In nicht allzu ferner Zukunft existiert auf dem Mars eine Siedlung, die Menschen haben eine Art Weltregierung und sind bis zum Asteroidengürtel im Sonnensystem vorgedrungen. In der Marssiedlung gibt es sogar Kinder, die weltbekannten Marskinder, die gerade zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden. Seit Neuestem gibt es ein fünftes Kind: Urs, den Sohn des Siedlungsverwalters Pigrato, gerade frisch von der Erde eingetroffen.
Die Kinder entdeckten unter anderem gigantische Blaue Türme, Artefakte außerirdischer Besucher oder Bewohner des Mars, die der menschlichen Technik bislang unzugänglich bleiben. Doch seit der eine Turm durchsichtig geworden ist und das Bild einer fremden Umgebung zeigt, hat sich die Situation geändert. Scheinbar stellt er eine Passage auf einen fremden Planeten dar und gilt damit als potenzielle Gefahr, da die Außerirdischen durchaus feindlich gesinnt sein könnten. Zumal die Passage bisher nur Carl, dem Ältesten der Marskinder, von einem anderen Marsbereich her möglich war.
Was die Erwachsenen noch nicht wissen, ist, dass inzwischen neue Artefakte aufgetaucht sind. Diese anfangs von Carls jüngerer Schwester Ellin gefundenen »Steine« tragen mittlerweile die Namen der Marskinder Urs, Carl und Ellin, während Arianas Artefakt bei der ersten Berührung zerbröselte. Ronny, der Jüngste der Marssiedler, hat bislang noch kein Artefakt mit seinem Namen entdeckt, dafür gibt es eines für »Curly«. Wer sich dahinter verbirgt, ist bisher unbekannt. Und was die Erwachsenen daher auch nicht wissen, ist, dass diese Artefakte demjenigen, dessen Namen sie tragen, die Passage durch die blauen Türme gestatten. Und natürlich treiben widrige Umstände die Kinder durch dieses Tor, das sich anschließend schließt und den Rückweg verwehrt …
Eschbachs Marsprojekt geht langsam in die finale Phase. Mit diesem vierten liegt der vorletzte Band um die Marssiedlung und ihre Kinder vor. Kinder: Ein teilweise unglücklicher Begriff, wenn man die Zielgruppe im gleichen Alter sucht wie das der jüngsten Marsbewohner. Carl, Ariana und Urs sind inzwischen »beziehungsreif« und damit in einem Alter, in dem man ungern als Kind bezeichnet wird. Für die Welt des Marsprojekts ist es jedoch ein gewachsener Begriff, dem die Betroffenen langsam entwachsen.
Die Spannung steigt. War im ersten Band noch gar nicht von Außerirdischen auszugehen, entwickelte sich über die nächsten Romane die Gewissheit ihrer Anwesenheit, so dass die Marssiedlung zwar noch eine extrapolierte Möglichkeit darstellt, mit dem Verlauf ihrer Geschichte inzwischen aber deutlich fantastische Züge angenommen hat. Wir stellen uns jetzt die Fragen: Wer sind die Aliens, woher kommen sie? Warum kennen sie die Marskinder, und warum gerade jene, die zur Zeit des verschollenen Vaters von Carl schon bekannt waren? Wer ist Curly? Vielleicht der Spitzname für Ellins Mutter. Ellin selbst hat einen Moment lang den vollen Durchblick, doch reißt ihr gedachter Faden im Chaos ihrer Atemnot und verschwindet wieder in die Tiefe ihres Unterbewusstseins. Schade, oder zum Glück, denn so kommen wir in den Genuss des finalen Bandes dieser spannenden Serie.
Streckenweise fragt man sich, ob Eschbach wirklich für die hypothetische Zielgruppe der Teenager schreibt oder ob nicht in Wahrheit seine Fans die Zielgruppe sind. Er verschweigt keineswegs physikalische Zusammenhänge, sondern holt sie auf ein allgemein verständliches Niveau herab, lässt die Kinder als DAU agieren und benutzt Professoren, Präsidenten oder einfach Erwachsene als Decoder für die wissenschaftlichen Erklärungen. Aber Ronny ist etwa 13. Ob all dies für einen hypothetischen Dreizehnjährigen auch verständlich ist, ist schwer einzuschätzen. Wahrscheinlich muss in diesem Fall einfach nur die Geschichte fesseln und fließen, und das tut sie.
Bleibt als Abschluss nur zu sagen, dass »Die steinernen Schatten« eine schöne, spannende, flüssig und flott zu lesende wunderbar leichte Unterhaltung ist, die hoffentlich auch den Teenies gefällt – warte auf das nächste Jahr zum Finale!
gebunden, 347 Seiten
Originalausgabe
Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: (3 Stimmen, Durchschnitt: 2,33 von 5)
In der idyllischen Welt Draenor lebten die Clans der Orcs einst in Frieden mit den Draenei. Doch eine alte Fehde zwischen dem Dämonen-Lord Kil’jaeden und seinem ehemaligen Stammesgefährten Velen zerstört die trügerische Harmonie und verheißt den Untergang des gesamten Landes. Kil’jaeden macht seinen dämonischen Einfluss geltend und becirct die mächtigsten Orc-Shamanen mit verheißungsvollen Versprechen. Macht und Ruhm sollen denen gebühren, die sich dem Lord anschließen und als orcischer Zusammenschluss die schlagkräftigste Horde aller Zeiten bilden.
Lediglich Durotan, Häuptling der Frostwölfe, ist von den teuflischen Plänen Kil’jaedens wenig angetan und widersetzt sich seiner Propaganda. Aber auch ihm bleibt keine Wahl: Die höllische Bastion fordert die endgültige Vernichtung der Draenei. Und wer der Horde nicht folgt und an den Traditionen festhält, scheint ebenso dem Untergang geweiht wie Kil’jaedens größtes Feindbild. Durotan steht vor der schwierigsten Entscheidung seines Lebens: Soll er mit der Masse schwimmen oder als einziger für die wahren Werte der ursprünglichen Orc-Clans eintreten?
_Persönlicher Eindruck_
Ähnlich wie auch schon im vorangegangenen Roman der neuen „World of WarCraft“-Buchreihe handelt es sich auch bei „Aufstieg der Horde“ um einen eher spannungsarmen, wenig spektakulären Titel, der zwar einige weniger erwartete Wendungen als Qualitätsmerkmal für sich beanspruchen kann, davon abgesehen jedoch auch für den verbissenen Fan nur wenig Brauchbares aufbieten kann. Derlei Problematik äußert sich gleich auf mehreren Ebenen. Zunächst einmal ist die Erzählform fast schon dazu verdammt, die Spannung ausbluten zu lassen. Christie Golden wählt gerade in der ersten Hälfte eine Art Berichterstattung mit recht großen Zeitsprüngen, in deren Verlauf man lediglich einige Informationen über die tragenden Charaktere erhält, infolge des betont langweiligen Vortrags aber dennoch kaum Zugang zu den wichtigsten Figuren findet. Einzig Durotan bleibt als ehrenvoller Orc-Häuptling mit hehren Ambitionen im Gedächtnis, wohingegen die übrigen Orcs entweder den Rang von manipulierbaren Dummköpfen oder aber teuflischen Machtstrebern erreichen und in sich nur noch wenig Improvisationsspielraum zulassen. Dies wird der Geschichte schließlich auch im actionreichen zweiten Teil deutlich zum Verhängnis. Der Kampf zwischen Gut und Böse, personifiziert von Durotan respektive allen anderen Beteiligten, avanciert immer mehr zur völlig durchschaubaren Farce und wirkt später nur noch wenig glaubwürdig. Zum einen mutet es seltsam an, dass Durotan sich in steter Beharrlichkeit gegen die Vielzahl der übrigen Orc-Stämme sowie Kil’jaeden und dessen Mittelsmänner behaupten kann und den mentalen Kampf sogar überlebt, andererseits lockt die sprunghafte Aneinanderreihung neuer Bösartigkeiten mit wachsender Lesedauer nur noch ein müdes Gähnen hervor, welches vor allem in den schlappen Kampfdarstellungen kaum mehr abzustellen ist.
Unterdessen reißen die Fragezeichen ob des Inhalts und der merkwürdigen Ideen nicht ab. So wollen die philosophischen Einleitungen zu den einzelnen Kapiteln nicht wirklich zum plumpen Handlungsablauf passen, nerven zudem noch, weil sie schon vorab recht viel über spätere Ereignisse und Geheimnisse verraten. Aber auch die unverbesserliche Blindheit nahezu aller verführter Charaktere kauft man der Autorin spätestens nach der zehnten Manipulation nicht mehr ab, zumal Golden diesbezüglich auf permanente Wiederholungen zurückgreift und in Sachen Innovation wie so oft auf der Stelle tritt. Um das überaus mäßige Bild zu komplettieren, ist auch die Beschreibung des Settings sehr, sehr dürftig geraten. Es mag zwar schwierig sein, in einem schmal bemessenen Rahmen von gerade mal 266 Seiten und dazu in einer abgeschlossenen Handlung eine berauschende Fantasy-Welt zu erschaffen und weiterhin eine umfassende Story darin einzubetten, doch ein kleines bisschen Liebe zum Detail hätte gerade hier vielleicht in manchem Szenario wahre Wunder gewirkt, bleibt jedoch ebenso aus wie so viele brauchbare Elemente zur Aufwertung der Handlung.
Nun, es ist schade, dass so viele literarische PC-Adaptionen trotz hervorragender Voraussetzungen so gnadenlos scheitern, gerade was den Fantasy- und Science-Fiction-Bereich betrifft. Die Welt des wohl derzeit populärsten Online-Games scheint hiervon nun ebenfalls betroffen: Gab es in „Teufelskreis“ zumindest noch einige positive Ansätze, die der Überschrift „World of WarCraft“ gerecht wurden, so ist in „Aufstieg der Horde“ hiervon kaum mehr etwas übrig geblieben. Der zweite Part der neuen Romanreihe ist ein ziemlich dürftiger Titel um den hilflosen Kampf für Normen und Werte, als solcher indes inhaltlich derart ausgelutscht, dass ein komplett fader Geschmack zurückbleibt. Fans sollten sich das Geld sparen und es doch besser ins Online-Abo investieren.
Fantasybücher gibt es wie Sand am Meer, doch nach guten Geschichten und Serien, die einen von der ersten bis zur letzten Seite in den Bann ziehen, sucht man doch etwas länger. Trudi Canavans „Gilde der Schwarzen Magier“ war hier eine höchst erfreuliche Entdeckung, die allerdings nach dem dritten Band ein ziemliches Loch hinterlassen hat. Bevor Canavan nun Prequel und Sequel nachliefert, muss diese Zeit überbrückt werden, und da kommt ihre zweite Fantasyreihe „Das Zeitalter der Fünf“ gerade recht.
_Frauenpower_
Im Mittelpunkt der gesamten Erzählung steht Auraya, die mit dem Traumweber Leiard befreundet ist und von diesem einiges über die Heilkunst der Traumweber lernt. Doch diese Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt, als Aurayas erstaunliche magische Fähigkeiten entdeckt werden und sie fortan als Priesterin lebt. Denn als Priesterin gehört sie einem anderen Glauben an als die Traumweber; sie ist den weißen Göttern unterstellt, die sich fünf Vertreter auf der Erde erwählt haben, nämlich die weißen Priester.
Auraya wird schließlich die fünfte Auserwählte und muss fortan die weißen Götter vertreten, die es allerdings verbieten, die Heilkunst der Traumweber anzunehmen, obwohl deren Heilkunst deutlich mächtiger ist als diejenige der Priester von Ithania. Auraya versucht zwischen den beiden Völkern zu vermitteln und beruft Leiard zu ihrem Berater, der die Vermittlerrolle auf Seiten der Traumweber übernehmen soll. Obwohl die Verbindung vielen ein Dorn im Auge ist, fühlen sich Auraya und Leiard immer mehr zueinander hingezogen und beginnen bald eine leidenschaftliche Affäre.
Diese wird jedoch unterbrochen, als schwarze Magier auftauchen, die dem Volk der Pentadrier gehören. Diese glauben an andere Götter und sind deswegen mit Nord-Ithania verfeindet, dessen Bewohner davon ausgehen, dass sie an die einzig wahren Götter glauben. Die weißen Priester stellen sich den schwarzen Magiern und müssen erschrocken feststellen, dass sie ihnen kräftemäßig unterlegen sind. Ein Krieg zwischen den verfeindeten Völkern bahnt sich an, für den die Anhänger der weißen Götter dringend Verbündete brauchen.
Zu diesem Zweck reist Auraya, die auf der Flucht vor einem Pentadrier die Kunst des Fliegens erlernt hat, zum Volk der Siyee. Die Siyee sind ein kleines, zartes Völkchen, das von der Göttin Huan erschaffen wurde und nun im unwirtlichen Land Si lebt, das zu Fuß nur schwer zu erreichen ist. Doch nun werden die Siyee von Landgängern bedroht, die Si erreichen und die Siyee bedrohen. Diese können sich allerdings nur schlecht wehren, denn ihre Körper sind so zart und ihre Flügel so zerbrechlich, dass sie kaum fliegen, geschweige denn dabei mit Waffen hantieren können. Der Siyee Tryss will dies allerdings ändern; er entwirft einen Harnisch, der so leicht ist, dass er damit immer noch fliegen kann, der ihm aber das Mitführen einer Waffe ermöglicht. Doch besonders seine Cousins verspotten Tryss und glauben nicht an seinen Erfolg. Nur die hübsche Drilli, in die nicht nur Tryss, sondern auch seine verhassten Cousins verliebt sind, glaubt an Tryss und unterstützt ihn sogar mit eigenen Ideen. Was die beiden noch nicht ahnen, ist allerdings, dass ihnen bald ein Krieg drohen könnte, der den Harnisch erforderlich machen wird. Auraya fliegt also zu den Siyee und gewinnt nach und nach die Sympathien des Volkes, das sie schließlich von einer Allianz mit dem Volk der Weißen überzeugen kann. Ein weiteres Volk, das im Wasser lebt, soll Auraya vor Ausbruch des Krieges noch zu einer Allianz überzeugen, doch bei ihnen nützt ihr die Fähigkeit des Fliegens nicht, sodass ihr Auftrag noch deutlich schwieriger ist als bei den Siyee.
In einem weiteren Handlungsstrang lernen wie eine Zauberin kennen, die den Traumwebern angehört. Emerahl ist eine mächtige Heilerin, die sich aber bald von den Priestern verfolgt findet. Nur knapp kann sie ihren Widersachern entkommen, indem sie ihren eigenen Tod vortäuscht. Um ihr Leben wieder aufnehmen zu können, verzaubert sie sich in eine junge, gutaussehende Frau mit feurigen roten Haaren. Da sie nun nicht länger Heiltränke verkaufen kann, um die Priester nicht erneut auf ihre Spur zu locken, beschließt Emerahl, als Prostituierte zu arbeiten. Dank ihres neuen verjüngten Äußeren wird bald die Besitzerin des renommiertesten Bordells auf sie aufmerksam, die Emerahl – die ihren Namen bald in Jade ändern muss – davon überzeugt, im Bordell zu arbeiten. Dort avanciert sie schnell zur beliebtesten Prostituierten, aber insgeheim plant sie längst ihre Flucht, die jedoch vom Krieg noch erschwert werden wird …
_Krieg und Frieden_
Die Messlatte liegt hoch; Trudi Canavan hat bereits bewiesen, dass sie hervorragende Fantasybücher schreiben kann, dass sie Fantasie besitzt, interessante Charaktere mit Ecken und Kanten zeichnen und eine ganz eigene Welt entwerfen kann. Umso spannender war für mich die Frage, ob sie dies auch in ihrer zweiten Serie schafft und ob diese sich dann auch noch von der Gilde der Schwarzen Magier abheben kann, wo all die Charaktere mitspielen, die mir im Laufe von drei Büchern so sehr ans Herz gewachsen sind.
