Alle Beiträge von Maren Strauss

Briggs, Patricia – Aralorn – Die Wandlerin (Sianim 1)

_|Sianim|-Reihe:_

Band 1: _“Aralorn – Die Wandlerin“_
Band 2: „Aralorn – Der Verrat“ (November 2012)
Band 3: „When Demons Walk“ (noch ohne dt. Titel)
Band 4: „Wolfsbane“ (noch ohne dt. Titel)

Patricia Briggs ist in Deutschland hauptsächlich für ihre Bücher um die Werwölfe in den Tri-Cities bekannt. Dem Erfolg der „Mercy Thompson“- und der „Alpha und Omega“-Serie sei dank hat sich Bastei Lübbe nun entschieden, die ersten High-Fantasy-Romane der Autorin ebenfalls zu veröffentlichen. Den Anfang macht „Aralorn – Die Wandlerin“, der erste Band der losen „Sianim“-Reihe, der in den Staaten ursprünglich 1993 erschien.

Wirklich weit entfernt sich die Autorin allerdings nicht von ihrem Lieblingsthema: Auch Hauptfigur Aralorn ist eine Gestaltwandlerin. Allerdings funktioniert diese Gabe bei ihr etwas anders als bei den anderen Figuren Briggs‘. Aralaron kann mit grüner Magie umgehen, die ihr hilft, ihr Äußeres zu verändern. Das können einzelne Gesichtszüge sein, sie kann sich aber auch in Tiere verwandeln, zum Beispiel in eine Maus, was in ihrem Beruf sehr nützlich ist.

Aralorn arbeitet als Spionin. Ihr aktueller Auftrag ist nicht ungefährlich. Sie soll sich in der Burg des ae’Magi, des stärksten Magiers des Landes, umschauen und in Erfahrung bringen, ob es wirklich stimmt, dass jemand ein Attentat auf ihn plant. Doch was sie in den Gemächern des Zauberers sieht, lässt sie ihren eigentlichen Auftrag vergessen. Der ae’Magi tötet Menschen, sogar Kinder, um seine Macht zu stärken.

Doch als Aralorn ihre Bedenken, dass in der Burg etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, laut äußert, wird sie plötzlich in ganz Sianim gemieden. Ihr Vorgesetzter, der Meisterspion Ren, schickt sie absichtlich auf eine langweilige Mission, um sie loszuwerden. Nur einen gibt es, der ihr glaubt: der sprechende Wolf namens Wolf, den Aralorn vor vier Jahren gerettet hat. Obwohl er schon so lange ihr Reisegefährte ist, der kommt und geht, wann er will, weiß sie nicht viel über ihn. Noch nicht mal, was er eigentlich ist. Ein Grünmagier ist er nicht, das merkt sie, aber ein Menschenmagier könnte sich nicht derart verwandeln.

Doch das ist nicht sein einziges Geheimnis. In einem abgelegenen Tal hat sich eine kleine Gruppe von Leuten zusammengefunden, die ein ähnliches Erlebnis wie Aralorn hatten: Nach Kritik am ae’Magi wurden sie verfolgt oder geschnitten. Unter ihnen ist auch Myr, der König von Reth, den der ae’Magi gerne beseitigen möchte. Sie finden heraus, dass die Leute, die Aralorn und ihre neuen Gefährten vertrieben haben, unter dem Einfluss des ae’Magi stehen. Gemeinsam mit Wolf macht sie sich daran, dem mächtigsten Magier des Reiches das Handwerk zu legen …

_Nach der Lektüre_ von „Aralorn – Die Wandlerin“ stellt sich vor allem eine Frage: Wieso hat der deutsche Verlag sich so lange Zeit gelassen, das Buch auch hier zu veröffentlichen? Sicher, Briggs‘ Debütroman ist nicht ohne Fehler, bietet aber trotzdem sehr gute Unterhaltung.

Seine größte Stärke sind der Humor und die Lockerheit, die vielen Fantasyromanen fehlt. Der Schreibstil lebt von seinen schlagfertigen Dialogen, eingestreuten witzigen Bemerkungen und dem gleichzeitig stellenweise sehr gehobenen Schreibstil. Zusammen ergibt dies eine tolle Mischung, die aber nie übertrieben komödiantisch wirkt. Sicherlich ist das Buch durch diesen flapsigen Stil und die junge Hauptfigur eher etwas für eine jüngere Zielgruppe, aber auch Erwachsenen macht das Lesen Spaß.

Aralorn und Wolf sind zwei sehr sympathische Hauptfiguren. Sie funktionieren schon alleine ganz gut. Aralorn ist eine sehr gewiefte Spionin, die gemeinsam mit ihrem frechen Pferd Schimmer ihre Aufträge immer zur vollsten Zufriedenheit erledigt. Die grüne Magie, mit deren Hilfe sie sich verwandeln kann, ist eine nette Idee. Die Hintergrundinformationen, die die Autorin dazugibt, verflechten sich mit der Zeit zu einem sehr interessanten Konstrukt, mit dessen Hilfe schließlich auch Wolfs Geheimnis gelöst wird. Aralorns treuer Gefährte wirkt anfangs brummig und verschlossen, zeigt dem Leser aber bald eine andere Seite von sich. Gerade das humorvolle Zusammenspiel zwischen beiden Hauptfiguren macht die Geschichte zu etwas Besonderem.

Die Handlung der Geschichte ist interessant und gut aufgebaut. Die Welt, in der Briggs ihren Roman spielen lässt, ist, genau wie die Vergangenheit ihrer Hauptpersonen, toll ausgearbeitet und schlüssig. Das eigentliche Ziel des Buches, das Ausschalten des ae’Magi, ist keine besonders innovative Idee und wird von Briggs eher konventionell gelöst. Das ist allerdings nicht das Problematische. Die meisten Autoren erfinden das Rad nicht neu. Briggs stellt sich zwischendurch allerdings immer wieder selbst ein Bein. Dann wird sie zu kompliziert, will zu viel auf einmal oder vergisst, was ihr eigentliches Ziel ist. Die sympathischen Hauptfiguren und der tolle Schreibstil helfen allerdings über diese Stellen hinweg.

_Unterm Strich bleibt _letztendlich trotzdem ein überdurchschnittliches Fantasybuch zurück. Der ungewöhnliche lockere Tonfall und das gute Zusammenspiel der Figuren machen sehr viel Spaß beim Lesen und helfen über die eine oder andere Handlungsschwäche hinweg.

|Taschenbuch, 380 Seiten
Originaltitel: Masques
Deutsch von Michael Neuhaus
ISBN-13: 978-3404206803|
http://www.luebbe.de
http://www.patriciabriggs.com

_Weitere Bücher von Patricia Briggs bei |Buchwurm.info|:_
[„Drachenzauber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3933
[„Rabenzauber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4943

_Alpha & Omega:_
Band 1: [„Schatten des Wolfes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5926
Band 2: [„Spiel der Wölfe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6851

_Mercy-Thompson-Serie:_
Band 1: [„Ruf des Mondes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4490
Band 2: [„Bann des Blutes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5091
Band 4: [„Zeit der Jäger“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6250
Band 5: [„Zeichen des Silbers“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6976
Band 6: [„Siegel der Nacht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7470

Cremer, Andrea – Entscheidung, Die (Nightshade 3)

_Nightshade:_
Band 1: [„Die Wächter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7959
Band 2: [„Dunkle Zeit“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7999
Band 3: _“Die Entscheidung“_

Die Wächterin Calla hat es geschafft, den Großteil ihres alten Rudels auf ihre Seite und die der Sucher zu ziehen. Doch jetzt fängt ihre Mission erst richtig an. Drei magische Artefakte benötigen sie noch, um den Hütern den Garaus zu machen und Andrea Cremers „Nightshade“-Trilogie in „Die Entscheidung“ zu beenden.

Der Kampf der Sucher und Wächter gegen die Hüter geht in die letzte Runde. Nachdem die Wächterin Calla fast ihr gesamtes Rudel auf ihre Seite ziehen konnte, bereiten sie den großen Schlag gegen die Sucher vor. Doch dafür benötigen sie die restlichen drei Teile, die die Waffe des Sprosses, Shay, vervollständigen. Das ist nicht einfach. Mithilfe der Weberin Ariadne, die Portale zu jedem Ort der Welt öffnen kann, sind sie zwar schnell am Ziel, aber kampflos geben die Hüter die Artefakte nicht auf.

Schließlich kommt es im Haus von Bosque Mar, dem Onkel von Shay und mächtigen Gegenspieler der Wächter, zum Showdown. Dessen Ausgang wird entscheiden, ob die Wächter von da an für immer frei sind von der Herrschaft der Hüter …

Nach dem doch etwas zähen zweiten Band der Serie inszeniert Autorin Andrea Cremer das Finale mit Pauken und Trompeten. Die über 300 Seiten sind randvoll mit Handlung. Neben der Suche nach den magischen Artefakten und dem Kampf am Ende gibt es allerlei Actionszenen, Spannungen zwischenmenschlicher Natur – und natürlich die Dreiecksgeschichte zwischen Calla, Shay und Ren, einem weiteren Wächter, der Calla schon lange versprochen war, bevor sie Shay kennenlernte. Diese löst Cremer auf angenehm entspannte Art und Weise anstatt den Roman mit Kitsch und Schmalz zu überziehen.

Auch sonst macht sie vieles richtig. Die Geschichte ist dieses Mal wesentlich flotter und hat deutlich herausgearbeitete Höhepunkte, die sauber in ein spannendes Finale münden – überraschende Wendungen inklusive. Hinzu kommt eine gut erdachte Hintergrundgeschichte über Wächter, Hüter und Sucher, die interessant gestaltet ist.

Auch Hauptfigur Calla überzeugt erneut. Das Mädchen, das sich als Wächterin in einen Wolf verwandeln kann, meistert sein kompliziertes Leben mit Bravour. Ihr Umgang mit der Dreiecksgeschichte ist, wie gesagt, sehr gelungen. Sie ist sympathisch und es ist einfach, mit ihr mitzufühlen. Die Autorin gibt ihre Emotionen gut wieder und schreibt in einer jugendgerechten, aber nicht flappsigen Sprache. Sowohl Dialoge als auch Beschreibungen sind auf den Punkt gebracht.

