Archiv der Kategorie: Hörspiele / Hörbücher

May, Karl – Winnetou I (Europa-Originale 9)

_Besetzung_

Old Shatterhand/Erzähler – Michael Poelchau
Sam Hwakins – Horst Beck
Rattler – Curt Timm
Klekih-Petra – Albert Johannes
Intschu-tschuna – Hans Paetsch
Tangua – Josef Dahmen
Winnetou – Konrad Halver
Nscho-tschi – Herma Koehn
Dick Stone – Hans Meinhardt
Will Parker – Rolf Jahncke
Anführer der Kiowas – Miachael Weckler
Santer – Peter Folken

Regie: Konrad Halver

_Story_

Bereits bei ihrem ersten Aufeinandertreffen sind sich Old Shatterhand und der Sohn des Apachen-Häuptlings Intschu-tschuna, Winnetou, nicht grün. Bei einem blutigen Gefecht kommt nämlich Winnetous Lehrer, Klekih-Petra, durch einen Schuss aus dem Gewehr eines Weißen ums Leben. Dennoch wünscht sich der Sterbende kurz vor seinem Tod, dass Old Shatterhand seine Rolle übernehmen wird. Winnetou ist von dieser Idee gar nicht begeistert. Als dann auch noch gegen die Abmachungen eine neue Eisenbahnstrecke durchs Apachengebiet gebaut werden soll, ist sich der indianische Krieger sicher, dass Old Shatterhand ein Feind seines Stammes ist. Doch nach und nach erweist sich der als Verräter beschimpfte Old Shatterhand als wahrer Freund und schlägt sich schließlich auf die Seite der Indianer. Dennoch kann er ein weiteres Blutbad, das Winnetous gesamte Familie erschüttert, nicht verhindern.

_Meine Meinung_

Ich kann mich gar nicht entsinnen, wie oft ich den zugehörigen Kinofilm in meiner Kindheit sah, aber ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich jedes Mal mitfieberte, als Old Shatterhand und Winnetou-Mime Pierre Brice sich langsam miteinander anfreundeten und später sogar Blutsbrüderschaft schlossen. Das gleichnamige Hörspiel zum ersten Teil der Winnetou-Saga fängt die angespannte Stimmung des TV-Ereignisses sehr gut auf. Es wird sicher nichts beschönigt, doch immer darauf geachtet, dass die im Grunde genommen schon sehr harte Geschichte durch die Aneinanderreihung moralischer Werte an den entsprechenden Stellen entschärft wird. Obwohl der Inhalt also (unter anderem durch die verschiedenen Todesfälle und Racheakte) nichts für sanfte Gemüter ist, handelt es sich auch beim im Original 1968 produzierten Hörspiel um sehr kurzweilige Unterhaltung, die für die gesamte Familie geeignet ist.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Hauptdarstellers Old Shatterhand, der sowohl seine Listen als auch sein Interesse für den Apachen-Stamm sehr detailliert schildert und den Leser permanent an seiner Abenteuerreise teilhaben lässt. Sprecher Michael Poechlau klingt dabei ziemlich hart und emotionslos, obwohl die Erzählung viele emotionale Passagen bereithält. Stellenweise sind die Dialoge sogar richtig trocken, ganz so, als wären die tragischen Ereignisse an der Seite der Apachen zwar von hohem Stellenwert, aber im Nachhinein nicht mehr diskussionswürdig. Nach dem Tod steht nur die Rache, und selbst die Trauerfeier für den zu Beginn ermordeten Klekih-Petra geht unter diesem Aspekt ein wenig unter. Erst zum Ende hin, als sich die Geschichte zu einem echten Drama entwickelt, werden die Emotionen lebendig und die Trauer der Lage entsprechend authentisch umgesetzt.

Die trockene Erzählweise ist allerdings auch der einzige Kritikpunkt, den man diesem Hörspiel anlasten kann. Bisweilen erscheint die Story dadurch ein wenig einspurig, was aber auch damit zusammenhängt, dass Erzählstimme und Hauptrolle von derselben Person übernommen werden. Für den Spannungsaufbau wirkt sich dies indes aber glücklicherweise nicht nachteilig aus. Gleich mehrere Höhepunkte leiten die Story ein, werden dann in ihrer Dramaturgie stetig gesteigert und enden in einem abrupten Cliffhanger, der – Karl-May-Leser wissen es – später im zweiten Teil der Trilogie münden wird. Apropos zweiter Teil, die Neuauflage bietet gleich beide Folgen des ursprünglich in zwei Etappen veröffentlichten Hörspiels und kommt auf satte 60 Minuten Spielzeit. Damit ist „Winnetou I“ die bislang umfangreichste Produktion dieser ersten Staffel – und sicherlich auch eine der besten. Trotz der etwas drögen Erzählstimme.

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Diverse – Robin Hood (Europa-Originale 20)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Robin Hood – Rudolf H. Herget
Graf Locksley – Herbert A. E. Böhme
Bruder Tuck – Horst Beck
Little John – Michael Weckler
Guy von Gispert – Christoph Rudolf
Wirtin – Katharina Brauren
Sheriff – Claus Wagener
Sänger Alan – Konrad Halver
Prinz Johann – Peter von Schultz
Richard Löwenherz – Edgar Maschmann

Regie: Heikedine Körting

_Story_

Während König Richard Löwenherz zu den Kreuzzügen ins Heilige Land aufgebrochen ist, häufen sich in seiner Heimat die Missstände. Der Sheriff von Nottingham hat das Zepter in die Hand genommen und sieht sich schon als künftigen König. Ohne jegliche Bestimmung regiert der normannische Anführer das Land und quält diejenigen Einwohner, die sich seinem Machtstreben widersetzen. Einer von ihnen ist der junge Robin von Loxley, der dem Sheriff zum ersten Mal „ins Auge sticht“, als er eine kleine Garnison seiner Männer im Wald überwältigt.

Kurzerhand wird der stolze Betrag von einhundert britischen Pfund auf Robins Kopf ausgesetzt, um dem Burschen sofort den Wind aus den Segeln zu nehmen. Doch Robin ist flinker, so dass man stattdessen das Anwesen seines Vaters angreift, der dabei ums Leben kommt. Von diesem Punkt an schwört der junge Loxley Rache.

Im Sherwood Forest findet er neue Verbündete, mit denen er permanent die Schergen des Sheriffs beraubt, und wird so zum größten Erzfeind des inoffiziellen Machthabers. Ständig ist der mit Pfeil und Bogen bewaffnete, schmächtige Mann aus dem Wald den Häschern und Jägern seines Gegners einen Schritt voraus und bringt den gemeinen Sheriff dabei fast zur Weißglut. Doch werden Robin und seine Gefolgsleute den Normannen auch so lange standhalten können, bis der König von den Kreuzzügen zurückkehrt? Als dem berüchtigten Anführer der sächsischen Aufrührer die öffentliche Hinrichtung droht, sieht es nämlich gar nicht mehr so gut aus …

_Meine Meinung_

Die Geschichte von „Robin Hood“ ist eigentlich hinlänglich bekannt und wurde auch gleich mehrmals verfilmt. Die bekannteste Adaption ist sicherlich das Werk „Robin Hood – König der Diebe“ mit einem damals noch absolut überzeugenden Kevin Costner in der Hauptrolle. Aber auch im Trickfilmbereich ist der junge Bogenschütze aus dem Sherwood Forest längst kein Unbekannter mehr und begeistert schon seit mehreren Generationen ein junges Publikum.

Eine ganze Weile vorher gab es „Robin Hood“ auch schon als Hörspiel beim |Europa|-Verlag, genauer gesagt im Jahre 1971. Und genauso wie die vielen verschiedenen Fassungen dieser legendären Geschichte aus dem Großbritannien zu Zeiten der Kreuzzüge, so setzt auch dieses Hörspiel, welches unlängst in der Reihe „Europa – Die Originale“ neu aufgelegt wurde, andere Schwerpunkte. Vor allem die Vorgeschichte und Robins Ambitionen, als Hüter der Gerechtigkeit aufzutreten, werden hier etwas ausführlicher beleuchtet, jedoch auch anders dargestellt. Wird der junge Loxley an anderer Stelle selber noch als Ritter des Königs beschrieben, so wird er hier als vorlauter Jüngling, der noch unter der Obhut seines Vaters lebt, vorgestellt. Und Letztgenannter kommt dementsprechend auch noch zu Wort und empfiehlt seinem Sohn, sich schnellstens von seinem Anwesen zu entfernen, denn er ahnt schon, dass sein erster unfreundlicher Kontakt mit den Bekannten des Sheriffs schlimme Folgen haben wird.

Natürlich aber nimmt die Geschichte erst richtig Fahrt auf, als Robin sich nach dem Tod seines Vaters gemeinsam mit Bruder Tuc und Little John gegen den offensichtlichen Feind ihres geliebten Königs stellt und diesen mit vielen Verbündeten mehr als nur einmal ärgert. Selbst die gemeinen Meuchelmörder, die man auf ihn ansetzt, kann Robin problemlos überwältigen, und wenn er selber dann mal in die Bredouille gerät, helfen ihm seine Freunde aus dem Wald, die für ihren jungen Anführer stets ihr Leben lassen würden. Und so sorgt Loxley nicht nur im Sherwood Forest, sondern nach einiger Zeit schon in ganz England für Aufsehen – und wird nicht nur innerhalb der eigenen Landesgrenzen, sondern auch im Heiligen Land, wo sein König schon seit Jahren im Krieg steht, zur Legende.

Im Gegensatz zum Kinospektakel aus den Neunzigern, welches ja zu einem wesentlichen Teil auch auf den Action-Szenen beruhte, setzt das klassische Hörspiel in erster Linie auf Humor und zielt so vornehmlich auf ein jugendliches Publikum, bietet aber andererseits auch schöne Unterhaltung für die gesamte Familie – was sicherlich in dieser Form auch bezweckt war. Und das Ganze macht auch wirklich sehr viel Spaß, denn die Sprecher erledigen einen hervorragenden Job, die kurzen Musikstücke passen sich dem Geschehen wunderbar an und die Geschichte ist trotz einer Spielzeit von gerade einmal 35 Minuten wirklich sehr schön und spannend aufgebaut. Lediglich die für Hörspiele gar nicht so unübliche Tatsache, dass jede Aktion von den beistehenden Personen etwas aufgesetzt erstaunt beschrieben wird, sprich das nicht Sichtbare, jedoch Offensichtliche noch einmal großartig in Worte gekleidet wird, gerät etwas störend. Aber im Großen und Ganzen geht auch das in Ordnung.

Letztendlich wird der Klassiker seinem Status so auch vollends gerecht. Hinzukommt, dass die Hörspiel-Fassung einen sehr eigenständigen Ansatz verfolgt und viele Hintergründe dieser Geschichte, bewusst oder unbewusst, von einer anderen, sehr interessanten Seite beleuchtet. Insofern ist „Robin Hood“ auch ein würdiger Abschluss der zweiten Staffel von „Europa – Die Originale“ und auch in der Kürze der Zeit ein absolutes Hörvergnügen.

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Stanišic, Saša – Wie der Soldat das Grammofon repariert

Saša Stanišics bisherige literarische Karriere mutet ein wenig so an, als wäre sie selbst einem Roman entsprungen. Es war 1992, als der 1978 in Bosnien geborene Autor mit seiner Familie im deutschen Exil Zuflucht suchte. Seit 2001 schreibt und publiziert er deutschsprachige Texte und erreichte 2005 etwas, das für jemandem, für den Deutsch im Grunde immer noch eine Fremdsprache ist, umso beeindruckender erscheint: Er gewann den Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. In diesem Jahr setzt er mit seinem Debütroman „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ noch eins drauf, indem er es bis auf die Shortlist zum Deutschen Buchpreis 2006 gebracht hat. Ist schon faszinierend, wie der junge Bosnier den Deutschen zeigt, was man mit deutschen Worten so Feines zaubern kann.

Um das Zaubern geht es gewissermaßen auch in besagtem Debütroman. Es ist sein Opa Slavko, der den jungen Aleksandar mit Zauberhut und Zauberstab ausstaffiert und ihm mit auf den Weg gibt, dass Erfindung und Fantasie die wichtigsten Gaben sind, die der Mensch hat. Aleksandar soll sich die Welt schöner denken, als sie ist – ein Ratschlag, den Aleksandar schon bald zu beherzigen weiß.

