Wieder einmal wurde die Welt von einer Zombie-Apokalypse heimgesucht. Wirklich erwischt hat es allerdings nur die USA. Das Land erlitt grauenhafte Verluste, konnte sich jedoch halten. 28 „sichere Staaten“ haben den US-Osten zurückerobert und zum Westen einen gewaltigen Grenzzaun errichtet. Er wird scharf bewacht ist, denn dahinter herrschen die Untoten.
Inzwischen ist wieder so etwas wie Normalität eingekehrt. Die Menschen in den „Sicheren Staaten von Amerika“ finden sogar die Zeit, um ihre zwar verstorbenen aber keineswegs in Frieden ruhenden Angehörigen zu trauern. Sie wollen sie vom Zombie-Dasein erlöst wissen. Diesen speziellen Service bietet der „Return Man“ Henry Marco an, der hinter dem Grenzzaun diese Untoten sucht, um sie zu ‚töten‘ und ihren Familien Frieden zu geben.
London im Jahre 1848: Schwarzmagier Jonathan hat zweimal vergeblich versucht, Asmodeus, den König der Dämonen, zu beschwören und sich untertan zu machen. Asmodeus wird sich grausam für diese Dreistigkeit rächen. Jonathan bleibt nur, sich des Thrones Salomons zu bemächtigen. Gelingt ihm dies, ist er nicht nur den wütenden Dämon los, sondern kann sich auch zum Herrn aller bösen Geister aufschwingen.
Allerdings ist Salomons Thron seit Äonen verschollen. Es gibt drei äußerst seltene Bücher, die Jonathan in ihrer Gesamtheit einen Weg zum Objekt seiner Begierde weisen können. Doch jemand ist ihm zuvorgekommen: Justin Coltman, ein reicher aber todkranker Amerikaner, der sich aus der Lektüre Lebensrettung erhofft. Gerade ist Coltman mit den Büchern im Gepäck in die USA zurückgereist.
Nicht nur Jonathan folgt ihm über den Atlantik. Dem Magier sitzt ein unerbittlicher Rächer im Nacken. Pierce James Figg ist ein ehemaliger Preisboxer, dem Jonathan die Gattin und den Sohn ermordet hat. Sogar Jonathan fürchtet den Zorn des kampfstarken Figg, dem er alles nahm, was diesem im Leben wichtig war.Marc Olden – Salomons Thron weiterlesen →
Seit das Morgenstern-Virus über die Welt kam, sind drei Monate vergangen. Es verwandelt seine Opfer in „Sprinter“ – hirnlose aber wendige, blutgierige Kreaturen, die über die nicht infizierten Mitmenschen herfallen. Stirbt ein „Sprinter“, verwandelt er sich in einen „Watschler“ – einen langsamen, allmählichen verwesenden aber ebenso menschenfleischhungrigen Zombie, der nur ein Kopfschuss endgültig töten kann.
Zwei Gruppen bewegen sich durch die zum Feindesland gewordenen USA. Frank Sherman, ehemals General und Kommandeur in jener internationalen Streitkraft, die sich im Vorderen Orient vergeblich den Zombielegionen entgegenwarf, hat einige überlebende Soldaten um sich scharen können. Verstärkt durch diverse Zivilisten, bewegt sich die Gruppe langsam auf Omaha im US-Staat Nebraska zu. Z. A. Recht – Aufstieg der Toten weiterlesen →
Das Grauen des II. Weltkriegs und die Angst vor einem dritten, womöglich atomar geführten Konflikt ließen mitternächtlich in Schlössern umher spukende Gespenster altmodisch erscheinen; ‚neue‘ Geister fanden ihre Nischen in der modernen Nachkriegswelt und sorgten für eigene, meist in den Hirnen ihrer Opfer nistende Schrecken, die hier in elf Kurzgeschichten des Zeitraums 1940 bis 1990 literarisch heraufbeschworen werden. Joachim Körber (Hg.) – Das erste Buch des Horrors weiterlesen →
Zwölf Jahre ist es her, seit die Zombies die Menschheit überrannten. Die Zivilisation wurde zerstört, aber die Überlebenden haben sich neu organisiert. Wo sie in ausreichender Stärke zusammenfanden, konnten sie die hungrigen Untoten in Schach halten. Inzwischen beginnt man sie zurückzudrängen. Weite Landstriche sind ‚zombiefrei‘ und können landwirtschaftlich genutzt werden. Allmählich kehrt ein Alltag ohne ständige Lebensgefahr ein.
Eine der aufblühenden Kolonien liegt irgendwo im Mittelwesten der USA. Zu den Kindern, die nach der Katastrophe geboren wurden, gehört die zwölfjährige Zoey, deren Eltern von Zombies getötet wurden. Sie wächst ohne Sehnsucht nach einer Vergangenheit auf, die sie nie kennenlernte. Für Zoey ist die Gegenwart der Maßstab eines Lebens, in dem sie ihren Platz ohne dauerpanische Seitenblicke auf mögliche Zombie-Attacken findet. Kim Paffenroth – Dying to Live 2: Die Traurigkeit der Zombies weiterlesen →
In zehn Erzählungen wird die Entwicklung der unheimlichen Literatur zwischen 1870 und 1900 nachgezeichnet:
– Vorwort, S. 7-10
– Gustav Adolfo Becquer: Das Teufelskreuz (La cruz del diablo, 1871), S. 11-34: Der böse Ritter rächt sich für seinen Tod und lässt sich als Gespenst auch mit Gottes Hilfe nur schwer unterwerfen.
– Villiers de l’Isle-Adam: Vera (Vera, 1874), S. 35-48: Die Trauer des Witwers ist so stark, dass er die verstorbene Gattin durch die Kraft der Einbildung scheinbar ins Leben zurückholt.
– Robert Louis Stevenson: Der Leichendieb (The Body Snatcher, 1884), S. 49-62: Der skrupellose Arzt entledigt sich scheinbar perfekt eines Erpressers, doch dieser rächt sich für sein grausige Ende.
Geschasster Angehöriger einer Elite-Einsatztruppe der Polizei, dann erfolgloser Privatdetektiv in London, einst vom Vater an die Hölle verkauft und auf der Abschussliste mindestens einer nachtragenden Dämonin: Jack Nightingale ist kein Glückskind, und seine Pechsträhne setzt sich ungebrochen fort. Vater Ainsley Gosling hatte – dieses Mal im Tausch gegen die Macht über Frauen – auch die Seele seiner Tochter Robyn verkauft. Die ist inzwischen 31 Jahre alt und ahnt nicht, dass sie in zwei Jahren der Dämon Frimost holen wird.
Jack fühlt brüderliche Gefühle in sich aufsteigen. Er konnte Proserpina, jener Dämonin, der seine Seele versprochen war, in letzter Sekunde von der Schippe springen, und weiß daher, was Robyn erwartet. Doch wo ist die Schwester geblieben? Gosling hat nur spärliche Hinweise hinterlassen. Jack soll sich an den „Orden der neun Ecken“ wenden, deren Mitglieder allerdings dem Teufel Menschenopfer darbringen und schon deshalb für neugierige Außenseiter wenig übrig haben.
Geschasster Angehöriger einer Elite-Einsatztruppe der Polizei, dann erfolgloser Privatdetektiv in London, einst vom Vater an die Hölle verkauft und auf der Abschussliste mindestens einer nachtragenden Dämonin: Jack Nightingale ist kein Glückskind, und seine Pechsträhne setzt sich ungebrochen fort. Vater Ainsley Gosling hatte – dieses Mal im Tausch gegen die Macht über Frauen – auch die Seele seiner Tochter Robyn verkauft. Die ist inzwischen 31 Jahre alt und ahnt nicht, dass sie in zwei Jahren der Dämon Frimost holen wird.
Jack fühlt brüderliche Gefühle in sich aufsteigen. Er konnte Proserpina, jener Dämonin, der seine Seele versprochen war, in letzter Sekunde von der Schippe springen, und weiß daher, was Robyn erwartet. Doch wo ist die Schwester geblieben? Gosling hat nur spärliche Hinweise hinterlassen. Jack soll sich an den „Orden der neun Ecken“ wenden, deren Mitglieder allerdings dem Teufel Menschenopfer darbringen und schon deshalb für neugierige Außenseiter wenig übrig haben.
So muss sich Jack notgedrungen an Proserpina wenden, die hocherfreut die Möglichkeit nutzt, einen neuen Deal einzufädeln; weil ihr Jack entkam, hat ihr Ruf in Höllenkreisen gelitten. Zwar beantwortet Proserpina Jacks Fragen, doch für jede Antwort wird sie ihm einen Killer hinterherschicken. Drei sind es insgesamt, die sich umgehend auf seine Fährte setzen.
Jack ist gefährlich abgelenkt, denn als er seine Schwester endlich findet, sitzt Robyn Reynolds in einem Sanatorium für geisteskranke Schwerverbrecher: Sie ist eine Serienmörderin, die sich auf Kinder spezialisiert hatte, bevor man sie endlich fassen konnte. Allerdings kommen Jack bald Zweifel an der Schuld der Schwester. Offenbar hat man sie geistig manipuliert, um sie der Polizei als Sündengeiß präsentieren zu können. Die Spur führt ausgerechnet zum „Orden der neun Ecken“ …
_Neuer Dämon, altes Spiel_
Der in Serie gedrechselte Unterhaltungs-Erfolg basiert auf dem Spiel mit bewährten Elementen, die nur sparsam verändert und höchstens ansatzweise weiterentwickelt werden. Nachdem er für den Auftaktband recherchiert hat, möchte der ökonomisch arbeitende (und in dieser Branche nie üppig entlohnte) Autor den weiteren Aufwand und das Risiko möglichst gering halten. Warum sich mehr Mühe als nötig machen, zumal dies womöglich nicht einmal gewürdigt wird, sondern ein Publikum verschreckt, das seinen Lektüre-Spaß am liebsten mit hohen Wiedererkennungswerten goutiert?
Stephen Leather ist ein fleißiger Schreiber. 2013 setzt er die Jack-Nightingale-Serie sogar mit zwei Bänden fort. Viele hundert Seiten wollen mit Inhalt gefüllt werden. Warum nicht auf Nummer sicher gehen und die Geschehnisse des ersten Bandes noch einmal erzählen? Damals rang Jack Nightingale mit der Dämonenfrau Proserpina um seine Seele. Jetzt wiederholt sich dies, wenn Nightingale mit dem Dämon Frimost um die Seele seiner Schwester streitet.
Die Parallelen sind mehr als offensichtlich. Sie reichen bis ins Detail. In Teil 1 fuhren ständig böse Geister in die Hirne von Jacks Mitmenschen, um ihn über den baldigen Ablauf seines Lebens zu informieren. Da dies für die erwünschten Irritationen sorgte, bleiben sie dabei. Nur die Botschaft wird aktualisiert: Nun lassen besagte Geister Jack wissen, dass seine Schwester an der Reihe ist.
|Alter Dämon, neues Spiel|
Weil es schon einmal geklappt hat, beschwört Jack abermals die finstere Proserpina herauf. Für den Fall, dass wir vergessen haben, wie man so etwas macht, wiederholt Leather gern die Beschreibung der erforderlichen Prozeduren. Auch sonst sorgt er dafür, dass wir uns stets in der Geschichte zurechtfinden. So spielen viele Szenen erneut im satanisch verseuchten Keller von Gosling Manor, jenem Landsitz in der Grafschaft Surrey, der Jack von seinem Rabenvater vererbt wurde. (Wundert es uns, dass der alte Gosling Jack ein zweites Bekenner-Video zukommen lässt? Die Frage ist wohl eher, wie viele solcher Scheiben noch auf ihren zukünftigen Einsatz warten.)
Jack raucht und trinkt zu viel und wird dafür von seiner Assistentin Jenny (jung, schön, klug, reich) vorwurfs- aber liebevoll gerügt. Jack wird von den ehemaligen Polizei-Kollegen wahlweise gehasst oder heimlich verehrt, weil er (angeblich) einen Sittenstrolch umgebracht hat. Jack ermittelt in okkultistischen Kreisen, was Dämonen und Satanisten dazu bringt, etwaige Zeugen blutige Morde und Selbstmorde begehen zu lassen. Ständiger Hauptverdächtiger: Jack, der daraufhin ein weiteres Mal von seinem Intimfeind Superintendent Chalmers geschurigelt wird und diesen mit pampigen Antworten ärgert.
Für ein wenig frischen Handlungswind soll jenes teuflische Frage-und-Antwort-Spiel sorgen, das Jack gleich drei irre Mörder an die Kehle bringt. Allerdings dient dies deutlich auch dem Zweck, dieses Buch auf Länge zu bringen: Wenn gerade Zeit ist und kein Teufelsknecht beschattet wird, springt ersatzweise einer dieser Killer aus dem Off, ohne Jack ernsthaft in Lebensgefahr zu bringen. (Was Leather aber selbst anspricht sowie im Finale für einen gelungenen Gag nutzt.)
|Das Rezept stimmt|
Wer sich angesichts der bisher hier niedergeschriebenen Äußerungen über die recht positive Bewertung von „Brut des Teufels“ wundert, hat den diese Rezension einleitenden Satz einseitig und damit falsch interpretiert: Die Schablonisierung des Abenteuers bedingt keineswegs automatisch schlechte Unterhaltung. An ausschließlich der Unterhaltung dienende Romane und Reihen wie diese müssen andere Maßstäbe angelegt werden. Sie ranken sich um die Frage, ob es dem Verfasser gelungen ist, bekannte aber bewährte Genre-Elemente so zu mischen und aufzubereiten, dass daraus weitab literarischer Weihen ein angenehmer Zeitvertreib entstanden ist.
In diesem Punkt darf man Leather gratulieren. Was in „Höllennacht“ noch arg holperte, kommt in „Brut des Teufels“ reibungsarm über die Runden. Falls die angenehm lesbare Übersetzung den O-Ton adäquat einfängt, ist Leather ein Routinier, der die handwerkliche Seite seines Jobs versteht. Die Geschichte trägt den Leser schwungvoll über beinahe 500 Seiten. Verschnaufpausen werden weder gewährt noch gewünscht.
Die Figuren sind reihentauglich, d. h. mit wenigen Strichen gerade so sehr profiliert, dass sie im Gedächtnis haften sowie geliebt oder gehasst werden können. Einige Ecken und Kanten unterstützen geschickt die Illusion von Persönlichkeiten. Wie es sich gehört, ist das Finale gleichzeitig Vorbereitung der Fortsetzung. Wiederum bringt Leather auch diese Hürde sicher hinter sich und bestätigt dieses Gesamturteil: Ungeachtet des Ideen-Recyclings bietet „Brut des Teufels“ jene leichte Lektüre, die sich ein hirnmüder Leser eben auch manchmal wünscht, ohne dafür mit Dumm-Dumm-Mystery bestraft zu werden.
_Autor_
Bevor Stephen Leather, geboren 1956 im britischen Manchester, Schriftsteller wurde, arbeitete er als Journalist und schrieb für Zeitungen im In- und Ausland. Ende der 1980er Jahre verlegte sich Leather auf das Schreiben actionbetonter, das Schwergewicht auf Unterhaltung legender Thriller, die u. a. in den USA, in Irland sowie im Fernen Osten spielten – Länder und Regionen, die Leather nicht nur ausgiebig bereiste, sondern in denen er sich zeitweise ansiedelte, um seine Geschichten in ein möglichst real wirkendes Umfeld einzubetten.