„Die Entscheidung“ ist ein guter, ereignisreicher Abschluss der „Nightshade“-Serie, die in der Summe interessant, aber nicht herausragend ist. Sie hat einige gute Ansätze wie die tolle Hauptfigur oder die interessante Hintergrundgeschichte, aber vor allem der zweite Band schwächelte bei der Spannung. Er stellt eine Art Übergang zum letzten Band dar, der wiederum handlungstechnisch überzeugt. Dafür sorgen zahlreiche Ereignisse, überraschende Wendungen und eine runde Hintergrundgeschichte.

|Broschiert: 339 Seiten
Originaltitel: Bloodrose
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3802587870|
http://www.egmont-lyx.de
http://www.andreacremer.com

Cremer, Andrea – Dunkle Zeit (Nightshade 2)

_|Nightshade|:_

Band 1: [„Die Wächter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7959
Band 2: _“Dunkle Zeit“_
Band 3: „Die Entscheidung“

Mit [„Die Wächter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7959 hat Andrea Cremer ihre „Nightshade“-Trilogie erfolgreich gestartet. Band 2, „Dunkle Zeit“, kann dieses Niveau allerdings nicht halten …

_Calla ist eine Wächterin._ Sie kann sich jederzeit in eine Wölfin verwandeln. Sie hat eine besondere Position inne, weil sie eine Alphawölfin ist und eigentlich zusammen mit Ren, einem jungen Alphawolf des anderen Rudels aus ihrer Gegend, ein neues Rudel gründen soll. Am Abend ihrer Vereinigung mit Ren erfährt sie, dass sie als Teil eines Rituals Shay umbringen muss, den Neuen an ihrer Schule, in den sie sich verliebt hat.

Calla gehorcht den alten Traditionen nicht. Anstatt sich mit Ren zu vereinigen und Shay zu töten, flüchtet sie mit dem Neuen. Das wird nicht gerne gesehen von den Hütern, die die Wächter befehligen. Eine dritte Partei, die Sucher, mischt sich ein und rettet Calla und Shay. Bislang sind die beiden davon ausgegangen, dass die Sucher ihre Feinde sind, doch nun stellt sich heraus, dass die Hüter das eigentliche Problem sind. Um sich von deren Bevormundung zu befreien, gibt es nur eine Möglichkeit: Shay. Er ist der Spross und mithilfe einer magischen Waffen kann er die Hüter besiegen. Dafür müssen sie aber noch weitere Wächter auf ihre Seite ziehen …

_Das größte Problem_ von „Dunkle Zeit“ ist sein Status als Übergangsband zwischen Anfang und Ende der Geschichte. Andrea Cremer hätte sich einen großen Gefallen damit zu tun, die Handlung der Reihe anders aufzuteilen. Im zweiten Band von „Nightshade“ geschieht nichts wirklich Aufsehenerregendes, nichts, was den Leser auf die Folter spannt. Es gibt noch nicht mal einen anständigen Cliffhanger. Vielmehr wird langwierig geplant, das Geheimnis der Hüter gelüftet und verschiedene zwischenmenschliche Probleme geklärt. Vor allem Calla, die zwischen zwei Alphawölfen, Shay und Ren, wählen muss, hat mit Letzterem einiges zu tun.

Die romantische Nebenhandlung kommt definitiv nicht zu kurz – schon deshalb nicht, weil Calla nach wie vor die Ich-Erzählerin der Geschichte ist. Ihrer Rolle als Alphawölfin wird sie gerecht. Andrea Cremer begeht nicht den Fehler, ihre Hauptfigur nur als pseudoemanzipiert zu gestalten. Calla schafft es, sowohl in ihren starken als auch schwachen Momenten authentisch zu wirken. Zwischen zwei Männern zu stehen hat schon vielen weiblichen Hauptfiguren das Genick gebrochen, aber Cremer achtet sorgfältig darauf, dass Callas Persönlichkeit stimmig wirkt.

Bei wem im Übrigen die Lektüre des ersten Bands der Serie schon etwas länger zurückliegt, muss nicht besorgt sein. In Form von Rückblicken sorgt Cremer dafür, dass die Erinnerung zurückkommt, auch wenn sie diese vielleicht ein wenig häufig auf den ersten Seiten einsetzt. Ansonsten ist die Geschichte auf gehobenem, aber jugendgerechten Niveau geschrieben und lässt sich leicht lesen.

_“Dunkle Zeit“ lässt sich_ angenehm lesen, ist aber vom Aufbau her nicht sehr gelungen. Der Spannungsaufbau ist mager, auch wenn für die Serie wichtige Informationen vermittelt werden. Derartige Übergangsbücher sind zwar immer schwierig zu schreiben, aber etwas mehr Spannung hätte es schon sein dürfen.

|Broschiert: 322 Seiten
Originaltitel: Wolfsbane
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3802583827|
http://www.egmont-lyx.de
http://www.andreacremer.com

ANDREA CREMER – Die Wächter (Nightshade 1)

Richelle Meads „Vampire Academy“-Serie mag zu Ende sein, aber Egmont-Lyx hat mit der „Nightshade“-Serie von Andrea Cremer eine Reihe begonnen, die Fans von Rose Hathaway ebenfalls begeistern dürfte. Die Hauptfigur in „Die Wächter“ jedenfalls ist ähnlich sympathisch.

Calla Tor ist eine Wächterin. Sie kann sich jederzeit in einen Wolf verwandeln und ihre Passion ist das Kämpfen. Die Wächter sind den Hütern unterstellt, die weitreichende Befugnisse haben. So können sie beispielsweise beschließen, wann sich ein neuer Clan gründet und wer wen heiratet.

Auch Calla ist bereits versprochen. Sie soll Ren Laroche ehelichen, den Sohn des Alphawolfs des verfeindeten Bane-Rudels. Sie stellt ihre Zukunft nicht in Frage, obwohl Ren ein ziemlicher Macho ist. Doch als sie den gut aussehenden Shay vor einem Bärenangriff rettet, gerät ihr Weltbild ins Wanken. Auf einmal ist sie sich nicht mehr so sicher, ob sie Ren überhaupt heiraten möchte, denn auch von Shay, der wenig später neu auf ihre Schule kommt, fühlt sie sich angezogen.

Zudem hat der neue Mitschüler einen wachen Geist und hinterfragt die Dinge, die Calla nie anrühren würde. Er recherchiert über das Verhältnis zwischen Wächtern, Hütern und deren gemeinsamen Feinden, den Suchern. Dabei kommt er einem Geheimnis auf die Spur, dass nicht nur Calla in Gefahr bringt …

„Die Wächter“ hat all das, was ein gutes Jugendbuch ausmacht: eine starke Hauptfigur, eine Handlung voller Rätsel und Geheimnisse und einen mitreißenden Schreibstil. Mit Calla hat Andrea Cremer eine interessante Frauenfigur geschaffen, die zwischen zwei Jungen und alten Konventionen gefangen ist. Calla ist eine starke Frau, die mit der Zeit allerdings Unsicherheiten zeigt, vor allem in Bezug auf Shay und Ren. Die Autorin stellt Callas Liebeskonflikt zwar sehr ausführlich und anschaulich dar, driftet aber nie zu sehr ins Kitschige ab. Zudem vermeidet sie es, in die „Twilight“-Falle zu tappen und Calla als willenlosen Spielball zweier potenzieller Liebhaber zu zeichnen. Das Mädchen behält ihre Eigenständigkeit bis zum Ende der Geschichte und ist auch deshalb jemand, mit dem sich junge Leserinnen leicht identifizieren dürften.

Die Handlung ist geradlinig und löst und bildet Rätsel immer an den richtigen Stellen. Im Mittelpunkt steht das Verhältnis zwischen Wächtern und Hütern. Am Anfang erklärt Cremer nur wenig dazu. Vieles reimt man sich selbst zusammen, das Übrige erläutert sie zu einem strategisch geschickten Zeitpunkt. Diese offenen Fragen tragen zu der Spannung bei, die bis zur letzten Seite anhält. Großartige Wendungen und Überraschungen darf man zwar nicht erwarten, die Autorin baut ihre Geschichte aber geschickt auf und lässt sie in einem Cliffhanger enden, der Lust auf die Folgebände der Serie macht.

Geschrieben ist „Die Wächter“ aus der Ich-Perspektive. Das erleichtert es, sich in die Geschichte hineinzufinden. Andrea Cremer wählt einen leicht verständlichen, aber nicht umgangssprachlichen Wortschatz, der sich leicht lesen lässt. Sie schreibt flott und nüchtern, verzichtet auf unnötigen Ballast und auch auf den Humor, der in diesem Genre häufig eingesetzt wird. Das ist aber kein Nachteil. Die Ernsthaftigkeit steht dem Buch sehr gut.

Mit „Die Wächter“ startet Cremers „Nightshade“-Serie vielversprechend. Der Roman ist handwerklich sehr gut gemacht, lässt sich gut lesen und ist spannend. Sicherlich weist das Buch nicht unbedingt viel Tiefgang auf, aber wer ähnlich gut unterhalten werden möchte wie von „Vampire Academy“ ist hiermit gut beraten.

Broschiert: 375 Seiten
Originaltitel: Nightshade
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3802583810

http://www.egmont-lyx.de
http://www.andreacremer.com

Blazon, Nina – Wolfszeit

Nina Blazon ist vor allem für ihre Fantasyromane bekannt. Sie schreibt jedoch auch immer wieder Bücher, in denen sie historische Stoffe jugendgerecht in Romanform aufbereitet. Ihr neustes Werk dieser Art ist „Wolfszeit“, das sich mit der Bestie vom Gévaudan beschäftigt.

Im 18. Jahrhundert geht im französischen Gévaudan eine Bestie um. Sie hat es vor allem auf arme Leute abgesehen, die sie grausam zurichtet. Alle Welt glaubt, dass es sich dabei um einen Wolf handelt. Weil die Leute im Gévaudan es nicht schaffen, das Tier zu erlegen, schickt der französische König seine eigenen Jäger in die Provinz, um dem Spuk ein Ende zu bereiten.

Mit ihnen reist der Versailler Student Thomas Auvray, der von der Bestie fasziniert ist. Er hat die Zeitungsartikel über das Ungeheuer verschlungen und wundert sich darüber, wie das Tier beschrieben wird. Der begabte Zeichner macht sich daran, mithilfe von Zeugenaussagen und eigenen Beobachtungen an Opfern und Tatorten ein Bild der Bestie zu entwerfen. Da er in Versailles als Assistent des Naturforschers de Buffon arbeitet, sieht er schnell, dass das Ungeheuer von Gévaudan kein gewöhnlicher Wolf sein kann. Doch was ist es dann? Aufklärung könnte ihm die Adlige Isabelle bringen, die den Angriff der Bestie überlebt hat. Doch ihr Bruder hält das Mädchen versteckt und Thomas fragt sich, ob der Angriff das einzige Geheimnis Isabelles ist …

_Nina Blazon nimmt die_ häufig erzählte und 2000 sogar verfilmte Geschichte um die Bestie vom Gévaudan und bettet ihre historischen Fakten in einen Jugendroman ein. Erzählt wird dabei aus der Perspektive des Studenten Thomas oder gelegentlich aus der von Isabelle. Beide Figuren sind sehr gelungen, schafft die Autorin es doch, beiden Leben einzuhauchen und sie so zu gestalten, dass sich auch Leser von heute mit ihnen identifizieren können. Thomas bekommt zusätzliche Tiefe dadurch, dass sein Hintergrund als Kunststudent immer wieder betont wird. Blazon beschreibt anschaulich, wie er zeichnet und welchen Bestandteil die Kunst für ihn hat. Dies blitzt auch immer wieder im Schreibstil durch, der gewohnt locker und wortgewandt ist.