Opa Slavko segnet kurz darauf das Zeitliche und auf Aleksandars Heimat kommen große Veränderungen zu. In Jugoslawien bricht der Krieg aus. Die Schrecken des Krieges, Ängste und Verluste dominieren das Leben und Aleksandar ist in der Tat gut damit beraten, sich die Welt schöner zu denken, als sie ist. Aleksandars Heimatstadt Višegrad fällt, seine Familie flieht und Aleksandar verliert in der Hektik des Aufbruchs das Mädchen Asija aus den Augen, mit dem er erst vor kurzem Freundschaft geschlossen hatte.

Aleksandar wird mit seiner Familie in Deutschland heimisch, doch stets hält Aleksandar die Erinnerungen an die Heimat und die große Familie wach. Er schreibt von Begebenheiten in der Familie und Kuriositäten seiner Heimat. Zehn Jahre nach der Flucht bucht der mittlerweile erwachsene Aleksandar endlich einen Flug nach Sarajevo, um zu sehen, was aus Familie und Heimat geworden ist und ob er Asija endlich wieder findet …

„Wie der Soldat das Grammofon repariert“ ist unterm Strich im Grunde eine literarische Bewältigung des Balkankrieges. Es gibt schon auf den ersten Blick auffällig viele Parallelen zwischen Autor und Protagonist; so gesehen kann man die Geschichte sicherlich auch als persönliche und autobiographische Aufarbeitung des Themas sehen. Genau wie seine Hauptfigur Aleksandar ist auch Saša Stanišic im bosnischen Višegrad geboren und beiden gemein ist sicherlich auch die Vorliebe, Erinnerungen und kuriose Geschichten schriftlich festzuhalten.

Obwohl Stanišic kein Muttersprachler ist, geht er mit der deutschen Sprache absolut souverän um. Er hat eine verschmitzte Art, seine Geschichte zu erzählen, legt eine gewisse Poesie in seine Worte und unterstreicht seine Geschichte mit Ironie und Wortwitz. Dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist, merkt man ihm beileibe nicht an, und das ist schon durchaus beachtlich und zeigt, wie intensiv Stanišic sich mit der deutschen Sprache auseinander gesetzt haben muss.

Stanišic schafft es mit seinen Worten, die Geschichte und die Figuren wirklich lebendig werden zu lassen und gerade auch die Hörspielproduktion des Bayerischen Rundfunks unterstreicht diese Lebhaftigkeit ganz wunderbar. Die Stimmen passen ganz fantastisch zu den Figuren. Man sieht sie förmlich vor sich – Opa Slavko, wie er Maß nimmt für Aleksandars Zauberhut, Tante Taifun, die beim Familiefest in hektischer Aufregung umherwirbelt, und selbst als Aleksandar beim Angeln Zwiesprache mit der Drina hält, die durch Višegrad fließt, wirkt das Ganze so wunderbar plastisch, dass es einem nicht eine Sekunde lang komisch vorkommt, dass sich ein Junge mit einem Fluss unterhält.

„Wie der Soldat das Grammofon repariert“ vereint enorm viele menschliche Gefühle in sich und wirkt wie ein Stück Leben auf CD gebannt. Die Unbeschwertheit der Kindheit, die Geborgenheit der Familie, die mit der sich verändernden Stimmung im Land erste Risse bekommt. Die Unbegreiflichkeit und Unbeschreiblichkeit der Kriegsgräuel, die Sehnsucht nach Frieden und Heimat, die Ängste von Flucht und Zerstörung, die Tragik wie auch die Komik, die all den kleinen alltäglichen Dingen innewohnt – „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ ist ein schillerndes Kaleidoskop menschlicher Gefühle.

Ganz nebenbei sensibilisiert Stanišic den Leser bzw. Hörer für das, was Anfang der 90er im ehemaligen Jugoslawien geschah – ein unbeschreiblich brutaler Krieg mitten in Europa. Und so stimmt „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ in jedem Fall auch nachdenklich. Die Hörspielproduktion, die unter der Regie von Leonhard Koppelmann entstand, fängt (nicht zuletzt dank der gelungenen musikalischen Untermalung) diese Stimmungen und Gefühle ein, macht sie dem Leser zugänglich und das Buch damit zu einem echten Erlebnis.

Unterm Strich ist Saša Stanišic mit „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ ein in jeder Hinsicht lobenswerter Debütroman geglückt. Sprachlich fantastisch, wunderbar bildhaft und voller großer Gefühle, weckt auch die gleichnamige Hörspielproduktion vielfältige Gefühle. Tragisch und komisch zugleich präsentiert sich Stanišics Geschichte als ein Stück manifestierte Zeitgeschichte um Familie, Krieg und alltägliche Kuriositäten.

Man kann das Werk eigentlich nur jedem ans Herz legen. Als Buch dürfte „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ schon für sich genommen ein wunderbar melancholischer Genuss sein. Das 78-minütige Hörspiel füllt die Geschichte obendrein auf wunderbare Weise mit Leben.

Der gleichnamige Roman erschien im |Luchterhand Literaturverlag|:
[luchterhand-literaturverlag.de]http://www.randomhouse.de/luchterhand/
[randomhouseaudio.de]http://www.randomhouse.de/randomhouseaudio/

Beecher-Stowe, Harriet – Onkel Toms Hütte (Europa-Originale 4)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
John Shelby – Franz-Joseph Steffens
Chloe – Uta Höpfner
Sam – Harald Pages
Mr. Haley – Andreas von der Meden
Mr. Shelby – Helmut Kolar
Mrs. Shelby – Imme Froh
Evangeline St. Claire – Regine Lamster
Mr. St. Claire – Horst Stark
Mr. Legree – Heinz Harm

_Story_

Vor 150 Jahren war es in den amerikanischen Südstaaten noch Usus, dass die weißen Großgrundbesitzer zur Bearbeitung ihrer Plantagen schwarze Sklaven hielten. So auch der besonnene Mr. Shelby, einer der wenigen dieser Leute, der seine Sklaven auch tatsächlich als Menschen betrachtet und ihnen innerhalb ihres Aufgabenbereichs einzelne Freiheiten gewährt.

In seinem Besitz befindet sich auch der gutmütige Tom, ein fleißiger und beliebter Schwarzer, der mit seiner Familie sogar eine eigene Hütte auf Shelbys Anwesen bewohnt. Dort lebte er trotz seiner Fessel mit sich und seiner Welt in Frieden, zumal er seinen Glauben auf der Farm in vollen Zügen ausleben konnte. Eines Tages jedoch bleibt Shelby keine Wahl, als ‚Onkel Tom‘, so der Rufname des Sklaven, für eine hohe Summe zu verkaufen. Ein Sklavenhändler macht ihm ein Angebot, das man einfach nicht ausschlagen kann, und sucht alsbald einen neuen Besitzer für seinen neuen Schützling.

Während einer Schiffsfahrt lernt Tom die junge Evangeline St. Claire kennen, freundet sich mit dem jungen Mädchen an und wird schließlich von ihrem Vater in den Dienst genommen. Glücklich über seine neue Anstellung, erwirbt sich Tom sehr schnell erneut einen sehr guten Ruf und lebt nicht nur als Sklave, sondern auch als Freund der Familie St. Claire.

Dann jedoch beginnt das Drama: Das kleine Mädchen wird todkrank, und Tom und die Familie müssen hilflos mit ansehen, wie die junge Eva in den Himmel auffährt. Ihr letzter Wunsch ist, dass Tom nach ihrem Tod ein freies Leben führen darf. Doch als Mr. St. Claire nach dieser Tragödie die Formalitäten für Toms Freiheit in die Wege leiten möchte, folgt auch schon der nächste bewegende Schicksalsschlag, der den gutmütigen Neger wieder meilenweit zurückwirft.

_Meine Meinung_

„Onkel Toms Hütte“ ist eine der dramatischsten Sagen der gesamten Literaturgeschichte; ein liebevolles Märchen über Glaube, Liebe und Hoffnung, das jedoch bei jedem ‚wunderbaren‘ Entwicklungsschritt von noch schlimmeren Ungerechtigkeiten überschattet wird.

Dabei werden die düsteren Rahmenbedingungen weitaus positiver dargestellt, als sie eigentlich sind bzw. waren. Die Sklaverei wird als die normalste Sache der Welt hingestellt, als Fakt, den es nicht anzuzweifeln gilt. Gut, man muss berücksichtigen, dass es sich hier vorrangig um eine Geschichte für das jüngere Publikum handelt, weswegen eine detailliertere Auseinandersetzung nicht zweckmäßig wäre, aber es ist im Grunde genommen schon erschreckend, wie selbstverständlich dieses finstere Kapitel der amerikanischen Geschichte hingenommen wird. Aber das ist keine Kritik am Hörspiel, sondern vielmehr eine generelle Kritik am leichtfertigen Umgang mit der strikten Rassentrennung, die in „Onkel Toms Hütte“ erst zum Ende hin ins Abseits gerät und indirekt scharf verurteilt wird.

Jenseits dieser Problematik ist die Geschichte wirklich ein wunderbares Märchen, aber auch ein sehr trauriges, das einem besonders in den letzten Sequenzen sehr nahe geht. Erst der Tod des armen kranken Mädchens, dann das ungerechte Schicksal von Onkel Tom und schließlich noch all die Niederträchtigkeiten, die der Mann über sich ergehen lassen muss. Stellenweise ist es echt hart, was hier geschieht, bisweilen sogar fast brutal, was aber Teil der Dramaturgie der Handlung ist.

Der Umgang mit den Sklaven, zunächst noch als menschlich und rücksichtsvoll beschrieben, entwickelt sich zu einem bewegenden Drama bis hin zum Gipfel der Ungerechtigkeit. Ausgerechnet der gutherzige, immerzu liebevolle Tom wird permanent zum Opfer, obwohl er sein Leben lang dankbar und zuverlässig geschuftet und sich wirklich alles gefallen lassen hat. Ähnlich sieht es mit der Geschichte der kleinen Eva aus; ein so lebendiger Charakter, voller Liebe und Zuversicht und außerdem schon so erwachsen, und plötzlich befindet sie sich im aussichtslosen Kampf gegen den Tod.

Auch wenn es eine sehr moralische, lehrreiche Story ist – sie ist kein leichter Stoff, aber deswegen noch umso schöner. Sie beschreibt in kurzen, aber sehr eindrucksvollen Zügen all das Leid und den Frevel sowie die Unbarmherzigkeiten, denen die schwarze Bevölkerung vor anderthalb Jahrhunderten ausgesetzt war, dies sicher in entschärfter Fassung, aber grundsätzlich doch schonungslos hart.

Das Hörspiel aus der „Europa-Originale“-Reihe fängt die bedrückte Stimmung ein, die im Gegensatz zu Onkel Toms fröhlicher Ausstrahlung einen enormen Kontrast aufwirft, den man erst einmal gar nicht begreifen will. Doch Tom ist ein tiefgläubiger Mensch, der die Hoffnung nie verliert, seine gesamte Familie mit dieser Laune ansteckt und somit sein Leben meistert – bis hin zum traurigen Tod, dem Sinnbild für das ungerechte Leben dieses einzigartigen Menschen.

Das Original, aufgenommen im Jahre 1972, ist basierend auf dieser wechselhaften Atmosphäre auch ein echter Ohrenschmaus, der gekonnt all die tiefgreifenden Emotionen der Geschichte beeindruckend widerspiegelt. Die Sprecher, allen voran Franz-Joseph Steffens, der mit seiner rauen Stimme die Rolle des gutmütigen Brummbärs absolut souverän ausfüllt, erledigen einen prima Job und spielen ihre Rollen nicht nur lebhaft, sondern auch der betrübten Handlung entsprechend sehr authentisch aus. Es wird gelacht und geweint, geschimpft und geliebt, aufgegeben und gehofft, und jedes Mal wissen die Stimmen dieses Hörspiels, wie sie ihren Part auszufüllen haben. Selbst die vermeintlichen Fieslinge geben der Erzählung die erforderliche Herzlosigkeit und machen „Onkel Toms Hütte“ zu einem weiteren, absolut hörenswerten Vertreter dieser ’neu‘ gestarteten Reihe.

Oder um es anders zu sagen: Das Hörspiel setzt genau das um, was man von einer Klassiker-Adaption erwarten darf. Trotz der anfänglichen Zweifel ob des Umgangs mit dem Thema Sklavenhaltung kann ich „Onkel Toms Hütte“ aus dem Hause |Europa| daher auch nur dringend weiterempfehlen.