Zu seinen Erfolgen zählt die 2004 gestartete Serie um den Special-Air-Service-Trooper und Undercover-Agenten Dan „Spider“ Shepherd. Verfilmt wurden die Leather-Thriller „The Stretch“ und „The Bombmaker“. 2010 startete Leather die Serie um den Privatdetektiv Jack Nightingale, der sich mit diversen Kreaturen der Hölle u. a. übernatürlichen Unerfreulichkeiten auseinandersetzen muss. Leather schrieb außerdem direkt für das Fernsehen und hier für Infotainment-Serien wie „The Knock“, „London’s Burning“ oder „Murder in Mind“.
|Taschenbuch: 480 Seiten
Originaltitel: Midnight (London: Hodder & Stoughton, 2011)
Übersetzung: Barbara Ostrop
ISBN-13: 978-3-442-37813-5
Als Kindle eBook: November 2012 (Blanvalet Verlag)
ISBN-13: 978-3-641-08420-2|
http://www.stephenleather.com
http://www.randomhouse.de/blanvalet
_Stephen Leather bei |Buchwurm.info|:_
[„Höllennacht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7932
John Hyatt arbeitet für das Gesundheitsamt der Stadt San Francisco. Er betreut jene Bürger, die Stadtschmutz, allzu sichtbare Ratten oder andere krankheitserregende Ärgernisse des urbanen Lebens melden wollen. Seymour Wallis‘ Meldung sprengt diese Routine: In seinem erst vor wenigen Wochen erworbenen Haus „atme es“, klagt der ehemalige Ingenieur. Dafür ist das Amt eigentlich nicht zuständig, aber Hyatt besucht Wallis zusammen mit einem ebenso neugierigen Arbeitskollegen.
Tatsächlich „atmet“ das Haus nicht nur, sondern wird auch handgreiflich. Mit Verstärkung kehrt Hyatt am nächsten Abend zurück. Die erwartungsvoll auf weitere Phänomene hoffenden Geisterjäger werden nicht enttäuscht: Der Spuk reißt dem Amtmann Bryan Corder Haut und Haarskalp vom Schädel und fährt in seinen Körper.
Hyatt wendet sich an eine Spezialistin – Freundin Jane Torresino, die in ihrem Buchladen auch Werke über Okkultismus verkauft. Sie recherchiert, dass wahrscheinlich ein indianischer Dämon in dem Haus sein Unwesen treibt. Glücklicherweise ermittelt Jane auch die Adresse des Medizinmanns George Thousand Names, der seinen Besuchern Näheres schildern kann: In Wallis‘ Haus lauert ausgerechnet „Coyote“, einer der übelsten Bewohner der Geisterwelt. Sogar seine Mit-Dämonen können ihn nicht ausstehen, weshalb sie halfen, als Coyote vor vielen hundert Jahren nicht nur besiegt, sondern in vier Stücke gerissen wurde, die an verschiedenen Stellen versteckt wurden. Leider ist Coyote selbst unsterblich, weshalb ihm die Wiederbelebung seines Körpers so schwierig wie möglich gemacht werden sollte.
Dummerweise hat der Dämon einen Weg gefunden, auch als Geist Nachforschungen anzustellen. Herz, Hirn und Blut konnte Coyote schon an sich bringen. Sollte er noch seine Haare bergen können, wäre er unbesiegbar. Mit George Thousand Names, Jane und dem durch die Ereignisse zum Geisterglauben bekehrten Dr. Jarvis versucht Hyatt, genau das zu verhindern, doch der Gegner ist nicht nur stark und skrupelfrei, sondern auch schlauer als gedacht …
_Manitous garstiger Bruder im Geiste_
1974 schrieb Graham Masterton seinen Roman-Erstling. „The Manitou“ erzählte vom Geist des notorisch übellaunigen und mordlustigen Medizinmanns Misquamacus, der aus dem Jenseits in die nun bleichgesichtig dominierte Welt der Gegenwart eindrang, um dort blutige Rache für längst vergessenes Unrecht zu nehmen. Das recht ungelenke Werk fand seine Leser und wurde sogar (bzw. leider) 1976 verfilmt. Das musste Folgen haben: In der Tat kehrte Misquamacus 1979 und danach drei weitere Male zurück, um die weiter oben beschriebenen Possen zu treiben.
Zwischen den ersten beiden Bänden veröffentlichte Masterton 1978 „Das Atmen der Bestie“, der inhaltlich mehr als nur ein wenig an den ersten „Manitou“-Roman erinnert. Der seit jeher ungemein fleißige Autor kennt die Notwendigkeiten einer ökonomischen Arbeitsweise. Auf der Grundlage offensichtlicher Recherchen in Sachen indianischer Mystik wollte Masterton aber keine weitere Misquamacus-Episode erzählen. „Das Atmen der Beste“ ist trotzdem „Der Manitou“ ohne Manitou.
Was hierzulande freilich niemandem auffallen dürfte, da die beiden ersten „Manitou“-Bände schon seit vielen Jahrzehnten vergriffen sind. Deshalb steht zu erwarten, dass man „Das Atmen der Bestie“ als altes und im positiven Sinn altmodisches Horror-Garn zur Kenntnis nehmen wird. So sollte man diesen Roman jedenfalls lesen, denn hier taucht keinesfalls ein vergessener Klassiker aus der Versenkung auf!
|Wenns gruselt, kommts mit in die Suppe|
Masterton mischt einfallsreich und unbekümmert diverse Genre-Elemente zu einem stets trivialen aber routiniert gestrickten, rasanten und längenfreien Spektakel. Es beginnt mit einer Geistergeschichte in einem Spukhaus, doch Masterton weicht bald vom üblichen Schema ab. Subtilität ist sein Ding nicht, weshalb sich der unter dem Dach des Pechvogels Seymour Wallis hausende Unhold als recht grober Klotz erweist, dem jegliche Spuk-Raffinesse vollständig abgeht.
Stattdessen fliegen die Fetzen, die aus den Resten zerbrochener Möbel und unglücklicher Geisterjäger bestehen. 1978 konnte von den Splatter-Orgien des 21. Jahrhunderts noch keine Rede sein. Für die zeitgenössischen Leser dürften Mastertons eigenwillige Körperwelten aus ramponierten Körperteilen und Leichenblut harter Tobak gewesen sein. Heute lassen diese Szenen jede Provokationen vermissen. Sie erfüllen schlicht ihren Zweck; ein positiver Ansatz in einer literarischen Gegenwart, in der viel zu viele Horror-Autoren glauben, auf das Fundament einer Story zugunsten von bis zur Lächerlichkeit übertriebener Blut-&-Gekröse-Ekstasen verzichten zu dürfen.
Natürlich ist der Plot eher bizarr als auch nur annähernd logisch nachvollziehbar. Die Story schlägt jederzeit bekannte Haken, die Grusel-Effekte sind vor allem grell, und formal schwebt das Ganze nicht sehr weit über dem Groschenheft-Horizont. Aber Masterton versteht sein Handwerk, das Unterhaltung heißt und nie mehr sein möchte.
|Seltsame Helden, schräger Spuk|
Das Grauen benötigt einen möglichst ’normalen‘ Hintergrund. Masterton findet hier einen besonders profanen Einstieg: ‚Held‘ John Hyatt ist ein Angestellter des Gesundheitsamtes, wo er sich als kleines Rädchen irgendwo im behördlichen Apparat meist unbemerkt dreht. Er ist nicht klug oder stark, sondern der mustergültige Mr. Jedermann, mit dem sich der Leser identifizieren kann.
Auch eine wenig heldenhafte Hauptfigur benötigt Nebenpersonal, das u. a. dafür herhalten muss, wenn jemand dem Spuk zum Opfer fallen soll. Hier treten auf: ein unkonventioneller Arbeitskollege aus dem Amt, ein zunächst skeptischer und später gläubiger Arzt und natürlich eine schöne Frau, nach der sich der Dämon buchstäblich die Krallenfinger leckt: Dass Masterton sein Geld auch mit der Niederschrift diverser Sex-Ratgeber verdient, kann er an solchen Stellen frivol einfließen lassen.
Da Spukbold Coyote der indianischen Mythologie entspringt, wirkt natürlich ein Medizinmann mit. George Thousand Names heißt er, und einer dieser tausend Namen könnte auch „Singing Rain“ sein, der in den „Manitou“-Romanen an seine Stelle tritt. Masterton entwirft eine Figur, die mit einem Bein in der Moderne und mit dem anderen in der indianischen Geisterwelt steht. Dies schafft Raum für farbenfrohen Hokuspokus und schlichte Witzchen – neben seinem Beutel mit dem Zauberwerkzeug trägt George Thousand Names eine goldene Rolex – und wird mit den obligatorischen Plattitüden – die Siedler waren einst sehr unfreundlich zu den US-Ureinwohnern; gute Bleichgesichter wie John Hyatt schämen sich wenigstens ein bisschen dafür – abgeschmeckt.
Coyote ist ein Geist mit erstaunlich weltlichen Bedürfnissen. Massenmord und Sex sind die Ziele, nach denen er strebt. Bis er sich aus den Teilen, in die man ihn vorsichtshalber zerlegte, wieder zusammengebastelt hat, gibt er auch optisch eine hübsch hässliche Erscheinung ab, was über die Eindimensionalitäten seines Handelns & Sprechens – eigentlich kommuniziert er nur über Drohungen – hinwegtröstet.
Damit ist es amtlich: „Das Atmen der Bestie“ gehört zu dem Lesefutter, vor dem der Ernährungsberater warnt, weil es ungesund ist und dumm macht. Nichtsdestotrotz schmeckt solche Kost einfach gut und ist manchmal eine Sünde wert.
_Autor_
Graham Masterton, geboren am 16. Januar 1946 im schottischen Edinburgh, ist nicht nur ein sehr fleißiger, sondern auch ein recht populärer Autor moderner Horrorgeschichten. In Deutschland ist ihm der Durchbruch seltsamerweise nie wirklich gelungen. Nur ein Bruchteil seiner phantastischen Romane und Thriller, ganz zu schweigen von seinen historischen Werken, seinen Thrillern oder den berühmt berüchtigten Sex-Leitfäden, haben den Weg über den Kanal gefunden.
Besagte Leitfäden erinnern übrigens an Mastertons frühe Jahre. Seine journalistische Ausbildung trug dem kaum 20-Jährigen die Position des Redakteurs für das britische Männer Magazin „Maifair“ ein. Nachdem er sich hier bewährt hatte, wechselte er zu Penthouse und Penthouse Forum. Dank des reichlichen Quellenmaterials verfasste Masterton selbst einige hilfreiche Werke, von denen „How to Drive Your Man Wild in Bed“ immerhin eine Weltauflage von mehr als drei Millionen Exemplaren erreichte.
Ab 1976 schrieb Masterton Unterhaltungsromane. Riss er sein Debütwerk „The Manitou“ (dt. „Der Manitou“) noch binnen einer Woche herunter, gilt er heute als kompetenter Handwerker, dem manchmal Größeres gelingt, wenn sein Geist schneller arbeitet als die Schreibhand, was freilich selten vorkommt.
|Taschenbuch: 249 Seiten
Originaltitel: Charnel House (New York : Pinnacle Books 1978)
Übersetzung: Felix F. Frey
Cover: yellowfarm
ISBN-13: 978-3-86552-135-4|
http://www.grahammasterton.co.uk
http://www.festa-verlag.de
Ebenezer Scrooge genießt im London des 19. Jahrhunderts einen legendären Ruf als Geizhals und Geldverleiher. Er liebt den Mammon und verabscheut die Menschen, seit er als Kind auf einem Friedhof überfallen von einem Verrückten und in Todesangst versetzt wurde. Selbstverständlich ist Scrooge unverheiratet und hat keine Freunde; gerade ist sein ehemaliger Geschäftspartner Jacob Marley gestorben, mit dem er sich vor Jahren überworfen hatte.
Doch am bitterkalten Heiligen Abend vor Weihnachten taucht eben dieser Marley in Scrooges Heimstatt auf – mausetot aber sehr agil und bestrebt, seinem Opfer das Gehirn aus dem Schädel zu fressen: Marley ist zum Zombie mutiert! Diese Information verdankt Scrooge einem Geist, der ihm kurz darauf erscheint. Darüber hinaus muss er feststellen, dass in dieser Nacht überall in London Zombies über die Lebenden herfallen. Ausgerechnet er, Scrooge, ist nach Auskunft des Geistes immun gegen die Seuche und der einzige Mensch, der ihren Ausbruch verhindern kann.
Wie dies zu bewerkstelligen ist, muss Scrooge selbst herausfinden. Zwei weitere Geister sollen ihm bei der Erkenntnisfindung helfen. Der eine nimmt ihn in eine Zukunft mit, in der die Zombies erst England, dann Europa und schließlich die ganze Erde überrollt haben, der andere kehrt mit ihm in die Vergangenheit und an den Ursprungsort der Seuche zurück.
Bei diesen Reisen durch Zeit und Raum trifft Scrooge nicht nur prominente Zeitgenossen wie Königin Viktoria oder die Schriftsteller Charles Dickens und H. G. Wells, sondern immer wieder sich selbst, der in unterschiedlichen Parallelwelten zu überleben sowie das Rätsel der Zombies zu lösen versucht. Als er schließlich hinter das Geheimnis kommt, konfrontiert ihn dies mit einem Feind, der deutlich heimtückischer als die Untoten ist …
_Vom Ursprung (auch) des Blöden_
Am 19. Dezember 1843 veröffentlichte der Verlag Chapman & Hall eine Novelle des Schriftstellers Charles Dickens. Dieser musste die Kosten selbst übernehmen; eine gute Investition, denn „A Christmas Carol“ ging nicht nur in die Literatur-, sondern auch in die Kulturgeschichte ein. „Eine Weihnachtsgeschichte“ erschien in den Sprachen dieser Welt, wurde als Theaterstück adaptiert, als Hörspiel ausgestrahlt und selbstverständlich immer wieder verfilmt. Zu tief hatte Dickens an einem Nerv gerührt, der beim Menschen vor allem zur Weihnachtszeit empfindlich ist: Ebenezer Scrooge, ein hartherziger aber nicht grundsätzlich böser, sondern eher unglücklicher Mensch, wird durch den Besuch seines verstorbenen Geschäftspartners sowie durch eine Art Zeitreise durch das eigene Leben, auf der ihn drei Geister führen, aus seiner Gefühlsstarre gerissen und verwandelt sich in einen Menschenfreund.
Dies las sich schon 1843 naiv und ging doch ans Herz, weil Dickens alle Register zog. „A Christmas Carol“ wurde zu DER Weihnachtsgeschichte. Noch die geringste Nebenfigur gewann eigenen Ruhm. Der arme, kleine, kranke „Tiny Tim“ schaffte es sogar ins 3. Jahrtausend und trat als weihnachtsgeplagter, reparaturanfälliger Roboter in der Zeichentrickserie „Futurama“ auf. Und Ebenezer Scrooge verschmolz ab 1947 kongenial mit Scrooge McDuck alias Dagobert Duck.
Was bereits darauf hinweist, dass nicht sämtliche Leser in Bewunderung oder Rührung zerflossen. „A Christmas Carol“ birgt wie jeder Archetyp bereits den Keim der eigenen Parodie in sich. Die Konstruktion der Story bietet wunderbare Kontakt- bzw. Angriffsflächen. Drei Geister erscheinen, die Scrooge sein in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verpfuschtes Leben vor Augen führen. Diese Episoden lassen sich mit eigenen Inhalten füllen, was die Geschichte in völlig neue Bahnen lenkt.
|Abkupfern und umformen|
Adam Roberts ist nur einer von unzähligen Autoren, die sich der dickensschen Vorlage bedient haben. Roberts gilt als Humorist, was zwar keinesfalls zutrifft, seinem Erfolg jedoch keinen Abbruch tut, da der Autor schlau genug ist, sich nicht auf sein diesbezügliches Talent zu verlassen, sondern sich an aktuelle Erfolgstrends hängt, die er ‚witzig‘ veredelt. So stieß es u. a. der „Millenium“-Trilogie von Stieg Larsson, aber auch dem Film-Dreiteiler „Der Herr der Ringe“ zu, der Roberts gleich zu zwei Parodien inspirierte; zum „Hobbit“-Dreiteiler ist er erneut mit einem entsprechenden Werk am Start.
Nun ist die „Weihnachtsgeschichte“ zwar alles andere als aktuell, aber Roberts fand dennoch seinen Zugang: Derzeit höchst erfolgreich sind in allen Unterhaltungsmedien die Zombies. ‚Dank‘ des Autors Seth Grahame-Smith und seines Untoten-Ulks „Pride and Prejudice and Zombies“ (dt. „Stolz und Vorurteil und Zombies“) existiert seit 2009 sogar eine Horror-Nische, in der die Klassiker der Literaturgeschichte von lebenden Leichen gestürmt werden.