Zunächst fallen allerdings die Parallelen auf: Auraya ist genau wie ihre „Vorgängerin“ Sonea rebellisch, sie verfügt zwar über außergewöhnliche magische Fähigkeiten, aber trotzdem lässt sie sich nicht in einen Käfig zwängen; sie will sich ihre Freunde selbst aussuchen und nimmt es dabei auch in Kauf, anzuecken und sich Feinde zu machen. Gegen den Willen der Götter und der anderen weißen Priester lässt sich Auraya auf eine Affäre mit Leiard ein, die sie zwar anfangs noch geheimhalten kann, die aber natürlich zwangsläufig auffliegen muss und dann für einen großen Skandal sorgt. Die Parallelen hören allerdings glücklicherweise bald auf: Bei Auraya überspringen wir die Jugend, sodass nahezu das gesamte Buch in einer Zeit geschrieben ist, in der sie zwar noch viel lernen muss, in der sie aber bereits über große Fähigkeiten verfügt und die Götter sie unsterblich gemacht haben. Dass sie allerdings immer noch verwundbar ist, muss Auraya schnell schmerzhaft erfahren, als sie dem ersten Pentadrier gegenübertritt.
Obwohl der vorliegende Band erst der Einstieg in die Reihe „Das Zeitalter der Fünf“ ist, droht schon früh ein großer Krieg zwischen den Weißen und den Pentadriern. Die Vorstellung der verschiedenen fantastischen Völker und die Zeichnung der Charaktere ist folglich geprägt von der nahenden Kriegsgefahr, in der die handelnden Figuren auf der Jagd nach Verbündeten sind, die das Zünglein an der Waage sein könnten. Besonders hervorzuheben sind hier die Siyee, die Canavan ausgesprochen liebevoll und zeitintensiv präsentiert. Schon lange, bevor Auraya sich nach Si aufmacht, lernen wir Tryss und sein Volk kennen, das an der Macht der Götter zu zweifeln beginnt, weil Huan sie so verletzlich und schwach gemacht hat, dass sie eher eine verunglückte Ausgeburt der Götter zu sein scheinen. Doch Auraya ist sofort fasziniert von den Siyee, die zwar nie große Krieger sein können, allerdings ihren Beitrag leisten wollen (und werden!). Das Wasservolk dagegen, das Canavan anschließend vorstellt, erreicht lange nicht die Faszination der Siyee und spielt im weiteren Verlauf des Buches auch keinerlei Rolle; warum Auraya dieses Volk also aufsuchen musste, ist mir bis zum Schluss des ersten Bandes ein großes Rätsel geblieben, und ich kann mir auch kaum vorstellen, dass sich das noch einmal ändern wird.
_Auf in den Kampf_
Verwundert hat mich, dass Trudi Canavan die Weichen so früh stellt und Nord-Ithania so schnell von dunklen Magiern bedroht wird, denn in der |Gilde der Schwarzen Magier| hat es deutlich länger gedauert, bis schwarze Magie zum großen Thema wurde. Allerdings kommt so trotz der ausschweifenden Beschreibungen und all der vielen Details, die Canavan in ihre Geschichte hineinstrickt, kaum Langeweile auf. Denn zwischendurch verlangt die Autorin zugegebenermaßen einen ziemlich langen Atem von ihren Lesern. Ihre Erzählung teilt sie ein in drei Haupthandlungsstränge, von denen nur einer Auraya begleitet. Der zweite Handlungsfaden handelt von Tryss und seiner Erfindung, seinen Problemen mit seinen Cousins und der aufkeimenden Liebe zwischen ihm und Drilli. Der dritte Handlungsstrang widmet sich der Traumweberin Emerahl, die so alt ist, dass sie sogar noch den berühmt-berüchtigten Traumweber Mirar kennt, der bereits vor einiger Zeit von den weißen Göttern besiegt wurde. Doch auch Mirar findet seinen Eingang in die Geschichte, denn in Leiards Person schlummert noch eine zweite, nämlich die von Mirar. Oftmals spricht Mirar wie ein zweites Ich zu Leiard, allerdings wird Mirar im Laufe der Zeit immer stärker, sodass er später sogar die Kontrolle über Leiard übernehmen, für ihn sprechen und handeln kann.
Welche Rolle Mirar und Emerahl in der weiteren Geschichte einnehmen werden, ist bislang unklar; Trudi Canavan nimmt sich zwar viel Zeit, um Emerahl detailliert vorzustellen und ihre Geschichte zu erzählen, doch am eigentlichen Geschehen ist sie niemals beteiligt, sodass wir auf ihren großen Auftritt noch warten müssen.
_Fantasievoller Einstieg_
Ähnlich wie bei der |Gilde der Schwarzen Magier| nimmt Trudi Canavan sich viel Zeit, um ihre Figuren vorzustellen, die verschiedenen Völker, das unbekannte und fantastische Land, und um ihre Leser auf die Geschichte einzustimmen. So war der gut 800-seitige erste Band kein wirklicher Pageturner, auch wenn wegen des drohenden Krieges früh viel Spannung aufgebaut wird. Was Canavan aber wieder einmal hervorragend gelingt, ist die Tatsache, dass man praktisch sofort weiterlesen möchte, weil man seine neuen Fantasyhelden mitten in der Geschichte verlassen musste.
Dank der liebevollen Charakterzeichnung, einer sympathischen Auraya, die eine sehr unglückliche Beziehung zu Leiard führt, und dank der spannungsgeladenen Atmosphäre animiert „Priesterin“ definitiv dazu, auch gleich zum zweiten Band und dann zum abschließenden dritten zu greifen. Zwar reicht der Einstiegsband dieser Reihe nicht an den dritten Teil der |Gilde der Schwarzen Magier| heran, doch auch Canavans erste Fantasyreihe begann erst ganz gemächlich und steigerte sich dann zu einem unglaublichen Tempo, sodass ich davon ausgehe, dass Canavan auch bei „Das Zeitalter der Fünf“ in den Folgebänden noch ein paar Briketts auflegen wird, denn natürlich wollen wir wissen, wie es mit Auraya weitergeht, ob Leiard Mirar in sich besiegen kann, ob die weißen Götter gegen die Pentadrier gewinnen können und welche Rolle Emerahl im Gesamtgefüge spielt. All diese Fragen sind offen geblieben und ich brenne darauf, die Antworten zu erfahren.
http://www.cbj-verlag.de
|Originaltitel: Priestess of the White (Age of the Five 1)
Originalverlag: Orbit / [Blanvalet]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/344224479X/powermetalde-21
Aus dem Englischen von Michaela Link
Ab 12 Jahren
Taschenbuch, 832 Seiten, 12,5 x 18,3 cm|
_Trudi Canavan auf Buchwurm.info:_
[„Die Rebellin“ 3041 (Die Gilde der Schwarzen Magier 1)
[„Die Novizin“ 2989 (Die Gilde der Schwarzen Magier 2)
[„Die Meisterin“ 3065 (Die Gilde der Schwarzen Magier 3)
John Meaney hat in England das Licht der Welt erblickt und akademische Auszeichnungen in den Bereichen Physik und Computerwissenschaft erlangt. Seine erstes Sci-Fi-Lebenszeichen gab er 1992 von sich, als er die Kurzgeschichte „Spring Rain“ veröffentlichte. Es folgten einige weitere Kurzgeschichten sowie Kurznovelle „Sharp Tang“, ehe 1995 dann Meaneys Debütroman erschien: „To Hold Infinity“ – eine abgefahrene Geschichte über eine Welt, in der die Gehirne der herrschenden Schicht miteinander vernetzt sind, was einen Schurken auf den Plan ruft, dessen Ziel es ist, die neuronale Speicherkapazität der Herrschenden via „Vampir-Software“ für sich selbst zu „saugen“ (einen Euro in die Kalauer-Kiste, ich weiß …) Und zu missbrauchen.
2000 servierte der Brite die Trilogie „Nulapeiron Sequence“, und auch das ist ein exotisch aufregendes Geschichten-Gelage: „Nulapeiron“ spielt in einer bizarren Welt verflochtener Untergrundstädte, die von einem strikten Hierarchiesystem bestimmt werden. Es wurde bewiesen, dass das Universum deterministisch ist; so genannte Orakel können voraussagen, was wann geschieht, und für die Menschen dort gibt es keine schlimmeren Schimpfworte als „Chaos“ oder „Unsicherheit“. Der Protagonist dieser Trilogie will sich von der Sklaverei der festgelegten Zukunft befreien und beschließt deswegen, das Orakel umzubringen. Doch wie tötet man ein Orakel, das seinen Todeszeitpunkt weit in der Zukunft vorausgesagt hat?
_Ideen im Maschinengewehr-Takt._
2007 schließlich hat Meaney sich erneut ein abgefahrenes Universum überlegt und in „Tristopolis“ zum Leben erweckt: Donal Riordan ist Polizist in Tristopolis, einer Stadt, in welcher der Tod allgegenwärtig ist, und bekommt es dort mit einem seltsamen Fall zu tun. Irgendwer scheint es auf die Künstler dieser Zeit abgesehen zu haben, inmitten ihrer Vorstellungen werden die Künstler ermordet und vom „schwarzen Zirkel“ verschleppt.
Die Ermittlungen führen Donal in das Energiezentrum der Stadt, wo riesige Nekrofusionsmeiler Energie aus den Knochen der Verstorbenen ziehen. Malfax Cortindo, Leiter des Energiezentrums, zeigt dem Polizisten, was so verlockend ist, an den Knochen der Künstler: Ihr Genie vibriert noch in den Knochen und führt jeden, der sie berührt, zu Visionen von ekstatischer Schönheit.
Riordan hat keine Zeit weiterzurecherchieren, da eine Diva in die Stadt kommen soll, ein weiteres willkommenes Opfer für den „schwarzen Zirkel“. Donal ergreift alle Maßnahmen, die nötig sind, um sie zu schützen, aber von irgendwoher fällt ein Bann auf alle Besucher, dem Riordan selbst verfällt, während er die Diva zu schützen versucht.
Als er im Krankenhaus erwacht und sich einer „thaumaturgischen Reha“ unterzogen hat, um die Folgen des Banns loszuwerden, verändert sich alles für ihn: Eine Fremde bittet ihn, Mitglied einer geheimen Abteilung der Polizei zu werden. Riordan willigt ein und bekommt es fortan mit erotischen Zombies zu tun, mit lebendigen Motorrädern, telepathiebegabten Katzen, kriminalistisch versierten Geistern, gewalttätigen Zwergen und mit einer Verschwörung, die bis in oberste Schichten der Politik zu reichen scheint.
_Morbider Genre-Crossover._
In „Tristopolis“ sind die Ideen die Hauptfiguren. John Meaney hat ein Universum geschaffen, das es in dieser Form noch nicht gegeben hat: Tristopolis ist ein städtischer Moloch, der seine Energie aus den Knochen der Toten bezieht – und der Tod ist auch sonst allgegenwärtig: In den Flüchen seiner Bürger („blutiger Tod!“, „Thanatos!“ oder „Hades!“), in den Ortsbezeichnungen, in der Technik, in der Stimmung – einfach alles ist eine Metapher auf den Tod. Alles ist dunkel, grau, glänzend, trist und überaus morbide, es gibt Todeswölfe, versklavte Geister, Menschen, die nach Landessitte an Schlangen verfüttert werden, es gibt regelmäßigen Quecksilberregen und die Sonne scheint niemals.
Die Magie ist ein wichtiges Element, aber man sollte sich darunter kein kauziges Zauberstabgeschwenke vorstellen: Meaney hat seine Magie Regeln unterworfen, pseudowissenschaftlich natürlich, aber faszinierend und irgendwie „technikähnlich“. Wie soll man sich das vorstellen? Ein Beispiel mag der Erhellung dienen:
|Cortindo erklärte, dass die Mikrostrukturen lebendiger Knochen von den Wahrnehmungen und Handlungen des Körpers verändert werden, der sie umschließt. Doch nach dem Tod, wenn selbige Knochen Bestandteil des Meilers sind, heult und stöhnt der Nekroflux, dessen Wellen von der inneren Struktur der Knochen gebeugt werden, und erweckt die Erinnerungen der Toten wieder zum Leben.
„Aber nicht in einem zusammenhängenden Ganzen“, sagte Malfax Cortindo. „Es sind nur buntgemischte Erinnerungsfragmente von zweitausend Individuen. Dieses Konglomerat denkt und empfindet in Wahrheit gar nichts.“
Donal blieb stehen und schaute zu den langen, geraden Reihen der Reaktoren zurück.
„Nicht einmal Schmerz?“
„Nein.“ Malfax Cortindo sah ihn lange an, dann tippte er mit seinem Stock auf den Boden. „Das erzähle ich zumindest jedem, der mich offiziell fragt. Verstehen Sie, Lieutnant?“|
Das ist gleichzeitig auch ein wunderbares Beispiel für die kalte und beklemmende Welt von „Tristopolis“, die einen nicht mehr loslässt. Dazu trägt auch das tolle Cover bei, das tatsächlich einen Bezug zum Inhalt des Textes hat! Franz Vohwinkel hat hier hervorragende Arbeit geleistet und die Stimmung von Tristopolis eingefangen – das englische Originalcover kommt da nicht ansatzweise heran. Vohwinkels Cover erzeugt eine herrlich düstere Resonanz zur Story und unterstreicht die intensive Stimmung. Wenn ich ein Synästhet wäre, würde ich die Geschichte wahrscheinlich in der Farbe von schwarzem Chrom wahrnehmen: dunkel, kalt, makellos, mit einem bösen Glanz von Purpur.
Es sei noch erwähnt, dass Meaney ein paar überaus rasante und knackige Kampfszenen geschrieben hat, wobei ihm sein schwarzer Gürtel im Shotokan-Karate sicherlich sehr weitergeholfen hat.
_Eine große Kulisse überleuchtet ihre Akteure._
Leider erreicht das Loblied nicht jeden Winkel von „Tristopolis“. Die Story wird nämlich ziemlich zurückgedrängt von dieser grandiosen Kulisse, und Donal Riordan, ein recht gewöhnlicher Held, muss einen eher biederen Kriminalfall lösen, der mit keinen allzu großen Überraschungen aufwarten kann. Auch Zwischenmenschliches ist nicht unbedingt Meaneys Stärke, ebenso wenig wie die Erschaffung von Figuren mit Tiefe: Selten treten echte Konflikte auf, und wenn doch, lösen diese sich ebenso schnell in Wohlgefallen auf, wie sie aufgetaucht sind.
Außerdem schießt Meaney stellenweise über das Ziel hinaus, wenn er versucht, eine düstere Stimmung zu vermitteln: Immer wieder hat jemand Schmerzen, die über das „Zigfache dessen hinausgehen, was ein normaler Mensch je ertragen könnte“, und als ob das nicht schon genug wäre, kann es schon einmal vorkommen, dass diese Höllenqualen subjektiv erlebte Jahrhunderte andauern.