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Niemann, Sebastian (Regie) / Alexander-Burgh, Eberhard (Buchautor) – Hui Buh – Hörspiel zum Film

Seit dem weltweiten Kinoerfolg der Bully-Produktion „Der Schuh des Manitu“ drehen die Medien immer völlig durch, wenn sich ein weiteres Comedy-Megaereignis anbahnt bzw. Herr Herbig wieder in einer solchen Produktion seine Finger im Spiel hat. Nach „Traumschiff Surprise“, der zweiten gefeierten Klamauk-Stafette des beliebten Entertainers, folgt nun drei Jahre später der nächste Film mit Bullys Beteiligung, und wieder ist der Rummel unheimlich groß. Dieses Mal hat man sich jedoch nicht an die Adaption eines cineastischen Kassenschlagers herangewagt, sondern stattdessen die beliebte Hörspiel-Reihe „Hui Buh“ mit einem frechen Kinostreifen bedacht. Parallel zum immer noch sehr angesagten Film erscheint über Hui Buhs Hauslabel |Europa| auch das zugehörige Hörspiel, womit sich der Kreis wiederum schließt.

_Story_

Hui Buh führt auf Schloss Burgeck ein herrliches Leben. Ungestört spukt er innerhalb der märchenhaften Gemäuer, wenn er nicht gerade seinen einzigen Weggefährten, den alten Kastellan, mit seinen Künsten beeindrucken will. Allerdings ist Hui Buh über sein Leben dennoch nicht sonderlich glücklich; zwar ist das Schlossgespenst das einzige seiner Art mit der Lizenz zum Spuken, aber aus unerfindlichen Gründen sind seine Aktionen bislang noch nie gruselig gewesen. Auch wenn der Kastellan sich Mühe gibt, sich von den zahlreichen Manövern des Geistes beeindruckt zu zeigen, erschrocken hat er sich in seiner gesamten Laufbahn als Königsdiener von Burgeck noch nicht.

Als eines Tages König Julius der 111. auf Burgeck auftaucht, ergibt sich für Hui Buh eine neue Chance, endlich doch noch seine Talente unter Beweis zu stellen, zumal das Gespenst überhaupt keine Sympathien für den Monarchen übrig hat. Dieser plant die Verlobung mit der liebreizenden Gräfin Leonora von Etepetete, und das schon bald, doch ausgerechnet das Schlossgespenst macht ihm hier einen Strich durch die Rechnung. Quasi als Racheakt verbrennt Julius die Lizenz seines neuen Feindes, ist sich allerdings nicht bewusst, was er damit anrichtet. Der unheimliche Daalor erscheint nämlich auf Burgeck und bedroht alle Bewohner des Schlosses. Nur mit vereinten Kräften kann es Hui Buh und Julius gelingen, den bösen Kontrahenten abzuwehren. Doch hierzu müssen sie erst einmal ihre Feindseligkeiten dem jeweils anderen gegenüber ablegen …

_Meine Meinung_

Bei der Betrachtung der Schauspieler, die an diesem modernen Märchen Anteil haben, kann man eigentlich schon davon ausgehen, dass die Kinofassung von „Hui Buh“ ein echter Knaller ist. Christoph Maria Herbst, Bully Herbig, Heike Makatsch und nicht zuletzt der mittlerweile verstorbene Hans Clarin haben sich bemüht, dem gruseligen Spaß ihren Stempel aufzudrücken, sind dabei aber leider (zumindest partiell) gescheitert. Nennen wir das grundlegende Problem direkt zu Beginn: „Hui Buh“ ist einfach nicht so lustig, wie man es eigentlich erwartet hätte. Hier ein flotter Spruch, dort ein paar fallende Gegenstände und der leider viel zu klischeegetriebene Aufguss einer „Gut vs. Böse“-Handlung sind die hauptsächlichen Merkmale des düsteren Familienkinos und enttäuschen die sehr hohen Erwartungen dann doch enorm.

Für meinen Geschmack liegt dies vor allem an der fehlenden Harmonie unter den Protagonisten. Damit meine ich jetzt nicht, dass die Schauspieler beim Dreh keinen Spaß hatten, das hatten sie nämlich ganz sicher, sondern eher, dass die Besetzung in dieser Form nicht so recht funktioniert. Zu viele starke Charaktere säumen das Bild, und jeder fordert seine Daseinsberechtigung. So ist die Produktion zum einen sehr stark auf Bully Herbig in der Doppelrolle Balduin/Hui Buh zugeschnitten, will aber auch dem trockenen Humor von Christoph Maria Herbst und dem kessen Auftreten einer Heike Makatsch gerecht werden. Und außerdem sind da ja auch noch Rick Kavanian und die Legende Hans Clarin, die ebenfalls Aufmerksamkeit für sich beanspruchen. Und leider Gottes funktioniert das nicht, wobei ich Herrn Herbst auch für eine Fehlbesetzung halte. Vielleicht sehe ich das zu engstirnig, aber für diesen Schauspieler sind derbe Rollen wie die des Büromiesmachers Stromberg tausendmal besser geeignet als die des jugendlichen Spaßmachers.

Nun, auf jeden Fall hat mich der Film schon im Kino nicht überzeugt, zum einen, weil die Story selbst für die vorgesehene Zielgruppe zu durchsichtig ist, und zum anderen, weil der Geist (nomen est omen) der bekannten Hörspiel-Serie hier in groben Zügen verfälscht wurde. Von der seltsamen Darstellung des Gespenstes mal ganz zu schweigen …

Damit wären wir beim Hörspiel angelangt, bei dem es sich um eine leicht gekürzte Fassung des Films handelt. Der Unterschied besteht hier weitestgehend darin, dass sämtliche Nebenschauplätze der Geschichte entfernt wurden, so zum Beispiel die bildliche Situationskomik oder die für die Entwicklung des Plots eher zweitrangigen Dialoge. Die Handlung wurde in 68 Minuten auf den Punkt gebracht, und dies von dem wunderbaren Erzähler Andreas Fröhlich (z. B. Dialogregie beim „Herr der Ringe“ und dort die Stimme von |Gollum| sowie |Bob Andrews| in „Die drei ???“), der seine Aufgabe hier entgegen des allgemeinen Gesamteindrucks wirklich fantastisch löst.

Ansonsten: Eine durchschnittliche Geschichte kann man kaum dadurch aufwerten, dass man sie kürzt, und da man im Film zumindest noch mal lachen durfte, wenn Hui Buh in alberner Manier durchs Bild huschte, gehen auch noch die wenigen wirklich guten Lacher verloren. Zurück bleibt lediglich eine sehr künstlich aufgebauschte, nicht allzu spektakuläre Geschichte, die auch von den großen Namen nicht gerettet werden kann. Gerade im Hinblick auf Bullys letzten beiden Leinwand-Volltreffer ist dies hier eine einzige Enttäuschung, bei der ich mir selbst beim ganz jungen Publikum vorstellen kann, dass sie nicht wirklich ankommt.

Schade drum, denn das Hörspiel ist an sich gut aufgemacht, enthält ein paar kurze Hintergrundinfos zu den einzelnen Figuren und fängt zumindest die Atmosphäre prima auf. Aber ebenso wenig wie Hui Buh zu spuken vermag, haut der Inhalt einen um. Weder im Kino noch auf dem silbernen Datenträger.

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Rafik Schami – Märchen aus Malula

„Märchen aus Malula“ ist eine Auswahl von sechs Erzählungen, die seit vielen Generationen in Rafik Schamis Heimatdorf Malula in Syrien erzählt werden. Wenngleich sie auch inhaltlich sehr unterschiedlich sein mögen, verbindet alle sechs Märchen eine ähnliche moralische Botschaft. Auf verschiedenste Weise beschäftigen sich die Erzählungen mit den Vorstellungen von Gerechtigkeit und von Respekt und Dankbarkeit gegenüber Mitmenschen.

Rafik Schami – Märchen aus Malula weiterlesen

Dark, Jason – John Sinclair – Der Todesnebel (Folge 36)

_Story_

In der Nähe eines kleinen Küstendorfes schwebt ein seltsamer Nebel übers Meer, der vor allem den älteren Bewohnern große Angst einjagt. Der junge Phil muss als Erster erfahren, wie begründet diese Ängste sind, als er nach einer Irrfahrt auf seinem Boot ‚verändert‘ zurückkehrt und beim Aufeinandertreffen mit seiner Familie in London ein Blutbad anrichtet. Gerade noch rechtzeitig kann Sinclair einschreiten und zumindest die Mutter des Jungen retten, wohingegen der erst 13-jährige Phil in der Gestalt eines Mumien-ähnlichen Dämons von Sinclair tödlich verletzt wird.

Währenddessen geht Phils Onkel der Sache auf den Grund und steuert mit einem befreundeten Schiffsmann mitten in den Nebel hinein. Bei ihrer Rückkehr scheint alles normal zu sein, so dass beide sich vor den wartenden Bewohnern noch über die angeblichen finsteren Mächte hinter dem Nebel lustig machen. Doch die beruhigten Leute werden schnell eines Besseren belehrt, als Billy und Gard im Dorf Amok laufen und beim Versuch, den Pfarrer und die religiösen Symbole des Dorfes zu vernichten, ebenfalls nur noch vom herbeigereisten Sinclair aufgehalten werden können. Doch selbst der Geisterjäger weiß keinen Rat, muss aber schnell handeln, denn der Nebel steuert direkt auf das Dörfchen zu, und wie grausam sich sein Kontakt auswirkt, haben mittlerweile viele leibhaftig bezeugen können …

_Meine Meinung_

Die jüngste Veröffentlichung aus der „John Sinclair“-Hörspielserie ist im Hinblick auf die prickelnd gruselige Atmosphäre eines der absoluten Highlights aus dem bisherigen Audio-Katalog des Geisterjägers. Alleine der Handlungsschauplatz birgt schon genügend Potenzial für eine weitere schaurige Geschichte, und dies haben die Sprecher von „Der Todesnebel“ unter der Anleitung von Oliver Döring nicht nur verinnerlicht, sondern diesbezüglich auch einen erstklassigen, würdigen Transfer geleistet.

Zudem verfolgt man in Episode 36 mal wieder einige frische Ansätze, was schon damit beginnt, dass der neue Gegner des Geisterjägers erst einmal unscheinbar und vor allem auch undurchschaubar ist. Sinclair ist sich nicht sicher, wie er die aktuelle Bedrohung definieren soll, denn ihm ist nicht bekannt, ob die dichte Nebeldecke von einer höheren Macht befohlen wird oder ob es sich hier um eine neue, eigenständige teuflische Erscheinung handelt, die alle bislang bekannten Charakteristika der dämonischen Geschöpfe außer Kraft setzt. Lediglich eines ist sicher, und das ist die Gefahr, die inmitten des Nebels lauert. Menschen verändern sich nach direktem Kontakt, und keiner kann sagen, was genau passiert, wenn man von der diesigen Luft festgehalten wird. Sinclair bieten sich auch keine Möglichkeiten, dies herauszufinden, weil alle Betroffenen ihr Verhalten derart krass modifiziert haben, dass ihr wahres Ich zur Unkenntlichkeit entstellt wurde.

Eine harte Nuss für unseren Geisterjäger, und ein unheimlich spannendes Hörspiel für seine Fangemeinde. So lautet schon einmal vorab das Resümee nach dieser wiederum recht langen Erzählung. Der Regisseur scheint wirklich sehr bemüht, die Saga mittels frischer Zutaten lebendig zu halten, ohne dabei auf altbewährte Elemente zu verzichten, und dies ist ihm hier auch fabelhaft gelungen. Abgesehen von den ermittelnden Hauptdarstellern ist in „Der Todesnebel“ nämlich so ziemlich alles neu; die Gegner, Sinclairs Handeln, das der Story bisweilen sogar die Ausstrahlung eines Action-Thrillers verleiht, sowie der recht unkonventionelle Kampf gegen den bedrohlichen Nebel, der innerhalb eines Gotteshauses geplant und durchgeführt wird. Dass dabei auch der ziemlich häufig eingeworfene Humor nicht Fehl am Platze ist, spricht weiterhin für den starken Plot, in dem neben kurzzeitigen Cliffhangern auch stets Platz für einen lockeren, ja sogar witzigen Spruch bleibt. Meist sogar aus dem Munde des Geisterjägers selbst.