Darauf beschränkt sich der unterhaltsame Mehrwert in der Regel, was den humoristischen Reiz – falls überhaupt vorhanden – rasch verfliegen lässt. Nichtsdestotrotz hieb auch Adam Roberts gleich 2009 beherzt in die vorgegebene Kerbe. Da der „Monster-Mash-up“ zur Verbrauchs-Literatur mit begrenzter Haltbarkeit gehört, griff sich Roberts keinen Roman, sondern eine Novelle heraus. So konnte er die Arbeit minimieren, die es mit sich brachte, Ebenezer Scrooge mit einer Zombie-Epidemie zu konfrontieren, und das Ergebnis so rasch wie möglich auf den Buchmarkt werfen.
|“Witz ist glitzernder Schaum der Oberfläche“|
So sprach der Dichter Peter Sirius (1858 – 1913), um so fortzufahren: „Humor ist die Perle aus der Tiefe.“ Mit der ersten Feststellung liegt er richtig, mit der Zweiten stellt er fest, was Adam Roberts nicht geborgen hat. „Eine Weihnachtsgeschichte“ plus Zombies! Was konnte da schiefgehen? Vom Standpunkt des Marketings vermutlich nichts, denn dass sich hinter dieser unschlagbaren Kombination ein denkbar witzflaues und auch sonst mattes Machwerk verbirgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Für das Weihnachtsgeschäft und dort als nettes, angenehm kostengünstiges Geschenk für den lesenden Gruselfreund taugt dieses „Weihnachts-Zombiemärchen“ allemal.
Nur in dieser Funktion ist es denn auch erträglich. Schon nach wenigen Seiten fragt sich der ungeachtet des Themas entgeisterte Leser, welcher Teufel den Verfasser geritten haben mag. „Eine Weihnachtsgeschichte“ und Zombies passen zumindest so, wie Roberts die Sache angeht, eben nicht zusammen. Die Untoten werden einer Handlung gewaltsam aufgezwungen, in der sie sichtlich gar nichts verloren haben. Roberts‘ Scheitern ist mindestens so schmerzhaft wie ein Zombiebiss, seine Horror-Humor-Mixtur nicht einmal un-, sondern mausetot.
Das Spiel mit dem Original, das wenigstens in der Grundstruktur unberührt bleiben muss, damit die parodistischen Verfremdungen umso stärker wirken, ist auch deshalb verlorene Liebesmühe, weil die Mehrheit der modernen Leser die historische Vorlage selbst nicht kennt. Etwaige Wortspiele gehen deshalb sowie in der Übersetzung verloren. Lieblos aufgepfropfte Zombie-Ekeleien bieten keinen Ersatz, da ihr Zweck allzu eindeutig ist: Roberts lässt beißen, wenn und weil ihm keine logische Fortsetzung der sinnlosen Story einfällt.
|Missratener Humor kann Schmerzen bereiten|
Charles Dickens nahm sich die Zeit, nicht nur Ebenezer Scrooge, sondern auch seinen geplagten Angestellten Cratchit oder den Neffen Fred sorgfältig zu charakterisieren. Jacob Marley, den Roberts im Rahmen einer Zombie-Metzelei verheizt, ist eine für die Handlung wichtige Figur, zeigt sie Scrooge doch als Geist, wie auch er enden könnte, und leitet den Besuch der drei Weihnachts-Geister ein.
Roberts lässt diese ohne entsprechende Ankündigung auftreten, was nicht nur Scrooge, sondern auch der Leser spätestens dann übelnimmt, als sich der „Geist der künftigen Weihnacht“ als Prolet aus dem 21. Jahrhundert entpuppt. Sein Dummsprech-Slang soll komisch sein, lädt aber zumindest in der deutschen Übersetzung nur zum Fremdschämen ein.
Besondere Botschaften haben die Geister nicht an Scrooge. Stattdessen schleppen sie ihn durch die Lüfte und lassen ihn beobachten, wie die Zombies durch die Straßen von London toben. Dies bringt zwar die Geschichte nicht voran, bietet dem Verfasser aber Raum für ‚witzige“ Episoden, in denen u. a. Königin Viktoria einen Zombie mit der Reichskrone erledigt oder Jack the Ripper – der in Scrooges Epoche gar nichts verloren hat – unter die Untoten gerät.
Die Story selbst bietet in einem endlosen Mittelteil Zeitreise-SF aus zweiter bis dritter Hand. Schließlich kehrt Scrooge ins 19. Jahrhundert zurück und wird endlich in ein nicht einmal als Witz funktionierendes Komplott eingeweiht. Eine Auflösung erspart sich Roberts; die Geschichte endet quasi mitten im Satz. Auf diese Weise erreicht des Lesers „Gehürn!“, nach dem die Zombies ständig rufen, jene Weißglut, die es ermöglicht, ihm den Autorennamen „Adam Roberts“ als ewig dem Vergessen trotzende Warnung einzugravieren.
_Autor_
Adam Roberts wurde am 30. Juni 1965 in London geboren. Zur Schule ging er in der Grafschaft Kent, studiert hat er Englische Literatur sowie Literaturgeschichte an der University of Aberdeen sowie in Cambridge. Seit 1991 gehört Roberts dem Royal Holloway College der University of London als Dozent für Englische Literatur und Lehrer für Kreatives Schreiben an.
Die Science-Fiction beschäftigte Roberts zunächst wissenschaftlich. Er folgte dem Genre zu seinen Wurzeln im 19 Jahrhundert. In den 1990er Jahren begann Roberts selbst SF zu schrieben. Er debütierte 2000 mit dem Roman „Salt“ (dt. „Sternennebel“), der 2001 für einen „Arthur-C.-Clarke-Award“ nominiert wurde. (Roberts musste sich China Miéville mit „Perdido Street Nation“ geschlagen geben.)
Roberts erwies sich als ebenso produktiver wie einfallsreicher SF-Autor. Typisch für ihn sind bizarre Ausgangssituationen, deren Auswirkungen er konsequent auf die Spitze treibt. Unter Pseudonymen wie A. R. R. R. Roberts, A3R Roberts oder Don Brine verfasst Roberts außerdem Parodien auf multimediale Welterfolge wie „Der Herr der Ringe“ oder „Star Wars“.
Mit seiner Familie lebt und arbeitet Adam Roberts in London.
|Taschenbuch: 174 Seiten
Originaltitel: I Am Scrooge – A Zombie Story for Christmas (London : Victor Gollancz/Orion Publishing Group 2009)
Übersetzung: Thomas Schichtel
ISBN-13: 978-3-404-16742-5|
http://www.adamroberts.com
http://www.luebbe.de
In neun Erzählungen und einem Kurzroman beweist Bram Stoker, dass er mehr ist als der Schöpfer des Vampir-Fürsten Dracula:
– Die Squaw (The Squaw, 1893): Ein dummer Scherz endet böse und lässt eine Katzenmutter zur rächenden Schicksalsgöttin mutieren.
– Das Festmahl der Ratten (The Burial of the Rats, 1896): Im Paris des Jahres 1850 gerät der unvorsichtige Tourist unter Räuber und Mörder, die ihn durch eine bizarre Unterwelt aus Müll und Schmutz jagen. Bram Stoker – Im Haus des Grafen Dracula weiterlesen →
Nach einem halben Jahrhundert im Filmgeschäft ist Tobe Hooper ein Veteran, der keinerlei Illusionen mehr über die Unterhaltungsindustrie hegt. Als man ihn als Stargast auf ein Film-Festival einlädt, wundert er sich deshalb nicht, dass dieses zwar in seiner alten Heimatstadt, dem texanischen Austin, jedoch nicht in einem modernen Kino, sondern in einer verrufenen Spelunke stattfinden wird. Hooper lässt sich dennoch locken, denn Veranstalter Dude McGee kündigt an, den Film „Destiny Express“ zu zeigen. 1959 war dies viele Jahre vor „Texas Chainsaw Massacre“ Hoopers Film-Erstling gewesen, der niemals öffentlich gezeigt wurde und als verschollen galt.
Hooper ist neugierig, zumal er sich an sein eigenes Werk nicht mehr erinnern kann; ein schwerer Unfall hat in jungen Jahren sein Gedächtnis geschädigt. Die verspätete Premiere enthüllt kein frühes Meisterwerk, ist aber ein bizarres Erlebnis, das den Zuschauern im Gedächtnis bleiben wird: Wer „Destiny Express“ gesehen hat, beginnt sich wenig später zu verändern, wird erst sexsüchtig, dann gewalttätig und fällt schließlich hungrig über seine Mitmenschen her, die sich nach solcher Attacke selbst wie beschrieben verwandeln.
Bis der Ausbruch dieser Zombie-Epidemie bemerkt wird, kann sie sich rasend schnell ausbreiten. Medizinisch ist ihr nicht beizukommen, landesweites Chaos droht. McGee hat „Destiny Express“ inzwischen als Auslöser von „The Game“, wie die Seuche genannt wird, erkannt. Er informiert Hooper, der sich mit einem schnell gefundenen Mitstreiter, dem Filmkritiker Erick Laughlin, um Aufklärung bemüht. Das Duo beginnt seine Recherchen mit der Rekonstruktion der Ereignisse von 1959 und stellt fest, dass McGee in der Tat richtig liegt. Diese Erkenntnis gipfelt in dem Plan, den alten Film als „Destiny Express Redux“ neu und in der Hoffnung zu verfilmen, der Zombie-Seuche auf diese Weise Einhalt zu gebieten …
_Ein Ventil für aufgestauten Frust_
Tobe Hooper: ein Kult-Regisseur, Vertreter eines ‚unabhängigen‘ Filmschaffens außerhalb der großen Hollywood-Studios, Galionsfigur des modernen Horrorkinos – und eine tragische Gestalt, der mehr interessante Projekte geplatzt sind als verwirklicht werden konnten. Seit Anfang der 1960er Jahre ist Hooper im Film- und Fernsehgeschäft. In diesen Jahren hat er unzählige TV-Auftragsproduktionen hinter sich gebracht, um ’seine‘ Filme drehen zu können. Nach vielversprechendem Auftakt und einer Karriere, die ihn bis an die Seite von Stephen Spielberg brachte, versank Hooper in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre im trüben Tümpel der eher obskuren B- und C-Movies.
Seit 2006 wollte man ihn nicht einmal mehr für TV-Horror engagieren. Einen Mann, der das Kino liebt, muss die aufgezwungene Untätigkeit zermürbt haben. Wie sonst ließe sich ein Roman wie „Midnight Movie“ erklären? Frustration und der daraus resultierende Wille, auf andere Weise schöpferisch tätig zu werden, wären außerdem eine gute Entschuldigung, denn Tobe Hooper, der Autor, ist definitiv ein noch schlimmerer Flop als beispielsweise Hooper als Regisseur von „The Mangler“ (1995); wer diesen Film kennt, weiß um die schreckliche Wahrheit dieser Äußerung.
2009 war Hooper jedenfalls soweit, sich als ‚Schriftsteller‘ zu versuchen. Obwohl er durchaus eigene Drehbücher verfasst hat – darunter allerdings auch das zu „The Mangler“ -, betrat er damit Neuland, weshalb er sich einen Profi zur Seite stellen ließ. Alan Goldsher ist zudem ein Lohnschreiber, dem das Honorar über die offizielle Autorenschaft geht; das Ergebnis ist freilich entsprechend, was Hooper in seiner Danksagung zwar leugnet, wir Leser aber nach der Lektüre von „Midnight Movie“ wissen.
|Worum gehts hier eigentlich?|
Obwohl es natürlich sein könnte, dass Hooper die Hauptverantwortung für eine Story trägt, die schwach beginnt, sich im Hauptteil in Horror-Routinen und irrelevanten Nebensächlichkeiten verzettelt und schließlich in einem gänzlich missratenen, eigentlich sogar ausgefallenen Finale mündet bzw. verendet.
Die Ähnlichkeit zu „The Ring“ spricht Hooper selbst an. Um eine Antwort auf die Frage, auf welche Weise die Sichtung eines Films Menschen in Zombies verwandeln kann, drückt er sich natürlich; eine kluge Entscheidung angesichts der nun folgenden Ereignisse. „Midnight Movie“ stoppt nach dem ersten Romandrittel, um in einen Mittelteil einzumünden, der die ohnehin dünne Handlungsstringenz endgültig zerfallen lässt.
Schon die ersten Kapitel bieten in erster Linie Ausschnitte aus fiktiven Tagebüchern der Protagonisten. Außer Hooper und Laughlin äußern sich die Studentin/Kellnerin Janine Daltrey oder der Schauspieler und Hooper-Freund Gary Church. Der Mittelteil bietet eine wirre Mischung aus Zeitungsartikeln, Websites, Blogtexten, Mails u. a. Informationsträgern. Die Handlung muss sich der Leser selbst zusammenpuzzeln, was allerdings einfach ist, weil sie den für den Zombie-Horror üblichen Vorgaben folgt und folgerichtig wenig spannend wirkt.
|Man hat ja einen Ruf zu verteidigen|
Da Tobe Hooper der Regisseur von „Texas Chainsaw Massacre“ ist, versucht er, die Ekel-Schraube anzuziehen, indem er ’seine‘ Zombies in zwangssexuelle Kreaturen verwandelt, die ihre Opfer nicht nur fressen wollen. Falls Hooper glaubte, in dieser Hinsicht Maßstäbe setzen zu können, hat er sich geirrt: In Sachen Horror plus (Ekel-) Sex haben ihn Autoren wie Tim Curran, Bryan Lee oder Edward Lee längst überholt bzw. weit in den Schatten gestellt. „Midnight Movie“ wirkt im Vergleich beinahe rührend altmodisch.
Mit aller Macht und letztlich krampfhaft ist Hooper bemüht zu beweisen, dass er auch im ‚modernen‘ Horror Maßstäbe setzen kann. Umso spektakulärer ist sein Scheitern, gerinnt „Midnight Movie“ doch zu einer endlosen Sammlung altmännerhafter Schweinigeleien, die den Leser sich fremdschämend eher grinsen lassen. Hinzu kommen (sanfte) Insider-Lästereien über ein Hollywood, das Freigeister wie Tobe Hooper nicht zu würdigen weiß und den Geldhahn nur für massenkompatiblen Kino-Brei aufdreht; die Frustspitzen seien ihm gegönnt.
Offen muss die Frage bleiben, ob sich Hooper & Goldsher auch im Original jener prollig saloppen, pseudo-‚jugendlichen‘ Ausdrucksweise befleißigen, deren Originalität sich im immer neuen Anzapfen der Vulgär- und Fäkalsprache erschöpft, wobei die Ergebnisse gern gemischt werden. Das Ergebnis ist weder authentisch noch schockierend, sondern als künstliches Konstrukt erkennbar sowie schlicht lächerlich.
|Zombies haben wenigstens ein Ziel!|
Es mag zwar nur darin bestehen, die Lebenden anzunagen, aber man versteht wenigstens, was sie umtreibt. Über „Midnight Movie“ bzw. seinen Verfasser lässt sich das nicht sagen. Anscheinend ging es Hooper nur darum, die Untoten geil und schmuddelig wüten zu lassen. Eine darüber hinausgehende Handlungsvision hatte er wohl nicht. Nachdem knapp 350 Seiten mit entsprechenden Ergüssen gefüllt waren, fiel Hooper auf, dass er seinem „Texas Zombie Massacre“ irgendwie ein Ende bereiten musste.
Das Erste ist ihm gelungen, das Zweite leider nicht. Die ‚Begründung‘ für den Schrecken, der durch „Destiny Express“ in die Welt gebracht wurde, ist mindestens so fadenscheinig wie das gegen die Zombie-Seuche entwickelte ‚Gegenmittel‘. Das daraus resultierende Finale ist eine Schande. Es erschöpft sich in kruden, willkürlich aus dem Autorenhirn gewrungenen Grusel-Effekten, was die völlige Abwesenheit von Logik nie ausgleichen kann. Selbstverständlich fehlt nicht der ‚überraschende‘ Schlusstwist, der zu allem Überfluss eine Fortsetzung androht. (Glücklicherweise wurde Hooper abgelenkt: Mit Geld aus den Vereinigten Arabischen Emiraten konnte er 2012 endlich einen neuen Film inszenieren.)