Der Roman gliedert sich in eine Art Rahmenhandlung und die Geschehnisse im Gévaudan. Die Rahmenhandlung findet in Versailles statt, wo Thomas neben seiner Arbeit und seines Studiums vor allem mit den Absichten seines Vaters zu kämpfen hat. Der möchte seinen Sohn gerne mit einer guten Partie verheiraten. Das gefällt Thomas nicht und er ist dankbar dafür, nach Gévaudan reisen zu können. Bis dahin vergehen ungefähr hundert Seiten, die den Leser etwas ratlos zurücklassen, weil nicht so ganz klar ist, wo sie hinführen sollen. Trotz des schwachen, aufgrund vieler Perspektiven – auch einige Dorfbewohner des Gévaudan kommen zu Wort – zerfahrenen Anfangs steigert sich die Geschichte deutlich, sobald Thomas im Gévaudan ankommt. Da er schnell feststellt, dass die Bestie kein normaler Wolf ist, beginnt das Rätselraten, was es denn sonst sein könnte. Die Spannung steigert sich merklich, da Blazon geschickt Hinweise setzt, die für Wendungen und Überraschungen sorgen. Dass neben dem Rätsel um die Bestie noch einige weitere Ungereimtheiten eingeführt und aufgelöst werden, tut der Handlung sehr gut und lässt schlussendlich die Erzählmagie aufkommen, die man von der Autorin gewohnt ist.

_Mit „Wolfszeit“ gelingt es_ Nina Blazon erneut, historischen Stoff gelungen aufzubereiten. Ihr Markenzeichen ist dabei, dass sie nicht wie ein typischer historischer Roman klingt, sondern etwas Lockeres in den Roman einbringt. Er lässt sich leicht lesen und bietet Identifikationspotenzial. Einzig der schwierige Einstieg trübt den positiven Gesamteindruck ein wenig.

|Gebunden: 567 Seiten
ISBN-13: 978-3473400706|
http://www.ravensburger.de
http://www.ninablazon.de

_Nina Blazon bei |Buchwurm.info|:_
[„Der Bund der Wölfe“ 2380

|Historische Romane:|
[„Der Spiegel der Königin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3203
[„Der Maskenmörder von London“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3983
[„Die Königsmalerin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5207

|Woran-Saga:|
Band 1: [„Im Bann des Fluchträgers“ 2350
Band 2: [„Im Labyrinth der alten Könige“ 2365
Band 3: [„Im Reich des Glasvolks“ 2369

|Die Taverne am Rande der Welten:|
Band 1: [„Die Reise nach Yndalamor“ 3463
Band 2: [„Im Land der Tajumeeren“ 3980
Band 3: [„Das Königreich der Kitsune“ 4725

|Weitere Fantasyromane:|
[„Die Sturmrufer (Die Meerland-Chroniken 1)“ 4180
[„Die Rückkehr der Zehnten“ 2381
[„Faunblut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5463
[„Schattenauge“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6275
[„Ascheherz“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6885
[„Zweilicht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7450

Ilona Andrews – Ruf der Toten (Stadt der Finsternis 5)

Stadt der Finsternis:

Band 1: „Die Nacht der Magie“
Band 2: „Die dunkle Flut“
Band 3: „Duell der Schatten“
Band 4: „Magisches Blut“
Band 5: „Ruf der Toten“
Band 6: „Magic Gifts“ (noch ohne dt. Titel)
Band 7: „Gunmetal Magic“ (August 2012, noch ohne dt. Titel)

Die Beziehung zwischen der Söldnerin Kate Daniels und Curran, dem Herren der Gestaltwandler, war noch nie besonders einfach. Doch seit die beiden offiziell zusammen sind und in der Festung der Gestaltwandler leben, geht es für Kate drunter und drüber. In Band 5 von „Stadt der Finsternis“, „Ruf der Toten“, muss sie sogar eine ganze Großstadt vor dem Untergang bewahren.

Ilona Andrews – Ruf der Toten (Stadt der Finsternis 5) weiterlesen

[NEWS] MIKAEL BERGSTRAND – Flucht ins Dunkel

Schwedische Krimispannung bei rororo: „Flucht ins Dunkel“ von Mikael Bergstrand.
Mikael Bergstrand - Flucht ins Dunkel

Schweden, mitten im Wahlkampf: Die junge Journalistin Leyla Abdallah berichtet über die neue Partei «Humanistische Alternative» und ihre extravagante Gründerin Josefin Mjörner. Die Partei setzt sich für Asylbewerber ein und versucht sie vor der Ausweisung zu bewahren. Auch die aus Afghanistan geflohene Familie Faqiri wähnt sich in Malmö in Sicherheit – bis plötzlich Vater Osman verschwindet und wenig später ermordet aufgefunden wird. Leyla recherchiert und stößt auf gefährliche Abgründe: in der Politik, aber auch in der Familie …
(Verlagsinfo)

„Ich habe einen neuen Liebling im Krimigenre: Mikael Bergstrand.“ Smålänningen

Taschenbuch, 464 Seiten

 

Leseprobe als Textlink.

 

[NEWS] PETER HØEG – Die Kinder der Elefantenhüter

„Die Kinder der Elefantenhüter“ von Peter Høeg erscheint bei rororo als Taschenbuch. Peter Høeg - Die Kinder der Elefantenhüter

Auf den ersten Blick sind die Finøs eine ganz normale Familie: Vater ist Pastor, Mutter spielt Orgel, brave Kinder. Doch an einem Karfreitag sind mit einem Mal die Eltern verschwunden, die schon einmal durch zweifelhafte Wundertaten mit der Justiz in Konflikt geraten waren. Also beginnen Peter und seine erstaunliche Schwester Tilte eine großangelegte Suchaktion. Inmitten falscher Heiliger und fanatischer Sinnsucher finden sie ihre eigene Tür zur Freiheit und zum Glück. (Verlagsinfo)

„Die Größe dieses Buches besteht darin, dass Høeg selbst das, was ihm ernst ist, in einen gigantischen Spaß verwandelt, wenn es der Sache dient. Natürlich kann man die irrwitzige, kalauernde, traumgleiche Heldengeschichte eines Jungen in all ihrer Lustigkeit auch als Parabel lesen, als ein Anreden und einen Protest gegen die Einsamkeit, die mit dem Erwachsenwerden und dem Herausgeschmissenwerden aus der heilen Kinderwelt unaufhaltsam einsetzt. Dem einen wie dem anderen kann man sich kaum entziehen.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Er kann das. Eine Geschichte spinnen, dass einem schwindlig wird. Einen Wortteppich weben, auf dem man davonschwebt. Bilder erzeugen, eines opulenter als das andere. Der Däne Peter Høeg ist ein Zaubermeister in der Alchemistenküche der schönen Literatur.“ Neue Zürcher Zeitung

„Voller Witz und Fabulierfreude, mit ausgeprägtem Sinn für Abseitiges und Skurriles, verbindet Høeg Familiendrama und Schelmenroman, Religionskritik und Kriminalroman.“ KulturSPIEGEL

Taschenbuch, 496 Seiten

Der Verlag bietet unter dieser Adresse eine Leseprobe an.

[NEWS] Ruth Berger – Der Seelenarzt

„Der Seelenarzt“ von Ruth Berger erscheint bei rororo als Taschenbuch.

Verbrechen und Wahnsinn in den Straßen Alt-Frankfurts

Im Frühjahr 1853 bekommt Doktor Heinrich Hoffmann, Leiter der Frankfurter städtischen Irrenanstalt, eine neue Patientin. Die jungePauline leidet an einem äußerst merkwürdigen Wahn: Sie erkennt ihren eigenen Körper nicht mehr. Anfangs ahnt Hoffmann nicht, welches verstörende Ereignis die Krankheit ausgelöst hat. Und er weiß auch nicht, dass ihn Umstände aus seiner eigenen Vergangenheit mit der Frau verbinden. Als er die Wahrheit endlich begreift, steht er vor der schwersten Entscheidung seines Lebens. (Verlagsinfo)

„Berger versetzt sich so tief ins historische Stadt- und Gesellschaftsleben, dass sich der Leser unmittelbar in einer anderen Zeit sieht.“ Frankfurter Neue Presse

„Eine fesselnde Geschichte, die geschickt die Biografie von Heinrich Hoffmann mit den Elementen eines Psychothrillers verknüpft …“ Margarete von Schwarzkopf, NDR 1

„Meisterlich erzählt.“ BuchMagazin

Taschenbuch, 464 Seiten

Der Verlag bietet unter dieser Adresse eine Leseprobe an.

Klein, Rachel – The Moth Diaries – Die Sehnsucht der Falter

2012 kommt der Film „The Moth Diaries“ in die Kino. Er handelt von einem Mädchen, das auf einem Mädcheninternat lebt, auf dem sich mit der Ankunft einer neuen Schülerin merkwürdige Dinge ereignen. Als Romanvorlage diente Rachel Kleins „The Moth Diaries – Die Sehnsucht der Falter“, ein zuerst 2002 veröffentlichtes Buch, das aber im Gegensatz zum Film in den 60ern oder frühen 70ern spielt.

Die junge Jüdin Rebecca geht auf ein amerikanisches Mädcheninternat und kann das neue Schuljahr und das Wiedersehen mit ihrer besten Freundin Lucy gar nicht erwarten. Doch ihre Freude wird nach einigen Tagen getrübt. Lucy verbringt immer mehr Zeit mit der Neuen in ihrer Klasse, der geheimnisvollen Ernessa, die nie isst, viel raucht und ihr Zimmer nie lüftet. Rebecca ist eifersüchtig auf Ernessa, mit der sie einige Gemeinsamkeiten hat. Zum einen sind beide Jüdinnen, zum anderen haben sie beide ihren Vater verloren, was Ernessa immer wieder gerne erwähnt.

Der Internatsalltag der Mädchen wird jäh unterbrochen, als eine Schülerin, Dora, eines Morgens tot aufgefunden wird. Sie ist vom Dach des Internats gefallen. Alle gehen von einem Unfall aus, aber Rebecca weiß es besser, denn Doras Leiche liegt direkt unter dem Fenster von Ernessa. Dann geschehen weitere mysteriöse Dinge …

_Liest man den Klappentext_ oder Kritiken von „The Moth Diaries“ hat man den Eindruck, es würde sich dabei entweder um eine etwas düsterere Version von „Hanni und Nanni“ oder „noch ein Vampirbuch“ handeln. Damit tut man Rachel Klein allerdings unrecht. Sie hat mit ihrem Roman ein tolles Buch mit jugendlichen Figuren geschrieben, dass auch für Erwachsene sehr interessant ist. Drei Dinge ragen besonders heraus: die Atmosphäre im Buch, die Erzählerin und der subtile Horror, der mit der Zeit immer deutlicher zutage tritt.

