Archiv der Kategorie: Fantasy / Science-Fiction

Montillon, Christian – Atlan – Die acht Namenlosen (Lepso-Trilogie, Band 2)

Band 1: [„Totentaucher“ 3348

_Story_

Noch immer ist Atlan den Hintermännern des Mords an seinen Doppelgänger auf der Spur und sucht dabei weitere Informationen über das Volk der Tyarez. Die USO stellt ihm mit Ohm Santarin hierzu einen erfahrenen Agenten zur Seite, der gerade erst Opfer einer Hinterlist geworden ist, die offenbar vom verschwundenen und längst für tot erklärten Ex-Thakan Flakio Tasamur inszeniert wurde. Gemeinsam begeben sich Santarin und Atlan mit einem gemieteten Gleiter auf den Weg zum Volk da Onur, dessen Vertreter selber den Doppelgänger Atlans gemimt hat, der vor wenigen Wochen tot aufgefunden wurde.

Doch auf dem Weg dorthin gerät das Duo in einen plötzlichen Wirbelsturm und stürzt ab. Stunden später wachen sie in einem berüchtigten Wüstengefängnis wieder auf, in dem ein fehlerhafter Roboter das Regiment übernommen hat und mit Willkür über die sehr unterschiedlichen Gruppen der Gefangenen herrscht. Auch Tsamur ist dort, in der Schweißöde, gefangen und führt eine interne Rebellentruppe an, mit denen Atlan alsbald Kontakt knüpft. Tatsächlich gelingt es mit einer List und den Teleportationskräften des ehemaligen Thakan, wieder auszubrechen und den Weg zum Volk da Onur fortzusetzen. Doch dort angekommen, erweist sich Tasamur alles andere als vertrauenswürdig. Es kommt zum folgenschweren Eklat, infolge dessen der Patriarch tödlich verletzt wird. Doch dabei kann ausgerechnet nur er Atlans Fragen beantworten.

_Meine Meinung_

Im zweiten Teil der Lepso-Trilogie kommt ein neuer Autor zum Zuge und löst den eher schwächelnden Wim Vandemaan damit an seiner Position ab. Und dieser Wechsel hat der Mini-Serie merklich gut getan, denn Christian Montillon kommt in seinen Schilderungen innerhalb der Weltraumsaga wesentlich schneller auf den Punkt und hat es somit auch nicht nötig, inhaltliche Unzulänglichkeiten hinter einem allzu komplexen Aufbau zu verstecken – was ja im ersten Band noch ein wesentlicher Kritikpunkt war.

Dennoch ist auch Band 2 nicht makellos. Es ist zwar von enormem Vorteil, dass die Geschichte linear und an gewissen Stellen auch sehr flott vorangetrieben wird, aber dabei hält sich auch Montillon an vielen Nebenschauplätzen auf und schmückt diese in einem Ausmaß aus, welches das bisweilen wirklich rasante Erzähltempo wieder gehörig eindämmt. Die Szenerie in der Schweißöde zum Beispiel hätte man eventuell auch etwas kürzer fassen können, weil sie bis auf die Begegnung mit Flakio Tasamakur keine wesentlichen Inhalte mehr für den Hauptplot bereithält. Stattdessen werden hier diverse moralische Zwiste ausgetragen, deren Erscheinungen indes nie so recht berühren und für den weiteren Verlauf – so hart das auch klingen mag – nicht mehr als schmückendes, grundsätzlich belangloses Beiwerk sind. Von der freizügigen Verwendung einiger Klischees mal ganz abgesehen.

Andererseits erfreut es, dass man der Story mittlerweile ohne weiteres leicht folgen kann. Der Autor hat einen wesentlichen sympathischeren Schreibstil als kürzlich noch Vandemaan, wirkt aber keinesfalls plump oder oberflächlich. Man hat jederzeit das aktuelle Geschehen im Blick und bekommt bei der Ergründung einzelner Mysterien keine Steine in den Weg gelegt. Gerade dies war im Auftaktband noch ganz anders und mitunter auch der Schwerpunkt der Kritik, nachdem die Geschichte infolge dessen gehörig gelähmt wurde.

Montillon hat nun die Weichen für ein rasantes Finale gestellt, gerade nach den spannenden Ereignissen der letzten Seiten von „Die acht Namenlosen“. Endlich erfährt man, was es mit dem ominösen Titel auf sich hat und wer sich hinter dieser Kleingruppe verbirgt. Ebenfalls dringen Atlan und Co. tiefer in die Geheimnisse der Tyarez ein, erfahren mehr über die Historie des Stammes der da Onur und bekommen letztendlich zumindest eine Idee, warum ausgerechnet der Lordadmiral höchstpersönlich in einen verzwickten Völkerzwist geraten ist, von dem Atlan bis dato nicht einmal die leiseste Ahnung hatte.

Kurz gefasst: Es geht aufwärts mit dieser Trilogie; in Sachen Spannung, Aufbau und Inhalt hat Christian Montillon mit dem zweiten Band wieder einiges an verlorenem Boden gutmachen können und zumindest teilweise Entschädigung für den enttäuschenden Auftakt erbracht. Von Begriffen wie Science-Ficion-Hochgenuss möchte ich in diesem Zusammenhang zwar absehen, weil auch „Die acht Namenlosen“ noch mit diversen Längen und Schönheitsfehlern gespickt wurde, aber gerade für diejenigen, die nach dem ersten Roman der „Lepso-Trilogie“ schon das Handtuch geschmissen haben, hat der Autor trotz allem genügend Überzeugungsarbeit geleistet, um die Treue an der neuen Serie aufrechtzuerhalten – was man insgesamt betrachtet dann auch als Erfolg werten darf.

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Scalzi, John – Krieg der Klone

Im Alter von 75 Jahren meldet sich John Perry bei der KVA (Koloniale Verteidigungsarmee). Seine Frau ist tot, und auch John Perry fühlt, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Doch die Armee bietet Senioren eine einmalige Chance: Eine vollständige Verjüngung – für zehn Jahre Militärdienst und der Auflage, nie wieder auf die Erde zurückkehren zu dürfen. Strenge Quarantänegesetze sollen die Urheimat der Menschheit schützen, für ihre Dienste erhalten die Soldaten der KVA ein Stück Land auf einer der hart umkämpfen Kolonialwelten. Denn die Menschheit ist nicht allein im Weltall, blutige Kriege sind an der Tagesordnung.

_Der Autor_

John Scalzi (* 10.05.1969, Kalifornien) begann seine Karriere in der Blogger-Szene. „Krieg der Klone“ (im Original: „Old Man’s War“) erschien bereits 2002 in Fortsetzungen im Blog seiner Website, bis Patrick Nielsen Hayden, Senior Editor von |Tor Books|, auf ihn aufmerksam wurde. Womit dieser ein ausgezeichnetes Gespür bewiesen hat: Scalzis Debüt war gleichzeitig auch sein Durchbruch, das Buch verkaufte sich in den USA ausgezeichnet und kam bei den Lesern gut an. Als Sahnehäubchen wurde es 2006 mit dem |John W. Campbell Award| ausgezeichnet und für den |Hugo Award| nominiert. Scalzis „Krieg der Klone“ musste gegen Werke etablierter Autoren wie George R. R. Martin, Charles Stross und Ken MacLeod antreten, und sich nur dem überragenden [Spin 2703 von Robert Charles Wilson geschlagen geben.

_Mehr als eine Hommage an „Starship Troopers“ und „Der ewige Krieg“_

„Krieg der Klone“ ist Military Science Fiction, keine Frage. Das Szenario ist stark an Robert A. Heinleins „Starship Troopers“ angelehnt, doch Scalzi wäre ein Narr, wenn er dessen Ideologie und Pathos im Jahr 2007 reanimieren würde. Stattdessen positioniert er sich zwischen Heinlein und dem oft als Anti-Starship-Troopers gelesenen [„Der ewige Krieg“ 488 von Joe Haldeman.

Derber, sarkastischer Humor und John Perry als sympathischer, menschlicher Held geben dem Roman eine eigene Note. Wo Heinlein im Vorwort von [„Starship Troopers“ 495 das Hohelied auf Technologie und Fortschritt in Form des Kampfanzugs der Mobilen Infanterie singt, Haldeman die Gefahren moderner Technologien heraufbeschwört, zeigt sich in „Krieg der Klone“ der spezielle Scalzi-Humor. Die alten Männer, die dem Tod von der Schippe springen wollen, wissen nicht, worauf sie sich eingelassen haben. Ihr neuer Körper ist ein geklonter und verbesserter Alien-Mensch-Hybrid ihrer selbst, mit grüner Haut, fähig zur Photosynthese, Katzenaugen für Nachtsicht und nanotechnischem SmartBlood anstelle echten Blutes. Der Schock ist groß, aber auch die Freude: Denn der neue Körper ist jung, stark und schön. Hier neigt der Roman eher in Richtung von Haldemans „Der ewige Krieg“, denn natürlich wollen die älteren Herren und Damen ihre neuen Körper recht bald ausgiebig „testen“ …

Die Ausbildungssituation ist ähnlich wie in „Starship Troopers“, allerdings ohne jeglichen ideologischen Ballast. Ähnlich wie Johnnie Rico macht auch John Perry eine Blitzkarriere, dennoch gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den beiden. Rico akzeptiert im Laufe seiner Karriere immer mehr das System, in dem er dient und erzogen wird, Perry hingegen zweifelt immer mehr an den hehren Zielen der KVA, je länger er in ihren Kriegen kämpft. So auch an den Quarantänegesetzen; sie scheinen eher dazu zu dienen, die Menschen der Erde als unerschöpflichen Rekrutierungspool in Unwissenheit zu halten und auszubeuten. Auch die Kriegsziele werden angezweifelt. Oft findet sich die KVA in der Rolle des Aggressors; Strafexpeditionen gegen nur fingerlange Aliens, bei denen die Soldaten wie Godzilla mit bloßen Stiefeltritten ihre Städte zerstören, sollen hier als Beispiel dienen.

Bei der Charakterisierung der Aliens ist Scalzi alles andere als homogen. So bedient er sich bei Stereotypen für einige eher billige Lacher, sein Humor ist leider oft doch etwas zu plump. Hässliche Monster mit Tentakeln und riesigen Fangzähnen in sabbernden Mäulern werden als die besten und treuesten Verbündeten der Menschheit dargestellt, während Aliens mit Bambiaugen menschliche Frauen in Farmen halten, künstlich schwängern und ihre Babies als Delikatesse frittieren! Hier spielt Scalzi zu oft mit dem BEM-Klischee (Bug-Eyed Monster) der Science-Fiction.

Tiefschürfend ist das Buch selten, allerdings darf man sich von solchen Passagen nicht irritieren lassen. Flach und „nur“ unterhaltend ist dieser Roman nicht. Scalzis Stil ist nicht homogen; wie man auch in seinem Blog lesen kann, ist er stets um ein Späßchen bemüht, was auch seine Hauptfigur John Perry auszeichnet. Wenn John Perry über dies und das sinniert, liest sich der in der Ich-Perspektive geschriebene Roman am besten. Hier spricht Scalzi aus Perry, er schreibt, wie er denkt, wie in seinem Blog. Und das gibt Perry Leben und Authentizität, er kann mit seinen Gedanken überzeugen.

Scalzi ist kein Technomane, er beschreibt meistens Near-future-Technologie und ist in dieser Hinsicht sicher kein Visionär. Er ist an den Einflüssen auf den Menschen interessiert; hier bietet er im letzten Drittel des Romans einige Denkanstöße. Perry begegnet den Soldaten der „Geisterbrigaden“, geklont aus der DNA Freiwilliger, die starben, bevor sie in die Dienste der KVA traten und ihr Bewusstsein transferiert werden konnte. Ihre Körper wurden noch gravierender verändert, sind effizienter und stärker, ihre Persönlichkeit nahezu völlig neu erschaffen. Einer dieser Elitesoldaten rettet Perry, der in ihm jemanden wiedererkennt, den er einmal sehr gut kannte.

Anstelle von Ideologie tritt bei Scalzi Humor – blanke Gewalt und Action satt gibt es jedoch auch in seiner Form der Military Science Fiction. Scalzi hat eine besonders ausgeprägte Gabe, Bilder in den Köpfen seiner Leser zum Leben zu erwecken. Egal wo John Perry im Einsatz ist, diese Welten sind lebendig und faszinierend fremd. Oft sogar sind diese Welten und ihre Bewohner so fremd, dass sie ein Mensch nicht wirklich verstehen kann. Selbst das Oberkommando rätselt oft über die Motivationen bestimmter Rassen; man befindet sich in Kriegen und weiß nicht, wie man sie beenden kann, da man nicht einmal weiß, was genau sie ausgelöst hat. So wird der kriegerische Konflikt als die häufigste Form der Kommunikation und Problemlösung im Universum dargestellt.

In der deutschen Fassung findet sich als Epilog noch die Kurzgeschichte „Fragen an einen Soldaten“, in der interessanterweise John Perry unter anderem von der seltenen friedlichen Einigung mit einer anderen Spezies berichtet. Gut und Böse liegen in Scalzis Universum nahe beieinander, oft muss man eine Aktion im Nachhinein ganz anders bewerten, aufgrund neuer Informationen, die man zuvor nicht hatte:

|“Mein Gott, das tut mir natürlich sehr leid“, sagte Bender. „Das hätte ich nicht sagen sollen. Aber ich wusste ja nichts davon.“ „Natürlich nicht, Bender. Und genau darauf wollte Viveros hinaus. Hier draußen wissen Sie von nichts. Sie wissen |gar| nichts.“| (S. 221)

_Fazit:_

John Perry ist ein interessanter Charakter, aus dessen Sicht Scalzi dem Leser seine Welt sehr plastisch in starken Bildern vor Augen führt, trotz oder gerade wegen der Ich-Perspektive, in welcher der Roman geschrieben ist. Die Übersetzung von Bernhard Kempen ist in Stil und Ton gut gelungen, auch wenn einige Wendungen und relaxte amerikanische Umgangssprache, wie sie in den Dialogen vorherrscht, mir im Original einfach besser gefallen haben.

Ein bemerkenswertes Debüt, in meinen Augen eine unserem Zeitgeist entsprechende Version von „Starship Troopers“. Viel leichter verdaulich für unseren heutigen Geschmack, spielt Scalzi mit Klischees und lässt Ideologien außen vor; sein Roman ist deutlich geprägt von Ideen der Postmoderne, Skepsis ist angebracht, die Dinge sind oft nicht so, wie sie zu sein scheinen. Mir persönlich gefiel Scalzis staubtrockener, sarkastischer Humor, allerdings könnte er anderen Lesern als viel zu banal und derb erscheinen. Mit „The Ghost Brigades“ und „The Last Colony“ sind bereits Fortsetzungen erschienen, die hoffentlich bald auch in Übersetzung für den deutschen Markt vorliegen.

Homepage des Autors:
http://www.scalzi.com/

|Originaltitel: Old Man’s War
Übersetzt von Bernhard Kempen
Taschenbuch, 432 Seiten|
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Viehl, S. L. – Stardoc – Der Klon (Band 2)

Band 1: [„Die Seuche“ 2883

_Story_

Nach dem Tod ihres Mannes Kao Torin befindet sich Cherijo auf der Flucht vor den Söldnerschiffen der Liga, die im Auftrag ihres Vaters Joseph Grey Veil das Universum nach der gentechnisch modifizierten Heilerin durchkämmen. An Bord der |Sunlace|, dem Schiff der Joreianer, findet sie Schutz und verdient sich an der Seite der Obersten Heilerin erste Sporen in ihrem neuen Hausclan und schließlich auch Respekt und Bewunderung.

Doch die friedliche Idylle täuscht, denn nach wie vor wird Cherijo mit Konflikten jedweder Art konfrontiert und in ihrem Job als praktizierende Ärztin bis aufs Äußerste gefordert. Als schließlich eine Mordserie die |Sunlace| erschüttert, gerät die Heilerin in Verdacht, daran beteiligt zu sein. Besonders die skeptischen Vertreter des Clans Torin trauen der exzentrischen Ärztin nicht über den Weg, und als schließlich mehrere Fährten in ihr Quartier führen, sieht sie sich zum Handeln gezwungen. Erneut tritt sie in den Gedankenaustausch mit dem Obersten Linguisten Duncan Reever, um der Ursache der Morde auf den Grund zu gehen. Doch je tiefer sie in ihr eigenes Bewusstsein eindringt, umso bedrohlicher wirkt der Feind.

Als wäre dies nicht schon genug, wird Cherijo auch ständig von Kaos Clanbruder Xonea belästigt; der mächtige joreianische Krieger will die Nachfolge seines Bruders antreten und die Heilerin zu seiner Gattin erwählen. Diese jedoch zeigt kein Interesse am launischen Vertreter Jorens, der daraufhin auch vor Gewalt nicht zurückschreckt. Gerade als die beiden Frieden miteinander geschlossen haben und die Vielzahl der Bedrohungen abklingt, wird Cherijo dann wieder an die jüngste Vergangenheit erinnert. Joseph Grey Veil fordert nach wie vor das Recht auf seinen Besitz, seine konstruierte Tochter, und dazu sind dem berüchtigten Wissenschaftler alle Mittel recht.

_Meine Meinung_

Im Gegensatz zum ersten Teil, der eigentlich erst nach der Hälfte der Zeit so richtig durchstartete, beginnt die eigentliche Action in „Der Klon“ schon im ersten Kapitel. Wobei Action in diesem Fall nicht auf klassische Art und Weise verstanden werden sollte. Es ist vielmehr so, dass von Beginn an mächtig Trubel herrscht, die Hauptfiguren von einem Chaos ins nächste stürzen und besonders Cherijo viele Prüfungen bestehen muss, um ihren neuen Verbündeten und vor allem sich selbst zu beweisen, was wirklich im Körper der flüchtigen Terranerin steckt. Dabei hat die vorlaute Heilerin zahlreiche Grabenkämpfe auszutragen, beginnend mit dem Machtkampf um die Nachfolge der Obersten Heilerin der |Sunlace|, den sie mit ‚Spliss-Lippe‘ Squillip austrägt, bis hin zum permanenten Familienzwist mit ihrem Clanbruder Xonea, der sein Recht einfordert und Cherijo ehelichen will, von seiner Erwählten jedoch nicht als Gatte akzeptiert wird. Ständig geraten die beiden aneinander, bekämpfen und beschimpfen sich und gehen dabei bis ans Äußerste ihrer Substanz – und darüber hinaus.

