine Kritik verträgt, meldet sie sich eines Tages krank und schickt ihre angebliche Zwillingsschwester Yrsa, um ihre Arbeit zu erledigen, da sie auf das Geld angewiesen ist. Yrsa läuft in schrägen Klamotten rum und legt noch einige andere merkwürdige Eigenarten an den Tag, die sie nicht sonderlich authentisch erscheinen lassen. Und schlussendlich merkt Mørck, dass es sich bei Yrsa um Rose handelt – was für ein Schwachsinn!
Mit derlei Abstrusitäten lenkt Jussi Adler-Olsen nur vom eigentlichen Fall ab, nervt seine Leser zunehmend und bremst den Spannungsbogen aus. Leider steht er sich oftmals selbst im Wege. Würde ein fähiger Lektor diese Geschichtchen heraus kürzen, würde das den Büchern wirklich gut tun!
_Erlöst_
Nach fast 600 Seiten erlöst uns Jussi Adler-Olsen und verrät uns, wer die Geschichte überlebt und wer hinter den Entführungen steckt. Bis zum finalen Showdown dreht er noch mal das Tempo auf und kreist seinen Entführer immer mehr ein – das ist wiederum ganz gut gelungen. Bis auf die erwähnten Abstriche gefiel mir der Spannungsbogen gut. Abzüge gibt es aber ganz klar in puncto Charakterzeichnung, denn hier weiß ich gar nicht, welcher der Charaktere mir am allerwenigsten gefällt, da alle so merkwürdige Eigenarten haben, dass ich eigentlich nicht sonderlich viel von ihnen erfahren möchte. Schade, dass Adler-Olsen hier dermaßen in die „Trickkiste“ greift, authentische Charaktere würden seinen Büchern besser anstehen. So reicht es leider nicht zu einer Höchstnote, auch wenn mir das Buch unter dem Strich durchaus gut gefallen hat.
|Taschenbuch: 592 Seiten
Originaltitel: Flaskepost fra P
ISBN-13: 978-3423248525|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de
_Jussi Adler-Olsen bei |Buchwurm.info|:_
[„Erlösung“ (Hörbuch) 7215
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