Archiv der Kategorie: Horror & Unheimliches

Craw, Bernard – Sanguis B. – Vampire erobern Köln

Thomas ist kein Held, aber als Weichei kann man ihn auch nicht bezeichnen. Er selbst sieht sich wahrscheinlich als einen jungen Mann mit Träumen, die aber ständig an der Realität scheitern. Und irgendwie kann er nie die Energie und den Mut aufbringen, diese Träume mit wirklichem Einsatz zu verfolgen. Also studiert er Alte Geschichte „ohne sichtbaren Fortschritt“ und hätte gern was mit Doro – aber auch dort kommt er nicht voran, schon weil Doro mit Wilhelm zusammen ist. Der studiert BWL, was ihn zu einem echten Langweiler, aber eben auch zu einer guten Partie macht.

Thomas wird nicht mehr viel Zeit haben, sich über solche Nichtigkeiten den Kopf zu zerbrechen. Denn schon am Anfang von Bernard Craws Roman „Sanguis B. Vampire erobern Köln“ wird er von Doro angefallen und getötet, nur um eine halbe Stunde später als Vampir wieder aufzuerstehen. Doro hat sich vor Thomas schon an ihrer besten Freundin und an Wilhelm vergriffen. Die beiden verspürten allerdings nicht den Drang, sich als Untote zu erheben, und so sind Doro und Thomas erstmal auf sich allein gestellt in dem Versuch, ihren neuen Zustand zu verstehen.

Der furchtbare Hunger nach Blut und die Aversion gegen Sonnenlicht lassen die beiden schnell erkennen, dass sie zu Vampiren geworden sind; doch das Wie und Warum bleibt ihnen verborgen. Wie zwei Neugeborene müssen sie sich in einer plötzlich veränderten Welt zurechtfinden. Sie beschließen, Doros Wohnung zu verlassen und Thomas‘ Freundin Epi um Hilfe zu bitten. Die studiert nämlich Medizin und kann vielleicht herausfinden, was es mit der Veränderung auf sich hat.

Bernard Craw macht seine Vampire jedoch äußerst aggressiv. Kommen sie einmal in die Nähe von Menschen, können sie in der Regel nicht an sich halten. Es ist ihnen unmöglich, ihren Hunger zu kontrollieren, und so ergeben sie sich schließlich dem Blutrausch. Daher sind bald nicht nur Epi und deren Bruder Christoph vampirisiert, sondern auch immer größere Teile der Kölner Bevölkerung. Ähnlich sieht es in anderen Großstädten aus: Der Vampirismus greift seuchenartig um sich und droht, bald die gesamte Menschheit auszulöschen.

Die verbleibenden Menschen brauchen eine Weile, um eine Verteidigung aufzubauen, doch auch die Vampire sind nicht untätig. Bald bilden sich in ihren Reihen erste Machtzentren, die mit Strategie und Reißzähnen die Militärschläge der Menschen abzuwehren wissen und gleichzeitig eine neue Gesellschaftsordnung aufbauen wollen. Doch das entscheidende Problem ist: So rasend, wie sich die Seuche ausbreitet, wird die Menschheit in wenigen Monaten ausgerottet sein. Und wovon sollen sich die Vampire dann ernähren?

„Sanguis B.“ ist ein Roman, der viele Geschichten erzählt und trotzdem eine geradlinige Handlung bietet, die niemals überfrachtet wirkt. Bernard Craw nähert sich dem Thema Vampirismus zunächst von der medizinischen Seite. Ähnlich wie Richard Matheson in [„Ich bin Legende“, 4639 erklärt er den Vampirismus zu einer rasch um sich greifenden Seuche, der die Menschen nichts entgegenhalten können. Die Infizierten sind Opfer, die zwangsläufig selbst zu Tätern werden. Epi wird herausfinden, dass es sich bei der Vampirseuche um ein Bakterium handelt, und sie wird erkennen, warum manche Menschen angesteckt werden und manche sterben. Schlussendlich macht sie sich sogar an die Entwicklung eines künstlichen Blutersatzstoffes, um die Menschheit vor weiteren Morden zu bewahren und den Vampiren eine Überlebenschance zu geben. Doch auch sie muss vor so manchem Mysterium kapitulieren: Warum vertragen Vampire kein Sonnenlicht? Warum fallen sie tagsüber ins Koma?

