Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Fallon, Jennifer – Herrscher des Throns (Die Chroniken von Hythria 3)

Band 1: [„Erbin des Throns“ 2877
Band 2: [„Ritter des Throns“ 3327

Mahkas Strafexzess am Ende des zweiten Bandes hat tiefe Narben hinterlassen. Leila ist tot, und Starros‘ Leben konnte Damin nur deshalb retten, weil er Starros‘ Seele an Dacendaran verkauft hat, wovon Starros überhaupt nicht begeistert ist. Leilas Mutter Bylinda ist seit dem Tod ihrer Tochter nur ein Schatten ihrer selbst, und Mahkas kann nur noch leise krächzen, weil Damin ihm aus purem Zorn über Mahkas Tat den Kehlkopf eingedrückt hat, was selbst Rorin mithilfe der Magie nicht ganz heilen konnte. Jetzt vermutet der Regent von Krakandar hinter allem und jedem eine Verschwörung. Damins Vetter Xanda, der versprochen hat, während Damins Abwesenheit ein Auge auf Krakandar zu haben, absolviert täglich einen gefährlichen Balanceakt …

Marla hat derweil beschlossen, dass Alija Aarspeer mit der Vernichtung Elezaars endgültig eine Grenze überschritten hat! Doch um Alija endgültig zu vernichten, ist sie erneut auf die Dienste der Mördergilde angewiesen. Allerdings bedeutet die Tatsache, dass sie bereits ihren ersten Auftrag an den Raben nicht nur mit Geld bezahlt hat, sondern auch mit dem Versprechen, einen ihrer Söhne zur Ausbildung in die Mördergilde zu geben, eine ungünstige Verhandlungsposition. Denn bisher hat sie dieses Versprechen nicht erfüllt. Und derjenige, der über die Einlösung dieses Versprechens entscheidet, ist einer der gefährlichsten Männer in ganz Groenhaven, und das nicht nur, weil er Alija Aarspeers Liebhaber ist …

Um es gleich vorweg zu sagen: Jennifer Fallon hat mit „Herrscher des Throns“ einen furiosen Abschluss ihrer Chroniken von Hythria abgeliefert!

Der einzige neue Charakter von Bedeutung wird bereits im zweiten Band der Trilogie erwähnt, erhält aber erst jetzt einen Namen und ein eigenes Profil. Galon Miar, der zukünftige Rabe der Mördergilde, ist geheimnisvoll, gutaussehend, intelligent, brutal und unerträglich selbstsicher. Dazu hat er allen Grund, denn er versteht sich nicht nur auf das Geschäft des Tötens, sondern auch auf das der Politik! Nicht, dass er aus politischen Gründen bei den Plänen der beiden Rivalinnen Marla und Alija mitspielt, schließlich gehört es zu den Prinzipien der Gilde, sich aus der Politik streng herauszuhalten. Aber das Spiel um Lug, Trug und Verrat beherrscht er perfekt.

Die Autorin beschreibt ihren Neuzugang vor allem aus Sicht von Marla Wulfskling. Die Wirkung von Galons Ausstrahlung auf die sonst so harte und ungerührte Marla verstärkt die Intensität der Beschreibung zusätzlich und macht Galon dadurch zu einem der gelungensten Charaktere des ganzen Zyklus, obwohl er erst so spät auftaucht.

Nicht, dass dieser Neuzugang unbedingt nötig gewesen wäre. Bei ihrem letzten Duell ziehen Alija und die bisher eher defensive, zurückhaltende Marla alle Register. Außerdem beteiligt sich nun auch Kalan am Kampf gegen Alija, auf eine Weise, die nur zu deutlich zeigt, wessen Tochter sie ist. Galon ist bei diesem Schlagabtausch sozusagen ein exotisches Gewürz, das der Suppe zusätzliche Schärfe verleiht.

Auch der Handlungsstrang um Krakandar bringt deutlich mehr Spannung als im Vorgängerband. Mahkas‘ Wahn wurde durch die von Damins Zornausbruch ausgelöste Paranoia noch schlimmer, und auch Bylinda wandelt durch das Schloss wie ein Geist und redet unverständliches Zeug. Luciena, Xandas Frau, fürchtet um die Kinder, vor allem um ihre Tochter Emilie, die Mahkas immer öfter mit Leila verwechselt. Obwohl die Handlung in Krakandar sich im Grunde kaum bewegt, sorgen Mahkas unberechenbare Grausamkeit und die Angst der übrigen Schlossbewohner für regelrechte Beklemmung, die mit jeder Szene wächst und sich erst löst, als Damin nach Krakandar zurückkehrt. Und obwohl abzusehen war, dass Mahkas ein unangenehmes Ende finden würde, gelingt es der Autorin, den Leser zu guter Letzt doch noch zu überraschen.

Der dritte Handlungsstrang um den Krieg am Witwenmacherpass bietet die meiste Bewegung. Damin hat alle Hände voll zu tun. Nicht nur damit, einen Schlachtplan gegen die Fahrdonjer aufzustellen, denen er zahlenmäßig unterlegen ist. Er muss auch mit dem unfähigen Terin Löwenklau zurechtkommen, seinen Großonkel Lernen bei Laune halten, den ihm Alija auf den Hals gehetzt hat, und seinen Bruder Narvell an die Kandare nehmen, der zu diesem höchst ungünstigen Zeitpunkt mit einem von Terins Adligen einen Streit um dessen Frau vom Zaun gebrochen hat. Hier gibt es nicht nur die meisten Turbulenzen, sondern auch den größten Anteil an trockenem Humor, der aus Damins Charakter und seiner guten Beziehung zu Tejay Löwenklau resultiert.

Außerdem hat Jennifer Fallon den Zyklus gekonnt an die Vorläufertrilogie angeschlossen. Weil sie sich dabei auf Andeutungen beschränkt hat – vor allem in den Gesprächen mit dem Kriegsgott Zegarnald und den kurzen Sequenzen, in denen Adrina von Fahrdonja auftaucht -, wirkt die Anknüpfung leicht und unauffällig.

Ein gelungener Abschluss der Trilogie also. Die es außerdem geschafft hat, sich verglichen mit dem Debüt der Autorin noch zu steigern, und zwar beträchtlich. Das Sahnehäubchen bildet das hervorragende Lektorat, das so gut wie fehlerfrei war. Prädikat: Sehr lesenswert!

_Jennifer Fallon_ stammt aus einer großen Familie mit zwölf Geschwistern. Sie hat in den verschiedensten Jobs gearbeitet, unter anderem als Kaufhausdetektivin, Sporttrainerin und in der Jugendarbeit. Letzteres scheint ihr immer noch nachzuhängen: Unter ihrem Dach leben außer drei eigenen Kindern einige obdachlose Jugendliche als Pflegekinder. Schreiben tut sie nebenher. Die |Dämonenkind|-Trilogie war ihre erste Veröffentlichung. Außerdem stammt die Trilogie |Second Sons| aus ihrer Feder. Und der nächste Zyklus |Tide Lords| ist bereits in Arbeit, Anfang des Jahres erschien der erste Band in Australien unter dem Titel „The Immortal Prince“.

http://www.jenniferfallon.com/
http://www.heyne.de

|Ergänzend:|

[„Kind der Magie“ 1328 (Dämonenkind Band 1)
[„Kind der Götter“ 1332 (Dämonenkind Band 2)
[„Kind des Schicksals“ 1985 (Dämonenkind Band 3)

Adams, Richard – Traveller

Frühjahr 1866 in Lexington, Virginia: Hinter dem Washington Campus steht der Stall von Traveller, einem grauen, neunjährigen Wallach. Sein Herr ist General Robert E. Lee, der legendäre ehemalige Anführer der Armee der Südstaaten, die gerade den Krieg gegen den Norden verloren haben. Trotz der Niederlage ist General Lee ein beliebtes und verehrtes Idol geblieben und jeder kennt sein berühmtes Pferd, das ihm in all den Schlachten treu zur Seite stand.

Vier Jahre lang erzählt Traveller dem Hauskater Tom, der ihn abends besuchen kommt, von seinen Erlebnissen aus dem Krieg und seinem Leben mit seinem geliebten Herrn, den er „Marse Robert“ nennt. Als Füllen gewinnt er bereits früh den ersten Preis bei einer Pferdeausstellung, 1861, während der Kriegsvorbereitungen, wird er von Captain Joseph M. Broun als Schlachtpferd erworben und geht kurz darauf in den Besitz von General Lee über, der großen Gefallen an Traveller findet.

Als der Krieg ausbricht, hat das naive Tier noch keine Ahnung, was es erwartet. Traveller erlebt grauenvolle Gemetzel, bei denen unzählige Menschen und Pferde ihr Leben lassen. Einzig sein grenzenloses Vertrauen in seinen geliebten Herrn Marse Robert lässt ihn die Strapazen des Krieges durchstehen. Traveller erlebt blutige Schlachten, Kanonenfeuer und eisige Winter, aber auch vereinzelte schöne Momente durch die Freundschaft zu anderen Pferden und vor allem durch Marse Robert, der ihm näher stand als je ein anderes Lebewesen …

Es ist Dank „Black Beauty“ nicht der erste Roman aus Sicht eines Pferdes, und Autor Richard Adams ist spätestens seit seinem berühmten [„Unten am Fluss“ 2025 für Bücher aus der Tierperspektive bekannt. Dennoch ist es etwas Besonderes, sich einem real existierenden Tier zu widmen, das nicht nur immer noch populär ist – wenn auch hierzulande weniger -, sondern auch von historischen Begebenheiten berichtet.

|Lebendig gestaltete Charaktere|

Der Leser erlebt Traveller als neunjährigen Veteranen, der um seine Bedeutung weiß, sich oft etwas blasiert und herablassend gibt und trotz seiner reichen Erfahrung geradezu rührend naiv geblieben ist. Das merken auch andere Pferde, die ihm während des Krieges begegnen und die meist mehr Einblick in die Geschehnisse haben als der ahnungslose Traveller, der genau deswegen später immer häufiger den Mund hält, um als Pferd eines wichtigen Generals keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen. Traveller versteht wenig von den Sitten der Menschen. Er weiß nur, dass sein „Marse Robert“ der beste Mensch ist, der ihm je begegnete, und dass er allein ihm zuliebe alle Strapazen aushalten wird. Aus der anfänglich guten Chemie entwickelt sich nach und nach eine Seelenverwandschaft, in der Reiter und Pferd gegenseitig die Gedanken des anderen lesen können.

Von seinem Herrn und Meister General Lee zeichnet Traveller ein konsequent glorifiziertes Bild. Bis heute wird General Robert E. Lee in den USA für sein taktisches Geschick verehrt, das den Norden trotz großer Unterlegenheit in der Ausrüstung fast bezwang, auch wenn er den Krieg letztlich verlor, und seine Beliebtheit bei den Soldaten ist keine Erfindung Travellers. Trotz dieser daher nicht unrealistischen Schilderung ist offensichtlich, dass Traveller seinem Herrn so treu ergeben ist, dass er wohl in jeder Handlung des Generals etwas Positives sähe. Auch wenn man sich dieser Subjektivität bewusst ist, gewinnt Marse Robert auch beim Leser schnell die Sympathien. Trotz seines Alters und gewisser Leiden bemüht er sich um seine Soldaten und lehnt Sonderbehandlungen ab. Stets hat er ein gutes Wort für die Pferde parat und kümmert sich so oft wie möglich eigenhändig um sein Lieblingspferd Traveller. In all den Wirren des Krieges bilden diese kleinen Momente einen Lichtblick voller Menschlichkeit und man ist gerne bereit, diesem General Respekt zu zollen.

Auch andere Pferde spielen eine wichtige Rolle in Travellers Erzählungen. Da ist etwa der unleidliche Richmond, ein früheres Pferd des Generals, das allen anderen Tieren feindselig begegnet und später an einer schlimmen Kolik zugrunde geht. Da ist der scheue Braunschnecke, der zu nervös und unsicher für die Wirren des Krieges ist, die ruhige, ältere Stute Lucy Long, die nach dem Krieg von General Lees Tochter geritten wird, der Jugendfreund Grobian, mit dem es später ein herzliches Wiedersehen gibt, der arrogante Rollo, der Traveller mit seinen Prahlereien auf die Nerven geht, und das Präsidentenpferd Donner, das Traveller zynische Einblicke in die Handlungen der Menschen liefert. Den meisten Respekt empfindet Traveller für Klein-Rotfuchs, ein winziges, auf den ersten Blick unscheinbares Pferd, das seinem Herrn Stonewall Jackson ebenso treu ergeben ist wie Traveller seinem Marse Robert. Der spirituell begabte Rotfuchs dient nicht nur als Vorbild für Traveller, sondern sorgt mit seinen seherischen Fähigkeiten für einige Gänsehaut-Momente, in denen er manch tragisches Krieges-Ereignis vorausahnt.