Neben den vielen Beziehungsdramen, die in „Der Klon“ einen wesentlichen Teil übernehmen, steht indes eine Mordserie im Mittelpunkt, bei der viele Indizien dafür sprechen, dass Cherijo darin verwickelt ist. Immerzu befinden sich am Tatort Spuren, die auf eine Beteiligung der angehenden Obersten Heilerin schließen lassen, und stets muss sich die begabte Ärztin wieder aus der daraus entstehenden Bredouille befreien. Weil die wichtigsten Zeugen nach und nach auf mysteriöse Weise ausgelöscht werden, sieht sich Cherijo dazu gezwungen, selber verdeckt zu ermitteln und sich von aller Schuld freizusprechen. Doch ihr Gegner scheint mächtiger als alles, was sie bislang erlebt hat.

Natürlich wird auch die Jagd auf die gentechnisch auf Perfektion programmierte Tarranerin näher beleuchtet. Jede kurze Abweichung von der Norm der Schiffsroute bringt die Liga-Truppen wieder auf den Plan, und immer wieder greifen einzelne Söldner an, um Cherijo in die Obhut ihres Vaters zurückzubringen. Dabei müssen viele unschuldige Joreianer sterben, unter anderem auch Personen, zu denen die Heilerin eine ganz spezielle Beziehung hatte, wie etwa Tonetka, die einem plötzlichen Söldnerangriff zum Opfer fällt. Immer wieder wird Cherijo an die Zwickmühle erinnert, in der sie sich befindet, denn nur wegen ihrer Existenz muss ein ganzes Volk in Angst leben. Mehrfach äußert sie das Bedürfnis, sich Dr. Grey Veil auszuliefern, eventuell auch zu sterben, um ihre Gefährten von dieser Geißel zu erlösen. Doch das Volk Jorens steht nach alldem, was Cherijo für die Angehörigen der einzelnen Clans getan hat, vollends hinter seiner Adoptivtochter. Und so kommt es wie es kommen musste: Ein Aufeinandertreffen der ganz besonderen Art wird unfreiwillig arrangiert – und mündet in ein Finale, das selbst Hartgesottene vollkommen überraschen wird.

Nach dem fulminanten Ende von „Die Seuche“ hatte ich an „Der Klon“ große Erwartungen, die letzten Endes auch ausnahmslos erfüllt wurden. Die Geschichte wird rasant fortgesetzt, auf nahezu allen Handlungsebenen vertieft und intelligent ausgedehnt und hinsichtlich Action und Dramaturgie noch einmal um ein Vielfaches gesteigert. Dabei mag zwar hier und dort mal eine Tatsache unrealistisch erscheinen – so zum Beispiel, dass Cherijo nach beinahe jedem stressigen Erlebnis in Ohnmacht oder sogar ins Koma fällt – aber weil dies meist dazu beiträgt, das Mysterium um die wirklich faszinierend dargestellte Hauptfigur zu bekräftigen, geht das voll und ganz in Ordnung.

Apropos Cherijo Grey Veil bzw. Torin: Der Charakter, den die Autorin hier entworfen hat, ist schlichtweg genial. Rebellisch, einfühlsam, exzentrisch, egoistisch, aggressiv, behutsam, ruhig, gelassen, hysterisch, hasserfüllt: Es gibt keinen einzigen Wesenszug, den die Heilerin im Laufe der Geschichte nicht zeigt, was nicht nur ihr, sondern auch dem Roman selber einen großen Teil seiner Unberechenbarkeit beschert, die ihn über die gesamte Dauer auszeichnet. Man fühlt mit der außergewöhnlichen Dame, verliebt sich mitunter in sie und lernt sie im nächsten Moment wieder zu verachten. Solche Figuren sind im Science-Fiction-Genre äußerst rar, aber dringend erforderlich, um das Niveau des Genres aufrechtzuerhalten.

In diesem Sinne, und speziell dank solch genialer Charakterzeichnungen, wie man sie in „Der Klon“ zuhauf vorfindet, kann und muss man beim zweiten Band der „Stardoc“-Saga von einem furiosen, atemberaubenden und dazu auch noch enorm eigenständigen Roman sprechen. Die Weichen für eine rasante Fortsetzung sind ebenfalls schon gestellt, so dass die Begeisterung auch noch eine Zeit lang anhalten wird. Aber erst einmal gilt es, diesen besonderen Roman bzw. dessen Inhalt auszukosten. Der dritte Band, „Die Flucht“, erschien im Sommer 2006 bei |Heyne|.

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Antje Babendererde – Zweiherz

Ursprünglich war es ein ganz normaler Tag für Kaye, als sie Großvater Sam sein Essen brachte. Doch dann erzählt ihr der alte Mann, dass sein Enkel Will bald nach Hause kommen wird. Will, ihr bester Freund, der seit fünf Jahren im Gefängnis sitzt, weil er den Direktor seines Internats getötet hat. Viel früher als erwartet steht er vor der Tür ihres Ladens, und Kaye stellt erschrocken fest, dass das Wiedersehen ganz anders ist, als sie es sich all die Jahre über vorgestellt hat. Will hat sich sehr verändert …

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Nuyen, Jenny-Mai – Drachentor, Das

Es herrscht Krieg. In einer großen Schlacht besiegt Haradons Heer das der Myrdhanen.

Alasar sitzt wie jeden Sonnenaufgang in den letzten Tagen auf einem hohen Felsen und hält Ausschau nach den Rückkehrern aus der Schlacht, nach seinen Eltern und Brüdern. Doch was er an diesem Morgen heranziehen sieht, ist das Heer der Haradonen! Eilig holt Alasar seine Schwester Magaura und alle Einwohner seines Dorfes, die bereit sind, ihm zu folgen, und führt sie hinauf in die Höhlen der Berge, während die Feinde hinter ihm alles in Schutt und Asche legen. Doch was er mit den Flüchtlingen, die wie er fast ausschließlich Kinder sind, aus dem Nichts aufbaut, ist kein Neuanfang …

Ardhes ist die Prinzessin von Awrahell, die personifizierte Hoffnung der Elfen auf eine Zukunft in dem Land, das einst ihnen gehörte, und aus dem die Menschen sie immer weiter verdrängen. Doch Königin Jale, gebürtige Haradonin, verabscheut die Elfen und hat den Elfenkönig Octaris nur um der Macht willen geheiratet. Sie drängt ihre Tochter dazu, einen Menschen zu heiraten und zu Ende zu führen, was sie selbst begonnen hat: die endgültige Vertreibung der Elfen. Da beobachtet Ardhes zufällig ihre Mutter mit einem Geliebten!

Revyn hat für Krieger und Soldaten nichts als Verachtung übrig. Doch um seiner dunklen Vergangenheit zu entfliehen, schließt er sich ihnen an und lässt sich in Logond, der Hauptstadt Haradons, zum Drachenreiter ausbilden. Der Umgang mit den schönen, mächtigen und unsagbar traurigen Wesen ist der einzige Lichtblick in seinem düsteren Leben. In kürzester Zeit hat er sich einen Namen als begnadeter Drachenzähmer gemacht. Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass immer wieder Drachen einfach spurlos verschwinden. Eines Nachts gelingt es einem Mädchen, nahezu sämtliche Drachen zu befreien und aus der Stadt zu führen. Revyn beteiligt sich an der Verfolgung, doch nicht, um das Mädchen einzufangen, sondern um das Rätsel der verschwundenen Drachen zu lösen…

In einem Sog, dem sich keiner der drei entziehen kann, treiben sie aufeinander zu, und ihr Zusammentreffen wird die Welt unwiederbringlich verändern. Denn sie sind Ahirah, Kinder von Ahiris, dem Gott des Schicksals …

Wie schon „Nijura“, so zeigt auch „Das Drachentor“, dass Jenny-Mai Nuyen eine große Begabung für Charakterzeichnungen hat.

Alasar ist der geborene Anführer. Er weiß, wie man andere überzeugt, wie man die Begeisterung in ihnen weckt, die nötig ist, um auch Aufgaben von herkulischem Ausmaß erfolgreich durchzuziehen. Unter seiner Führung hätten die Höhlenkinder zu einer blühenden Gesellschaft werden können. Doch der Krieg hat ihn vergiftet. Verlustängste und der Wunsch nach Rache bestimmen all sein Tun, und sie werden umso stärker, je älter er wird. Er ignoriert die Tatsache, dass die Höhlenkinder erwachsen werden, auch Magaura. Selbst den vernünftigsten Argumenten seines besten Freundes Rahjel ist er schließlich nicht mehr zugänglich, Kritik wird als Verrat gewertet. Alasar ist auf dem besten Weg, ein grausames, kaltherziges Ungeheuer zu werden.

Ardhes ergeht es ähnlich. Jale ist verlogen, intrigant und machthungrig, Octaris dagegen besitzt zwar mächtige Gaben, lässt aber alles um sich herum einfach widerstandslos geschehen. Ardhes verachtet sie beide. Sie fühlt sich ungeliebt und benutzt und reagiert darauf zunächst mit Verweigerung, dann mit Trotz. Dabei verschwendet sie keinen einzigen Gedanken an die Folgen ihres Tuns für andere. Von allen drei Ahirahs zeigt Ardhes am stärksten das Verhalten einer noch unreifen Heranwachsenden, was wiederum nicht verwundert, da sie als Einzige zumindest relativ behütet und sicher aufgewachsen ist.

Revyn dagegen ist ein Kind ohne Wurzeln, nirgendwo fühlt er sich zuhause. Er verabscheut sowohl den Alkohol als auch das Töten, doch sich selbst verabscheut er auch. Erinnerungen und Gewissensbisse verfolgen ihn überall hin. Alles, was er sich wünscht, sind Friede für seine Seele und ein Ort, an den er gehört. Aber all seine Bemühungen, das Richtige zu tun, all seine Versuche der Sühne und Wiedergutmachung scheinen zu seiner wachsenden Verzweiflung nur immer weiter in die Katastrophe zu führen!

Eine gute Portion Einfühlungsvermögen hat diese drei so glaubhaft und lebendig werden lassen, dass man sie förmlich vor sich zu sehen meint. Aber auch die Nebencharaktere wie Königin Jale, König Octaris oder Revyns Kriegskameraden Twit und Capras sind ungemein plastisch und in sich stimmig ausgeführt. Selbst dem König der Myrdhanen, der nur in ein paar kurzen Szenen auftaucht, hat die junge Autorin dieselbe Aufmerksamkeit und Sorgfalt angedeihen lassen wie ihren Hauptfiguren, ohne sich dabei in Details zu verlieren.

Die Geschichte selbst braucht ein wenig Anlaufzeit. Es ist nicht von Anfang an ersichtlich, was die Drachen mit dem Krieg zwischen Haradon und Myrdhan zu tun haben. Erst als zum ersten Mal ein Drache verschwindet, wird dem aufmerksamen Leser die Verbindung deutlich.
Das Hauptaugenmerk des Geschehens liegt zunächst auf einer Prophezeiung, von der Octaris Ardhes erzählt. Wobei Prophezeiung wahrscheinlich nicht unbedingt das richtige Wort ist. Vielmehr handelt es sich um Visionen. Octaris ist ein Seher. Und wenn er nachts zu den Sternen hinaufstarrt, sieht er die Zukunft der Welt, in der die Ahirah eine entscheidende Rolle spielen. Ardhes lauscht diesen Visionen ihres Vaters. Doch wie es bei Visionen oder Prophezeiungen üblich ist, sind sie nicht in klare, eindeutige Worte gefasst. Ardhes ist nicht die Einzige, die aus den Worten ihres Vaters falsche Schlüsse zieht.

Das hört sich jetzt nicht unbedingt neu an. Ist es auch nicht. Aber es ist mit viel Engagement und Herzblut erzählt. Und eines ist tatsächlich ungewöhnlich: Hier gibt es keinen Tyrannen, Zauberer oder finsteren Gott, in dem sich alles Böse konzentriert und den es zu besiegen gilt. Deshalb hat das Buch auch kein Happyend. Es hat überhaupt nur ein halbes Ende, insofern, als der Leser erfährt, was aus zweien der drei Ahirah geworden ist. Doch ein Schicksal bleibt offen.

Auch die Handlung als solche hat nicht den sonst üblichen Abschluss erhalten. Nicht nur, dass der drohende Untergang nicht aufgehalten werden konnte; da es kein personifiziertes Böses gibt, das hätte besiegt werden können, gibt es auch keinen strahlenden Helden, der nach der Schlacht mit dem Wiederaufbau beginnen könnte. Jenny-Mai Nuyen erzählt hier das Ende einer Epoche, ohne einen Blick auf einen Neuanfang zu werfen.

Insofern ist „Das Drachenauge“ für einen Fantasy-Roman unerwartet realistisch. Das Böse ist kein Fremdkörper, der von außen in die bis dahin heile Welt eindringt und mit Heldenmut und Opferbereitschaft wieder vertrieben werden kann. Gut und Böse sind Teil der Welt, waren es immer und werden es immer sein. Sie bleiben von Umwälzungen, von Aufstieg und Fall, völlig unberührt. Trotzdem hat das Buch kein negatives Ende. Denn einer der drei Hauptcharaktere hat eine Wandlung durchgemacht und wirft zumindest ein kleines Hoffnungslicht auf den düsteren Weg ihrer Welt, auf den die Autorin einen Ausblick gegeben hat.

Um es kurz zu machen: Jenny-Mai Nuyen hat die Hoffnungen, die ich in ihr neuestes Buch setzte, voll erfüllt. Ihre Sprache ist nach wie vor bildhaft und ausdrucksstark, sowohl was Stimmungen als auch Landschaften betrifft; ihre Charaktere agieren nicht nur glaubhaft und nachvollziehbar, sie sind voller Leben, als hätte ich sie persönlich gekannt; und auch ihre Ideen, vor allem im Zusammenhang mit der Welt der Drachen, haben mir sehr gut gefallen, auch wenn der Gedanke von Fell bei einem Drachen etwas ungewöhnlich erscheint.

Jemand, der sich langweilt, sobald der Held der Geschichte nicht ununterbrochen von einer unermesslichen Gefahr in die andere stolpert, sollte besser die Finger von dem Buch lassen. Wer dagegen mehr als rasante Action im Sinn hat, dem kann ich das Buch wärmstens empfehlen. Jenny-Mai Nuyen schreibt nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit ihrer Seele. Das ist deutlich zu spüren. Zur Abwechslung mal finde ich das vollmundige Lob von Verlag und Presse, für das ich normalerweise überhaupt nichts übrig habe, durchaus gerechtfertigt.

Jenny-Mai Nuyen stammt aus München und schrieb ihre erste Geschichte mit fünf Jahren. Mit dreizehn wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. „Nijura“, ihr Debüt, begann sie im Alter von sechzehn Jahren. Inzwischen ist sie neunzehn und studiert Film an der New York University. Ihr neuester Roman „Nocturna – Die Nacht der gestohlenen Schatten“ ist für Juli dieses Jahres angekündigt.

Taschenbuch, 576 Seiten
ISBN-13: 978-3-570-30388-7

www.jenny-mai-nuyen.de/
www.randomhouse.de/cbjugendbuch/index.jsp

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (9 Stimmen, Durchschnitt: 1,67 von 5)

Witzko, Karl-Heinz – Kobolde, Die

_Handlung_

Die Kobolde Brams, Riette, Rempel Stilz und Hutzel sind im Wechselbalggewerbe aktiv. Das heißt sie klauen Menschen und tauschen diese gegen einen garstigen Wechselbalg aus. Ihre Aufträge erhalten sie vom Krämer Moin, der sie dann in die Menschenwelt schickt, um das gewünschte Exemplar zu holen. Vom Koboldland-zu-Luft-und-Wasser kommen sie mittels ihrer Gehilfin Tür in die Menschenlande. Doch nachdem es mit der Tür Ärger gab, lässt diese die armen Kobolde einfach in der Menschenwelt zurück. Aber Kobolde wären nicht Kobolde, wenn sie sich nicht gleich auf die Suche nach einem Rückweg machen würden. Sie sind jedoch nicht unentdeckt geblieben, so dass sie schon bald von verschiedenen Fraktionen verfolgt werden, die ihrer habhaft werden wollen.

_Der Autor_

Karl-Heinz Witzko, geboren 1953, ist diplomierter Statistiker und hat zahlreiche-Romane voller Wortwitz und schillernder Phantasie geschrieben. Am bekanntesten sind seine Romane zum Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ (DSA) wie „Westwärts, Geschuppte!“ oder die „Dajin-Trilogie“ und seine „Gezeitenwelt“-Romane.

Seine skurrilen Einfälle holt sich der Autor während ausgedehnter Spaziergänge im Teufelsmoor bei Bremen. Und vor einigen Jahren machte er dort seine erste Bekanntschaft mit Kobolden – als sein Jagdhund einen solchen von einem Ausflug wohlbehalten nach Hause brachte.

_Mein Eindruck_

Im Bezug auf Karl-Heinz Witzko schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Einerseits hat er meinen absoluten Lieblings-DSA-Roman „Westwärts, Geschuppte!“ geschrieben, andererseits hat mir die „Dajin“-Trilogie überhaupt nicht gefallen. Witzko pflegt einen manchmal etwas sperrigen Schreibstil, der es nicht immer einfach macht, ihm zu folgen, so dass man manche Sachen zwei- bis dreimal nachlesen muss, um sie zu verstehen. Dies mag vor allem für den weniger geübten Leser schnell frustrierend wirken. Andererseits ist Witzko aber mit einem Gespür für Wortwitz und Situationskomik ausgestattet, wie ich es bisher bei nur sehr wenigen anderen Autoren gelesen habe. Genau diese Stärke bringt er bei „Die Kobolde“ mustergültig zur Geltung. Denn dieser Roman bringt den Leser bei jeder der über 400 Seiten mindestens einmal zum Schmunzeln oder zum Lautloslachen.