Und weil man sich des hohen Potenzials des neuesten Hörspiels absolut bewusst ist, macht man auch schon relativ frühzeitig deutlich, dass diese Geschichte nur der Anfang eines neuen gespenstischen Zeitalters ist, und dass auch die nachfolgenden Hörspiele unmittelbar an die Story von „Der Todesnebel“ anknüpfen werden. Inwieweit dies der Fall sein wird, bleibt abzuwarten, doch um hier Genaueres zu sagen, müsste ich an dieser Stelle schon auf das Ende der aktuellen Geschichte vorgreifen, und das wäre ja nicht fair. Feststeht nur eines: Die Nr. 36 ist eine der abwechslungsreichsten und damit auch besten Folgen von „John Sinclair“ und gehört folgerichtig auch an eine der vordersten Stellen jeder Geisterjäger-Sammlung. Wehe, hier meckert noch einmal jemand über die jüngsten Veröffentlichungen dieser Serie!

http://www.sinclairhoerspiele.de

_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
[„Der Pfähler“ 2019 (SE02)
[„John Sinclair – Die Comedy“ 3564
[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
[„Die Totenkopf-Insel“ 2048 (Folge 2)
[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
[„Damona, Dienerin des Satans“ 2460 (Folge 4)
[„Der Mörder mit dem Januskopf“ 2471 (Folge 5)
[„Schach mit dem Dämon“ 2534 (Folge 6)
[„Die Eisvampire“ 2108 (Folge 33)
[„Mr. Mondos Monster“ 2154 (Folge 34, Teil 1)
[„Königin der Wölfe“ 2953 (Folge 35, Teil 2)
[„Der Todesnebel“ 2858 (Folge 36)
[„Dr. Tods Horror-Insel“ 4000 (Folge 37)
[„Im Land des Vampirs“ 4021 (Folge 38)
[„Schreie in der Horror-Gruft“ 4435 (Folge 39)
[„Mein Todesurteil“ 4455 (Folge 40)
[„Die Schöne aus dem Totenreich“ 4516 (Folge 41)
[„Blutiger Halloween“ 4478 (Folge 42)
[„Ich flog in die Todeswolke“ 5008 (Folge 43)
[„Das Elixier des Teufels“ 5092 (Folge 44)
[„Die Teufelsuhr“ 5187 (Folge 45)
[„Myxins Entführung“ 5234 (Folge 46)
[„Die Rückkehr des schwarzen Tods“ 3473 (Buch)

Finn, Thomas – Greifenopfer, Das (Das Schwarze Auge; Hörbuch 3)

_Story_

Während die Stadt Lowangen noch immer an den Folgen des verlorenen Krieges gegen die Orks leidet, kehrt einer ihrer bekanntesten Söhne nach langer Abstinenz zurück in ihren Schoß und gibt vor, dort das Erbe seines Vaters anzutreten. Doch der lange Zeit verschollene und bereits tot geglaubte Greifwin hegt in Wirklichkeit ganz andere Pläne. Beruhend auf einer Vision seines Gottes Phex sucht er den magischen Sternenstaub, dessen Aufenthaltsort von den vier Gemälden, auf denen die Jahreszeiten in Lowangen portraitiert sind, geheim gehalten wird.

Der Erste, der die unehrenhaften Beweggründe des Rückkehrers durchleuchtet, ist der berüchtigte Magister Elcarna von der Akademie der Verformung. Er kann nicht glauben, dass es sich bei der plötzlich aufgetauchten Person tatsächlich um Greifwin Svellbach handelt, und setzt seine Schülerin, die Halbelfin Maya, auf den Burschen an.

Und Elcarna hat allen Grund zur Besorgnis, denn Greifwin ist inzwischen bereits aktiv geworden und hat einzelne Bilder der Lowanger Jahreszeiten in seinen Besitz gebracht. Tatsächlich treffen Maya und ihr alter Freund Greifwin aufeinander und geraten dabei in einen folgeschweren Konflikt. Doch die Halbelfin registriert recht schnell, dass Greifwin keine bösen Ziele verfolgt, und stürzt sich an seiner Seite mitten in ein Abenteuer …

_Meine Meinung_

Mit „Das Greifenopfer“ wagt der |Horchposten|-Verlag einen großen Schritt nach vorne, denn mit dem dritten Teil der Hörbücher aus der DSA-Reihe ist der Umfang der vertonten Geschichte um ein Vielfaches gewachsen. Waren es bei „Der Göttergleiche“ noch eine bzw. beim ebenfalls von Thomas Finn geschriebenen „Das Auge des Morgens“ zwei CDs, wurde die aktuelle Erzählung über ganze sechs Silberlinge verteilt und wird dazu auch noch von zwei Sprechern dargeboten. Neben dem bereits bekannten Axel Ludwig kommt nun noch die sehr flexible weibliche Stimme von Sabine Brandauer hinzu, die nebst den musikalischen Einlagen für willkommene Abwechslung sorgt. So bewegt sich die gesamte Darbietung auch ein wenig von den klassischen Mustern des Hörbuchs hinfort und bekommt durch den recht häufigen Wechsel einen sehr lebendigen Charakter, der mir persönlich auch auf Anhieb lieber ist als die ‚gewöhnliche‘ Erzählung.

Entgegen der überwiegend negativen Meinungen hat man für dieses Hörbuch auch die genau richtige Geschichte ausgewählt. Angefangen beim Humor über die rätselhaften Ereignisse um das Verhalten des ‚Diebs‘ Greifwin bis hin zum großen Abenteuer, das der zurückgekehrte Jüngling gemeinsam mit der Halbelfin Maya besteht, wird hier Spannung pur geboten, zumal die Geschichte sich beinahe permanent in andere Richtungen entwickelt und trotz der stets hohen Transparenz kaum durchschaubar ist. Die Charaktere sind dabei teils nicht neu; Greifwin zum Beispiel kennen wir schon aus anderen Erzählungen von Thomas Finn, und sein Charakter wird in „Das Greifenopfer“ auch konsequent weiterentwickelt. Warum also kritische Worte für diese Story?

Nun, Angriffsfläche bietet „Das Greifenopfer“ eigentlich nur beim etwas behäbigen Anfang, an dem die Handlung nicht so richtig in die Gänge kommen will. Kurze Startschwierigkeiten ergeben sich vor allem daraus, dass zu Beginn keine klare Linie gefahren und erst nach einigem Geplänkel deutlich wird, wohin sich das Ganze bewegen wird. Dann aber, ungefähr zur Mitte der ersten CD, steigert sich das Ganze in gehörigem Tempo, weil man mit den Eigenschaften und Motivationen der Hauptdarsteller vertraut ist, erste Sympathien entwickelt hat und dabei lernt, mit den ‚Richtigen‘ mitzufiebern.

Die Umsetzung ist allerdings auch wirklich klasse; jegliche Befürchtung, das Ganze wäre aufgrund der Steigerung des Gesamtumfangs zu langatmig geraten, wird durch die vielen kleinen Details der Handlung ausgeschlagen. Alleine mit der Analyse der verschiedenen Charaktere kann man ganze Episoden verbringen, da sich (besonders auf Greifwin bezogen) mit jedem Schritt der Gesamteindruck wandelt und man lernen muss, die daraus resultierenden Situationen einzuschätzen. So zum Beispiel beim Diebstahl der Gemälde, der ja nicht aus purer Willkür geschieht.

Im hinteren Drittel nimmt der Plot dann noch ein weiteres Mal an Fahrt auf; die Geschehnisse überschlagen sich und das Team Ludwig/Brandauer läuft zur Hochform auf, so dass die 450 Minuten wie im Flug vergehen. Dies kann man übrigens auch der tollen Erzählatmosphäre anlasten, denn bei „Das Greifenopfer“ wird man zu keiner Sekunde in das alte Hörbuch-Dilemma verfallen, dass man nach kurzem gedanklichen Aussetzer ein ganzes Kapitel von Neuem starten muss. Die beiden Stimmen fesseln einen an die Boxen und die Effekte tun ihr Übriges dazu, mit dem Resultat des besten bisherigen Hörbuchs aus dieser Serie.

Während ich dies schreibe, liegt auch schon die nächste „Das Schwarze Auge“-Vertonung auf dem Schreibtisch bereit; der |Horchposten|-Verlag hat Blut geleckt, sicher auch beflügelt durch die gute Arbeit bei der Umsetzung der drei bis dato eingespielten Hörbücher. Allerdings hat man die Messlatte mit „Das Greifenopfer“ schon sehr hoch abgesteckt, weshalb es nicht gerade leicht ist, den Leser/Hörer/Rollenspiel-Fanatiker ein weiteres Mal so gekonnt aus der Reserve zu locken wie im hier rezensierten Beispiel. Aber weil sich die Macher bis dato mit jeder neuen Folge weiter haben steigern können, habe ich diesbezüglich keine Bedenken. Hört also nicht auf die unbegründete Kritik an anderer Stelle, sondern verschafft euch selber einen passenden Eindruck von diesem fabelhaften Ohrenschmaus.

http://www.horchposten-verlag.de/

Jules Verne – In 80 Tagen um die Welt (Europa-Originale 1)

_Besetzung_

Lord Fogg – Hans Daniel
Passepartout – Joachim Wolff
Detektiv Fix – Werner Cartano
Mr Stuart – Andreas von der Meden
Mr Sullivan – Peter Kirchberger
Mr Ralph – Wolfgang Kaven
Kellner – Christian Mey
Elefantenführer – K. Das Gupta
Aonda – Karin Lieneweg
Proctor – Fritz Piper
Schaffner/Indien – Volker Bogdan
Schaffner/Amerika – Johann Schramm
Sprecher – Lutz Mackensy

_Story_

Phileas Fogg ist Mitglied in einem berühmten Londoner Gentlemen-Club, dessen Mitglieder jeweils große Stücke auf sich halten. So auch Fogg, der mit seiner Behauptung, es sei möglich, in 80 Tagen um die Welt zu reisen, für Aufruhr sorgt. Die einen halten dies für schlichtweg nicht durchführbar, die anderen halten Fogg für einen Aufschneider, der als Außenseiter lediglich ins Gerede kommen will.

Um den Lord auf die Probe zu stellen, fordert man den Beweis – und das lässt sich Phileas nicht zweimal sagen. Gemeinsam mit seinem Angestellten Passepartout bricht er mit den verschiedensten Verkehrsmitteln auf und landet alsbald im gefährlichen Indien, wo er bereits schwere Prüfungen bestehen wird. Ihm gelingt es dabei, die einheimische Aonda vor dem Opfertod zu bewahren und behält sie als Gefährtin für die weitere Reise bei sich.

Stets dicht gefolgt vom unscheinbaren Detektiv Fix bahnt sich Fogg einen beschwerlichen Weg nach Amerika und ist kurz vor dem Ablegen in die britische Heimat immer noch innerhalb seines Zeitplans unterwegs. Doch dann verpasst er sein Anschlussschiff nach Liverpool und gerät nach all den Gefahren ein weiteres Mal in die Bredouille. Nur noch unkonventionelle Mittel können dem optimistischen Fogg und seinem Team nun weiterhelfen, die auf 20.000 britische Pfund dotierte Wette zu gewinnen.

_Meine Meinung_

Mit „In 80 Tagen um die Welt“ begann im letzten Jahr eine ganz besondere Serie aus dem Hause |Europa|. Das populäre Hörspiel-Label hat einige ausgewählte Geschichten aus der fernen Vergangenheit – wir sprechen hier über einen Zeitraum, der die gesamten Siebziger umfasst – erneut hervorgekramt und dabei ausschließlich vertonte Klassiker der Weltliteratur verwendet. Die dabei entstandene Sammlung hat es bislang auf 30 Folgen gebracht, und immer noch ist ein Ende der Neuveröffentlichungen der alten Originale nicht in Sicht. Gut so.

Und besser als mit diesem weltberühmten Stück aus der Feder von Jules Verne hätte man das Ganze auch nicht einleiten können, schließlich wird hier schon wiedergegeben, worum es prinzipiell in allen Episoden dieser Reihe geht. Ganz oberflächlich betrachtet sind es Dinge wie Spaß, Spannung, Emotionen und Dramaturgie, die bis hin zur Tragödie reicht. Von Tragik kann aber bei „In 80 Tagen um die Welt“ nicht die Rede sein, denn hierbei handelt es sich zweifelsohne um eine der humorvollsten, kurzweiligsten, aber inhaltlich auch bekanntesten Storys der gesamten Reihe. Bereits mehrfach verfilmt, zuletzt noch mit Martial-Arts-Ikone Jackie Chan, aber auch schon mit dem ehemaligen James Bond, Pierce Brosnan, hat sich der Plot in den letzten Jahren eigentlich in jeder Generation manifestiert, weshalb man auch große Erwartungen an das gleichnamige Hörspiel haben darf.