Neben General Lee stehen bei den menschlichen Charakteren vor allem Stonewall Jackson und Jeb Stuart im Vordergrund. Stonewall Jackson, von Traveller treffend „Mütze-im-Gesicht“ genannt, ist Lees engster Vertrauter und wichtigste Unterstützung während des Krieges. Bis heute halten sich Theorien, nach denen der Süden womöglich den Krieg gewonnen hätte, wäre Jackson nicht 1963 tödlich verwundet worden. Auch Jeb Stuart, der immer im überraschenden Moment auftaucht, erhält ein lebendiges Porträt. Seit er Traveller bei der ersten Begegnung seine Eignung als Kavalleriepferd attestierte, wird er von dem Pferd stets „Komm-zur-Kavallerie“ genannt, und sein aristokratisches Pferd Skylark hinterlässt bei Traveller bei den ersten Begegnungen einen leichten Eindruck der eigenen Unzulänglichkeit.

|Sorgfältige Recherche|

Bereits im Vorwort verweist der Autor auf einige Werke, die er als Quellen für gewisse Begebenheiten herangezogen hat, sodass man gewiss sein kann, dass vieles aus Travellers Erzählungen der Wirklichkeit entspricht. Dabei ist es als Leser spannend zu beobachten, wie historische Ereignisse aus der Sicht des Pferdes wiedergegeben werden, auch wenn man dafür etwas Hintergrundwissen benötigt. Die Jugendzeit von Traveller und das Leben mit seinen früheren Besitzern wird authentisch dargestellt, auch sein Gesprächspartner, der Hauskater Tom, hat tatsächlich existiert, wie man aus Briefen des Generals weiß, und die anderen Pferde, denen er im Krieg begegnet, beruhen ebenso auf Fakten – tatsächlich hat es vor allem der kleine Rotfuchs zu ebenfalls großer Popularität geschafft. Lees Unfall, der seine Hände für längere Zeit außer Gefecht setzt, wird hier zu einem Wendepunkt in Travellers Leben, da das Pferd sich als fahrlässig Schuldiger sieht und von dem Tag an endgültig bereit ist, sein eigenes Leben für das seines Herrn aufs Spiel zu setzen. Intensiv dargestellt wird die Szene, in der der General vom Tod seines Vertrauten Stonewall Jackson erfährt. In Anspielung auf Jacksons Amputation des linken Arms, die ihm jedoch nicht das Leben retten konnte, ist der Ausspruch Lees verbürgt, Jackson habe seine linke, er jedoch mit ihm seine rechte Hand verloren – ein berühmtes Zitat, das er gegenüber Traveller in einem Augenblick der Verzweiflung wiederholt.

|Humor und Groteske|

Humor mag in einem Buch, das vom Krieg handelt, zwar im ersten Moment überraschen, doch Richard Adams gelingt es großartig, amüsante Szenen einzuflechten. Dafür ist vor allem Travellers naive Art und sein Unverständnis gegenüber vielen menschlichen Dingen verantwortlich. Es beginnt schon damit, dass in den Monaten vor 1862 alle Männer aufgeregt vom Krieg sprechen und sich darauf freuen, endlos losziehen zu dürfen. Für Traveller ist damit klar, dass „der Krieg“ ein wunderschöner Ort sein muss, wahrscheinlich eine friedliche Weide mit saftigem Gras und vielen anderen glücklichen Pferden. Wenn er am Ende seines Berichts bedauert, dass er, trotz seines sehr schönen Lebens, niemals zum „Krieg“ gelangt ist, bleibt dem Leser allerdings fast das Lachen im Halse stecken. Humor und Beklemmung liegen dicht beieinander. Travellers schnodderige Sprache und seine mitunter fahrige Art, die zum Abschweifen neigt, lädt zum Schmunzeln ein, gleichzeitig aber erzählt er von grauenhaften Szenen auf den Schlachtfeldern, von verletzten Menschen, von unzähligen Toten, von Angst und von Schmerzen. Lachen kann man erst wieder bei harmloseren Szenen, etwa wenn ein verzweifelter General Lee in Travellers Gegenwart „gütiger Gott“ murmelt und sein treues Pferd vermutet, dass er im Eifer des Gefechts seinen Namen vergaß und „Gott“ ein früheres Pferd von Marse Robert gewesen sein muss.

|Kleine Schwächen|

Es bedarf einer gewissen Überwindung, sich in den ungewöhnlichen Sprachstil von Traveller einzulesen. Was im Original ein typischer Südstaatendialekt ist, wurde versucht, von Joachim Körber adäquat ins Deutsche zu übertragen, sodass Traveller eine recht ungehobelte, einfache Sprache verwendet, die an Gossenniveau erinnert. Mit Vorliebe werden Silben verschluckt oder zusammengezogen, was dann in Worten wie „türlich“, „ham“, „nich“ und „haste“ sowie gerne in einer doppelten Verneinung wie „keiner nich“ resultiert. Der Stil lädt damit zwar nicht gerade zum Verschlingen des Romans ein, doch schneller als man denkt, hat man sich darin eingelesen und möchte diesen Dialekt am Ende nicht mehr missen. Ein wenig schade ist, dass Travellers Gesprächspartner, Hauskater Tom, stets stumm bleibt. Der Leser hört nur das Pferd reden, ab und zu gibt er wieder, was Tom gerade macht, aber insgesamt bleibt der Kater profillos. Ebenfalls bedauert man, dass Travellers spezieller Freund Klein-Rotfuchs nicht mehr auftaucht und er nichts über dessen Schicksal erfährt. Dabei ist bekannt, dass Rotfuchs nicht nur den Krieg überlebte, sondern danach noch ein bewegtes Leben führte und erst 1885 im hohen Pferdealter von 35 Jahren verstarb. Genug Gelegenheit also, dass Traveller ihm noch einmal über den Weg gelaufen wäre. Ein wenig inkonsequent ist außerdem die Übersetzung der Namen, die Körber mal ins Deutsche überträgt und mal das Original beibehält. Aus „Little Sorrel“ und „Thunder“ werden „Klein-Rotfuchs“ und „Donner“, dagegen behalten Traveller und auch „Skylark“ ihren amerikanischen Namen.

Das größte Manko liegt in einer kleinen Unlogik gegen Ende des Buches. Traveller hat den Ausgang des Krieges gehörig missverstanden, was sich in den ersten Tagen noch nachvollziehen lässt, da er gewisse Situationen einfach fehlinterpretiert. Allerdings bleibt er auch Jahre später noch bei seiner Ansicht, was unrealistisch ist, da er ja die Sprache der Menschen versteht und zudem immer wieder andere Pferde trifft – genug Gelegenheit also, um unwillkürlich zu erfahren, wie die Dinge wirklich stehen. Selbst der naive Traveller müsste vier Jahre nach Kriegsende begriffen haben, dass er mit seinen Ansichten falsch lag.

_Als Fazit_ bleibt ein absolut empfehlenswerter Roman, der das Thema „Amerikanischer Bürgerkrieg“ auf unkonventionelle Weise angeht. Eine gelungene Mischung aus Fantasy und Historie, die sorgfältig recherchierte Fakten mit Fiktion vereint. Der Stil ist zwar zunächst gewöhnungsbedürftig und es sind kleine Schwächen enthalten, doch insgesamt liegt ein überzeugendes Werk vor, das man sich weder als Historien- noch als Phantastikfreund entgehen lassen sollte.

_Der Autor_ Richard Adams, Jahrgang 1920, studierte in Oxford Literatur und Geschichte. Sein Debütroman [„Watership Down: Unten am Fluss“ 2025 wurde als Buch und ebenso als spätere Verfilmung ein Welterfolg. Adams Spezialgebiet sind Werke, in denen Tiere die Hauptrolle spielen. Weitere Bücher von ihm sind u. a. „Shardik“, „Das Mädchen auf der Schaukel“ und „Die Hunde des Schwarzen Todes“.

http://www.edition-phantasia.de

Trugenberger, Luca – Siegel des Schicksals, Das (Die Wege des Drachen 2)

Buch 1: [„Der magische Dorn“ 3227

Nachdem Damlo sich am Ende des ersten Bandes entschlossen hat, nicht nach Hause zurückzukehren, sondern den Zwergen Clevas und Irgenas zum weißen Turm von Belsin zu folgen, ist er erst einmal ziemlich erleichtert. Doch diese Erleichterung weicht schon bald der Reue, als die drei von einer Horde Orks angegriffen und getrennt werden. Auf sich allein gestellt, fährt Damlo weiter, um an einem vereinbarten Treffpunkt auf die Freunde zu warten. Sie kommen nicht!

Schließlich muss Damlo sich eingestehen, dass sie wahrscheinlich nicht überlebt haben, und dann verhindert ein Überfall auf die Brücke auch noch, dass Damlo den Riguario überquert. Niedergeschlagen schließt Damlo sich einigen Kaufleuten an, die ebenfalls nach Süden wollen und sich anschicken, die Brücke zu umgehen. Das bedeutet einen enormen Umweg über die Hauptstadt Eria, die kurz vor dem Bürgerkrieg steht …

_Die Riege der Personen_ hat sich nur wenig ausgeweitet.

Zum einen wäre da Ticla zu nennen, die Tochter des Regenten von Eria. Ein vorwitziges, temperamentvolles junges Mädchen, das heimlich Fechtunterricht nimmt und auf Säulen und Fassadensimsen herumklettert, um Ratsversammlungen zu belauschen. Dem hohen Priester Ijssilien hat sie eine Horde roter Waldameisen ins Priestergewand gesteckt, weil er sie wegen ihres Verhaltens getadelt hat.

Ijssilien ist einer dieser bigotten Kerle, die vor allem deshalb so streng auf sittliches Verhalten weiblicher Personen achten, damit sie sich nicht eingestehen müssen, dass sie selber geile Böcke sind, sondern im Zweifelsfall die Schuld immer auf das „unsittliche“ Benehmen der Frau schieben können. Abgesehen davon lässt er sich auch sonst vor allem von seinem besonderen Hass auf Ticla leiten, ohne auch nur einen Funken Verstand an die politischen Folgen seiner kleinlichen Intrigen zu verschwenden.

Außerdem taucht ein Mann namens Norzak von Suruwo auf. Schon bald ist klar, dass es sich hier um einen Diener des Schattens handelt, und zwar um einen hochrangigeren als die schwarzen Degen. Offiziell als neutraler Beobachter am Hof von Eria, intrigiert er ganz kräftig gegen den Regenten, denn der Erste Diener des Schattens will einen Bürgerkrieg, was Norzak selbst lieber vermeiden würde. Er will nur den Regenten loswerden und selbst herrschen. Dumm nur, dass der Erste Diener außer dem Bürgerkrieg auch noch die geheime Ladung auf dem Karren der Zwerge haben will, und Norzak ihm diese trotz aller Mühe bisher nicht besorgen konnte …

Die übrigen Neuzugänge – wie die Kaufleute, denen Damlo sich anschließt, oder auch Ticlas Vater – bleiben eher unscheinbare Randfiguren und verschwinden recht bald wieder in der Versenkung.

_Die Handlung_ ist ein wenig komplexer geworden als im ersten Band, wo der Handlungsstrang sich nur teilte, wenn Damlo vorübergehend nicht mit seinen Begleitern zusammen war. Durch die Ausweitung des Blickwinkels auf die Geschehen in Eria sind die Handlungsstränge um Ticla und Norzak dazugekommen, von denen zumindest Letzterer dem Zyklus auch langfristig erhalten bleiben dürfte. Das Hauptaugenmerk liegt allerdings auf Damlo, was zu einem recht ungewöhnlichen Schlenker im Erzählverlauf führt, denn erst, als Damlo in Eria Nachricht über den Verbleib seiner Freunde erhält, wird rückblickend deren Schicksal nach der Trennung von Damlo erzählt.

Während dieser kurze Ausflug in die Rückblende nur wenig stört, ist der Anfang des Buches ein wenig holperig geraten. Die Erzählung setzt nahtlos und unmittelbar an das Ende des ersten Bandes an. Nachdem Damlo sich entschieden hat weiterzureisen, will er ins Schloss zurückkehren, um seinen Freunden seine Entscheidung mitzuteilen, was gar nicht so einfach ist, da die Wachen ihm nicht glauben, dass er dort erwartet wird. Ziemlich ausführlich wird geschildert, wie Damlo die Wachen und Diener überlistet, um an sein Ziel zu gelangen, nur um fast unmittelbar darauf bereits mit den Zwergen wieder unterwegs zu sein. Ein Bezug zwischen diesen beiden Punkten fehlt völlig.

Offenbar wollte der Autor dem Leser auf diese Weise den Wiedereinstieg in die Handlung erleichtern, denn die Anfangspassage im Schlosspark ist mit Erinnerungen an wichtige Ereignisse des ersten Bandes gespickt. Dadurch wirkt sie allerdings etwas bemüht, und auch der Übergang zur eigentlichen neuen Handlung kommt zu abrupt, um glatt und flüssig zu wirken. Dazu kommt, dass die Einleitung der weiteren Entwicklungen in diesem Band wenig elegant da zu offensichtlich daherkommt. So hatte ich im Gegensatz zum ersten Band diesmal ein wenig Mühe, mich einzulesen.

Danach las sich das Buch mühelos. Die Handlung ist diesmal weniger turbulent gestaltet. Nach der Schlacht mit den Orks tut sich zunächst eine ganze Weile nichts, was vor allem daran liegt, dass Damlo zum einen zu ängstlich und zum anderen zum Kämpfen gar nicht ausgebildet ist. Ein großer Teil des Buches entfällt auf Damlos alleinige Weiterfahrt bis zur Riguario-Brücke und seine Reise mit den Kaufleuten bis Laria. Eine ziemlich ereignislose Zeit – abgesehen von der kurzen Schlacht auf der Brücke, an der Damlo allerdings nur als Beobachter teilgenommen hat – und der Autor nutzt dies, um sich ausführlich Damlos Innenleben zuzuwenden. In dieser Erläuterung von Damlos Seelenzustand hört man deutlich den Psychologen sprechen. Damlos Tun wird dadurch zwar nachvollziehbar, die Darstellung bleibt aber zu trocken, um mehr als den Verstand des Lesers zu erreichen.

Wirklich lebendig wird es erst wieder, als Damlo sein Geld geklaut wird und er anfängt, sein Leben wieder in die Hand zu nehmen. Als er schließlich nach Eria kommt und dort unversehens gleich in zwei unterschiedliche Intrigen hineingerät, nimmt die Geschichte endlich Fahrt auf.

_Ich muss sagen_, dass ich „Das Siegel des Schicksals“ nicht ganz so gut fand wie „Der magische Dorn“. Dadurch, dass Damlo diesmal hauptsächlich ohne die Zwerge und Uwain unterwegs ist, blieb zwar viel Gelegenheit, auf eigenen Beinen zu stehen, dafür fehlten mir das kauzige Gekabbel der Zwerge und der ironische Witz des Halbelfen. Auch wollten sich diesmal die einzelnen Bestandteile der Handlung nicht so gleichmäßig ineinander fügen, wie das noch beim ersten Band der Fall war. Zu offensichtlich wurden die einzelnen Häppchen dargeboten, die zur – zugegebenermaßen interessanten – Lösung des Rätsels um Damlos besondere Natur und seine Fähigkeiten führten. Irgendwie wirkte alles etwas zu bemüht, die Leichtigkeit, mit der beim ersten Band noch äußere Handlung und innere Entwicklung des Helden zu einer Einheit zusammenflossen, fehlte hier. Schade.

Bleibt zu hoffen, dass sich das beim dritten Band wieder ändert. Schließlich gibt es ja noch einiges zu tun: den Belsin zu erreichen, den Ersten Diener herauszufinden und unschädlich zu machen, und vor allem Damlos Magie beherrschen zu lernen.

_Luca Trugenberger_ lebt in Italien. Nach seinem Medizinstudium arbeitete er einige Zeit als Schauspieler, um dann doch wieder zur Medizin zurückzukehren. Heute ist er in Rom als Psychotherapeut tätig, doch die künstlerische Ader ist immer noch vorhanden. „Der magische Dorn“ war sein erster Roman und sofort erfolgreich. Der dritte Band des Zyklus erscheint im Januar 2008 unter dem Titel „Der Angriff der Schatten“.

http://www.piper-verlag.de

Novik, Naomi – Drachenbrut (Die Feuerreiter Seiner Majestät 1)

Es klingt auf den ersten Blick ein bisschen nach einer Mischung aus [„Eragon“ 1247 und „Jonathan Strange & Mr. Norrell“, was Naomi Novik uns mit dem ersten Teil ihrer – im Englischen bald zur Tetralogie ausgewachsenen – Trilogie |Die Feuerreiter seiner Majestät| serviert. Das Szenario ist ganz ähnlich wie bei „Jonathan Strange“, denn Noviks Drachen-Reihe spielt zur gleichen Zeit. 1805 befindet sich England mitten im Krieg gegen Napoleon, nur sind es keine Magier, die mit an die Front ausrücken, sondern Drachen. Und das auf beiden Seiten, denn in Naomi Noviks Welt sind die Drachen das Glanzstück der Streitkräfte.