Die Geschichte ist nicht als Fließtext verfasst, sondern wird von Rebecca in authentischer Tagebuchform geschrieben. Es gibt längere wie auch kürzere Einträge, Einträge, in denen es nur um ihre Gedanken und Gefühle geht wie auch solche, in denen sie Ereignisse beschreibt. Die Autorin hält diesen Stil bewundernswert durch. Der Leser hat tatsächlich das Gefühl, einem jungen Mädchen beim Tagebuchschreiben über die Schulter zu schauen, anstatt einen Roman in der Hand zu haben. Neben einer sehr subjektiven Erzählperspektive bedeutet das auch, dass Rebecca nicht nur über die eigentliche Handlung schreibt, sondern auch andere Dinge einbringt. Sie berichtet ausführlich über den Internatsalltag, beschreibt Lehrerinnen, den Unterricht bei Mr. Davies, dem einzigen Mann an der Schule, und erzählt immer wieder von den Unterrichtsinhalten, vor allem den Büchern, die sie lesen muss. Die Autorin schafft es, dass Rebeccas Leben sowie die Besonderheiten der damaligen Zeit lebendig werden.

Dies ist die Grundlage für eine außergewöhnliche Erzählerin, die nicht alles bis ins kleinste Detail beschreibt, sondern häufig nur wenige Sätze benutzt und die Lücken vom Leser selbst füllen lässt. Rebecca wirkt sehr naiv, zurückhaltend und ein wenig prüde – Sex und Jungs findet sie (noch) doof. Gleichzeitig vertraut sie sich aber voll und ganz ihrem Tagebuch an, so dass man sie als Leser wirklich sehr genau kennenlernt und dabei merkt, dass mehr hinter ihrer Fassade steckt. Der Selbstmord ihres Vaters beschäftigt sie beispielsweise sehr, genau wie ihre Sorge um Lucy.

Mit der Zeit merkt man allerdings, dass ihre Sicht der Dinge vielleicht nicht unbedingt der Wahrheit entspricht. Je besser man Rebecca kennenlernt, umso instabiler wirkt sie. Rachel Klein lässt es dabei gekonnt im Vagen, ob die Ereignisse sich wirklich so abgespielt haben, wie Rebecca sie berichtet oder ob sie in Ernessa einfach eine Nebenbuhlerin um die Freundschaft mit Lucy sieht. Steigert sie sich nur rein und sieht Dinge, die nicht da sind, oder benimmt sich Ernessa wirklich so merkwürdig, hat Angst vor dem Sonnenlicht und ein Zimmer voller Motten? Dieses geschickte Verwirrspiel lässt den Leser am Ende zwar ratlos zurück, gelungen ist es trotzdem. Man denkt noch eine ganze Weile darüber nach, wer oder was Ernessa jetzt eigentlich ist und was die Autorin genau damit sagen möchte.

_“The Moth Diaries – Die Sehnsucht der Falter“_ ist ein ungewöhnliches Buch, das geschickt mit seinem Leser spielt. Hervorragend geschrieben und aufgebaut überlässt es ihm am Ende selbst, über die Glaubwürdigkeit von Erzählerin Rebecca zu urteilen. Spannend und sehr lesenswert!

|Originaltitel: The Moth Diaries
Deutsch von Susanne Goga-Klinkenberg
312 Seiten, broschiert
ISBN-13: 978-3841421395|
[www.fischerverlage.de]http://www.fischerverlage.de

Gonzales, Laurence – Lucy

Menschen und Menschenaffen sind sich nicht nur vom Verhalten (manchmal) ähnlich, sondern auch von den Genen her. Die DNA der Bonobos, einer Schimpansenart, soll der DNA des Menschen am ähnlichsten sein. Dies nimmt der Schriftsteller Laurence Gonzales in seinem Roman „Lucy“ als Ausgangspunkt für eine erstaunliche Geschichte.

Bei einem Angriff von Rebellen kommt der Primatenforscher Donald Stones im Kongo ums Leben. Jenny Lowe, ebenfalls Primatenforscherin, kommt auf ihrer Flucht an dem Camp vorbei, in dem der Mann abgeschottet von anderen gelebt hat. Dabei macht sie eine überraschende Entdeckung: Donald Stone hatte eine Tochter, die sechzehnjährige Lucy. Jenny nimmt das Mädchen mit auf ihre Flucht vor den Rebellen und schließt sie dabei so sehr ins Herz, dass sie beschließt, sie zu adoptieren.

Zurück in Chicago ist es zuerst nicht einfach, Lucy an das Großstadtleben zu gewöhnen, ist sie doch in ihrem ganzen Leben noch nie aus dem Dschungel herausgekommen. Sie bellt Rolltreppen an und isst Bananen ohne sie zu schälen. Als Jenny die alten Notizbücher von Donald Stone durchgeht, entdeckt sie den Grund für Lucys merkwürdiges Verhalten. Lucy ist kein richtiger Mensch, ihre Mutter war ein Bonobo-Affe. Jenny ist bestürzt, gewöhnt sich aber schnell an den Gedanken und auch Lucy scheint überhaupt kein Problem damit zu haben, Ergebnis eines genetischen Experiments zu sein. Jenny ist klar, dass sie auf der Hut sein müssen, aber als Lucy an einer Krankheit erkrankt, die keine Menschen, sondern nur Tiere befällt, ist es unmöglich, ihre Tarnung weiterhin aufrechtzuerhalten …

_Laurence Gonzales erzählt_ in „Lucy“ eine ungewöhnliche Geschichte, auf die man erstmal kommen muss. Sie beginnt im afrikanischen Dschungel und begleitet Lucy bei ihrer Reise in die Zivilisation. Gonzales erzählt schnell und kompakt von Lucys Problemen mit der Eingewöhnung und wie sie sich letztendlich zu einem beinahe normalen Teenager wandelt. Das komödiantische Potenzial, das andere Autoren vielleicht ausgeschlachtet hätten, lässt der Autor unberührt. Er bleibt angenehm ernst. Was man ihm aber vorwerfen kann, ist die Menge an Stoff, die er in seinem Buch verarbeitet. Dadurch reißt er manche Dinge nur sehr kurz an, die aber durchaus mehr Raum verdient hätten, beispielsweise die Reaktionen aus der Gesellschaft auf Lucy. Auch anderen Stellen wirkt die Geschichte gehetzt. Ein größerer Umfang des Buches oder eine stärkere Eingrenzung des Stoffes hätten „Lucy“ gut getan.

Ansonsten gibt es nichts zu bemängeln. Die Figuren in der Geschichte sind facettenreich und tiefgründig. Sowohl Haupt- als auch Nebencharaktere haben interessante Biografien und Persönlichkeit. Gonzales schafft es außerdem, Lucys besonderes Wesen gut zu erfassen. Auf der einen Seite passt sie sich schnell den Gegebenheiten ihres neuen Umfelds an, auf der anderen sind auch ihre tierischen Instinkte noch vorhanden. So betrachtet sie Szenen im Sozialleben der Menschen gerne im Vergleich zu Szenen aus dem Leben einer Bonobogruppe. Diese Beobachtungen sind sehr aufschlussreich, offenbaren sie dem Leser doch, wie ähnlich wir den Tieren sind.

Der Schreibstil von Gonzales ist von hoher Qualität. Sowohl die Alltagsszenen als auch die wissenschaftlichen Fakten zu Lucys Herkunft beschreibt er in einer sehenswerten Sprache und gleichzeitig gut verständlich. Genau wie sein Erzähltempo hält er sich auch beim Beschreiben nicht lange auf. Zügig, aber mit eindrucksvoller und passender Wortwahl hakt der Autor die Situationen ab, ohne zu Unwichtigem abzuschweifen.

_Letztendlich hält „Lucy“_ nicht ganz, was es verspricht. Die originelle Grundidee wird gut umgesetzt, aber nicht überragend. Das hängt vor allem mit den Schwächen in der Handlung zusammen. An und für sich ist das Buch aber lesenswert, vor allem wegen der guten Charaktere.

|Originaltitel: Lucy
Deutsch von Britta Mümmler
430 Seiten, broschiert
ISBN-13: 978-3423248907|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de

Goodman, Alison – letzte Drachenauge, Das (Eona 2)

_|Eona|:_

Band 1: „Drachentochter“
Band 2: _“Das letzte Drachenauge“_

In Zeiten, in denen Trilogien und Serien sehr prominent sind, hat sich die australische Autorin Alison Goodman dazu entschieden, eine Dilogie herauszubringen. Nach „Drachentochter“ erzählt sie nun in „Das letzte Drachenauge“ die Geschichte der 16-jährigen Eona weiter, die sich in einer vom alten Asien inspirierten Fantasiewelt vor eine abenteuerliche Aufgabe gestellt sieht.

_Nachdem Kaiser Sethon_ seinen Vorgänger getötet und die Macht unrechtmäßig an sich gerissen hat, befinden sich nicht nur Eona und ihre Freunde auf der Flucht vor dem rachsüchtigen Herrscher. Auch Kygo, der Sohn des ermordeten Kaisers und eigentlicher Thronerbe, versteckt sich. Eona möchte ihn finden und ihm dabei helfen, Sethon zu vertreiben und Kaiser zu werden.

Eona ist ein Drachenauge, eine Art Magierin, die mit ihrer Kraft zum Beispiel das Wetter lenken kann. Doch sie weiß nicht, wie sie ihre Kräfte beherrschen kann. Die einzige Person, die ihr helfen könnte, ist die, die bei Sethons Machtergreifung alle anderen Drachenaugen getötet hat: der hinterlistige Lord Ido. Er wird allerdings von Sethon gefangen gehalten.

Gemeinsam mit anderen Widerstandskämpfern macht sich Eona auf die beschwerliche Suche nach Kygo. Doch als sie ihn gefunden hat, wird schnell klar, dass das kleine Rebellenheer gegen Sethons Armeen nichts ausrichten kann. Eona muss lernen, ihre Kräfte einzusetzen und dafür braucht sie Lord Ido. Der wiederum hat seine ganz eigenen Pläne …

_“Das letzte Drachenauge“_ beginnt langsam und verhalten, entwickelt mit der Zeit aber immer mehr Spannung. Das es am Anfang etwas zäh ist, hängt vor allem mit Goodmans Schreibstil zusammen. Sie lässt sich häufig zu längeren Erklärungen hinreißen, die zwar interessant, aber eben nicht wirklich spannend sind. Notwendig sind sie zumeist trotzdem, da die Autorin der Geschichte einen sehr eigenen Hintergrund gegeben hat. Inspiriert von der asiatischen Geschichte hat sie eine detailreiche und interessante Kultur entwickelt. Vor allem die Tradition der Drachenaugen bedarf der Erklärung, die sie gerne und ausführlich gibt. Gerade wenn man den ersten Band nicht kennt, ist das sehr hilfreich.

Goodmans Schreibstil kann, wie bereits erwähnt, langatmig sein. Hat man sich aber erstmal eingelesen, hat er durchaus seine Vorzüge. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive Eonas. Das junge Drachenauge ist eine gute Beobachterin und ihre Gedanken und Gefühle werden ausführlich dargestellt. Sie ist eine sympathische, nachdenkliche Hauptfigur, in die man sich gut hineinversetzen kann. Goodman schafft es, ihre Protagonistin auch durch das, was sie sagt, zum Leben zu erwecken. Auffällig ist dabei, dass die ruhige, präzise Art, die Eona an den Tag legt, zu der Vorstellung passt, die man in Europa von Asien hat. Trotzdem ist die Figur leicht zugänglich, da sie viele Probleme und Sorgen hat, die sich auf die heutige Welt übertragen lassen. Dies macht es einfach, ihr auch bei den langatmigeren Stellen zu folgen.