Genau wie bei „Westwärts, Geschuppte!“ versetzt Witzko seine Kobolde in eine fremde Welt und Kultur und lässt sie sich dort mit jeder Menge Wortwitz und skurriler Situationskomik richtig austoben. Der Handlungsstrang ist einfach und schnell erzählt: Die Kobolde wollen nach Hause, und die halbe Welt verfolgt sie.

Dabei beschreibt er die Welt immer wieder aus der Sicht der Kobolde, was natürlich zu reichlich Verwirrung führen kann. Die Kobolde an sich sind etwa kindsgroß und begnadete Handwerker, was allerdings für die Menschen nicht immer zum Vorteil ist. So mag eine Lanze, die so präpariert ist, beim Turnier schneller zu brechen, noch von Vorteil sein, bei anderen Waffen allerdings kann das schon ganz schön lustig werden.

Mit den Charakteren nimmt es Witzko allerdings nicht so genau, denn eigentlich sind nur die vier Kobolde richtig im Vordergrund und durchdacht. Alle anderen bilden eine Kulisse, nicht mehr aber auch nicht weniger. Dass er seine Nebencharaktere alle mit einem Augenzwinkern gestaltet, zeigen auch deren Namen, wie zum Beispiel die Hexe Holla („Frau Holle“), der Ritter Gottkrieg vom Teich oder Dinkelwart von Zupfenhausen. Bei den meisten anderen Autoren würde mich das stören, bei Witzko hingegen wirkt das charmant. Die Charaktere der Kobolde sind eigentlich ganz klar verteilt. Brams ist der Anführer, Riette ist eine koboldische Furie, Rempel Stilz ist der Mann fürs Grobe („Hauptsache alles ist richtig verfugt!“) und Hutzel ist der Listige.

Sehr unterhaltsam sind die Running-Gags, für die Witzko ja auch schon bekannt ist. So ändert sich etwa ständig Hutzels Name, von Hutzelhauser über Hutzelheimer bis zu Hutzelbauer. Brams hängt ständig seinen Tagträumen nach, Rempel Stilz repariert andauernd Dinge und wird nie müde darauf hinzuweisen, dass jetzt alles viel besser verfugt sei, und Riette erzählt aus ihren Kindertagen. Auch die Fähigkeit der Kobolde, Tieren und Gegenständen das Sprechen beizubringen, bringt den Leser ein ums andere Mal zum Schmunzeln; so können etwa fast alle Dinge im Koboldland-zu Luft-und-Wasser sprechen. Lustige Konservationen mit Hühnern oder Schnittlauch sind da vorprogrammiert.

Also fassen wir das Ganze einmal zusammen: Witzko nimmt seine Geschichte nicht ganz so ernst; wer also epische Fantasy sucht, ist hier nicht ganz an der richtigen Stelle. Allerdings würde das wohl auch nicht wirklich zu Kobolden passen, daher macht Witzko das einzig Richtige: Er bringt den Leser permanent zum Lachen, sei es durch Situationskomik oder Wortwitz. Hierbei legt Witzko eine solche Kreativität an den Tag, dass es niemals aufgesetzt oder gezwungen wirkt.

_Fazit_

„Die Kobolde“ ist sicher einer der witzigsten Romane des Jahres. Witzko bietet zwar keine klassische Fantasy wie etwa seine Kollegen Heitz oder Hardebusch, dafür bombardiert er uns mit einer über 400 Seiten langen Humorbombe. Wer auf lustige Fantasy à la Terry Pratchett steht, der kann hier blind zugreifen.

http://www.piper-verlag.de/fantasy/

Göttner, Heide Solveig – Herr der Dunkelheit, Der (Die Insel der Stürme 2)

Band 1: [„Die Priesterin der Türme“ 3611

Um Haaresbreite ist es Amra, Gorun und Jemren gelungen, mit Lillia den Nraurn zu entkommen. Allerdings sind sie nach ihrer überstürzten Flucht im Norden gelandet. Fast scheint es, als wäre der weite Weg, den Jemren mit Lillia gegangen ist, umsonst gewesen. Dazu kommt, dass sie von Jemrens Landsleuten mit größtem Misstrauen betrachtet werden. Nret, die Klankönigin der Stadt Thárraxi, hält Jemren für einen Verräter, einen Verbündeten der verhassten Südländer.

Da taucht ein weißes Schiff vor der Nordküste der Insel auf, und der Kapitän ruft nach seine Tochter Lillia. Da Lillia ebenfalls die Arme nach dem Schiff ausstreckt, lassen ihre Beschützer sie gehen. Erst im letzten Moment erkennt Gorun die Falle und stürzt hinterher!

Während Gorun von dem Schiff, das Lillia entführt hat, mit auf See hinausgetragen wird, zwingt Nret Jemren, ihr und einer Handvoll Bogenschützen den Weg durch den Scyé zu zeigen, jene tiefe, vulkanische Schlucht, welche die Insel in zwei Teile spaltet. Nur zu bald erfährt Jemren, was Nret in Wahrheit vorhat …

|Charakterentwicklung|

Der zweite Band des Zyklus scheint einer der verblendeten Frauen zu sein.

Die eine ist Nret. Ihr Hass gegen den Süden ist so groß, dass sie trotz Amras Warnung einen Pakt mit den Nraurn schließt. Sie glaubt tatsächlich, dass Kajlyn-Gua, die Königin der Bahak, ihr im Gegenzug für ihre Unterstützung die Stadt Défagos samt Ländereien überlassen wird! Und obwohl die Nraurn eine weit größere Bedrohung für sie und ihr Volk darstellen, wirft sie Jemren Verrat vor, weil er sich mit Südländern angefreundet hat, um das eine Kind zu beschützen. Für ihre Blindheit wird sie einen hohen Preis bezahlen.

Aber Kajlyn-Gua ist kein Deut besser. Offenbar wurden sie und ihre Zwillingsschwester Quinda-Na unter besonderen Vorzeichen geboren, auf die die Autorin jedoch nicht näher eingeht. Aufgrund dieser Vorzeichen ist die Nraurn-Königin davon überzeugt, dass sie auserwählt ist, die Prophezeiung zu erfüllen und die Menschen von der Insel der Stürme zu vertreiben. Zu diesem Zweck ist sie sogar bereit, sich mit dem Dunklen Gott Antiles zu verbünden. In ihrem Hochmut ist sie nicht fähig zu erkennen, dass der Gott sie nur benutzt! Alle Warnungen diesbezüglich schlägt sie in den Wind.

Die Charakterzeichnung dieser beiden Frauen als solche ist nicht unbedingt besonders tiefschürfend, sondern eher knapp, aber dennoch klar ausgefallen. Sie dient vor allem dem Ausbau der Konflikte innerhalb der Handlung:

Nret und ihre Bogenschützen wollen ihrem angestauten Hass und Neid Luft machen und ziehen deshalb in den Krieg gegen den Süden. Der Süden will sich gegen den Norden schlimmstenfalls verteidigen, sein unmittelbarer Feind sind die Nraurn, die seine Existenz bedrohen. Die Nraurn kämpfen sowohl gegen den Norden als auch den Süden, was sie dem Norden gegenüber bisher nur noch nicht zugegeben haben, und übersehen dabei, dass sie im Grunde nicht für ihre eigenes Volk kämpfen, sondern für Antiles. Antiles dagegen kämpft nicht nur gegen Menschen und Nraurn, sondern vor allem gegen die übrigen Götter, die ihn einst von der Insel verbannten. Er will die gesamte Insel zu einem Reich des Todes machen.

|Handlungsfortschritt|

Keine Frage, dass bei diesen Spannungen irgendwann ein Zusammenstoß kommen muss. Und er kommt.

Hat die Autorin die Zerstörung Canáxis bestenfalls gestreift, so schildert sie den Angriff der Nraurn auf Défagos weit ausführlicher. Angenehmerweise verzichtet sie dabei weitestgehend auf grausame, blutige oder unappetitliche Details, ohne dass es der Darstellung des Kampfes Abbruch täte. Die eigentliche Entscheidung fällt letztlich auf ungewöhnliche Weise, ganz ohne Waffen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Nraurn noch immer ein riesiges Heer zur Verfügung haben und Antiles nicht vernichtet ist, dürfte es sich dabei aber wohl eher um einen Vorgeschmack auf das Kommende gehandelt haben.

Aber schon bei diesem Vorgeplänkel geraten auf allen Seiten Beteiligte zwischen die Fronten. Jemren hat in seinem Bemühen, Lillia zu schützen, tatsächlich gegen sein eigenes Volk zur Waffe gegriffen! Dass es sich dabei größtenteils um irregeleitete, sture Narren handelt, macht die Sache für ihn nicht besser. Tenon, Nrets Stellvertreter, hegt zwar die größten Bedenken gegen Nrets Entscheidungen, das hindert ihn aber nicht daran, Jemren für einen Verrat zu hassen, den er selbst genauso begangen hat! Nesyn, der neue Heerführer Kajlyn-Guas, kämpft ebenfalls gegen Bedenken. Er fürchtet den Schatten, mit dem seine Königin sich verbündet hat, und was sie mit dem Körper ihrer Schwester getan hat, empfindet er im höchsten Maße als widernatürlich. Außerdem gehen ihm die Worte des alten Qyon, des Wächters der heiligen Schlucht der Nraurn, nicht aus dem Kopf: „Deine Königin hat mich bestohlen!“

Mit der Erweiterung der beteiligten Parteien hat Heide Solveig Göttner aber nicht nur die Verwicklungen der Handlung ausgebaut, sondern auch den kulturellen Hintergrund. Die Götter der Menschen haben, auch wenn sie bisher so gut wie nicht aufgetaucht sind, eine Identität erhalten. Das erklärt auch ein wenig die ungeheure Machtfülle und gleichzeitig die ungewöhnlichen Charaktereigenschaften von Lillia.

Dafür hält die Autorin sich im Hinblick auf die Prophezeiung noch immer stark zurück. Der genaue Wortlaut taucht nirgendwo auf, im Grunde erfährt der Leser nur, wie die verschiedenen Gruppen sie interpretieren. Auch ist immer noch nicht klar, wo Lillia eigentlich herkommt. Défagos besitzt die größten Türme aller Städte, und doch sagt Lillia, ihr Turm sei noch größer!

|Insgesamt|

„Der Herr der Dunkelheit“ ist damit ein gutes Stück komplexer, als es „Die Priesterin der Türme“ war. Nicht nur, dass er mehr Handlungsstränge bietet. Durch die Ausweitung des Konflikts auf mehrere Gruppen mit jeweils eigenen Interessen, die zudem in sich selbst nicht einheitlich sind – der Norden ist gespalten und Nesyns Loyalität hat die ersten feinen Risse bekommen -, entstand ein Netz aus vielfältigen Verflechtungen, das sich jederzeit und in unterschiedliche Richtungen verändern kann. In Anbetracht dieser Entwicklung verspricht der dritte Band ein interessantes und spannendes Finale.

|Die Autorin|

Heide Solveig Göttner studierte Anglistik und arbeitet als Dozentin für Englisch und Deutsch in Freiburg. Außer einem Faible für archäologische Stätten hat sie eine Vorliebe für Inseln, beides hat sich offenbar in ihrer schriftstellerischen Tätigkeit niedergeschlagen. „Die Priesterin der Türme“ war ihr Debütroman, dessen Fortsetzung „Der Herr der Dunkelheit“ erschien im März dieses Jahres. Leider war der Homepage der Autorin keinerlei Hinweis zu entnehmen, wann der dritte Band erscheinen wird. Mit Blick auf den Abstand zwischen dem Erscheinen der ersten beiden Bände darf der Leser sich wohl auf eine Wartezeit von zwölf Monaten einrichten.

http://www.heidesolveig-goettner.com/
http://www.piper-verlag.de/fantasy/

Lynch, Scott – Lügen des Locke Lamora, Die (Locke Lamora 1)

|Locke Lamora / Der Gentleman-Bastard:|

Band 1: _“Die Lügen des Locke Lamora“_
Band 2: [„Sturm über roten Wassern“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5172
Band 3: „Die Republik der Diebe“ (11.10.2011)
Band 4: „The Thorn of Emberlain“ (noch ohne dt. Titel)
BAnd 5: „The Ministry of Necessity“ (noch ohne dt. Titel)
Band 6: „The Mage and the Master Spy“ (noch ohne dt. Titel)
Band 7: „Inherit the Night“ (noch ohne dt. Titel)

„Scott Lynch“ ist keinesfalls der neue Roman des Autoren Locke Lamora – dass es dennoch so erscheint, liegt an der völlig unpassenden Titelbildgestaltung, die leider an ältere |Dungeons & Dragons|-Romane erinnert. Es ist vielmehr umgekehrt: Der 1978 in Minnesota geborene Scott Lynch ist der Autor von „Die Lügen des Locke Lamora“, einem Edelganovenroman im Fantasymilieu. Diese recht seltene Kombination bescherte ihm großen Verkaufserfolg und gute Kritiken in den USA. _Anmerkung:_ Der Heyne-Verlag hat mittlerweile das Erscheinungsbild der Serie zum Besseren verändert, [hier]http://www.jagve.org/jpg/dldll.jpg zum Vergleich das alte Cover, auf das sich die Kritik bezieht.

Mag der Dieb als Charakter auch ein Archetyp der Fantasy sein, so ist er doch meistens eher eine Nebenfigur. Zumindest in den |Forgotten Realms| (Vergessenen Reichen) pflegen die werten Langfinger sich in mächtigen Gilden zusammenzurotten und gewissen Klischees zu huldigen, mit denen Lynch jedoch zu brechen versucht durch ein italienisch angehauchtes Szenario mit britischem Einschlag. Der Stadtstaat Camorr, in dem die Handlung spielt, ist zwar auch die Heimat vieler organisierter Banden (und deutlich an die Camorra und Neapel angelehnt), im Gegensatz zu Calimhafen im |D&D|-Universum jedoch wesentlich detailverliebter dargestellt. Es herrscht ein „Geheimer Friede“ zwischen dem Oberhaupt der Banden, Capa Barsavi, und dem Adel von Camorr. Auch die Gendarmerie ist in diesen eingeweiht. Diebe dürfen mehr oder weniger ungestraft ihr Unwesen treiben, solange die Aristokratie von ihnen verschont bleibt.

Doch der gewitzte Locke Lamora, ein Lehrling von Vater Chains, einem angeblich halbblinden Bettelmönch des Perelandro, hält sich selten an den Frieden. Nicht ganz in Robin-Hood-Manier stiehlt er von den Reichen. Allerdings nicht, um es unter den Armen zu verteilen, die lässt man einfach in Ruhe und genießt selbst das süße Leben, das die reiche Beute den Gentleman-Ganoven ermöglicht. Hier liegt auch der Unterschied zum britischen Edelganoven: Locke und seine Bande sind Waisen und keine bereits reichen Snobs mit Attitüde. Was sie von den übrigen Schlägern und Gaunern Camorrs unterscheidet, sind ein gewisses Schauspieltalent und eine umfassendere Bildung. So kann sich Locke als Edelmann verkleiden und überzeugend als Geschäftsmann auftreten, denn er versteht etwas von Buchhaltung und den Sitten am Hof von Herzog Nicovante und anderen Herrschern.

Die Geschichte beginnt mit der Überstellung Locke Lamoras an Vater Chains, der seine besonderen Talente erkannt hat. Gleichzeitig hat ihn ein gewisser Übermut in eine gefährliche Lage gebracht. Denn Locke hat bereits in seiner Ausbildung beim „Lehrherrn der Diebe“ im „Hügel der Schatten“, der junge Waisen aufsammelt und sie für die Banden Camorrs ausbildet, über die Stränge geschlagen. Er hat sich mit den Ordnungshütern der Stadt angelegt und sie bestohlen, was eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen in Bewegung setzte, die mit dem Brand eines Wirtshauses, Verhaftungen und dem Tod einiger seiner Gefährten endete. Grundsätzlich ist auch er des Todes. Denn Capa Barsavi kann nicht dulden, dass irgendjemand den „Geheimen Frieden“ bricht. Der Lehrherr ist gezwungen, beim Capa um seinen Tod zu bitten und ihn dann auch zu töten, doch Vater Chains fordert den verwegenen Bursche für sich an. Zusammen mit den Zwillingen Calo und Galdo Sanza, Bug, Jean Tannen und Sabetha bildet er sein Team von Gentleman-Ganoven. Locke entwickelt sich zum Kopf der Bande, in der jedes Mitglied seine besonderen Talente hat. Der kurzsichtige aber starke Jean zum Beispiel ist ein gefährlicher Schläger mit aufbrausendem Temperament, aber da er aus bürgerlichem Hause stammt, auch der beste Rechner der Bande, mit der bei weitem schönsten Handschrift.

Scott Lynch erzählt die Ausbildung von Locke Lamora parallel zum ersten Coup Lockes, einem Betrug an Don Salvara, dem gegenüber er sich als ein Bevollmächtigter des Hauses bel Auster, bekannt für seinen weltberühmten Austershalin-Kognak, ausgibt. Doch die Geschichte wird noch komplexer, denn in Camorr tobt ein Bandenkrieg. Der „Graue König“ versucht, Capa Barsavi die Vormachtstellung abzunehmen. Er intrigiert gegen Locke und bringt ihn unter seine Kontrolle. Er soll für ihn mit Capa Barsavi verhandeln. Dank eines Soldmagiers aus Karthain konnte er bisher der geballten Macht der Banden widerstehen, doch nun möchte er ihn sprechen. Locke vermutet zu Recht eine List – er wird als Köder einer raffinierten Falle missbraucht, die ihn fast das Leben kostet. Viele Anhänger Barsavis und Freunde Lockes sterben auf bewusst brutale und grausame Art und Weise, der „Graue König“ ist jedoch damit nicht zufrieden. Er will nicht nur Herr über die Unterwelt Camorrs sein, auch mit dem Adel hat er ein Hühnchen zu rupfen …

Ab diesem Zeitpunkt gewinnt das Buch deutlich an Klasse und Fahrt, denn die ersten 238 Seiten bis zum Beginn des zweiten Buches „Komplikationen“ sind ziemlich langweilig. Lockes Ganovenabenteuer und Genialität werden zu oft gepriesen, ohne dass Lynch einen genialen Coup folgen ließe. Die Rückblenden in die Vergangenheit wirken hier besonders bremsend und störend. Im weiteren Verlauf der Handlung, sobald sie an Komplexität und Witz gewinnt, erzeugt diese Erzähltechnik jedoch durchaus eine gewisse Abwechslung und Steigerung der Spannung. Die Zwischenspiele und Sprünge sind kürzer als zu Beginn, nicht mehr so willkürlich, sondern haben Bezug zur Haupthandlung.