Im Gegensatz zu Matheson entscheidet sich Craw allerdings dafür, aus der Innenansicht der Vampire zu erzählen, was den Plot ungemein reizvoll macht. Der Blutdurst zwingt die Vampire zu unmenschlichen Morden, und doch verlieren sie nur zum Teil (oder gar nicht) ihre menschlichen Skrupel und Moralvorstellungen. Was macht das mit einem Menschen, wenn er plötzlich schuldlos zu einem Mörder wird / werden muss? Wie schafft man es, nach einer solchen Katastrophe seine eigene und die umgebende Welt neu zu ordnen? Das sind Fragen, die Thomas und seine Freunde immer wieder beschäftigen. Eine grundlegende Antwort können sie jedoch nicht finden, und schließlich überrollen die Ereignisse jegliche Moraldiskussion und es geht für beide Seiten nur noch ums nackte Überleben. So kommt es dann auch, dass sich ein Vampir irgendwann die Frage stellt: Was würde Jesus machen, wenn er Vampir wäre? Die Frage bleibt unbeantwortet, setzt sich aber im Gedächtnis des Lesers fest. Im Kontext des Romans ist es die ultimative Frage, wie Schuld, Moral und persönliche Verantwortung im Angesicht so drastisch veränderter Lebensbedingungen zu verteilen sind, die immer wieder auf die ein oder andere Art auftaucht und an der die Charaktere jedes Mal aufs Neue scheitern.

Craw ist ein sehr wandelbarer Erzähler mit genauer Beobachtungsgabe und viel Wissen über sein Thema. Sein Köln ist greifbar und realistisch und seine Personage lebendig und vielschichtig. Jeder seiner Charaktere ist beispielhaft für ein Handlungsmodell angesichts der Katastrophe, und so hätte es leicht passieren können, dass die Protagonisten kaum mehr sind als Schablonen oder hölzerne Spielfiguren auf Craws Schachbrett. Glücklicherweise tappt der Autor nicht in diese Falle; stattdessen schafft er es, den Leser über vierhundert Seiten bei Laune zu halten. Soll er nun Mitleid mit den Infizierten haben? Sie haben sich ihr Schicksal nicht ausgesucht. Doch andererseits: Müsste es nicht eine andere Möglichkeit geben, als Kinder nachts aus ihren Betten zu reißen, um sie in einem Blutbad leerzutrinken? Craw gibt diese Frage an den Leser weiter und fordert ihn auf, eine gültige Antwort zu finden.

Für alle Fans des Genres wurden zahlreiche Anspielungen und Querverweise in die Handlung eingebaut. Craw bedient sich bei bekannten Vampirmythen und tradierten literarischen Vorstellungen. Nur ein Beispiel dafür ist die Vampirin Camilla (warum eigentlich nicht [Carmilla?), 993 die beschlossen hat, dass man als Vampir in blumiger Sprache Verantwortung für seine „höhere Geburt“ übernehmen muss. Ganz klar eine Anspielung auf all die romantischen Vampire, die im Kielwasser von Anne Rice den Buchmarkt überrollt haben.

Bernard Craw hat einen wirklich klugen Vampirroman geschrieben, ohne diese Tatsache auf jeder Seite plakativ zur Schau zu stellen. Ja, „Sanguis B.“ lädt durchaus zu weiterem Nachdenken ein und macht es sich zur Aufgabe, das Prinzip Vampirismus ständig auf die ein oder andere Art und Weise zu hinterfragen. Doch darüber vergisst Craw auch nicht, seinen Lesern eine Handlung zu bieten. Es geht zur Sache in dem Roman – Action, Folter, Flammenwerfer, zerrissene Körper und herumliegende Leichen gibt es in rauen Mengen. Craw ist sich nicht zu schade, auch jene Leser zu bedienen, die auf etwas härtere Kost stehen. Und so kann „Sanguis B.“ vieles auf einmal und alles davon gut. Beeindruckend!