Das Gleiche muss leider auch über die Fantasy-Elemente gesagt werden. Oft hat Meaney die Gratwanderung gemeistert, lässt Geister Fahrstühle bedienen oder an Flughäfen die Passagiere durchsuchen, aber wer kann sich ein Schmunzeln verkneifen, wenn Autos plötzlich Fledermausflügel ausfahren oder wenn „Überwachungselfen“ im Krankenhaus über ihren Patienten schweben und ein EKG mimen, indem sie „Zwitscher-, Pieps- und Seufzlaute“ von sich geben …
Aber genug des Gemeckers. Auch wenn die Story fast schon Statistencharakter hat, das Universum von „Tristopolis“ ist einen Besuch allemal wert. Besonders der mutige Genre-Crossover hat Unterstützung und Bewunderung verdient; Meaney hat hier Pionierarbeit geleistet und diese mit einer Unmenge solider Ideen zementiert. Außerdem schickt uns Meaney schon 2008 zum nächsten Mal nach Tristopolis, um uns von „Dark Blood“ zu berichten, und wer weiß: Vielleicht hat sich Meaney zum tollen Universum auch noch eine tolle Geschichte ausgedacht! „Tristopolis“ jedenfalls dürfte sich in jedem gut sortierten Phantasten-Regal recht wohlfühlen.
Zwei Jahre nach der Errettung der Nebelsängerin Kirstie ist Alduin mit sich und seiner Welt endgültig ins Reine gekommen. Der junge Falkner wächst an der Seite seines majestätischen Gefährten Rihscha langsam aber sicher zu einer echten Persönlichkeit heran und genießt den Sommer in Nymath. Eines Tages jedoch soll sein Leben ein weiteres Mal die geordneten Bahnen verlassen; Alduin findet vor den Toren seiner Heimatstadt einen völlig desolaten Mann, der sich nur noch mit Mühe und Not hat dorthin schleppen können. Doch wie der Jugendliche alsbald feststellen muss, scheint diese mysteriöse Person sein vermisster, totgeglaubter Vater Cal zu sein.
Geschockt von dieser Gewissheit, beschließt Alduin, die Ursache für den Zustand seines offensichtlichen Erzeugers zu erforschen und nach Methoden zu suchen, die ihn aus seiner Trance befreien können. Seine Reise ist jedoch nur von kurzer Dauer; Alduin wird am Kopf verletzt und verliert sein gesamtes Gedächtnis. Allerdings ist ihm hierbei eine Gabe geblieben: Er kann nach wie vor durch die Augen des Falken sehen. So schöpft er aus den Visionen von Krath, dem Falken seines Vaters, Mut, wird jedoch gleichzeitig immer mehr eins mit Cal. In dieser geistigen Umnachtung eröffnet sich dem jugendlichen Falkner schließlich ein unfassbares Geheimnis. Alduin erfährt von der potenziellen Unsterblichkeit seines Geschlechts – und beginnt mit einem Mal die tatsächlichen Hintergründe für die Ereignisse der letzten Tage zu begreifen.
_Persönlicher Eindruck_
Während Monika Felten vor nicht allzu langer Zeit an ihrer Geschichte aus der Welt Nymaths weiterbastelte und nach der etwas enttäuschenden Anfangshandlung ihre Geschichte um „Das Erbe der Runen“ überaus zufriedenstellend ausbauen konnte, befand sich ihre Kollegin Osanna Vaugh von Beginn an auf der inhaltlichen Überholspur. Nach dem durchweg überzeugenden Auftaktband ihrer Serie legt Vaughn jetzt mit einem weiteren eindrucksvollen Roman nach und zieht ihre Leser einmal mehr in die Welt Alduins, den man wohl jetzt schon als einen der sympathischsten Charaktere der phantastischen Jugendliteratur bezeichnen kann – und der sich in „Im Auge des Falken“ einmal mehr bemerkenswert präsentieren darf. Kein Wunder also, dass auch im zweiten Band der unabhängigen Geschichte zügig wieder Begeisterung beim Leser einkehrt.
Dabei sind die Motive, welche die Autorin im aktuellen Falken-Roman unterbringt, auf den ersten Blick gewöhnlich und im weiteren Verlauf, so glaubt man jedenfalls, vorhersehbar. Die Zweifel an Cals tatsächlicher Existenz scheinen insofern ebenso unbegründet wie diejenigen an Alduins Geschick und Potenzial, sich und das Schicksal seines Vaters zum Guten zu wenden. Zu häufig liefert Vaughn ihren Lesern nämlich Gelegenheit zur übermäßigen Zuversicht, was sich besonders im Mittelteil des Buches, in der die dezenten Konflikte anwachsen, als nicht allzu kluger Schachzug herausstellt.
Ähnliches lässt sich auch zum Entschluss einwenden, eine relativ große Anhäufung grundverschiedener Elemente in die Story einzubauen. Allein schon das plötzliche Auftauchen von Alduins Vater hätte als Basis für ein potenziell starkes Buch völlig ausgereicht, ganz zu schweigen vom etwas künstlich aufgebauschten Gedächtnisverlust, der schließlich auch ein Stück weit das Tempo aus der Handlung nimmt. Aus der Draufsicht betrachtet, scheint die Geschichte also schon von einigen äußeren Konflikten bestimmt zu sein, an denen die Entwicklung bisweilen sogar zu scheitern droht. Dass dem aber bei weitem nicht so ist, verdankt sich dem Geschick der Autorin, all diese differenzierten Aspekte harmonisch unterzuordnen und der befürchteten Überfrachtung der Teilelemente mit raschen, teils auch unerwarteten Wendungen vorzubeugen. Zwar scheint auf inhaltlichem Level die grundsätzliche Tendenz klar vorgegeben, doch lässt Osanna Vaughn sich innerhalb dieser Begrenzung einen doch relativ großen Spielraum, in dessen geweitetem Feld die einzelnen Bruchstücke homogen zusammenwachsen können. Letztendlich findet damit auch der zunächst nicht vollends akzeptierte Gedächtnisverlust seinen Platz im übergeordneten Puzzle und wird – so empfindet man es zumindest rückblickend – als ein wichtiger, vorab jedoch völlig unterschätzter Part sogar begrüßt.
Unterdessen werden auch die Entwicklungsfreiräume in den übrigen Handlungsebenen genutzt, überdies sogar mit einer ausgesprochenen Detailverliebtheit gefüllt. Die fortgesetzte Beziehung zwischen den Falken und dem komplett verwirrten Alduin ist hierbei zum Beispiel ein wirklich wunderschön inszenierter, wechselseitiger Vorgang, der Vaughns Hingabe fürs Phantastische mitunter auch am besten beschreibt und das gesamte Potenzial der Autorin sowie der Geschichte präzise auf den Punkt bringt – und dabei handelt es sich hierbei wirklich nur um einen Bruchteil dessen, was „Im Auge des Falken“ respektive Osanna Vaughns Beiträge zu „Das Erbe der Runen“ tatsächlich ausmacht.
In diesem Sinne kann man der Autorin also zur sehr schön gelungenen Fortführung des Projektes gratulieren, auch wenn es sicherlich noch einige wenige ausbaufähige Punkte im Bezug auf die strukturelle Strategie des Romans gibt. An sich ist „Im Auge des Falken“ jedoch ein sehr angenehmes, jugendlich frisches Fantasy-Buch, das sich einerseits harmonisch in die bereits bestehende Serie eingliedert, andererseits aber völlig unabhängig vom Vorgänger und den übrigen Beiträge zu „Das Erbe der Runen“ funktioniert. Gerade jüngere Leser sollten die sich hier bietende Gelegenheit nutzen!
http://www.arena-verlag.de
|Ergänzend dazu:|
[„Die Nebelsängerin“ 635 (Das Erbe der Runen 1)
[„Die Feuerpriesterin“ 2017 (Das Erbe der Runen 2)
[„Die Schattenweberin“ 3729 (Das Erbe der Runen 3)
http://www.daserbederrunen.de/
Magier und Elfen sucht man in Philip Pullmans Trilogie |His Dark Materials|, die mit „Der Goldene Kompass“ ihren Anfang nimmt, vergebens. Trotzdem, oder gerade deswegen gehört das Buch zu den populärsten fantastischen Kinderbüchern der letzten Jahre, die durch den Erfolg von „Harry Potter“ ins Rampenlicht gerückt sind. Obwohl oft mit diesem verglichen, haben die Romane kaum etwas gemeinsam, davon einmal abgesehen, dass sie beide in England spielen und einen jugendlichen Hauptcharakter aufweisen. Während Rowlings Zauberlehrling nämlich an einer Magierschule aufwächst, die in die normale Welt der Gegenwart integriert ist, beginnt Pullmans Geschichte an einem Internat in Oxford – einem gewöhnlichen Handlungsschauplatz in einer alternativen Realität. Dies wird dem Leser aber erst allmählich klar, denn die Welt funktioniert nach ähnlichen, allerdings im Detail doch anderen Regeln. Und der vielleicht größte Unterscheid: Diese noch stark an die Wirklichkeit angelehnte Welt ist nicht die einzige, sondern eine von vielen, die Lyra, die Hauptfigur in diesem Buch, nach und nach erkundet.
Spätestens seit sein Roman „Spin“ im Jahr 2006 den |Hugo Award| gewann, ist der 1953 in Kalifornien geborene Robert Charles Wilson auch in Deutschland in aller Munde; der direkte Nachfolger „Axis“ erscheint im April 2008 in deutscher Übersetzung. Als „Das neue phantastische Abenteuer vom Autor des Bestsellers ‚Spin'“ wird „Quarantäne“ etwas zu vollmundig auf dem Buchrücken angepriesen, auch in der Gestaltung des Umschlagbildes zeigt man sich sichtlich von diesem inspiriert. Hingegen handelt es sich nur um die Übersetzung des bereits 2003 erschienen Romans „Blind Lake“, der immerhin für den |Hugo| 2004 nominiert war, sich aber nicht gegen Lois McMaster Bujolds [„Paladin der Seelen“ 973 durchsetzen konnte.
Die Handlung von „Blind Lake“ / „Quarantäne“ lässt sich schnell zusammenfassen; sie teilt sich in einen eher geringen Science-Fiction-Anteil und ein weitaus größeres Beziehungsdrama, das durch die Quarantäne der im Norden Minnesotas am namensgebenden Blind Lake gelegenen Forschungsstation verschärft wird. Dort beobachtet die Xenobiologin Marguerite Hauser eine fremde (als „das Subjekt“ bezeichnete) Lebensform auf UMa47/e. Das „Auge“ genannte Gerät besteht aus drei heliumgekühlten Zylindern, in denen sich Einstein-Bose-Kondensate befinden. Diese Quantencomputer wurde ursprünglich eingesetzt, um Rauschen und Verzerrungen des Galileo-Arrays (ein Riesenteleskop im Orbit um den Jupiter) auszugleichen, was sie mit unheimlicher Brillanz zu leisten vermochten. Eines Tages schaltete man das Array ab – und die um eine organische Komponente angereicherten O/BEK genannten Quantencomputer lieferten trotzdem noch perfekte Bilder ferner Welten. Wie das funktioniert, bleibt ein Rätsel, niemand versteht die O/BEKs wirklich, dennoch nutzt man sie, um ferne Welten zu beobachten. Man hat es sogar geschafft, das „Auge“ darauf zu trainieren, dem von Marguerite beobachteten Subjekt zu folgen.
Urplötzlich wird Blind Lake unter Quarantäne gestellt, niemand erfährt wieso. So wird der aufgrund eines kritischen Artikels zu Unrecht in Verruf geratene und verbitterte Journalist Chris Carmody mit Marguerite Hauser, ihrer Tochter Tess und ihrem tyrannischen, fiesen und paranoiden (ja, ein Unsympath, wie er im Buche steht …) Ex-Mann Ray Scutter, der ebenfalls an dem Projekt beteiligt ist, eingeschlossen. Ray ist jedes Mittel recht, Marguerite zu verunglimpfen, um Punkte im schwelenden Sorgerechtstreit um Tess zu sammeln. Diese bereitet ihrer Mutter Sorgen, denn sie sieht wieder „Mirror Girl“, ein Spiegelbild ihrer selbst, das mit ihr redet und sie seltsame Dinge tun lässt. Deswegen war sie schon einmal in psychologischer Behandlung – für Ray der Beweis, dass Marguerite sich mehr um das außerirdische „Subjekt“ kümmert als um ihre Tochter. Mit zunehmender Dauer der Quarantäne entwickelt sich Chris zum Ersatzvater für Tess, es knistert zwischen ihm und Marguerite, was den überreizten Ray zur Weißglut bringt.
_Zu viel Quarantäne-Thriller, viel zu wenig Science-Fiction_
Von Wilson bin ich ein Übermaß an Ideen und scharfsinnigen Beobachtungen gewohnt, wie in den [„Chronolithen“ 1816 oder in „Spin“, bei denen das persönliche Schicksal der Helden eng mit der Handlung verbunden ist. Doch „Quarantäne“ bricht mit diesem Schema und setzt andere Schwerpunkte. Der Science-Fiction-Anteil ist geradezu erbärmlich, die auch von Wilson verständlicherweise kaum erklärten, O/BEKs genannten „Quantencomputerteleskope“, mit denen man Aliens sogar auf der Toilette beobachten kann, werden bei weitem nicht so sehr genutzt, wie der Klappentext reißerisch mit „Lebewesen, die eines Tages bemerken, dass sie beobachtet werden – und sich erheblich gestört fühlen …“ suggerieren möchte. Das „Subjekt“ hat einen festen und sehr langweiligen Alltagsrhythmus, zudem beobachtet Wilson nicht die Aliens oder kümmert sich darum, wie diese Beobachtung funktionieren könnte. Er zielt darauf ab, dass Menschen mit Geräten herumspielen, die sie nicht im Geringsten verstehen, und beobachtet stattdessen das Verhalten verschiedener Charaktere in Extremsituationen, wie eben einer unbegründeten Quarantäne; etwas Ähnliches hat er in größerem Maßstab bereits in den „Chronolithen“ getan.
Der Roman ist eher aufgebaut wie ein Thriller – wie und was beobachtet wird, worum es überhaupt geht und warum Chris Carmody von vielen Wissenschaftlern wie ein Aussätziger behandelt wird, das wird alles erst nach und enthüllt. Vielleicht etwas zu langwierig, denn ich konnte dem Beziehungsdrama um Marguerite, Ray, Chris und Tess wenig abgewinnen und wartete vergeblich auf einen Schwenk in Richtung Science-Fiction. Obwohl die Charaktere relativ glaubwürdig gezeichnet werden, wirken sie schablonenhaft; insbesondere Ray wird von vorneherein als unsympathischer Mensch mit Hang zur Paranoia dargestellt. Tess und „Mirror Girl“ stellen das Element des Unheimlichen in dieser Dreiecksbeziehung dar, denn Letztere ist, wie unschwer zu vermuten, mehr als nur das Phantasieprodukt eines Kindes.
Die Übersetzung ist Karsten Singelmann insgesamt sehr gut gelungen; Wilsons recht schlichter und umgangssprachlicher Stil wurde perfekt in sein deutsches Äquivalent übertragen. Eine „muskrat“ wörtlich mit „Moschusratte“ anstelle von „Bisamratte“ zu übersetzen, sollte dennoch nicht passieren, hier hätte er ruhig einmal zum Wörterbuch greifen sollen.