Der Charakter Locke Lamora ist eine bewusste Leerstelle des Autors. Wir erfahren mehr über Vater Chains, Capa Barsavi und Jean Tannen als über Locke selbst und seine unglückliche Liebe Sabetha. Geschickt offenbart Lynch häppchenweise Details. Erst erfahren wir, dass Locke in Sabetha verliebt war, dann, dass sie über einem halben Kontinent geflüchtet ist – warum auch immer. Dann indirekt ihre Haarfarbe, dass sie eine perfekte Verführerin und Schönheit ist … und mehr nicht. Sabetha könnte in weiteren Romanen eine wichtige Rolle spielen. Locke selbst ist ein eher schmächtiger und nicht gerade gutaussehender junger Mann, dem man die Spuren der Unterernährung in der Jugend noch ansieht. Seinen wahren Namen – er heißt weder Locke noch Lamora – flüstert er am Ende des Romans Jean Tannen ins Ohr. Dem Leser bleibt er vorenthalten.

Camorr selbst, der einzige Schauplatz der Handlung, ist eine Hafenstadt, die, wie bereits erwähnt, an Neapel angelehnt ist. Magie spielt weitgehend keine Rolle, stattdessen Gift, List und Tücke. Ein sehr italienisches Szenario, mit einigen britischen Spritzern wie dem Gentleman-Aspekt und den Waisenkinderbanden. Lynch ließ es sich jedoch nicht nehmen, noch eine Hai-Variante des Stierkampfs und gläserne Bauwerke der Eldren, mystischer und ausgestorbener Vorfahren der Menschen, einzubauen. Nebenher erzählt er über weit entfernte Gebiete und zwielichte Organisationen, wie die Soldmagier von Karthain. Diese Welt ist auf Expansion angelegt, und so wundert es nicht, dass Locke am Ende des Buchs gezwungen ist, Camorr auf dem Seeweg zu verlassen. Der nächste Band wird unter dem Titel „Sturm über roten Wassern“ erscheinen.

_Fazit:_

Ganz so originell, wie die vielen Rezensionen und Pressestimmen auf dem Buchrücken behaupten, ist „Die Lügen des Locke Lamora“ sicher nicht. Das Szenario mag einem Amerikaner exotisch vorkommen, einem Europäer dürfte es wesentlich geläufiger sein. Italienisches Mittelalter beziehungsweise frühe Neuzeit treten immer häufiger in der englischsprachigen Fantasy auf, wie bereits in [„Der venezianische Ring“ 1401 von Cherith Baldry. Das soll nicht heißen, „Locke Lamora“ sei ein Langweiler, ganz und gar nicht. Ein sehr verhaltener Start und ein unausgereifter Spannungsbogen sowie starke Qualitätsschwankungen machen den Roman zu einem Wechselbad der Gefühle. Auf wirklich vorzügliche Passagen folgen Kapitel, die an Trivialität und Banalität kaum zu überbieten sind. Der sehr indirekte und vage Stil der Charakterisierung Lockes ist ausgeprägte Geschmackssache, ebenso die Erzählweise mit den vielen Zwischenspielen in der Vergangenheit.

Doch mit viel Witz und Liebe zum Detail macht Scott Lynch einiges wett, und im Genre der Fantasyganoven ist Locke Lamora ohne Zweifel bereits jetzt der unangefochtene Capa. Auf seine weiteren Abenteuer kann man gespannt sein, denn Locke hat sich in diesem Buch mehr Feinde als Freunde geschaffen. Sehr gefährliche Feinde.

|Originaltitel: The Lies of Locke Lamora (Teil 1) – The Gentleman Bastard Sequence Bd. 1
Originalverlag: Gollancz
Aus dem Englischen von Ingrid Herrmann-Nytko
Deutsche Erstausgabe
Paperback, 848 Seiten, 13,5 x 20,6 cm|
http://www.heyne.de
http://www.scottlynch.us

Göttner, Heide Solveig – Priesterin der Türme, Die (Die Insel der Stürme 1)

Amra, die junge Totenpriesterin der Stadt Caláxi, trifft auf ihrem Rückweg von einem Bestattungsritus auf einen Fremden. In den unsicheren Zeiten, in denen sie leben, bedeutet jeder Fremde eine Bedrohung. Amra schickt ihm die Reiter der Stadt hinterher. Doch als diese den Fremden eingekreist haben, stellt sich heraus, dass er ein Kind bei sich hat. Ein Mädchen mit türkisfarbenen Augen – ein verlorenes Kind!

Den Prophezeiungen nach wird ein solches Kind einst den Untergang der Türme heraufbeschwören. Die Bürger Caláxis betrachten das Kind und seinen Begleiter deshalb voller Unbehagen. Auch Corun, erster Reiter der Stadt und ihr oberster Hüter, traut dem Fremden nicht über seine eigene Nasenspitze hinaus. Und das hartnäckige Schweigen des Fremden auf jegliche Fragen trägt auch nicht dazu bei, die Lage zu entspannen.

Als die Hohepriesterin Caláxis schließlich verkündet, das Mädchen müsse getötet werden, nehmen die Ereignisse eine dramatische Wendung …

|Charaktere|

Amra ist ein Querkopf. Seit sie erwachsen ist, scheint all ihr Tun aus Widerstand zu bestehen, selbst wenn ihr das gar nicht unmittelbar bewusst wird. Sie überwirft sich mit ihrer Familie, weil sie lieber ein Leben als Unberührbare führt anstatt als angesehene Priesterin der Quelle zu dienen. Und entgegen aller Überlieferungen und Überzeugungen ihrer Stadt setzt sie ihr Leben ein, um das ungewöhnliche kleine Mädchen zu beschützen. Ihre Entscheidungen trifft sie aus dem Bauch, nicht aus dem Kopf. Und das ist nur gut so, denn ihr ausgeprägtes Einfühlungsvermögen und ihre Intuition gehen tiefer als das Offensichtliche.

Gorun dagegen ist ein Hitzkopf. Schon bevor sein jüngerer Bruder einem grausamen Mord zum Opfer fiel, wusste Gorun, dass die Stadt bedroht ist. Jetzt plagen ihn Schuldgefühle und die Angst, in seiner Aufgabe zu versagen. Dass der Fremde, den seine Reiter aufgegriffen haben, ihm keine Antworten auf seine Fragen gibt, reizt ihn zusätzlich. Kein Wunder also, dass auch bei ihm die letzte Entscheidung nicht vom Verstand, sondern von seinem Gefühl getroffen wird. Dabei mag auch seine Achtung vor Amra beigetragen haben, vor allem aber die Tatsache, dass Goruns Wesen in erster Linie darauf ausgerichtet ist, die Hilflosen zu beschützen, nicht zu töten.

Jemren, der Fremde aus dem Norden, dagegen ist die Selbstbeherrschung in Person. Er gibt keine Antwort, verrät keinerlei Gefühle, vor allem nicht Gorun gegenüber. Sein alleiniges Ziel ist es, das Kind zu schützen. Dabei weiß er gar nicht, warum er sich überhaupt mit dem Mädchen eingelassen hat. Jemren ist auf der anderen Seite der Insel aufgewachsen, wo weder die alten Götter noch die alten Lieder und Legenden von Bedeutung sind und Verschlossenheit zu den höchsten Tugenden gehört. Die Menschen sind in diesem kargen, rauen Teil der Insel so mit dem eigenen Überleben beschäftigt, dass sie für niemanden außerhalb ihrer eigenen Stadt etwas übrighaben, nicht einmal für die anderen Städte ihres eigenen Volkes.

Der Autorin ist es gelungen, jedem von den dreien Tiefe und Glaubwürdigkeit zu verleihen, indem sie – ganz ohne Schwarz-Weiß-Malerei – den Kampf ihrer Protagonisten beschreibt, die jeder für sich eine Kluft aus Vorurteilen, Misstrauen und generationenaltem Hass zu überwinden haben, weil sie aufeinander angewiesen sind, um zu überleben.

|Handlung|

Die Handlung ist in drei Ebenen geteilt, geschildert jeweils aus der Sicht eines der drei Hauptprotagonisten.

Der erste Teil erzählt von den Ereignissen in Canáxi. Dieser erste Teil vermittelt vor allem den Eindruck von Verwirrung. Das liegt zum einen daran, dass aus Amras Sicht erzählt wird. Amras Intuition bezüglich des Mädchens widerspricht den alten Überlieferungen, von deren Wahrheitsgehalt Amra nach wie vor überzeugt ist, außerdem versteht sie nicht, was die Kleine ihr so dringend zu erklären versucht. Zum anderen liegt es an dem Chaos, das die Katastrophe in der Stadt anrichtet. Die Autorin hat hier sehr gut die Stimmung in einer Stadt eingefangen, die auf ihren Untergang zusteuert, den die Einwohner auf der einen Seite nicht wahrhaben wollen, auf der anderen aber krampfhaft abzuwehren versuchen, und das mit Mitteln, die nicht wirken können, da niemand die wahre Ursache erkannt hat.

Nach der Zerstörung Canáxis erzählt der zweite Teil von der Hetzjagd durch die Wüste. Jemren versucht, die Kleine nach Osten zu bringen, weil sie dort unbedingt hinwill. Gorun macht ihm dabei das Leben schwer, nicht nur, weil er ihm nicht traut, sondern auch, weil er das Gelände kennt und davon überzeugt ist, dass es dort keine Rettung gibt. Die Flucht durch die Trockenen Hügel wird zur körperlichen Strapaze und gleichzeitig zum zermürbenden geistigen Duell zwischen den beiden Männern, das nur deshalb nicht in einem bewaffneten Zweikampf endet, weil beide keine Halunken sind. Allerdings resultiert aus den nachlassenden Kräften der Fliehenden auch, dass Jemren sich allmählich seinen Begleitern ein Stück öffnet, und damit letztlich auch wachsendes Verständnis füreinander.

Im letzten Teil raufen sich die beiden Männer zusammen, um ihre kleine Gruppe endlich von ihren Verfolgern zu befreien, was die Nraurn etwas mehr in den Vordergrund rückt.

Die Nraurn sind das zweite Volk, das die Insel bewohnt. Was genau sie sind, erfährt der Leser nicht, und die Beschreibung beschränkt sich auf Hörner, Bärte und Mähnen. Ihre Reittiere sind Naur, eine Mischung aus Ziege und Pferd. Die Nraurn sind in viele Stämme gespalten, und der kriegerischste unter ihnen, die Bahan, versucht, die Nraurn zu einen, was einigen der anderen Stämme gar nicht gefällt. Den Bahan sind sie aber offenbar nicht gewachsen.

Die Bahan wollen aber nicht nur die Nraurn einigen, sie wollen auch die Insel von den Menschen befreien. Die Menschen kamen nach ihnen auf die Insel, und die Nraurn empfinden diese als Eindringlinge und Räuber, von denen sie aus den fruchtbaren Regionen in die Wüste abgedrängt wurden. Um die alleinige Herrschaft über die Insel zurückzuerlangen, sind sie bereit, mit dem dunklen Gott des Todes einen Pakt zu schließen. Er soll die Menschen mit Stumpf und Stiel ausrotten. Doch für diesen Gefallen verlangt der Gott einen Preis. Und dieser Preis ist das Mädchen, das verlorene Kind …

Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass das Mädchen, das lediglich seinen Namen Lillia weiß, mehr ist, als selbst die alten Überlieferungen der südlichen Türme besagen. Es besitzt kein Taú, nichts von der innersten Kraft eines Lebewesens, das seine Seele an seinen Körper bindet. Dafür ist es offenbar ein Gefäß uralter und unermesslicher Kräfte, die es zwar einsetzen kann, von denen es aber gleichzeitig keinen Begriff hat. Lillia weiß nichts über alltägliche Dinge, dafür kennt sie Geheimnisse des Universums, von denen sonst niemand etwas weiß. Sie besitzt ungeheure Macht, spricht und denkt aber trotzdem wie ein Kind, und ist genauso verängstigt und schutzbedürftig. Und sie ist der Schlüssel zum Schicksal der Insel … Diese Erkenntnis erreicht letztlich sogar Gorun.

|Insgesamt|

Ich fand das Buch durchaus gelungen. Es strotzt nicht gerade vor Magie: Von den diversen Göttern ist bisher nur der finstere Totengott Antiles aufgetaucht, und der Umfang von Lillias geheimen Kräften dürfte auch noch nicht im vollen Umfang offenbar geworden sein. Dafür hat sich die Autorin mehr auf ihre Charaktere konzentriert, deren Beziehungen zueinander gleichzeitig die Kultur und einen Teil der Historik dieser Welt widerspiegeln und ein realistisches Bild davon zeichnen, wie schwer es ist, einen jahrhundertealten Riss aus Hass und Verbitterung wieder zu kitten, selbst wenn bei einem Misserfolg der völlige Untergang droht.

Auch die Spannung kam nicht zu kurz, lediglich das Versteckspiel in den Trockenen Hügeln zog sich kurzzeitig ein wenig. Die Szenarien der drei verschiedenen Teile boten jedoch genug Abwechslung, um keine echte Langeweile aufkommen zu lassen.

Insgesamt ein gelungener Auftakt, der von seinen Kontrasten lebt, sei es der Konflikt zwischen Gorun und Jemren oder Lillias seltsam zwiespältiges Wesen. Sowohl der historische Hintergrund als auch die Magie bieten noch viele Ausbaumöglichkeiten. Die Kluft zwischen Nord und Süd, die bisher nur innerhalb einer kleinen Gruppe überwunden wurde, bedeutet eine enorme Herausforderung, und die Königin der Nraurn wird in dieser Zeit sicherlich nicht untätig bleiben.

|Die Autorin|

Heide Solveig Göttner studierte Anglistik und arbeitet als Dozentin für Englisch und Deutsch in Freiburg. Außer einem Faible für archäologische Stätten hat sie eine Vorliebe für Inseln, beides hat sich offenbar in ihrer schriftstellerischen Tätigkeit niedergeschlagen. „Die Priesterin der Türme“ war ihr Debütroman; dessen Fortsetzung „Der Herr der Dunkelheit“ erschien im März dieses Jahres. Band 3, „Die Königin der Quelle“, ist für 2008 angekündigt.

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Abnett, Dan / Lee, Mike – düstere Elf, Der (Warhammer – Darkblades Schlachten 2)

_Story_

Malus Darkblade steht vor der wohl schwersten Prüfung seines Lebens. Besessen von einem finsteren Dämon namens Tz, scheint sein Leben verwirkt, wenn er nicht in Windeseile die fünf Artefakte herbeischafft, die ihn von seiner Seelenlast befreien können. Doch nicht nur der Dämon bedroht ihn; auch seine Geschwister und seine Familie, deren verräterische Intrigen ihn einst erst dazu brachten, den höllischen Pakt einzugehen, sind nie so vertrauenswürdig, wie es sich Malus immer gewünscht hat. In ihm steigt der Hass, kanalisiert durch Gewalt, die jeder zu spüren bekommt, der sich ihm bei der Suche nach den fünf magischen Artefakten in den Weg stellt.

Auf der Suche nach dem zweiten Artefakt reist er mit zweien seiner Brüder ins Piratennest Morhaut. Scheinbar endgültig befreit von den Fesseln seiner feindlich gesinnten Familienmitglieder, drängt Darkblade in den Turm, dessen Besitz ihn bei seinem Bestrebung nach Befreiung von aller Pein einen Schritt weiter bringen soll. Doch der Weg dorthin ist gespickt von gegnerischen Flotten und Armeen. Brettonier säumen den Weg und drohen die Reisenden ein für allemal zu vernichten. Für Malus wird es erneut Zeit, Stärke zu beweisen – was allerdings schwierig ist angesichts der konträren Absichten seiner Mitstreiter …

_Meine Meinung_

Es ist immer sehr schwierig, die Motivation zu finden, nach einem enttäuschenden Auftakt eines Fantasy-Zyklus der entsprechenden Serie treu zu bleiben und dem schwachen Einstieg bei der Fortsetzung noch eine Chance zu geben. Niemand kann einem diesbezüglich Vorurteile übelnehmen, geschweige denn die Befürchtung, noch herber enttäuscht zu werden.

Im Falle der aktuellen „Warhammer“-Serie von Dan Abnett & Mike Lee war es jedenfalls so, dass der erste Band „Der Fluch des Dämons“ fast ausschließlich auf oberflächliche Action aufbaute, jedoch weder den Charakteren noch der Geschichte Freiräume ermöglichte, um allgemein einen Spannungsbogen aufzubauen. Was dies betrifft, ist es den Autoren mit dem zweiten Band dann doch gelungen, halbwegs die Kurve zu bekommen und zumindest die einzelnen Intrigen und Ränkespiele mit etwas mehr Anspruch zu vertiefen.

Zwar ist auch „Der düstere Elf“ bestimmt von blutiger Gewalt, ständigen Kämpfen und vielen üblichen Fantasy-Klischees, doch zumindest bekommt die Handlung nun etwas Farbe und Entwicklungsspielraum, der dazu genutzt wird, die Charakterzeichnungen der Hauptdarsteller etwas ausgeprägter zu gestalten und auch die Hintergrundstory etwas mehr auszuschmücken – wesentliche Elemente, die dem vorangegangenen Roman noch fehlten.

Dennoch ist die Steigerung nun nicht in dem Maße ersichtlich, dass man plötzlich ein echtes Fantasy-Epos in der Hand hielte. Immer noch krankt die Geschichte an vielen Oberflächlichkeiten und der Überstrapazierung gewisser Klischeehandlungen, aber auch ganz massiv an der steten Unglaubwürdigkeit einzelner inhaltlicher Stränge. Darkblade sieht sich teilweise einer derartigen Überzahl an Gegnern ausgesetzt, dass das Ende unvermeidlich scheint. Und dennoch findet er immer wieder einen Ausweg, der selbst für eine Fantasy-Handlung arg suspekt und letztendlich unrealistisch ist.