http://www.bernardcraw.net
http://www.van-aaken-verlag.de

Shocker, Dan – Hexengruft, Die (Larry Brent, Band 38)

_Dr. Satanas‘ Killer-Computer_

Anna Lehner und Melanie Burgstein, zwei gut betuchte, etwas in die Jahre gekommene Damen, lernen auf Mallorca den Amerikaner Bert Hopeman (welch hintergründig gewählter Name) kennen. Dieser entlockt ihnen das Geheimnis, welcher Typ Mann denn ihren Traumvorstellungen entspräche, und verspricht ihnen, dass er mittels seiner ungewöhnlichen Fähigkeiten genau diese Exemplare für sie organisieren könne.

Und tatsächlich taucht er am darauf folgenden Tag mit zwei Prachtkerlen bei den Damen wieder auf.
Anna und Melanie sind äußerst zufrieden, doch präsentiert sich ihnen nach kurzer Zeit die grausige Wahrheit. Die Gigolos sind tatsächlich genmanipulierte Menschen; halbe Roboter, die über einen zentralen Computer gesteuert werden.
Die Lehner und ihr neuer Partner Edwin Bargner werden bei einem gemeinsamen Ausflug in einen Unfall verwickelt, nach dem Bargner unvermittelt durchdreht – er versucht, Anna zu ermorden. Glücklicherweise hat sich Larry Brent seit einigen Tagen an die Fersen von Hopeman geheftet und somit auch die neuen Pärchen nicht aus den Augen gelassen. Larry kann Bargner überwältigen und kommt schließlich hinter das Geheimnis dieser Person. In Wirklichkeit ist der stattliche Sunnyboy 73 Jahre alt. Über einen Draht in seiner Schädeldecke werden sein Äußeres sowie sein Verhalten von irgendjemandem manipuliert.

Die PSA vermutet, dass Dr. Satanas wieder mal ein böses Spiel begonnen hat. Insbesondere auch, weil zur selben Zeit ein unheimlicher Mörder mit einem Pferdekopf in New Jersey sein Unwesen treibt. Iwan Kunaritschew jagt diesen Unbekannten, auf dessen Konto bereits mehrere Opfer gehen.

Unvermittelt treffen beide Agenten tatsächlich auf ihren Erzfeind. Larry wird in die Arktis entführt, wo er in Satanas‘ futuristischem Stützpunkt wieder zu sich kommt. Hier experimentiert der Wahnsinnige mit Menschen und Robotern, um sie letztendlich über eine gigantische Computeranlage steuern zu können bzw. diese Kreaturen als eigene Todesschwadronen zu missbrauchen. Jetzt will er auch Larry Brent zu einem Vasallen umfunktionieren und somit die verhasste PSA zu infiltrieren …

James Bond – dies war der erste Gedanke, als der Weg in Satanas‘ verborgenen Stützpunkt am Nordpol führte. Dieser Eindruck wurde noch umso mehr verstärkt, als bei dem lautstarken Finale die Armee zum Einsatz kommt, ein wilder Kampf zwischen Soldaten und Robotern entbrennt und die Anlage schließlich mit lautem Getöse im ewigen Eis versinkt.

In der Tat kommen bei Satanas‘ viertem Aufbegehren ziemlich viel Trash, Action und Shockers Paradethema Genmanipulation zum Einsatz. Auch die Szenerie mit den liebestollen Damen und ihren knackigen Liebhabern glänzt jetzt nicht unbedingt mit gruseliger Atmosphäre, sondern mutet mehr wie ein futuristischer Thriller vor einer sommerlichen Kulisse an.

Der Mann mit dem Pferdekopf hingegen bietet dann doch noch ein ganz anderes Kaliber; insbesondere die Beschreibung seines überdimensionalen Schädels und die damit verbundenen Bewegungen sorgen für eine gute Portion Horror; wenn er sich z. B. langsam umdreht oder seinen Kontrahenten mit den riesigen Augen anstarrt.