Wenigstens bleiben die meisten Hauptfiguren tot auf dem Schlachtfeld zurück. Es handelt sich unabhängig vom Geschlecht ausnahmslos um Widerlinge, Hohlköpfe und Drecksäcke, die es gar nicht früh genug erwischen kann. Richtig peinlich ist ein zwanghaft juveniler Hooper, der sich – ein Mittsechziger! – unter das ansonsten die Handlung bestimmende Jungvolk mischt. Ist diese Charakterzeichnung ironisch gedacht? Angesichts der akuten Humorlosigkeit dieses Romans scheint dies kaum wahrscheinlich. Faktisch reiht sich „Midnight Movie“ damit endgültig in die Liste der Hooper-Flops ein.
_Verfasser_
Der Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent _Tobias Paul Hooper_ wurde am 25. Januar 1943 in Austin, US-Staat Texas, geboren. Nach eigener Auskunft wollte er schon als Kind ins Filmgeschäft. Tatsächlich entstanden erste Kurzfilme bereits 1959 und 1963. Darüber hinaus drehte er mehr als 60 TV-Dokumentationen. 1969 realisierte er seinen ersten Spielfilm. Auf dem „Atlanta Film Festival“ wurde Hooper für „Eggshell“ ausgezeichnet, doch einen Verleih fand er nicht. Frustriert beschloss er einen Genrefilm zu drehen, der auf jeden Fall sein Publikum finden würde. Für weniger als 100.000 Dollar drehte Hooper 1974 „The Texas Chainsaw Massacre“ („Blutgericht in Texas“). Ihm gelang ein Sensationserfolg, doch wurde der Regisseur von seinen Produzenten ausgebootet und sah kaum etwas von den Millionen, die dieser Film in den nächsten Jahren einspielte.
Immerhin hatte sich Hooper einen Namen machen können. 1979 inszeniert er den erfolgreichen TV-Zweiteiler „Brennen muss Salem“ (nach einem Roman von Stephen King), 1982 heuerte ihn Stephen Spielberg als Regisseur für „Poltergeist“ an. Doch Hooper konnte den frühen Erfolg nicht nutzen, um sich nachhaltig in Hollywood zu etablieren. Spätere Filme wie „Lifeforce – Die tödliche Bedrohung“ (1985) oder ein Remake des SF-Klassikers „Invasion vom Mars“ (1986) waren alles andere als Kassenschlager. Hooper sank in die Obskurität eines ’selbstständigen‘ Filmemachers zurück. Die meisten Drehbücher blieben Entwürfe, Hooper inszenierte Filme mit knappen Budgets und arbeitete wieder für das Fernsehen.
_Alan Goldsher_ (geb. 1967) ist Produzent für Gebrauchsliteratur und fabriziert, was gerade Lese-Mode ist. Zwischen 2008 und 2010 belieferte er die Abverkaufs-Tische der Buch-Supermärkte mit „Chick-Lit“-Junkfood für pubertierende Mädchen. Derzeit konzentriert er sich auf sog. „Mash-up“-Horror und mischt Realhistorisches mit gruselwitzigen Fiktionen, in denen u. a. die „Beatles“ untot ihr Unwesen treiben.
Jenseits seiner ’schriftstellerischen‘ Aktivitäten arbeitete Goldsher mehr als zehn Jahre als Studiomusiker (Gitarre) und spielte für diverse Bands und Sänger auf Tournee-Bühnen. Er schreibt weiterhin Artikel für Fachzeitschriften. Darüber hinaus ist er Gastgeber von „Book it with Alan Goldsher“, der „ersten interaktiven Talkshow rund ums Schreiben, Lesen und Veröffentlichen“.
|Taschenbuch: 383 Seiten
Originaltitel: Midnight Movie (New York : Three Rivers Press/Crown Publishing Group/Random House, Inc. 2011)
Übersetzung: Diana Beate Hellmann
Deutsche Erstveröffentlichung: Oktober 2012 (Bastei Lübbe/Allgemeine Reihe 20669)
ISBN-13: 978-3-404-20669-8
Als eBook: Oktober 2012 (Bastei Lübbe)
ISBN-13: 978-3-8387-1562-9|
http://www.luebbe.de
01 [„Der letzte Vampir“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4613
02 [„Krieg der Vampire“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5894
03 [„Vampirfeuer“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6230
04 _“Vergeltung der Vampire“_
05 „32 Fangs“ (noch ohne dt. Titel)
_Laura Caxton sitzt fest._ Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Um ihr Zeil zu erreichen, hatte sie in [„Vampirfeuer“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6230 ihre Kompetenzen überschritten und zur Folter gegriffen. Dafür ist sie in einem Hochsicherheitsgefängnis gelandet – kein guter Ort für eine Polizistin, denn hier wird sie von den Wärtern verachtet und den Mitgefangenen gehasst. Ihr Vorhaben ist es nun, den Kopf einzuziehen, sich unauffällig zu verhalten und ihre Strafe abzusitzen. Doch da hat sie die Rechnung ohne Justinia Malvern gemacht …
Die uralte Vampirin hat in Laura offensichtlich ihre Nemesis erkannt und heckt einen komplizierten Plan aus, um Lauras habhaft zu werden. Mit Hilfe einer Schar Halbtoter und der Unterstützung der Gefängnisdirektorin (der sie im Gegenzug das ewige Leben versprochen hat) übernimmt sie die Herrschaft über das Gefängnis. Die Insassinnen werden zu Blutspenden herangezogen, was Malvern in einen gut genährten Vampir verwandelt. Sie schickt eine Armada Halbtoter in den Hochsicherheitstrakt, die Caxton fangen und ihr lebend bringen sollen. Doch Caxton ist nicht so einfach gefangen zu nehmen. Mit ihrer Zellengenossin erkämpft sie sich freie Bahn und kann sich fortan relativ frei, allerdings nur rudimentär bewaffnet, auf dem Gefängnisareal bewegen. Doch Malvern hat noch ein Ass im Ärmel: Lauras Freundin Clara, die sie in ihre Gewalt gebracht hat. Und Laura hat 23 Stunden, um Clara das Leben zu retten, indem sie sich selbst Malvern ausliefert.
_Wer die drei_ vorangegangenen Bände nicht gelesen hat, braucht die Lektüre von „Vergeltung der Vampire“ nicht zu scheuen. Wellington macht den Einstieg leicht, indem er zwar die wichtigsten Eckdaten seines Universum liefert, ansonsten jedoch eine in sich abgeschlossene Story bietet, mit der auch neue Leser ohne Probleme zurechtkommen können. Der in sich geschlossene Handlungsort (Wellington verlässt nur am Anfang und am Ende kurz das Gefängnis) tut ein übriges, um neue Leser mitzunehmen und ihnen alle Chancen zu geben, sich von Wellingtons Hochgeschwindigkeitsplot mitreißen zu lassen. Denn Wellington bietet auch hier wieder alles, was man mit seinem Namen verbindet: kurze, knackige Kapitel, eine actionlastige Handlung, kaum Verschnaufpausen und im Ganzen ein Roman, der ohne Ballast auskommt und der so dermaßen schnell voranschreitet, dass man auch als Leser kaum die Möglichkeit hat, zu Atem zu kommen.
Laura Caxton bekommt dazu ebenfalls kaum Gelegenheit. Seit dem Beginn der Reihe hat sie eine beachtliche Entwicklung durchgemacht, denn mittlerweile kann sie sich problemlos mit allerlei Actionhelden messen. John McLane in „Stirb Langsam“ kommt dem Leser zuweilen in den Sinn, genauso wie Ripley aus „Alien“. Dass sich gerade diese Vergleiche aufdrängen, liegt auch am Setting. Wie in „Stirb Langsam“ oder „Alien“ konzentriert sich die Handlung auf einen begrenzten Ort. Wie eine Maus im Labyrinth muss sich Caxton durch Gänge kämpfen und Halbtote überwinden, um schließlich ihrem Gegner gegenüberzustehen. Das Setting ist für den Roman also ein echter Glücksgriff. Auch, weil Wellington durchaus Zeit darauf verwendelt, das Klaustrophobische und Bedrückende des Gefängnisalltags darzustellen. Man fühlt sich mit Caxton eingesperrt sowohl an diesem Ort als auch in dieser Lage und es gilt, beidem irgendwie zu entkommen. Dieses grundlegende menschliche Bedürfnis nach Freiheit durchzieht den Roman – gleichzeitig stellt Wellington Caxton aber ein Hindernis nach dem anderen in den Weg, woraus die unglaubliche Spannung von „Vergeltung der Vampire“ entsteht.
Darum ist es noch nicht einmal Justinia Malvern, die hier der zentrale Gegenspieler ist. Stattdessen ist es der Ort der Handlung, den es zunächst zu überwinden gilt – um eben dann Malvern gegenübertregen zu können. Trotzdem gibt sie natürlich als vampirischer Mastermind ihr Bestes. Der von ihr erdachte Plan zeugt von geradezu fanatischen Rachegelüsten und wird in seiner ganzen Perfidität erst am Schluss des Buches klar. Denn natürlich endet Wellington auch hier wieder mit einem Cliffhanger. Offensichtlich hat er noch nicht genug von Laura Caxton und ihren Vampiren. Recht hat er, denn auch als Leser möchte man sofort wissen, wie es wohl weitergeht. Der fünfte Band wird dann aber wohl tatsächlich der finale Showdown sein. Mit dem Ende seiner Reihe um Laura Caxton darf er sich dann rühmen, im Genre Vampirroman eine der dichtesten, spannendsten und auch blutigsten Serien geschrieben zu haben. Diesen Titel macht ihm im Moment keiner so leicht streitig.
Zu wünschen wäre Wellington und seinen Fans, dass sich jemand die Filmrechte an „Vergeltung der Vampir“ sichert. Der Roman würde einen falbelhaften Actionkracher abgeben. Denn gegen Laura Caxton sähe mittlerweile wohl sogar Blade alt aus.
|Taschenbuch: 368 Seiten
Originaltitel: 23 Hours
Übersetzung aus dem Amerikanischen: Andreas Decker
ISBN 9783492267205|
http://www.piper-fantasy.de
_David Wellington bei |Buchwurm.info|:_
[„Vampirfeuer“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6230
[„Stadt der Untoten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4980
[„Welt der Untoten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6563
Eines Tages kehrten die Toten aus ihren Gräbern zurück. Sie überrannten die überraschten und entsetzten Lebenden und haben die meisten von ihnen entweder gefressen oder gebissen, was zuverlässig weitere Zombies entstehen lässt. Unter dem milliardenfachen Ansturm der von der Gier nach Menschenfleisch beherrschten, nur durch einen gezielten Kopfschuss auszuschaltenden Untoten ist die Zivilisation zusammengebrochen.
Auch die USA existieren nicht mehr. Versprengte Gruppen verzweifelter Flüchtlinge suchen nach Orten, an denen sie vor den Zombies sicher sind. Zu ihnen gehören die Brüder Philip und Brian Blake. Mit Tochter bzw. Nichte Penny sowie den Freunden Nick und Bobby, die ebenfalls von der Apokalypse entwurzelt wurden, machen sie aus der heimatlichen Provinz des US-Staates Georgia auf in die Hauptstadt Atlanta. Dort soll die Regierung ein Flüchtlingslager eingerichtet haben, zu dem man sich durchschlagen will.
Die Reise wird zu einer Odyssee des Grauens. Überall lauern die Untoten, die niemals schlafen und immer hungrig sind. Jeder Moment der Unaufmerksamkeit oder gar der Entspannung ist lebensgefährlich. Ohne den charismatischen aber auch jähzornigen und skrupellosen Philip wäre die Gruppe verloren. Energisch lässt er das Ziel ansteuern. Aber das endlich erreichte Atlanta erweist sich als Metropole der Untoten. Sie haben jeglichen menschlichen Widerstand längst weggefegt.
Selten treffen die Flüchtlinge auf lebende Leidensgefährten. Die Menschen sind nicht nur vor den Zombies auf der Hut. Selbsternannte ‚Führer‘ nutzen die Gunst der Stunde und schaffen sich kleine Königreiche. Jeder ist sich in dieser Welt selbst der Nächste – eine Lektion, die schnell gelernt sein muss, bevor es zu spät ist …
_Zombies als Superstars!_
2003 hatte Autor Robert Kirkman die Idee seines Lebens: Er schuf (in Zusammenarbeit mit dem Zeichner Tony Moore, der später von Charlie Adlard abgelöst wurde) die Comic-Serie „The Walking Dead“. Hier mischten sich geschickt inhaltlich einschlägige Klischees und formale Brillanz und generierten einen durchschlagenden Erfolg. Dieser gipfelte 2010 in einer gleichnamigen TV-Serie, die ihrerseits zumindest dort neue Maßstäbe setzte, wo es um die offene Darstellung plakativen Horrors ging: Spätestens jetzt hatte das Fernsehen den Horrorfilm eingeholt oder sogar übertroffen.
Die Möglichkeit, malerisch zerfallende, kannibalische, aufregend hässliche Zombies explizit darzustellen, ist sicherlich DAS Pfund, mit dem „The Walking Dead“ als Comic und im Fernsehen wuchern kann. Als Treibriemen dienen der Handlung ansonsten seit Jahrzehnten bewährte und zweckdienlich adaptierte Seifenoper-Elemente, die vor allem die in der US-Unterhaltungskultur unentbehrlichen |family values| durchspielen. Im Mittelpunkt des Geschehens steht eine kleine Gruppe Überlebender um den ehemaligen Sheriff Rick Grimes. Man schlägt sich und verträgt sich wieder, intrigiert und sympathisiert, während in regelmäßigen Abständen die Zombies angreifen und für Abwechslung sowie den Abgang diverser Haupt- (selten) und Nebenfiguren (ständig) sorgen.
Auf diese Weise funktionierten früher u. a. TV-Western-Serien, mit denen sich „The Walking Dead“ gut vergleichen lässt. Die Zombies ersetzen die feindlichen Indianer, die wiederum vor allem die Bedrohung von außen symbolisieren, der sich die belagerte Gruppe zu stellen hat. Nicht mehr wie einst mit den Planwagen, sondern in Kombis und geländegängigen SUVs ziehen die Überlebenden durch das Land und bilden eine schützende Wagenburg, wenn sie ihr Lager aufschlagen.
Da Flucht unmöglich ist, müssen sonst verdrängte Konflikte ausgetragen werden, was nicht nur die Gruppendynamik erhöht, sondern auch für zwischenmenschlichen Wirbel sorgt. Dabei müssen die Untoten keineswegs ständig sichtbar sein. Das Wissen um ihre Präsenz sorgt bereits für eine ständige Spannung, die sich immer wieder entladen muss.
|Der Aufstieg eines entschlossenen Irren|
In der TV-Serie trat der sadistische „Gouverneur“ Philip Blake erst in der dritten Staffel erstmals auf. Schon in seiner gezeichneten Inkarnation hatte er sich als Bösewicht etabliert, den man gern hasste, weil er so abwechslungsreich böse war. Allerdings tauchte er als uneingeschränkter Herrscher von Woodbury quasi aus dem Nichts auf – ein Warlord und ein irres Genie, wie es nur die triviale Unterhaltung hervorbringen kann.
Da der Erfolg von „The Walking Dead“ auch auf möglichst breiter Medienpräsenz beruht, verstärkt das Franchise sein Fundament, indem es nun Romane auf den Markt wirft. Robert Kirkman beschloss, die Vorgeschichte des „Gouverneurs“ in eine Buch-Trilogie zu gießen. Da ihm auf diesem Gebiet die notwendige Erfahrung (noch) fehlte, stellte man ihm einen Profi zur Seite. Jay Bonansinga schreibt nicht nur Horror-Romane, sondern ist außerdem nachweislich ein schneller Autor, was für das Franchise den letzten Ausschlag gab; literarische Qualitäten standen dagegen eher nicht auf dem Anforderungsprofil, wie der Blick auf das Bonansingasches Œvre rasch enthüllt.