Gleichermaßen ist die Darstellung seiner Wesenszüge arg bedenklich. Einerseits soll er die kompromisslose, brutale Führungsperson darstellen, die alles und jeden in Grund und Boden stampfen kann, andererseits kommt ihm immer wieder eine Opferrolle zu, da er ja von seiner Familie ständig betrogen und hintergangen wird. Beiden Fraktionen gerecht zu werden, ist im Rahmen der Handlung allerdings kaum möglich und lässt weitere Zweifel an der Authentizität mancher Vorgänge in „Der düstere Elf“ laut werden.

Für „Warhammer“-Starautor Dan Abnett erscheinen all diese Schönheitsfehler recht ungewöhnlich, ja geradezu naiv – vielleicht muss man hier der Mitautorenschaft von Mike Lee Rechnung tragen. Der Autor verrennt sich verdächtig häufig in inhaltlichen Sackgassen, aus denen er nur noch mit überspitzten Szenendarstellungen herauskommt, was den Lesespaß aufgrund des entsprechend mangelnden Spannungsaufbaus gehörig eindämmt. Zwar hat sich das Autorenduo mit „Der düstere Elf“ zumindest ein kleines Stück aus der kritischen Situation befreien können, in die es nach dem ersten Band hineingeraten war, aber eine völlige Rehabilitation ist der zweite Teil von „Darkblades Schlachten“ mitnichten. Dass nun der für Juni angekündigte dritte Band „Räuber der Seelen“ noch Abhilfe schaffen wird, halte ich für fraglich. Große Erwartungen darf man jedenfalls an diesen Zyklus nicht mehr haben.

http://www.piper-verlag.de/

|Ergänzend dazu:|

[„Der Fluch des Dämons“ 3008 (Warhammer – Darkblades Schlachten 1)

[„Botschafter der Schlacht“ 2719 (Warhammer – Sturm des Chaos 1)
[„Die Fänge des Bären“ 2796 (Warhammer – Sturm des Chaos 2)

[„Warhammer – Fantasy-Rollenspiel“ 2444
[„Sigmars Erben“ 2862 (Warhammer Fantasy-RPG)

Finn, Thomas – eisige Schatten, Der (Die Chroniken der Nebelkriege 2)

_Handlung_

Magister Eulertin ist in sein Däumlingsdorf gereist und lässt Kai alleine in Hammaburg zurück. Diesem erscheint die Feenkönigin Berchtis und lädt ihn und seinen Lehrmeister zu einem Treffen aller Magiekundigen in ihr Feenreich ein.

Bevor sich Kai aber auf den Weg machen kann, um Magister Euertin zu berichten, wird er vom Klabauter Koggs Windjammer und der Elfe Fiadora abgeholt, denn er soll sich etwas Merkwürdiges ansehen: ein völlig vereistes Schiff eines befreundeten Seeschlangenjägers. Neben den ganzen toten Seemännern finden sie auch einen noch lebenden Elf namens Gilraen, den irgendetwas mit Fi zu verbinden scheint.

Anschließend machen sie sich in einer von geflügelten Pferden gezogenen Kutsche auf den Weg zu Magister Eulertin ins Däumlingsdorf Sperberlingen. Als die Gruppe nun endlich vollständig ist, brechen die Gefährten ins Feenreich auf, nur um festzustellen dass sie zu spät kommen: Das gesamte Feenreich ist mit Eis überzogen und Berchtis erstarrt. Haben Morgoyas Schergen schon das Festland erreicht?

_Der Autor_

Thomas Finn wurde 1967 in Chicago geboren. Er war Chefredakteur eines großen Phantastik-Magazins sowie Lektor und Dramaturg in einem Drehbuch- und Theaterverlag. Seit vielen Jahren lebt und arbeitet der preisgekrönte Roman-, Drehbuch- und Theaterautor in Hamburg. Bekannt wurde er besonders wegen seiner |Gezeitenwelt|-Romane sowie einige Rollenspiel-Publikationen für die Spiele „Das Schwarze Auge“ sowie „Plüsch, Power und Plunder“ und durch den Zeitreiseroman [„Der Funke des Chronos“. 2239 „Der eisige Schatten“ ist nach „Das unendliche Licht“ der zweite der „Chroniken der Nebelkriege“

_Mein Eindruck_

Selten war ich auf eine Fortsetzung so gespannt wie hier bei den |Chroniken der Nebelkriege|. Nachdem [„Das unendliche Licht“ 2646 (zu Recht) die Leserschaft begeistert hat, durfte man gespannt sein, ob es Thomas Finn gelingt, seine Trilogie mit einem würdigen Mittelteil auszustatten. Allzu häufig leiden ja diese ja unter denen „für einen Mittelband üblichen Schwächen“, welche auch immer das sein sollen. Derlei ist mir bei „Der eisige Schatten“ nicht aufgefallen. Finn zieht seine Linie konsequent durch, indem er alles verwendet, was einem in der Fantasyliteratur bisher so untergekommen ist. War der erste Teil schon vollgestopft mit verschiedensten Wesenheiten wie Elfen, Untoten, Magiern, Däumlingen, Kobolden und Klabautermännern, setzt er jetzt noch einen drauf, denn der zweite Teil wird überdies angereichert mit Zwergen, Drachen, Hexen und vielem mehr, ohne dass man das Gefühl hat, das Buch wäre irgendwie überladen oder aufgesetzt. Es passt einfach alles zusammen.

„Der eisige Schatten“ hat allerdings im Gegensatz zum Vorgänger eine etwas düsterere Grundstimmung, denn den Gefährten um Feuermagier Kai wird von Morgoyas Schergen ein ums andere Mal übel mitgespielt. Am besten trifft hier wohl der Vergleich zu einem anderen sehr bekannten Mittelteil zu: „Das Imperium schlägt zurück“. Wiederum gelingt es Finn, seine große Stärke auszuspielen, denn er entwickelt seine alten Charaktere gekonnt weiter, und die neuen Figuren, die auftauchen, sind durchweg wieder sehr liebenswert und interessant geworden.

Zudem weist der Band eine tolle Mischung aus ruhigen verträumten Teilen und richtig schnellen actionlastigen Szenen auf. So gefällt mir zum Beispiel Kais Aufenthalt in der Däumlingsstadt ausgesprochen gut, denn er stimuliert die Vorstellungskraft des Lesers ungemein und hat einfach irgendetwas Märchenhaftes an sich. Kurz darauf kommt es dann zu einem rasanten und wilden Luftkampf zwischen Drachen und geflügelten Pferden, der den Leser wieder aus seiner verträumten Stimmung reißt. Durch diese schnellen Änderungen wirkt der Roman sehr abwechslungsreich und überaus kurzweilig. Aber auch an düsteren und gruseligen Szenen mangelt es dem Roman nicht, denn beispielsweise die Sequenz im Nachtschattenturm ist sehr atmosphärisch geraten.

Was mir an den Finn’schen Romanen auch besonders gut gefällt, ist, dass verschiedene, scheinbar unwichtige Handlungen immer auch eine Auswirkung haben. Dies bewirkt einen richtigen „Aha-Effekt“, der den Leser direkt an das Buch fesselt, denn er merkt, dass er nichts überlesen darf, denn der Autor hat alles genau durchdacht. Wo bei vielen anderen Literaten irgendwelche Ereignisse als „Füllstoff“ herhalten müssen, um auf eine angemessene Seitenzahl zu kommen, haben solche bei Romanen von Thomas Finn meist eine wichtige Auswirkung für den Rest des Romans. Interessant ist es zudem, wie man sich als Leser durch ein fantastisches Abbild Europas bewegt. Hammaburg, Fryburg und auch die Schwarzen Walde dürfte jeder wiedererkennen, was erheblich zur Identifikation beiträgt.

Dass Finn sich ab und zu bei schon bekannten literarischen Ideen bedient, ob wissentlich oder zufällig, fällt zwar auf, ist aber nicht störend. Viele Motive hat es eben einfach schon einmal gegeben, sei es das Bad im Drachenblut (Nibelungensage) oder der Herrscher, dem von einem Zauber die Sinne vernebelt werden („Herr der Ringe: Die zwei Türme“) oder der junge Drache („Eragon“) – man kennt und mag diese Motive. Dadurch, dass er diese bekannten Dinge aufgreift und mit neuen Aspekten vermischt, erschafft er eine Fantasywelt, die dem Leser seltsam vertraut vorkommt, aber trotzdem noch uneingeschränkt begeistern kann.

Was natürlich auch nicht fehlen darf, sind die jetzt schon absehbaren Auswirkungen auf den Folgeband, wie etwa der Fluch des Nachtmahrs, die jetzt schon darauf hoffen lassen, dass sich Thomas Finn mit der Niederschrift des dritten Bandes beeilt.

Hervorzuheben ist, genauso wie beim Vorgänger, die tolle Aufmachung. Hier hat sich der Verlag wieder richtig Mühe gegeben, denn das Cover ist sehr anspruchsvoll gestaltet, der Roman hochwertig gebunden und die Papierqualität vorbildlich.

_Fazit:_

Ich bin begeistert, wie Thomas Finn es geschafft hat, den Zauber seines ersten Bandes in die Fortsetzung zu retten und auch noch auszubauen. „Der eisige Schatten“ ist eine tolle Weiterführung der |Chroniken der Nebelkriege|. Der Roman ist spannend, manchmal düster und gruselig, immer märchenhaft und enthält eine schöne Portion Action – toll. Man darf auf den dritten Teil gespannt sein.

http://www.ravensburger.de
http://www.thomas-finn.de
[Unser Interview mit Thomas Finn]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=59
[„Das Greifenopfer“ 1849
[„Das Greifenopfer“ 2844 (Hörbuch)

Sara Douglass – letzte Schlacht um Tencendor, Die (Im Zeichen der Sterne 3)

Band 1: [„Die sterblichen Götter Tencendors“ 2653
Band 2: [„Die Wächter der Zeiten“ 2947

Den Dämonen ist es gelungen, ihren Anführer Queteb im Körper von Sternenfreudes Sohn wiederzuerwecken. Aber ihr Triumph ist noch nicht vollkommen, denn Drago/Drachenstern ist es gelungen, alle Wesen Tencendors, die noch nicht dem Wahnsinn verfallen waren, in eine Zuflucht zu führen, welche die Dämonen nicht betreten können.

Doch in Isfrael, dem Sohn von Axis und Faraday und König über das Volk der Awaren, schwärt der Zorn. Er hasst die Zuflucht, die er als unnatürlich empfindet, er hasst Faraday, die ihm die Herrschaft über sein Volk streitig macht, und denkt über nichts anderes nach als darüber, wie er seine Macht zurückgewinnen kann …

Drachenstern sucht indes fieberhaft nach einer Möglichkeit, wie er die Dämonen endgültig besiegen kann. Er weiß, dass jeder der Achariten, die Drachenstern einst aus dem Tod zurückgeholt hat, gegen einen von Quetebs Dämonen antreten muss, während er selbst sich Queteb stellen muss. Aber welche Rolle spielt Katie in diesem Kampf? Und welche Rolle spielt Niah?

In der Tat hat Wolfstern, als er das tote Kind, das Zenit bei ihrem Kampf gegen Niah aus ihrem Körper gezwungen hat, auf dieselbe Weise wiederzuerwecken suchte, wie die Dämonen Queteb wiedererweckten, Queteb eine mächtige Waffe in die Hand gespielt!

Sternenfreude ist nicht unbedingt glücklich über die neueste Entwicklung. Seit Queteb wieder einen eigenen Körper hat, lässt die Behandlung durch die Dämonen jegliche Ererbietung vermissen, auf die Sternenfreude Anspruch zu haben glaubt. Als Queteb ihr auch noch verächtlich erklärt, ihr Sohn habe sie gehasst, beschließt sie, die Seiten zu wechseln.

Ich muss gestehen, dass es mich – obwohl ich Sara Douglass‘ Bücher sehr schätze – diesmal Überwindung gekostet hat, das Buch anzufangen, denn ich wusste vorab zwei Dinge: Isfrael wird zum Verräter. Nun, das war mir bereits im zweiten Band klar. Und Tencendor wird untergehen. Eine ziemlich deprimierende Aussicht. Ich hätte es besser wissen sollen.

Isfrael entwickelt sich tatsächlich entsprechend meinen Befürchtungen. Im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass er nicht nur einmal zum Verräter wird, sondern letzten Endes bereit ist, alles und jeden zu verraten, um sein eigenes jämmerliches Leben zu retten. Gleichzeitig ist er tatsächlich dumm genug, sich auf die Versprechungen von Dämonen zu verlassen. Ich konnte wirklich nur den Kopf schütteln! Und ehrlich gesagt: Die weitere Entwicklung hätte ich ihm zwar nicht gewünscht, aber leid tat er mir auch nicht.

Dafür kommt Axis allmählich zu Verstand, sodass an zwischen“menschlichen“ Beziehungen nur noch die Wirrungen zwischen Zenit, Sternenströmer und Wolfstern übrig bleiben. Die bleiben dafür wirr bis zum Ende und darüber hinaus, denn die Autorin liefert keine echte Erklärung für Zenits seltsames Verhalten.

Die Charakterzeichnung wird also, nachdem Isfraels Eskapaden durchgestanden sind, wesentlich erträglicher als bisher. Das ist auch nötig, denn immerhin geht es diesmal sozusagen um die Wurst. Die Handlung rückt in den Vordergrund und lässt nicht mehr so viel Platz für dramatische Seelenzustände. Einzige Ausnahme ist Faraday, doch dazu später noch mehr.

Isfraels Verrat hat die Weichen für die Ausgangsposition der Zweikämpfe gestellt. Zwar ging die Zuflucht verloren, doch mit Hilfe der Urmutter und Eisbärin Urbeth ist es gelungen, sie vorher vollständig zu räumen. Axis und Zared reiten mit Zareds Heer an der Spitze des Konvois, töten jedes der wahnsinnigen Geschöpfe, die dem Hauch der Dämonen nicht entkommen konnten, und schwächen damit Quetebs Macht. Doch besiegen können sie ihn auf diese Weise nicht, ebenso wie Queteb die Kolonne nicht einfach angreifen und vernichten kann. Ein unsicheres Patt.

Die Zweikämpfe selbst waren ungewöhnlich. Nicht nur, dass es keinerlei Schwertergeklirr und Blutgespritze gab – dafür hat die Autorin generell eher wenig übrig -, es waren auch keine typischen magischen Duelle mit Knall, Rauch und Gestank. Wie so oft ist es Sara Douglass auch diesmal gelungen, mit unerwarteten, originellen Ideen aufzuwarten. Dasselbe gilt für den ungewöhnlichen Schutz, der die Kolonne flankiert, während sie Axis durch Tencendor folgt, oder für Ur, die Mutter der Bäume, und ihren Tontopf.

Nicht nur, dass diese Ideen frischen Wind in die Geschichte brachten, sie dienten außerdem als Spannungsregler. Der dritte Band des Sternenzyklus hat einen Spannungsbogen wie eine Achterbahn. Der Leser sieht den Abgrund auf sich zukommen und weiß genau, dass der Sturz unvermeidlich ist, wird dann mittendrin abgefangen, wieder ein Stück hochgetragen, nur um gleich darauf noch einmal abzustürzen und wieder emporgetragen zu werden. Beim ersten Zweikampf wird noch genau festgestellt, zu welchen Bedingungen der Kampf als gewonnen gilt. Bei den übrigen fehlt diese Feststellung, und während man beim zweiten trotzdem noch genau weiß, wer gewonnen hat, ist man sich beim dritten schon nicht mehr so sicher. Beim vierten Zweikampf, dem Duell zwischen Scheol und Faraday, ist sich der Leser nicht einmal mehr sicher, worin eigentlich das Duell besteht. Niemand verliert ein Wort darüber, und letztlich scheint Faraday mehr gegen sich selbst und ihre Erinnerungen zu kämpfen als gegen Scheol.

Letztlich stellte sich also heraus, dass dieser dritte Band nicht so zermürbend war, wie ich befürchtet hatte, im Gegenteil. Der Ärger über Personen wie Isfrael oder Axis hielt sich in Grenzen und das Ende war auch weit weniger deprimierend als erwartet. Die Handlung hielt stets die Balance zwischen Erfolg und Misserfolg, steigender Bedrohung stand immer ein gelöstes Problem oder eine neu gewonnene Fähigkeit oder Einsicht gegenüber. Und es gab genug neue Ideen und unerwartete Wendungen, um dem Buch eigenes Leben zu verleihen.

Trotzdem muss ich sagen, dass mir der Weltenbaumzyklus besser gefallen hat. Nicht allein, weil die Grundstimmung des Sternenzyklus weit düsterer ist, das ließ sich kaum vermeiden. Für die Spannungskurve war eine Bedrohung notwendig, und die musste – um den Eindruck von Wiederholung zu vermeiden – notwendigerweise die aus dem Weltenbaumzyklus übertreffen. Daraus ergab sich unausweichlich ein Szenario, das besonders in der Fantasy immer wieder auftaucht: der universelle Kampf zwischen Gut und Böse, der sich über Äonen durch die Welten bewegt, bis er sich irgendwann an irgendeinem Punkt zur schicksalhaften Entscheidung trifft. Da dieser absolute Endkampf nicht noch weiter getoppt werden kann, war es wohl eine kluge Entscheidung der Autorin, Tencendor untergehen zu lassen.

Es lag auch nicht daran, dass ich mich hier nicht nur über Axis, sondern auch noch über Isfrael ärgern musste. Es ist vor allem so, dass das Flair beider Zyklen ziemlich unterschiedlich ist. Die Atmosphäre des Weltenbaumzyklus ist viel magischer, sei es nun im Hinblick auf Dinge wie das Regenbogenzepter, die Schale der Mutter oder Bornhelds Ring, oder auf Tätigkeiten wie Axis Gesang. Im Sternenzyklus dagegen ist Tencendor vom Sternentanz abgeschnitten, und die einzige Magie – außer der Zerstörungsmacht der Dämonen – ist die der Achariten, die um einiges prosaischer auf Gefühlen und Entscheidungen beruht. Der Sternenzyklus wirkt dadurch schlichter und unserem Alltag wesentlich näher als sein schillernder und geheimnisvoller Vorgänger, auch wenn seine Grundaussage – nämlich dass man das Böse nicht mit seinen eigenen Waffen schlagen kann, ohne selbst böse zu werden – eine unbestreitbare Wahrheit wiedergibt.