Nimmt man die komplette Geschichte zusammen, kann man sie doch als recht unterhaltsam und kurzweilig bezeichnen, auch wenn man sie gleichzeitig zu Dr. Satanas‘ schwächsten und ‚unproduktivsten‘ Angriffen zählen dürfte …

_Gebeine aus der Hexengruft_

Im Jahre 1638 kommt es in dem kleinen englischen Dorf Brimsley zu einem folgenschweren Ereignis. Der Hexenjäger Jonker beschuldigt die hübsche Cynthia Maniot, eine Teufelsanbeterin zu sein. Die tagelangen Folterungen und Qualen führen letztendlich zu Cynthias Tod, noch bevor sie auf dem Scheiterhaufen enden kann. Vor ihrem Ableben verflucht die Gepeinigte das Dorf und verspricht ihre Seele diesmal wirklich dem Satan.

300 Jahre später machen die Bewohner von Brimsley immer noch einen großen Bogen um die leerstehende Kapelle, die Cynthia Maniot vor ihrem schrecklichen Tod erbauen ließ – man munkelt davon, dass ihre sterblichen Überreste irgendwo in diesem Gebäude verborgen sein sollen und der böse Geist der Hexe dort auf seine Opfer lauert.

Tatsächlich geht es in dieser verfluchten Kapelle nicht mit rechten Dingen zu. Neugierige Besucher, welche die Warnungen der Dorfgemeinschaft in den Wind schlagen und einen Blick in das Innere der Kapelle werfen können, leiden wenig später an einer seltsamen und gleichzeitig tödlichen Krankheit, für die es keine Heilung zu geben scheint. Jüngstes Opfer ist Peggy Langdon, eine gute Freundin der PSA-Agentin Morna Ulbrandson. X-GIRL-C wollte zusammen mit Larry Brent die junge Lehrerin eigentlich nur an ihrer neuen Schule in Brimsley besuchen, um nun festzustellen, dass sie mitten in einem neuen Fall gelandet sind.

Während Morna hinter die Ursache dieser aufzehrenden Krankheit zu kommen versucht, beschäftigt sich Larry mit der düsteren Vergangenheit von Brimsley. Er erfährt vom Schicksal Cynthias und die Gerüchte um deren Spukkapelle.

Bei seinen Nachforschungen in dem Gemäuer wird X-RAY-3 mit einem weiteren Drama konfrontiert. Sechs Jugendliche haben aus einer Alkohollaune heraus eine schwarze Messe in der Kapelle zelebriert, wobei fünf von ihnen einen furchtbaren Tod erleiden mussten. In Ellen Radnor, der einzigen Überlebenden, hat der Geist der Hexe hingegen einen willigen Gastkörper gefunden, um nun endlich seine lang ersehnte Rache auszuführen.

Zu allem Überfluss gibt es einen Unbekannten im Dorf, welcher das Vertrauen der Bewohner missbraucht, um seinen eigenen Vorteil aus Cynthia Maniots Treiben zu ziehen. Diese Person muss Larry nun möglichst schnell enttarnen, bevor ein weiteres Unglück geschieht …

Als ich das Cover dieser Geschichte betrachtete, befürchtete ich zuerst, dass ich es wieder mal mit einer klassischen Teufelssekte zu tun bekommen werde, aber weit gefehlt.

Die Ereignisse in dem kleinen Dorf Brimsley basieren auf einer wirklich schön gestrickten und ansprechenden Geschichte. Zwar ist das Basismotiv nicht unbedingt das Neueste – eine alte Rachegeschichte in einem verschlafenen Dorf aus längst vergangenen Tagen, die in unserer heutigen Zeit ihre dramatischen Früchte trägt -, doch hat mir die Atmosphäre und das kleine Ratespiel um den unbekannten Handlanger der Hexe ganz gut gefallen.

Insbesondere die starke Szenerie um die schicksalhafte Messe der Jugendlichen, deren Leichen unser geschockter PSA-Agent schließlich in der entweihten Kapelle entdecken muss, kann man schon als einige Stufen heftiger bezeichnen. Vor allem, als sich Larry auch noch auf den Toten für eine kurze Weile zur Ruhe betten muss. Dazu kommt die eine oder andere gruselige Einlage, als z. B. Peggy einen Blick durch das Fenster der Kapelle wirft und ihr zwei glühende Augenpaare aus der Finsternis entgegen rasen, da gibt es doch mal als Sahnehäubchen ein paar wohlige Schauer.