Als Kapitän Will Laurence eine französische Fregatte kapert, deren Fracht ein echtes Drachenei enthält, ahnt er noch nicht, dass seine Zeit bei der Marine ihrem Ende entgegengeht. Wie es das Schicksal nun einmal so will, schlüpft der Drache auf hoher See. Im Leben eines Drachen ist dieser Augenblick stets ein sehr entscheidender. Nur wenn dem Drachen gleich nach dem Schlüpfen ein Geschirr angelegt wird, wird es gelingen, ihn zu zähmen, und derjenige, der dem Drachen sein Geschirr anlegt, wird auf immer seine Bezugsperson sein.

Der Einzige, der die Sympathien des Drachen wecken kann, ist Laurence, und von dem Moment an, als Laurence dem Drachen Temeraire das Geschirr angelegt hat, ist auch schon entschieden, dass er fortan für den Drachen verantwortlich sein muss. Und so wechselt er von den vertrauten Planken seines Schiffes auf den Rücken des Drachen, um fortan auf diese Weise seine Pflicht für die Krone zu erfüllen. Und die kann einen Drachen wie Temeraire gut gebrauchen. Es sieht nicht gut für die Engländer aus im Krieg gegen Napoleon. Ein weiterer Drache ist da Gold wert.

Doch um sich als nützlich erweisen zu können, müssen Temeraire und Laurence erst einmal eine Ausbildung in Schottland absolvieren, wo sie lernen, in Formation mit anderen Drachen Einsätze zu fliegen. Und schon nach wenigen Monaten kommt der große Augenblick für Laurence und Temeraire. Im Kampf gegen die französischen Drachen müssen sie zeigen, was in ihnen steckt, und in Temeraire steckt noch eine ganze Menge, von dem weder Drache noch Flieger etwas ahnen …

Es ist schon eine schöne Fantasygeschichte, die Naomi Novik da aus dem Hut gezaubert hat. „Drachenbrut“ bildet eine vielversprechende Ausgangslage für die beiden folgenden Teile der Reihe.

Laurence ist eine sympathische Hauptfigur. Als sich herausstellt, dass er es ist, der nun sein Leben an der Seite des Drachen verbringen soll, trägt er diese einschneidende Veränderung seines Lebens mit erstaunlicher Fassung. Er weiß, dass sich von nun an alles ändern wird, denn von nun an hat seine erste Sorge stets dem Drachen zu gelten. Unter diesen Bedingungen ein normales Leben mit allen dazugehörigen gesellschaftlichen Verpflichtungen zu führen, ist schlichtweg unmöglich. Und so verwundert es auch nicht, dass Laurence‘ „berufliche Umorientierung“ bei der Familie auf wenig Gegenliebe stößt. Sein Eheversprechen an seine Verlobte ist damit auch hinfällig und Laurence muss schon bald seinen ursprünglichen Lebenstraum begraben.

Doch das nimmt er vermutlich auch deswegen mit so viel Fassung, weil er mit Temeraire einen sehr sympathischen neuen Gefährten an seiner Seite hat. Er genießt es, Zeit mit dem Drachen zu verbringen, und die beiden verbindet schon bald eine innige Freundschaft. Das Leben der Feuerreiter erfordert viele Opfer, aber die besondere Freundschaft zwischen Drache und Flieger birgt eben auch ein ganz besonderes Gefühl.

Interessant ist, wie Novik die Drachen in ihre Welt einbettet. Sie sind ein wichtiger Teil des militärischen Apparates. Zu Zeiten, in denen der Krieg sich immer auf festem Boden oder auf dem Wasser abspielt, markieren die Drachen so etwas wie den Einstieg in den Luftkampf. Und der sieht gar nicht so fantastisch und romantisch aus, wie man sich das bei dem Gedanken an Drachen vorstellen mag. Es gibt eine feste Besatzung von mehreren Personen, die Geschosse abfeuert und über Signalflaggen mit den Besatzungen anderer Drachen kommuniziert. Der Drache mutet da wie ein rustikaler Vorläufer des Kampfflugzeugs an.

Doch auch der Drache selbst muss im Kampf seine Fähigkeiten in die Waagschale werfen. Es kommt nicht nur auf Schnelligkeit, Kraft und Wendigkeit an, viele Drachen haben auch noch eine besondere Fähigkeit auf Lager, die im Kampf von enormer Bedeutung ist. Sie spucken Säure oder Feuer und tragen so nicht unerheblich zum Kampfgeschehen bei.

So hat Novik ausreichend Stoff für fesselnde Schlachtenschilderungen, die sie vor allem in der finalen Schlacht über dem Ärmelkanal zum Höhepunkt des Buches herausarbeitet. Die Luftkämpfe sind absolut spannend und es liegt nahe, warum Herr-der-Ringe-Regisseur Peter Jackson sagt, dass aus diesem Stoff seine Kinoträume wären. Man darf also durchaus gespannt sein, wie dieser Stoff irgendwann einmal filmisch von ihm umgesetzt wird. Es kann eigentlich nur großartig werden.

So richtig auftrumpfen kann Novik mit spannenden Kampfhandlungen allerdings wirklich erst im letzten Drittel des Buches. Die ersten zwei Drittel dienen eher dem Handlungsaufbau. Laurence nimmt nach dem Schlüpfen von Temeraire Abschied vom Seemannsleben und tritt seine Ausbildung in Schottland an. Hier steht eher die beginnende tiefe Freundschaft zwischen Temeraire und Laurence im Vordergrund, genau wie die Grundsätze des Lebens auf dem schottischen Stützpunkt, der Umgang der Flieger miteinander und das vor allem anfangs etwas gespaltene Verhältnis zwischen Laurence und seinen Kollegen.

Typisch gerade auch für die Zeit in der das Buch spielt, sind Etikette und ein bestimmter militärischer Verhaltenskodex von zentraler Bedeutung. Auch Laurence muss sich trotz militärischer Erfahrung erst eingewöhnen und findet unter den Fliegern nicht gleich die Akzeptanz, die er sich später hart erarbeitet. Viele, die auf dem schottischen Stützpunkt arbeiten, warten seit Jahren darauf, Kapitän eines eigenen Drachen werden zu dürfen. Dass Laurence als Außenstehender einfach mit einem eigenen (noch dazu äußerst seltenen und wertvollen) Drachen daherspaziert kommt und ohne Vorkenntnisse seinen Dienst als Kapitän antritt, schürt jede Menge Neid und Missgunst.

Insgesamt baut Novik den Roman ganz gut auf. Auch wenn man sich wünschen möchte, sie würde schon früher an der Spannungsschraube drehen, liest sich der Roman flott herunter und es kommt keinerlei Langeweile auf. Sie entwickelt ihre Geschichte auf ganz eigenständige Art und schafft damit einen Roman, der sich gegenüber anderen Fantasygeschichten abgrenzt und individuell definiert, auch wenn man sich beim Lesen der Inhaltsangabe noch an ein Werk wie Susanna Clarkes [„Jonathan Strange & Mr. Norrell“ 2253 erinnert fühlt.

Am Ende wartet man neugierig und ungeduldig darauf, wie es mit Laurence und Temeraire weitergeht, denn Noviks Finale macht Lust darauf, die Fortsetzung möglichst bald zu lesen. Wie gut, dass der nächste Band schon im August erscheint. So hält sich die Wartezeit in Grenzen.

Bleibt unterm Strich ein positiver Eindruck zurück. Novik entwickelt sympathische Protagonisten und kreiert nach einer ersten Aufbauphase einen absolut spannenden Plot, der Lust auf mehr macht. Man darf gespannt sein, welche Abenteuer sie für Laurence und Temeraire noch aus dem Hut zaubert. „Die Feuerreiter seiner Majestät“ hat das Zeug dazu, eine große begeisterte Leserschaft anzuziehen und sich als eigenständiger Fantasyroman von der Masse anderer Werke des Genres klar abzugrenzen. Auf jeden Fall ein Lesespaß, der Jugendliche wie Erwachsene gleichermaßen begeistern kann und dem man noch viele Leser wünscht.

Der Roman ist derzeit nominiert für den |Hugo Award| (Bester Roman), den |Compton Crook Award| (Bester Debütroman) und den |Locus Award| (Bester Debütroman). Die Autorin selbst wurde für den |John W. Campbell Memorial Award for the Best New Writer| nominiert. Diese Auszeichnung erhielten zuletzt John Scalzi und Elizabeth Bear.

http://www.cbj-verlag.de

Andreas Brandhorst – Feuerstürme (Kantaki: Graken-Trilogie 2)

Kantaki

Andreas Brandhorst meldet sich nach langjähriger Pause mit eigenen Romanen zurück. Nachdem er sich weitgehend als Übersetzer betätigte und dabei namhafte Autoren wie Terry Pratchet, David Brin oder Scott Westerfeld übersetzte, startete er 2005 mit seiner umfangreichen und komplexen Erzählung über die Zukunft der Menschheit durch, die er durch die mysteriösen »Kantaki« einleiten ließ (siehe »Diamant«, »Der Metamorph« und »Der Zeitkrieg«). Im Herbst 2006 begann nun die neuerliche Reise in die Welt der Kantaki, die mit »Feuervögel« weit in die Zukunft der ersten Trilogie greift und ein gänzlich verändertes Machtgefüge in der Milchstraße zeigt.

Graken

Brandhorst vermeidet es gekonnt, mit den Erkenntnissen der ersten Trilogie die Eigenständigkeit des Graken-Zyklus‘ zu beeinträchtigen. Anspielungen sind natürlich vorhanden, gliedern sich aber in den Hintergrund der Geschichte, die ihren eigenen Charakter besitzt. War »Feuervögel« ein Roman, der ebenso gut hätte für sich stehen können, baut Brandhorst mit »Feuerstürme« auf diesem soliden Fundament seiner umgekrempelten Kantaki-Welt das komplexe Gewebe von Beziehungen, Geschichte, Handlung und Hintergrund weiter aus. Dieser zweite Band des Dreiteilers steht zu Recht in der Mitte und schreit nach seiner Fortsetzung.

Andreas Brandhorst

ist ein Phänomen. Für die beiden Dreiteiler hat er eine Welt entwickelt, die man sich verstrickter kaum vorstellen kann. Anhand seiner Chronik, des Glossars und der Hintergrundinformationen, die sich am Ende jedes Buches tummeln und ausführlicher noch auf seiner Homepage zu finden sind, lässt sich das Ausmaß der Vorbereitungen für die eigentlichen Romane andeutungsweise erahnen. Dabei ist noch nichts zur Kreativität der Romane selbst gesagt. Nebenbei ist Brandhorst ein viel beschäftigter Übersetzer, mehrere unterschiedlichste Romane übersetzt er jedes Jahr, deren Qualität außerordentlich ist. Und außerdem schreibt er hin und wieder einen Roman für eine große deutsche Science-Fiction-Serie, und seine Beiträge erfreuen sich regelmäßig großer Beliebtheit. Bleibt die Frage nach seinem Neurobooster, der ihm diese gedankliche und technische Geschwindigkeit und Qualität gestattet.

»Feuerstürme«

Aus der Beziehung zwischen Dominik und einer ehemaligen Tal Telassi ging ein Mädchen hervor, das in Gedenken an den jung verstorbenen Vater Dominique genannt wird. In ihr vereinen sich weit größere Kräfte als selbst in ihrem Vater. Doch seit 23 Jahren werden die Tal Telassi unterdrückt, und obwohl die Graken seither keine Aktionen mehr starteten, ist von einem Ende des Konflikts keine Rede, die Allianzen freier Welten erzielen nicht einmal Fortschritte.

Die Tal Telassi erheben sich gegen ihre Unterdrücker, genau als die Graken eine neue, weit energischere Offensive starten. Mit sogenannten Feuerstürmen greifen sie nun die Welten direkt an, benötigen keinen Feuervogel in der Sonne mehr, um das System zu erreichen. Unter ihrem neuen Druck bricht die Allianz auseinander, die Tal Telassi befinden sich in der Schnittmenge der Interessen von Militär und Graken, während Dominique auf ein altes Geheimnis trifft und den »Großen K« begegnet, und in den Randbezirken tritt ein neues Phänomen ins Bild: die Crota, höchste maschinelle Intelligenzen mit biologischen Komplexen für Kreativität und Impulsivität. Sie stellen eine Gefahr für die Graken dar, bedeuten aber für die Galaktiker noch lange keine Hilfe, da die Graken umso schneller und härter vorgehen.

Fazit

Brandhorst ist ein außerordentlicher Schriftsteller, er bereichert das Genre mit seiner Energie und seinen Geschichten. »Feuerstürme« bietet fesselnde Unterhaltung in Zusammenarbeit mit dem ersten Band des Dreiteilers, und es steigert die Sucht nach Brandhorstscher Weltenschöpfung. Wenn auch hin und wieder eine Szene zu technisch abgearbeitet wird, bleibt im Endeffekt das Gefühl, etwas Großartigem auf der Spur zu sein.

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (5 Stimmen, Durchschnitt: 1,80 von 5)

 

Desirée und Frank Hoese – Die Zyanid-Connection

In diesem Roman teilen sich mehrere längere Kapitel den Platz, wobei jedes einzelne eine Geschichte aus dem Leben und den Problemen der ausgestoßenen Hauptpersonen erzählt und sie insgesamt das Bild eines umfassenden Konflikts malen. Ein Konflikt, der in dieser zukünftigen Gesellschaft schwelt und durch einen zufälligen Fokus auf die Protagonisten zu eskalieren droht. Ein Konflikt, auf dem diese Gesellschaft errichtet ist, die ohne ihn so nicht funktioniert.

Abhängigkeiten zwischen Privilegierten und Gesetzeslosen.

Die Hoeses traten mit diesen Geschichten über das Computermagazin c’t an die Öffentlichkeit und fanden ein fasziniertes Publikum. Für den Wurdackverlag erweiterten, überarbeiteten, schrieben neu und verknüpften sie die Abenteuer ihrer Helden zu einem Roman. Das Ergebnis spricht für sich.

Auf der Welt entwickelten sich Megastädte, in denen das gesetzlich geregelte Leben kondensierte und sich konzentriert, während sich außen herum weitgestreckte Slums anlagerten, in denen all jene leben, für die es keinen Platz in der legalen Gesellschaft gibt. Aber nicht nur Drogen und Amusement sind die Ware dieser so genannten Outskirts, sondern es lebt hier auch allerlei fähiges Volk wie ausgestoßene Programmierer, Polizisten, Köche, Händler, Ingenieure, Bänker. Geregelt werden die Interessen von Gangs, die die Skirts in Bereiche aufteilen und in einem wackligen Gleichgewicht halten.