Eona ist allerdings nicht die einzige Figur, die in der Geschichte überzeugt. Während Ido, das „böse“ Drachenauge, sich nicht wirklich von anderen Bösewichten aus Fantasybüchern abhebt, sind es vor allem die Randfiguren, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dazu gehören beispielsweise Vida, eine von Eonas Gefolgsleuten, die aber nicht besonders gut auf das Drachenauge zu sprechen ist; Ryko, der, obwohl er Eona hilft, nicht wirklich damit zurechtkommt, dass sie, nachdem sie ihn geheilt hat, Macht über ihn besitzt; Kygo, dem man seine Jugend und Unerfahrenheit anmerkt, ohne dass er dabei an Status verliert; und vor allem Dela, die Contraire. Eine Contraire ist in Goodmans Geschichte ein Mann, der als Frau lebt. Seit sie vom Hof geflohen sind, muss Dela allerdings ihr „inneres“, weibliches Geschlecht verbergen und stattdessen als Mann auftreten. Das fällt ihr nicht immer leicht. Abgesehen davon, dass eine Person in einem Jugendfantasybuch ungewöhnlich ist, beschreibt Goodman sehr anschaulich die Gefühle und die Zerrissenheit Delas.

Die Handlung des über 600 Seiten starken Buchs orientiert sich stark an klassischen Fantasyszenarios. Ein böser Herrscher ist illegal an die Macht gekommen und nun möchte der legitime Kaisernachfolger mithilfe von Rebellen seinen Platz zurückerobern. Goodman setzt durch überraschende Wendungen, gute Einfälle und schlussendlich auch durch ihre Fantasie bezüglich der Drachenaugen trotzdem gute Impulse, die der Geschichte eine gewisse Eigenständigkeit geben.

_Letztendlich glänzt der Roman_ durch andere Dinge. Die tollen Figuren etwa oder der sorgfältig ausgearbeitete Hintergrund der Geschichte, der vor allem durch die komplexe Kultur beeindruckt. Wer lange, aber schön erzählte Fantasygeschichten wie „Eragon“ mag, wird sicherlich auch an „Das letzte Drachenauge“ Gefallen finden.

|Gebunden: 605 Seiten
Originaltitel: Eona. The Last Dragoneye
Deutsch von Andreas Heckmann
ISBN-13: 978-3570136829|
[www.cbj-verlag.de]http://www.cbj-verlag.de

Thompson, James – Totenwinter

Mit „Totenwinter“ hat James Thompson den Nachfolger zu seinem Debütkrimi [„Eisengel“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6059 geschrieben. Auch dieses Mal muss der finnische Inspektor Kari Vaara in einem Fall ermitteln, der alles andere als einfach ist.

Dabei sieht es zuerst so aus, als ob Kari und sein neuer Kollege, der etwas fanatische Polizist Milo, den Täter schon hätten. Die umtriebige Iisa Filippov liegt ermordet im Schlafzimmer ihres Reitlehrers und Liebhabers Rein Saar. Natürlich liegt der Verdacht nahe, dass Saar der Täter ist. Kari und Milo nehmen ihn in Gewahrsam, sind aber nicht von seiner Schuld überzeugt. Wenig später bekommt Kari einen Anruf des Polizeipräsidenten, der drängt, den Fall abzuschließen und Saar anzuklagen. Doch Kari ist nicht restlos von dessen Schuld überzeugt und der politische Druck, den der Polizeipräsident auf ihn ausübt, gefällt ihm gar nicht.

Gleichzeitig bittet ihn ebenjener Polizeipräsident darum, mit Arvid Lahtinen, einem finnischen Volkshelden, zu sprechen. Es steht der Verdacht im Raum, dass eine Gruppe Finnen, von denen Arvid der Einzige noch lebende ist, am Holocaust im Zweiten Weltkrieg beteiligt war. Nun möchte ihn Deutschland wegen dieses Kriegsverbrechens anklagen – und Kari soll das verhindern, indem er irgendeine Geschichte erfindet, um den 90-jährigen Nationalhelden zu schützen …

_Autor James Thompson_ ist Amerikaner, der seit Langem in Finnland lebt und mit einer Finnin verheiratet. Kari Vaara hingegen ist Finne und mit Kate, einer Amerikanerin, verheiratet. Schon im ersten Buch hat Thompson dieses Aufeinandertreffen der Kulturen genutzt, um Finnland und seine Kultur anschaulich darzustellen. Dieses Mal stehen die finnische Geschichte zur Zeit des Zweiten Weltkriegs sowie die Großstadt Helsinki, in der Kari mittlerweile wohnt, im Vordergrund. Da zusätzlich Kates Geschwister Mary und John zu Besuch sind, weil Kate hochschwanger ist, geht es auch um Unterschiede zwischen Amerika und Finnland. In dieser Hinsicht entpuppt sich der Autor als aufmerksamer Beobachter, der nicht nur das Positive, sondern auch das Negative in Finnland beschreibt, ohne dabei zu werten.

Das ist aber nicht das Einzige, was „Totenwinter“ auszeichnet. Die Handlung überzeugt auf ganzer Linie, bricht sie doch mit dem üblichen Schema von Kriminalromanen. Die zwei Fälle, die Kari bearbeiten muss, haben eigentlich nichts miteinander zu tun. Am Ende laufen sie trotzdem zusammen. Thompson orientiert sich bei seiner Geschichte nicht an den üblichen Routinen, sondern setzt sie beinahe belletristisch um. Dafür spricht auch, dass das Privatleben von Kari immer wieder thematisiert wird, allerdings sehr unaufdringlich.

Überhaupt ist Kari Vaara eine angenehme Hauptfigur. Er erzählt aus der Ich-Perspektive und obwohl er einige private Probleme hat, überschatten diese nie die eigentliche Geschichte. Er suhlt sich nicht so stark im Selbstmitleid wie man das von anderen skandinavischen Ermittlern kennt. Im Gegenteil wirkt er sehr tatkräftig, wenn auch nicht immer glücklich dabei. Insgesamt ist er aber sehr sympathisch. Das gilt nicht unbedingt für die anderen Figuren. Milo, Karis Kollege beispielsweise, wirkt auf den ersten Seiten wie ein junger und unerfahrener Polizist, entpuppt sich dann aber als ziemlich verrückter Charakter. Auch das Verhältnis zwischen Arvid Lathinen und Kari entwickelt sich interessant.

Geschrieben ist das Buch in einem unaufgeregten Stil, der aber aufgrund der Verwendung des Präsens gewöhnungsbedürftig ist. Thompson setzt viel Wert auf aussagekräftige Dialoge und hält seine Beschreibungen knapp. Trotzdem schafft er es, eine gewisse Grundspannung durch seinen Schreibstil aufzubauen, so dass es schwerfällt, das Buch wieder aus der Hand zu legen.

_Mit „Totenwinter“ hat_ James Thompson einen tollen Nachfolger zu seinem Erstling geschrieben, der durch eine komplexe Handlung und einen spannenden Blickwinkel auf das finnische Leben besticht.

|Originaltitel: Lucifer’s Tears/Kylmä kuolema
Deutsch von Thomas Merk
343 Seiten, Taschenbuch
ISBN-13: 978-3499252822|
[www.rowohlt.de]http://www.rowohlt.de

_James Thompson bei |buchwurm.info|:_
[„Eisengel“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6059

Briggs, Patricia – Siegel der Nacht (Mercy Thompson 06)

_|Mercy Thompson|-Serie:_

Band 1: [„Ruf des Mondes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4490
Band 2: [„Bann des Blutes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5091
Band 3: Spur der Nacht
Band 4: [„Zeit der Jäger“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6250
Band 5: [„Zeichen des Silbers“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6976
Band 6: _Siegel der Nacht_

„Siegel der Nacht“ ist der sechste Band von Patricia Briggs‘ „Mercy Thompson“-Serie und beginnt mit einer echten Veränderung für die Hauptfigur. Mercy, eine Automechanikerin und gleichzeitig Walkerin, also eine Person, die sich in ein Tier verwandeln kann, heiratet ihren Nachbarn Adam. Der ist der Alpha des ortsansässigen Werwolfrudels. Gemeinsam haben die beiden Gestaltwandler schon eine Menge Ärger und Abenteuer erlebt.

_In ihren Flitterwochen_ soll sich das nicht ändern. In einem luxuriösen Wohnmobil fahren die beiden an das Ufer des Columbia Rivers, wo sie die Natur und sich selbst genießen. Doch die Probleme lassen nicht lange auf sich warten. Eines Abends finden die beiden bei der Jagd ein Boot mit einem verletzten Mann auf dem Fluss. Sein einer Fuß fehlt. Es sieht so aus, als ob er abgebissen wurde, nur von wem? Der Columbia River ist nicht dafür bekannt, Ungeheuer zu beherbergen.

Oder etwa doch? Neuerdings scheint ein Flussteufel darin zu wohnen, ein magisches Monster, das nur schwer zu besiegen ist. Nun liegt es an Mercy und Adam, das Monster zu erlegen und den Fluss, auf dem in letzter Zeit eine Menge Menschen verschwunden sind, wieder sicher zu machen. Hilfe bekommen die beiden von den ortsansässigen Indianern sowie von Kojote, der indianischen Gottheit der Kojoten. Er erscheint Mercy und gibt ihr Tipps, wie sie den Flussteufel besiegen soll. Doch das ist nicht das Einzige, was er ihr erzählt. Auch zu ihrer Herkunft hat er einiges zu sagen …

_Mit „Siegel der Nacht“_ hat Patricia Briggs das bislang beste „Mercy Thompson“-Buch geschrieben. Sowohl Hintergrund der Geschichte als auch Handlung sind sehr gelungen. Hinzu kommt, dass man als Leser einige Neuigkeiten über Hauptperson Mercy erfährt. Die Automechanikerin, die sich in einen Kojoten verwandeln kann, ist so oder so eine sympathische Protagonistin. Humorvoll, aber nie albern, nie überkandidelt, erzählt sie aus der ersten Person von ihrem Leben, in dem es immer rund geht. In „Siegel der Nacht“ geht es aber häufig ausschließlich um sie. Geheimnisse aus ihrer Vergangenheit werden gelüftet, was in den Vorgängerbänden so in dieser Form noch nicht passiert ist. Dabei stehen vor allem ihre indianischen Gene im Vordergrund, die sie von ihrem Vater hat, den sie aber nie kennengelernt hat, da er bei einem Autounfall gestorben ist.