_Fazit:_
„Quarantäne“ ist ein gut gelungener Thriller mit nur sehr wenigen SciFi-Elementen. Für Wilson untypisch, können die Charaktere in der Regel überzeugen und erregen Anteilnahme, mit Ausnahme des überzeichneten Ray Scutter. Leider geht in dem Beziehungsdrama der ohnehin geringe und sehr magere Science-Fiction-Anteil der Geschichte völlig unter. Ein klarer Fall von Etikettenschwindel – wer einen Nachfolger von [„Spin“ 2703 oder ganz allgemein Science-Fiction erwartete, wird mit diesem Beziehungsthriller wenig Freude haben.
http://www.heyne.de
_Robert Charles Wilson auf |Buchwurm.info|:_
[„Spin“ 2703
[„Die Chronolithen“ 1816
[„Darwinia“ 92
[„Bios“ 89
Man weiß nicht so recht, in welche Schublade man Kit Whitfield mit ihrem Debütroman „Wolfsspur“ stecken soll, so viele verschiedene Genres verschmilzt sie zu einer einzigen Geschichte. Grob trifft es wohl der Begriff „Urban Fantasy“, auch wenn eine solche Kategorisierung gleichermaßen etwas ganz anders verspricht, als man bei Kit Whitfield erwarten sollte.
Ganz der reißerischen Titelgrafik entsprechend, geht es um Werwölfe. Doch wer deswegen nun spannende, actiongeladene Fantasy mit Gruselfaktor erwartet, der ist falsch gepolt. „Wolfsspur“ weist eine immense Tiefe auf, die man hinter einem so billig aufgemachten Buchdeckel niemals erwarten würde. Fantasy, Thriller, Liebesgeschichte, düstere Utopie und Sozialdrama – all diese Elemente verwebt Whitfield zu einer eigenwilligen und faszinierenden Geschichte.
Maddy war von Kindesbeinen an eine Außenseiterin. Die Bewohner ihres Dorfes betrachten sie mit Argwohn, der Pfarrer mit Verachtung und selbst ihr Vater und ihre Schwester schämen sich für sie. Ihr einziger Freund ist der abgerissene, einäugige Vagabund, den sie im Alter von sieben Jahren in der Nähe des Hügels mit dem roten Pferd getroffen hat. Sieben Jahre lang hat er sie einmal im Jahr besucht. Er hat ihr beigebracht, was es mit dem Mal in ihrer Hand auf sich hat, hat sie Lesen und Schreiben gelehrt und ihr Geschichten erzählt, und Maddy war eine gelehrige Schülerin.
Doch eines Tages wird aus dem interessanten Lernstoff Ernst. Der Namenlose, der über Jahrhunderte hinweg immer mehr Anhänger gefunden hat, bedroht das Gleichgewicht der Welt. Und es scheint, dass nur ein magisches Artefakt aus uralter Zeit diese Bedrohung aufhalten kann: der Flüsterer. Maddy macht sich auf die Suche danach und bringt damit Ereignisse ins Rollen, die bald zur unaufhaltsamen Lawine zu werden drohen …
_Maddy ist ein kleiner Wildfang_, trotzig, stur und sehr intelligent. Schon allein diese Eigenschaften sind in den Augen ihrer Mitmenschen äußerst unpassend für ein Mädchen. Abgesehen davon aber ist Maddy auch noch neugierig und mit einer gehörigen Portion Phantasie begabt, und das ist nicht nur ungehörig, sondern geradezu suspekt! Maddy bekümmert die Ablehnung durch ihre Umgebung zwar, trotzdem besitzt das Mädel genug Selbstbewusstsein, um sich dadurch nicht beirren zu lassen.
Dem Pfarrer ist Maddy ein ganz besonderer Dorn im Auge. Nicht deshalb, weil sie ein „Hexenmal“ trägt oder magische Fähigkeiten besitzt, sondern weil sie sich weigert, ihre Fähigkeiten zu seinem Nutzen einzusetzen! Denn Pfarrer Parson ist nicht nur dumm, er ist auch ehrgeizig, und das war schon immer eine ungesunde Mischung …
Außerdem wäre da noch ein kleiner Kobold namens Zucker-und-Sack erwähnenswert, dessen hervorstechendste Eigenschaften neben der Neugier ein erstaunlicher Mut und eine ungewöhnliche Neigung zur Treue sind.
Das klingt jetzt in Sachen Charakterzeichnung vielleicht insgesamt eher mager, ist es aber nicht. Joanne Harris ist es gelungen, alle ihre Figuren äußerst lebensecht und mit einem gewissen Augenzwinkern zu zeichnen, das selbst den bigotten Pfarrer gelegentlich fast liebenswert erscheinen lässt. Das gilt auch für diejenigen Charaktere, die sie aus der germanischen Sagenwelt entliehen hat und die einen Großteil des Personenaufgebots stellen.
_Das Interessante an Harris‘ Geschichte_ ist, dass sie nach der Götterdämmerung spielt. Dabei hat sie zu keiner Zeit versucht, der Angelegenheit einen historischen Anstrich zu verleihen, sondern stattdessen den Weltuntergang so stattfinden lassen, wie es die Sage der Germanen vorsieht. Mit der einen kleinen Ausnahme, dass die Geschichte damit nicht zu Ende ist.
Maddy lebt also in der Zeit nach der Götterdämmerung. Kaum jemand weiß noch etwas über die Asen und Wanen, denn zum einen ist es nur Pfarrern und Ordensleuten gestattet, Lesen zu lernen, und zum anderen dürfen nur die Geschichten über die Alte Zeit erzählt werden, die im Buch der Bücher enthalten sind. Träumen gilt als gefährlich, Zauberei ist offiziell verpönt. In der einen Stadt wird jeder Träger eines „Hexenmals“ den Examinatoren übergeben, ganz gleich, ob Mensch oder Tier. Nur die hinterwäldlerische Lage von Maddys Dorf hat das Mädchen vor diesem Schicksal bewahrt.
Dass der Examinator an einen Inquisitor erinnert, die Grundlage der neuen religiösen Ordnung „Buch der Bücher“ heißt, und die Macht der Ordensleute auf Dem Wort beruht, sind natürlich bewusste Anspielungen, ebenso wie die Landkarte, die gewissermaßen ein wenig an die britischen Inseln erinnert. Über mehr als Anspielungen gehen die Ähnlichkeiten allerdings nicht hinaus.
Natürlich sind die alten Götter mit dieser Weltanschauung keinesfalls einverstanden, doch ihre Möglichkeiten sind begrenzt. Zwar sind nicht alle in der Unterwelt eingesperrt, wie die offizielle Doktrin behauptet. Noch immer wird das Totenreich von Hel beherrscht. Und auch Odin und Loki befinden sich auf freiem Fuß. Allerdings sind sie kläglich in der Unterzahl, und außerdem hat offenbar jeder in dieser Clique mit jedem noch wegen irgendeiner Sache aus alter Zeit ein Hühnchen zu rupfen. Und weil keiner seine eigenen kleinlichen Rachegelüste mal beiseite lassen kann, sind sie alle heillos zerstritten, intrigieren gegeneinander und trachten sich sogar nach dem Leben! Außerdem scheint keiner von ihnen jemals die Wahrheit zu sagen!
Dabei hätten sie Zusammenhalt dringend nötig. Denn seit der Götterdämmerung sind ihre Runen spiegelverkehrt, sodass keine von ihnen mehr über ihre volle Macht verfügt. Auch bei dem Flüsterer, jenem mächtigen Artefakt, hinter dem alle her sind, handelt es sich nicht um einen besonderen Zauberspruch, eine Waffe oder sonst irgend etwas Brauchbares, sondern um ein Orakel. Ich wunderte mich deshalb ein wenig, warum sämtliche Beteiligten so scharf auf dieses Ding sind, denn letztlich sind von ihm nur die üblichen, vieldeutigen und ziemlich nutzlosen Weissagungen zu bekommen. Außerdem hat der Flüsterer seinen eigenen Kopf. Doch die junge, unerfahrene Maddy merkt natürlich nicht, dass sie manipuliert wird.
_Aus diesen Zutaten_ hat die Autorin ein abwechslungsreiches und verwickeltes Katz-und-Maus-Spiel gemacht, das gegen Ende in eine aberwitzige Befreiungsaktion und letztlich in einen spannenden Showdown mit unerwartetem Ende mündet. Dabei hat sie der Handlung mindestens ebenso viel augenzwinkernden Humor angedeihen lassen wie ihren Charakteren. Die trockenen Sprüche und abgedrehten Situationen ließen mich immer wieder laut auflachen.
Alles in allem ist „Feuervolk“ eine sehr charmante und unterhaltsame Lektüre voller liebenswerter und völlig klischeefreier Figuren, mit einer interessanten Welt und einer bunten, bewegten und spannenden Handlung, und obendrauf mit einem Sahnehäubchen aus Ironie. Sehr lesenswert.
_Joanne Harris_, Tochter englisch-französischer Eltern, war von Beruf Lehrerin, bis ihr Roman „Chocolat“ zum Bestseller und zur Vorlage für den gleichnamigen Film wurde. Die Fortsetzung zu „Chocolat“ erschien im September dieses Jahres unter dem Titel „Himmlische Wunder“, außerdem schrieb sie noch weitere Romane, darunter „Das verbotene Haus“ und „Fünf Viertel einer Orange“. „Feuervolk“ ist ihr erster Jugendroman.
Nur kurze Zeit nach den BroodWar-Konflikten spitzt sich die Lage im Universum zu; Arcturus Mengsk und seine Rebellenarmee bekriegen sich immer noch mit der Konföderation und haben sich Gerüchten zufolge sogar mit einer Alien-Rasse zusammengeschlossen. Die Fabriken der alten Familien werden in den Boden gestampft und vernichtet, um der Diktatur der Mächte von Tarsonis endgültig einen Strich durch die Rechnung zu machen. In diesen Zeiten wird auch November Annabella Terra, kurz Nova, unverhofft in den anschwelenden Konflikt hineingerissen. Ihr Vater Constantino entsendet sie zu ihrem eigenen Schutz nach Tyrador, wohl wissend, dass seine Familie nicht länger sicher ist. Kurze Zeit später erfährt Nova, dass er Recht behalten sollte: Die gesamte Familie Terra wird während eines Überfalls ausgelöscht, und Nova, die kurz vor dem Abflug nach Tyrador geflüchtet ist, muss mit eigenen Augen ansehen, wie die Rebellen ihre geliebte Verwandtschaft umbringt.
Just zu diesem Zeitpunkt stößt das 15-jährige Mädchen zum ersten Mal auf ihre psionischen Fähigkeiten; geschockt von den Ereignissen, entfesselt sie ihre Wut in einer Welle der Zerstörung, der nicht nur der Terra-Tower, sondern auch Hundertschaften von Zivilisten zum Opfer fallen. Erschrocken und ohne jeglichen Lebensmut flüchtet sie in das Gutter, die Slums von Tarsonis, und wird dort vom Drogendealer und Mafiaboss Fagin in Gewahrsam genommen, der ihre telekinetischen Kräfte zu seinen Gunsten ausnutzt und seine Position im brutalen Untergrund sichert. Aber auch die Regierung hat Wind von Novas Schicksal bekommen und versucht mit allen Mitteln, sie aufzustöbern und für politische zwecke ins Ghost-Programm aufzunehmen. Der Wrangler Malcolm Kelerchian wird auf das Mädchen angesetzt und muss erfahren, dass in den Ghettos dieser Welt andere Regeln gelten …
_Persönlicher Eindruck_
Chris Metzen, seines Zeichens Entscheidungsträger und kreativer Kopf von |Blizzard Entertainment|, verrät im Intro zum ersten Teil der neuen Roman-Reihe „StarCraft – Ghost“, dass es sich bei dieser Serie um die Adaption einer niemals realisierten PC- und Videospiel-Umsetzung handelt, welche aufgrund übermäßig langer Produktionszeiten erst kürzlich eingestampft wurde. Diese Tatsache sollte „Nova“, den ersten Band dieser Serie, aber keinesfalls als untauglich disqualifizieren, schließlich scheinen die Inhalte und Hintergründe des Science-Fiction-Adventures trotz allem sehr tief ausgeprägt und überraschend gut durchdacht. Außerdem konnte Metzen auf die Hilfe des erprobten Spezialisten Keith R. A. DeCandido verlassen, der in diesem Genre bereits häufiger dafür sorgte, dass derartige Adaptionen allen Befürchtungen zum Trotz in die richtigen Bahnen gelenkt wurden. Insgesamt also keine schlechten Voraussetzungen für den ersten „StarCraft – Ghost“-Roman.
Mit etwas Distanz stellt sich jedoch heraus, dass DeCandido bei der Fokussierung des Themenschwerpunkts erhebliche Schwierigkeiten hat. Es ist ihm zwar sicher nicht vorzuwerfen, dass die ursprüngliche Science-Fiction-Handlung vorerst völlig irrelevant ist und man den Konflikt der einzelnen Fraktionen lediglich als Aufhänger verwendet, jedoch setzt der Autor von Beginn an einige zweifelhafte Prioritäten, die schließlich in einer langatmigen Auftaktstory und einem rundum vorhersehbaren Plot resultieren. So verschwendet DeCandido unheimlich viel Zeit mit der lahmen Geburtstagsparty der Protagonistin, stellt die anrüchigen Machenschaften Fagins in allzu ausufernder Form dar und bekommt zu guter Letzt kaum die Kurve, wenn die verschiedenen Sub-Plots schließlich in einem gar nicht mal so schlechten Finale kulminieren.
Der Inhalt an sich weist indes schon genügend Potenzial auf, um den begeisterten Genre-Anhänger sofort auf seine Seite zu ziehen. Die Figuren unterliegen einer ausführlichen Einführung und auch die Szenerie bürgt für Spannung, nicht zuletzt begünstigt durch einige rasche Wendungen. Problematisch ist nur, dass der Autor sich bisweilen viel zu häufig an Kleinigkeiten aufhält, die den Themenkomplex gleich mehrfach sprengen und die Spannung kurzzeitig herauslösen. Blickt man indes auf die klar definierten Motive und die logischen Handlungsstrukturen, fragt man sich nach der Ursache solch verschwenderischer Füllelemente, findet aber keine Antwort.
Damit ist „StarCraft – Ghost: Nova“ auch nicht der erhoffte Maßauftakt geworden, den man sich unter anderem bedingt durch die guten Erfahrungen mit der vorangegangenen Serie hätte wünschen können. Die Schwierigkeiten liegen dabei weder bei Sprache noch Inhalt (selbst der Fakt, dass die Story fast schon einem Kriminal-Thriller gleicht, sollte keinen Fan stören), sondern lediglich in strukturellen Ungereimtheiten wie etwas der Bevorzugung von Nebensträngen und Dialogen, die die Geschichte kaum voranbringen. Schade ist dies schließlich um die wirklich anständige Basis, auf die Keith R. A. DeCandido bei der Kreation des Plots zurückgreifen kann. Wie so oft scheitert die durchschlagende Überzeugung nämlich nicht am Potenzial, sondern an einer ganzen Reihe minimaler Schönheitsfehler, die in der Summe nur einen mäßigen bis halbwegs guten Roman zurücklassen.