Im Übrigen konnte die Autorin sich trotz Tencendors Untergang offenbar ein Hintertürchen nicht verkneifen. Sternenströmer ist in Koroleas gelandet, und auch Drachenstern und Faraday sind offensichtlich noch nicht zur Ruhe gekommen. Tatsächlich greift die neueste Arbeit der Autorin Personen aus den beiden Zyklen wieder auf. Bemerkenswert dabei ist allerdings die erklärte Absicht, auch ihre anderen Werke mit einfließen zu lassen, wie zum Beispiel Escator und König Maximilian („Der Herr des Traumreichs“) oder Asdod („Die Glaszauberin“/“Der Steinwandler“). Ich bin gespannt, wie ihr das gelungen ist.

Sara Douglass arbeitete zuerst als Krankenschwester, bevor sie ein Studium in historischen Wissenschaften begann. Sie promovierte und arbeitete in den folgenden Jahren als Dozentin für mittelalterliche Geschichte. Das Schreiben fing sie nebenbei an, als Ausgleich zum Stress. Nach dem Erfolg ihres |Weltenbaum|-Zyklus stieg sie aus ihrem Beruf aus und konzentrierte sich aufs Schreiben und ihren Garten. Sie lebt in einem Cottage in Bendigo, Australien. Außer dem |Weltenbaumzyklus| und „Tresholder“ schrieb sie diverse Romane und Kurzgeschichten. „The Serpent Bride“, der erste Band des neuen Zyklus |Darkglass Mountain|, erscheint im Mai.

My Сreative


http://www.piper.de/

_Sara Douglass bei |Buchwurm.info|:_
[Die Sternenbraut 577 (Unter dem Weltenbaum 1)
[Sternenströmers Lied 580 (Unter dem Weltenbaum 2)
[Tanz der Sterne 585 (Unter dem Weltenbaum 3)
[Der Sternenhüter 590 (Unter dem Weltenbaum 4)
[Das Vermächtnis der Sternenbraut 599 (Unter dem Weltenbaum 5)
[Die Göttin des Sternentanzes 604 (Unter dem Weltenbaum 6)
[Der Herr des Traumreichs 1037
[Die Glaszauberin 1811 (Die Macht der Pyramide 1)
[Der Steinwandler 2639 (Die Macht der Pyramide 2)
[Die sterblichen Götter Tencendors 2653 (Im Zeichen der Sterne 1)
[Die Wächter der Zeiten 2947 (Im Zeichen der Sterne 2)

Herbert, Mary H. – dunkle Zauberin, Die (Gabria / Dark Horse 4)

Anwin hat durch eine Krankheit ihr Augenlicht verloren, und nicht einmal ihre Mutter Kelene, die eine Magierin und mächtige Heilerin ist, konnte etwas dagegen tun. Anwins Tatkraft konnte dieser Verlust allerdings nicht bremsen. Als Kelene von ihrer Mutter Gabria die Botschaft erhält, dass ihr Bruder erkrankt sei, setzt Anwin durch, dass sie ihre Eltern zum Khulinin-Treld begleiten darf.

Allerdings hat sie ihrer Mutter nicht gesagt, dass eine geheimnisvolle Stimme sie dazu aufgefordert hat, die ganz sicher von keinem Menschen und auch von keinem Hunuli, einem der besonderen Pferde der Magier, stammte. Nur ihrem Vetter Jamarh vertraut sie sich an, der prompt darauf besteht, ihr zu helfen.

So kommt es, dass die Kinder sich bei Nacht und Nebel davonschleichen, um mit einer Höhlenbärin eine schwierige Aufgabe zu erfüllen, während ihre Eltern sich mit den Eidbrechern herumschlagen, jenen zu Assassinen ausgebildeten Anhängern der dunklen Göttin Krath, die sich seit Jahrhunderten in ihrer Festung verschanzt haben.

Deren neue hohe Priesterin Uthara will Valorians Kinder auslöschen und einen neuen Magierzirkel errichten, der nicht mehr der Göttin Amara, sondern Krath dienen soll. Entgegen der Traditionen der Eidbrecher hat sie sich mit Magie befasst und nebenbei ein heimtückisches Gift entwickelt. Eines, mit dem unter anderem Kelenes Bruder vergiftet wurde …

|Charakterzeichnung|

Anwin ist ein besonderes Kind. Der Verlust ihres Augenlichtes hat sie gezwungen, ihre übrigen Sinne mehr als üblich zu schulen. Sie hat ein ausgezeichetes Gehör und einen guten Geruchsinn, und obwohl sie bisher nicht in Dingen der Magie unterrichtet wurde, kennt sie sich gut mit Kräutern und Pflanzen aus. Außerdem ist sie sehr musikalisch. Seine Blindheit hat das Mädchen einen beachtlichen Teil seiner Selbstständigkeit gekostet, was unter anderem daran liegt, dass seine Mutter es – zumindest ihrer Ansicht nach – zu sehr behütet. Der daraus resultierende Trotz, aber auch ihr Streik als Reaktion auf das Verhalten der Höhlenbärin sind durchaus treffend für einen kindlichen Charakter. Ihr Durchhaltevermögen erschien mir allerdings für eine Achtjärige, die in der Stadt aufgewachsen ist, ein wenig arg hoch. Das gilt in etwas verminderter Form auch für ihren Jamarh, der zwar etwas abgehärteter sein dürfte, von dem ich aber dennoch zumindest so etwas wie eine Erkältung erwartet hätte.

Über Uthara dagegen gibt es nicht viel zu sagen, da sie einem gängigen Typus der Fantasy entspricht: eine Magierin, die ihren eigenen Ehrgeiz für den ihrer Göttin hält und deshalb in deren Namen absoluten Gehorsam fordert, und die skrupellos genug ist, dem Ehrgeiz uneingeschränkt alles zu opfern. Mit wachsendem Erfolg wird sie immer selbstherrlicher, bis sie schließlich im Größenwahn endet. Eine eigene Persönlichkeit aber besitzt sie nicht. Kein Wort wird über ihre Vergangenheit verloren, kein Wort darüber, was sie zu der Überzeugung brachte, Krath spreche zu ihr, oder darüber, woher ihr krankhafter Ehrgeiz gekommen sein könnte.

Elliana und Telerund, die einzigen anderen neuen Charaktere, sind noch weniger deutlich gezeichnet. Da sie eher Nebenrollen spielen, erfährt man von ihnen nur, was für das Verständnis der Geschichte als solcher erforderlich ist. Ihre Gefühle und Gedanken werden zwar festgestellt, es fehlt ihnen aber an Intensität.

Mit anderen Worten, die Charakterzeichnung ließ zu wünschen übrig. Zumal die Autorin bereits bewiesen hat, dass sie so etwas besser kann.

|Handlung|

Auch die Handlung fiel um einiges simpler aus als in den Vorgängerbänden. Der Plot entwickelt sich erstaunlich schnell. Der Aufbruch der Krieger zur Zitadelle der Eidbrecher erfolgt fast zeitgleich mit dem der Kinder. Beide Gruppen werden verfolgt und des Öfteren angegriffen, die Lage verschlechtert sich zusehends. Echte Spannung kommt aber erst auf, als Uthara den Zweck von Anwins Reise herausfindet. Da sind schon fast zu drei Viertel des Buches gelesen.

|Gesamteindruck|

Kein Wunder also, dass „Die dunkle Zauberin“ ein gutes Stück schlanker ist als die ersten beiden Bände. Offenbar hatte die Autorin nicht mehr genug Elan, um in Anwin ebenso viel Sorgfalt und Komplexität zu investieren wie in Gabria und Kelene. Selbst „Valorians Kinder“, das als Prequel und aufgrund seiner besonderen Form (Gabria erzählt diese Geschichte als Legende) ein wenig aus der Reihe fällt, hatte trotz geringerer Seitenzahl wahrscheinlich mehr Inhalt, denn „Die dunkle Zauberin“ ist größer gedruckt.

Ich fand das sehr schade. Nicht, dass das Buch langweilig oder schlecht wäre. Es wirkte nur auf mich, als hätte die Autorin versucht, die Sache so schnell wie möglich abzuhandeln. Hätte sie sich etwas mehr Zeit genommen, wäre das Buch womöglich etwas dicker ausgefallen, vielleicht mit etwas tiefer gehender Charakterzeichnung, vor allem im Hinblick auf Uthara, oder mit ein paar mehr Verwicklungen und Hindernissen, die den Handlungsverlauf etwas weniger geradlinig gestaltet hätten. Platz hätte sie auf jeden Fall noch genug dafür gehabt.

Womöglich kommt auch nochmal was nach. Der Schluss des Buches ließe das zu. Dann hätte der Verlag allerdings besser daran getan, diesen Band auch noch abzuwarten. [„Die letzte Zauberin“ 61 und „Die Tochter der Zauberin“ waren ja auch sozusagen Doppelbände, in denen jeweils zwei der englischen Originale zusammengefasst waren.

So, wie er jetzt ist, würde ich den Band eher in der Jugendbuchkategorie ansiedeln. Das wäre für sich genommen kein Nachteil, in diesem speziellen Fall passt es aber nicht zu dem, was die Leserschaft von der Autorin bisher gewohnt war. Im Vergleich zu den Vorgängern war dieser vierte Band eher eine Enttäuschung. Keine große, aber eine kleine.

„Die dunkle Zauberin“ ist ein echter Nachzügler. Die deutsche Erstausgabe von „Valorians Kinder“ erschien bereits vor fast drei Jahren. Außer dem Zyklus um Gabria und ihre Familie hat Mary H. Herbert Romane der |Drachenlanze| geschrieben sowie an diversen Anthologien mitgearbeitet. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Georgia.

|Originaltitel: Dark Goddess
Aus dem Amerikanischen von Michael Siefener
Paperback, 416 Seiten|
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Lukianenko, Sergej – Wächter der Ewigkeit

Band 1: [„Wächter der Nacht“ 1766
Band 2: [„Wächter des Tages“ 2390
Band 3: [„Wächter des Zwielichts“ 2910

_Was lange währt, wird endlich gut?!_

Wahrscheinlich wurde schon lange kein Buch mehr so sehnsüchtig erwartet wie Sergej Lukianenkos fulminanter Abschluss seiner beliebten Wächter-Reihe. Endlich ist es nun so weit, die „Wächter der Ewigkeit“ sind erschienen und bilden das Ende einer Fantasyreihe, wie sie erfolgreicher kaum sein könnte.

Und eines steht fest: Sergej Lukianenko hat sich seine Lorbeeren vollkommen zu Recht verdient; seine Figuren sind glaubwürdig, aber doch zwiegespalten, seine Geschichte ist packend, verschlungen und regt immer wieder zu eigenen Spekulationen an, denn oft genug durchschaut man die Gedanken hinter einer Handlung nicht, vor allem aber ist die Welt, die Lukianenko erfunden hat, düster, geheimnisvoll und absolut anziehend. Welcher Fantasyfan könnte sich dieser gelungenen Mischung schon entziehen?

Ich konnte es nicht und habe jede Leseminute genossen, auch wenn ich nicht immer vollkommen einverstanden war mit den Wendungen, die Lukianenko eingebaut hat. Doch nun ist es vorbei, das letzte Buch gelesen und die Geschichte hat für mich und alle anderen Lukianenko-Anhänger nun ihr Ende gefunden; doch ob es auch zufrieden stellend war, das schauen wir uns nun genauer an.

_Die Reise beginnt_

Die Geschichte nimmt dieses Mal ihren Beginn in Edinburgh zur Zeit des Festivals, als Viktor mit seiner Freundin Valerija dort Urlaub macht. Die beiden stammen aus Russland, und bei Viktors Vater handelt es sich nicht nur um einen bekannten Politiker, sondern auch um einen nicht-initiierten Anderen.

Als die beiden ein Gruselkabinett aufsuchen, ahnen sie noch nicht, dass nur einer von ihnen dieses lebend verlassen wird, denn auf dem Blutfluss wird Viktor plötzlich auffallend schweigsam – jedoch nicht, weil er seiner Freundin nichts mehr zu sagen hat, sondern weil jemand ihm seine Vampirzähne in den Hals geschlagen und ihn ausbluten gelassen hat. Diese merkwürdige Tat ruft folglich nicht nur die örtliche Polizei auf den Plan, sondern auch die schottische Wache und Geser, der Anton nach Schottland schickt, um dort auf eigene Faust zu ermitteln.

In Edinburgh angekommen, kommt Anton in einem merkwürdigen Hotel eines alteingesessenen Vampirs unter, wo er das lichte Zimmer beziehen darf, das komplett in Weiß, Beige und Rosa eingerichtet ist. Bei seiner Befragung findet Anton heraus, dass der Vampir nichts davon weiß, dass einer seiner „Artgenossen“ für die Tat im Gruselkabinett verantwortlich ist, also begibt sich Anton selbst dorthin und macht die Bekanntschaft eines verkleideten Angestellten, der die inzwischen geschlossene Einrichtung bewacht. Doch auch dieser kann Anton bei seinen Nachforschungen nicht behilflich sein.

Als Anton allerdings recht bald zu einem weiteren Mord ins Gruselkabinett gerufen wird, erfährt er auf unsanfte Art und Weise, dass der Angestellte vermutlich der Mörder gewesen ist, da er den diensthabenden Angestellten tot vorfindet und er sich eingestehen muss, dass es nicht derjenige ist, den er zuvor befragt hatte. Dennoch kann Anton eine wichtige Entdeckung machen, denn an Viktors Tod war kein blutdurstiger Vampir schuld, denn Viktors komplettes Blut befindet sich noch im Blutfluss, der sich diesen Namen nun zu Recht verdient hat. Was ist hier wirklich vorgefallen?

Bevor Anton sich zurück nach Russland begeben kann, macht er noch die unbequeme Bekanntschaft mit einem Roboter, der auf Anton schießt und ihn fast besiegt hätte, wäre ihm nicht ein Tiermensch zu Hilfe geeilt. Außerdem erfährt er, warum der Chef der schottischen Wache der Besitzer des Gruselkabinetts ist und was sich in den Schichten des Zwielichts unter der gruseligen Einrichtung verbirgt, denn dort hat der große Zauberer Merlin – der einzige Nullmagier, den es bislang gegeben hat – ein wichtiges Artefakt versteckt, das sich in der siebten und letzten Schicht des Zwielichts verbirgt.

Auf dieses nun machen drei Andere gemeinsam Jagd, wie Anton vom Chef der schottischen Wache erfahren muss. Wer ist es nur, der das Geheimnis von Merlins größtem Zauber aufdecken will? Um das herauszufinden, muss Anton weiterreisen nach Usbekistan, um einen alten Bekannten Gesers aufzufinden, der dort vor zig Jahren untergetaucht ist. Aber auch in Usbekistan erwarten mächtige Gegner den lichten Magier und machen ihm das Leben mehr als schwer, doch nach und nach kommt Anton seinen drei starken Widersachern auf die Spur, die für ihn keine Unbekannten sind.

_Darf ich vorstellen – Merlin!_

Wieder einmal öffnet Sergej Lukianenko zu Beginn seines nächsten Wächterromans eine ganz neue Schublade. Uns erwartet hier ein neuer grausamer Mord, den es aufzuklären gilt und der uns ganz am Ende das Geheimnis des Zwielichts offenbaren wird. Denn dieses Mal werden wir uns bis hinab in die siebte Schicht des Zwielichts begeben, wo eigentlich nur ein Nullmagier hingelangen kann, also ein Anderer, der sämtliche Kraft von den Menschen abzieht. Nach Merlin kann dies nur Antons Tochter schaffen, denn sie ist die nächste Nullmagierin, sodass auch sie hier erstmals ihren Auftritt als große Andere haben wird.

Doch bevor es so weit kommt, reist Anton über den Globus und sucht geheimnisvolle Orte auf, die einen ganz eigenen Zauber haben. Wir begeben uns in das schöne Edinburgh, das im Zwielicht allerdings einiges zu verbergen hat. Denn hier hat der große Merlin gewirkt, der einst ein Lichter war, dann aber zum Dunkel übergetreten ist. Wir lernen also einen prominenten Magier kennen, den nicht erst Sergej Lukianenko für seine Geschichte erfunden hat, und ich muss ehrlich gestehen, dass Lukianenko es nicht nötig gehabt hätte, auf einen so bekannten Namen zurückzugreifen, denn bislang ist er auch mit seinen eigenen Ideen auskommen, und das ganz hervorragend. Glücklicherweise fügt Lukianenko seiner Erzählung genügend eigene Komponenten hinzu, sodass das Auftauchen Merlins nicht allzu störend auffällt.

_Geheimnisvolle Charaktere und Welten_

Die Geschichte seines vierten Wächterromans könnte kaum mysteriöser sein. Was ist nur im schottischen Gruselkabinett vorgefallen, als der junge Viktor brutal sterben musste? Schnell findet Anton heraus, dass Viktor offensichtlich im Spiegellabyrinth jemanden gesehen hat, den er kannte, der aber nicht entdeckt werden wollte. Dieser kleine Moment ist es, der Viktor sein Leben kostet, doch wen hat er wiedererkannt? Welcher Vampir war inkognito in Edinburgh und wollte unter keinen Umständen gefunden werden?

Nach und nach fügen sich die Einzelteile zu einem Ganzen zusammen und wir kommen den drei großen Zauberern auf die Spur, die sich gemeinsam auf die Jagd nach Merlins Geheimnis gemacht haben und dabei auch über Leichen gehen. In Edinburgh setzen sie einen Kampfroboter auf Anton an, aber auch in Usbekistan haben sie sich eine besondere Überraschung ausgedacht, denn dort nutzen sie die Menschen für ihre Zwecke aus und machen aus ihnen eine tödliche Waffe, wie Anton unsanft erkennen muss.