Indianisch ist auch der Hintergrund der Geschichte. Die Flitterwochen nahe des Columbia River führen dazu, dass Mercy und Adam mit indianischer Kultur in Kontakt kommen und sich schließlich intensiv damit befassen müssen, als es gegen den Flussteufel geht. Gut recherchiert und ansprechend geschrieben vermittelt Briggs ihren Lesern interessantes Wissen über die verschiedenen Stämme. Dabei macht sie aber nie den Fehler, zu ausufernd zu werden. Im Gegenteil hält sie ihre Beschreibungen knackig kurz, so dass keine Spannung durch Längen in der Geschichte verloren geht.

Die Handlung ist fesselnd und hat einen gewissen Gruselfaktor. Dass sie dieses Mal nicht an Mercys Wohnort spielt, tut der Geschichte gut. Es gibt Neues zu entdecken, neue Personen kennenzulernen. Es ist dabei sehr erholsam, dass die Autorin die Anzahl neuer Personen überschaubar hält. Die eigentliche Geschichte ist sauber und geradlinig konstruiert. Briggs konzentriert sich hauptsächlich auf diesen einzelnen Handlungsstrang und verwirrt den Leser nicht durch Nebenschauplätze. Im Mittelpunkt steht das Töten des Flussteufels, das mit entsprechender Spannung verbunden ist.

Geschrieben ist die Geschichte, wie gehabt, in einem unaufgeregten, beinahe sachlichen Tonfall, der Mercys Naturell entspricht. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive von Mercy, die dem Leser auch Einblicke in ihre Gefühlswelt gewährt. Da sie mittlerweile mit Adam verheiratet ist, sind diese häufig romantischer Natur. Die Autorin verzichtet aber auf frauenromanähnliche Passagen und beschreibt diese Stellen stattdessen sehr erwachsen und so, dass sie zu der sowieso sehr nüchternen Mercy passen.

_“Siegel der Nacht“ ist_, wie bereits gesagt, der wohl beste „Mercy Thompson“-Roman bislang – dank des interessanten Hintergrunds, neuer Informationen zur Hauptperson und der spannenden Handlung.

|Taschenbuch, 398 Seiten
Originaltitel: River Marked
Deutsch von Vanessa Lamatsch
ISBN-13: 978-3453528314|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de
[www.patriciabriggs.com]http://www.patriciabriggs.com

_Weitere Bücher von Patricia Briggs bei |buchwurm.info|:_
[„Drachenzauber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3933
[„Rabenzauber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4943
[„Schatten des Wolfes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5926
[„Spiel der Wölfe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6851

Blazon, Nina – Zweilicht

New York, New York … Für viele ist der Big Apple eine Traumstadt. Doch für Jay, den Protagonisten von Nina Blazons neuem Jugendroman „Zweilicht“, wird die amerikanische Metropole zum Alptraum …

_Für den siebzehnjährigen_ Jay geht ein Traum in Erfüllung, als er in New York einen Schulaustausch macht. An seiner Highschool findet er sofort Anschluss und auch mit seinem Onkel Matt und seinem Cousin Aidan, bei denen er wohnt, versteht er sich gut. Nur ein Mädchen lässt ihn links liegen: die attraktive, aber verschlossene Madison, in die Jay sich gleich bei ihrem ersten Zusammentreffen verliebt. Hartnäckig setzt er alles daran, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und hat letztendlich auch Erfolg dabei.

Doch bevor sie sich wirklich näher kommen können, taucht plötzlich ein weiteres Mädchen auf. Sie nennt sich Ivy – und niemand außer Jay kann sie sehen. Sie warnt Jay vor Madison und behauptet, das Mädchen wäre böse. Für den Jungen sieht es aber eher so aus, als ob Ivy die Gefährliche von beiden ist. Sie foppt Jay, klaut seine Sachen, greift ihn an – aber dann zeigt sie ihm etwas, was ihn so schnell nicht loslassen wird: Eine Welt hinter der eigentlichen Welt. Denn das reale New York ist nur ein schöner Schein – und Jay in größerer Gefahr als er dachte …

_Nina Blazon schreibt_ neben klassischen Fantasyromanen, historischen Geschichten und Kinderbüchern seit einiger Zeit auch Jugendfantasyromane mit einem Hauch Romantik. Während „Faunblut“, „Schattenauge“ und „Ascheherz“ herausragende Bücher waren, geht „Zweilicht“ leider etwas unter. Der Knackpunkt dabei ist vor allem die Handlung. Diese ist zwar, wie immer bei der Autorin, sehr fantasiereich und voller Überraschungen, wirkt aber stellenweise konstruiert. Die märchenhafte Stimmung, die die übrigen Bücher auszeichnet, stellt sich jedoch nicht ein. Woran das genau liegt, ist schwer zu sagen. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Geschichte in der Mitte einen ziemlich starken Bruch erlebt. Der Wechsel in die andere Welt ist beinahe wie der Wechsel in eine andere Geschichte. Das stört den Erzählfluss und schlägt auf die Spannung.

Schreibstil und Figuren sind von gewohnter Qualität, gehen in der Handlung aber etwas unter. Jay wird für sein Alter sehr authentisch dargestellt, mit allen Höhen und Tiefen, die ein Umzug in die Ferne, eine neue Schule, eine neue Liebe und Ärger mit der eigenen Mutter mit sich bringen. Trotz der Verliebtheit umgibt ihn eine gewisse Traurigkeit und auch Wut, deren Ursachen sich erst mit der Zeit erschließen. Die anderen Figuren, vor allem die beiden Mädchen, überzeugen ebenfalls durch eine Menge Geheimnisse, die man erstmal verstehen muss. Ivy sticht dabei besonders heraus. Ihre kratzbürstige, undurchschaubare Art ist erfrischend anders für ein Mädchen. Der Autorin gelingt es außerdem sehr gut, deutlich zu machen, dass Ivy aus einer anderen Welt kommt, ohne zu sehr in Slapstick abzurutschen.

Geschrieben ist „Zweilicht“ gewohnt versiert. Man merkt Nina Blazon ihre journalistische Erfahrung an. Mit wenigen, dafür aber den richtigen Worten beschreibt sie Situationen und Personen sehr treffend. Die Geschichte liest sich flüssig und angenehm. Vor allem die Gedanken und Gefühle ihrer Protagonisten gelingen der Autorin dieses Mal sehr gut.

_Nina Blazons Roman_ „Zweilicht“ kommt nicht an ihre anderen Jugendromane heran. Obwohl Schreibstil und Figuren gewohnt erstklassig sind, hakt es bei der Handlung.

|Gebunden: 411 Seiten
ISBN-13: 978-3570161173|
[www.cbt-jugendbuch.de]http://www.cbt-jugendbuch.de
[www.ninablazon.de]http://www.ninablazon.de

_Nina Blazon bei |Buchwurm.info|:_
[„Der Bund der Wölfe“ 2380
[„Die Rückkehr der Zehnten“ 2381
[„Der Spiegel der Königin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3203
[„Der Maskenmörder von London“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3983
[„Die Königsmalerin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5207
[„Faunblut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5463
[„Schattenauge“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6275
[„Ascheherz“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6885

|Woran-Saga:|
Band 1: [„Im Bann des Fluchträgers“ 2350
Band 2: [„Im Labyrinth der alten Könige“ 2365
Band 3: [„Im Reich des Glasvolks“ 2369

|Die Taverne am Rande der Welten:|
Band 1: [„Die Reise nach Yndalamor“ 3463
Band 2: [„Im Land der Tajumeeren“ 3980
Band 3: [„Das Königreich der Kitsune“ 4725

|Die Meerland-Chroniken:|
Band 1: [„Die Sturmrufer“ 4180

Black, Holly – Weißer Fluch (The Curse Workers 1)

_|The Curse Workers|:_

Band 1: _“Weißer Fluch“_
Band 2: „Red Glove“ (noch kein dt. Titel)
Band 3: „Black Heart“ (Noch kein dt. Titel, Originalausgabe erscheint Mai 2012)

Die Jugendbuchautorin Holly Black wurde für einige ihrer Bücher bereits mit Preisen ausgezeichnet, ihre Kinderbuchreihe „Die Geheimnisse der Spiderwicks“ wurde sogar verfilmt. Mit „Weißer Fluch“, dem ersten Band ihrer neuen Trilogie um den Fluchwerker Cassel, möchte sie nun an diese Erfolge anknüpfen.

_Cassel Sharpe ist 17 Jahre alt_ und das jüngste Kind einer Fluchwerkerfamilie. Fluchwerker können durch ihre Berührung Menschen verfluchen. Es gibt verschiedene Arten von Fluchwerkern. Cassels Mutter beispielsweise ist eine Glückswerkerin, die Menschen glücklich macht, während einer seiner älteren Brüder, Philip, als Leibwerker anderen Leuten ein Bein brechen kann.

Das Einzige, was Cassel beherrscht, ist Lügen und Trickbetrug. Vor allem Ersteres spielt eine große Rolle in seinem Leben, muss er doch ein schreckliches Geheimnis bewahren: Mit vierzehn hat er seine damalige Freundin Lila getötet. Wieso er dies getan hat, weiß er nicht. Er besitzt kaum Erinnerungen an ihren Tod.

Eines Nachts wacht Cassel auf dem Dach des Internats auf, das er besucht. Er hat keine Ahnung, wie er dort hingekommen ist. Er erinnert sich nur noch an einen merkwürdigen Traum, in dem eine weiße Katze ihm die Zunge abbeißt. Zur Strafe wird er suspendiert und muss plötzlich seine Zeit mit seinen zwei älteren Brüdern und seinem Großvater verbringen. Dabei stellt er fest, dass es Geheimnisse in seiner Familie zu geben scheint. Sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit. Geheimnisse, die auch ihn betreffen …

_“Weißer Fluch“ ist ein Jugendbuch_, das auch ältere Leser von der ersten Seite an in seinen Bann zieht. Holly Black gelingt es, eine überaus interessante und mitreißende Welt zu kreieren, in der Magie vor allem etwas Dunkles, Kriminelles ist. Cassels Brüder arbeiten für einen russischen Mafiaclan und Cassels Mutter sitzt wegen Betrügerei im Gefängnis. Cassel selbst nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau und betreibt ein illegales Wettbüro im Internat. Die Geschichte ist ungewohnt düster und auch etwas unmoralisch. Zwar gibt es keine expliziten Sexszenen, dafür aber doch einiges an Kriminalität. Cassel ist auch nicht unbedingt ein Gutmensch, betrügt und lügt er doch die meiste Zeit – wenn auch manchmal mit ehrbaren Motiven. Auf den Zeigefinger, den andere Jugendbücher des Genres häufig enthalten, verzichtet Black glücklicherweise.

Im Mittelpunkt des Romans steht Ich-Erzähler Cassel. Als unscheinbarstes und einziges nicht magiebegabtes Mitglied der Familie Sharpe hat er etwas von einem trotzigen Antihelden. Sein dunkles Geheimnis macht ihn zu einer spannenden, sein Humor zu einer mitreißenden Person. Es macht Spaß ihm zu folgen. Black beschreibt außerdem anschaulich und interessant, wie er Leute anlügt – eine Fähigkeit, auf die er sehr stolz ist. Während des Lesens merkt man schnell, dass sein großspuriges Auftreten nur Fassade ist und er eigentlich an einigen Sachen zu knabbern hat – zum Beispiel am Tod von Lila und seinem alles andere als funktionierenden Familienleben.