Band 1: [„Drachenbrut“ 3781
Band 2: [„Drachenprinz“ 4065
Da muss man sich doch sehr wundern, wenn man als Leser „Drachenzorn“, den dritten Teil der Saga |Die Feuerreiter seiner Majestät| von Naomi Novik, in den Händen hält und feststellt, dass auf den letzten Seiten mit einer Leseprobe der vierte, soeben in Amerika erschienenen Teil beworben wird. Schnell zur Internetseite des deutschen Verlegers |cbj| geklickt, liest sich dort in einer Ankündigung auf den ersten Teil:
|“Mit der Trilogie »Die Feuerreiter Seiner Majestät« schafft Naomi Novik eine aufregende, neue Drachensaga: In einer historischen Parallelwelt zur Zeit der Napoleonischen Kriege kämpfen Captain Will Laurence und sein unzertrennlicher Drache Temeraire an allen Fronten gegen die französische Bedrohung …“|
So weit, so gut, nur dass es mit der Trilogie nun nicht mehr weit her ist, denn „Drachenzorn“ endet nicht mit einem erhofften, abschließenden Finale, sondern einem offenen Ende, das auf die besagte Fortsetzung zusteuert. Das wäre an sich nicht sonderlich tragisch, nur ist die Erwartungshaltung der Leser an die Romane ursprünglich eine andere gewesen, zumindest im Fall des Rezensenten. Denn nach einem überraschenden Auftakt, der mit seiner unkonventionellen Erzählweise zu gefallen wusste, und einem würdigen und spannenden, wenn auch erzähltechnisch etwas abfallenden zweiten Teil, hätte mit diesem Band der erhoffte Höhepunkt die Geschichte zu Ende bringen können. So allerdings stellt „Drachenzorn“ nur einen weiteren Band dar, auf den nun wer weiß noch wie viele Bände folgen. Und tatsächlich stellt sich nach der Lektüre leichte Ernüchterung ein, denn „Drachenzorn“ fällt, bei im Vergleich zu anderen derzeit veröffentlichten Fantasybüchern noch immer überdurchschnittlich hohem Niveau, leider weiter ab.
_Inhalt_
Die Handlung setzt genau dort ein, wo „Drachenprinz“ endete: am Hof des Kaisers in China. Alle Streitigkeiten zwischen Will Lawrence als Gesandtem Britanniens, seinem Himmelsdrachen Temeraire und dem chinesischen Kaiser sind beigelegt. Nach chinesischem Recht dürfen nämlich nur Mitglieder der kaiserlichen Familie einen Himmelsdrachen fliegen, so dass Will kurzerhand vom Kaiser adoptiert worden ist und nun gewissermaßen die Erlaubnis erteilt bekommen hat, Temeraire auch offiziell als Reiter vorzustehen. Einer Reise ins heimatliche England steht so nichts mehr im Weg, wäre da nicht eine Botschaft, die Will in China erreicht. Er soll schnellstmöglich in das Türkische Reich reisen und dort drei Dracheneier entgegennehmen. Schließlich ist der Kampf Britanniens gegen den übermächtig erscheinenden Napoleon in vollem Gange, und Drachen, vor allem gleich drei an der Zahl, könnten den Krieg entscheidend beeinflussen.
Will und Temeraire sind aufbruchsbereit, es gibt nur ein Problem, denn ihr Schiff, mit dem sie den langen Weg nach China genommen haben, hat einen schweren Brand hinter sich und muss noch einige Wochen im Hafen liegen, um wieder seetüchtig gemacht zu werden. Zu lange, denn die Zeit drängt und jeder verlorene Tag könnte Napoleon einen Schritt weiter zur Herrschaft über ganz Europa bringen. So entscheiden sich die zwei ungleichen Gefährten zusammen mit ihrer Drachenbesatzung dafür, eine Reise übers Festland anzutreten. Was auf der Karte deutlich kürzer erscheint, entpuppt sich jedoch als waghalsiges Abenteuer, denn alle Strecken kann auch ein Drache nicht fliegend überqueren. Schon der erste Abschnitt durch die Wüste, den die Gruppe zu Fuß zurücklegen muss, fordert Ausdauer und Durchhaltevermögen. Sandstürme, Wassermangel, ausreißende Kamel und Wüstenräuber zehren an den Kräften. So sind Laurence und seine Crew auf einen kundigen Führer angewiesen. Doch Tharkay, der auf dieses Angebot eingeht, erscheint im Laufe der Reise alles andere als vertrauenswürdig. Kann er der Gruppe wirklich helfen, sicher bis in den Bosporos zu gelangen?
Tharkays fragewürdige Loyalität ist nicht das einzige Problem. In den Bergen, nachdem die Mannschaft von einer Schneelawine überrascht wird und Unterschlupf in einer von wilden Drachen bewohnten Höhle findet, muss Temeraire erfahren, dass Lien nach Europa aufgebrochen ist – eben jener schneeweiße Himmelsdrache, der in „Drachenprinz“ dem Verräter Yongxing gehörte und mit ihm zusammen den chinesischen Kaiser stürzen wollte. Die Absicht des nun gefährtenlosen Tieres dürfte nichts Gutes bedeuten, schließlich ist sie nicht gut auf Temeraire und Will Laurence zu sprechen.
Zunächst ist sie aber vergessen, denn endlich im Ottomanischen Reich angelangt, wollen die Türken die drei Dracheneier, für die Laurence extra hierhergereist ist, nicht herausrücken. Er muss einen tollkühnen, aber gefährlichen Plan einschlagen und sie des Nachts aus einem Harem klauen. Zwar kann er sich dieser zwar bemächtigen, doch er befindet sich nun auf der Flucht. Zusammen mit Temeraire versucht er so schnell wie möglich nach England zu fliegen. Aber der Krieg hat das Land überzogen, und an einen direkten Weg nach Britannien ist nicht zu denken. Die Reise endet zunächst im benachbarten Österreich. Mit den Türken im Nacken und neuen Verbündeten muss sich das Duo Napoleon in den Weg stellen, und – wie befürchtet – einer Armee, die von Lien persönlich angeführt wird.
_Bewertung_
Naomi Novik verknüpft auch im dritten Teil ihrer Saga gekonnt die historischen Fakten mit dem Genre der Fantasy, das allerdings ausschließlich auf die Drachen beschränkt bleibt. Es existiert keine Magie, selbst die in der Fantastik üblichen als Reinform der Magie dargestellten Drachen sind in der alternativen napoleonischen Epoche Noviks nur als Kampfmaschinen eingesetzte Tiere, allerdings ganz besondere, da sie durch die ihre Intelligenz, die Fähigkeit zu kommunizieren und ihre Kraft den Menschen beinahe ebenbürtig sind. Die Menschen sind ihnen nur durch ihre pure Anzahl überlegen und somit in der Lage, sie für ihre Kriegszwecke, wie es sowohl Britannien als auch Frankreich tun, zu nutzen.
Dass es auch anders geht und Drachen viel stärker am kultivierten Leben teilhaben können, haben Will Laurence und sein Drache Temeraire in China gesehen. Der Wunsch, etwas an den Verhältnissen in England zu ändern, wo es den Drachen nicht schlecht geht, sie aber nicht bedenkenlos durch die Straßen großer Städte laufen können, sondern in Militärbasen festgehalten werden, treibt Temeraire auf dem Rückweg nach Europa an. Die Diskussionen über neue Rechte für Seinesgleichen, die Temeraire mit Laurence, aber auch anderen Drachen führt, stehen im Zentrum von „Drachenzorn“. Daneben präsentiert Novik die Kultur der Türken und geht zudem im Detail auf die kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa ein. Beide Aspekte, sowohl die geistreichen Dialoge wie auch die authentische Darstellung des alten Europa, die trotz der fiktiven Fantastik-Elemente glaubwürdiger rüberkommt als so manches staubtrockene Sachbuch, sind eindeutig die Pluspunkte des Romans. Sie ziehen sich wie ein roter Faden von Beginn an durch die Sage, auch wenn der Schwerpunkt von der Beziehung zwischen Mensch und Drache aus dem ersten Teil einer eher actionlastigeren Handlung gewichen ist.
Naomi Novik fällt es allerdings schwer, trotz der wesentlich ereignisreicheren Schilderungen im Vergleich zu „Drachenbrut“ die Spannungsbögen konstant zu halten. Einige Episoden, speziell im Mittelteil, wirken aufgesetzt und keineswegs so flüssig, wie es uns die Autorin Glauben machen will. Sie bricht mit ihrem früheren Stil und stellt die Geschichte in immer größere Kontexte, anstatt sich auf die Charakterdarstellung zu konzentrieren, die sie, wenn sie wieder zu diesen zurückkehrt, ausgezeichnet beherrscht. Stattdessen nimmt die Handlung immer öfter epischere Ausmaße an (die ereignisreiche Reise, die Flucht aus der Türkei etc.), und dies nicht nur, weil Napoleon wichtige Schlachten gewinnt und die Gefahr für England umso größer wird. Mit Lien etwa baut sie einen Drachen-Gegenspieler auf, der die Einzigartigkeit Temeraires zunichte macht und über fast dieselben Fähigkeiten verfügt. Liens Motivation, als chinesischer Himmelsdrache nach Europa zu fliegen, nur weil Laurence für den Tod ihres früheren Reiters zuständig gewesen ist, hinterlässt einen etwas schalen Nachgeschmack. Genau deshalb hätte Naomi Novik gut daran getan, ihre Reihe abzuschließen und sich nicht in immer neue Verkettungen zu verlieren, die zum Teil zu konstruiert wirken.
Aller Kritik zum Trotz ist aber auch „Drachenzorn“ ein gelungener Roman geworden und gut zu lesen. Novik kennt sich mit der Epoche, in der sie ihren Roman angesiedelt hat, bestens aus und weiß die Vorlage zu nutzen. Der dritte Band fällt zwar etwas ab, doch es bleibt die Hoffnung, dass Novik sich in den nun unvermeidlichen Fortsetzungen auf ihre Stärken besinnt.
Offizielle Homepage der Autorin:
http://www.temeraire.org/
Band 1: [„Schwarzer Montag“ 3719
Band 2: [„Grimmiger Dienstag“ 3725
Natürlich hat Arthur nicht wirklich erwartet, dass Lady Mittwoch, Herzogin der Grenzsee, warten würde, bis er ihrer Einladung von selbst nachkommt. Trotzdem ist der Zeitpunkt, zu dem sie ihn abholen lässt, äußerst ungünstig. Nicht nur, dass er nach wie vor ein gebrochenes Bein hat, zu allem Übel ist auch noch Blatt bei ihm und wird deshalb mit in die Gefilde des Hauses gespült. Das Schiff, das sie dort erwartet, rettet Blatt, verfehlt aber Arthur. Mit viel Mühe kann er eine Boje mitten im Meer erreichen, ehe sein Krankenhausbett sinkt. Nur leider bezeichnet die Boje einen Ort, an dem der gefürchtetste Piratenkapitän sämtlicher Meere einen Schatz versteckt hat. Dass Arthur sich für diesen Schatz kein bisschen interessiert, spielt natürlich nicht die geringste Rolle …
Diesmal hat Arthur es mit einer höchst ungewöhnlichen Treuhänderin zu tun. Aus irgendeinem Grund hat sie sich in einen gigantischen weißen Wal verwandelt, der nichts anderes tut als unablässig zu fressen. Selbst wenn sie ihre menschliche Gestalt annimmt, was sie einige Mühe kostet, kann sie nicht aufhören zu essen. Der Grund, warum sie Arthur eingeladen hat, ist ein höchst überraschender, noch überraschender allerdings ist die Tatsache, dass die Lady selbst die Lösung des Problems beinhaltet – im wahrsten Sinne des Wortes.
Weit mehr Schwierigkeiten als der Wochentag macht Arthur der Pirat Fieberauge. Ein ehemaliger Mensch, der nicht nur skrupellos, gierig und grausam ist, sondern außerdem ein Sklaventreiber erster Güte und auch noch magiebegabt. Kaum ein Schiff, das ihn nicht fürchtet, doch um an den dritten Teil des Vermächtnisses zu kommen, muss Arthur an ihm vorbei.
Zum Glück hat er ein paar neue Verbündete gefunden; so den Zauberer Scamandros, dessen Magie der Fieberauges zwar nicht gewachsen ist, der aber dennoch einige nützliche Tricks auf Lager hat; Sonnenstich, den zweiten Offizier der Motte, der Arthur von der Boje gerettet hat; und die Erhobenen Ratten, die einst dem Pfeifer gefolgt sind und mit Informationen handeln.
Die Charakterzeichnung dieser neuen Personen ist diesmal etwas blasser geraten als in den Vorgängerbänden, was daran liegt, dass die Antagonisten etwas schwach vertreten sind. Lady Mittwoch gibt in ihrer Walgestalt nicht viel Charakterliches her, und Fieberauge taucht erst gegen Ende persönlich auf. Scamandros und Sonnenstich sind etwas detaillierter dargestellt, reichen aber nicht an Susi Türkisblau heran, wahrscheinlich, weil sie aufgrund ihrer räumlichen Gebundenheit in den nächsten Bänden keine so große Rolle mehr spielen werden. Von den Ratten steht zwar zu erwarten, dass sie noch öfter auftauchen werden, die Gewichtung liegt hier aber weniger auf einzelnen Persönlichkeiten als auf der Gruppe als solcher.
Folglich musste die Ausschmückung der Handlung etwas mehr herhalten. Der dritte Vermächtnisteil ist um einiges vernünftiger als der zweite, ganz ohne Schrulle ist es aber auch bei ihm nicht abgegangen. Dazu kamen einige andere, interessante Ideen wie die der Transferuhr, des rotweiß gesprenkelten Krabbenexoskelettes sowie die von Fieberauges Piratenversteck und die der Puzzleportale. Und natürlich muss Arthur bei seinem dritten Besuch in Dem Haus einige Umwege in Kauf nehmen, ehe er an sein Ziel gelangt. Schließlich wird er gleich doppelt verfolgt: zum einen von Fieberauge, zum anderen von Mittwochs Morgengrauen, denn das Schiff, das Arthur aufsammeln sollte, hat ja den falschen Erdenbewohner erwischt, den Arthur selbstverständlich auch noch retten muss. Außerdem stellt sich im Laufe der Ereignisse heraus, dass Blatt nicht die Einzige ist, die auf Rettung wartet …
Arthur hat also wieder alle Hände voll zu tun. Er ist so mit seinen unmittelbaren Gegnern beschäftigt, dass er für die morgigen Tage keinen Gedanken übrig hat. Dementsprechend hört man von diesen nicht viel. Es ist aber nicht anzunehmen, dass sie die ganze Zeit über untätig bleiben. Garth Nix hat sich seinen Hinweis darauf allerdings bis ganz zum Schluss aufgehoben und eröffnet dadurch völlig neue Perspektiven für den vierten Band, auch wenn die beiden besonders akkurat gekleideten Herren aus den ersten beiden Bänden diesmal nicht aufgetaucht sind.
Der dritte Band kann problemlos mit seinen Vorgängern mithalten. Allein die Vorstellung von einem Meer innerhalb eines Hauses ist schon ein wenig aberwitzig, dazu kommen die ungewöhnliche Gestalt von Lady Mittwoch und einige Haken durch die Dimensionen, die Arthur schlagen muss. Die ungewöhnliche Umgebung und die damit verbundenen Ideen entschädigen für die etwas schwächere Charakterzeichnung, und das Duell zwischen Arthur und Fieberauge sowie die anschließenden Massenflucht sind genauso spannend wie die Endkämpfe der ersten beiden Bände. |Die Schlüssel zum Königreich| ist ein bisher durchweg amüsanter und einfallsreicher Jugendbuchzyklus.