Freilich trägt nicht Bonansinga, sondern Kirkman die Schuld daran, dass dieser „Walking-Dead“-Roman der Serie einen Bärendienst erweist. Was gezeichnet oder in Szene gesetzt eindrucksvoll und erschreckend wirkt, ist und bleibt hier Papier. Kirkman hat keine originellen Ideen, und Bonansinga ist ein Zeilenfüller. Das Ergebnis ist Horror-Junkfood, wie es durchschnittlicher kaum sein könnte.
|Nicht Neues nach dem Ende der Welt|
Faktisch hat George A. Romero in seinen ersten drei „Zombie“-Filmen alles Themenrelevante gesagt. Er stellte es unfreiwillig selbst unter Beweis, als er in seiner zweiten Zombie-Trilogie zum eigenen Plagiator wurde. In der Tat ist das von den Untoten präsentierte Schreckens-Spektrum denkbar schmal. Wir können keine Raffinesse von Kreaturen erwarten, deren Hirne bis auf den Hirnstamm abgestorben sind. Instinktgesteuert herrschen sie allein durch ihre Quantität: Für jeden mühsam endgültig ausgeschalteten Zombie springen umgehend zehn neue Moderlinge in die Bresche.
Diese Omnipräsenz ist es, die sie so gefährlich macht. Kirkman favorisiert die ‚klassischen‘ Zombies, die ungelenk und ohne Intelligenz umher schlurfen. Dies macht sie nicht faszinierender. Viele, viele Seiten füllt das Autorenduo mit detailfroh geschilderten Schlachten zwischen Mensch und Zombie. Diese folgen identischen Mustern, sodass sie schnell langweilen. Kirkman & Bonansinga versuchen gegenzusteuern, indem sie ihre Helden die Zombies förmlich pürieren lassen – zwecklos, wenn man dies nicht sehen kann.
Zu den unverzichtbaren Elementen erfolgreicher, d. h. routiniert nach bewährten Mustern gestrickter Unterhaltung gehört der schon erwähnte menschliche Faktor. Sogar der „Gouverneur“ schlüpfte nicht als Finsterling aus einem Schlangenei. Umstände und Erfahrungen haben ihn geprägt. Nun erzählt uns Kirkman, was ihm zugestoßen ist. Bloß: Wollen wir das eigentlich wissen?
|Auch große Schurken fangen klein an|
Die Antwort lautet wie so oft „Nein!“ Ein ‚erklärter‘ „Gouverneur“ ist auch ein ‚entzauberter‘ „Gouverneur“. Sobald wir wissen, wie er entstand, hat sich mit dem Mythos ein Großteil der Faszination verflüchtigt. Dies gilt vor allem, weil Kirkman & Bonansinga uns diese Vorgeschichte abermals mit der ganz groben Kelle servieren.
Bruderzwist, Dauerstress, der Verlust von Familienangehörigen und Freunden, Verrat durch Räuber, die eigentlich Verbündete sein müssten: Es ist nie schlüssig nachvollziehbar, wieso ausgerechnet Philip Blake aus diesen Erlebnissen die Kraft zieht, sich zum Tyrannen aufzuschwingen. Die Figurenzeichnung gibt die dafür erforderliche Stärke nicht her. Die Autoren haben es selbst bemerkt, weshalb sie Blake auf den letzten Seiten eine Epiphanie erleben lassen: Als er vor die Gemeinde von Woodbury tritt, zuckt ihm eine Art Blitz durchs Hirn, der ihn schlagartig in den „Gouverneur“ verwandelt.
Auch sonst stammen die von den Autoren oft beschworenen Emotionen aus der Plastikflasche: Sie werden wie Ketchup über das blutige Geschehen gegossen. Die entstehende Mixtur ist geschmacklich indifferent. Noch viele, viele hundert Romanseiten wird sich dies fortsetzen und die Rechnung des Franchises dabei aufgehen: Bestseller-Status ist für die „Walking-Dead“-Trilogie vorprogrammiert. Der kritischer eingestellte Leser, der seine Lektüre durchaus mit einigen frischen Ideen versetzt vorzieht, kann auf diesen „Roman zur Blockbuster-Kultserie“ – eine brachiale Wortneuschöpfung skrupel- und grammatikbefreiter Werbestrategen – getrost verzichten.
_Autoren_
Robert Kirkman (geb. 1978) ist (bisher) weniger als Schriftsteller, sondern als Autor für Comics bekannt geworden. Schon 2000 brachte er in Zusammenarbeit mit dem Zeichner Tony Moore die Superhelden-Parodie „Battle Pope“ heraus. Nach einigen anderen Projekten verwirklichten Kirkman und Moore ab 2003 „The Walking Dead“. Aufgrund ständiger Terminschwierigkeiten stieg Moore aus und wurde von Charlie Adlard ersetzt. „The Walking Dead“ wird weiterhin fortgesetzt. Zwischenzeitlich arbeitete Kirkman für „Marvel Comics“, wo er u. a. für Serien wie „Avengers Disassembled“, „Marvel Knights“ oder „Fantastic Four“ schrieb.
2008 wechselte Kirkman zu „Image Comics“; 2010 gründete er das Imprint „Skybound“. Parallel dazu wurde er einer der Produzenten und Autoren der Fernsehserie „The Walking Dead“, die unter der Leitung von Frank Darabont zu einem TV-Ereignis wurde. Ab 2011 veröffentlichte Kirkman mit Ray Bonansinga die Roman-Trilogie „Rise of the Governor“, die ebenfalls im „Walking-Dead“-Universum spielt. Mit seiner Familie lebe Robert Kirkman lange in Kentucky. Um ’seiner‘ TV-Serie näher zu sein, ist er nach Los Angeles umgezogen.
Jay R. Bonansinga (geb. 1959) verfasst seit 1994 auf Unterhaltung getrimmte Krimi- und Horror-Thriller der unterhaltsamen aber rasch wieder vergessenen Art. Der in Sachen Eigenwerbung (s. Website) sehr kreative Autor lebt mit seiner Familie in Evanston, US-Staat Illinois, wo er als Gastprofessor für kreatives Schreiben an der Northwestern University lehrt.
In Deutschland ist Bonansinga erschienen Mitte der 1990er Jahre die Thriller „Black Mariah“ („The Black Mariah“, 1994) und „Sick“ („Sick“, 1995). Kurz darauf versuchte es der Goldmann-Verlag mit den Bonansinga-Krimis „Killer-Parade“ („The Killer’s Game“, 1997) und Kopf an Kopf („Head Case“, 1998), wobei sich der Erfolg ebenfalls in Grenzen hielt. Ende 2005 nahm Rowohlt mit einer Serie um den mit dem Übersinnlichen konfrontierten Ermittler Ulysses Grove einen neuen Anlauf.
|Taschenbuch: 441 Seiten
Originaltitel: The Walking Dead: Rise of the Governor (New York : Pan Macmillan 2011)
Übersetzung: Wally Anker
ISBN-13: 978-3-453-52952-6|
http://www.jaybonansinga.com
http://www.randomhouse.de/heyne
|Hörbuch-Download: 696 Minuten (ungekürzt)
Gelesen von Michael Hansonis
ISBN-13: 978-3-8371-1657-1|
http://www.randomhouse.de/randomhouseaudio
_Robert Kirkman auf |Buchwurm.info|:_
[„Gute alte Zeit“ 2257 (The Walking Dead 1)
[„Ein langer Weg“ 2677 (The Walking Dead 2)
[„Die Zuflucht“ 3735 (The Walking Dead 3)
[„Was das Herz begehrt“ 3862 (The Walking Dead 4)
[„Marvel Zombies“ (MAX 17)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4091
19 Autoren schrieben eigens für diese Sammlung neue Geschichten über böse oder gute, dumme oder schlaue, langsame oder schnelle aber immer tote Zombies:
– John Connolly: _Lazarus_ |(Lazarus)|, S. 9-18: Die kurze, so bisher unbekannte und tragische Geschichte des berühmtesten Zombies der biblischen Geschichte.
– David Liss: _Maisie_ |(What Maisie Knew)|, S. 19-58: Der perfekte Mord wird noch komplizierter, wenn das Opfer wieder zum Leben erweckt werden kann.
– Stephen R. Bissette: _Copper_ |(Copper)|, S. 59-98: Ihr Land hat sie vergessen, aber für tote US-Soldaten gibt es in ihrem kriminell verrottenden Heimatland viel zu tun.
– Tim Lebbon: _Im Staub_ |(In the Dust)|, S. 99-130: Als Überlebende einer Zombie-Seuche wurden sie in ihrer Stadt festgehalten, die sich nun vom Gefängnis zur Zuflucht wandelt.
– Kelley Armstrong: _Zum Leben verurteilt_ |(Life Sentence)|, S. 131-150: Wer reich und skrupellos genug ist, kann dem Tod durch Krankheit womöglich als Luxus-Zombie ein Schnippchen schlagen.
– Holly Newstein: _Delice_ |(Delice)|, S. 151-162: Wenn kriminelle Lebende zu mächtig sind, um für ihre Verbrechen zur Verantwortung gezogen zu werden, können Untote diesen Job übernehmen.
– Brian Keene: _Der Wind ruft Mary_ |(The Wind Cries Mary)|, S. 163-168: Er ist tot, sie ist tot, und dennoch können sie nicht zueinanderkommen.
– Jonathan Maberry: _Familienbetrieb_ |(Family Business)|, S. 169-234: Zombies kann man ausrotten – oder sie im Auftrag der Hinterbliebenen von ihrem Elend erlösen.
– M. B. Homler: _Der Zombie, der vom Himmel fiel_ |(The Zombie Who Fell from the Sky)|, S. 235-262: Die Attacke der Untoten wird durch Experimente allzu fahrlässiger Militär-‚Experten‘ ausgelöst.
– Derek Nikitas: _Dolly_ |(My Dolly)|, S. 263-282: Wer wissen will, ob es ein Leben nach dem Tode gibt, muss einen Zombie fragen.
– Mike Carey: _Dritter Frühling_ |(Second Wind)|, S. 283-308: Der Untod erweist sich als Idealzustand für einen arbeitswütigen Börsenmakler.
– Max Brooks: _Abschluss mit beschränkter Haftung_ |(Closure, LTD)|, S. 309-316: Sie wollen ein untotes Familienmitglied oder ihre/n Geliebte/n erlösen? Das kann arrangiert werden.
– Aimee Bender: _Unter uns_ |(Among Us)|, S. 317-322: Wie definiert man „Zombie“ – und sind die Untoten nicht längst unter uns?
– Rick Hautala: _Geisterreuse_ |(Ghost Trap)|, S. 323-344: Tief unter dem Meer wartet ein untoter Fischersmann geduldig auf Beute.
– Tad Williams: _Die Sturmtür_ |(The Storm Door)|, S. 345-366: In einer fremden Dimension warten gierige Kreaturen auf durch Tod freigewordene Menschenhirne.
– James A. Moore: _Kinder und ihre Spielsachen_ |(Kids and Their Toys)|, S. 367-386: Viel interessanteren Zeitvertreib als normales Fundgut kann ein fast vollständig erhaltener Zombie bieten.
– Joe R. Lansdale: _Rack ’n‘ Break_ |(Shooting Pool)|, S. 387-402: Der Trickspieler will ein Landei ausnehmen und gerät an einen gänzlich toleranzlosen Zeitgenossen.
– David Wellington: _Die Geheimwaffe_ |(Weaponized)|, S. 403-434: Der globale Krieg gegen den Terror könnte von Untoten geführt werden, was freilich auch dem Gegner bekannt ist.
– Joe Hill: _Twittern aus dem Zirkus der Toten_ |(Twittering from the Circus of the Dead)|, S. 435-470: Der verhasste Urlaub mit den Eltern nimmt für das pubertierende Mädchen ein gänzlich unerwartetes Ende.
– Die Autoren, S. 471-476
|Sie kommen einfach immer wieder|
Die klassischen Monster der Unterhaltungsgeschichten sind zwar unsterblich aber keineswegs stetig präsent. Sie scheinen ihr Unwesen in Zyklen zu treiben. Mal sind sie weit außer Sichtweite, dann kehren sie mit Wucht zurück und sind quasi allgegenwärtig. Derzeit teilen sich Vampire – aktuell in ihrer genitalfreien Schmuse-Version – und Zombies die Bühne. Zumindest Letztere sind sich treu geblieben, d. h. hässlich, stinkend und menschenfressend.
Ein wenig seltsam ist es schon, dass sie sich dennoch – oder gerade deswegen? – solcher Beliebtheit erfreuen. Zumindest in Film und Fernsehen beschränkt sich die inhaltliche Variation des Zombie-Horrors in der Regel auf die Frage, ob die Untoten schlurfen, wie es George A. Romero 1968 in „Night of the Living Dead“ festgelegt hat, oder flinkfüßig ihren Opfern nachsetzen, wie dies seit dem „Dawn-of-the-Dead“-Remake von 2004 offiziell sanktioniert ist.
Auch in der Literatur sind die Zombies nicht gerade wandlungsfähige Unholde. Zumindest gilt dies, wenn sie in Romanlänge durch die Welt wanken. In ihrer Eigenschaft als Untote, die eigentlich unter die Erde gehören, nachdem man sich trauernd von ihnen verabschiedet hat, erzeugen sie Primär-Schrecken durch ihr Wiedererscheinen als grässliche Karikatur des geliebten Verstorbenen. Zweitens bildet der Zombie in der Horde eine handfeste äußere Bedrohung, der sich die Lebenden stellen müssen. Das Spannungselement resultiert hier aus dem Durchspielen der diversen Möglichkeiten.
|Zombie-Dienst nach Vorschrift|
Solche Zombies treffen wir selbstverständlich auch in den hier gesammelten Kurzgeschichten. Tatsächlich sind dies die Storys, die den geringsten Eindruck hinterlassen, weil sie nur einmal mehr aufwärmen, was wir längst kennen. Tim Lebbon und besonders M. B. Homler liefern reine Horror-Routine ab, auch wenn sich Homler (erfolglos) bemüht, seine Geschichte vom hart geprüften Hähnchen-Brater mit schwarzem Humor erträglicher zu gestalten.
Noch am besten schlägt sich unter den Vertretern der altbekannten Zombie-Eskapaden Rick Hautala. Er erreicht dies, indem er die Handlung unter den Meeresspiegel und dem Horror dadurch in eine fremdartige Umgebung verlegt. Das Geschehen bleibt ohne Überraschungen und das Ende schwach, aber die Atmosphäre gleicht es aus. Einen marginal anderen Weg schlägt David Wellington ein, der nie ein Freund des subtilen Grauens war. Er geht vom staatlich getragenen Missbrauch des Zombies als ferngelenkten Soldaten aus, findet aber starke Bilder für seine Story, die durch die betonte Sachlichkeit der Darstellung zusätzlich gewinnt.
Weder spannend noch stimmig zieht sich Tad Williams aus der Affäre. Er versucht, die Zombie-Thematik mit dem „Cthulhu“-Mythos des H. P. Lovecraft zu verbinden und scheitert dabei an beiden Ufern. Immerhin schlägt er eine Brücke, denn ihn beschäftigt wie viele andere Verfasser immer wieder eine Frage: Wie hirntot sind Zombies wirklich?
|Sie können auch anders|
Die Antwort hebt die Zombie-Thematik auf eine völlig neue Ebene. Tot aber denkfähig: Diese Kombination ist erschreckend – für jene, die sich mit klugen Menschenfressern herumschlagen müssen, aber auch für jene, die sich selbst in einem toten Körper wiederfinden. Die klassische Reaktion ist weniger das blanke Entsetzen, sondern das nagende Gefühl, betrogen worden zu sein. John Connolly thematisiert es eindrucksvoll am Beispiel von Lazarus, der von Jesus Christus in ein Leben zurückgerufen wird, das er im Tod längst hinter sich gelassen hat und in das er sich nicht mehr einfinden kann.