Ein besonderes Vergnügen ist wieder einmal die Figurenzeichnung, und es macht wirklich deutlich mehr Spaß, Anton jetzt auf seinen Reisen zu begleiten, wo er zu einem Anderen außerhalb jeder Kategorie geworden ist, denn dieser Aufstieg macht ihn spürbar zufriedener – ihm gelingen inzwischen viele Dinge, für die er vorher nicht mächtig genug war. So kann er sich auch einen angesehenen Vampir vorknüpfen und ihn mit Magie ausfragen, wo dieser ihm vorher überlegen gewesen wäre. Auch das Eintauchen in die tieferen Schichten des Zwielichts ist kein Problem mehr, sodass wir dort viel Zeit verbringen.

Aber auch die anderen Charaktere offenbaren wieder viel Potenzial und vor allem eine zwiegespaltene Persönlichkeit. Natürlich sind wir es bereits gewöhnt, dass viele Figuren kein ehrliches Spiel treiben, aber trotzdem schafft Lukianenko es erneut, uns zu überraschen und an der Nase herumzuführen. So begegnen wir eigentlich jeder auftauchenden Figur zunächst mit Misstrauen, doch wenn wir ihr angefangen haben zu vertrauen, zeigt sie plötzlich ihr wahres Gesicht und wir müssen eingestehen, dass Lukianenko wieder zu schlau für uns gewesen ist.

Einziges Manko ist die Tatsache, dass die mächtige Swetlana zu einer einfachen Hausfrau und Mutter mutiert ist, die sich damit zufrieden gibt, ab und an die Wahrscheinlichkeitslinien in Antons Zukunft zu lesen, die aber aktiv gar keine Rolle mehr spielt. Hier verspielt Lukianenko meiner Meinung nach einiges Potenzial, da er in den vergangenen Romanen viel Arbeit darauf verwendet hatte, Swetlana zu einer interessanten und sympathischen Figur auszubauen. Auch Jegor, einen weiteren nicht-initiierten Anderen treffen wir wieder, aber auch er hat mit dem eigentlichen Geschehen nichts zu tun, und das, obwohl wir seit „Wächter der Nacht“ darauf warten, dass er seinen großen Auftritt haben wird.

_Das war’s_

Nach nur 446 Seiten heißt es, das Buch zuzuklappen, und zwar ohne die Bemerkung, dass man im nächsten Wächterroman weiterlesen könnte. Das war wohl die erste Enttäuschung beim vorsichtigen Nach-vorne-blinzeln, bei dem ich feststellen wollte, ob es nicht vielleicht doch einen fünften Roman geben wird. Doch diese Hoffnung löst sich zunächst in Luft auf.

So blicken wir also zurück auf insgesamt vier Romane, in der uns Sergej Lukianenko seine Welt der Anderen und des Zwielichts präsentiert hat, und es ist wahrlich eine fantastische Welt, in die man äußert gerne eingetaucht ist. Aber am Ende kommt man doch nicht umhin, auch ein wenig Enttäuschung zu zeigen, denn hat Lukianenko uns eigentlich alle offenen Fragen beantwortet? Zugegeben, er hat uns den Unterschied zwischen Menschen und Anderen erklärt, er offenbart uns das Geheimnis des Zwielichts, aber was mich unter anderem brennend interessiert hätte, wäre eine nähere Beleuchtung der beiden großen russischen Chefs Geser und Sebulon gewesen, die beide in den Geschichten zuvor immer wieder ein undurchsichtiges Spiel getrieben hatten und meist keiner Seite so recht zuzuordnen waren. Denn bei Lukianenko ist Licht nicht gleich Gut und Dunkel nicht gleich Böse, doch wie diese Verwaschung der Grenzen zustande gekommen ist, was Sebulons und Gesers Intentionen hinter ihren Taten waren, das erfahren wir leider nicht.

_Abschied vom Zwielicht_

Insgesamt bleibt ein wenig Enttäuschung zurück angesichts vieler ungeklärter Fragen und einiger offener Handlungsstränge, die Lukianenko nicht zu Ende geführt hat. Erst auf den allerletzten Seiten präsentiert er uns im Schnelldurchgang seine Idee des Zwielichts, und wir erfahren, was es mit der siebten Schicht auf sich hat; doch alles wirkt etwas undurchsichtig und meiner Meinung nach auch weichgespült.

Lukianenko bastelt sich hier ein Happyend, das viel Spannung verpuffen lässt und nicht gerade zur Zufriedenheit des Lesers beiträgt. Keine Frage, auch „Wächter der Ewigkeit“ ist ein packender Roman mit gelungenem Spannungsbogen, der mit einigen lustigen Szenen, interessanten Figuren und spannenden Machtkämpfen aufwarten kann, doch als Abschluss einer genialen Fantasyreihe fehlen doch einige Erklärungen, die den Leser wirklich entspannt zurücklehnen lassen könnten. Für mich war „Wächter des Zwielichts“, also der dritte Teil der Wächterreihe, der deutlich stärkere Roman, sodass ich doch ein wenig enttäuscht bin, aber vielleicht beglückt uns Lukianenko ja irgendwann mit einer weiteren spannenden Fantasyreihe – wünschenswert wäre es.

http://www.heyne.de
http://lukianenko.ru/eng/

Evelyne Okonnek – Die Tochter der Schlange

Die Hohlbein-Preisträgerin 2006 – Evelyne Okonnek

Wolfgang Hohlbein, einer der bekanntesten Jugendbuchautoren des deutschsprachigen Raums, wurde 1982 durch einen vom Verlag |Carl Ueberreuter| ausgeschriebenen Preis entdeckt. Um weitere Talente zu fördern, schreibt der Verlag nun seit 1995 den |Wolfgang-Hohlbein-Preis| aus. Die letzte Ausschreibung gewann Evelyne Okonnek mit ihrem Fantasy-Debüt „Die Tochter der Schlange“.

Die Preisverleihung fand am 18. März 2006 in Anwesenheit von Wolfgang und Heike Hohlbein auf der Leipziger Buchmesse statt.

Zum Inhalt des Buches

Evelyne Okonnek – Die Tochter der Schlange weiterlesen

Caluka, Erin D. – Earth Universe: 2140 – Der letzte Krieg (Band 1)

_Story_

Die Erde im Jahr 2140: Die Eurasische Dynastie (ED) und die United Civilized States (UCS) stehen sich in einer erbitterten Schlacht gegenüber. Mit hoch technisierter Kriegsmaschinerie und Cyborg-Armeen erobern sie die letzten neutralen Territorien und streiten um die wenigen Rohstoffe, die auf dieser Welt noch vorhanden sind. Vor allem das wertvolle Uran löst einige brutale Konflikte aus und heizt die Spekulationen um einen bevorstehenden Atomkrieg weiter an.

Der junge Wissenschaftler Ben Hagvenn bekommt von diesen Aktivitäten nur am Rande etwas mit; vor genau zwölf Jahren hat man ihn in einem Evakuierungskommando auf eine Mondbasis gebracht und währenddessen seine Eltern gefangen genommen. Seitdem hat Ben nie wieder Frieden mit sich und den Mächten der Welt schließen können; er verabscheut die Politik und hofft lediglich, eines Tages wieder zu seiner Familie zurückzukehren. Als sich schließlich die Chance bietet, wieder auf der Erde zu arbeiten, nimmt er dankend an, geht jedoch entgegen den Abmachungen seinen eigenen Weg.

Angetrieben vom unbändigen Willen, seine verschollene Schwester zu finden, schlägt er sich durch das weltweite Kampfgetümmel und wird Zeuge der erbitterten Rivalität zwischen den eurasischen Kräften des Khans mit seiner Militärstrategin Suzan Mercowa und den Diplomaten des UCS, angeführt von ihrem erst 15-jährigen Präsidenten Chuck und dem Superhirn Mastercom. Als er schließlich selber zum Spielball der beiden verfeindeten Fronten wird und zur letzten Hoffnung für den Frieden avanciert, wird ihm erst bewusst, wie ernst die Lage um die schon fast komplett zerstörte Erde ist. Und dennoch verfolgt er konsequent sein Ziel – bis zum bitteren Ende.

_Meine Meinung_

Mittlerweile bin ich Romanadaptionen von erfolgreichen Computerspielen gegenüber sehr skeptisch eingestellt, schließlich war die Zahl der Enttäuschungen in diesem Genre zuletzt ziemlich groß. Überraschenderweise konnte mich dann aber der erste Band zu „Earth Universe“ komplett vom Gegenteil überzeugen, denn die eiskalte Science-Fiction-Story, die hier in relativ kompakter Form aufgerollt wird, hat’s wirklich in sich.

Autorin Erin D. Caluka hat hier ein atmosphärisch sehr dichtes, allerdings auch sehr beängstigendes Werk erschaffen, dessen apokalyptischer Tenor sich auf mitreißende Art und Weise durch die abwechslungsreiche Story zieht. Bereits in den ersten Zeilen wird dem Leser der Ernst der Lage bewusst, als der kleine Ben Hagvenn auf grausame Weise von seiner Familie getrennt wird. Doch so dramatisch diese Trennung erscheint, so gefühlskalt wird sie im direkten Anschluss behandelt und dient quasi nur als Aufhänger für einen elementaren Teil der Story. Statt hier nämlich am Ball zu bleiben, unternimmt die Autorin einen plötzlichen Zeitsprung und schildert sofort die Folgen dessen, was vor Bens Flucht noch angedeutet wurde. Der Krieg ist in vollem Gange und nach jahrelangen Zerstörungen steht eine Entscheidung unmittelbar bevor. Der junge Hagvenn hat in dieser Zeit maßgeblich an der Entwicklung von Atombomben gearbeitet, ohne dabei zu wissen, dass diese bereits in naher Zukunft zum Einsatz kommen könnten, um seinen Herkunftsplaneten komplett zu vernichten.

Bevor ihm das Ausmaß der technischen Entwicklungen und der politischen Kriegsführung jedoch bewusst wird, ist er damit beschäftigt, seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Er nutzt das erste sich bietende Schlupfloch, um seinem Arbeitgeber zu entkommen und nach seiner Schwester zu suchen, die kurz vor der damaligen Flucht bei der ED angeheuert hatte. Doch die Suche gestaltet sich als schier unlösbare Aufgabe, als Ben ins Kreuzfeuer der beiden Kriegsmächte gerät und als Spion der UCS ins Herz der ED eindringen soll, um Informationen zu beschaffen, die eines Tages doch noch den ersehnten Frieden bringen sollen. Aber der blinde Fanatismus der Ostmächte und der kaum zu schwächende Siegeswille ihres Diktators ist nicht zu brechen; selbst Suzan Mercowa, die einst als die wohl beste Militärstrategin ihrer Nation in Szene getreten war, mittlerweile aber durchschaut hat, dass die ED mit dem angekündigten Atomschlag die gesamte Welt vernichten wird, kann das brutale Inferno aus eigener Kraft nicht mehr aufhalten. Lediglich eine enge Zusammenarbeit von DD und UCS könnte das Desaster noch abwenden; doch auf beiden Seiten will niemand Eingeständnisse machen. Und so rennt die Welt trotz allen Bemühens von Diplomaten und neutralen Personen mitten in ihr Verderben.

„2140 – Der letzte Krieg“ – der Titel deutet bereits an, welch bedrückte Atmosphäre diesen Roman prägt; er lässt jedoch nicht darauf schließen, dass die Geschichte mitsamt der apokalyptischen Inhalte auch tatsächlich das hält, was man sich nach den Erfahrungen mit dem PC-Game davon erhofft hat. Dies ist nämlich beim ersten Teil der gerade gestarteten Roman-Serie der Fall. Die Story ist voller Überraschungen und macht sich sämtliche Elemente zunutze, um die klirrende Gefühlskälte, die das gesamte Szenario bestimmt, auch in ihrem Grundwesen zu betonen. Das Resultat ist für ein verhältnismäßig knapp bestücktes Buch wie dieses – immerhin ist nach 280 Seiten schon wieder Schluss (vorläufig zumindest) – absolut überzeugend. Es mangelt zwar an echten Identifikationsfiguren, weil einfach jeder in gewisser Weise Dreck am Stecken hat, doch das hier geschilderte Komplott entwickelt sich zu einem sphärisch immer beeindruckenderen Monster, das einen bis zur letzten Seite fesselt. Auch wenn die Speerspitze der Science-Fiction-Schriftsteller sicher noch nicht erreicht wird, so muss man „2140 – Der letzte Krieg“ ohne Einschränkungen attestieren, einen begeisternden Einstieg in diese neue Serie zu liefern und allen Befürchtungen zum Trotz bestens zu unterhalten. Na also, das geht doch mit dem Game-Adaptionen!

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Kern, Claudia / Frenz, Bernd – S.T.A.L.K.E.R. – Shadow of Chernobyl, Bd. 1: Todeszone

Seit im Jahre 1986 der Block 4 des ukrainischen Kernreaktors Tschernobyl durch eine Kernschmelze und Explosion mit katastrophalen Auswirkungen für Mensch und Natur zerstört wurde, sind 20 Jahre ins Land gegangen. Die Ruinen und verlassenen Häuser der ehemals von Kraftwerksangestellten bewohnten und nun verlassenen Stadt sind mittlerweile zu einem Anlaufpunkt für Sightseeing-Touristen geworden, die sich in wohligem Grusel der noch immer kontaminierten „Todeszone“ nähern.

Zu diesen Schaulustigen gehört auch der junge Deutsche David Rothe, welcher mit seinen Eltern während eines Bus-Trips durch die Ukraine in der Stillen Stadt Halt macht. Plötzlich verschwinden in einem grellen Energieblitz Fahrzeug und Insassen. Als ukrainische Sicherheitskräfte am Ort des Phänomens eintreffen, finden sie etwas abseits in den Ruinen nur David, bewusstlos und mit verbrannter Kleidung. Der mit der Ermittlung des Geschehens beauftragte Major Alexander Marinin stößt bei Militärs und Politikern auf eine Mauer des Schweigens, und auch der junge Deutsche ist ihm keine Hilfe, da er sich zwar an nichts erinnert, allerdings angibt, eine merkwürdige Sehnsucht nach der Todeszone zu verspüren.

Einige Jahre später: Der zu einem Mann herangewachsene David durchstreift – beobachtet von unterschiedlichen Geheimdiensten – auf der Suche nach seinen Eltern die Zone um den Atommeiler, wobei ihn besondere psychische Fähigkeiten vor den tödlichen Gefahren des Gebietes – mutierten Ratten, Zombies, Schwerkraftminen, tödlichem Nebel und mörderischen Pflanzen – bewahren. Als der Zufall ihn und Marinin wieder zusammenführt, gelingt es den beiden zwar, den Phänomenen, die ihren Ursprung in geheimen Laboratorien unter dem Kernkraftwerkskomplex Tschernobyls zu haben scheinen, auf die Spur zukommen, doch einmal mehr drohen Politiker und Militärs, ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Nach „X – Farnhams Legende“ und „X2 – Nopileos“ von Helge T. Kautz ist „S.T.A.L.K.E.R. – Todeszone“ der dritte Roman deutscher Autoren in der Videogame-Reihe des |Panini/Dino|-Verlags. Und wie schon im Falle der beiden X-Bände erweist sich die Entscheidung der ukrainischen Softwareentwickler, GSC Game World, zwei international unbekannte Autoren ein Prequel zu ihren ambitionierten PC-Ego-Shooter schreiben zu lassen, als wahrer Glücksgriff.

Noch bevor er die erste Zeile gelesen hat, wird der cineastisch gebildete Leser angesichts des Titels stutzen. Stalker? Da gab es doch was … Genau! Ein mystisches SF-Film-Meisterwerk des 1986 verstorbenen russischen Regisseurs Andrej Tarkowskij aus dem Jahre 1979, welches, basierend auf dem Drehbuch und einer Novelle der Brüder Strugatzki, von der Sinnsuche dreier Menschen in einer verbotenen Zone handelt und dabei philosophische, zivilisationskritische und autobiographische Aspekte in den Vordergrund der Betrachtung stellt. Je weiter dieser Leser dann in dem Roman voranschreitet, desto deutlicher wird in vielen Szenen, dass „S.T.A.L.K.E.R.“ tatsächlich einige Motive des Films aufgreift: die Zone als militärisches Sperrgebiet, einen Güterbahnhof – im Film in grandiosen, einprägsamen Schwarz-Weiß-Bildern verewigt -, die sich ständig verändernde Umwelt, die Tatsache, dass jeder Schritt tödlich sein kann, und die eigentümlich morbide Atmosphäre verfallener Gebäude inmitten der Natur. Dennoch steht es außer Frage, dass der Film nicht mehr als eine vage Inspiration gewesen sein kann, denn der primäre Anspruch des Buches sind – platt ausgedrückt – Spannung und Action; und diesem Anspruch werden die Autoren voll gerecht.

Kern und Frenz spielen gekonnt mit der Furcht des Lesers, indem sie Realität (die Tschernobyl-Katastrophe) – bzw. das, was der Leser dafür hält (die in deutschen Boulevardblättern oft kolportierten korrupten russischen/ukrainischen Militärs) – und Fiktion in einer für das Ego-Shooter-Genre ungewöhnlich zurückhaltenden Art und Weise ineinander fließen lassen. Statt auf drastische Szenen und expliziten Horror setzen die Autoren eher auf Andeutungen und lassen den Leser bis zum Schluss – und darüber hinaus – im Dunkeln tappen. Natürlich treten auch die obligatorischen Monster in Erscheinung, doch in homöopathischer Dosis und weit von einem Mutationen-Overkill à la „Resident Evil“ entfernt.

Eine zweite Stärke des Buches sind seine kantigen und sperrigen Charaktere. Zwar ist das Bild des aufmüpfigen, unangepassten, politisch unkorrekten Ermittlers, der mehr mit seinem Leben und dubiosen Vorgesetzten zu kämpfen hat als mit seinen Fällen, nicht neu. Relativ originell ist allerdings, dass dieser Mensch über seine Schwächen hinaus erfolglos bleibt und sich in gewisser Weise sogar korrumpieren lässt.

David Rothe ist im Vergleich zu Alexander Marinin zwar weniger differenziert gezeichnet, jedoch trotz seiner besonderen Kräfte weit davon entfernt, ein strahlender Held zu sein. Getrieben von einem unerklärlichen Zwang, ständig ums Überleben kämpfend und bei der Suche nach seinen Eltern immer wieder scheiternd, ist er – wie der Ermittler – eine eher tragische Figur.