Garth Nix ist gebürtiger Australier und war nach dem Studium in den verschiedensten Bereichen der Buchindustrie tätig, ehe er selbst zu schreiben begann. Aus seiner Feder stammen – außer dem Zyklus |Keys to the Kingdom|, der im englischen Original inzwischen bis Band fünf gediehen ist -, der Jugendbuchzyklus |Seventh Tower| sowie die Trilogie |Das alte Königreich|. Für die deutsche Übersetzung des vierten Bandes aus der Reihe |Keys to the Kingdom|, „Sir Thursday“, steht leider noch kein Erscheinungstermin fest.
http://www.ehrenwirth.de/
|Siehe ergänzend dazu:|
[„Schwarzer Montag“ 3719 (Keys to the Kingdom 1)
[„Schwarzer Montag“ 3172 (Hörbuch)
[„Grimmiger Dienstag“ 3725 (Keys to the Kingdom 2)
[„Sabriel“ 1109 (Das alte Königreich 1)
[„Lirael“ 1140 (Das alte Königreich 2)
[„Abhorsen“ 1157 (Das alte Königreich 3)
Das Reich ist vor langer Zeit untergegangen. Heute ist das Land ein Sammelsurium von mehreren mächtigen Großstädten, die jede von einem Khai regiert werden. Doch obwohl das Land zersplittert ist, leben die Menschen seit langem in Frieden. Denn so lange jede Stadt ihren Dichter hat, sind sie unangreifbar. Die Dichter beherrschen die Andaten, mächtige Wesen, die die Städte schützen.
Otah hat die Chance, einer dieser Dichter zu werden. In seiner derzeitigen Situation erscheint ihm diese Möglichkeit allerdings wie ein ferner Traum, den er sich nicht erlauben kann. Der Schulalltag ist schier unerträglich hart und Otah hauptsächlich damit beschäftigt, die Torturen zu überstehen. Bis sich ihm eines Tages der eigentliche Zweck der Schule erschließt. Otah rebelliert …
Im Grunde ist Otah ein recht durchschnittlicher Junge. Er ist zwar von vornehmer Herkunft, aber weder besonders mutig noch besonders klug. Außergewöhnlich ist lediglich die Tatsache, dass er sich dem System verweigert. Ihm fehlt jeglicher Wille zur Macht, ja nicht einmal Reichtum bedeutet ihm etwas. Sein freundliches Wesen macht es ihm leicht, Kontakte zu knüpfen, wirklich einen Platz im Leben zu finden, fällt ihm jedoch schwer.
Seine Geliebte Liat dagegen besitzt eine gehörige Portion Ehrgeiz, zu Otahs Leidwesen nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihn. Gleichzeitig aber fühlt sie sich ihren eigenen Anforderungen nicht gewachsen, und sie ist nicht besonders krisenfest. Liat kann nicht allein sein, sie braucht ständig jemanden zum Anlehnen.
Maati ist der Lehrling des Dichters von Saraykhet, ein gutherziger Junge, der zwar die Schule und die Ausbildung beim Dai, dem Obersten der Dichter, erfolgreich durchlaufen hat, dem allerdings noch die Praxis im Umgang mit Andaten fehlt. Abgesehen davon hat er auch noch keinerlei Lebenserfahrung. Als er in Saraykhet zum ersten Mal selbstständig echte Schwierigkeiten meistern muss, reagiert er hilflos und verunsichert.
Denn sein Lehrer Heshai, im Grunde gutmütig und freundlich, scheint leider nicht nur an Maatis Ausbildung völlig desinteressiert, er ist auch selbst hoffnungslos überfordert. Geschlagen mit einem unansehnlichen Äußeren, einer trübseligen, unverwundenen Vergangenheit und einem ausgeprägten Mangel an Selbstbewusstsein, hat er sich rettungslos dem Alkohol ergeben. Nicht einmal seinen Andaten kann er mehr ordentlich im Zaum halten. Falls er das überhaupt je gekonnt hat …
Samenlos, sein Andat, ist nämlich ein ausgesprochen widerspenstiges Exemplar, das nicht nur den für Andaten typischen Drang hat, aus der Kontrolle des Dichters auszubrechen, sondern außerdem einen ganz persönlichen Hass gegen seinen Meister hegt. Um die Sache komplett zu machen, ist Samenlos auch noch äußerst intelligent und durchtrieben, und so etwas wie Skrupel scheint er nicht zu kennen.
Die Charakterzeichnung hat mir wirklich gut gefallen. Keine der Figuren ist frei von Fehlern, und keine von ihnen lässt sich in ein Schema pressen. Es gibt keinen eindeutigen Helden oder Bösewicht, keinerlei Schwarzweiß-Effekt. Der Autor hat sich nicht auf einen Protagonisten konzentriert, sondern auf eine gute Handvoll. Dadurch ist die Ausarbeitung nicht ganz so detailliert ausgefallen, trotzdem wirken alle seine Hauptcharaktere plastisch und lebendig. Sehr gelungen.
Ebenso gelungen fand ich die Idee der Andaten. Obwohl sich gelegentlich der Ausruf „Ihr Götter!“ findet, spielen Götter im herkömmlichen Sinne bisher keine Rolle. Im Vordergrund stehen die Andaten, gottähnliche, mächtige Wesen, welche die Menschen sich dienstbar gemacht haben. Eigentlich ist selbst der Begriff „Wesen“ schon nicht ganz korrekt, denn Andaten sind keine Wesenheiten, sondern Ideen. Durch die Beschwörung der Dichter wird ihnen eine Gestalt aufgezwungen, die sie in die Lage versetzt, die Realität unmittelbar zu beeinflussen. Die Andaten allerdings empfinden den Körper, in den sie gezwängt sind, als Gefängnis, ihre Bindung an den Dichter als Versklavung.
Die Dichter sind sich dieser Tatsache durchaus bewusst. Ohne die Andaten auskommen will aber niemand. Denn die Andaten sichern ihnen nicht nur militärische, sondern auch wirtschaftliche Vorteile. Und wo besondere Vorteile sind, ist auch besonderer Neid zu finden. Dieser Neid und der Freiheitsdrang der Andaten bilden zusammen ein Pulverfass, das die Städte langfristig gesehen in ziemliche Schwierigkeiten bringen dürfte, zumal das Konkurrenzdenken auch innerhalb der Führungsebene extrem ausgeprägt ist. Kein Sohn eines Khai oder Utkhai kann seinen Vater beerben, solange er noch lebende Brüder hat!
Abgesehen von den Andaten finden sich in diesem Roman allerdings keine weiteren Fantasy-Elemente, was ich dann doch ein wenig schade fand. Die Welt als solche ist zwar nicht uninteressant, lebt aber hauptsächlich von geographischen und kulturellen Kontrasten, die größtenteils nur angedeutet sind. Das lässt den Hintergrund der Geschichte schon fast realistisch wirken. Dem Buch fehlt es an Magie.
Die Handlung steht zunächst hinter dem Entwurf von Welt und Charakteren ein wenig zurück, da der Autor die Bedrohung sehr latent angelegt hat. Alles entwickelt sich schrittweise, ohne Hast oder dramatische Paukenschläge. Der Rahmen, in dem sich die Intrige abspielt, wirkt geradezu alltäglich. Wie es sich für eine Intrige gehört, passiert alles heimlich, leise und sehr indirekt. Schließlich soll ja niemand wissen, worum es wirklich geht. So gelingt es dem Autor, das wahre Ausmaß der Ereignisse bis fast ganz zum Schluss aufzuheben.
Die Kehrseite der Medaille ist, dass sich die Spannung dadurch stark in Grenzen hält. Nicht einmal gegen Ende zieht der Spannungsbogen an, da der Autor die Ausweitung der Bedrohung offenbar ganz auf den nächsten Band verlegt hat. So ist „Sommer der Zwietracht“ ein Buch, das hauptsächlich von seinen gelungenen Charakteren und deren Beziehungen zueinander lebt. Für dieses Mal hat das – zusammen mit dem allmählichen Aufbau der Intrige – gereicht, um nicht langweilig zu werden. Vom nächsten Band erhoffe ich mir allerdings etwas mehr Flair, ein höheres Erzähltempo und einen strafferen Spannungsbogen.
Daniel Abraham lebt mit Frau und Tochter in New Mexico. Bevor er seinen ersten Roman „Sommer der Zwietracht“ verfasste, hat er eine Vielzahl von Kurzgeschichten in Magazinen und Anthologien veröffentlicht, sowie den Kurzroman „Shadow Twin“ in Zusammenarbeit mit Gardner Dozois und George R. R. Martin. Seine Kurzgeschichte „Flat Diane“ wurde für den Nebula Award nominiert. Die Fortsetzung des Zyklus Die magischen Städte, „Winter des Verrats“, soll im März nächsten Jahres erscheinen.
Ein paar Jahrzehnte in der Zukunft. Afrika ist die Kornkammer Europas. Genoptimierte Getreidestämme existieren in der Sahara, ertragreicher als die bisherigen Sorten. Diesen Einbruch in die Natur verfolgen afrikanische Nomadenstämme mit Missgunst und attackieren das europäische Vordringen mit rebellischer Gewalt.
Die |Euroforce| wird zum Schutz der Felder und Einrichtungen eingesetzt. Sie ist im Besitz moderner Waffentechnik, darunter gigantische Käfer, die über Neuroports von ebenfalls verkabelten Soldaten gesteuert werden. Die Rebellen haben ihnen wenig entgegenzusetzen, einzig ihre künstlichen Skorpione vermögen die Käfer zu töten. Und mit ihnen sterben auch die Soldaten.
Björn ist einer von ihnen. Bei ihm waren sowohl die Zeit als auch das gefundene Material ausreichend, um ihm ein zweites Leben zu schenken, als so genannter |Zombie|, wie sie von der Normalbevölkerung genannt werden. Eine Neuroportblockade sorgt bei ihnen für widernatürlich langsame Reflexe bei normaler Gehirnleistung, wodurch sie sich eingesperrt und hilflos fühlen. Die dem Zombie Björn anvertraute jugendliche |BLA| entdeckt, wie Zombies bei Fehlfunktion oder Nutzlosigkeit erledigt werden, und entflieht mit Björn aus Europa, natürlich nach Afrika. Und natürlich gelangen sie in die Fänge der Rebellen, wo Björns blockierter Port deaktiviert und damit seine normale Leistungsfähigkeit zurückgewonnen wird.
Björn widmet sich mit Ingrimm der Sache der Rebellen, um sich an der |Euroforce| zu rächen.
Dieser Roman erschien in gebundener Form im |Patmos|-Verlagshaus und stellt sich in ansehnlicher Aufmachung dar: Der stählerne Skorpion, der aus einem dunklen Hintergrund, aus der Verborgenheit heraustritt und über einen rissigen Wüstenboden sein Ziel verfolgt, thematisiert gelungen den Guerillakrieg der Rebellen gegen die übermächtige, technisch überlegene |Euroforce|. Dass dabei dieser Skorpion für den Roman selbst nur eine untergeordnete Rolle spielt, bleibt auch bei der Titelwahl unberücksichtigt. Hammerschmitt hat zwar die Beziehung von Zombie Björn zu diesen Skorpionen herausgearbeitet, indem er Björns ersten Tod mit ihnen verknüpft und ihnen später eine erneute Begegnung spendiert, doch gibt er dem neuen Rebellen Björn mitnichten die Rolle des Fürsten, des Gebieters über die Skorpione oder übertragen über die Rebellen, die ihren Skorpionen gleich hinterhältige Attacken gegen die EF vornehmen. Björn wirkt vielmehr als von allen Seiten missbrauchter Charakter, dem schließlich sein eigener Wahn – der Wunsch nach Rache – die Augen vor den Dingen verschließt, die seiner Umgebung wichtig sind und die als zwischenmenschliche Festigung seines erschütterten Daseins gelten könnten – die Gefühle und Bedürfnisse seiner Kameradin, die ihm überhaupt erst die Befreiung aus dem Überwachungsnetz der EF ermöglichte, sowie sein Wert und sein Ansehen unter den Rebellen, durch die er schließlich als die Waffe, die er für die EF war, gegen sie eingesetzt wird.
BLA dagegen ist nur Mittel zum Zweck. Ihr kommt die Rolle des Auges zu, das die Geschehnisse wahrnimmt und aus einem relativ unabhängigen Blickwinkel betrachtet für den Leser darstellt. Sie befreit Björn, bringt ihn nach Afrika und folgt ihm zu den Rebellen, wo sie miterleben muss, wie er sich von ihr entfremdet und fanatisch nur noch die Ziele verfolgt, die ihm die Führer der Rebellion diktieren. Sie ist das Überbleibsel aus Björns Welt, das sich nicht mit den Rebellen identifizieren kann, für die es aber auch kein Zurück gibt. Ihre Person selbst hat keinen Einfluss auf die Geschehnisse nach Björns Befreiung, und auch der Weg nach Afrika erfolgt eher zufällig als unter ihrem Einfluss. Sie gibt dem Roman eigentlich nichts außer einem gekränkten Blick auf den Wahn in Björns Veränderung sowie eine obligatorische Liebesgeschichte, um ihrem Dasein einen Sinn aufzupfropfen.
Hammerschmitt ergeht sich in untypischen Perspektivenwechseln, meist zwischen Björn und BLA, manchmal so fließend, dass man erst anhand der erhaschten Gedanken merkt, in wem man sich befindet. Damit eröffnet sich Hammerschmitt die Möglichkeit, den Leser als gedankenlesenden Adler über der Geschichte fliegen zu lassen und je nach Bedarf in den Kopf eines Protagonisten einzutauchen, ohne sich auf eine Perspektive festzulegen. Damit vereinfacht er sich die Erzählung einerseits, verwirrt andererseits sein Publikum an manchen Stellen. Der geringe Umfang des Romans macht diesen Kunstgriff allerdings nötig, um auf wenig Platz die wichtigen Erkenntnisse versammeln zu können.
Unterhaltsam geschrieben ist der Roman allemal, wenn ihm auch der entscheidende Funke fehlt, der ihn zu dem Kracher machen könnte, den ein Kommentar von Andreas Eschbach auf dem Buchrücken erwarten lässt.
Vor seiner Ermordung hätte sich der Komponist und Designer Julius nicht träumen lassen, wie wichtig ein zeitnahes Backup der eigenen Erinnerungen ist. Aber da dies schon sein vierter Tod ist, hat er allmählich eine Vorstellung davon, wie wichtig eine Sicherungskopie ist. Daher ist er wenige Tage später schon wieder in einem neuen Klonkörper einsatzbereit. Seine Freunde Dan und Lily helfen ihm, den Verantwortlichen ausfindig zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen. Cory Doctorow – Backup. SF-Roman weiterlesen →
Um einen ins Koma gefallenen Wissenschaftler zu retten, wird ein Ärzteteam auf Mikrobengröße verkleinert und macht sich im Mini-U-Boot durch die Adern auf den gefährlichen Weg ins Gehirn … – Das Buch zum Kinoklassiker erzählt die spannende Handlung nicht einfach nach, sondern ergänzt sie durch Hintergrundinformationen, liefert ausführliche Charakterisierungen der Figuren und unternimmt sogar den (rührend gescheiterten) Versuch, die krude Story wenigstens ansatzweise plausibel wirken zu lassen: keine simple Beigabe zum Film, sondern ein eigenständiger, sehr lesbarer Science-Fiction-Roman. Isaac Asimov – Die phantastische Reise weiterlesen →
Llian und Karan sind den Whelm vorerst entwischt. Aber sie sind mitten in den Bergen, ihr Proviant ist verbraucht, und Llian leidet an der Höhenkrankheit. Karan entschließt sich, Shazmak aufzusuchen, die Feste der Aachim, in der sie sechs Jahre lang gelebt hat. Obwohl sie die Aachim als Freunde betrachtet, hat sie kein gutes Gefühl dabei, denn ihr ist klar, dass Tensor, der Oberste der Aachim, den Spiegel für sich beanspruchen wird. Als Karan und Llian Shazmak erreichen, ist Tensor nicht da. Doch er weiß bereits von dem Spiegel und setzt den Bibliothekar Emmant auf Karan und Llian an. Schon bald schweben die beiden in höchster Gefahr …
Maigraith kämpft derweil gegen die Folter an. Sie ist kurz davor zu zerbrechen; schon ist ihr eine Andeutung über Karan entschlüpft, die ihre Freundin in größte Gefahr bringen wird. Da erscheint eine Illusion von Faelamor und befreit sie aus Fiz Gorgo. Wir Maigraith erwartet hat, ist Faelamor über ihr Versagen höchst verstimmt. Maigraith plagen die üblichen Schuldgefühle, zum ersten Mal jedoch regt sich auch Trotz in ihr. Faelamor spürt diesen Trotz, nimmt ihn allerdings nicht allzu ernst. Ein Fehler …
_Charaktere_
Wurde im ersten Band neben den Hauptfiguren Karan und Llian vor allem Yggur etwas deutlicher dargestellt, so sind diesmal Faelamor und Tensor an der Reihe.