Diese werden dann auch größtenteils erfüllt, sieht man mal davon ab, dass es sich trotz der verhältnismäßig langen Spielzeit um eine recht knappe Adaption des umfassenderen Inhalts handelt. Schade ist nämlich, dass man auf lediglich zwei Stationen der 80-tägigen Reise Lord Foggs konzentrierter eingeht und somit auch vieles vernachlässigt, was in den Filmen bzw. in der literarischen Originalvorlage für das bunte Gesamtbild gesorgt hat. Der Spannung tut das zwar Gott sei Dank keinen Abbruch, aber erwähnt werden sollte es schon.

Andererseits musste man bei der Vorbereitung des Hörspiels ganz andere Gesichtspunkte berücksichtigen. Schließlich sollte das Ganze schon recht kompakt sein und auf einen Höhepunkt hinauslaufen, und dieser ist in beiden Fällen das Ende der Reise, bei dem das Einhalten der Frist bis zuletzt auf der Kippe steht. Darauf läuft die von Regisseurin Heikedine Körtling inszenierte Erzählung dann auch hinaus; die Momente vor dem Ende des 80. Tags, die Intrigen, die Fix bis zum Schluss spinnt, die Spannung innerhalb des Clubs – das sind die wesentlichen Fakten, die im Hörspiel bedient werden, und eben nicht die große Reise an sich. Dass dabei der Humor nicht selten im Vordergrund steht, ist der Fortentwicklung der Handlung zudem noch sehr zuträglich, was man vor allem dem glänzend agierenden Hauptdarsteller, gespielt von Hans Daniel, sowie dem stets unsicheren Passepartout, gesprochen von Joachim Wolff, zu verdanken hat. Sie alleine erfüllen das bereits zigfach abgehandelte Epos mit neuem Leben und sorgen dafür, dass der Auftakt dieser neuen Reihe alter Originale vollends geglückt ist. Auch nach genau 30 Jahren hat dieses Hörspiel noch keinen Staub angesetzt und bietet nach wie vor kurzweilige Unterhaltung für sämtliche Altersklassen.

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Dahl, Arne – Misterioso

Der Roman „Misterioso“ bildet den Auftakt der Krimireihe von Arne Dahl, in deren Mittelpunkt der Inspektor Paul Hjelm steht. Der Roman spielt im Schweden der 90er Jahre und befasst sich einerseits mit dem Fall eines Serienmörders, der es auf schwedische Topmanager abgesehen hat, und andererseits mit der Entstehung der sogenannten „A-Gruppe“, deren Ermittlungen auch in Dahls folgenden Romanen beschrieben werden.

Für die Hauptfigur Paul Hjelm beginnt alles bei einer Geiselnahme in einer Ausländerbehörde. Als Hjelm den Geiselnehmer schwer verwundet, der durch das Verbrechen seine Familie vor der Abschiebung in den Kosovo retten wollte, wird er für die schwedische Presse zu einem Helden und für die Dienstaufsicht zu einem Problem. Da man Hjelm rassistische Motive für das Eingreifen in die Geiselnahme vorwirft und zudem an ihm ein Exempel statuieren möchte, steht er bereits vor seiner Suspendierung. Einem Freund und Vorgesetzten hat er es zu verdanken, dass er stattdessen zur Reichskriminalpolizei abberufen wird. Er wird zu einem Mitglied der frisch gegründeten sechsköpfigen A-Gruppe, die sich mit den so genannten „Machtmorden“ auseinander setzen muss. Da es sich bei den Opfern der „Machtmorde“ um hochkarätige Manager handelt, besteht von Seiten der Polizei ein gesteigertes Interesse an der Lösung des Falls. Die A-Gruppe steht unter dem Zwang, um jeden Preis Ergebnisse liefern zu müssen. Dementsprechend engagiert geht das Team an die Verfolgung des Serienmörders.

Das Hörbuch, das insgesamt gut siebeneinhalb Stunden lang ist und 6 CDs umfasst, ist äußerst spannend. Dies liegt zum einen an der guten Literaturvorlage mit ihren detaillierten Innenansichten der Charaktere und ihrer mitreißenden Erzählweise und zum anderen am Sprecher Till Hagen, den man vor allem als die Synchronstimme von Kevin Spacey kennen dürfte. Till Hagens Stil ist sehr lebendig und facettenreich. Seine hervorragende Leistung als Sprecher wertet das ohnehin schon gute Buch noch auf. Die langwierige und komplizierte Jagd nach dem Serienkiller wird durch die Textvorlage und den Sprecher zu einem packenden Hörbuch, das nicht nur durch den Handlungsstrang der Ermittlung zu überzeugen weiß, sondern sich zudem auch durch äußerst interessante Charakterstudien und einen ansprechenden Erzählstil hervortut.

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Lew Wallace – Ben Hur (Europa-Originale 3)

Die Besetzung:

Der Chronist – Joachim Rake
Drusus – Renè Genesis
Messala – Peter von Schultz
Centurio – Wilko Ley
Judah Ben Hur – Rudolf H. Herget
Tirzah – Herma Koehn
Rachel – Erna Nitter
Simonides – Horst Beck
Esther – Ingeborg – Kallweit
Arrius – Edgar Maschmann
Offizier – Konrad Halver
Tiberius – Kurt Blachy
Pilatus – Charles Regnier
Amrah – Katharina Brauren

Regie: Konrad Halver

Story

Lew Wallace – Ben Hur (Europa-Originale 3) weiterlesen

Russell, Craig – Blutadler

Von einer internationalen Ebene betrachtet, erfreuen sich die Erzeugnisse deutscher Autoren im Bereich der Trivialliteratur wohl keiner sonderlich großen Verbreitung. Entsprechend selten spielen sich Romane aus dem Fantasy- und Sci-Fi-Bereich oder auch Thriller in Deutschland ab. Die meisten Bestseller, die man in der Buchhandlung erstehen kann, kommen ursprünglich aus dem englischsprachigen Raum. Um so interessanter ist es dann, wenn ein schottischer Autor einen Thriller schreibt, der nicht in New York, Washington, London oder einer Vorstadt von Kalifornien spielt, sondern stattdessen in Hamburg. Craig Russell heißt der Schöpfer des Buchs, der in seinem Erstlingswerk dieses Experiment angegangen ist und dabei durchaus realistisch und eindrucksvoll beweist, dass auch deutsche Städte einen guten Hintergrund für die Handlung einer Kriminalgeschichte liefern.

Die Rahmenhandlung ist schnell umrissen und scheint im ersten Moment die Wiederverwertung altbekannter Zutaten zu sein, wie man sie schon oftmals in anderen Romanen, die einen Serienmörder zum Thema hatten, kennen gelernt hat. Es geht zuallererst einmal in diesem Roman um einen Serienkiller, der sich Son of Sven nennt und Frauen nach den Vorgaben eines alten Wikinger-Rituals tötet. Der Protagonist der Geschichte wiederum ist Kommissar Jan Fabel, der nicht nur auf den Fall angesetzt wird, sondern zu dem der Killer scheinbar einen persönlichen Bezug hat, schickt er doch immerhin dem Kommissar regelmäßig E-Mails, in denen er die Morde ankündigt.

Es beginnt also ein Wettlauf mit der Zeit, denn jeder Tag, der verstreicht, könnte mit einer neuen, brutal verstümmelten Leiche enden. Allerdings scheinen noch einige andere Dinge im Hintergrund abzulaufen, die ebenfalls mit dem Fall zu tun haben. Doch davon ahnt der Kommissar zu Anfang nichts. Als sich jedoch andere Parteien auf höchster Ebene – unter anderem die Geheimdienste – in den Fall einschalten, das eigenen Team in Gefahr gerät und sich dazu eines der Opfer auch noch als Kollegin Fabels herausstellt, erkennt der Protagonist – wie auch der Leser – schnell, dass es um mehr geht, als es den Anschein hat.

Russell schafft es auf eindrucksvolle Weise, Hamburg zu schildern und vor den Augen des Lesers lebendig werden zu lassen. In der Hörbuchvariante ist dies keineswegs anders. Die Geschichte wird von David Nathan vorgetragen, der bereits eine beachtliche Reputation als Synchron- und Hörbuchsprecher besitzt. So liefern also die Beschreibungen des Autors zusammen mit der Leistung des Sprechers in einer beeindruckenden Synergie eine bedrückend düstere Darstellung der Hafenstadt. So düster und lebendig, dass man sich gelegentlich selbst durch dunkle Gassen rennen sieht und den Regen auf der Haut spürt.

Der Autor zeichnet sich durch seine guten Kenntnisse der Stadt aus, beschreibt Szenerien so, als würde er den Inhalt eines Fotos wiedergeben. So kann man sich nicht über fehlende Sachlichkeit und Details beschweren, wie sie oftmals auffallen, wenn Autoren Gegenden und Sachverhalte aus fremden Ländern beschreiben. Deutschland und insbesondere Hamburg ist für Russell definitiv kein fremder Ort; vielmehr scheint es für ihn eine Art zweites Zuhause zu sein.

Doch unter all dem Lob für die Fähigkeit, Details genau wiederzugeben, muss man auch kritische Punkte anführen. So fällt schnell auf, dass der Autor bewusst Schockeffekte einsetzt, um dem Roman eine besondere Note zu verleihen und einem breiteren Publikum zu öffnen. Nicht nur eingefleischte Liebhaber von Thrillern werden mit Russells Werk bedient, sondern auch Freunde von Splatter und möglichst bluttriefenden Szenen. Es ist eigentlich nicht nötig, das Aussehen und den Zustand der Leichen wieder und wieder in blutigem Detailreichtum zu schildern. Die Methodik, die hier angewandt wird, kennt man vielleicht von der Boulevardpresse, doch erwartet man dies eigentlich nicht von einem ’seriösen‘ Roman. Dabei ist es auch nicht sonderlich zuträglich, dass man an einigen Stellen des Romans bzw. Hörbuchs das Gefühl hat, der Protagonist und seine Kollegen hätten den Tod von Kollegen zum Normalzustand erklärt und ihre Emotionen des Platzes verwiesen. Dies ist zwar glücklicherweise nicht immer so, aber der Held und sein Team wirken einfach manchmal zu abgebrüht und kühl, als dass es uns angebracht erschiene, insbesondere wenn man die emotionalen Reaktionen in Kontext zu den kurz zuvor beschriebenen Leichen setzt. Der Kontrast, der hieraus entsteht, ist einfach zu grell und auffallend.

Der Sprecher des Hörbuchs versucht offensichtlich, derartige Passagen im Buch durch perfekten Einsatz seiner Stimme auszugleichen. Mal flüstert er, mal krächzt er heiser, und mal spricht er mit einem leichten Entsetzen in der Stimme. Doch sind die Hürden, die ihm vom Autor an diesen Passagen in den Weg gestellt werden, überaus hoch gesetzt. Fällt Nathan im Generellen durch seine hervorragende Darbietung auf, so sticht an diesen Stellen doch ein gekünstelter Unterton hervor. Doch prinzipiell ist dies nicht Nathans Fehler, sondern liegt an der schwierigen Romanvorlage. Ganz im Gegenteil, der Sprecher schafft es hervorragend, bis an die Grenzen des Möglichen zu gehen.

Die Beschreibung der Mordszenen und Emotionen außen vor gelassen, muss man sagen, dass der Autor es versteht, eine komplexe Handlung aufzubauen. Die Daten über Wikinger-Mythologie sind nicht immer komplett richtig, aber oberflächlich betrachtet gibt es nichts zu beanstanden; der Roman soll ja vor allem unterhalten und nicht die Mythen der Germanen erläutern. Ähnlich verhält es sich mit geschichtlichen Hintergründen, die im Laufe des Romans eine wichtige Rolle spielen. Auch hier merkt man, dass der Autor sich redliche Mühe gegeben hat, keine Widersprüchlichkeiten in seine Handlung einfließen zu lassen. Etwas problematisch wirkt allerdings die Handlung als Ganzes, denn auch hier zeigt sich der Hang des Autors, möglichst reißerisch von allen Mitteln der Kunst Gebrauch zu machen, um ein großes Publikum anzusprechen. Sicherlich nutzt jeder Autor diverse Effekte in seiner Handlung und in seinen Beschreibungen, um den Plot möglichst spannend zu gestalten und den Leser nicht zu langweilen. Jedoch scheint Russell derartigen Methoden etwas zu sehr verfallen zu sein. Komplizierte Verknüpfungen im Geflecht der Handlungen sind wichtig, denn sie tragen dazu bei, dass man nicht alles direkt vorausahnen kann. Nur wirkt die schiere Masse der miteinander verwobenen Handlungslemente einfach viel zu konstruiert. Man muss nicht alle Klischees, die man von Thrillern kennt, durcharbeiten und in eine einzige Geschichte einbauen. Mafia, Geheimdienste, Serienkiller, mystische Kulte, Korruption und Intrigen in den eigenen Reihen, Terroristen und diverse andere Bösewichte; die Liste lässt sich sogar noch weiter fortsetzen, so eigentümlich übertrieben das klingen mag. Es scheint so, als ob Craig Russell Angst gehabt hätte, dass er nach diesem Roman nie wieder einen weiteren schreiben darf, so dass er daher alle Ideen, die er hatte, auf einmal verwendet hat.