Hinzu gesellen sich einige interessant gezeichnete Charaktere: ein paar vereinzelte Dorfbewohner wie der sympathische Dr. Kilroy oder auch die zwiespältige Person von Cynthia Maniot, die vom unschuldigen Opfer zur mordenden Bestie mutiert.

Somit macht dieses Larry-Abenteuer einen wohl durchdachten und angenehm strukturierten Eindruck, an dem es wirklich nicht viel zu mäkeln gibt …

_Insgesamt_

Wie unterschiedlich das Brent-Universum doch sein kann, zeigt sich wieder mal in diesen beiden doch sehr verschiedenen Abenteuern des PSA-Agenten. Zuerst geht es absolut Bond-like gegen den wahnsinnigen Superverbrecher Dr. Satanas und seinen futuristischen Killer-Computer in einer hochtechnologischen Schaltzentrale im ewigen Eis mit viel Action und lautem Getöse zur Sache.
Danach findet man sich in einem verschlafenen englischen Dorf wieder und jagt einer düsteren Geistergeschichte aus der Zeit der Hexenverfolgung hinterher. Und wieder mal beweist Dan Shocker, wie umfangreich und unerschöpflich sein Ideenreichtum doch zu seinen Lebzeiten gewesen ist.

In diesem Buch stellt Pat Hachfeld noch mal für beide Geschichten sein Können zur Verfügung. Einmal setzt er dem schaurigen Pferdemann – meinem Favoriten aus der ersten Geschichte – ein Denkmal und gibt eine sehr Horror-lastige Interpretation für die zweite Story zum Besten. Mit Glossar und dem Lonati-Bild zu ‚Gebeine aus der Hexengruft‘ auf dem Cover wieder mal eine runde Sache.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Larry Brent auf |Buchwurm.info|:_

Band 1: [„Das Grauen“ 2164
Band 2: [„Dämonenaugen“ 2198
Band 3: [„Die Todestreppe“ 2587
Band 4: [„Die Höllenbrut“ 2588
Band 5: [„Bluthände“ 2589
Band 7: [„Der Vampir“ 4392
Band 8: [„Im Leichenhaus“ 4356
Band 23: [„Die Mordleiche“ 3896
Band 24: [„Dartmoor“ 3897
Band 25: [„Hexensabbat“ 2281
Band 26: [„Alpträume“ 2284
Band 27: [„Dämonen“ 2423
Band 28: [„Das Höllentor“ 2465
Band 31: [„Die Gruft“ 3898
Band 32: [„Deborah“ 2684
Band 33: [„Die Vampirklinik“ 2685
Band 34: [„Der Unheimliche“ 3899
Band 35: [„Borro“ 4009
Band 36: [„Das Atoll“ 4010
Band 37: [„Leichenvögel“ 4011
Band 39: [„Zombies“ 4836
Band 40: [„Die Nebelhexe“ 4755
Band 41: [„Die Gespenstervilla“ 4756
Band 108: [„Kloster des Grauens“ 4012
Band 110: [„Das Methusalem-Projekt“ 4013
Band 113: [„Der Dämonensohn“ 3042
Band 114: [„Der Schädelgürtel“ 3043
Band 115: [„Finale“ 3077
Hörbuch 3: [„Nachts, wenn die Toten kommen“ 4810
Hörbuch 4: [„Der Fluch der blutenden Augen“ 4816

Schweikert, Ulrike – Duft des Blutes, Der

Moderne Vampirbücher sind nun nicht mehr nur Sache amerikanischer Autoren. Die Wahlstuttgarterin Ulrike Schweikert bringt die Blutsauger mit ihrem Roman „Der Duft des Blutes“ nach Deutschland, nach Hamburg, um ganz genau zu sein. Dort lebt der beinahe vierhundert Jahre alte Peter von Borgo und treibt nachts in der Speicherstadt sein Unwesen.