Durch den Kriegseinsatz psychisch geschädigte Soldaten werden nicht nur in den USA gern außer Sichtweite jener gehalten, die einer Fortsetzung des Kampfes zustimmen oder selbst einrücken müssen. Dieses Verdrängen funktioniert so perfekt, dass sich bei Stephen R. Bissette eine untote Truppe formieren kann, die sich selbst einen Auftrag gibt. Bissette ist zwar sentimental, glänzt aber auch durch Sarkasmus: So definieren sich die Untergrund-Zombies weiterhin US-patriotisch durch den Kampf gegen die Kriminalität, vor der die Lebenden längst die Waffen gestreckt haben. Eine ähnliche Laufbahn lässt Holly Newstein ihre über dem Gesetz stehenden und dadurch als Richter & Henker einsetzbaren Untoten einschlagen.
Am extremen Ende der Zombie-Evolution stehen jene Zeitgenossen, die im Un-Tod die Überwindung von Beschränkungen sehen, denen sie im Leben ausgesetzt sind. Mike Carey schildert einen besessenen Börsenspekulanten, den nicht einmal der Tod durch Überanstrengung von seinem Tun abhält. Er wird bewusst zum Zombie – und muss feststellen, dass auch dieses ‚Leben‘ gewissen Regeln folgt. Während Carey schlüssig nachzeichnet, wie unser Zombie-Spekulant erkennt, worauf er sich eingelassen hat, legt Kelley Armstrong eine thematisch ähnlich angelegte, stark startende Story vor, der in einem herbei gezwungenen, moralisierenden Ende die Luft abrupt ausgeht.
|Die Faszination des greifbaren Todes|
Wie geht man mit seinen Toten um, wenn diese zurückkehren? Mit dieser Frage beschäftigen sich ebenfalls mehrere Autoren. Gemeint ist wiederum nicht der Schrecken als Reaktion, sondern die Schwierigkeit, zwischen dem geliebten Toten und dem Zombie zu differenzieren. „Trauer“ und „Abschied“ müssen neu definiert werden, wenn der Abschied nicht ewig, sondern zeitlich begrenzt ist. Max Brooks lässt finanziell gut gepolsterte Hinterbliebene nach ihren Untoten fahnden, um sie vom demütigenden Zombie-Dasein zu erlösen. Auf eine ähnliche Mission – dieses Mal in einer post-apokalyptisch herabgesunkenen Welt – begibt sich Jonathan Maberrys Zombie-Jäger, der eher ein Sterbehelfer ist.
Wo die Zombies in Schach gehalten werden können, geraten sie in Gefahr, der alltäglichen menschlichen Grausamkeit zum Opfer zu fallen. James A. Moore lässt eine Horde neugieriger Kinder auf einen hilflosen Untoten los, die über dem ‚Spiel‘ mit der Kreatur die Grenzen der Menschlichkeit überwinden. David Liss entwirft eine Gesellschaft, die ihre perversen Gelüste an Untoten auslässt, für deren Misshandlung und Missbrauch niemand zur Rechenschaft gezogen werden kann.
|Leben und Tod|
Scheinbar am Thema vorbei gelingt Aimee Bender eine dennoch faszinierende Geschichte. Sie sammelt willkürliche, den Nachrichten entnommene Ereignisse, die zu der Frage führen, ob sich der zivilisierte Mensch nicht längst dem geistigen Untod ergeben hat. Gefangen und berieselt von den Massenmedien ist es womöglich gar nicht notwendig zu sterben, um sich in einen Zombie zu verwandeln.
Radikal mit dem Thema dieser Sammlung bricht Joe Lansdale. Er ignoriert den unterhaltsamen Horror der Untoten, indem er ihn mit der realen Gewalt konfrontiert. Dabei kommt er eindrucksvoll überzeugend zu dem Schluss, dass „tot“ einfach „tot“ bedeutet: das wahre Ende alldessen, was einen Menschen ausmacht, ist Tragödie genug und sorgt für einen Schrecken, der die nur mögliche Existenz von Zombies tief in den Schatten stellt.
Die Bandbreite des Zombie-Horrors ist breiter als gedacht, wie „The New Dead“ unter Beweis stellt. Nicht alle Autoren sind gleichermaßen erfolgreich in ihrem Bemühen – Brian Keene erleidet kurz und schmerzhaft Schiffbruch mit seinem Einfall, dem Untoten das klassische Gespenst gegenüberzustellen -, und gänzlich Neues beschränkt sich wie bei Joe Hill auf den Versuch, eine Gruselgeschichte unter Berücksichtigung der technischen Einschränkungen zu erzählen, die das Twittern mit sich bringt; übrigens kann sich das Ergebnis tatsächlich lesen lassen.
In Routinen und Klischees mischen sich oft Sentimentalitäten, die ans Herz oder wenigstens an die Nieren gehen sollen, aber eher auf den Magen schlagen oder gar Hirnsausen und Ärger verursachen. Dennoch ist die Mehrzahl der Storys lesenswert, und einige sind richtig gut in dem Sinn, dass sie nicht ’nur‘ Unterhaltung bieten, sondern zum Nachdenken anregen. Stehen beide Anliegen in einem ausgewogenen Verhältnis, können sogar Gammelfleisch-Zombies für Lektüre-Genuss sorgen!
_Herausgeber_
Christopher Golden wurde am 15. Juli 1967 im US-Staat Massachusetts geboren, wo er noch heute mit seiner Familie lebt. Er begann Anfang der 1990er Jahre, erste Bücher zu veröffentlichen. Für „Cut! Horror Writers on Horror Film“ wurde Golden von der „Horror Writers Association“ mit einem „Bram-Stoker-Award“ für das beste Sachbuch des Jahres 1992 ausgezeichnet.
1995 erschienen erste Romane, die ihn weniger als Schriftsteller, sondern als Handwerker zeigten, der sehr rasch und abgabepünktlich Auftragsarbeiten erledigen konnte. Dies prädestinierte ihn als Arbeiter in den Minen modernen Unterhaltungs-Franchises, die das Publikum – hier gleichgesetzt mit der Höchstmenge zahlungswilliger Käufer – gern mit maßgeschneiderten Produkten beliefern. Ab 1997 etablierte sich Golden im zu diesem Zeitpunkt blühenden Universum von „Buffy the Vampir Slayer“.
Seine unglaubliche Produktivität und seine Bereitschaft, mit Co-Autoren zusammenzuarbeiten, ließen ihm Zeit für weitere Bücher zu Filmen und TV-Serien. Außerdem skriptet Golden Comics sowie Videogames und schreibt Gamebooks; er gibt Story-Sammlungen heraus und findet immer wieder die Zeit, eigene Serien zu starten. Aus Goldens Feder stammt außerdem die Krimi-Serie „Body of Evidence“, die er ab 2000 Rick Hautala weiterführen ließ. Um seine Omnipräsenz als Fließband-Schreiber ein wenig zu kaschieren, legte sich Golden 2009 das Pseudonym „Thomas Randall“ zu, unter dem er eine weitere Reihe startete.
|Paperback: 476 Seiten
Originaltitel: The New Dead. A Zombie Anthology (New York : St. Martin’s Griffin 2010)
Übersetzung: Firouzeh Akhavan-Zandjani
Cover: Per Haagensen
ISBN-13: 978-3-8332-2253-5|
http://www.paninicomics.de
_Christiophe Golden bei |Buchwurm.info|:_
[„Hohle Erde“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2571
19 Gruselgeschichten transportieren meisterhaft klassische Horrorthemen in die Gegenwart und decken dabei vom sehr ‚körperlichen‘ Gespenst bis zum Geist, der vor allem oder nur im Hirn seines Opfers lauert, das gesamte Spektrum der Phantastik ab:
– Aus dem Kamin |(The Chimney)|, S. 7-30: Was in der Weihnachtsnacht aus dem Kamin kriecht, schenkt einem unglücklichen Kind vor allem Albträume.
– Die Ratten im Schacht |(Down There)|, S. 31-48: Als die vom verrückt gestorbenen Hauseigentümer im Keller gehorteten Lebensmittel entsorgt sind, kommt hungrig zum Vorschein, was sich bisher von ihnen genährt hatte.
– Über der Welt |(Above the World)|, S. 49-64: Frisch geschieden erfreut sich Knox seiner Freiheit, bis er auf einer Wanderung an seine unglücklich geendete Ex-Gattin und deren ‚Lebens‘-Partner gerät.
– Napier Court |(Napier Court)|, S. 65–86: Im Fieberwahn wähnt sich die junge Frau nicht allein im Haus; sie erfährt sehr rasch, wie recht sie hat.
– Nachdruck verboten |(Out of Copyright)|, S. 87-96: Der geizige Verleger hat sich nie um Druckrechte gekümmert, weshalb ein lange toter Autor seine Sache selbst in die Klauenhand nimmt.
– Mörderische Träume |(The Depths)|, S. 97-126: Seine scheußlichen Albträume werden real, bis die Realität diesen Fehler und seinen Verursacher radikal tilgt.
– Der Untermieter |(Vacant Possesion)|, S. 127-133: Die böse Hexe hat ihn versklavt, aber es kommt ein Tag, an dem sie unachtsam ist.
– Eine leise Stimme |(The Little Voice)|, S. 135-159: Einst hat sie einen Fehler begangen – und der verfolgt sie jetzt und treibt sie in den Wahnsinn.
– Die Erholung |(Drawing In)|, S. 161-171: Dass sein Vermieter Spinnen sammelt, missfällt dem Feriengast sehr, und das Exemplar aus Transsylvanien gibt ihm den Rest.
– Grober Unfug |(The Trick)|, S. 173-193: Die böse Hexe unterschätzt ihre kleinen Widersacherinnen, aber auch diese müssen lernen, dass nicht jeder Sieg vollkommen ist.
– Nicht den Kopf verlieren! |(Heading Home)|, S. 195-201: Der verrückte Wissenschaftler gedenkt nicht, den Mord an seiner Person auf sich beruhen zu lassen.
– Die letzte Vorstellung |(The Show Goes On)|, S. 203-219: Zu spät erinnert sich Lee daran, wieso er in dem alten Kino einst Todesängste ausstand.
– Wer mit den Wölfen heult! |(The Change)|, S. 221-237: In das Thema seines neuen Grusel-Romans hat sich Don deutlich zu intensiv eingearbeitet.
– Neujahrsgrüße |(Calling Card)|, S. 239-246: Ihm wurde übel mitgespielt, doch da er nie der Hellste war, kommt er erst nach seinem Tod dazu, sich zu rächen.
– Baby |(Baby)|, S. 247-270: Die exzentrische Alte führe ihr Vermögen in einem alten Kinderwagen bei sich, heißt es; Dutton findet heraus, was wirklich dort nistet.
– Die Verwandlung |(Conversion)|, S. 271-276: Der rachedurstige Schwager wird von Graf Dracula nicht nur über den Tisch gezogen.
– Mackintosh Willy |(Mackintosh Willy)|, S. 277-298: Der von den Kindern gefürchtete Tramp ist tot, was ihn keineswegs sanftmütiger gestimmt hat.
– Ruf doch mal an! |(Call First)|, S. 299-306: Zu seinem Unglück findet Ned heraus, wie der alten Hexenmeister sein Haus gegen Einbrecher schützt.
– Der Begleiter |(The Companion)|, S. 307-320: Stone liebt Rummelplätze, doch um diesen hätte er einen großen Bogen schlagen sollen.
_Unglück und Grauen_
Gruselgeschichten von Ramsey Campbell sind mit Vorsicht zu genießen. Sie gehen ans Gemüt, und man sollte nicht allzu viele davon hintereinander lesen. Dies zu beherzigen ist allerdings schwierig, weil dieser Mann ein Meister seines Faches ist und seit vielen Jahrzehnten sein Publikum in Angst & Schrecken zu versetzen versteht. Darin erschöpft sich sein Talent nicht. Selbst dort, wo er sehr handfesten Spuk entfesselt, macht Campbell deutlich, dass der in der Regel Schrecken von Menschen mitgestaltet wird.
Dabei erwischt es nicht unbedingt jene Zeitgenossen, die etwas klassisch Böses getan haben. In „Ruf doch mal an!“ packt der Hausgeist nicht den Hexenmeister, sondern den tumben Ned, der wenigstens einmal seinem langweiligen Job entkommen und nur seine Neugier befriedigen wollte. Auch der unglückliche Stone hat sich in „Der Begleiter“ nichts zu Schulden kommen lassen, dass sein grausiges Ende ‚gerecht‘ wirken ließe. Oft spürt man echtes Mitleid mit denen, die Campbell dem Grauen vorwirft, werden sie doch im bzw. vom Leben genug gebeutelt. Die einsame Lehrerin in „Eine leise Stimme“, die unterdrückte Tochter in „Napier Court“ oder der Säufer Dutton in „Baby“ sind bereits Opfer, bevor der Schrecken in ihre Leben tritt.
|Die Schrecken des Alltags|
Faktisch ist es dieser Zustand des Unglücks, der Campbells Figuren empfänglich für die Besucher aus dem Jenseits macht. In langen, quälend überzeugenden Sequenzen stellt der Verfasser Menschen dar, die an den Rand der Gesellschaft geraten sind und nun endgültig über die Kante stürzen. Einsam kann man auch in der Ehe („Wer mit den Wölfen heult“) oder in der Familie („Aus dem Kamin“) sein. Campbells Protagonisten sind in einer grauen Alltagswelt gefangen. Sie schuften freudlos in schlecht bezahlten Jobs, hausen in ungemütlichen Wohnungen oder Häusern, die niemals Heim sind, leben anonym in den hässlichen Vierteln ohnehin kalter, gleichgültiger Großstädte. Furcht und Misstrauen bestimmt diese Karikatur einer ‚Gemeinschaft‘. Nicht einmal die Jugend ist unschuldig („Mackintosh Willy“) oder vor dem Verderben gefeit („Grober Unfug“).
Allmählich können diese Menschen ihre Niedergeschlagenheit nicht mehr vor sich bemänteln. Der Schutzpanzer bekommt Risse, das Leben gerät aus der Bahn. Nur verdrängte, nie verarbeitete Demütigungen und Ängste, aber auch unerfüllte Triebe und unterdrückte Lüste brechen neu und stärker denn je auf. Aus Einsamkeit wird Paranoia, das Leben degeneriert zum endlosen Albtraum, aus dem es kein Erwachen gibt. Die Opfer werden zur Gefahr: für sich und für ihre Umwelt. Nicht immer ist ein ‚echtes‘ Monster erforderlich. Diese Figuren erschaffen ihre Monster selbst („Grober Unfug“, „Baby“, „Mackintosh Willy“). Mit dem ihm eigenen, sehr zynisch gefärbten Sinn für Ironie gestaltet Campbell das tragische Ende doppelt schaurig: Das eingebildete Grauen entpuppt sich plötzlich als real.
Die weiter oben erwähnte ‚Gefahr‘ lässt sich in die Frage fassen, ob der Leser für die Stimmungen absoluter Hoffnungslosigkeit empfänglich ist, die Campbell mit diabolischem Geschick zu beschwören weiß. Dunkelheit, Kälte, Feuchtigkeit, Schmutz, Verfall, Krankheit: Nicht nur das eigene Hirn, sondern auch die Natur scheint mit dem Grauen zusammenzuarbeiten. Wenn die Sonne ausnahmsweise hell am Himmel steht, sorgt sie nicht für Wärme und Behaglichkeit, sondern dörrt und blendet. Systematisch versperrt Campbell seinen Figuren jeden möglichen Ausweg. Dies zu beobachten, lässt den Leser zusätzlich schaudern.
|Ein Unglück kommt niemals allein|
Einen ‚Sinn‘ muss das Geschehen nicht zwangsläufig ergeben. Was dem Wanderer Knox in „Über der Welt“ tatsächlich zustößt, ist ebenso rätselhaft wie das Ende von „Die letzte Vorstellung“. Die „Ratten im Schacht“ sind natürlich keine Nagetiere, und die Visionen, die den unglücklichen Knaben in „Aus dem Kamin“ plagen, sind nur Schrecken, weil sich ihre Warnungen nicht erschließen.