Alles in allem kann man also davon sprechen, dass der Roman als Debüt guter Durchschnitt, aber nicht so herausragend ist, dass man von einem neuen Wunder-Autor reden muss. Interessant wird es vor allem, wenn man irgendwann einen zweiten Roman des Autors lesen kann, denn dieser wird wohl zeigen, ob es eine Verbesserung seitens Russells gibt.

Auch zum Hörbuch und der Leistung von David Nathan ist nicht viel mehr hinzuzufügen. Er hat exzellente Arbeit geleistet und man kann sich jederzeit darauf freuen, noch mehr von ihm zu hören.

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Xinran – Himmelsbegräbnis. Eine Geschichte für Shu Wen

In dem Roman „Himmelsbegräbnis. Eine Geschichte für Shu Wen“ erzählt die Radiojournalistin und Autorin Xinran die Geschichte der Chinesin Shu Wen, die dreißig Jahre ihres Lebens in Tibet verbrachte, auf der Suche nach ihrem Mann Kejun. Es ist die Geschichte einer großen Liebe, aber auch die Geschichte eines entbehrungsreichen und schicksalsträchtigen Lebens in Tibet zur Zeit der Besetzung Tibets durch die Volksbefreiungsarmee Chinas.

Die junge Shu Wen ist noch keine zwei Monate mit ihrem geliebten Kejun verheiratet, als dieser sich entscheidet, seinem Volk als Militärarzt zu dienen, und mit einer Truppe der Volksbefreiungsarmee nach Tibet zieht. 100 Tage später erhält Shu Wen die Nachricht, dass Kejun im Krieg gestorben sei. Über die näheren Umstände seines Todes oder den Verbleib seiner Leiche erfährt sie nichts. Die wage Hoffnung, dass Kejun nicht tot sei, sondern möglicherweise von seiner Einheit getrennt wurde und nun allein in Tibet herumirrt, veranlasst Shu Wen zu der Entscheidung, die ihr ganzes Leben verändern soll. 1958 reist sie selbst als Ärztin mit einem Militärtrupp nach Tibet und beginnt die Suche nach ihrem Mann. Dreißig Jahre dauert es, bis Wen erfährt, was passiert ist, und sie nach China zurückkehrt. Dort trifft sie auf Xinran, die die Radiosendung „Words on the Night Breeze“ moderiert, in der chinesische Frauen von ihrem Schicksal erzählen. Shu Wen erzählt Xinran ihre Geschichte, die beschließt, diese zehn Jahre später als Buch zu veröffentlichen.

Die Autorin Xinran wurde 1958 in Peking geboren. Ab 1998 arbeitete sie als Radiojournalistin, unter anderem moderierte sie die in ganz China bekannte Sendung „Words on the Night Breeze“, auf deren Grundlage ihr erstes Buch entstand, welches erstmals 2002 unter dem Titel “ The good woman of China“ veröffentlicht wurde. In Deutschland erschien das Buch erstmals 2003 mit dem Titel „Verborgene Stimmen. Chinesische Frauen erzählen ihr Schicksal“. Seit 1997 ist Xinran Dozentin an der Universität in London und arbeitet zudem als freie Beraterin für chinesische Sprache, Kultur und neuere Geschichte.

Das Hörbuch „Himmelsbegräbnis“ umfasst 3 CDs mit insgesamt 246 Minuten Laufzeit. Bei längerem Zuhören fragt man sich jedoch, ob dieser Umfang gerechtfertigt ist und ob die Autorin das Gleiche nicht auch viel kürzer hätte erzählen können, ohne dass dadurch der Geschichte wesentliche Aspekte fehlen würden. Den Einstieg in die Erzählung gestaltet die Autorin recht interessant, indem sie zunächst einen Rückblick auf ein persönliches Erlebnis in ihrer Kindheit gibt, um dann auf ihre derzeitige Arbeit als Radiojournalistin und den Hintergrund für ihre Begegnung mit Shu Wen einzugehen. Dann beginnt die eigentliche Handlung, nämlich Shu Wens Reise nach Tibet, und damit auch der größtenteils recht langweilige Rest des Hörbuchs, welcher allerdings den Großteil der Gesamtspieldauer einnimmt. Dafür ist sowohl die monotone Vortragsweise der Sprecherin Ursula Illert verantwortlich als auch der träge Handlungsverlauf selbst. Zwar gewinnt der Zuhörer durch die detaillierten Beschreibungen einen guten Eindruck von der Landschaft, durch die Shu Wen reist, und von den Menschen, denen sie begegnet, doch verliert sich dadurch die Spannung, die zu Beginn durch die Nachricht von Kejuns Tod aufgebaut wird. Die Begegnung zwischen Shu Wen und der Tibeterin Zhuoma belebt den Fortgang der Geschichte kurzfristig, da Shu Wen in ihr nicht nur eine Freundin, sondern auch eine Leidensgenossin gefunden hat, wodurch nun zwei Frauen auf der Suche nach ihren Geliebten sind. Anschließend erzählt die Autorin jedoch ca. 30 Minuten lang von Zhuomas Vorgeschichte, inklusive vieler unbedeutender Details, die den Zuhörer von der eigentlichen Handlung ablenken, anstatt diese zu ergänzen oder zu bereichern.

Zu Beginn der zweiten CD erscheint es, als ob Shu Wen ihr Ziel, Kejun zu finden, vollständig aufgegeben hat. Während sie jahrelang bei einer tibetischen Familie lebt und mit dieser das Land bereist, kommt sie ihrem Ziel keinen Schritt näher. Erst gegen Mitte der dritten CD wird die Geschichte wieder etwas spannender, als sich langsam erste Hinweise auf Kejuns Schicksal finden. Das Ende der Geschichte inszeniert die Autorin meiner Meinung nach zu dramatisch und gleichzeitig viel zu unpersönlich. Im ganzen Verlauf der Geschichte erfährt man zu wenig über Shu Wens Gefühle und Gedanken, und es fällt dem Hörer sehr schwer, sich in die Figur hineinzuversetzen. Über Kejun erfährt man noch weniger, was im Bezug auf das Ende der Geschichte noch enttäuschender ist.

Insgesamt handelt es sich um eine eher langweilige Erzählung, die versucht, den Hörer mehr durch Traurigkeit und Monotonie zu betäuben anstatt durch eine spannende oder interessante Handlung zu überzeugen.

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Weinland, Manfred / Fickel, Florian – Vampira: Der Moloch (02)

Wir erinnern uns: Vampira, alias Lilith Eden, erwacht zwei Jahre zu früh aus ihrem 100-jährigen Schlaf. Wie Dornröschen wurde sie dabei von einem recht eigensinnigen Haus bewacht, das keine Eindringlinge einließ, um die Sicherheit der schlafenden Schönen zu gewährleisten. Doch da Lilith nun schon einmal wach ist, gilt es, ihr neues vampirisches Leben zu erkunden. In der ersten Folge „Das Erwachen“ lernte der geneigte Hörer daher hauptsächlich, was es mit Vampiren so auf sich hat, und dass Lilith eine wichtige Prophezeiung zu erfüllen hat: Sie ist nämlich diejenige, die die Vampire vernichten soll. Elende Nestbeschmutzerin, denken sich da natürlich ihre Artgenossen und wollen ihr prompt ans Leder.

Doch schon in der zweiten Folge, „Der Moloch“, ist Lilith keine Hauptfigur mehr. Ja, sie darf sich durchaus wieder einen geistig minderbemittelten und ausreichend schmierigen Kerl angeln und ihn nach Strich und Faden verführen und ausbluten (langsam muss man sich schon fragen, warum Lilith einen so schlechten Männergeschmack hat), doch viel mehr hat sie im zweiten Teil der Serie kaum zu tun. Ihr skurriles formveränderndes Kleid hat wieder einen rettenden Auftritt, aber das war es dann auch schon.

Stattdessen beleuchtet „Der Moloch“ nun die zukünftigen (menschlichen) Gegenspieler Liliths, allen voran Detective Jeff Warner, gesprochen von Norbert Langer, den man hauptsächlich als die deutsche Stimme von Burt Reynolds und Tom Selleck kennen dürfte. Langer macht mit seiner Rolle das einzig Richtige: Er nimmt den Klischeecop Warner und übertreibt jeden seiner Sätze und alle seine Ausrufe. Warner ist der typische harte Kerl mit dem Herzen aus Gold, ein Charakter, wie man ihn schon in Hunderten billigen Krimis gesehen hat, sodass es eigentlich nicht nötig ist, ein ganzes Hörspiel damit zu verwenden, ihn als Cop in die Serie einzuführen.

Mittlerweile ist nämlich endlich das seltsame Haus in der Paddington Street auch den Gesetzeshütern aufgefallen. Warner und sein Sidekick Needles stellen überrascht fest, dass es für das Haus nicht einmal einen im Grundbuch eingetragenen Besitzer gibt. Und darüber hinaus kann niemand das Haus betreten. Niemand? Nicht ganz, denn aus nicht näher spezifizierten Gründen arbeitet die Polizei von Sydney mit einem Parapsychologen zusammen. Und nämlicher Parapsychologe, Brian Secada, wird prompt in das Haus gesogen und muss fortan versuchen, den Ausgang zu finden. Wieso das Haus gerade Secada Zugang gewährt, was das alles mit dem Plot um Lilith zu tun haben soll, und warum Secada von der körperlosen Stimme seiner ersten großen Liebe verführt wird, bleibt wohl ewig das Geheimnis der Macher dieses Hörspiels. In jedem Fall konnten so aber wieder eine vor Holzhammer-Erotik triefende Szene und eine süßliche Ruf-mich-an-Frauenstimme untergebracht werden – und das allein scheint einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte auf der Liste von Frank Weinreich (der für die originale Heftromanserie verantwortlich zeichnet) und Florian Fickel (der die Fäden für das Hörspiel in den Händen hält) zu sein.

Zumindest ist das Verhältnis von Erzähler (Christian Rode) und dialogorientierter Handlung (die meist von den Cops bestritten wird) hier bereits ein wenig ausgewogener als noch in „Das Erwachen“. Das ist durchaus positiv zu bewerten, da es Lilith (mit der Stimme von Tina Haseney) weniger Möglichkeiten gibt, zu stöhnen, zu seufzen oder generell Unsinn zu erzählen.

Ein echter Lichtblick ist die absolut unernste und ironische Musikuntermalung von Rainer Scheithauer und Joschi Kauffmann. Bereits im ersten Teil brachten die beiden einen Grusel-Horrorsound zu Gehör, der verdächtig nach Horror-B-Movies aus den 70ern klang. In „Der Moloch“ kommt nun ein neues Thema für Detective Warner hinzu, das frappant an die unzähligen hippen Krimiserien der 80er Jahre erinnert. Da kann man sich eines Schmunzelns wirklich nicht erwehren!

Ansonsten gibt es über „Der Moloch“ kaum etwas zu berichten. Es werden neue Figuren eingeführt, Liliths Haus macht den Abgang, es gibt ein kleines Gerangel mit den bösen Vampiren und ein paar Tote. Doch Spannung wird dabei kaum aufgebaut. Für Liliths blassen Charakter kann man kaum Sympathien aufbringen und auch Jeff Warner ist leider ein Cop, wie man ihn schon unzählige Male gesehen hat. Es gibt auch immer noch keine Antworten darauf, warum Lilith die anderen Vampire bekämpfen soll. Ebenso wenig erfährt man, warum die Vampire überhaupt solche Bösewichter sind (sein sollen?). Dann noch Empathie für die Schicksale der Charaktere aufzubringen, fällt mehr als schwer.

„Vampira“ ist empfohlen für Hörer ab 16, die der Serie vermutlich mehr werden abgewinnen können als ältere Hörer. Lilith ist oberflächliche Frauenpower. Sie nimmt die Männer mit nach Hause und tritt ihnen dann in den Hintern. Doch ihre Wahl lässt ständig zu wünschen übrig, und dass sie ohnehin alle fünf Minuten unlautere Angebote und Vergewaltigungsversuche abwehren muss, macht sie nicht gerade zur feministischen Leitfigur. Lilith will beides sein: toughes Vorbild für junge Mädchen und Ausklapp-Poster für Jungs. Letztendlich ist sie auf keinem Gebiet wirklich erfolgreich.