Der einzige Charakter, der sich nicht bündig in die Geschichte einfügen will, ist der „kleine“ Wissenschaftler Vadim Bessmerty. In seiner Figur und seinem im Grunde belanglosen Handlungsbogen erkennt man dann doch deutlicher als nötig die Herkunft der Autoren aus dem Romanheft-Bereich: Schon bei der Einführung Bessmertys ist klar, welches Schicksal den armen Tropf ereilen wird.

Interessant an „S.T.A.L.K.E.R.“ ist schließlich auch der episodenhafte Aufbau der Geschichte, welcher die vier Hauptteile einschließlich des Prologs, der im Jahre 1999 angesiedelt ist, zu unterschiedlichen Zeitindices spielen lässt – „Alexander“ im Jahre 2004, „David“ 2006 und „Die Zone“ 2008. Dadurch, dass die Autoren auf sanfte Überleitungen von einem Kapitel ins nächste verzichten, wirkt das Handlungsgeschehen einerseits sprunghaft, anderseits wird dadurch der Text gestrafft, auf überflüssigen Pathos verzichtet und der Leser insofern gefordert, als er sich das Gesamtbild spannungssteigernd puzzleartig erschließen muss.

Fazit: Eine gut geschriebene, äußerst spannende und düstere Geschichte, die den Leser dem zweiten Band der geplanten Trilogie entgegenfiebern lässt. Für mich eine der größten Überraschungen und das bisherige Highlight der PC-Roman-Reihe des |Panini|-Verlags.

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Ludwig, Kathrin / Wachholz, Mark – Hofmagier, Der (Das Schwarze Auge: Galotta 1)

_Story_

Im Jahr 975 BF holt Kaiser Reto einen aufstrebenden Weißmagier an seinen Hof: Gaius Cordovan Eslam Galotta soll ihm als sein neuer Hofmagier helfen, das Reich in eine neue, eine goldene Epoche zu führen. Doch der junge Magus muss schnell erfahren, dass er seine beeindruckenden magischen Fähigkeiten nicht nur für seine ungewöhnlichen Forschungen benötigt, sondern auch, um sich im Ränkespiel des Hofes behaupten zu können. Dort bleibt für ihn vor allem die Rolle der Alara Paligan, der Gemahlin von Kronprinz Hal, lange Zeit undurchschaubar.

Als Galotta schließlich von Reto beauftragt wird, ihm eine magische Waffe zu erschaffen, überschlagen sich die Ereignisse: Zunächst sucht er im legendenumrankten Reichsforst nach verborgen lebenden Elfen, deren Wissen ihn bei der Umsetzung seiner Ideen helfen soll. Bald darauf führt ihn seine Forschung sogar auf die lebensfeindliche Insel Maraskan, wo er das erworbene Wissen überprüfen will.

„Der Hofmagier“ ist der erste Teil der Biographie aus dem Leben des G. C. E. Galotta.

_Meine Meinung_

Denkt man an Gaius Cordovan Eslam Galotta, so hat man das Bild des selbsternannten Dämonenkaisers vor Augen: der verbitterte Schwarzmagier und Borbaradianer, kahlköpfig, mit scharlachrot gefärbtem Schädel.

Kathrin Ludwig und Mark Wachholz zeichnen in ihrem Erstlingswerk jedoch ein ganz anderes Bild ihres Protagonisten. „Der Hofmagier“ zeigt Galotta als jungen, langmähnigen Magier, der sich anschickt, zum Convocatus Primus der weißen Gilde gewählt zu werden, das höchste Amt, das diese zu vergeben hat.

Gerade diese Gegensätze bilden einen großen Reiz dieses Buches; es macht Spaß, Stück für Stück den ‚anderen‘ Galotta kennen zu lernen, der allerdings auch schon in jungen Jahren bald die Charakterzüge ausbildet, die ihn später auszeichnen. Sei es sein skrupelloser Umgang mit seinen ‚Versuchstieren‘, den Ikanaria-Schmetterlingen und Kalekken, oder die skrupellose Art, wie er gegen die Elfen im Reichsforst vorgeht.

Ein weiteres spannendes Element des Buches bilden die aventurischen Berühmtheiten, die den Weg Galottas kreuzen. Seien es Kaiser Reto, sein Sohn Hal, Answin von Rabenmund oder Saldor Foslarin, sie alle tragen ihren Teil zur Entwicklung des Protagonisten bei und gerade für Aventurienkenner entsteht so das ein oder andere Aha-Erlebnis.

Aus diesen Persönlichkeiten sticht schließlich eine hervor, die direkt zu Beginn des Buches die eigentliche Schlüsselszene liefert: Nameha ai Tamerlein. Nachdem sich Galotta weigert, ihr Schüler zu werden, schenkt sie ihm eine Prophezeiung, die sein weiteres Leben betrifft und so den Bogen über die Biographie des G. C. E. Galotta spannt. Diese Prophezeiung erfüllt sich nun im weiteren Verlaufe des Buches Stück für Stück, so dass man immer wieder animiert ist, noch einmal zurückzublättern, um sich den genauen Wortlaut anzusehen und dessen genaue Bedeutung zu interpretieren.

Bieten also die Erlebnisse bei Hofe, das Interagieren mit den Mächtigen Aventuriens – allen voran der Prinzgemahlin Alara Paligan – eine sehr spannende und reizvolle Geschichte, so zeigen sich in den Kapiteln im garethischen Reichsforst und auch später auf Maraskan doch einige Längen. Auch wenn die Autoren auf magische Phänomene zu sprechen kommen, wirkt die Beschreibung doch etwas arg an das Regelwerk des Rollenspiels angelehnt; hier setzt man zu sehr auf die exakte Beschreibung von Zaubersprüchen und –gesten, was zuweilen etwas hölzern wirkt. Ein letzter Kritikpunkt sind die Rechtschreibfehler, über die man auffällig oft in diesem Buch stolpert.

_Fazit_

„Der Hofmagier“ ist ein lesenswertes Buch, das für Aventurienkenner eine andere Seite des G. C. E. Galotta aufzeigt, aber auch für DSA-Neulinge eine sehr interessante Geschichte über Aufstieg und Fall eines talentierten Magiers erzählt.

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Pürner, Stefan – Geklont – 12 verblüffende Kurzgeschichten, die Sie früher oder später erleben werden

Sind wir nicht alle geklont? Nun, noch nicht, doch hätte irgendeiner von uns, sagen wir mal vor 50 Jahren, sich erträumt, dass wir heute ins All fliegen, mobil telefonieren, im Internet surfen oder Musik auf MP3-Format komprimieren können? Genau dieser Frage ist der Autor Stefan Pürner nachgegangen, der Rechtsanwalt ist und viele juristische Fachveröffentlichungen publiziert hat. Ferner hat er in den Siebzigern Lyrik und Prosa verfasst, aber auch Journalistisches wie Konzertkritiken.

In zwölf Kurzgeschichten zeigt der Autor auf, was auf uns alle zukommt, wenn das Klonen irgendwann einmal alltäglich ist. Dabei ist es verblüffend, wie sehr die Geschichten aus dem Leben gegriffen sind. Was wäre z. B., wenn die Frau/der Mann, die/den ihr liebt, mehrfach existiert? Heute gehen wir ja davon aus, dass wir alle einzigartig sind, aber in einer Welt, in der das Klonen zum Alltag gehört, ist das eben nicht der Fall. Und so steht der Protagonist in der Kurzgeschichte vor dem Dilemma, sich für oder gegen seine Liebe zu entscheiden. Und wie schwer das jedem von uns fallen würde, braucht man hier nicht näher zu erläutern. Ein weiteres klassisches Beispiel ist die DNA-Analyse, bei der man (heute) noch fast hundertprozentig den Täter/die Täterin stellen kann. Doch was ist, wenn der Täter geklont ist? Dann könnte jeder der Klone der/die Täter/in sein! Und wenn wir schon beim Thema sind: Was passiert, wenn jemand stirbt und in seinem Testament verfügt, dass sein Klon etwas erbt? Ist der Klon, der fast zu hundert Prozent mit dem Verstorbenen identisch ist, höher gestellt als die leiblichen Kinder?

Allein in den drei von mir aufgeführten Beispielen kann man erkennen, was da alles auf uns zukommt, wenn es irgendwann einmal so weit sein sollte. Aber es gibt auch amüsante Fantastereien! Eine ist z. B. Pearl Babe (bei der eindeutig Janis Joplin Patin gestanden hat), die ihre beste Zeit schon hinter sich hat, aber als Klon feucht-fröhlich durch die Weltgeschichte tingelt und fleißig CDs verkauft. Stellt euch in dem Zusammenhang vor, alle Tribute-Bands heutzutage würden in derselben Besetzung die Bühnen erklimmen wie die einstigen Stars vor zwanzig oder dreißig Jahren. Sprich, Jim Morrison hätte sich nicht ins Grab gesoffen, Bon Scott wäre nie an seinem eigenen Erbrochenen erstickt und Kurt Cobain hatte keine Patronen in seinem Gewehr gehabt. Nun ja, nicht ganz, denn die Hauptprotagonisten würden immer noch unter der Erde verweilen, als Klon jedoch ihren zweiten, dritten oder vierten Frühling erleben. So, als ob nie was geschehen wäre. Und wenn wir schon gerade beim Thema sind: Wie wäre es denn, wenn man ein Künstlerhirn auf eine CD brennen und mit dieser, wie bei einer Software üblich, arbeiten könnte? Nur was ist, und da liegt der Hase im Pfeffer, wenn der Künstler, wie im wahren Leben, rumzickt und mit seinem Nutzer nicht kooperieren möchte? Nein, wir reden hier nicht vom x-ten Windowsupdate, sondern bildlich gesprochen von einem menschlichen Gehirn, das auf einer gebrannten CD weiterlebt. Spannend wäre es schon zu wissen, wie die BEATLES klingen würden, wenn sie nach ihrem letzten Album „Let It Be“ weitere Alben aufgenommen hätten. Doch wollen wir das?

Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Dem Autor ist es gelungen, Denkanstöße zu geben, über die mann/frau nächtelang diskutieren kann. Und, mal Hand aufs Herz: Wer kann das heutzutage in der digitalisierten Welt von sich behaupten, wo wirklich jede Information Tag und Nacht abrufbar und nahezu alles entmystifiziert ist?

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Hardebusch, Christoph – Schlacht der Trolle, Die

_Handlung_

Die Trolle stecken wieder einmal in der Klemme. Doch droht ihnen dieses Mal keine Gefahr von den Zwergen oder den Priestern des Albus Sunas, sondern von ihrer eigenen Rasse: Anda hat sich verändert und tötet nun jeden Troll, der sich ihr nicht anschließt. Außerdem vernichtet die Trollin auch Menschendörfer und hinterlässt dort nur Tod und Terror.

So machen sich Pard und der Rest seines Stammes auf den Weg zu Sten, um von diesem Hilfe zu erhalten. Dieser hingegen ist mittlerweile Bojar von Dabran und kümmert sich zusammen mit seiner Vicinia um seine Grafschaft. Doch Vicinia wird von ihrer Schwester Ionna, der Herrscherin über die freien Wlachaken, an den Hof des Masriden Gyula Bekessar nach Turduj gesandt, um mit diesem Bündnisverhandlungen zu führen. Begleitet wird sie dabei von Stens Schwester Flores. Doch die Mission erweist sich schwerer als erwartet, denn eine unvorhergesehene Invasion lässt die Stadt zu einem gefährlichen Gefängnis werden.

_Der Autor_

Christoph Hardebusch, geboren 1974 in Lüdenscheid, studierte Anglistik und Medienwissenschaften in Marburg und arbeitete anschließend als Texter bei einer Werbeagentur. Sein Interesse an Fantasy und Geschichte führte ihn schließlich zum Schreiben. Außerdem ist er ein begeisterter Rollenspieler. Seit dem großen Erfolg seines Debüts „Die Trolle“ ist er als freischaffender Autor tätig. Christoph Hardebusch lebt mit seiner Frau in Heidelberg. Mit seinem Debütroman [„Die Trolle“ 2408 landete er einen großen Erfolg: monatelang auf der Bestsellerliste mit bislang über 80.0000 verkauften Exemplaren.

_Mein Eindruck_

Nachdem beim Ende von „Die Trolle“ schon der Grundstein für eine Fortsetzung gelegt worden war, stellte sich die spannende Frage, ob es Hardebusch möglich sein würde, seinen Überraschungserfolg zu bestätigen oder gar zu übertreffen. Kurz gesagt: Er hat es geschafft, dem Roman mit „Die Schlacht der Trolle“ eine würdige Fortsetzung zu folgen zu lassen.

Schon sein erstes Buch funktionierte auf zwei verschiedenen Ebenen, nämlich einerseits den Erlebnissen der Trolle und andererseits der Politik in Wlachkis, die er gekonnt miteinander verknüpfte. Während die politische Ebene einfach weiterzuführen ist, ergab sich bei den Trollen ein Problem: Der Anführer der Trolle Druan war ja schon an Menschen gewöhnt, und mit seinem besonnenen Charakter wären die meisten Reibungspunkte und somit auch die Spannung bei einer Fortsetzung weitestgehend verloren gegangen.

Doch durch Druans Tod und Pards Beförderung zum neuen Anführer ändert sich die Situation grundlegend, ist dieser doch als eher hitzköpfig und brutal bekannt. Diesem stellt der Autor nun Druans Schüler Kerr an die Seite, der dieses Mal den Part des wissbegierigen und „gemäßigten“ Trolles einnimmt. Durch diesen Schachzug schafft es Hardebusch, die Beziehung zwischen den Menschen und den Trollen wieder interessant zu machen, zumal Andas Überfälle auf Menschendörfer zusätzliche Spannungen erzeugen. Durch die Figur Kerr wird dem Leser wieder einmal wunderbar der Spiegel für die Merkwürdigkeiten des menschlichen Lebens vorgehalten, denn der neugierige Troll kommentiert äußerst witzig die Gewohnheiten der Menschen.

Den Großteil des Buches nehmen aber wie im ersten Band die Konflikte zwischen den Menschen, oder genauer zwischen Wlachaken oder Masriden, ein. Hier wird durch einige sehr interessante Wendungen wieder richtig Spannung aufgebaut, und so fesselt der Roman den Leser wirklich von der ersten bis zur letzten Seite. Großen Anteil daran hat auch, dass eigentlich alle liebenswürdigen Charaktere auftauchen, die auch „Die Trolle“ bereichert haben, auch wenn sie wie etwa der Dyrier Sargan nun eine gänzlich andere Stellung haben. Zudem hat sich der im ersten Teil doch etwas eindimensionale Troll Pard zu einer wirklich interessanten Persönlichkeit entwickelt.

Die verschiedenen Beziehungen der Charaktere sind äußerst amüsant gestaltet und sorgen immer wider für Lacher. Besonders ist Hardebusch in diesem Fall die Beziehung zwischen der manchmal etwas bärbeißigen Flores und dem Masriden Tamar Bekesar gelungen, auch wenn er hier auf das klassische „Romeo und Julia“-Muster zurückgreift.

Sehr zum Realismus seines Romans trägt auch bei, dass er sich nicht scheut, auch mal einige seiner Figuren sterben zu lassen; Druan ist hier nur ein Beispiel dafür. Auch die neu eingeführten Charaktere sind Hardebusch sehr gut gelungen, denn egal ob es der Masride Tamar Bekesar oder die Trolle Kerr, Turk und Keru sind, sie sind alle interessant gestaltet und bereichern den Figurenfundus ungemein.

Der Roman liest sich sehr gut, woran Hardebuschs Schreibstil selbstverständlich einen großen Anteil hat. Die Beschreibungen der Umwelt und der Figuren sind genau richtig abgestimmt, um dem Leser ein gutes Bild zu verschaffen, ohne ihn aber dabei zu langweilen. Ebenso tragen aber die vielen nebeneinander herlaufenden Handlungen dazu bei, denn bei jedem neuen Kapitel erfolgt ein Sprung zu einem der vier Haupthandlungsstränge, was das Lesen ungemein beschleunigt, denn man will ja immer wissen, was im anderen Handlungsstrang passiert ist.

Die teilweise etwas düstere Stimmung wird immer wieder von lustigen Szenen aufgelockert. So folgt einer düsteren Schlachtenszene meist eine Stelle, die den Leser wieder zum Schmunzeln bringt. Hier stimmt einfach die Mischung. Auch die mystische Ebene wird wieder angesprochen, und zwar durch die Veränderung von Anda. Hierdurch wird nicht nur neues Konfliktmaterial aufgebaut, sondern man bekommt einen Einblick in die Mythologie der Menschen in Wlachkis sowie in die Geschichte der Trolle, was dem Ganzen eine gewisse Tiefe verleiht. Auch die Reaktion der Zwerge auf die durch Anda drohende Gefahr gefällt mir sehr gut.

Dieses Mal ist der Roman meiner Meinung nach richtig abgeschlossen, so dass eigentlich nichts direkt auf eine Fortsetzung hinweist. Das heißt natürlich nicht, dass die Trolle damit ein für alle mal abgeschlossen sind. Das Ende hat mich als Leser sehr befriedigt aus der Geschichte entlassen, auch wenn ich zugeben muss, dass ich mich trotzdem über eine Fortsetzung freuen würde.

_Fazit_

„Die Schlacht der Trolle“ ist eine äußerst gelungene Fortsetzung, in der sich Christoph Hardebusch noch einmal deutlich gesteigert hat. Der Roman ist ein extrem kurzweiliges Fantasyvergnügen, ich für meinen Teil habe ihn in kurzer Zeit verschlungen. In dieser Form muss sich Hardebusch nicht hinter den anderen Autoren dieser Romangattung verstecken, wie Markus Heitz („Die Zwerge“), Stan Nicholls („Die Orks“) oder Bernhard Hennen („Die Elfen).

Für Liebhaber der klassischen Fantasyliteratur und vor allem für die Fans des ersten Teils ist „Die Schlacht der Trolle“ ein absolutes Muss!

|Siehe ergänzend dazu:|
[„Die Trolle“ 2408
[Interview mit Christoph Hardebusch]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=65
[Teaser und Lesprobe zu „Die Trolle“]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=62
[Releaseparty: Die Schlacht der Trolle]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=75

http://www.heyne.de
http://www.hardebusch.net/