Instant Auger und Wren Ironside sind fähige, ganglose Bewohner der Outskirts von New Athens. Instant ist eine begnadete Programmiererin, Wren ein Ex-Bulle. Sie landeten hier, weil ihnen die kriminellen Arbeitsweisen der legalen, noch dazu weltgrößten Herstellerfirma von Biochips nicht mehr gefallen. Und vor allem gegen diese Firma richten sich ihre neuen Tätigkeiten: die Skirts auf dem neuesten Stand der Implantatetechnik halten und damit die Abhängigkeiten zwischen Skirts und Gesetz erhalten. Die Cyberfirma reagiert kompromisslos, und so steigert sich diese Folge von Actio und Reactio bis an die Grenze zum Chaos, zur Eskalation.

Dieser Roman ist ein dicker Fang für den Wurdackverlag. Die Geschichten, die aus der Ichperspektive des Bullen Wren Ironside erzählt werden, bieten das Höchstmaß an Unterhaltung. Interessante Wortschöpfungen, vor allem im cybertechnischen Bereich, gepaart mit der harten, geraden Linie der protagonistischen Erzählsprache, ergeben einen attraktiven Stil. Schnell wird das Protagonistenpaar sympathisch, kommt völlig ohne Sex aus und erzeugt doch die Gewissheit von enger Beziehung und gegenseitiger Wichtigkeit. Schubladentechnisch bietet der Roman mindestens Thriller, Cyberpunk und Krimi. Es wird ganzzeitlich eine straffe Handlung gewebt, die Gefühle lesen mit und das Herz schlägt schneller, bis zur letzten Seite – Suchtgefahr gegeben!

Was es nicht gibt, sind allzu detaillierte Hintergründe zu den Protagonisten. Trotzdem wächst ihr Profil mit jedem Gedanken, den der Icherzähler formuliert, zu einem sympathischen und glaubwürdigen Gerüst. Über Wren Ironside erfährt man noch am wenigsten, er denkt lieber über seine Partnerin und andere Charaktere nach als über sich selbst. Aus seiner Sprache und seinen sarkastischen Bemerkungen zum Beispiel zum Ableben einiger Personen lernt man ihn aber kennen und schätzen.

Gerade das Fehlen weitschweifiger Erklärungen und Rückblenden erzeugt im Roman das Flair von Geschwindigkeit und Entdeckerdrang. Man will alles erfahren und wird von der Handlung vorangetrieben, bis man die letzte Seite umschlägt und ein eindrückliches Bild der Outskirts hat – Slums, in denen man eigentlich nicht leben will, aber bieten die Megacitys nicht noch weniger? Totale Kontrolle und Bevormundung durch irgendwelche mächtigen Interessengruppen, die sich andererseits mit billigen Arbeitskräften aus den Slums versorgen. Desirée und Frank Hoese extrapolieren ein Zukunftsbild mit strikten Klassentrennungen und staatlicher Allgegenwart als Grundgerüst für ihre Geschichten voller Leben und Gefühle. Ein sehr empfehlenswertes Buch, das Aufmerksamkeit über die Grenzen des Genres hinaus verdient.

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (4 Stimmen, Durchschnitt: 3,00 von 5)

William Nicholson – Sucher (Der Orden der Edlen Krieger I)

Sucher ist nicht gerade glücklich über seine Zukunftsaussichten. Sein Vater hat vorgesehen, dass Sucher als Jahrgangsbester die Schule abschließen und seinem Vater irgendwann auf den Posten des Schuldirektors folgen soll. Dabei wäre Sucher viel lieber ein Noma, einer vom Orden der edlen Krieger. Als sein Bruder Flamme vom Orden wegen Verrat ausgestoßen wird, beschließt Sucher, sich seinem Vater zu widersetzen und in den Orden einzutreten, um den Grund für diese Ungerechtigkeit herauszufinden. Doch der Orden lehnt ihn ab.

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Thruner, Michael Marcus – Atlan – Befreiung in Camouflage (Lepso-Trilogie, Band 3)

Band 1: [„Totentaucher“ 3645
Band 2: [„Die acht Namenlosen“ 3645

_Story_

Atlan reist gemeinsam mit Ohm Santarin nach Sadik, um dort sein Versprechen an den verstorbenen Ältesten der da Onur einzulösen und den Anspruch auf ein einst geraubtes Gebiet wiederherzustellen. Ebenfalls mit an Bord: da Onurs Tochter Aizela, die ihr Leben lang darauf vorbereitet wurde, im Kampf gegen den grausamen Tyrannen Gart da Tromin zu bestehen und das Erbe ihres Volkes zurück zu erkämpfen.

Getarnt erreichen die Gefährten die versklavte Welt und schleusen sich schnell in die Festung de da Tromin ein. Doch Atlan wähnt sich zu rasch auf der Siegerstraße und erleidet nach einem Gefecht mit da Tromin und der darauf folgenden Liaison mit der Mutantin Camara Zaintz schwere Verletzungen. Als er wieder aufwacht, befindet er sich in einem Arbeitslager des Führers von Sadik, in dem Tag für Tag viele Menschen an den Folgen der Sklaverei sterben. Doch ein Ausbruch scheint selbst für Atlan aussichtslos, denn das Gefängnis ist zu gut abgeriegelt und seine potenziellen Helfer sind zu schwach.

Unterdessen haben Ohm und Aizela sich einer geheimen Gruppe von Revoluzzern angeschlossen und versuchen mit jeder erdenklichen Möglichkeit, die Tyrannei der da Tromin endgültig zu stürzen. Das Prinzip Hoffnung funktioniert tatsächlich, und alsbald sind Atlan und seine beiden Mitstreiter wieder vereint, um Artemio Hoffins davor zu bewahren, sich auf Camouflage der Tyarez-Häute zu bemächtigen und ihr Wissen zu erobern. Es kommt zu einem letzten Showdown zwischen dem gesuchten Gangster und dem Lordadmiral. Aber die Befreiung in Camouflage hängt von vielen Schicksalen ab – und von den Eigenschaften der sagenumwobenen Tyarez.

_Meine Meinung_

Die Lepso-Trilogie kommt im dritten Band „Befreiung in Camouflage“ zum ersehnten Abschluss, gleichzeitig aber natürlich auch zu ihrem bisherigen Höhepunkt, der sich in der konstanten Steigerung innerhalb der Serie schon vorab abzeichnete und nun mit einem wirklich überzeugenden, nur noch mit wenigen Schwächen ausgestatteten Roman bestätigt wird.

Wieder einmal begibt sich Atlan auf eine berüchtigte, anrüchige Welt, um am Gefüge der Obrigkeiten zu wackeln und die tyrannische Monarchie zu stürzen. Auf der Suche nach dem Vermächtnis der acht Namenlosen und einer gerechten Lösung für den Clan da Onur begibt er sich nach Sadik und trifft dort auf den gewieften Händler und unbarmherzigen Führer Gart da Tromin. Fast schon zu leicht gelingt es ihm, diesen in der Gestalt des Eli Pattri von einem lukrativen Deal zu überzeugen und eine Audienz in seinen Gemächern gewährt zu bekommen, doch erweist sich die darin gesetzte Hoffnung als Trugschluss.

Atlan gerät in einen weiteren Hinterhalt und kann nur mit Hilfe der Mutantin Camara Zaintz entkommen, die jedoch daraufhin Ansprüche auf den Körper Atlans erhebt. Nachdem sie ihn völlig eingelullt hat, bittet sie zum Liebesakt – und stirbt auf dem Höhepunkt der Erregung. Benommen von diesen Ereignissen, folgt für Atlan auch schon die nächste Gefahr, die den Lordadmiral in ein Gefangenenlager führt, wo er unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten soll. Um ihn herum sterben Kinder und Frauen; auch eine Schwangere wird kompromisslos gescheucht und bei einzelnen Tauchgängen eingesetzt. Atlan nimmt sich ihrer an und sucht nach Möglichkeiten des Ausbruchs. Diese werden ihm schließlich von seinen verschollenen Gefährten geliefert, die im Hintergrund die Ursprünge einer revolutionär eingestellten Gruppierung entdeckt und sie für ihre Zwecke genutzt haben.

Doch damit beginnt das eigentliche Abenteuer erst richtig, denn in Camouflage hat sich bereits der gefürchtete Artemio Hoffins an den Hinterlassenschaften der Tyarez zu schaffen gemacht und plant, ihr umfassendes Wissen zu nutzen, um Imperator Dabrifa zu stürzen und seinen Posten einzunehmen. Überlegen wähnt er sich auf dem Weg zur Macht. Aber da hat Hoffins die Rechnung ohne den Wirt gemacht – und dieser heißt natürlich Atlan.

Die letzte Geschichte der recht unabhängig voneinander lesbaren Trilogie weist innerhalb der gesamten Story den wohl höchsten Spannungsgrad auf, dies jedoch in zwei unterschiedlichen Abschnitten. Grob gesehen muss man „Befreiung in Camouflage“ nämlich in zwei recht losgelöste Parts trennen, nämlich einmal die Handlung auf Sadik und anschließend das Geschehen in Camouflage. Aber insbesondere der Aufenthalt in der Welt der da Tromin ist ein nennenswerter Höhepunkt der bisherigen Reihe. Zwar greift Michael M. Thurner, der dritte Autor im Verbund der „Lepso-Trilogie“, auf einige Ideen zurück, die bereits sein Vorgänger Christian Montillon in „Die acht Namenlosen“ bemüht hat (zum Beispiel die Gefangenschaft in einem Barackenlager), lässt jedoch die spannend voranfließende Action und seine ebenso flüssige, sprachlich sehr kompetente Schreibe in den meisten Fällen für sich sprechen. Dazu gesellen sich frische Elemente wie das Eingreifen der unscheinbaren Camara Zaintz, das wohl als merkwürdigstes Ereignis im Laufe der Gesamtstory haften bleibt.

Weniger erbaulich ist allerdings die etwas strikte Trennung der beiden Handlungsabläufe. Atlans Aufenthalt in Sadik sowie seine Reise und die anschließenden Konflikte in Camouflage mögen zwar durch mehrere Bänder miteinander verbunden sein, doch ist der Übergang zwischen beiden recht hölzern und auch ein wenig rasch vollzogen worden. Ohne besondere Einleitung treten plötzlich fast schon wieder vergessene Charaktere wie Artemio Hoffins in die Handlung ein, ohne dass die Hintergründe zunächst offensichtlich erscheinen. Und so ist generell der Auftakt des Camouflage-Finales ein wenig sprunghaft dargestellt. Thurner lässt sich unverhältnismäßig lange Zeit, um das Finale endlich in die Wege zu leiten, und nimmt so kurzweilig das Spannungshoch raus. Man erfährt stattdessen von den Vorbereitungen auf den Kampf aus der Perspektive beiden Parteien, wartet im Grunde genommen aber nur darauf, dass die Handlungsträger endlich mal zur Aktion schreiten und die Erzählung wieder an Tempo gewinnt. Doch derartige Schönheitsfehler sind aus der „Lepso-Trilogie“ ja schon bekannt und gehen nun, leider, auch nicht an „Befreiung in Camouflage“ respektive Michael M. Thurner vorbei.

Dennoch ist das Resümee, alleine auf diesen letzten Band bezogen, in der Summe positiv. Thurner hat die guten Ideen Montillons auch auf seinen Teil des Plots verlagert und die Geschichte mittlerweile vor jeglicher überflüssigen Komplexität bewahrt. Was dies betrifft, liegen zwischen „Totentaucher“ und „Befreiung in Camouflage“ Welten, so dass eine angenehme Entwicklung auf jeden Fall zu attestieren ist. Weiterhin bringt der Autor des dritten Buches die Geschichte logisch und für alle zufriedenstellend zu Ende, fährt aber nicht bloß auf konventionellen Bahnen. Ein Durchmarsch Atlans scheint zwar vorprogrammiert, doch eröffnet der Erzähler seinem Publikum genügend spannend aufgebaute Hindernisse, die den Abschluss der „Lepso-Trilogie“ zu einem lesenswerten und würdigen Ereignis aus der indirekten Umgebung Perry Rhodans machen. Ich für meinen Teil freue mich, dass die Reihe von Episode zu Episode bzw. von Autor zu Autor besser geworden ist und sich die nach dem ersten Band gesammelten Befürchtungen auch hier nicht mehr einstellen, wenngleich „Befreiung in Camouflage“ noch nicht ganz in der A-Klasse der Science-Fiction angesiedelt ist.

http://www.fanpro.com
http://www.perryrhodan.net/
[Perrypedia]http://www.perrypedia.proc.org/Lepso__%28Zyklus%29

Neal Asher – Das Tor der Zeit (Agent Cormac 4)

Die „Polis“ ist in ferner Zukunft der von den Menschen und ihren Abkömmlingen und Verbündeten besiedelte Teil der Galaxis. Regiert wird das gewaltige Gebilde von künstlichen Intelligenzen (KIs), die über die gesamte Polis verteilt sind und mit „Earth Central“ in Verbindung stehen.

Eines Tages wird die KI „Celedon“, die in einem vergessenen Winkel der Polis eine Raumstation steuert, zu einer unbekannten Sonne beordert. Dort steht die Öffnung eines „Runcibles“ an: Zwei Punkte im All werden durch ein künstliches Wurmloch verbunden, durch das sich gewaltige Strecken in Nullzeit überbrücken lassen. Diese Technik ist kompliziert und nicht ungefährlich, so dass weiterhin die „normale“ Raumfahrt dominiert. „Earth Central“ hält zudem geheim, dass die Runcibles auch Zeitreisen ermöglichen. Die „Celedon“ steuert ein Portal an, durch das eine Reihe von Menschen 830 Jahre in die Vergangenheit reisen.

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Parzzival, S.H.A. – Krakentanz (Titan-Sternenabenteuer 27)

_Story_

Anake und Cy begleiten „World Market“-Leader Michael Moses bei der Jungfernfahrt seines neuen Luftschiffes, der |Hindenburg II|. Nach einer eindrucksvollen Demonstration der Fähigkeiten seines Schiffes kommt es aber zu einem verheerenden Zwischenfall; das mit geladenen Gästen bemannte Prachtstück wird von einer riesigen Krake angegriffen. Und wieder einmal blickt Moses seinen größten Feinden ins Auge: den Ökoterroristen.

Unterdessen folgen Shalyn und Monja der überraschenden Einladung einer japanischen Studienkollegin der Suuranerin und reisen in eine verlassene asiatische Berglandschaft. Schnell genervt von den ständigen sexistischen Annäherungsversuchen der jungen Michiko, bereut Shalyn alsbald, nach Fernost gereist zu sein. Dann jedoch stößt das von Sir Klakkarakk begleitete Trio auf einen verlassenen Frachter der HNO. Neugierig betrachten Shalyn und Co. das Innere und machen eine unglaubliche Entdeckung. Ein wahrer Brutherd von genmutierten Wesen wurde hier gebildet, und immer schwerer wiegt der Verdacht, dass ihr Auftraggeber Amos Carter und die CRC ihre Finger im Spiel haben.