Der Hamburger Kripo wird eines Tages der Fund einer Leiche gemeldet, die scheinbar unverletzt zu Tode gekommen ist. Einzig zwei kleine Kratzer am Hals wirken abnormal. Die junge, chaotische Oberkommissarin Sabine Berner ermittelt mit ihrem Team in diesem Fall, doch sie kann sich keinen Reim darauf machen. Wenig später wird ihre Aufmerksamkeit jedoch von etwas anderem eingenommen: Die junge Prostituierte Ronja und ihre kleine Tochter Lilly werden vermisst gemeldet.

Den Beamten fehlt jede Spur, als Sabine geheimnisvolle Anrufe bekommt. Am anderen Ende ist ein in Rätseln sprechender Mann, der ihr verschlüsselt den Fundort von Ronjas Leiche übermittelt. Als die Beamten dort eintreffen, finden sie die tote Frau, aber von Lilly gibt es keine Spur. Doch wer ist der mysteriöse Anrufer? Hat er Ronja getötet? Sabine setzt alles dran, um ihn zu identifizieren. Es ist der unnahbare Peter von Borgo, zu dem sie sich hingezogen fühlt. Er ist ein Gentleman, und seine freundliche und zuvorkommende Art gefällt ihr, auch wenn sie das Gefühl hat, ihn überhaupt nicht richtig zu kennen. Peter von Borgo geht es da nicht anders. Er findet Sabine ebenfalls sehr attraktiv, und es fällt ihm immer schwerer, den Abstand zu der jungen Frau zu wahren. Die Lust, in ihren schönen Hals zu beißen, wird übermächtig, doch er möchte nicht nur ihr Blut. Er möchte, dass Sabine seine Gefährtin wird …

Ulrike Schweikert orientiert sich mit ihrem Buch stark an dem älteren Entwurf eines Vampirromans. Peter von Borgo ist ein historisch visierter Gentleman, der die Frauen verführt. Er ist ein Außenseiter und lebt im Verborgenen, anders als man das beispielsweise in Büchern von Stephenie Meyer oder Kim Harrison erlebt. Das ist für Leute, die Ann Rice und Co. mögen, vielleicht angenehm, doch letztendlich bietet „Der Duft des Blutes“ nichts Neues. Die Geschichte bleibt auf eingefahrenen Wegen, obwohl die Verbindung mit einem Kriminalfall an und für sich ungewöhnlich ist. Schweikert verschenkt allerdings Potenzial, denn es kommt kaum Spannung auf. Es fehlt ein stufenartiger Aufbau und die Auflösung des Falls ist unbefriedigend und wirkt an den Haaren herbeigezogen.

Während der gesamten Lektüre entwickelt sich keine richtige Atmosphäre. Die Geschichte ist weder besonders gruselig noch lädt der Kriminalfall oder die Anziehung zwischen Sabine und Peter zum Mitfiebern ein. Die Charaktere bleiben dem Leser trotz Bemühungen der Autorin verschlossen. Es fehlt ihnen an Ecken und Kanten oder wenigstens Besonderheiten, die sie vom Gros der Masse abheben. Daher fällt es schwer, Peters Verliebtheit zu verstehen, wenn Sabine derart uninteressant dargestellt wird. Der Vampir selbst hat auch nur unwesentlich Neues zu bieten. Er erinnert stark an ähnliche Figuren aus anderen Büchern und kann daher nicht überzeugen. Es wäre schön gewesen, wenn die Autorin ihre Figuren etwas eigenständiger und konturierter gezeichnet hätte.

Das Gleiche lässt sich über den Schreibstil sagen. Er ist nicht unbedingt originell, obwohl Schweikert aus einem großen Wortschatz schöpft und sich Mühe gibt, diesen ansprechend umzusetzen. Allerdings wirkt ihre Wortwahl nicht immer sicher. Man merkt Schweikert ihre Schreiberfahrung an, doch ab und zu formuliert sie umständlich, was das flüssige Lesen erschwert.