Tensor ist Oberster eines einst stolzen und mächtigen Volkes. Mächtig sind die Aachim heute trotz gewisser magischer Fähigkeiten nicht mehr, aber ihr Stolz ist ungebrochen. Tensor erhebt nicht allein deshalb Anspruch auf den Spiegel von Aachan, weil die Aachim ihn einst geschaffen haben, sondern vor allem, weil er glaubt, mit dessen Hilfe die Charon besiegen zu können, die vor langer Zeit den endlosen, blutigen Krieg des Kataklysmus für sich entschieden. Tensor will Rache und die Rückkehr seines Volkes zu seiner alten Macht. Dafür nimmt er sogar in Kauf, dass sein Verhalten seine Ehre beschmutzt, obwohl die Ehre einem Aachim sonst über alles geht.
Faelamor ist die Oberste der Faellem. Mehrmals wird betont, dies bedeute, dass Faelamor nicht nur die Oberste sei, sondern sie sei die Faellem. Was das allerdings genau bedeutet, wurde bisher nicht erklärt. Faelamors einziges Ziel ist, die Faellem wieder in ihre eigene Welt Tallallame zurückzuführen, aus der sie einst kamen, um das Gleichgewicht zwischen den Welten zu bewahren. Die Faellem haben sich in Santhenar nie wirklich zu Hause gefühlt, und inzwischen ist das Heimweh so übermächtig geworden, dass Faelamor jedes Mittel recht ist, ihr Ziel zu erreichen.
Karan wird derweil immer schwächer. Wurde sie im ersten Band hauptsächlich körperlich bedroht, wächst nun die Bedrohung ihres Geistes. Sie fürchtet sich vor Emmant, der geradezu von ihr besessen ist, und kann den Verlust ihrer Freundschaft mit den Aachim nur schwer verwinden. Am meisten setzen ihr jedoch schwere Alpträume zu, die mit den Whelm zusammenhängen. Das Einzige, was sie davon abhält, dem Wahnsinn zu verfallen, ist Llians Gegenwart.
Llian ist immer noch ungeschickt, sowohl mit den Händen als auch im Umgang mit anderen Leuten. Immerhin sorgt seine wachsende Zuneigung zu Karan dafür, dass er allmählich anfängt, auch einmal die Initiative zu ergreifen. Seine Ideen sind meist ziemlich verrückt, und manchmal auch nicht wirklich gut durchdacht. Deshalb halten ihn alle für ziemlich töricht, was ihm gelegentlich zum Vorteil gereicht.
Letztlich gilt für die Charakterzeichnung des zweiten Bandes dasselbe wie für den ersten: Karan und Llian sind wirklich gut getroffen, vor allem Karans wachsende, geistige Angegriffenheit. Tensors und Faelamors Entwurf ist ebenfalls interessant, die Darstellung allerdings ist eher oberflächlich geblieben. Zwar kann man ihre Beweggründe nachvollziehen, sie sind aber nicht intensiv genug geraten, um sie auch nachfühlen zu können. Anders als Yggur oder Idlis bleiben diese beiden fern und kalt.
_Handlung_
Mit ein Grund dafür ist, dass das Hauptgewicht der Erzählung auch hier wieder auf der Handlung liegt. Und wieder besteht diese fast ausschließlich aus Flucht. Zu den ursprünglichen Verfolgern haben sich neue hinzugesellt, das macht es ein wenig komplexer, vor allem die Szenen, die in Narne spielen. Abwechslungsreicher wird das Geschehen dadurch allerdings nicht.
Der Auftritt Faelamors und Tensors hat den Blickwinkel auf die Welt ein wenig mehr ausgeweitet, das meiste besteht jedoch aus Andeutungen, die eine Menge neuer Fragen aufwerfen. Antworten erhält der Leser keine, auch nicht auf diejenigen Fragen, die sich bereits im ersten Band stellten. Die Ausarbeitung ist bisher äußerst grob. Man erfährt kaum etwas über die Aachim – über ihre Magie, ihre Kultur oder dergleichen -, und über die Faellem noch weniger. Der historische Hintergrund zeigt sich lediglich in Llians Geschichten etwas ausführlicher, diese Geschichten sind aber äußerst rar.
Dadurch entsteht der Eindruck, als diene Karans und Llians Flucht nur dazu, Stück für Stück die Spielfiguren auf einem Schachbrett aufzustellen. Tatsächlich ist eine allmähliche Erweiterung der verschiedenen gegnerischen Parteien das Einzige, was am Ende des Buches übrig bleibt.
_Schade_, ich hatte mir mehr von der Fortsetzung erwartet. Nach achthundert Seiten weiß der Leser noch immer nicht, was dieser Spiegel, auf den alle so scharf sind, eigentlich genau vermag; vom eigentlichen Gegner weiß er lediglich den Namen, aber nicht, wer oder was dieser Gegner genau ist; er weiß, dass Karan, die Aachim und Faellem besondere Fähigkeiten besitzen, aber nicht, welche. Alles ist diffus und schwammig und lässt sich nicht richtig fassen, irgendwie weiß man selbst jetzt noch nicht, worum es hier eigentlich geht!
Zwar bietet der zweite Band einige gute neue Ansätze – so zum Beispiel Maigraiths verändertes Verhalten, Karans Alpträume und Faelamors Skrupellosigkeit -, da sie aber so schwach ausgearbeitet sind, bleiben auch sie vorerst nur eine Randerscheinung.
Vielleicht hätte mich das nicht einmal gestört, wenn diese Ansätze in eine neue Entwicklung der Ereignisse eingebettet gewesen wären. Stattdessen hat der Autor seinen Lesern weitere vierhundert Seiten Flucht angetan, welche nicht mehr in der Lage war, Spannung aufzubauen, sondern spätestens in Sith einen gewissen Überdruß verursachte. Bei einem so detailschwachen Hintergrund und solchen eher blassen Figuren muss die Handlung schon etwas mehr hergeben als eine verworrene Verfolgungsjagd. Und was nutzt der Aufbau einer Vielzahl gegnerischer Parteien, wenn keine von ihnen Biss hat?
Hier muss sich noch einiges tun, wenn der Zyklus den Leser bei der Stange halten soll.
_Ian Irvine_ ist Doktor für Meeresbiologie und hat einen Großteil des südpazifischen Raums bereist. Die Idee zu seinem Drei-Welten-Zyklus entstand bereits während des Studiums. Die damals entstandenen Karten und Skizzen dienten später als Basis für die Ausarbeitung, die inzwischen zwei Tetralogien umfasst und noch weiter ausgebaut werden soll. Abgesehen davon hat Ian Irvine den Öko-Thriller „Human Rites“ geschrieben sowie den Zyklus |Runcible Jones|. Der nächste Band des Drei-Welten-Zyklus „Der Turm von Katazza“ erscheint im November 2007.
Pelufer ist eine kleine Gaunerin. Und sie ist stolz darauf! Immerhin ist sie diejenige, die die Familie – oder das, was von ihr übrig ist – mit ihren geklauten Nahrungsmitteln ernährt, was die ältere, aber brave Elora mit ihrer unbeugsamen Ehrlichkeit nicht von sich behaupten kann. Aber das ist noch nicht alles. Pelufer hat wie ihre beiden Schwestern eine besondere Gabe, die sie streng geheimhalten. Doch als Pelufer eines Tages an der Wasserausgabe zwei Fremden begegnet, gerät ihre Welt plötzlich völlig aus den Fugen …
Louarn wird allmählich misstrauisch. Dass sein Lehrmeister Croy, der ihm das Maurerhandwerk beigebracht hat, eines Tages plötzlich ermordet in seinem Haus lag, war schon schlimm genug. Aber dass Louarn solche Todesfälle auf seiner Wanderung durch Eyden Myr immer wieder begegnen, ist alarmierend. Und wozu wurden all diesen Opfern die Hände abgetrennt und fortgeworfen? Als Louarn herausfindet, dass sämtliche Ermordeten ehemalige Magier waren, beschließt er, die Täter zu stellen …
Dabrena, ehemals eine Hüterin in der Feste der Ennead, lebt noch immer innerhalb des dunklen Fels. Sie versucht, von dort aus Eyden Myr neu aufzubauen, trotz all der Naturkatastrophen und der verschiedenen grassierenden Krankheiten, die seit dem Erlöschen des Lichts das Land verheeren. Um ihre Maßnahmen besser zu koordinieren, will sie eine Beratung abhalten. Doch die übrigen Teilnehmer scheinen daran kein Interesse zu haben. Verlein, die Kämpferin, die einst die Feste erobert hat und jetzt die Küsten Eyden Myrs bewacht, verweigert ihr offen die Unterstützung, Streln, der Sprecher der Insel Khine, verspottet ihre Bemühungen und droht mit Eroberung, und der Oberste der Gelehrten ist erst gar nicht erschienen!
Und als sei das noch nicht genug, verschwinden immer wieder kleine Kinder spurlos. Manche kommen zurück, andere nicht. Und die Rückkehrer erzählen so absonderliche Geschichten, dass niemand ihnen glaubt. Aber was geschieht wirklich mit den verschwundenen Kindern?
Zwar ist „Pfade des Lichts“ die Fortsetzung von „Zauberin des Lichts“, von den Charakteren des ersten Bandes ist allerdings nur noch eine Handvoll übrig. Liath, die Hauptperson des Vorgängers, ist nicht dabei. Die entstandene Lücke füllen die drei Schwestern, allen voran Pelufer.
Pelufer ist ein ungebärdiges Mädchen, stur, frech und schnell wütend, aber auch mutig und mit einem sicheren Instinkt für Gefahren begabt. Um Dinge wie Regeln und Anstand kümmert sie sich nicht im Geringsten, vor allem dann nicht, wenn sie dem praktischen Nutzen widersprechen, und gerät deshalb immer wieder mit Elora aneinander.
Elora trägt als Älteste die Verantwortung für ihre jüngeren Schwestern. Da sie sich als Elternersatz fühlt, versucht sie, alles auf möglichst erwachsene Art zu regeln, was nicht immer funktioniert und gelegentlich auch Pelufers Warninstinkten zuwider läuft.
Caille, die Jüngste, ist noch nicht einmal sechs Jahre alt und spricht nur extrem wenig. Aber sie ist trotzdem ein kluges Mädchen, immer hungrig und außergewöhnlich tierlieb.
Louarn gehört zu denjenigen, die im ersten Band bereits auftauchten, allerdings eher am Rande. Diesmal gehört er zu den Hauptpersonen. Ein stiller, ernsthafter junger Mann, der es nie lange an einem Ort aushält, mit einer Vorliebe für alle möglichen handwerklichen Tätigkeiten und einer tief verwurzelten Furcht vor dem Schlaf. Denn auch er besitzt eine ungewöhnliche Gabe …
Dabrena kam ebenfalls schon früher vor, aus dem lebenslustigen, unbeschwerten jungen Mädchen ist allerdings eine erwachsene Frau geworden, die sich trotz aller Bemühungen um einen Neuanfang nicht von der Vergangenheit und ihren Schuldgefühlen lösen kann und sich mit geradezu manischer Beschützerwut an ihre Tochter Kara klammert.
Die Kinder und auch Louarn sind gut gelungen, auch wenn es nicht ganz einfach ist, sich in letzteren einzulesen; zu verwirrend und bruchstückhaft ist anfangs die Darstellung. Besonders gut aber fand ich die Schilderung einer Nebenfigur: Kazhe, im ersten Band die Leibwächterin des „Schwarzmagiers“ Torrin. Ihre Besäufnisse sind die eindrucksvollsten, die ich je gelesen habe.
Allerdings gibt es hier im Gegensatz zum ersten Band so gut wie keinen Bösewicht. Zwar ist von den Ennead jemand übrig geblieben, um auch in der Fortsetzung noch Unruhe zu stiften, bleibt aber nahezu vollständig im Hintergrund und taucht nur kurz persönlich auf, um Taten und Motive zu erläutern. Eine Charakterentwicklung findet nicht statt.
Die mangelnde Präsenz eines Antagonisten hat das Buch Spannung gekostet. Der Versuch, die Identität des Gegenspielers zu verschleiern und den Leser später mit einer Enthüllung zu überraschen, misslingt, da die Autorin ihre Zurückhaltung nicht konsequent durchgezogen hat. Zu früh ist klar, welchen Weg die Entwicklung nehmen wird. Und als der Gegner schließlich klar ist, ist er zu rasch und zu problemlos überwunden.
Auch andere Konstellationen werden um der Überraschung willen aufgelöst, ohne ihr volles Spannungspotenzial ausgeschöpft zu haben. Das führt dazu, dass die Handlung an diesen Stellen wie geknickt wirkt. Häufige Ortswechsel, teilweise kombiniert mit Zeitsprüngen sowie Wechsel zwischen den einzelnen Handlungssträngen unterstützen diesen Eindruck noch, zumal die Autorin sich nicht die Mühe macht, ihre Sprünge durch ein paar überleitende Sätze abzuschwächen.
Die Ortswechsel bereiten auch deshalb Schwierigkeiten, weil nur die verschiedenen Gegenden Eyden Myrs in der Karte mit Namen versehen sind. Städte, Flüsse und Berge dagegen sind nicht namentlich verzeichnet, so dass der Leser bestenfalls eine ungefähre Vorstellung davon hat, wo sich die Personen befinden und wie es dort aussieht. Zusätzlich erschweren auch die vielen spezifischen Zeit- und Entfernungsangaben, deren Erklärung sich auch diesmal auf der hintersten Seite befinden, das Hineinfinden in die geschilderte Umgebung.
Der Weltentwurf hat sich dafür um ein paar gute Ideen erweitert. Dazu gehören die Gaben der Kinder – wobei nicht klar ist, ob und wie diese mit Erdweisheit zusammenhängen, die Liaths Begleiter Heff besaß -, die unerwarteten Fähigkeiten von Kazhes Schwert, die Welt der Knochenleute, der historische Aspekt und vor allem natürlich die Besonderheiten im Zusammenhang mit Louarn, der dadurch zu einer Schlüsselfigur für den dritten Band werden dürfte. Eine Menge Stoff für den dritten Band mit vielversprechendem Potenzial.