Inzwischen versucht ein Brüderpaar, die terroristischen Flügel der Ökomaschinerie zu unterwandern und die aktuellen Entwicklungen friedlich zu einem Ende zu bringen. Nichts ahnend spinnen sie eine Intrige gegen ihren Chef und schalten sogar die Medien ein. Dann aber taucht Ingrid, eine Agentin der Organisation |Menschmaschine|, auf und hinterlässt im Lager der Ökoterroristen eine blutige Spur der Verwüstung.

_Persönlicher Eindruck_

Bizarr und eigenwillig wie gehabt wird die Geschichte der „Titan-Sternenabenteuer“ in ihrem bereits 27. Band fortgesetzt und spaltet dabei nicht selten auch die qualitätsbewussten Gemüter des Science- bzw. Social-Fiction-Publikums. In „Krakentanz“ ist es in erster Linie der teils ungewöhnliche und nicht immer angenehme Humor des schon langfristig erprobten Autors S.H.A. Parzzival, an dem sich die Geister scheiden werden. Zunächst einmal wären diesbezüglich die kindischen Annäherungsversuche der japanischen Freundin Shalyns, Michiko, zu nennen. Es mag zwar mittlerweile zur Serie hinzugehören, dass man versucht, mittels unterschwelliger Erotik neue Elemente in die Science-Fiction-Handlung einzuflechten, aber in den ersten Seiten der Begegnung des Trios Michiko, Monjy und Shalyn ist dies ungeheuer anstrengend und mitunter kaum zu ertragen. Das peinliche sexistische Gerede untergräbt teilweise dann auch die Ernsthaftigkeit der Handlung, geprägt auch von den ‚gekränkten‘ Reaktionen der |Titan|-Steuerfrau.

Makaber wird es indes beim blutigen Feldzug der |Menschmaschine|-Agentin Ingrid. Nicht nur, dass ihr unkontrolliertes Handeln nicht immer Sinn ergibt, auch die zynischen Zitate einiger 80er-Pop-Hits (z. B. ‚Tanz den Mussolini‘), die sie bei ihren aggressiven Attentaten bemüht, wirken an den betreffenden Stellen weniger angebracht und sind eher ziellose Provokation als wirklich intelligente Social-Fiction.

Diese Aspekte fallen jedoch weniger ins Gewicht, wenn man einen Blick auf die spannende Handlung wirft, die sich nach einigen schwächelnden Phasen zuletzt langsam wieder berappelt hat und hier in einem neuen Strang wieder aufblüht. Die Story um die Anschläge der Ökoterroristen geht in eine neue, möglicherweise entscheidende Runde und wird dadurch weiter intensiviert, dass die Seiten im Lager der Terrororganisation langsam gespalten und sogar von unbekannten feindlichen Kräften angegriffen werden. Die Frage, wer denn nun wirklich die treibende ‚böse‘ Kraft ist, keimt gleich mehrfach auf und eröffnet der Handlung völlig neue Portale, die es in Zukunft noch zu durchlaufen gilt.

Ein wenig Licht kommt indes endlich auch in die Geheimidentität von Monja. Die Betonung liegt allerdings auf ‚ein wenig‘, doch zumindest offenbart sie in „Krakentanz“ einige Seiten, die bislang verborgen waren, was ihrer Lebensgefährtin Shalyn Shan zunehmend Sorgen bereitet. Dennoch ist es ein glücklicher Zug, die mit ihr verbundenen Ungereimtheiten langsam aber sicher mal eindringlicher zu durchleuchten, um das vergleichsweise anstrengende (und zuletzt auch unmotivierte) Rätselraten wieder etwas spannender zu gestalten. Einige Entwicklungen auf den letzten Seiten sprechen dafür, dass in Kürze eine Auflösung zu erwarten ist.

Insgesamt betrachtet ist „Krakentanz“ sicherlich ein guter Vertreter der Serie, dessen Schwächen einzig und alleine im merkwürdigen Humor sowie den teils sehr merkwürdigen Charakterzeichnungen und -entwicklungen (in erster Linie auf Shalyn bezogen) liegen. Die inhaltliche Entwicklung ist unterdessen begrüßenswert und bringt der Story durch Eröffnung gänzlich neuer Handlungsstränge wieder ein wenig Atemluft.

http://www.BLITZ-Verlag.de

Hoyer, Martin – Genotype 1: Varianten

Nachdem im Jahre 2007 eine Pandemie über 60 Prozent der Menschheit auslöschte, hat sich rund 92 Jahre nach dem Ausbruch das Bild der Welt gewandelt: Viele Menschen leben in wenigen – „Habitat“ genannten – Großstädten, in denen das Leben im Wesentlichen wie vor der Seuche verläuft, während andere im dünn besiedelten Wildland außerhalb der Städte ihr Glück versuchen. Neben der notwendigen Neuorganisation der Gesellschaft(en), an der unterschiedlichste Gruppen und Interessenverbände – politische, militärische, wirtschaftliche – mehr oder weniger direkt mitwirken, muss sich die Menschheit mit einem weiteren Erbe der Seuche rumschlagen: immer wieder tauchen Mutanten – Varianten – auf, die zwar in der Regel nicht selbst virulent sind, von denen aber dennoch fast immer ein tödliche Gefahr ausgeht.

Als sein Kollege und Freund Aaron während eines Einsatzes von einer monströsen Variante, einem Xenotaurus, getötet wird, ist Jon Zaatis Karriere bei der City Police beendet. Dieses ist allerdings kein Beinbruch, da er als das letzte überlebende Mitglied der legendären Gunslinger, einer militärisch-experimentellen Eliteeinheit, über einige herausragende physische und psychische Eigenschaften verfügt, die ihn zu einem begehrten Subjekt für Konzern-Headhunter machen.

Daher ist es wenig überraschend, dass Henri Daniels an den Elite-Kämpfer herantritt, um ihm im Namen des CEENEL-Konzerns, welcher das London-Habitat beherrscht, einen Job anzubieten; und zwar in der neu geschaffenen, geheimen Abteilung „Sektion 11“. Nicht zuletzt wegen seiner Kollegin in spe, der ebenfalls frisch angeworbenen, toughen Pilotin Juliette Dsunukkwa, nimmt Jon das Angebot ohne großes Zögern an.

Gleich ihr erster Auftrag führt die beiden Agenten in eine tödliche Konfrontation mit dem Londoner Militär – vertreten durch Major Keyner und seine Synorgs. Als Jon versucht, auf eigene Faust die fragwürdigen Umstände von Aarons Tod zu klären, kommt es für ihn fast zur Katastrophe, denn plötzlich steht er unbewaffnet zwischen einer ganzen Herde der tödlichen Variante auf der einen und den Truppen Keyners auf der anderen Seite.

Nachdem den Xenotauren ein freier Abzug aus dem Habitat zugesichert wurde und sie London in Richtung Wildland verließen, machen sich Jon und Juliette an die Verfolgung. Sie suchen den Führer der Mutanten, um erste Sondierungsgespräche mit dem Ziel einer friedlichen Koexistenz zu wagen. Ihr Weg nach Norden führt sie in ein kleines Dorf, welches sich eines Angriffs einer paramilitärischen Bande erwehren muss, deren Kommandant eine mörderische Rechnung mit den Xenotauren offen hat.

Während die beiden Städter die Dorfbewohner unterstützen, muss sich innerhalb des Habitats Daniels einer politischen Konfrontation stellen. Die EU möchte in London wieder Fuß fassen, was faktisch einer Entmachtung des Konzerns gleichkäme. Dabei zeigen die Politiker ein bemerkenswertes Interesse an den riesigen Bunkern unter der Stadt und senden Major Keyner mit einem kleinen Team aus, diese Anlagen zu inspizieren.

Da der Soldat jedoch scheitert, schickt CEENEL – quasi als Goodwill-Signal – einige Männer und den zwischenzeitlich zurückgekehrten Jon Zaati in den Untergrund, weil dessen „Gunslinger“-Fähigkeiten ihn mit dem Schrecken, der augenscheinlich in dem unterirdischen Labyrinth haust, eher fertig werden lassen sollten.

Juliette hingegen, deren aeronautische Talente in den Katakomben und Gängen nicht wirklich von Nutzen sind, erhält von Daniels den Auftrag, die politische Lage in Prag zu sondieren, denn der Konzern plant, seine Zentrale von London in das tschechische Habitat zu verlegen. Schnell erweist sich Prag als wesentlich heißeres Pflaster als London. Angesichts instabiler Machtverhältnisse und zahlreicher Interessengruppen muss Juliette mehr als nur ihre hübschen Augen zum Einsatz bringen … und auch an Jons Kriecherei ist mehr dran, als auf den ersten Blick scheint.

Obwohl „Varianten“ als Sammelausgabe dreier Heft-Romane erschienen ist und daher fast zwangsläufig Brüche in der Geschichte auftauchen, weil sich der Erzähl-Rhythmus an einem 70-Seiten- und eben nicht an den 220-Seiten-Format orientiert, beeinträchtigt das den Lesefluss überraschend wenig. Allenfalls zwischen „Die Herde“ und „Sprecher der Anderen“ ist der Übergang zunächst etwas holperig. Doch Hoyers lebendiger, angenehm zu lesender Stil und die schließlich doch deutlichen Verbindungen zwischen den beiden Teilen, lassen dieses schnell in Vergessenheit geraten.

Wie nicht anders zu erwarten, liegt der Schwerpunkt der Bände auf der Einführung der Protagonisten, dem Aufbau des Spielfeldes und dem Vorbereiten erster Konflikte, wobei der Leser allerdings wenig Konkretes über die Welt des Jahres 2099 erfährt. Weder erhält er tiefere Einblicke in das Leben der Durchschnittsmenschen oder den gesamtgesellschaftlichen Kontext, noch spielen – mit Ausnahme der sporadisch auftauchenden Synorgs (einer Robocop-Light-Version) – originelle (Hard-)SF- und/oder Horror-Elemente in diesem Stadium der Geschichte eine bedeutende Rolle. Dadurch und aufgrund einiger kleinerer Längen im Mittelteil wirkt „Varianten“ zwar recht konventionell und stellenweise etwas altbacken, jedoch wiegen die sympathischen, gut gezeichneten Charaktere, die lockeren Dialoge und nicht zuletzt das interessante Grundkonzept diesen Mangel fast vollständig auf.

Auch wenn die Serie auf einem Post-Doomsday-Szenario basiert, so ist das Buch weit davon entfernt, ein Endzeitroman zu sein. Der Leser hat zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dem Todeskampf einer dem Untergang geweihten Zivilisation beizuwohnen, sondern, da der Autor eben nicht auf die Düster-Depri-Schiene setzt, den Beginn einer neuen Weltordnung mitzuerleben, wobei deren Entwicklungsrichtung – Utopia oder Dystopia – noch offen ist.

Fazit: Sympathische Charaktere, ein interessanter Background mit viel Potenzial für spannende Abenteuer und ein angenehm zu lesender Stil machen „Varianten“ – trotz kleiner Abzüge in der B-Note – zu einem rundherum empfehlenswerten Lesespaß.

http://www.atlantis-verlag.de/

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Gaiman, Neil – Anansi Boys

Nachdem Neil Gaiman sich schon mit seinem Vorgängerroman [„American Gods“ 1396 über das Leben der alten Götter in der modernen Welt ausgelassen hat, knüpft er inhaltlich mit seinem aktuellen Roman „Anansi Boys“ an diesen Themenkomplex an, wenngleich die Geschichte eine komplett eigenständige ist, die nicht die Kenntnis des Vorgängeromans erfordert.

Während der Leser in „American Gods“ zugesehen hat, wie der mythische Allvater Odin die alten Götter um sich geschart hat, um mit ihnen zusammen in einer letzten großen Schlacht gegen die Götter der Moderne (Fernsehen, Internet und Co.) anzutreten, steht diesmal vor allem eine Gottheit im Mittelpunkt: der afrikanische Spinnengott Anansi, bzw. dessen beiden Söhne Fat Charlie und Spider.

Alles beginnt damit, dass der große Anansi eines Abends auf einer Karaokebühne tot umfällt und damit seinem Sohn Charles (der immer nur Fat Charlie gerufen wird) das Leben schwer macht. Bei Anansis Beerdigung erfährt Charlie, dass sein Vater ein Gott war und er einen Bruder namens Spider hat, der im Gegensatz zu ihm alle göttlichen Eigenschaften des Vaters geerbt hat.

Als Spider kurz darauf Charlie besucht, gerät dessen Leben aus den Fugen. Spider nistet sich bei Charlie ein und bringt alles durcheinander, woraufhin Charlie seinen Job verliert, von der Polizei verhaftet und von seiner Verlobten abserviert wird. Für Charlie ist das zu viel und er will Spider schnellstmöglich loswerden. Doch wie wird man einen lästigen Gott los? Charlie setzt alle möglichen Hebel in Bewegung, was eine ganze Kette von Ereignissen auslöst, deren Ende nicht abzusehen ist …

Neil Gaiman selbst beschreibt „Anansi Boys“ als „Horror-Thriller-Geister-Romantik-Comedy-Familien-Epos“ und das ist trotz des sich hier offenbarenden, etwas obskur anmutenden Genremixes schon eine ausgesprochen treffende Umschreibung. „Anansi Boys“ ist wie so oft bei Gaiman ein Werk der so genannten „Urban Fantasy“, ein Fantasy-Roman, der im Hier und Jetzt spielt, mitten in unserer Realität.

Fat Charlie weiß nichts von Göttern und hat bis zum Tag der Beerdigung seines Vaters auch nicht gewusst, dass sie Teil der Realität sind. Charlie führt ein überaus geregeltes Leben. Er hat eine Verlobte, die er zu heiraten gedenkt. Sein Job als Buchhalter ist eher langweilig und sein Leben verläuft weitestgehend unspektakulär. Das ändert sich schlagartig, als Spider plötzlich vor seiner Tür steht. Mit Spiders Auftreten entwickelt der Plot zunehmend Tempo, Witz und Spannung. Spider stiftet Chaos in Fat Charlies Leben und sorgt damit auch in der Geschichte für so manche unerwartete Wendung.

Das, was sich aus diesen ganzen Verwicklungen dann im Laufe des Romans ergibt, ist zwar nicht unbedingt überraschend und geschieht vor allem zum Finale hin unter inflationärer Verwendung des Faktors Zufalls, aber das mag man Neil Gaiman im Grunde gar nicht übel nehmen. Er konstruiert eine so unterhaltsame und sympathische Geschichte mit so interessanten Figuren, dass so manche Zufälligkeit eigentlich keine störende Rolle spielt.