Wenigstens manchmal gönnt uns Campbell einen Lichtblick, weil der Schrecken jene fällt, denen wir ihr Schicksal gönnen. Dem arroganten Verleger in „Nachdruck verboten“ einen toten Autor auf den Hals zu hetzen, dürfte dem Schriftsteller-Profi Campbell, der in dieser Hinsicht seine eigenen Erfahrungen machen musste, persönliches Vergnügen bereitet haben. Auch die Hexe in „Der Untermieter“ hat ihr Ende selbst herausgefordert; das Böse lässt sich vielleicht unterdrücken, aber es wartet geduldig auf jenen Moment der Schwäche, der nur allzu menschlich ist und auch für den Schurken kommen wird … Wie Campbell in „Nicht den Kopf verlieren!“ eindrucksvoll belegt, ist dieses Risiko immer aktuell, denn das scheinbar wehrlose Opfer kann mit einem gänzlich unerwarteten Trumpf aufwarten.
In diesen Geschichten stellt Campbell klar, dass nicht nur H. P. Lovecraft (1890-1937) sein großes Vorbild ist. Der stille, rabenschwarze Humor und die unendliche Rachsucht seiner Spukgestalten zeigt ihn auch als modernen Meister der „ghost story“ im Stil von Montague Rhodes James (1862-1936). Die bemerkenswert effektvolle Darstellung von Angst und Bedrohung erinnert an Algernon Blackwood (1869-1951). Lovecraft, James und Blackwood können zufrieden sein. In Ramsey Campbell haben sie nicht nur einen talentierten Epigonen, sondern einen Nachfolger mit eigener, klarer, furchterregender Stimme gefunden.
|Anmerkung:|
Verzichten muss der deutsche Leser übrigens auf die Storys „The Man in the Underpass“ und „In the Bag“. Für die hierzulande erscheinende Ausgabe von „Dark Companions“ war verlagsseitig ein Höchstumfang von 320 Seiten festgelegt und die Einhaltung des kalkulierten Kostenrahmens wichtiger als eine vollständig übersetzte Sammlung – schließlich ging es nur um Horror …
_Autor_
John Ramsey Campbell, geboren am 4. Januar 1946 in der englischen Großstadt Liverpool. Ist seit einem halben Jahrhundert als Schriftsteller aktiv und gilt längst als einer der Großmeister der modernen Phantastik. Die frühen Kurzgeschichten sind noch stark vom Vorbild H. P. Lovecraft (1890-1937) geprägte aber durchaus innovative Beiträge zum klassischen „Cthulhu“-Mythos. Später siedelte Campbell seine Geschichten in England an und emanzipierte sich von Lovecraft.
In seiner Kollektion „Demons by Daylight“ zeigte er 1973, dass er eine eigene, trügerisch leise doch unüberhörbare Stimme gefunden hatte. Das Grauen kam zunehmend psychologisch begründet daher, nistete in den Köpfen der unglücklichen Protagonisten und wurde in klarer Prosa entfesselt. Zunehmend bezog Campbell die soziale Realität als Katalysator für seine Geschichten ein. Armut, Arbeitslosigkeit, Gewalt in der Familie, Kindsmissbrauch – das alltägliche Grauen ließ den Horror „von drüben“ oft reichlich blass wirken.
1976 veröffentlichte Campbell seinen ersten Roman, der ausgerechnet in Deutschland ein übles Schicksal erlebte: „The Girl Who Ate His Mother“ wurde unter dem Titel „Die Puppen in der Erde“ rüde gekürzt und sinnentstellt. („Butchered in German“, zürnt Campbell immer noch auf seiner Website.) Die nächsten Romane verschafften Campbell die Aufmerksamkeit der Kritik sowie ein begeistertes Publikum.
Campbell blieb als Verfasser von Kurzgeschichten sehr aktiv. Er experimentiert thematisch und stilistisch und weiß immer wieder zu überraschen; eine lange Liste nationaler und internationaler Preise belegt eindrucksvoll seinen Erfolg und seine Bedeutung für die moderne Phantastik. Sein einschlägiges Wissen über das Horrorgenre stellt er als reger Herausgeber in zahlreichen Horrormagazinen unter Beweis, wobei ihm oftmals interessante Neu- und Wiederentdeckungen glücken. Als Präsident der „Society of Fantastic Films“ ist Campbell auch im Medium Film vertreten. Er rezensiert Horrorfilme und -DVDs für das BBC Radio Merseyside.
Der erste Band einer geplanten Gesamtausgabe der Erzählungen von Clark Ashton Smith (1893-1961) sammelt dessen spannend-schwarzhumorige Geschichten über die vorzeitliche Insel Hyperborea; hinzu kommen Grusel- und SF-Storys, die Smith für zeitgenössische Magazine schrieb: eine großartige Sammlung betörend exotischer, absurder, einfallsreicher Texte, die einen hierzulande noch immer wenig bekannten Großmeister der Phantastik offenbaren. Clark Ashton Smith – Die Stadt der Singenden Flamme (Gesammelte Erzählungen – Band 1) weiterlesen →
Oscola ist eine abgelegene Kleinstadt im Adirondack-Gebirge des neuenglischen US-Staates New York. Hier lebt zurückgezogen der ehemalige Physiker Brian Kelly. Er übt seinen Beruf nicht mehr aus, seit vor Jahren seine Ehefrau und Kollegin Mary und Tochter Caitlin in einem Feuer starben, das auch ihn schwer verletzte. Aktuell ist Kelly mit der Vietnamesin Loi verheiratet, die im achten Monat schwanger ist.
Unheimliches geht neuerdings vor in und vor allem um Oscola. Auf dem Grundstück des alten Richters terBroeck dringen Schreie aus der Erde. Während die Suche hier ins Leere läuft, wird an anderer Stelle eine Frau aus der Tiefe gezogen; ihre Knochen wurden förmlich pulverisiert. Das Rätsel ruft Ellen Maas, Eigentümerin der „Gazette“, auf den Plan. Sie sieht terBroeck als treibende Kraft hinter den mysteriösen Ereignissen; eine nächtliche Exkursion zeigt ihr sein Haus als Treffpunkt eines Kultes. Als die Journalistin entdeckt wird, versucht sie eine Art Kollektivintelligenz aus riesigen Leuchtkäfern außer Gefecht zu setzen.
Auf Bitten seines Freundes, des State Troopers Robert West, unterstützt Kelly die Polizei bei ihren Ermittlungen. Der Physiker stellt fest, dass man seine Experimente an anderer Stelle fortgesetzt hat, nachdem er das Projekt verließ. Dabei ging es um die Erforschung von subatomaren Partikeln, die möglicherweise rückwärts durch die Zeit reisen können. Sollte auf diese Weise eine Brücke in eine Vergangenheit geschlagen worden sein, deren Bewohner nun unheilvoll in die Gegenwart drängen?
Aus dem Verdacht wird Gewissheit, als West entführt wird, aber befreit werden kann: Unter der Erde hat sich eine der Menschheit feindlich gesonnene Macht eingenistet. Oscola wird von der Außenwelt abgeschnitten, bevor sie eines Tages hervorbricht, um mit der Invasion der Erde zu beginnen. Nur Kelly und einige Verbündete nehmen den Kampf gegen den unerbittlichen Gegner auf …
_Der Meister und sein Schüler?_
Wer hätte gedacht, dass man H. P. Lovecraft (1890-1937) ehren kann, ohne ihn zu imitieren? Die meisten Lovecraft-Epigonen – es gibt sie übrigens auch oder sogar besonders zahlreich hierzulande – gehen entsprechende Storys als Pastiches an, beschränken sich auf das vom Meister vorgegebene Inventar und ignorieren tunlichst, dass sich auch die literarische Welt seit 1937 weitergedreht hat.
„Die Heimsuchung“ erschien 1993 und war deutlich weniger erfolgreich als frühere Strieber-Romane. Viele Jahre später kann man zu dem Schluss kommen, dass der Autor seiner Zeit ein wenig zu weit voraus war. In einem Meer vor allem blutrünstiger Splatter-Spektakel hält sich die angejahrte „Heimsuchung“ inzwischen wacker. Die Geschichte ist klassisch: Nicht der Gore-Effekt, sondern der Plot steht im Vordergrund. Er wird eingeleitet, sorgfältig entwickelt und gipfelt in einem Finale, das die Story nicht nur bündelt, sondern eine Reihe sich aufschaukelnder Höhepunkte noch einmal gewaltig steigert.
Striebers Horror-Opus funktioniert übrigens auch ohne Kenntnis des Lovecraft-Subtextes prächtig. Dies ist ein Hinweis darauf, dass Lovecrafts Idee einer ‚universellen‘ Historie, die Äonen zurück in eine Vergangenheit reicht, in der es die Menschen noch nicht gab, in der gegenwärtigen (Unterhaltungs-) Literatur längst zum Topos (und womöglich zum Klischee) geworden ist.
|Eine besondere Art von Monster|
Das formlose, dem Urschleim nicht nur zeitlich nahe Leben ist eine weitere Idee, für die Lovecraft nicht das Patentrecht beanspruchen könnte; er hat es auch nie getan, sondern selbst auf jene hingewiesen, die das Grauen vor ihm auf diese Weise beschworen. Lovecraft nannte Arthur Machen (1863-1947), William Hope Hodgson (1877-1918) oder Clark Ashton Smith (1893-1961), aber er selbst kann für sich in Anspruch nehmen, den amorphen Schrecken in (s)ein universelles Konzept mit einer Vielzahl ähnlich bizarren, fremdartigen und feindseligen Kreaturen eingebunden zu haben.
Strieber erweitert diese Vorgabe um eine besondere Komponente: Nicht reine, quasi angeborene Bosheit lässt die Macht unter der Stadt Oscola ihre schauerlichen Taten begehen, sondern begründete Existenzangst. Einerseits fremd und andererseits beinahe ‚menschlich‘ wirkt die Entscheidung, nicht den friedlichen Kontakt zu suchen, sondern zur Invasion zu schreiten.
Auf der anderen Seite ist es die so malträtierte Menschheit selbst, die das Böse rief, das nun nicht mehr weichen will. „Die Heimsuchung“ steht deutlich in einer recht jungen Tradition: Spätestens seit den 1970er Jahren hatten nicht nur die Bürger in den USA gelernt, dass man der Regierung nicht unbedingt trauen konnte oder sollte. Das schlimmste Unrecht wurzelte nicht mehr im kommunistischen Ostblock. Es war jetzt hausgemacht. In „Die Heimsuchung“ muss Physiker Kelly feststellen, dass man die von ihm angestoßenen Forschungen nach seinem Ausscheiden keineswegs eingestellt, sondern fortgesetzt und ausgeweitet hat. Wer dafür die Verantwortung trägt, bleibt ungesagt, ist aber für die Geschichte keineswegs unerheblich: Zwar wird der Feind zurück in den Abgrund der Zeit getrieben, aber eine anonyme Macht – die Regierung? – übernimmt erneut die Aufsicht. Soldaten besetzen das Labor, in dem das Grauen seinen Anfang nahm. Mit einem Neustart der Experimente ist also zu rechnen, der Teufel wurde gegen Beelzebub ausgetauscht.
|Verloren aber standhaft|
Mit dem Schrecken konfrontiert wird bei Strieber nicht die übliche Schar scheinbar durchschnittlicher US-Bürger, die in der Not den Pionier in sich wiederentdecken und über sich selbst hinauswachsen. Zwar scheint dies auf den ersten Blick so, aber sehr schnell wird deutlich, wieso die Gegenwehr gegen den an sich übermächtigen Feind gelingen kann: Zu den Hauptfiguren zählen einige echte Überlebenskünstler.
Für den heutigen Leser ist der Vietnamkrieg Episode einer längst versunkenen Vergangenheit. 1993 lag sein Ende erst wenige Jahre zurück; noch war er nicht historische Erblast, sondern in seinen Folgen alltäglich präsent. Auch in Oscola gibt es frische Wunden. Kellys Ehefrau Loi musste in Vietnam als „Tunnelratte“ im Dschungelkrieg mitkämpfen. State Trooper West verkörperte die Gegenseite; er gehörte zu den US-Soldaten, die in die unterirdischen Stellungen des Vietcongs eindrangen und sie im erbarmungslosen Kampf Mann gegen Mann räumten.
Auch an der ‚Heimatfront‘ ist der Krieg keineswegs vergessen. In Oscola ist niemals eine Vietcong-Bombe gefallen. Trotzdem hegen die Bürger Vorurteile gegen Loi Kelly, die in der aktuellen Krise durchbrechen und zur Verschärfung der Situation beitragen: Der Mensch schafft sich seine Hölle, ohne dass Teufel aus Raum & Zeit ihm zur Hilfe kommen müssen.
Ohnehin wird Solidarität von Strieber kritisch beurteilt. Da gibt es den Pfarrer, der zum Gebet statt zu Flucht oder Gegenwehr rät. Auf der anderen Seite stehen die Rednecks des Ortes, die auf kaliberstarke Waffen setzen. Soll man sich verbarrikadieren, soll man flüchten, soll man kämpfen? Strieber spielt sämtliche ‚Alternativen‘ durch und kommt zu dem (ketzerischen) Schluss, dass es tatsächlich Gegner gibt, gegen die weder Gott noch Gewalt helfen.
|Worte für das Unaussprechliche|
Dem lässt der Verfasser zum einen eindeutige Taten bzw. Worte folgen, während er auf der Suche nach einer plausiblen Auflösung ins Schwurbeln gerät. Striebers Einfallsreichtum, mit dem er die zunehmend und buchstäblich miteinander verschmelzende Vergangenheit und Gegenwart beschreibt, ist beachtlich. Zudem ist er in der Lage, den Horror um einen zu Lovecrafts Zeiten quasi undenkbaren Faktor zu bereichern: Die böse Macht erkennt, dass man Mäuse mit Speck und Menschen mit Sex fängt. Deshalb mischt sie ihren Sirenengesängen entsprechende Reize bei und erzielt damit beträchtliche Erfolge.
Wenn es zur endgültigen Konfrontation mit dem nun maskenlosen Gegner kommt, wird es metaphysisch – oder rührselig; es hängt vom Standpunkt des Lesers ab. Die Kraft des neugeborenen, ‚reinen‘ Menschen bringt den Tunnel zwischen den Zeiten zum Einsturz. Strieber beschränkt sich auf entsprechende Beschreibungen und drückt sich wohlweislich um die Frage nach der Logik dieses Prozederes: Die existiert nämlich nicht. Vorsichtshalber schließt sich doch eine profane Flucht durch Gänge und Fahrstuhlschächte an, die fatal an entsprechende Szenen aus „Aliens“ (1986) erinnert.
Der kritische, das Happy-End wie bereits erwähnt in Frage stellende Schluss versöhnt mit diesem etwas missratenen Versuch einer etwas anderen Auflösung oder einem etwas zu sehr in die Länge gezogenen Mittelteil. Wenn „Die Heimsuchung“ Fahrt aufgenommen hat, ist sie nicht mehr zu bremsen. Während andere Strieber-Romane durch die Epiphanie des Verfassers, der sich von Aliens entführt und indoktriniert wähnt, deutlich leiden, kann „Die Heimsuchung“ ohne gravierende Einschränkungen empfohlen werden.
_Autor _
Louis Whitley Strieber wurde am 13. Juni 1945 in der texanischen Stadt San Antonio geboren. Er studierte an der „University of Texas“ sowie an der „London School of Film Technique“. Nach seinem Abschluss 1968 arbeitete Strieber in der Werbung. 1977 gab er eine durchaus erfolgreiche Karriere auf, um als freier Schriftsteller tätig zu werden.
Strieber schrieb die sofort Aufsehen erregenden, modernen Horrorromane „The Wolfen“ (1978) und „The Hunger“ (1981), die beide (1981 bzw. 1983) ebenso erfolgreich verfilmt wurden. Viel diskutiert wurde sein mit James Kunetka verfasster, tagesaktueller ‚Tatsachenroman‘ „Warday“ (1984), der vor dem Hintergrund des im Vorjahr gegründeten SDI-Programms der USA einen ‚begrenzten‘ nuklearen Weltkrieg und dessen katastrophale Folgen schildert.