Joseph Ratzinger – Wer glaubt, ist nie allein. Worte der Ermutigung

Seit der Wahl Joseph Kardinal Ratzingers zum Papst Benedikt XVI. im April 2005 fanden seine Bücher einen erheblich gesteigerten Absatz. So ist es auch zu erklären, dass es von Ratzingers Büchern nun auch Hörbücher gibt. Bei „Wer glaubt, ist nie allein“ handelt es sich um ein Buch, welches sich vor allem an gläubige Christen richtet. Jemand, der sich für den christlichen oder speziell den katholischen Glauben interessiert und ggf. seine eigenen religiösen Überzeugungen an den Ausführungen Ratzingers messen will, ist mit dem Kauf des Buches und vor allem auch des Hörbuches schlecht beraten. Das Buch will keine Meinungen verändern, sondern es will den bereits glaubenden Christen etwas erläutern. Der Untertitel des Buches lautete treffend „Worte der Ermutigung“. Dies ist insofern besonders pointiert ausgedrückt, da Ratzinger in der Tat viele aufmunternde und erbauliche Botschaften in dieses Buch einbaut. Ein überzeugter Christ, der eventuell seinen Glauben vertiefen und seine Vorstellungen von den Aspekten des christlichen Glaubens konkretisieren will, dürfte mit diesem Buch seine Freude haben. Der Nutzen, welchen der Leser von diesem Buch gewinnt, hängt also sehr stark von dem Leser selbst ab. Dies liegt natürlich in der Natur der Sache begründet. Ein begeisterter Krimileser beispielsweise hat ja schließlich auch potenziell mehr Nutzen von einem Krimi als ein Science-Fiction-Fan.

Nachdem sich die bisherigen Äußerungen vor allem auf den Inhalt der Buchvorlage bezogen haben, möchte ich mich nun den Spezifika des Hörbuchs zuwenden. Auch hier hängt die Beurteilung von den Voraussetzungen des Hörers ab. Der Sprecher des Hörbuchs Edgar M. Böhlke ist zweifellos ein sehr fähiger. Er ist zu keiner Zeit unklar in der Aussprache und behält in beachtenswerter Weise seinen Sprechrhythmus über die gesamte Spieldauer hinweg bei. In diesem Sprechrhythmus liegt allerdings auch ein gewisses Problem begründet. Die langsame und ruhige Leseart Böhlkes verleitet den Hörer allzu schnell dazu, die Aufmerksamkeit zu verlieren. Böhlke liest das Buch nach dem Stil einer Predigt, einer zweifellos guten Predigt, allerdings verspielt man dadurch eine große Chance des Buches. Ratzinger ist ein herausragender Theologe und ein allgemein brillanter Geist, und auch wenn „Wer glaubt, ist nie allein“ gewiss nicht sein bestes und schon gar nicht sein wissenschaftlichstes Buch ist, so hat es doch eine theologische Dimension. Diese Dimension verspielt man allerdings, wenn man das Buch wie eine Predigt liest. Ein Vortrag mit markanteren Betonungen und gelegentlichen Tempowechseln hätte dem Hörbuch gewiss gut getan. Dieser Kritikpunkt richtet sich jedoch weder an Ratzinger noch an Böhlke. Es ist vielmehr eine Kritik an der Entscheidung des Herausgebers, der offensichtlich nicht den inhaltlichen Tiefgang, sondern die dogmatischen und liturgischen Aspekte des Buches betonen wollte. Abgesehen davon, dass man dem Hörbuch auf diese Weise seine besondere Stärke genommen hat, wird es durch diese Akzentsetzung auch noch auf die Dauer einschläfernd. Dies dürfte jedenfalls für die Hörer gelten, die sich ernsthaft und kritisch mit dem Thema auseinander setzen wollen. Der Hörer, der sich einfach nur religiös berieseln lassen will, dürfte bei diesem zweistündigen Hörbuch auf seine Kosten kommen. Die behandelten Themen lauten in der Gesamtübersicht: Leben, Erlösung, Glaube, Bibel, Kirche, Liturgie, Freude, Liebe, Hoffnung.

Ein weiterer Kritikpunkt ist das Vorwort des Herausgebers. Im Vorwort wird der Hörer bereits darauf vorbereitet, was er von dem Buch später halten soll. Das Vorwort präjudiziert, und das ist ebenfalls etwas, das dem Buch nicht gerecht wird. Ratzingers Bücher können für sich selbst sprechen, genauso wie es alle guten Bücher können. Ein Vorwort, das den Autor und seine Werke emporhebt, bevor man die Gelegenheit hatte, auch nur ein Wort des Buches selbst zu hören oder zu lesen, leistet dem Autoren und seinem Werk einen wahren Bärendienst. Ein gutes Buch hat falsche Vorschusslorbeeren und salbungsvolle Beweihräucherungen des Herausgebers nicht nötig. Und genau darum handelt es sich bei „Wer glaubt, ist nie allein“ – um ein gutes Buch. Vorausgesetzt, dass man als Hörer oder noch viel besser als Leser dazu bereit ist, sich mit einer grundlegenden Prämisse des Buches abzufinden: Der christliche Glaube ist der wahre Glaube. Dies soll allerdings nicht bedeuten, dass es sich hierbei um eine Kampfschrift handelt. Es ist, wie bereits erwähnt, eine Erläuterung des christlichen Glaubens an den Gläubigen und den, der es werden will. Im Gegensatz zu anderen Schriften Ratzingers ist dieses Buch relativ unkritisch, da es sich eben um „Worte der Ermutigung“ handelt.

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Weinland, Manfred / Fickel, Florian – Vampira: Das Erwachen (01)

Das ist uns doch allen schon mal passiert: Da wacht man im Morgengrauen nur dürftig bekleidet auf einem Friedhof auf und hat keinerlei Erinnerung daran, wie man dorthin gelangt ist. Und bevor man sich noch orientieren kann, stürzt sich auch schon eine bluthungrige Kreatur auf einen, die aber glücklicherweise durch die aufgehende Sonne in die ewigen Jagdgründe befördert wird.

Genau mit diesem Tableau startet „Vampira – Das Erwachen“, |Lübbe|s Hörspielserie um Lilith Eden. Ursprünglich bevölkerte Lilith die |Bastei|-Heftromane von Manfred Weinland, wo sie sich gern halbnackt und lasziv auf dem Cover rekelte. Doch nun gibt’s auch was auf die Ohren, nämlich Liliths erste Schritte in die Welt der Vampire in „Das Erwachen“.

Das erste Hörspiel der Reihe startet |in medias res| – zusammen mit der amnesiegeplagten Lilith versucht der Hörer, das Geheimnis um ihre Identität zu lüften. Ein erster Anhaltspunkt bietet sich, als Lilith aus der Jackentasche des toten Angreifers eine Adresse fischt: Lilith Eden, Paddington Street 333. Natürlich verfolgt sie diesen einzigen Anhaltspunkt. Sie nimmt sich ein Taxi – und den dazugehörigen Taxifahrer (schließlich hat auch frau so ihre Bedürfnisse) und findet sich bald auf einem scheinbar verwunschenen Grundstück wieder: Der Garten ist überwuchert, Bäume und Sträucher scheinen die Herrschaft übernommen zu haben. Das Haus jedoch gewährt ihr sofort Einlass, und während Lilith sich noch fragt, was das alles mit ihr zu tun hat, wird sie schon von verstörenden Visionen und Erinnerungen heimgesucht.

Lilith ist eine Art weiblicher „Blade“ – ein Mischwesen zwischen Mensch und Vampir, laut Prophezeiung dazu erschaffen, die Vampire zu bekämpfen. Wie sich das damit verträgt, dass ihre Mutter selbst Vampirin war (sie gab – ebenfalls prophezeiungsgetreu – ein paar Tage nach Liliths Geburt den Löffel ab), wird dem leicht verwirrten Hörer allerdings vorenthalten. Nach einem hundertjährigen Schlaf sollte sie erwachen und eben jene Prophezeiung erfüllen, doch ihr „Blutdepot“, nämlich ihre Jugendfreundin Marsha, will endlich sterben und erweckt Lilith daher zwei Jahre vor der Zeit.

Offensichtlich hat das Lilith nicht wirklich gut getan. Ihre Amnesie scheint nur langsam zu verfliegen, und da nun sowohl ihre Eltern als auch Marsha das Zeitliche gesegnet haben, steht sie im Kampf gegen die Vampire ganz allein da. Und das, wo der Oberbösewicht Landru immer näher rückt und ihr offensichtlich ans Leder will.

„Vampira – Das Erwachen“ ist nette Unterhaltung, vor allem für Jugendliche, mehr wird aber nicht geboten. Die Handlung plätschert seicht dahin, und wie der Erzähler (wie immer grandios – Christian Rode) sollte man als Leser eventuelle Ungereimtheiten wohlweislich ignorieren. Überhaupt bestreitet Rode den Hauptteil des einstündigen Hörspiels. Alle anderen Charaktere – selbst Lilith – sind zu reinem Hintergrundsound verdammt. Tina Haseney in der Titelrolle der Lilith ist hauptsächlich damit beschäftigt zu stöhnen, zu keuchen und zu seufzen, was das Zeug hält – ihre Dialoge sind ohnehin zu vernachlässigen. Als kleines Schmankerl wird der Oberfiesling und vermutliche Endgegner Landru allerdings vom allseits bekannten Bela B. gesprochen. Aber auch er hat im ersten Teil noch nicht wirklich viel zu tun, das wird sich aber sicher in den Fortsetzungen ändern.

Man merkt dem Hörspiel seine Wurzeln durchaus an: Klischees werden gern bedient. Lilith ist zwar noch lange keine Männer verschlingende Göttin (so wie ihre Namensvetterin aus der Mythologie), doch sie arbeitet dran. Den Großteil der Zeit ist sie halbnackt (wahlweise ist ihr Kleid auch gern durchgeschwitzt oder zerrissen) und überlässt nichts der Fantasie. Die Beschreibung von Liliths körperlichen Vorzügen ist dick aufgetragen, dürfte aber den männlichen Hörern trotzdem (oder gerade deshalb) gefallen. Überhaupt, das Kleid: Offensichtlich das Vermächtnis ihrer Mutter, krallt sich das Ding in Liliths Haut und kann dann zu jedem Kleidungsstück mutieren. Das ist ungefähr so existenziell wichtig wie die wechselnde Klamottenfarbe im unterirdisch schlechten „Ultraviolet“, aber na ja. Der oben erwähnte Grundsatz gilt auch hier: Ungereimtheiten ignorieren.

Technisch ist das Hörspiel dagegen durchaus überzeugend: Musik und Sound bilden eine gelungene Kulisse für die mittelmäßig fesselnde Handlung. Die Sprecher machen das Beste aus dem Wenigen, das ihnen geboten wird, denn abgesehen vom Erzähler Christian Rode haben sie nicht wirklich etwas zu tun. Es bleibt zu hoffen, dass sich das Verhältnis Erzähler/Charaktere in zukünftigen Folgen noch relativieren wird.

„Das Erwachen“ ist empfohlen für Hörer ab 16 und dort ist die CD wohl auch am besten aufgehoben. Es gibt schöne Frauen (na gut, eine), böse Machenschaften, ein bisschen Grusel (nicht zu viel, damit die Klientel nicht vergrault wird) und seufz-intensive Erotik. Genau das richtige Rezept für die Zielgruppe. Für alle anderen wird „Vampira“ nicht viel Überraschendes oder Neues bieten. Auf die eine oder andere Weise hat man das alles schon mal gesehen / gehört / gelesen. Und wie gesagt: Sind wir nicht alle schon mal ohne Erinnerung auf einem Friedhof erwacht?

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Arne Sommer – Peter Lundt und die Rache des Drachen

Peter Lundt spielt schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken, sein heruntergekommenes Büro mal grundlegend zu renovieren bzw. sich einen neuen Ausgangspunkt für seine Ermittlungen zu leisten. Doch es fehlt an lukrativen Aufträgen und dem dazugehörigen Honorar. Da kommt ihm der bestürzte Zahntechniker Hans Drachmann gerade recht.