Zudem lässt sich nach „American Gods“ wieder eine eindeutige qualitative Steigerung feststellen. Krankte „American Gods“ noch an seinem voluminösen Umfang und schien Gaiman sich gerade bei den Nebensträngen der Handlung hier und da zu verzetteln, so jongliert er bei „Anansi Boys“ gekonnt mit den unterschiedlichen Figuren und Handlungsebenen. Der Plot ist straffer und gradliniger, als es noch bei „American Gods“ der Fall war. Wer dort noch so manche Länge im Plot kritisieren mochte, darf sich bei „Anansi Boys“ wieder auf einen äußerst unterhaltsamen und flotten Gaiman-Roman freuen.

Natürlich dürfte Neil Gaiman wieder vorrangig eine Fantasy-Leserschaft anziehen, dennoch spielt er erneut so schön an den Grenzen des Genres, dass „Anansi Boys“ sicherlich auch darüber hinaus seine Leser finden wird. Nicht umsonst hat das Buch es auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste geschafft. Es ist keine lupenreine Fantasy, die Gaiman mit „Anansi Boys“ abliefert. Er blickt über die Grenzen des Genres hinaus und würzt seinen Roman gleichermaßen mit Belletristik-, Thriller- und humoristischen Elementen. Gaiman versteht sich darauf, diese so unterschiedlichen Komponenten wohldosiert zu einem großen Ganzen zusammenzufügen. Trotz des Genremixes ist „Anansi Boys“ ein Roman aus einem Guss.

Erzählerisch ist es Neil Gaiman also nach dem etwas schwächeren „American Gods“ gelungen, ein absolut überzeugendes Werk abzuliefern. Mit Wortwitz erzählt er seine Geschichte, lässt seine sympathischen Hauptfiguren agieren und die Bösewichte intrigieren und lässt dabei so manchen schrägen Einfall einfließen. Damit schafft er einen Plot, der in gleichem Maße unterhaltsam wie spannend ist. „Anansi Boys“ wird dadurch zu einem Buch, das man eher widerwillig aus der Hand legen mag und bei dessen Lektüre die Zeit wie im Flug vergeht. Dass Gaiman für „Anansi Boys“ mit dem |British Fantasy Award| 2006 für den besten Fantasy-Roman ausgezeichnet wurde, ist durchaus verdient.

Bleibt unterm Strich also nur Lob für Neil Gaimans aktuellen Roman. Schräge Ideen hatte er schon immer, aber mittlerweile hat er sich auch als Erzähler zu einem echten Könner entwickelt. „Anansi Boys“ ist ein fein durchkomponierter Roman, der hochgradig unterhaltsam, witzig und spannend ist. Für Gaiman-Fans und Freunde der „Urban Fantasy“ ohnehin Pflichtlektüre, aber auch für Neueinsteiger in Sachen Neil Gaiman ein feiner Leckerbissen, der Lust auf mehr macht.

http://www.neilgaiman.de/
http://www.heyne.de

_Neil Gaiman bei |Buchwurm.info|:_

[„American Gods“ 1396
[„Sternwanderer“ 3495
[„Sandman: Ewige Nächte“ 3498
[„Die Wölfe in den Wänden“ 1756
[„Coraline – Gefangen hinter dem Spiegel“ 1581
[„Keine Panik! – Mit Douglas Adams per Anhalter durch die Galaxis“ 1363
[„Die Messerkönigin“ 1146
[„Verlassene Stätten“ 2522 (Die Bücher der Magie, Band 5)
[„Abrechnungen“ 2607 (Die Bücher der Magie, Band 6)

Finlay, Charles Coleman – verlorene Troll, Der

_Handlung_

Der Ritter Yvon und die Amme Xaragitte werden aus der belagerten Burg Lord Gruethrists geschickt, um das Baby ihres Herrschers, dessen Sohn Claye, vor den Belagerern in Sicherheit zu bringen. Auf der Flucht sind sie gezwungen, unter dem Heerbanner des verfeindeten Baron Culufres zu reisen. Als sie aber erfahren, dass ihr Ziel auch das Ziel der Angreifer ist, müssen sie ihre Pläne ändern und verstecken sich in den Bergen.

Dort fällt das Kind in die Hände der Trollin Windy und ihres Gefährten Ambrosius. Da Windys Kind gerade verstorben ist beschließt sie, das Baby als ihr eigenes großzuziehen. Dies stößt ihrem Partner und ihrer Sippe sauer auf, und Claye bekommt den Namen Made verpasst.

Die Jahre vergehen und Made sieht sich immer wieder Anfeindungen der anderen Trolle ausgesetzt. Also beschließt er, diesen den Rücken zu kehren und zu den Menschen zu gehen, um ein Weibchen zu finden. Doch die Gesellschaft der Trolle unterscheidet sich gänzlich von jener der Menschen und Made wird in einen Krieg hineingezogen, ohne zu wissen, was das eigentlich ist.

_Der Autor_

Charles Coleman Finlay lebt mit seiner Familie in Columbus, Ohio, wo er für das John Glenn Institute arbeitet. Seine Erzählungen erscheinen seit 2001 regelmäßig im |Magazine of Fantasy & Science Fiction| und wurden in zahlreichen „Best-of“-Anthologien abgedruckt. Einige standen zudem auf den Auswahllisten mehrerer Literaturpreise des Genres. Unter dem Titel „Wild Things“ ist ein Band mit Kurzgeschichten von Coleman Finlay erschienen. „Der verlorene Troll“ ist sein Debütroman.

_Mein Eindruck_

Obwohl „Der verlorene Troll“ beileibe kein schlechtes Debüt ist, hinterlässt er nach der Lektüre doch sehr zwiespältige Gefühle, da das Werk teilweise unter großen Qualitätsschwankungen leidet.

Aber widmen wir uns zuerst den positiven Aspekten. Finlay ist es gekonnt gelungen, Trolle zu erschaffen, die sowohl menschliche als auch tierische Züge in sich vereinen. Dies resultiert daraus, dass er die „klassischen“ Trolle mit einem starken Demokratiesinn ausstattet und sich bei ihrem sonstigen Verhalten und ihren Gesten an Primaten orientiert hat, wobei hier wohl besonders Gorillas Paten gestanden haben dürften. Nicht nur deswegen erinnert der ganze Stoff an „Tarzan“, die von Edgar Rice Burroughs erdachte Figur, die erstmals 1914 in Buchform erschien. Dadurch bedient sich Finlay ebenfalls der literarischen Tradition vom Helden, der von Tieren aufgezogen wurde, welcher neben „Tarzan“ etwa Mogli aus „Das Dschungelbuch“ von Rudyard Kipling oder „Romulus und Remus“, die legendären Gründer von Rom, die von einer Wölfin aufgezogen wurden, angehören.

Dieses altbekannte Motiv setzt er in einen Fantasy-Kontext und fertig ist „Der verlorene Troll“. Die Welt, die Finlay für seinen Roman erdacht hat, erinnert mich ein wenig an das von Robert E. Howard („Conan“) erdachte Hyperboreanische Zeitalter, gemischt mit einem Schuss nordamerikanischer, sprich indianischer Mythologie. Diese Mischung ist ihm vortrefflich gelungen, denn die verschiedenen Aspekte verbindet er geschickt zu einem sehr ansprechenden Gesamtbild.

Der Charakter von Made besticht einerseits durch seinen tierischen Habitus, aber auch durch seine sehr moderne Denkweise, was sein Verhalten zu Krieg und zur Natur betrifft. Finlay hat damit seiner Hauptfigur den Pathos des edlen Wilden verpasst, der diesem recht gut steht. Doch auch die Einfachheit seiner tierischen Erziehung bringt er gut zur Geltung. Als Beispiel hierfür ist besonders Mades erster Versuch, ein Menschenweibchen für sich zu gewinnen, geeignet. Man kann sich ausmalen, dass ein trollisches Werberitual nicht unbedingt gut bei der durchschnittlichen Frau ankommt. Ebenso sind die Verständnisprobleme und die daraus resultierenden Missverständnisse, die manchmal amüsant aber manchmal auch sehr gefährlich sind, sehr schön dargestellt. Made wird dabei nicht als Klischeewilder oder Dummkopf dargestellt, sondern Finlay erreicht mit dessen Darstellung vielmehr die Entlarvung von Widersprüchen und Kuriositäten im täglichen Sprachgebrauch. Hier überzeugt er mit vielen originellen und witzigen Ideen. Sehr gut gefällt übrigens auch die Aufmachung des Buches, bei der das Coverbild von Thomas Thiemeyer („Medusa“, „Reptilia“, „Magma“) heraussticht.

Leider hat der Roman auch einige Schwächen. Zuallererst nimmt das erste Kapitel, in dem die Flucht Yvons und Xaragittes beschrieben wird, knapp ein Viertel des Buches ein. Dieser Teil ist zwar durchaus kurzweilig und interessant geschrieben, doch ist er eigentlich für die weitere Handlung der Geschichte ziemlich uninteressant. Negativ fällt hier auch das größtenteils nicht nachvollziehbare Verhalten der Amme Xaragitte auf, die dem Leser eigentlich durchgehend auf die Nerven geht, so dass man richtig froh ist, sie irgendwann loszusein.

Im darauf folgenden Kapitel ‚Ein Junge im Kreis von Wölfen‘, in dem sich Made dann bei den Trollen befindet, steigert sich Finlay allerdings erheblich und kann dort seine literarischen Stärken wie das Einfühlungsvermögen in seine Figuren und seinen Humor gut zur Geltung bringen. Leider ist dieser Teil des Buches wiederum viel zu kurz, was manchmal den Eindruck vermittelt, das Buch sei eine Aneinanderreihung von Novellen, zumal zwischen den Kapiteln teilweise Jahre vergehen.

Als sich Made dann zu den Menschen begibt und in den Krieges hineingezogen wird, werden Finlays Beschreibungen, gerade bei Kampfszenen, häufig schwer nachvollziehbar und sind oft verwirrend beschrieben, was den Lesefluss doch deutlich verlangsamt und den Leser quasi zum nochmaligen Nachlesen zwingt. Besonders sauer aufgestoßen ist mir die teilweise haarsträubende deutsche Übersetzung. Wenn aus Timerwolves und Direwolves (urzeitlicher |Canis dirus|, wörtl. „Schreckens- oder Düsterwölfe“) nach der Übersetzung Timberwölfe (Amerikanische Grauwölfe) und Direwölfe werden, kann das nicht Sinn der Sache sein.

_Fazit_

„Der verlorene Troll“ ist zwar ein durchwachsenes, aber trotzdem lesenswertes Romandebüt von Charles Coleman Finlay. Der Autor offenbart ein großes erzählerisches Talent, das Hoffnung macht, zeigt dies aber leider noch zu wenig. Um zu den etablierten Größen des Fantasy-Genres aufzusteigen, fehlt daher noch ein gutes Stück Weg.

|Originaltitel: The Prodigal Troll, PYR Prometheus Books, New York 2005
Aus dem Englischen von Anja Hansen-Schmidt
Klappenbroschur, 444 Seiten
ISBN: 978-3-608-93786-2|
http://www.hobbitpresse.de/

Felten, Monika – Schattenweberin, Die (Das Erbe der Runen 3)

[„Die Nebelsängerin“ 635
[„Die Feuerpriesterin“ 2017
[„Der Schrei des Falken“ 2136

_Story_

Nach langer Zeit herrscht in Nymath wieder Frieden. Das Volk hat sich nach der letzten Schlacht mit den kriegerischen Uzoma versöhnt und betreibt mittlerweile sogar Handel mit den einstigen Feinden. Auch Ajana steht kurz davor, ihren persönlichen Frieden zu finden. Die Rückkehr in ihre Heimat steht kurz bevor, doch der Abschied aus Nymath und besonders die Trennung vom Falkner Keelin fällt ihr schwerer als erhofft.

Als die beiden schließlich einen furchtbaren Streit austragen, bereitet die Nebelsängerin jedoch zügig ihre Abreise vor. Geplagt von düsteren Visionen von ihrer zurückgelassenen Familie, will sie in den nächsten Tagen den Ulvar aufsuchen und mittels seiner magischen Kraft wieder in die alte Welt zurückkehren. Doch ihre Pläne werden auf grausame Weise durchkreuzt. Der Ulvar wird vollkommen zerstört und die Heimkehr nur noch durch das ferne Weltentor in Andaurien möglich.

Gemeinsam mit Abbas bricht sie zu einer weitere beschwerlichen Reise auf und wird ein weiteres Mal in tiefste Finsternis gerissen. In der Wüste Andauriens herrscht nämlich die totgeglaubte Feuerpriesterin Vhara, fest entschlossen, die alten Götter eines Tages doch noch nach Nymath zurückzubringen. Nun ist es an Ajana, die letzte Schlacht in der fremden Welt zu schlagen, Vhara endgültig in die Schranken zu weisen und die Rückkehr der alten Götterkräfte mit aller Macht zu verhindern. Andernfalls ist ihre Hoffnung auf eine künftige Heimkehr für immer zunichte.

_Meine Meinung_

Nun, um es gleich vorweg zu sagen: Von den bisherigen drei Romanen unter dem Serientitel |Das Erbe der Runen| (von denen dieser hier vermutlich auch der letzte ist) ist „Die Schattenweberin“ mit Abstand das beste Werk von Monika Felten. Eigentümlicherweise gelingt es ihr aber auch im Schlussepos ihrer Saga um die Nebelsängerin Ajana nicht, auch nur im Ansatz ihrer Kollegin Osanna Vaughn das Wasser zu reichen, deren zwischenzeitlich veröffentliche „Runen“-Romane „Der Schrei des Falken“ und „Im Auge des Falken“ im Vorbeigehen offenbarten, wie viel Potenzial in dieser Fantasy-Welt steckt, wie leichtfertig man es aber auch wieder verschenken kann, wenn man – wie Felten – nicht dauerhaft dazu imstande ist, eine derartige Story auch in einen mitreißendes, sphärisches Setting einzubetten.

Andererseits sind darauf bezogen aber zumindest in „Die Schattenweberin“ einige deutliche Fortschritte zu erkennen, was sicher auch darauf zurückzuführen ist, dass man mit der grundlegenden Thematik und den einschlägigen Protagonisten bereits vertraut ist und man überhaupt schon eine Beziehung zu Ajana, Keelin und Co. aufgebaut hat. Durch die Änderung der Umgebung – „Die Schattenweberin“ spielt hauptsächlich in Andaurien und kaum mehr in Nymath – öffnen sich währenddessen auch einige erfrischende Möglichkeiten, welche die Autorin weitestgehend nutzt, um das breits im zweiten Band angestaubte Szenario neu zu gestalten.