Die anderen Figuren im Buch sind ähnlich wie Cassel toll ausgedachte Figuren mit Hang zur Kriminalität. Black verzichtet darauf, ihre Charaktere in Gut und Böse einzuteilen; sie sind alle auf irgendeine Weise böse. Für ein Jugendbuch ist das nicht unbedingt die Regel und alleine deshalb weiß die Geschichte zu gefallen.

Die Handlung von „Weißer Fluch“ ist kompakt, schnell erzählt und fesselnd. Die Autorin versteht sich darauf, geschickt die Balance zwischen Erinnerungen, Gefühlsschilderungen und Aktion halten. Auch wenn die Story selbst sehr geradlinig ist, ohne großartige Nebenschauplätze ist die Handlung eigentlich zu keinem Punkt vorhersehbar. Der Leser ahnt zwar ab und an etwas, wird aber dann von Black doch erstmal in Unwissen gehalten. Gerade Cassels Geheimnis sorgt immer wieder für Höhepunkte im Buch.

Geschrieben ist das Buch in einem sehr angenehmen Schreibstil, der, ähnlich wie die Handlung, sehr präzise mit den richtigen anstatt mit vielen Worten arbeitet. Aus der Ich-Perspektive geschrieben, fällt es nicht schwer, sich von der Geschichte in den Bann ziehen zu lassen. Der leicht humorvolle Unterton trägt außerdem dazu bei, dass das Buch sehr lebendig wirkt.

_Holly Black ist mit „Weißer Fluch“_ ein wirklich tolles Jugendbuch gelungen, das vor allem durch seine politische Unkorrektheit punktet. Wem „Twilight“ zu brav ist, der wird hieran seine helle Freude haben. Handwerklich ist der Roman sehr gut geschrieben, aber es sind vor allem die großartigen Charaktere, die den Leser Seite um Seite nicht mehr loslassen.

|Gebunden: 376 Seiten
Originaltitel: The Curse Workers – White Cat
Deutsch von Anne Brauner
ISBN-13: 978-3570161074|
[www.cbt-jugendbuch.de]http://www.cbt-jugendbuch.de
[www.blackholly.com]http://www.blackholly.com

_Holly Black bei |Buchwurm.info| (Auswahl):_

|Die Spiderwick-Geheimnisse:|
Band 1: [„Eine unglaubliche Entdeckung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=509
Band 2: [„Gefährliche Suche“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=512
Band 3: [„Im Bann der Elfen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=959
Band 4: [“ Der eiserne Baum“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=960
Band 5: [„Die Rache der Kobolde“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1710
Band 6: [„Das Lied der Nixe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4241
Band 6 (Hörbuch): [„Das Lied der Nixe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4658
Band 7: [„Die Rückkehr der Riesen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5388
[„Arthur Spiderwicks Handbuch für die fantastische Welt um dich herum“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3195
[„Die Geheimnisse der Spiderwicks – Das Buch zum Film“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4738
[„Die Spiderwick-Geheimnisse (Audio-CD-Box)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4697
[„Die Spiderwick-Geheimnisse – Über Haltung und Pflege von Elfen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4751
[„Die Spiderwick-Geheimnisse – Die große Entdeckungsreise in die verzauberte Welt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5193

|Feenland:|
Band 1: [„Der gebrochene Schwur“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6516
Band 2: [„Das verborgene Reich“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6515

Waite, Urban – Schreckensbleich

Urban Waite wollte eigentlich Ingenieur werden, hat sich dann aber doch fürs Schreiben entschieden. Dass das kein schlechter Entschluss war, kann man in seinem Debüt „Schreckensbleich“ nachlesen.

_Phil Hunt züchtet_ zusammen mit seiner Frau Nora Pferde in der Nähe von Seattle. Um ein wenig zusätzliches Geld zu verdienen, schmuggelt er außerdem Drogen. Eines Tages wird er dabei von Bobby Drake, einem ambitionierten Jungsheriff, beobachtet. Der setzt Hunts Partner fest und erwischt auch den Pferdezüchter beinahe.

Hunts Auftraggeber gefällt es gar nicht, dass Hunt den Deal vermasselt hat. Nachdem sein Partner im Gefängnis ermordet wird, weiß Hunt, dass man es auch auf ihn abgesehen hat. Tatsächlich heftet sich Grady, der psychopathische Killer, auf seine Fersen – doch er ist nicht der Einzige. Auch Drake lässt der Fall keine Ruhe. Doch er kommt jedes Mal einen Schritt zu spät. Sowohl Hunt als auch Grady, der die Kontrolle über sich verliert und seinen Weg mit Leichen pflastert, sind ihm immer voraus. Aber dann vergreift sich Grady an der falschen Person …

_Urban Waite hat_ einen beachtlichen Debütroman geschrieben, der vor allem durch seinen Schreibstil gefällt. Waite zeichnet mit wenigen, aber sehr treffenden Worten das karge (Innen-)Leben dreier Männer nach, die sich gegenseitig jagen. Die nüchterne Atmosphäre, die der Autor dabei schafft, passt sehr gut zur Geschichte. Gelegentliche rhetorische Spielereien lockern den Roman auf und geben ihm ein eigenes Gesicht.

Die Handlung selbst klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas langweilig. Immerhin handelt es sich nicht um eine typische Krimistory, bei der ein unbekannter Mörder gesucht wird. Alle handelnden Personen sind bekannt, im Mittelpunkt steht vielmehr die Frage, wann sie ihre jeweiligen Ziele erreichen. Diese Jagd schildert Waite spannend und authentisch. Durch geschickte Wendungen baut er immer wieder Spannung auf, die drei Haupterzählperspektiven von Hunt, Drake und Grady sorgen dafür, dass man keinen Moment der Geschichte verpasst.

Die drei Figuren, die im Mittelpunkt stehen, sind sauber ausgearbeitet und sind authentisch. Gerade Drake und Hunt wirken, wie man sich Leute, die in einer ländlichen Gegend aufwachsen, vorstellt: wortkarge Einzelkämpfer, die lieber alles selbst machen als sich helfen zu lassen. Gradys Charakter ist naturgemäß etwas anders. Nicht umsonst wird er im Klappentext als psychopathischer Auftragskiller vorgestellt. Bei dem Versuch, sein Innenleben darzustellen, schlägt Waite sich, im Vergleich, ganz gut. Grady hat zwar diese typischen wahnsinnigen Züge, es bleibt aber in einem annehmbaren Rahmen. Trotzdem enttäuscht der Killer. Im Vergleich mit den anderen beiden Protagonisten und den sorgfältig gezeichneten Nebenfiguren wirkt er doch etwas beliebig.

_Alles in allem_ ist Urban Waite mit seinem ersten Roman jedoch ein tolles Buch gelungen – dank angenehm nüchternem, dabei aber trotzdem lebendigem Schreibstil und der tollen Figuren. Dass noch nicht alles stimmig ist, darf man bei einem Debütroman ruhig nachsehen.

|Taschenbuch, 360 Seiten
Originaltitel: The Terror of Living
Deutsch von Marie-Luise Bezzenberger
ISBN-13: 978-3426507766|
[www.knaur.de]http://www.knaur.de

Williams, Amanda Kyle – Cut

_|Keye Street|-Reihe:_

Band 1: _“Cut“_

So viel Eifer ist selten. Um für ihre Keye-Street-Serie zu recherchieren, hat Amanda Kyle Williams ihren alten Job aufgegeben und arbeitete stattdessen als Privatdetektivin und Gerichtsbotin. Das hat sich gelohnt. Mit „Cut“ ist der ehemaligen Teppichhändlerin ein toller Debütroman gelungen, der vor allem durch seine Hauptfigur beeindruckt.

Keye Street hat sich ihren Kindheitstraum, als Profilerin zu arbeiten, selbst zerstört. Ihre Alkoholsucht hat ihr den angesehenen Job beim FBI gekostet. Jetzt nutzt sie ihr Wissen nur noch, um Kautionsflüchtlinge aufzutreiben und untreue Ehegatten zu überführen. Nachdem sie geschasst wurde, hat sie ihre eigene Privatdetektei eröffnet und kann sich damit ganz gut über Wasser halten.

Ihr bester Freund ist Lieutenant Rauser von der Polizei in Atlanta. Dieser bittet sie eines Tages um Hilfe, da er einen merkwürdigen Mordfall hat, bei dem er nicht weiterkommt. Keye, die ihr alter Job zur Flasche getrieben hat, ist zuerst nicht ganz wohl dabei, wieder als Profilerin zu arbeiten, doch ihre Ergebnisse sind herausragend. Sie findet heraus, dass der Mörder, der sein Opfer am hellichten Tag brutal gefoltert und anschließend umgebracht hat, dies nicht zum ersten Mal tut und weiterhin töten wird. Tatsächlich gibt es wenig später ein zweites Opfer zu beklagen. Und ein Drittes. Doch wo liegt der Zusammenhang zwischen den Taten? Obwohl sie Rausers Vorgesetzten ein Dorn im Auge ist, setzt Keye ihre akribische Arbeit fort – und gerät dabei selbst ins Visier des Mörders …

_Eine Buchreihe lebt_ von der Hauptfigur, die die einzelnen Bände miteinander verbindet und sich kontinuierlich weiterentwickelt, damit nicht nur die Story, sondern auch ihr Charakter für Höhepunkte sorgt. „Cut“ ist zwar das erste Buch, doch Autorin Williams legt ein gutes Fundament mit ihrer Hauptfigur. Keye Street ist Asiatin, die bei Adoptiveltern im tiefsten Süden aufgewachsen ist. Dieser amerikanische Landstrich ist nicht unbedingt für seine offenen Arme bekannt und als Asiatin bildet sie einen schönen Kontrast gegenüber ihren typisch amerikanischen Eltern. Ihre Vergangenheit als Alkoholikerin, ihr Werdegang und ihre raue Freundschaft mit Rauser sind bedeutende Fixpunkte von Keyes Persönlichkeit. Mit der Zeit enthüllt die Autorin immer mehr von Keyes komplizierter, durch verschiedene Erlebnisse geprägte Vergangenheit, ohne dabei ihr gesamtes Pulver zu verschießen. Es bleibt noch genug für Folgebände übrig.

Erzählt wird zumeist aus der ersten Person. Williams gelingt dabei sehr gut der Spagat zwischen Witz und Ernst. Sie bringt zwar immer wieder sarkastische und selbstironische Zwischentöne, übertreibt es aber nicht. Keye wirkt nicht wie eine Ulknudel, sondern wie eine intelligente und selbstbewusste Frau, die durchaus auch die dunkleren Seiten des Lebens kennt. Ansonsten schreibt Williams sprachgewandt und schnörkellos. Genau so, wie man sich einen guten Thriller vorstellt.