In der Summe ist „Der Duft des Blutes“ nicht unbedingt ein schlechtes Buch. Es ist solide gearbeitet, aber es fehlt eindeutig an Spannung, Originalität und an einer sauberen, linearen Handlung.

_Ulrike Schweikert bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Seele der Nacht“ 1232 (Die Legenden von Phantásien)

http://www.egmont-lyx.de

Liebe Besucher meiner Internetseite,

Wellington, David – letzte Vampir, Der

Special Deputy Jameson Arkeley – und auf den |Special Deputy| legt Arkeley genauso viel Wert wie Captain Jack Sparrow auf den |Captain| – ist ein ganz harter Knochen. 1983 schaffte er es, ein ganzes Vampirnest zu vernichten, wenn man einmal von der Vampirin Justinia Malvern absieht, deren verknöcherter untoter Körper einfach nicht recht brennen wollte und die nun, der amerikanischen Justiz unterstellt, in einem leerstehenden Sanatorium als Versuchsobjekt herhalten muss. Diese eine erfolgreiche Vampirjagd ist der Knackpunkt in Arkeleys Karriere. Nicht nur macht sie ihn plötzlich zum einzigen erfolgreichen Vampirjäger der Vereinigten Staaten; sie ist auch der Beginn seines fanatischen Hasses auf die Blutsauger. Dass Malvern ihm durch die Finger geglitten ist, kann Arkeley nicht verwinden. Er will sie unbedingt tot sehen, genauso wie jeden anderen Vampir.

Zwanzig Jahre später wittert Arkeley endlich seine Chance. Bei einer Polizeikontrolle im verschlafenen Pennsylvania stößt State Trooper Laura Caxton auf einen Wagen mit drei Leichen. Schnell wird klar, dass es sich um Vampiropfer handelt. Die eingeschalteten Behörden schicken Arkeley zur Unterstützung, und der kann nicht anders als Malvern hinter den neuen Vampiraktivitäten zu vermuten.

Zusammen mit der in Vampirfragen völlig unbeleckten Caxton macht sich Arkeley also auf, den neuen Vampiren das Handwerk zu legen; eine Angelegenheit, die sich als schwieriger erweist, als man zunächst annehmen würde. Wellingtons Vampire kommen als ziemlich unbesiegbare Kampfgeschosse daher, und so haben Arkeley und Caxton ihre liebe Müh, die neue Vampirplage einzudämmen und die menschlichen Opfer in übersichtlichen Zahlen zu halten. Bis es zum endgültigen Showdown im stillgelegten Sanatorium kommen kann, ist auf beiden Seiten reichlich Blut geflossen und eine stolze Zahl von Nebencharakteren hat ihr Leben ausgehaucht.

Wenn Verlage ihre Publikationen mit Superlativen schmücken, ist in der Regel Vorsicht geboten. |Piper| bezeichnet David Wellingtons „Der letzte Vampir“ ganz unbescheiden als den „kompromisslosesten und wichtigsten Vampirroman des modernen Horrors“ und spricht dann im Klappentext auch noch vom „definitiven Vampir-Epos“. Damit stellt sich |Piper| leider selbst ein Bein, denn bei den unzähligen Veröffentlichungen zum Thema Vampire müsste Wellington schon arg von der Muse geküsst worden sein, um derartige Lobeshymnen zu verdienen. Tatsächlich hat er einen grundsoliden Actionreißer geschrieben, jedoch keinen „wichtigen Vampirroman“ und schon gar kein „Vampir-Epos“.

Bei Wellington geht es richtig zur Sache, und das macht er seinem Leser gleich auf den ersten Seiten klar. Schon die Beschreibung von Arkeleys erster Vampirjagd gibt den Kurs für die folgenden vierhundert Seiten vor. Da wird geschossen und verfolgt und gestorben, und schlussendlich kotzt der böse Vampir seine komatösen Vampirgefährten mit halbverdautem Blut voll, um sie wiederzubeleben. Das alles schildert Wellington mit echter Hingabe, und wer seine Begeisterung für das Eklige und Brutale nicht teilt, der wird sich mit „Der letzte Vampir“ wohl schwertun.