Allerdings besteht hierin leider auch wieder eine elementare Schwierigkeit, weil jeglicher Raum zur ausufernden Ausschmückung willkommen scheint und es nicht selten vorkommt, dass zu viele Nebensächlichkeiten die Handlung bevölkern. Ständig werden unbekannte Charaktere in den Strang aufgenommen, manche davon jedoch ohne besonderen Wert, und weil sich die Umgebung durch die zahlreichen Wendungen der Geschichte ebenfalls stetig verändert, ist es oftmals nicht wirklich leicht, Elementares und Belangloses zu differenzieren. Letztgenanntes tritt zwar vergleichsweise selten auf, doch in manchen Passagen, so stellt sich später heraus, werden Freiräume schon dafür verwendet, ein wenig von der Haupthandlung abzuschweifen. So viel zu den Rahmenbedingungen.

Rein inhaltlich ist „Die Schattenweberin“ indes ein Roman mit anständigem Potenzial und vielen interessanten, gut ausgeprägten Ideen. Zwar bleiben diverse Aspekte vorhersehbar, wie zum Beispiel die Entwicklung der Beziehung zwischen Ajana und Keelin sowie auch das durchaus spannend inszenierte Ende, aber schneller als noch zuvor ertappt man sich dieses Mal dabei, wie man mit den Protagonisten und ihrem individuellen Schicksal mitfiebert.

Die Hauptdarstellerin hat sich derweil zu einer echten Sympathieträgerin gemausert und trägt die erforderlichen Wesenszüge einer Fantasy-Heldin noch prägnanter in sich. Ihr Mut scheint ungebrochen, ihre Verzweiflung artet nie in Hoffnungslosigkeit aus, und durch ihre manchmal trotzige Haltung bewahrt sie sich ein angenehmes Stück Menschlichkeit. Auch die Darstellung des Bösen ist recht gut gelungen. Phrasen und Klischees sind weder in den Dialogen noch im erdachten Erscheinungsbild anzutreffen, was man aber auch direkt auf das gesamte Buch übertragen kann, welches sich diesbezüglich bis auf die eine oder andere berechnende Szene vornehm zurückhält.

Was am Ende bleibt, ist sicherlich Feltens bester Beitrag zu dieser Reihe und nach den eher bescheidenen vorherigen Episoden dennoch ein würdiger Abschluss einer inhaltlich interessanten, leider aber nicht immer bis ins letzte Detail durchdachten Fantasy-Geschichte. Wer der Autorin und ihren Figuren bis hierhin treu geblieben ist, wird also doch noch für manche Ungereimtheit entschädigt.

http://www.daserbederrunen.de/
http://www.piper-verlag.de/fantasy

Nix, Garth – Grimmiger Dienstag (Die Schlüssel zum Königreich / Keys to the Kingdom 2)

Band 1: [„Schwarzer Montag“ 3719

Eigentlich hatte Arthur gedacht, dass er jetzt, wo er Herrn Montag besiegt und die Seuche gebannt hatte, für die nächsten Jahre Ruhe hätte. Aber schon am nächsten Morgen, der sinnigerweise ein Dienstag ist, klingelt das Telefon, welches das |Vermächtnis| ihm aufgedrängt hat! Arthurs Herrschaftsbereich, |Das Untere Haus|, ist sozusagen bankrott, und nun droht der Gläubiger, nicht nur das gesamte Vermögen des Unteren Hauses zu beschlagnahmen, sondern auch alles, dessen er in Arthurs Welt Herr werden kann, vornehmlich natürlich das Eigentum von Arthurs Familie. Und natürlich ist der Gläubiger kein anderer als der |Grimmige Dienstag|!

Arthur bleibt nichts anderes übrig als in |Das Haus| zurückzukehren. Doch das ist gar nicht so einfach. Nicht nur, dass Arthur angegriffen wird, kaum dass er die Nase aus der Tür gesteckt hat, er muss auch erst einmal einen Eingang finden, und das ohne die Hilfe des Uhrzeigers, den er dem |Vermächtnis| überlassen hat. Prompt erwischt er eine Einwegtür, die ihn genau da hinführt, wo er am allerwenigsten hin will …

_Dramatis personæ_

Arthurs Gegner ist diesmal etwas hartgesottener als im ersten Band. Während Herr Montag ein schlapper Faulpelz war, der die meisten Anstrengungen seinen Untergebenen überließ und nur dann selbst etwas tat, wenn es absolut unumgänglich war, ist Lord Dienstag ein höchst geschäftiger Kerl. Sein Herrschaftsgebiet hat er in jahrhundertelanger Arbeit nahezu komplett ausgehöhlt auf der Suche nach Nichts. Die Rohstoffe, Maschinen und Kunstwerke, die er daraus erschafft, verkauft er an die anderen Wochentage für gutes Geld oder Arbeitskräfte. Dienstag ist ein Sklaventreiber der übelsten Sorte. Gleichzeitig ist er ziemlich unfähig. Er kann nichts Neues erschaffen, nur bereits Existierendes kopieren, was ihn ziemlich wurmt. Umso gieriger rafft er alles an sich, was er erreichen kann.

Natürlich hat auch Lord Dienstag ein Stück des Vermächtnisses versteckt. Dieser zweite Vermächtnisteil in Gestalt eines Bären ist allerdings nicht so aktiv wie der erste, der sich selbst befreit hat. Einerseits ist er träge, andererseits feige. Entscheidungen zu treffen, ist nicht sein Ding, es sei denn, er ist nach allen Seiten abgesichert. Aber Risiko? Bloß nicht! Lieber geht die Welt unter! Abgesehen davon ist er ziemlich hochnäsig.

Der verbale Schlagabtausch zwischen dem Vermächtnisbären und Arthur samt Freunden ist wirklich hochamüsant zu lesen. Und auch sonst ist Garth Nix wieder einiges eingefallen. Flügel hatten wir ja bereits, nur handelt es sich diesmal um eine besondere Form, die ausschließlich aufsteigen kann, also auch nicht bremst, wenn man oben ist, was zu einigem Stress führt. Außerdem gibt es magische Saugnäpfe, eine verselbständigte Augenbraue, die zur haarigen Riesennacktschnecke geworden ist, einen glasummantelten Gefängnisturm mit Wetterhahn, eine Zahnschmerzen verursachende Harpune und eine Sammlung von Buddelschiffen, von denen eines ein Raumschiff ist, sowie ein paar neue Formen von Nichtlingen.

_Die Handlung_ ist diesmal allerdings nicht ganz so turbulent wie im ersten Band. Möglicherweise liegt das daran, dass der Leser sich inzwischen ein wenig auskennt, sodass Das Haus nicht mehr ganz so chaotisch wirkt wie zu Anfang. Auch Arthur kennt sich besser aus, hat weniger Fragen und weiß diesmal, wo er Antworten herbekommt. Andererseits hatte ich doch auch den Eindruck, dass diesmal alles ein wenig glatter ging als bisher. So kamen Susi und Arthur erstaunlich problemlos bis zur Spitze von Dienstags Turm. Da hätte ich mehr Schwierigkeiten erwartet, zumal im Prolog extra erwähnt wurde, wie gefährlich das Fliegen in den Fernen Weiten ist.

Dafür hat der Autor diesmal einen interessanten Ausblick auf die Fortsetzungen eröffnet. Die Tatsache, dass da irgendwo ein Nichtling herumkraucht, der zur Hälfte wie Arthur aussieht, birgt enorm viele Möglichkeiten für Verwicklungen und Verzwickungen, und außerdem würde ich allmählich doch gern erfahren, zu wem diese beiden besonders akkurat gekleideten Herren gehören, die in den Prologen beider Bände auftauchten, und was ihr Auftraggeber für ein Ziel verfolgt. Das alles natürlich zusätzlich zu der Tatsache, dass der nächste Wochentag zur Abwechslung eine Frau ist, deren Gebiet offenbar ein Meer ist! Welche Form wohl ihr Schlüssel besitzt? Klingt auf jeden Fall sehr vielversprechend!

_Kurzum_: Ich habe auch den zweiten Band der |Schlüssel zum Königreich| mit dem gleichen Vergnügen gelesen wie den ersten. Und ich bin jetzt schon neugierig auf die Fortsetzung.

_Garth Nix_ ist gebürtiger Australier und war nach dem Studium in den verschiedensten Bereichen der Buchindustrie tätig, ehe er selbst zu schreiben begann. „Schwarzer Montag“ ist der erste Band des Zyklus |Keys to the Kingdom|, der im englischen Original inzwischen bis Band fünf gediehen ist. Außerdem stammt |Seventh Tower|, ein weiterer Jugendbuchzyklus, aus Nix‘ Feder sowie die Trilogie |Das alte Königreich|.

http://www.ehrenwirth.de/

|Siehe ergänzend dazu:|

[„Schwarzer Montag“ 3719 (Keys to the Kingdom 1)
[„Schwarzer Montag“ 3172 (Hörbuch)
[„Sabriel“ 1109 (Das alte Königreich 1)
[„Lirael“ 1140 (Das alte Königreich 2)
[„Abhorsen“ 1157 (Das alte Königreich 3)

McGough, Scott – Magic: The Gathering – Zeitspirale-Zyklus Band 1

_Story_

Um sein Land während der phyrexianischen Invasion zu schützen, war der Weltenwanderer Teferi gezwungen, seine Heimat zu destabilisieren. Doch sein Werk hinterließ schwerwiegende Folgen für ganz Dominaria. Die beiden verschobenen Kontinente Zhalfir und Shiv drohen nun, nach Dominaria zurückgeschoben zu werden und ganze Landmassen unter sich zu begraben. Und auch die allerorts entstandenen Zeitrisse scheinen auf Teferis Schutzmaßnahme zurückzuführen, so dass sich der große Magier alsbald zum Handeln gezwungen sieht.

Gemeinsam mit seiner Verbündeten Jhoira bricht er auf, um die Geheimnisse hinter den Zeitrissen zu ergründen, doch schon im Wolkenwald stößt er auf ersten Widerstand. Freyalise, eine konkurrierende Weltenwanderin, will sich seinen Plänen nicht anschließen und verwehrt ihre Hilfe. Lediglich mit größtem Geschickt gelingt es Teferi, sie für ihre Zwecke zu gewinnen, ebenso wie die keldonische Kriegerin Radha, die einen Pakt mit Teferi schließt und mehr oder weniger unfreiwillig seiner Reise folgt.

Mit einer Handvoll Gefährten nähert sich Teferi schließlich den merkwürdigen Phänomenen und bereitet sich auch schon auf die Rückkehr Shivs vor. Doch seine unwissenden Begleiter, die der Weltenwanderer nur bedingt über seine Pläne informiert hat, sind nicht bereit, ihrem Anführer ständig blind zu folgen. Die Erkundung Dominarias und die Vertreibung der finsteren Mächte werden für das Gespann immer dramatischer, denn letztendlich handelt es sich bei fast allen Verbündeten um sturköpfige Einzelgänger. Wird es Teferi nichtsdestotrotz gelingen, Dominaria vor der bevorstehenden Zerstörung durch die Zeitrisse und ihre Begründer zu beschützen?

_Meine Meinung_

Beinahe zeitgleich zur neuen Edition des „Magic: The Gathering“-Sammelkartenspiels erscheint nun auch der erste Teil des neuen Roman-Zyklus und begleitet damit die Ereignisse, die auch im Spiel thematisiert werden. Allerhand bekannte Gestalten tauchen wieder auf, was alleine deswegen schon nicht verwunderlich ist, weil die Handlung nach längerer Abstinenz wieder in Dominaria spielt. Man trifft auf den alten Haudegen Teferi und seine stetige Begleiterin Jhoira, bekommt es einmal mehr mit der sturen Freyalise zu tun, erfährt einiges über die Vergangenheit des Handlungsschauplatzes (unter anderem in einer kurzweiligen Zeitreise zur Mitte des Buches) und wird schlussendlich mit den Folgen der phyrexianischen Invasion konfrontiert.

Scott McGough, der ja im „Magic“-Kosmos längst kein Unbekannter mehr ist, bettet die neue Geschichte auch sofort in ein wirklich tolles Setting ein und beginnt die Story mit Teferis Ersuchen nach neuen Gefährten auch sehr vielversprechend. In Windeseile findet man Zugang zum Ausgangsszenario und den darin auftauchenden Helden, so dass bereits nach wenigen Seiten der Grundstein für einen spannenden Fantasy-Roman gelegt ist. Alles gut so weit?

Tja, leider verliert sich der Autor nach dem fulminanten Auftakt ganz schnell in einer allzu belanglosen Erzählung, die es irgendwie kaum vermag, überhaupt Akzente oder Highlights zu setzen, die als prägendes Element in den Gedanken haften bleiben. Teferis Reise ist während der gesamten Geschichte ein stetiger Fluss mit netten Erfahrungsberichten und einigen weniger interessanten Begegnungen, bei dem man aber nie den Eindruck bekommt, seine Erzählgeschwindigkeit könnte irgendwann mal plötzlich auf ein wünschenswertes Maß ansteigen. Selbst scheinbar unspektakuläre Ereignisse wie Teferis Auseinandersetzung mit Freyalise werden daher schon schnell zum Höhepunkt, während auf den ersten Blick Entscheidendes wie die zahlreichen Kämpfe mit den Gathanern, einem Drachen und später gegen die Orks und Goblins eher pflichtbewusst als ambitioniert wirken.

Selbiges gilt auch für die Darstellung von Teferis Kontrapart, der wilden Radha, die sich immerzu als Rebellin gibt, fast schon penetrant nervig gegen den Strom zu schwimmen versucht und dabei die Handlung ebenso wenig weiterbringt wie ihr ungeliebter Kollege, der Weltenwanderer.

Und so wartet der Leser schließlich, dass sich die Dinge irgendwie ergeben, ohne dass man überhaupt dazu angeregt wird, Erwartungen zu hegen oder allgemein mitzufiebern. Teferi wird’s schon richten, und wenn er schon in Bedrängnis gerät, dann gibt es dort immer noch die aus dem Hintergrund agierende Jhoira, die unbändige Radha oder einen ihrer anderen Verbündeten, welche die Kohlen aus dem Feuer holen werden. Das hört sich nun mit Sicherheit ziemlich platt und oberflächlich an, beschreibt aber ziemlich genau die Beziehung, die der Leser im Laufe des Romans zu den beteiligten Charakteren entwickelt.