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Pratchett, Terry – Pyramiden

„Pyramiden“ ist das zweite Hörspiel zu Terry Pratchett’s heißgeliebter Scheibenwelt und für Freunde eben jener eigentlich unverzichtbar, denn wenn man einmal in der seltsamen Umgebung des Fun-tasy-Schreibers Pratchett gefangen ist, kann man dieser herrlichen Hypnose kaum noch entfliehen und wird geradezu süchtig nach all dem, was sich dort abspielt. Leider wird das aktuelle Hörspiel diesem sehr hohen Qualitätsstandard nicht gerecht, denn obwohl „Pyramiden“ trotz einiger Mängel eigentlich eine ganz anständige, vom Rest der Scheibenwelt losgelöste Geschichte ist, ist die Umsetzung in diesem Falls äußerst bescheiden.

_Story_

Der Pharaohssohn Teppic wird eines Tages nach Ankh-Morpok geschickt, um dort die Ausbildung zum Assassinen zu bestreiten. Jedoch ist sein Ausflug zur dort ansässigen Meuchler-Gilde kein problemfreies Unterfangen. Just an jenem Tag, an dem Teppic seine Lehre endlich beendet hat und sich für seine Bestimmung bereit zeigt, kommt sein Vater Teppicymon XXVII. ums Leben und hinterlässt Teppic sein gesamtes Erbe. Doch als neuer Pharaoh von Djelibeby hat der junge Neu-Assassine nicht die Freiheiten, die er sich in seiner plötzlichen Herausforderung erhofft hatte. Das Leben als Pharaoh ist eben kein Zuckerschlecken, besonders wenn man im eigenen Land überhaupt nichts zu sagen hat. Der Hohepriester Dios ist es nämlich, der Teppic alle Entscheidungen abnimmt und jeglichen Befehl ins Gegenteil verkehrt. So baut er unter anderem eine recht merkwürdige Pyramide, die sein Vater in dieser Form gar nicht akzeptiert hätte. Als der junge Pharaoh sich dann irgendwann doch noch dazu aufraffen kann, die Dinge selber in die Hand zu nehmen, ist es bereits zu spät. Der Pyramidenbau hat das Land nämlich gänzlich aus dem bestehenden Weltengefüge hinausgerissen und die verfeindeten Reiche in der Umgebung von Djelibeby sehr nahe aneinander herangeführt. So entsteht in der gesamten Region ein Chaos, das selbst die alten Götter zu neuem Leben erweckt …

_Meine Meinung_

Über die Story, die Terry Pratchett hier mal wieder mit viel Wortwitz vorangetrieben hat, braucht man eigentlich nicht viele Worte verlieren. Es ist schlichtweg grandios, was der britische Autor aus einigen albern anmutenden ideen, höherer Mathematik und unkonventionellen Formulierungen zusammenstellt, und da bildet auch „Pyramiden“ keine Ausnahme. Lediglich die Entwicklungen, die zum Pyramidenbau in Djelibeby hinführen, sind ein wenig kurios und in ihrer Erscheinung auch nicht immer direkt nachvollziehbar. Dies mag zwar für Pratchett nichts Ungewöhnliches sein, fällt aber aufgrund manch verwirrender Ereignisse in diesem Falle irgendwie negativ auf.

Ansonsten entwickelt sich die Geschichte im Reiche des unverkennbaren Pendants zum irdischen Ägypten wirklich prima fort und steigert sich über die bekannten irrwitzigen gedanklichen Wendungen in ein fulminantes Finale hinein, welches man aber wahrscheinlich nur dann genießen kann, wenn man den hier besonders abgefahrenen Humor des Autors teilt. Aber das setze ich bei diesem Herren einfach mal voraus.

Was mich allerdings an der Hörspielfassung ziemlich stört, ist die teils lustlose Darbietung der beteiligten Sprecher. Ich war anfangs wirklich begeistert, dass es sich bei „Pyramiden“ tatsächlich um ein Hörspiel und eben keine Lesung handelt, war aber nach einiger Anlaufzeit recht enttäuscht, wie dröge die Sprecher ihre Auftritte herunterrasseln. Man findet irgendwie überhaupt keinen passenden Einstieg, da man statt lebendigem Schauspiel auf trockene Berichterstattung setzt und so weder in den Spannungsbogen der Originalvorgabe einzusteigen vermag, noch den Pratchett-üblichen Humor adäquat herüberbringen kann. Beispiel gefällig: Nehmen wir direkt mal die erste Szene, in der Teppic seine Kleidung Stück für Stück aufstockt. Es ist eigentlich witzig, die mit vielen Details gespickte Umschreibung langsam zu verfolgen; da aber jegliche Emotionen – und Wortwitz verlangt einfach nach solchen – ausgespart bleiben, bleibt eine jede Pointe bereits im Ansatz stecken und wird bereits vor ihrem Auftauchen im Keim erstickt.

Zumindest gelingt es den Sprechern dann noch, die Handlung recht authentisch und dem Skript entsprechend vorzutragen, so dass zumindest der Inhalt konsequent geschildert und verständlich erzählt wird. Probleme beim Verständnis des Plots ergeben sich somit nicht, wenngleich die mathematischen Abhandlungen, die Pratchett in seinen irren Kosmos einfügt, gewöhnungsbedürftig und selbst dann nicht jedermanns Sache sein werden. Aber schlussendlich ist dies für ein Hörspiel, das von seiner lebhaften Performance leben soll und davon selbst bei einer Spielzeit von mehr als 300 Minuten nichts einbüßen darf, nicht ausreichend genug, um die anfangs aufgestellte Behauptung, dass es sich bei Produkten rund um die Welt dieses Autors um unverzichtbare Dokumente handelt, berechtigt zu unterstreichen. Pratchett-Fans – und nur solche – sollten sich jetzt nicht abschrecken lassen und sind gerne eingeladen, sich auch mal mit der Audio-Fassung des immerhin schon 17 Jahre alten Romans zu beschäftigen. Neueinsteigern kann ich zum Eintauchen in die Scheibenwelt indes nur die Romane (vor allem die etwas jüngeren) empfehlen, denn hierin steckt meines Erachtens einiges mehr an Potenzial.

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Paul Stewart / Chris Riddell – Rook in den Freien Tälern (Klippenland-Chroniken VII)

Folge 1: „Twig im Dunkelwald“
Folge 2: „Twig bei den Himmelspiraten“
Folge 3: „Twig im Auge des Sturms“
Folge 4: „Twig – Fluch über Sanktaphrax“
Folge 5: „Rook und Twig, der letzte Himmelspirat“
Folge 6: „Rook und der schwarze Mahlstrom“

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Henn, Carsten S. – In Vino Veritas

Dass Jürgen von der Lippe ein derart guter Hörbuch-Sprecher sein würde, hätte ich niemals erwartet. Das Original aus Film und Fernsehen mag zwar ein prima Entertainer und auch sonst ein sehr witziger Zeitgenosse sein, doch eine überzeugende und seriöse Leistung in einem solchen Projekt hätte ich persönlich ihm nicht zugetraut. Umso angenehmer ist natürlich die Überraschung in Form der absolut perfekten Gegendarstellung bei der Hörbuch-Fassung von Carsten S. Henns Roman „In Vino Veritas“, einem kulinarischen Krimi, dem von der Lippe hier seine Stimme leiht – und dies wirklich in umwerfend toller Manier.

_Story_

Eigentlich verdient sich Julius Eichendorff seine Brötchen als Koch in seinem Restaurant „Zur Eiche“, einem wohl bekannten, beliebten Lokal an der Ahr. Und eigentlich ist der Mann auch gerade damit beschäftigt, ein Menü zusammenzustellen, mit dem er sich bei den Kritikern des Metiers den ersten Stern für seinen Beruf erkochen will. Doch dann kommt alles anders: Julius‘ Freund Siggi, ein berüchtigter und wegen seiner Sturheit nicht allzu populärer Winzer, wird tot in einem Weinfaß aufgefunden, und neben dessen Ehefrau gerät auch Eichendorff in Verdacht, mit dem kriminellen Akt in Verbindung zu stehen.

Bevor man aber überhaupt nach ihm fahndet, begibt sich der Koch auf eigene Faust auf die Suche nach den Attentätern und den Hintergründen dieser Tat. Dabei stößt er nicht nur auf seltsame Organisationen wie die ortsansässige Weinbruderschaft und weitere eigenbrödlerische Restaurantbesitzer, sondern auch nach einiger Zeit auf eine weitere Leiche, die von Julius höchstpersönlich entdeckt wird. Die neue Kommissarin von Reuschenberg nimmt dies erneut zum Anlass, Eichendorff aufgrund der Umstände in den engeren Kreis der Tatverdächtigen einzubeziehen, möchte so aber auch erreichen, dass dieser seine waghalsigen Ermittlungen aufgibt, bevor ihm dabei noch etwas zustößt. Doch alle Warnungen kommen zu spät: Plötzlich gerät Julius wirklich in Gefahr, und die einzige Möglichkeit, noch einmal aus dem Schlamassel herauszukommen, ist die Zubereitung eines mörderischen Menüs …

_Meine Meinung:_

„In Vino Veritas“ ist ein ziemlich eigenwilliger Krimi, eher eine Mixtur aus Humor, kulinarischem Genuss, Kultur und Kriminalgeschichte, gespickt mit ein paar tollen Charakteren, die Jürgen von der Lippe ihrer Herkunft entsprechend auch wunderbar interpretiert. Sowohl den französischen Gourmet als auch den kölnischen Lokalbesitzer mimt er mit einer außerordentlichen Leidenschaft, der man deutlich anmerkt, dass sich der Vorleser sehr wohl in die Rollen der einzelnen Figuren hineinversetzt hat und so selbst das Hörbuch zu einem sehr lebendigen Ereignis hat werden lassen.

Carsten S. Henn, der Autor der Romanvorlage, hat ihm dazu allerdings auch die besten Voraussetzungen geschaffen. Die beiden parallel laufenden Handlungsstränge – einmal die Mordserie, weiterhin Julius‘ Suche nach dem perfekten Menü – haben jeweils so viel Potenzial, dass die in knapp vier Stunden vorgetragene Hörbuchfassung noch recht knapp wirkt, um all die verschiedenen, oft versteckt angedeuteten Details zu verarbeiten. Gerade im Hinblick auf die kulinarische Vielfalt, mit der Henn hier spielt, wünscht man sich manchmal noch mehr Einzelheiten, wobei die Kombination aus beidem (Hochgenuss und Spannung) dem Autor echt super gelungen ist.

Zudem muss man sagen, dass die Weinkultur im Ahrgebiet mit all ihren seltsamen Eigenheiten auch sehr gut erfasst wurde. Die Winzer sind ein Volk für sich, so viel steht fest; und dies beschreibt Henn über sein Medium von der Lippe auch sehr schön. So gibt es zahlreiche Anlässe zu schmunzeln, und dies über Dinge, die für das weinvernarrte Volk anscheinend normal sind, für unsereins aber eher komisch wirken. Beispiele gefällig? Nein, bitte selber nachhören, denn wenn der Franzose Antoine seine Kritik zur aktuellen Spätlese abliefert oder der Kellner Franz Xaver mit seinem Wiener Schmäh daherredet, beide dabei aber ganz genau in die Szenerie passen, ist das schon eine echte Wonne – nicht zuletzt und einmal mehr wegen der tollen Lesung des Sprechers Jürgen von der Lippe. Aber adäquat wiedergeben bzw. beschreiben kann man das in Worten nicht.

Bei all den ungewöhnlichen Aspekten dieser Geschichte gerät die Kriminalgeschichte schon mal schnell auf die Nebenspur, wo sie aber natürlich nicht hingehört. Sobald sich Henn vollends auf den wichtigsten Teil des Plots konzentriert – und das macht er auch relativ bald – entwickelt sich eine packende, spannungsgeladene Handlung, der es weder an Überraschungen noch an weiteren sonderbaren Ereignissen mangelt. Und dies so lange, bis Julius Eichendorff aus der Not heraus seine Mördermahlzeit brutzelt und darin die letzte Chance sieht, alle Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.

_Fazit_

„In Vino Veritas“ ist im wahrsten Sinne des Wortes ein echter Festschmaus. Man darf wirklich erstaunt sein, wie lebendig Jürgen von der Lippe diese Geschichte vorträgt, und wie es ihm dabei gelingt, sowohl den Aspekten des Krimis als auch den genüsslichen Nebenschauplätzen mit all ihren vollkommen unterschiedlichen Charakteren gerecht zu werden. Nach dem erst kürzlich von mir rezensierten [„Tod und Teufel“ 2566 von Frank Schätzing ist dies nun bereits das zweite Hörbuch aus dem Hause |Emons|, von dem ich vollkommen begeistert bin, so dass ich neben meiner Empfehlung für „In Vino Veritas“ auch mal auf das Programm des Verlags hinweisen möchte, in dem es auf jeden Fall eine ganze Menge zu entdecken gibt.

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