Spätere Werke wurden nicht mehr so bekannt, bis Strieber in seinem 1987 veröffentlichten Buch „Communion“ die Behauptung aufstellte, von Aliens entführt und den üblichen Experimenten unterzogen worden zu sein; dies schon seit seiner Kindheit. Seine angeblich verschütteten und nun wieder ins Gedächtnis zurückschwappenden ‚Erinnerungen‘ füllten mehrere seltsame ‚autobiografische‘ Sachbuch-Romane, die Striebers Glauben an ein „Multiversum“ verdeutlichen: Der Kosmos ist eine unendliche Folge paralleler Universen, zwischen denen Kontakte möglich sind; auch die Aliens sind hier zu orten. Dieses Konzept konnte Strieber verfeinern, nachdem ihn 1998 ein Bote aus dem All besucht hatte.
Trotz seiner offensichtlichen psychischen Probleme ist Strieber wieder verstärkt als Schriftsteller aktiv. Über seine ‚Erfahrungen‘ als UFO-Laborratte und damit im Zusammenhang gesehene Phänomene breitet er sich in seinem Podcast „Dreamland“ aus. Einen Einblick in Striebers wirre Welt(en) bietet die Website „Unknown Country – The Edge of the World“.
|Gebunden: 384 Seiten
Originaltitel: The Forbidden Zone (New York : E. P. Dutton 1993)
Übersetzung: Heinz Zwack
ISBN-13: 978-3-86552-143-9|
Kvaløya ist eine kleine Insel unweit der nordnorwegischen Küste. In dieser Region am nördlichen Polarkreis sind die Winter hart und dunkel. Im Sommer geht die Sonne dagegen wochenlang überhaupt nicht unter. Sie taucht das Land auch in den ‚Nächten‘ in ein unwirkliches, helles Licht, das vor allem dem für Irritationen empfindlichen Menschenhirn Streiche spielt.
Vor 15 Jahren hat sich die Malerin Angelika Rossdahl auf Kvaløya angesiedelt. Hier führt sie ein arbeitsreiches, zurückgezogenes Leben. Gesellschaft leistet ihr Liv, ihre Tochter, die den Vater niemals kennengelernt hat. In diesem Sommer des Jahres 2001 ist Liv 18 Jahre alt und eher noch einsiedlerischer als die Mutter. Kontakt hält sie nur zum alten Kyrre Opdahl, einem Einheimischen, der noch fest an die Realität einer Welt glaubt, die in der aufgeklärten Gegenwart längst unter dem Titel „Mythologie“ ad acta gelegt wurde.
(2006) _“Die Jahre der Toten“_ |(Plague of the Dead)| – Heyne TB 52941
(2008) „Aufstieg der Toten“ |(Thunder and Ashes)| – Heyne TB 53424
(2012) |Survivors| [vollendet von Thom Brannan]
_Das geschieht:_
Sie haben es seit Jahren angekündigt, wurden aber wie üblich aus Kostengründen überhört: Mediziner aus aller Welt warnten deshalb vergeblich vor der Geschwindigkeit, mit der eine unbekannte, unheilbare Seuche in einer globalisierten Welt über die Menschheit kommen könnte. Genau dies ist jetzt geschehen. Irgendwo in Afrika entwickelte sich der Morgenstern-Virus. Er verwandelt seine Wirte in tollwütige Zombies. Nur ein Kopfschuss kann diese Kreaturen stoppen, sonst stehen sie selbst tot wieder auf.
Sämtliche Quarantäne- und Evakuierungsmaßnahmen versagen. Die örtlich begrenzte Seuche wird zur Pandemie: Ahnungslos tragen bereits infizierte aber zunächst noch symptomfreie Menschen den Virus per Flugzeug in die ganze Welt. Überall bricht die Krankheit aus. Die Behörden sind machtlos, bald muss das Militär eingreifen, doch die lebenden Toten sind bereits überall und weit in der Überzahl.
Aus dem nördlichen Afrika schlägt sich eine kleine Gruppe notverbündeter US-Soldaten und Zivilisten um den Drei-Sterne-General Francis Sherman heimwärts gen Vereinigte Staaten durch. Der Weg ist weit, und als an Bord des Schiffes, auf dem man reist, die Seuche ausbricht, gibt es kein Entrinnen. Nur wenige Überlebende erreichen ihr Ziel – und betreten einen Kontinent, auf dem der Virus die Oberhand gewonnen hat.
In Washington versucht die Morgenstern-Spezialistin Anna Demillio, ein geheimes Forschungsinstitut der US-Army im US-Staat Nebraska zu erreichen, um dort ein mögliches Gegenmittel zu entwickeln. Ihr sind nicht nur die Zombies, sondern auch ein fanatischer Beamter der Nationalen Sicherheitsbehörde auf den Fersen, der Demillio für eine Landesverräterin hält. Während die großen Städte in Flammen stehen, versuchen die beiden Gruppen verzweifelt, einen sicheren Ort zu finden, an dem sie vor den allgegenwärtigen Zombies sicher sind …
|Sie sind überall: Zombies!|
Den schlappschwänzigen Nackenbeißer-Vampiren hart auf den Fersen sind in deutschen Buchläden aktuell die Zombies. Während die einen Jungmädchen-Träume befeuchten, sind und bleiben die anderen unbelehrbare Horror-Schweine: Sie verwesen im Stehen, sind unverbesserliche Kannibalen, und ihr Hirn besteht aus Matsch. Damit taugen sie überhaupt nicht als Projektionsfiguren für die oben genannte Klientel – glücklicherweise, denn so bleibt uns echten Horrorfreunden wenigstens ein Monster, das sich der Weichspülung erfolgreich widersetzen kann!
Natürlich hält sich der Unterhaltungswert kannibalischer Untoter im Gegenzug in Grenzen. Vor allem existieren sie, um zu fressen. Darüber hinausgehende Motive lassen ihre zerfallenden Hirne nicht zu. Z. A. Recht ist in diesem ersten Band seiner „Morgenstern-Virus“-Trilogie konsequent. Zwar gibt es neben den fußlahm torkelnden „Watschlern“ auch die pfeilschnellen „Sprinter“. Nach dem Tod wieder schlau gewordene Zombies spart der Autor jedoch aus. Die Furcht vor den wandelnden Untoten beschränkt sich deshalb auf äußere Eigenschaften: Überzahl, relative Unverwundbarkeit, Furchtlosigkeit, Kannibalismus und hässliches Aussehen.
Dies mag erschreckend genug sein, verzichtet aber als Konzept dennoch auf den wichtigsten Furcht-Faktor: einen intellektuell präsenten Gegner, der seinen Feldzug gegen die Menschheit planvoll führen kann. Allerdings wäre dieser Kampf wohl rasch entschieden, denn solchen Zombies könnten die Lebenden nicht widerstehen.
|Der Zombie in uns allen|
Also konzentriert sich der Schrecken, der dem Zombie innewohnt, primär auf die unbarmherzige Feindschaft eines Feindes, der gerade noch Familienmitglied, Freund oder Nachbar gewesen ist. Hinzu kommt die vollständige Auflösung bisher schützender Strukturen. Angesichts der wirklich großen Katastrophen ist in der Geschichte der Menschheit noch niemals ein Rettungsschirm groß genug gewesen. Hinzu kommt der Faktor menschlichen Versagens. Je mehr Menschen an einem Unternehmen beteiligt sind, desto höher werden die damit verbundenen Risiken. Autor Recht spielt dies sehr anschaulich mit dem Versuch nach, den gesamten Kontinent Afrika vom Rest der Welt abzuriegeln. Anfänglich ist vor allem das Militär davon überzeugt, mit Manpower und Ausrüstung die Aufgabe meistern zu können. Stück für Stück zerfällt mit der Mauer um Afrika diese Selbstsicherheit, die nahtlos in Arroganz übergeht. Hier kommt ein Feind, dem nicht beizukommen ist.
Die Konsequenzen sind spektakulär – und sie fallen beim US-amerikanischen Autor Z. A. Recht entsprechend aus: amerikanisch. Auf den anderen Kontinenten mögen die Menschen ihr Heil in der Flucht suchen. In den USA verbarrikadiert man sich und geht in die Offensive. In einem kurzen, launigen aber informativen Vorwort bringt es Bowie V. Iberra so auf den Punkt: |“Der Fremde von gegenüber wird plötzlich zu deinem besten Freund. Der ‚Verrückte‘, den jeder wegen seiner Waffensammlung für einen Terroristen gehalten hat, wird plötzlich zu eurem größten Aktivposten. Jetzt muss man auch dem seinem Rivalen zusammenarbeiten, um einen gemeinsamen Gegner zu bekämpfen … Die Zombie-Apokalypse bringt die Menschen einander näher.“| (S. 6) Der uramerikanische Pioniergeist erwacht zu neuem Leben. Wie man sich einst gegen die Briten, die Indianer oder gegen die Kommunisten gestellt hat, wird man auch die Zombies Mores lehren.
|Yes, we can!|
Wenn Recht diesen Punkt erreicht hat, beginnt seine Geschichte zu verflachen. Die Besonderheit einer ansonsten typischen Horror-Story lag bisher in dem ‚globalisierten‘ Blick auf die Apokalypse. Recht hat die Mechanismen einer Pandemie sehr genau erfasst und umgesetzt. Über viele Seite schildert er die Bemühungen, der Morgenstern-Seuche Einhalt zu gebieten. Forscher, Katastrophenschutz-Behörden, das Militär und sogar Politiker arbeiten dabei zusammen. Selbstverständlich vereinfacht Recht, aber seine Darstellung funktioniert und fasziniert.
Dem allgemeinen Zusammenbruch folgt wie angedeutet der regionale Pakt des zur Zusammenarbeit bereiten Individuums. Leider aber sehr typisch verknüpft Recht dies mit einer allgemeinen, nicht sehr zielsicheren und eher aus dem Bauch kommenden Kritik an einer US-Regierung, der man spätestens seit dem 9/11-Inferno jede Dumm- und Bosheit zutraut. Hier begibt sich Recht auf ein Terrain, das von Verschwörungsfanatikern, Survival-Rednecks u. ä. Spinnern bevölkert wird, die sogar noch gefährlicher als Zombies sind.
Hatte Recht bisher die Welt im Auge, verengt sich im letzten Drittel sein Fokus auf zwei kleine Gruppen, die in einem chaotischen Amerika nicht nur um ihr Leben kämpfen, sondern gleichzeitig eine Mission verfolgen – selbstverständlich, muss man sagen, denn der wahrlich Tüchtige denkt nie nur an sich selbst, sondern auch an die Rettung der Welt. Von dieser antiquierten, nicht nur in Hollywood gepflegten Haltung will oder kann auch Recht nicht lassen. „Die Jahre der Toten“ verwandelt sich in die bekannte Abfolge von Kämpfen Mensch gegen Zombie, die in dunklen Kellern, unübersichtlichen Lagerhäusern oder in dreiseitig umbauten Hinterhöfen stattfinden. Dabei kommt ein vom Verfasser detailtreu in Konstruktion und Wirkung beschriebenes Waffenarsenal zum Einsatz; es lässt sich jederzeit ergänzen, da überall im Land vorsichtige Bürger (s. o.) entsprechende Lager angelegt haben.
|Geprüft & für hart genug befunden|
Mit der Figurenzeichnung hapert es, was vielleicht auch dem Alter des Verfassers geschuldet ist: Z. A. Recht war gerade 23 Jahre ‚alt‘, als er „Die Jahre der Toten“ veröffentlichte. Dies hat auf der anderen Seite durchaus Vorteile: Die Handlung bleibt von vielen einschlägigen Klischees verschont. Es gibt keine „Love-Amongst-the-Ruins“-Interludien, Familiendramen oder ähnliche Seifenoper-Einschübe, mit denen gern Zeit geschunden wird. Auch der bekannte Diktator, der die Überlebenden härter drangsaliert als die Zombies, bleibt (noch) ausgespart.
Klug hält sich der Verfasser daran, was er meistern zu können glaubt. Dies gelingt ihm abermals in den ersten beiden Roman-Dritteln besser. Als er sich seinen Hauptfiguren, die sich ohnehin erst im Verlauf der Handlung herauskristallisieren, stärker nähert, verschwimmen die Konturen. Plötzlich gewinnt an Bedeutung, was Recht bisher in Frage zu stellen schien. Der ‚gute‘ General Sherman gibt seine Männer zwar frei, die jedoch unter Beibehaltung des militärischen Zeremoniells sämtlich bei ihm bleiben. Sie werden sogar noch patriotischer, falls dies überhaupt möglich ist, wobei „patriotisch“ hier im ursprünglichen Sinn gemeint ist und das Festhalten an nunmehr obsolet gewordenen Vorschriften und Regeln ausdrücklich ausklammert: Sherman und seine Männer schlagen sich direkt auf die Seite derjenigen, die sie bisher höchstens im Ausland beschützen sollten. Die Kavallerie ist da, um die bedrohten Siedler vor den Indianern zu schützen, die dieses Mal indes (politisch korrekt) alle Ethnien vertreten.
„Die Jahre der Toten“ – für den seltsamen deutschen Titel, der wohl vor allem eindrucksvoll klingen soll, kann der Autor nichts: Die „Jahre“ beschränken sich auf die Monate von September 2006 bis Januar 2007 – endet mit einem Cliffhanger. Die Handlung wird in „Thunder and Ashes“ – in Deutschland abermals dämlich mit „Der Aufstieg der Toten“ ‚übersetzt‘, obwohl diese schon in Band 1 die Macht übernommen haben – fortgesetzt. Man darf gespannt sein, denn Z. A. Recht weiß, wie man unterhält, und schreiben kann er auch: keine Selbstverständlichkeit gerade im Sub-Genre Zombie-, Atommutanten- und Killer-Horror, in dem sich viel zu viele Autoren darauf beschränken, durch die Reihung möglichst ’schockierender‘ Meuchel-Szenen zu langweilen und dabei vor Sätzen mit mehr als fünf Wörtern zurückscheuen.
_Verfasser_
Zachary Allan Recht wurde am 4. Februar 1983 in Bunker Hill, US-Staat West Virginia, geboren. Ein Studium der Geschichte schloss er nicht ab, sondern wurde 2007 ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift „The Journal“.
Im Vorjahr hatte er den Roman „Plague of the Dead“ veröffentlicht, der als erster Band einer „Morningstar-Strain“ genannten Trilogie oder Serie geplant war. Mit der ungewöhnlichen, weil nicht auf die üblichen Zombie-Metzeleien beschränkten, sondern die Apokalypse in einen globalen Rahmen stellenden Geschichte erregte Recht großes Aufsehen. Den ersten Erfolg konnte er mit dem Nachfolgeband wiederholen. Die großen Verlage interessierten sich für Recht, der schließlich von Simon & Schuster unter Vertrag genommen wurde.
Privat litt Recht an einer Abhängigkeit von Beruhigungs- und Schmerzmitteln. Im August 2008 verhaftete ihn die Polizei bei dem Versuch, in eine Arztpraxis einzubrechen, um sich dort entsprechende Medikamente zu verschaffen. Am 10. Dezember 2009 wurde Z. A. Recht tot in seiner Wohnung aufgefunden; er war 26 Jahre alt. Seinen zu diesem Zeitpunkt im Entwurf vorliegenden Roman „Survivors“, der die „Morningstar-Strain“-Trilogie fortsetzen oder abschließen sollte, wurde vom Schriftsteller Thom Brannan komplettiert und erschien 2012.
|Taschenbuch: 447 Seiten
Originaltitel: Plague of the Dead (New York : Pocket Books 2006)
Übersetzung: Ronald M. Hahn
ISBN-13: 978-3-453-52941-0
eBook: 959 KB
ISBN-13: 978-3-641-08287-1|
http://www.themorningstarsaga.com
http://www.randomhouse.de/heyne
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