Die Handlung selbst überzeugt zum einen durch Authentizität. Man merkt der Autorin an, dass sie weiß, wovon sie schreibt. Ihre Einblicke in die Detektei beschränken sich nicht nur auf die actionreichen Jobs, sondern auch auf die Drecksarbeit. Das ist nicht immer spannend, dafür aber realitätsnah. Umso packender ist der Handlungsstrang um den Serienmörder. Die Autorin bietet alles, was man in so einem Fall erwartet: im Dunklen tappende Polizisten; einen Mörder, der mit den Ermittlern in Kontakt tritt; eine direkt betroffene Keye Street; einen sicheren Verdächtigen und eine überraschende, aber nicht unnatürlich wirkende Wendung am Schluss.

_Sicherlich gibt es_ noch Verbesserungsbedarf an der einen oder anderen Stelle, aber in der Summe ist „Cut“ ein Debüt, das sich sehen lassen kann. Amanda Kyle Williams schreibt abgeklärt, ihre Hauptfigur ist sympathisch und die Handlung vor allem aufgrund einiger Überraschungen überdurchschnittlich gut. Die eher ungewöhnlichen Recherchemethoden haben sich auf jeden Fall gelohnt.

|Gebunden, 427 Seiten
Originaltitel: The Stranger You Seek
Deutsch von Andree Hesse
ISBN-13: 978-3805250061|
[www.wunderlich-verlag.de]http://www.wunderlich-verlag.de

RICHELLE MEAD – Feenkrieg (Dark Swan 3)

Das Leben als Herrscherin über ein Feenreich ist nicht einfach. Das hat Eugenie Markham, halb Mensch, halb Fee und im echten Leben Schamanin, mittlerweile schon festgestellt. In Band 3 von Richelle Meads „Dark Swan“-Serie sieht sie sich vor der beinahe unlösbaren Aufgabe, einen großen Krieg zu beenden.

Dabei an ihrer Seite: der intrigante Feenkönig Dorian, ihr ehemaliger Erzfeind und jetzt Geliebter. Gemeinsam überlegen sie, wie sie den Streit mit Königin Katrice für sich entscheiden können. Während Dorian sich nur wenig Gedanken über tote Zivilisten und Soldaten macht, ist Eugenie da wesentlich sensibler.

Als sie eines Tages in der Menschenwelt ihrem Beruf als Schamanin nachgeht und einen Dämon in die Anderswelt verbannt, erscheint ihr ein weiblicher Geist, der ihr seine Hilfe anbietet. Wenn Eugenie herausfindet, wer Deanna umgebracht hat, wird sie sie zur Eisenkrone führen, einem wertvollen Artefakt, das helfen kann, den Konflikt friedlich zu lösen.

Eugenie ist zuerst unentschlossen, ob sie die Krone holen soll. Es fällt ihr schwer zu glauben, dass eine einfache Krone den Kampf beenden kann. Schließlich gelingt es Dorian, sie dazu zu überreden und weil er sie nicht selbst begleiten kann, besteht er darauf, dass sie Kiyo mitnimmt, ihren Exfreund, der sich in einen Fuchs verwandeln kann. Wenig später stellt sich heraus, dass das keine besonders gute Idee war …

Richelle Mead hat mit „Dark Swan“ eine Serie begonnen, die sich vor allem durch die Zielgruppe von ihren wohl erfolgreichsten Büchern, der „Vampire Academy“-Serie, unterscheidet. Während Letztere sich an junge Erwachsene wendet, sind die Geschichten um Eugenie Markham eindeutig an ein älteres Publikum adressiert. Gerade im dritten Band ist der Anteil expliziter Szenen sehr hoch. Zu hoch? Nun, wenn der Rest der Handlung überzeugen würde, wäre der Sex sicherlich nicht das Problem. Leider ist die Geschichte aber nicht gerade spannend. Sie wirkt unstrukturiert und es mangelt am Spannungsaufbau. Statt einem Höhepunkt gibt es mehrere, die nicht sehr geschickt miteinander verbunden sind. Wenn man eigentlich denkt, das Ziel der Geschichte wäre erreicht, taucht plötzlich ein neues Ereignis auf. Die einzelnen Situationen sind aber häufig nicht besonders gut ausgearbeitet. Die Suche nach der Eisenkrone beispielsweise, die eigentlich im Mittelpunkt des Romans steht, erweist sich als kurz und unspektakulär. Stattdessen liegt erhöhter Augenmerk auf Eugenies Liebesleben – leider. In ihrer „Vampire Academy“-Reihe hat die Autorin nämlich gezeigt, dass sie sehr wohl spannende Geschichten schreiben kann.

Die schwache Story wirkt sich negativ auf die Hauptperson aus. In den Vorgängerbänden war Eugenie eine starke Frau, die neben einem harten Alltagsjob auch noch ein hartes Los als unfreiwillige Herrscherin eines Elfenreichs hat. In diesem wirkt sie nun wie der Spielball der beiden Männer, die in der Vergangenheit und Gegenwart um ihre Gunst buhlen. Das Emanzipierte, das sie bisher immer ausgemacht hat, ist etwas zu sehr in den Hintergrund getreten, ihre Entwicklung stagniert.

Da auch der Schreibstil sich kaum von ähnlichen Büchern des Genres abhebt, ist „Feenkrieg“ der bislang schwächste Band der Serie. Die Handlung tröpfelt uninspiriert vor sich hin, die Entwicklung der Protagonistin stagniert. Es bleibt zu hoffen, dass der vierte Band diesen Fauxpas ausbügeln kann.

Broschiert: 300 Seiten
Originaltitel: Iron Crowned
Deutsch von Frank Böhmert
ISBN-13: 978-3802584848

http://www.egmont-lyx.de
http://www.richellemead.com

Andrews, Ilona – Spiegeljagd (Land der Schatten 2)

_|Land der Schatten|_:

Band 1: [„Magische Begegnung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6772
Band 2: _“Spiegeljagd“_

Mit dem zweiten Band von „Land der Schatten“ geht das Autorenduo Ilona Andrews eher ungewöhnliche Wege. In „Spiegeljagd“ steht nicht das Protagonistenpaar aus dem ersten Band im Vordergrund, sondern zwei ganz andere Charaktere. Während der Gestaltwandler William bereits im Vorgänger eine Nebenrolle spielte, ist Cerise ein völlig neuer Charakter.

In der Geschichte gibt es zwei verschiedene Welten: das magische Weird und das der unseren Welt entsprechende Broken. Dazwischen liegt das Edge, ein sehr unwirtlicher Streifen Land, in dem es immerhin ein wenig Magie gibt. Im dortigen Moor lebt die junge Cerise Mar, die neuerdings das Oberhaupt ihrer riesigen, verarmten Familie ist, seit die Spione Louisianas, einem Herzogtum des Weird, ihre Eltern entführt haben.

Der Anführer der Spiongruppe, die auch „die Hand“ genannt wird, ist Spider. Der wiederum ist der Erzfeind von William, dem Gestaltenwandler. Eines Tages bekommt William Besuch von zwei Agenten des Spiegels, dem Geheimdienst Adrianglias, eines weiteren Herzogentums des Weird. Sie wollen, dass er Spider stellt und vernichtet.

Auf seinem Weg ins Edge begegnet er Cerise, ohne zu wissen, dass sie in Spider beide den gleichen Feind haben. Bei ihrer gefährlichen Reise durchs Moor lernen sich die beiden schätzen und lieben …

_Ilona Andrews_ haben mit ihrer „Stadt der Finsternis“-Reihe viele Fans gewonnen. „Land der Schatten“ hat mit dieser nicht viel gemeinsam, sondern spielt vor einer ganz anderen Kulisse und hat auch einen ganz anderen Ton. Die Autoren sagen dazu auf ihrer Website sehr treffend: „Kate Daniels series is about extraordinary people. The Edge is about ordinary people.“. Tatsächlich zeichnet sich die Geschichte durch einen gewissen rauen, hinterwäldlerischen Charme aus. Die Mars, Cerises Familie, sind ein bunt zusammengewürfelter Haufen mit sehr unterschiedlichen Charakteren und magischen Kräften. Sie sind arm, aber gewieft, ein wenig seltsam, aber trotz allem sehr liebenswert.

William, ein Aussteigertyp, der sich gegen seine eigentliche Herkunft sträubt, passt da perfekt ins Ensemble. Auch er ist sehr originell. Da er sich in einen Wolf verwandeln kann, haftet ihm in Menschengestalt etwas Tierisches an. Dies wissen die Autoren gut herauszustellen und auf witzige Art und Weise einzuarbeiten. Was allerdings negativ auffällt: Die Figurenkonstellation ähnelt, besonders am Anfang, sehr stark der aus dem ersten Band. Junge Frau mit einer großen Last auf den Schultern trifft auf einsamen Wolf und rauft sich mit ihm zusammen. Etwas mehr Kreativität wäre schön gewesen.

Das Gleiche gilt für die Handlung. Diese lebt vor allem von den Reibereien und Liebeleien zwischen Cerise und William. Die eigentliche Storyline ist ein wenig konfus. Es beginnt mit einer Menge Geplänkel. Es wird nicht wirklich klar, worauf die Geschichte eigentlich hinaus möchte. Es gibt eine Menge Nebenereignisse, aber eine konsistente Linie ist nur ansatzweise vorhanden. Das Ende kommt dann sehr rasch und wirkt durcheinander. Bei einem Umfang von über 500 Seiten kommen solche Schwächen deutlich zum Tragen.

Zwei Dinge helfen, die Geschichte trotzdem noch über den Durchschnitt zu hieven. Zum einen ist die Kulisse fantastisch. Das Edge und seine Bewohner werden sehr lebendig und vielschichtig dargestellt. Der raue Charme von Land und Leuten macht Spaß und spiegelt sich auch im humorvollen, aber nicht übertrieben komischem Schreibstil wider, der immer wieder durch skurrile Dialoge und trockene Bemerkungen überrascht.

_“Spiegeljagd“ ist ein Buch_, das man nicht unbedingt gelesen haben muss. Die Handlung überzeugt aufgrund der Ungeordnetheit nur selten, die Geschichte wirkt sehr lang. Wer allerdings den ersten Band gelesen hat oder aus Prinzip Fan von Ilona Andrews ist, wird darüber möglicherweise hinwegsehen können. Figuren, Schreibstil und die herrliche Kulisse sind durchaus Gründe für den Roman.

|Broschiert: 540 Seiten
Originaltitel: Bayou Moon
Deutsch von Ralf Schmitz
ISBN-13: 978-3802583414|
[www.egmont-lyx.de]http://www.egmont-lyx.de
[www.ilona-andrews.com]http://www.ilona-andrews.com

_Weitere Bücher von Ilona Andrews bei |buchwurm.info|:_
[„Die Nacht der Magie (Stadt der Finsternis 1)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5963
[„Die dunkle Flut (Stadt der Finsternis 2)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=6134
[„Duell der Schatten (Stadt der Finsternis 3)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6289
[„Magisches Blut (Stadt der Finsternis 4)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7002