Dass am Ende doch noch das Tempo angezogen wird, kauft man dem Autor dann auch nicht mehr ab. Zu widersprüchlich scheint die Entwicklung der Story, zu aufgesetzt das gute, aber unglaubwürdige Finale. Das Erwecken einzelner Nostalgiegefühle, weil man wieder auf bekannte Schauplätze und Figuren zurückgegriffen hat, ist somit der wohl einzig prägende Eindruck, den der ersten Band der „Zeitspirale“ hinterlassen hat. Und ob die Fortsetzung dieses vernichtende Urteil über den neuen Zyklus noch einmal wird geradebiegen können, darf man auch schon mal anzweifeln. Wenn nämlich so viel gute Ideen und das zweifellos hohe Potenzial einer Geschichte so leichtfertig verschenkt und zugunsten einer flachen, kaum spannenden Handlung geopfert werden, dann ist die Hoffnung, dass die Buchreihe auch nur annähernd mit dem brillanten Trading-Card-Äquivalent mithalten kann, äußerst gering. Wirklich schade!

http://www.paninicomics.de

http://www.magicthegathering.de/
http://www.universal-cards.com
http://www.wizards.com/

|Siehe ergänzend dazu:|

[Magic: The Gathering 9. Edition – Schnelleinstieg 3335
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Armee der Gerechtigkeit« 3337
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Schon wieder tot« 3370
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Luftige Höhen« 3591
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Welt in Flammen« 3592
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Remasuri-Entwicklung« 3371
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Kreuzritter der Hoffnung« 3372
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Pelzige Pilzwesen« 3667
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Realitätsbruch« 3670

[Outlaw 1864 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 1)
[Der Ketzer 2645 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 2)
[Die Hüterin 3207 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 3)
[Die Monde von Mirrodin 2937 (Magic: The Gathering – Mirrodin #1)

Wachholz, Mark / Ludwig, Kathrin – Feuertänzer, Der (Das Schwarze Auge: Galotta 2)

Band 1: [„Der Hofmagier“ 3529

_Story_

Nach dem Tode Kaiser Retos wird dessen Sohn Hal Kaiser des Neuen Reiches. Gaius Cordovan Eslam Galotta bleibt auf Wunsch Retos Hofmagier und wichtiger Berater des neuen Kaisers. Schon bald offenbart sich, dass der verträumte und schwache Kaiser Hal eine Gefahr für das Kaiserreich ist, das Galotta am Bett des sterbenden Kaisers Reto zu beschützen schwor. Galotta entschließt sich somit, seine Forschungen zur Erschaffung einer mächtigen magischen Waffe verstärkt voranzutreiben.

Doch als die mächtige Magierin Nahema am Kaiserhofe auftaucht und ihre Prophezeiung verwirklicht sehen will, wendet sich das Blatt gegen Galotta. Vor dem versammelten Hofstaate überlistet und lächerlich gemacht, muss er schließlich vom Hofe fliehen und schwört Kaiser Hal blutige Rache.

„Der Feuertänzer“ ist der zweite Teil der Biographie aus dem Leben des G. C. E. Galotta.

_Meine Meinung_

Nachdem im ersten Band der Biographie Galottas, „Der Hofmagier“, die Figuren auf dem Brett verteilt und vorgestellt wurden, kommt es nun zur Verwebung der einzelnen Handlungsstränge und zur Eskalation der schwelenden Konflikte.

Alles beginnt mit dem Tode des alten Kaisers. Reto, der Galotta an den Hof holte und ihn protegierte, wird durch seinen Sohn Hal beerbt. Der ist allerdings ein genaues Gegenteil von Reto. War dieser noch ein gefürchteter Kämpfer und konsequenter Politiker, so interessiert es Hal eher, wie er an Ansehen beim Volke gewinnen kann, und er umgibt sich mit allerlei fragwürdigen Beratern.

Hier zeigt sich nun die große Stärke von Kathrin Ludwig und Mark Wachholz, nämlich die Zeichnung der Charaktere. Man kann sich sofort in die einzelnen Personen hineinversetzen und hat die Illusion, die Handlung hautnah mitzuerleben. Ein weiterer interessanter Aspekt, der sich schon beim „Hofmagier“ erkennen ließ, ist der, dass man die Charaktere auch einmal von einer anderen Seite kennen lernt. Sei es Kaiser Hal, der des Öfteren schon fast tragisch weltfremd wirkt, oder Answin von Rabenmund, der zwar sehr drastische Mittel anwendet, aber in der Hauptsache zum Wohle des Kaisereiches arbeitet.

Dies gilt natürlich auch und im Besonderen für den Protagonisten, G. C. E. Galotta. Man möchte schon beinahe Mitleid mit ihm haben, wie Stückchen für Stückchen seine Welt auseinanderbricht. Seine Liebschaft mit der Kaiserin geht in die Brüche, Saldor Foslarin verweist ihn der Weißen Gilde, und dann wird er schlussendlich zum „Feuertänzer“. Der Titel des Buches umschreibt in makaberer Weise das zentrale Handlungselement des Buches: den Scharlachkappentanz. Die Magierin Nahema bringt Galotta nach und nach dazu, ihre Prophezeiung ihn betreffend selbst zu erfüllen, wobei sie für ihre Rache an Galotta sogar Kaiser Hal einspannt.

Von diesem Zeitpunkt an wird der Niedergang des Proagonisten eindrucksvoll geschildert: die wispernden Stimmen, die ihn fortan begleiten, das schwarze Tier, das seine Töchter bei oder sogar in ihm sehen. Es bleibt hier der Phantasie des Lesers überlassen, ob er sich darunter das Schwarze Auge Galottas, die Weit Widerhallende Stimme oder die Dämonen, die langsam Besitz von ihm ergreifen, vorstellen möchte.

Ein weiterer Pluspunkt ist die Beschreibung der elfischen Ziehtöchter Galottas. Sie wirken hier im Gegensatz zum „Hofmagier“ mehr in die Handlung eingepasst und weniger austauschbar, sondern helfen entscheidend zur Charakterisierung des Magiers. Und formal gefallen die, ebenfalls im Vergleich zum „Hofmagier“, fehlenden Tippfehler.

_Fazit_

„Der Feuertänzer“ führt spannend und temporeich die Geschichte des G. C. E. Galotta fort. Das Buch gefällt durch sehr gelungene Chrakterisierungen der Personen und gelegentliche Déjà-vu-Erlebnisse aus der aventurischen Geschichte. Sehr empfehlenswert.

http://www.fanpro.com/

Nix, Garth – Schwarzer Montag (Die Schlüssel zum Königreich / Keys to the Kingdom 1)

Eigentlich darf Arthur keinen Sport treiben, denn er ist Asthmatiker. Aber irgendwie kommt seine Erklärung beim Lehrer nicht ganz an, jedenfalls findet Arthur sich kurz darauf bei einem Geländelauf wieder. Und natürlich hat er binnen kurzem den erwarteten Anfall! Das heißt – nicht ganz …

Denn der seltsam gekleidete Mann, der da plötzlich auftaucht, geschoben in einem seltsamen Vehikel von einem noch seltsameren zweiten Mann, drückt ihm einen scharfen Gegenstand in die Hand, der aussieht wie ein Uhrenzeiger, und erwartet nun offenbar, dass Arthur innerhalb der nächsten paar Sekunden den Löffel abgibt! Als Arthur ihm den Gefallen nicht tut, geraten sich der Mann und sein Schiebediener in die Haare, und als Ende vom Lied hat Arthur plötzlich nicht nur den seltsamen Zeiger in der Hand, sondern auch noch ein grün eingebundenes Notizbuch!

Seither scheint er eine Menge Dinge wahrzunehmen, die äußerst seltsam sind, und die außer ihm offenbar niemand sehen kann. Und zu allem Übel gehört zu diesen seltsamen Dingen auch eine Horde von Verfolgern, die den Zeiger und das Notizbuch unter allen Umständen zurückhaben wollen …

_Der Held dieser Geschichte_ hat mit der Legende des Helden schlechthin zwar den Namen Arthur gemein, ansonsten jedoch ist er in jeder Hinsicht durchschnittlich. Er will weder die Welt retten noch die Schöpfung wieder in Ordnung bringen. Sein alleiniges Ziel ist es, die Seuche loszuwerden, die seine Verfolger auf der Suche nach ihm in seine Welt eingeschleppt haben! Und obwohl er anfangs noch eine Menge Hilfe braucht, zeigt er sich der Sache schon bald gewachsen. Sehr zum Leidwesen seiner Ratgeber …

Der erste wird allgemein nur das Vermächtnis genannt. Genau genommen ist es nur eines von sieben Fragmenten eines Papiers, aber es besitzt ein ziemliches Eigenleben. Es ist nicht nur irgendwie aus seinem Gefängnis ausgebrochen, es kann auch andere beeinflussen, und das tut es ziemlich vehement. Denn es will unbedingt die übrigen sechs Fragmente befreien, damit |Das Vermächtnis| als solches eintreten kann. In der Verfolgung dieses Zieles ist es ziemlich rigoros, und auch nicht immer ganz ehrlich. Schließlich ist es auf Arthur angewiesen, der allerdings nicht vorhat, sein Leben der Erfüllung des Vermächtnisses zu widmen …

Der andere ist Montags Abenddämmerung, dem zu trauen allerdings riskant erscheint. Denn Montag ist eigentlich Arthurs Gegner, der Mann, der unbedingt den Zeiger zurückhaben will! Und außerdem hat Abenddämmerung kein Wort über seine eigenen Ziele verloren, während man vom Vermächtnis wenigstens weiß, was es will!

Die einzige Zuverlässige scheint Susi Türkisblau zu sein, eine kleine unbedeutende Arbeiterin in dieser befremdlichen Welt, in die Arthur da geraten ist. Sie kennt sich aus, führt Arthur durch das Labyrinth von Gängen und Aufzügen und unterstützt ihn in jeder Hinsicht. Und dazu gehört eine ganze Menge Mut und Zähigkeit.

Nix hat alle seine Charaktere, ob Haupt- oder Nebenrolle, treffend und klar skizziert, ohne dabei besonders ins Detail zu gehen. Herausgekommen sind Figuren von nicht gerade überwältigender Tiefe, aber dennoch sympatisch und frei von Stereotypen.

_Das Hauptaugenmerk liegt auf der Handlung_ und der Welt, in der sie spielt. Und da ist einiges geboten:

Der Uhrzeiger, der natürlich magisch ist, lindert nicht nur Arthurs Asthma, er führt ihn letztlich auch in eine chaotische und äußerst turbulente Paralleldimension: ein überdimensionales Büro, das entweder zu einem Konzern mit enormem Wasserkopf oder zu einem Amt vom Umfang der UNO oder größer gehören könnte und dementsprechend jede Menge Stoff für Seitenhiebe gegen Bürokratie und Pedanterie bietet.

Gleichzeitig wird hier mit den Dimensionen gespielt. So steht |Das Haus|, der Ort, an den der Uhrzeiger Arthur letztlich führt, mitten in einem Wohnblock in Arthurs Stadt, und Arthurs Gegner Montag trägt seinen Namen nicht von ungefähr. Der Alte, ein mächtiger Riese, ist an eine Uhr gekettet, und ein Raum voller Uhren führt Arthur auch zurück in seine Welt. Die |Unwahrscheinliche Treppe| schließlich setzt dem Ganzen die Krone auf.

In diese Umgebung, in der die Grenzen zwischen Raum und Zeit verwischen, hat Nix eine Menge magischer Artefakte gesetzt, angefangen vom Vermächtnis selbst, das ganz offensichtlich magisch ist und vorerst einen grünen Jadefrosch belebt, über den Uhrzeiger, der eigentlich einer von sieben Schlüsseln ist und öffnen und schließen, binden und lösen kann, bis hin zu Aufzügen, die mal groß, mal klein sind, und einer Einbahnbrücke in Form eines selbstauflösenden Spinnenfadens.

Belebt wird das Ganze von Wesen, die nicht sterblich sind und nur ungerne etwas an dem derzeitigen chaotischen Zustand ändern möchten, aus welchen Gründen auch immer. Sie gebieten sowohl über die Bürokraten und kleinen Arbeiter, wie Susi einer ist, als auch über eine ziemlich hirnlose Art von Polizisten und Wachhunden.

Und zu guter Letzt gibt es noch die Nichtlinge, boshafte Kreaturen, die aus irgendwelchen Gründen immer wieder mal auftauchen und andere angreifen.

_Ganz klar_, dass es in diesem Wirrwarr keine klare Linie geben kann außer der, dass Arthur alle Nase lang in Schwierigkeiten gerät. Egal, wohin er kommt, er wird verfolgt, hängt die Verfolger ab, wird eingeholt, mogelt sich raus, wird doch geschnappt, kommt wieder frei … Turbulent geht es zu in diesem Zyklus! Und natürlich denkt der Autor gar nicht daran, Arthurs Fragen alle sofort zu beantworten.

Heraus kam eine rasante Mischung aus Rätselei, Verfolgungsjagd, Magie und Humor, die den Leser kaum zu Atem kommen lässt. Und natürlich ist klar, dass am Ende des Buches der Montag zwar um ist, aber unmittelbar von einem Dienstag gefolgt wird! Nach dem, was Garth Nix für den Anfang bereits alles eingefallen ist, dürfte der Folgeband noch eine Menge skurriler Überraschungen bereithalten!

_Garth Nix_ ist gebürtiger Australier und war nach dem Studium in den verschiedensten Bereichen der Buchindustrie tätig, ehe er selbst zu schreiben begann. „Schwarzer Montag“ ist der erste Band des Zyklus |Keys to the Kingdom|, der im englischen Original inzwischen bis Band fünf gediehen ist. Außerdem stammt |Seventh Tower|, ein weiterer Jugendbuchzyklus, aus Nix‘ Feder sowie die Trilogie |Das alte Königreich|.

http://www.ehrenwirth.de

|Siehe ergänzend dazu:|

[„Schwarzer Montag“ 3172 (Hörbuch)
[„Sabriel“ 1109 (Das alte Königreich 1)
[„Lirael“ 1140 (Das alte Königreich 2)
[„Abhorsen“ 1157 (Das alte Königreich 3)

Fredric Brown – Die grünen Teufel vom Mars

brown-teufel-cover-kleinDie Marsianer kommen! – kleine grüne Männchen, die nicht kriegerisch sondern gemein und lästig sind und sich nicht loswerden lassen, bis die irdische Zivilisation sich in einen Scherbenhaufen verwandelt … – Dieser Klassiker der humorvollen Science Fiction hinterfragt den (US-typischen) Alltag (der 1950er Jahre), indem er dessen Normen und Regeln außer Kraft setzt und sich ausmalt, welche Folgen dies haben könnte. Gewaltfrei, ideenreich und erfreulich respektlos (wenn auch aus heutiger Sicht harmlos) spielt der Verfasser seinen Plot durch und kann damit auch im 21. Jahrhundert noch zum Lachen und zum Nachdenken reizen.
Fredric Brown – Die grünen Teufel vom Mars weiterlesen

John Scalzi – Krieg der Klone

Die Weltraumkriege der Zukunft werden von körperlich regenerierten Greisen geführt. Sie lernen schnell zu kämpfen, um nicht als Kanonenfutter verheizt zu werden, denn die Aliens des Alls kennen keine Diplomatie … – Robert A. Heinlein lebt bzw. wurde offenbar als John Scalzi wiedergeboren: „Krieg der Klone“ präsentiert nicht dumpfe „Military-SF“, sondern erzählt ein rasantes und irritierend unterhaltsames Garn für die Freunde des autoritären Denkens.
John Scalzi – Krieg der Klone weiterlesen