Der zweite Teil hat mir bereits besser gefallen als der erste. Die Charakterzeichnung ist interessanter und besser, trotz des fast völlig fehlenden Gegners, die neuen Ideen sind vielfältiger und zahlreicher, und der Erzählfluss hat viel von den Bewegungen eines bockigen Pferdes verloren. Falls es der Autorin gelingt, ihren Handlungsverlauf inhaltlich und sprachlich noch etwas weniger sprunghaft und kantig zu gestalten, und den gut gelungenen Personen dieses zweiten Bandes einen ebenbürtigen Gegner aufzubauen, ohne sich dabei in Geheimniskrämereien zu Andeutungen zu verzetteln, könnte der dritte Band der beste der Trilogie werden.
_Terry McGarry_ war nach dem College in den verschiedensten Berufen tätig und ist letztlich im Verlagswesen hängengeblieben. Sie verfasste schon seit längerem Kurzgeschichten, ehe sie ihren ersten Roman „Zauberin des Lichts“ schrieb. Die Fortsetzung zu „Zauberin des Lichts“ und „Pfade des Lichts“, „Triade“, ist auf Deutsch noch nicht erschienen.
M. John Harrison ist keiner, der sich den Konventionen verschrieben hat oder auf Stereotypen herumreitet, egal ob man seine Fantasy-Werke betrachtet (z. B. den |Virconium|-Zyklus) oder seine Science-Fiction-Storys. Von seinen acht Sci-Fi-Romanen haben es allerdings nur vier zu einer deutschen Übersetzung geschafft: „Idealisten der Hölle“ (1971), „Die Centauri-Maschine“ (1974), „Licht“ (2002) und jetzt auch „Nova“.
_Rauchende Köpfe._
Es ist jedenfalls erfrischend, welche Bandbreite |Heyne| mittlerweile an Science-Fiction anbietet; da gibt es die bildgewaltige Popcorn-SciFi („Mardock“ von To Ubukata) oder technikarme Gesellschaftssatire ([„Sternensturm“ 4043 von Adam Roberts) und plötzlich prügelt M. John Harrison den Leser mit dieser knüppelharten Hardcore-Keule vom Lesesessel. Das Seltsame daran: Alle harten Science-Fiction-Elemente von „Nova“ bewegen sich irgendwie im Hintergrund, sind Statisten und agieren aus dem Off. Normalerweise tauchen Science-Fiction-Geschichten ein in die Welt, die sie erschaffen haben; das Futuristische eines Sci-Fi-Romans ist fast immer eine Hauptfigur, die erschöpfend ausgeleuchtet wird. Oh, auch in „Nova“ ist das Futuristische eine Hauptfigur, aber sie wird niemals erschöpfend ausgeleuchtet, sie ist eine Figur, die ständig präsent bleibt, die jede andere Figur beeinflusst, aber nie wird dem Leser ein erhellender Blick in ihr Inneres gewährt, und das ist oft ein ziemlich faszinierendes Erlebnis.
Worum geht es denn nun in „Nova“? Es geht um eine Gruppe Menschen, die in „Saudade“ leben, einer Stadt auf einem unbenannten Planeten, gezeigt in einer unbenannten Zeit. Das Besondere an dieser Stadt ist, dass die „Ereignis-Aureole“ in sie eingeschlagen ist, ein rätselhaftes Gebiet unbekannter Physik, in dem keine der uns bekannten Gesetze gelten. Es gibt in Saudade so genannte „Entradistas“, die sich auf wagemutige Expeditionen in die Aureole begeben.
Vic Serotonin ist einer von ihnen. Seine Gründe sind profan: Er verdient sich sein Geld damit, Touristen in die Aureole zu führen und so genannte „Artefakte“ mit in die heimische Realität zu bringen, um sie illegal zu verkaufen. Artefakte sind Gegenstände oder Lebewesen, die eine völlig andere Gestalt annehmen, wenn sie die Aureole verlassen. Dabei sollte Serotonin es besser wissen. Sein Freund Emil Bonaventura hat von diesen Expeditionen irreparable Schäden davongetragen, er ist geistig verwirrt, kann nicht mehr träumen und sein Körper wird förmlich zerfressen von Geschwüren und seltsamen Blutkrankheiten; es ist, als ob sich Bonaventuras Fleisch nicht mehr an die Regeln halten würde.
Nun sind diese Ausflüge nicht nur gefährlich, sie sind verboten. Lens Aschemann ist Fahnder der so genannten Gebietskripo. Schon lange hat er Vic Serotonin im Auge, und er beginnt ihm auf den Zahn zu fühlen; ob er etwas wisse, fragt er ihn, über die Menschen, die sich im Café Surf aus dem Nichts zu materialisieren scheinen, die eine wilde Nacht verbringen, um sich dann wieder in Luft aufzulösen.
Als ob das nicht genug wäre, sitzt Vic noch eine aufdringliche Touristin im Nacken, die von ihm verlangt, dass er unbedingt mit ihr in die Aureole gehen soll. Solche Kleinigkeiten wie Polizeibeschattung interessieren sie dabei nicht. Und um dem Übel den letzten Schliff zu geben, entpuppt sich Vics letztes verkauftes Artefakt als eine „Tochter“, als ein Code also, der seinen Besitzer befällt und ihn in etwas völlig Unbekanntes verwandelt. Deswegen sitzt ihm nicht nur Gebietsfahnder Aschemann im Genick, sondern auch die Leibgarde seines letzten Kunden …
_Irrfahrt durch Weirdo-City._
Man betrachtet also Vic Serotonin, den Gebietsfahnder Aschemann und all die anderen Figuren auf ihrem bizarren Trip durch diese bizarre Zukunft. Bizarr ist nämlich das Zauberwort: Bei der Lektüre hat man oft das Gefühl, nur die Hälfte zu verstehen, es ist, als ob man einen Film in fremder Sprache betrachtet, dessen Bilder spannend genug sind, dass man ihn unbedingt zu Ende sehen möchte.
Das ist auch das Verstörende an „Nova“, das Anstrengende und das Faszinierende: Direkte Infos gibt es kaum, nirgends finden sich erklärende Zwischenbemerkungen des Erzählers, der den Leser des 21. Jahrhunderts an der Hand nimmt, um ihn in das fremde Universum einzuführen. Nein, der Leser muss sich selbst in dieser Zukunft zurechtfinden, muss die futuristische Sprache ohne Hilfe entschlüsseln, denn „Nova“ scheint nicht für uns geschrieben worden zu sein, sondern für die Menschen der Zeit, in der der Roman spielt. Beispiel gefällig? Bitteschön:
|“[…] das Tank-Proteom schwappte wie warme Spucke: Kaskaden von Autokatalyse in einem Substrat aus vierzigtausend Molekülarten, um alle zwanzig Minuten auszuschwemmen, was die Chemie nicht eliminieren konnte.“|
Alles klar? Und das bereits auf Seite 18. Aber keine Bange, an den Absurditätenfaktor von John Clutes [„Sternentanz“ 380 kommt Nova noch lange nicht heran, es gibt da schon noch die eine oder andere Begebenheit, an der sich auch ein Leser aus unserer Zeit festhalten kann.
Aber die Faszination der Sprache hält nicht den ganzen Roman durch an, irgendwann drängt sich einem nämlich der Eindruck auf, dass solche Sätze wie die obigen nichts weiter als Imponiergehabe sind. Man wird nie erfahren, was ein Codejokey so tut, wer die SED ist, und so weiter. Das alles würde nicht stören, wenn einem die Story suggerierte, dass es wenigstens der Autor weiß. Aber da bin ich mir gar nicht so sicher. Oh, natürlich will ich nicht behaupten, dass Harrison nur schicke Science-Fiction-Worthülsen abfeuert, aber manchmal sieht es schon so aus, als ob gar zu kräftiges Begriffsgepolter davon ablenken soll, dass dann doch nicht soo viel Substanz dahintersteckt …
Auch die sinnverschleiernden Schachtelsätze erhärten obigen Eindruck, die „Satzgirlanden“, wie Wolf Schneider sie bezeichnen würde, der Sittenwächter über deutsche Sprachästhetik. Auch hier wird ein Beispiel erhellen, was ich meine:
|“Elektromagnetisch desorientiert und immer noch auf Instruktionen wartend, fand sich das SED der Gebietskripo – bestehend aus Codejokeys, Waffenexperten und einer menschlichen Pilotin, die mit einem DBH-Einsatzvehikel verdrahtet war – mit munteren dreißig Knoten quer zur Längsachse ins Ereignisgebiet treiben.“|
Quizfrage: Wie oft musste dieser Satz gelesen werden, um herauszufinden, worum es da eigentlich geht? Dass das „SED der Gebietskripo“ noch immer „auf Instruktionen wartet“ und dabei „ins Ereignisgebiet treibt“, „mit munteren dreißig Knoten“ und „quer zur Längsachse“? Solche potthässlichen Satzmonster vergewaltigen alle Verständlichkeit, und das kann sich so abgefahrener Stoff wie „Nova“ gleich fünfmal nicht leisten.
Das Finale ist ein drittes Indiz dafür, dass „Nova“ ein Roman ist, der mit erzähltechnischen Bizeps-Prothesen seine mageren Plot-Muskeln aufplustern will: Zwar findet jede Figur zu einem stimmigen Schlusspunkt, aber irgendwie scheint alles etwas in der Luft zu hängen; als hätte Harrison beschlossen, hier und jetzt einen Schnitt zu setzen, weil es seiner Meinung nach jetzt so weit sein müsste. Entscheidende Informationen über die Aureole bleiben außerdem ungelüftet, sodass man am Ende von „Nova“ das Gefühl hat, weniger über das Storyuniversum zu wissen als vorher.
Nun ja. Trotzdem ist „Nova“ ein abgefahrener Trip, in den man als Freund harter Science-Fiction ruhigen Gewissens einmal reinlesen kann. Man sollte allerdings darauf vorbereitet sein, dass die wachsende Erwartungshaltung enttäuscht werden wird, dass man zwar eine abgefahrene Bilderschau erleben darf, aber nicht auf eine weltbildverrückende Vision hoffen sollte, wie sie ein Greg Egan zustande bringt. Um sich den schalen Geschmack einer Stargate-Vergiftung aus dem Mund zu spülen, taugt „Nova“ aber allemal. Kann man haben, muss man aber nicht.
Band 1: [„Die Seuche“ 2883
Band 2: [„Der Klon“ 3607
_Story_
Auf ihrer Flucht vor der Vereinten Liga der Welten und ihrem Vater Joseph Grey Viel erleidet Dr. Cherijo Torin einen weiteren, verheerenden Rückschlag. Ihr Geliebter Duncan Reever verrät sie an das Volk der Hsktskt, welches sie kurz zuvor noch zur Hilfe gerufen hatte, und bringt Cherijo unter die brutale Knute der Sklaverei. Doch die unbändige Doktorin lässt sich weder von Reevers Hinterlist, noch von den aggressiven Umgangsformen der emotionslosen Echsen unterkriegen. In kürzester Zeit verschafft sie sich in ihrer Position als Ärztin Respekt und Anerkennung und behandelt auf der Krankenstation eines Asteroiden Freund und Feind.
Aber ihre widerspenstige Art ist bei den Hsktskt nicht gerne gesehen, so dass immer wieder Konflikte mit Aufsehern und dem Stammesfürsten TssVar entstehen, unter dessen Regentschaft Cherijo ein ständiges Auf und Ab, begleitet von unbarmherzigen Foltermethoden und tagelanger Isolation, erleidet. Mit letzter Kraft bäumt sich Chrerijo aber beständig gegen die fürchterlichen Umstände der Sklaverei auf, stets bemüht, im Dschungel von Verschwörungen und verräterischen Intrigen einen Weg zur Flucht zu finden …
_Persönlicher Eindruck_
Meine persönliche Beziehung zur außergewöhnlichen Science-Fiction-Saga von S. L. Viehl ist höchst ambivalent. Bereits die ersten Bände verlangten mir Geduld und erzwungene Beharrlichkeit ab, entlohnten jedoch schlussendlich mit zwei spannenden, bemerkenswerten Geschichten, vor allem aber mit einer fabelhaft in Szene gesetzten Protagonistin, deren ungewöhnliches Erscheinungsbild innerhalb des Genres einige revolutionäre Züge offenbarte. Mit „Die Flucht“ steht nun der vorerst letzte Band von „Stardoc“ ins Haus, und schon wieder beobachtet man die typischen Schwierigkeiten, mit denen die Serie bereits in den vorangegangenen zwei Romanen aufwartete.
Zwar ist die Hintergrundgeschichte dieses Mal ebenso geläufig wie die tragenden Persönlichkeiten, und ebenso steckt man bereits nach wenigen Seiten mitten in der Action drin, doch irgendwie bleibt der Inhalt trotz stringenten Fortschritts über weite Strecken sperrig und enttäuschend eindimensional. Problematisch erweist sich in diesem Sinne die nach und nach unglaubwürdigere Inszenierung von Cherijo Torin, die mittlerweile derart viele tödliche Gefahren unbeschadet überstehen konnte, dass man die neuen Bedrohungen gar nicht mehr als solche empfindet. In „Die Flucht“ wird die Hauptfigur gefoltert, gebrandmarkt, angeschossen, in gewaltsame Krawalle verwickelt, hungernd in einen Müllschacht gesteckt, und so weiter, und so fort – doch jedes Mal wieder entflieht sie der Gefahr mit neuem Mut, hält alsbald Strategien zur Eindämmung der unmenschlichen Zustände und der Verbesserung der Lage der versklavten Mitleidenden bereit und trotzt ihren Käschern zudem auch noch mit vorlautem Mundwerk und unbedachten Forderungen.
Dies mögen alles Trademarks sein, die auch schon die ersten beiden Bücher zierten, jedoch wurden sie dort noch in einem realistischer anmutenden Zusammenhang eingefügt. Nun aber übersteigt Viehl selbst im Rahmen der Möglichkeiten einer Science-Fiction-Story bisweilen die Grenzen der Authentizität, was die Geschichte über manche Strecken zu einem recht vorhersehbaren Ereignis macht. Die zwischenzeitlichen Wendungen wie der stets lauernde Verrat von Seiten Cherijos Freunden können dieser Entwicklung zwar immer wieder Einhalt gebieten, doch da jedes Unterkapitel zumindest mit einem kleinen Happy End für die unverwundbare terranische Ärztin abschließt, verliert die Erzählung an manch entscheidendem Punkt ein Stück weit Spannung und fällt folgerichtig auch ein ganzes Stück gegenüber ihren Vorgängern ab.
Was die Action sowie die Aneinanderreihung von Niederträchtigkeiten und Gemeinheiten betrifft, ist „Die Flucht“ indes der Höhepunkt der Serie. Viehl forciert eine recht aggressive Handlung und bemüht sich um eine schonungslose Demonstration all dessen, was gemeinhin als verachtenswert empfunden werden darf. Dies bleibt jedoch leider bis auf Weiteres die einzig markante Stärke des dritten Teils von „Stardoc“, wohingegen die Handlung inhaltlich leider in vielen Punkten verflacht.
Allerdings besteht dennoch Hoffnung auf Besserung; vier weitere Bände liegen seit geraumer Zeit in der Warteschleife und sollen den Plot Expertenmeinungen zufolge auf lange Sicht wieder richten können. Verlassen wir uns darauf ebenso wie auf die Tatsache, dass „Die Flucht“ der einzige Schwachpunkt dieser Reihe bleibt. Es wäre nämlich ziemlich schade, wenn die brillanten Figuren im Zuge mangelnder, herausfordernder Ideen mit einem Mal untergehen müssten …
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