In den relativ kurzen Kapiteln reiht sich eine halsbrecherische Actionsequenz an die nächste, und Wellington gönnt seinen beiden Protagonisten kaum eine Verschnaufpause. Trotzdem schafft er es, die beiden durchaus plastisch zu schildern. Arkeley sieht mit seinen versteiften Wirbeln so aus, als hätte er buchstäblich einen Stock verschluckt – und so benimmt er sich auch. Außer seiner Rache an Malvern zählt für ihn nichts im Leben, selbst seine Ehe und sein Sohn sind für ihn nichts weiter als eine Art, die Zeit zwischen den Vampirjagden zu füllen. Arkeley ist ein Einzelgänger, und das lässt er seine neue Partnerin gern spüren. Doch Caxton ist zu sehr damit beschäftigt, sich vor den herumfliegenden Kugeln zu ducken, um Arkeley wirklich lange böse zu sein.

Überhaupt, Caxton. Wellington schreibt aus ihrer Perspektive, der Leser erkundet also mit ihr diese neue und ungewohnte Welt der Vampire. Sie hält sich ganz gut, schaut bei den übel zugerichteten Leichen immer hin und stellt sich auch bei der Jagd auf den Vampir Congreve nicht dumm. Im Gegensatz zu Arkeley hat sie auch so etwas wie ein Privatleben – eine Freundin, eine Meute Hunde und ein Haus. Deanne, Caxtons Liebste, ist der Schwachpunkt des Romans. Sie ist nie mehr als ein Plot Device, ein Kunstgriff, um die Handlung in die richtigen Bahnen zu lenken, und ein so billiger Trick erscheint als ein hässlicher Fleck auf dem ansonsten durchaus logisch gewebten Handlungsteppich des Romans.

Aber natürlich sollte man auch ein paar Worte über Wellingtons Vampire verlieren, sie sind schließlich der Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Sie sind triebgesteuerte Monstren: große, kahlköpfige Albinos mit spitzen Ohren und mehreren scharfen Zahnreihen. Sie nippen nicht etwa gepflegt an ihrem Opfer, sondern reißen es in Stücke, und wenn es ihnen beliebt, können sie die so Getöteten als Halbtote wieder auferstehen lassen: praktische Zombies, die niedere Arbeiten verrichten können. Seltsamerweise sind Wellingtons Vampire (und das wird nie wirklich thematisiert) eine evolutionäre Sackgasse. Im Gegensatz zum normalen literarischen Vampir, der mit zunehmendem Alter immer stärker wird und immer weniger Blut benötigt, sind die Vampire Wellingtons nie so stark wie in ihrer ersten Nacht und mit zunehmendem Alter brauchen sie immer größere Blutmengen. Sicher, das verstärkt die Gefahr für die Menschen, doch gleichzeitig sorgt es auch dafür, dass eine Vampirin wie Malvern (ca. 400 Jahre alt) nur noch aus lose zusammenhängendem Gewebe besteht. Sie kann nicht mehr laufen, kommuniziert nur noch über einen Laptop und ihr fehlt ein Auge. So möchte man sich die Ewigkeit nicht vorstellen …

Und zu allem Überfluss zerfallen Vampire tagsüber auch noch in eine Art Glibber. In diesem Urschleim aus Nägeln, herumschwimmenden Knochen und halbverflüssigten Eingeweiden muss der geneigte Jäger dann das Herz finden, denn nur so kann ein Vampir vernichtet werden. Bei Wellington klingt das dann so: |“Sie sah Reyes‘ Knochen, so wie sie Malverns Skelett gesehen hatte, aber während das Fleisch der Vampirin zu einem oder zwei Litern breiigem Matsch reduziert gewesen war, stand in Reyes‘ Sarg die zähflüssige Suppe bis zur Hälfte. Nun, bei ihm gab es ja auch viel mehr Fleisch zu verflüssigen als bei Malvern. Ein paar Knochen trieben an der Oberfläche; an den knorpeligen Vorsprüngen klebten ganze Madenkolonien. Der Schädel lag völlig untergetaucht auf dem Grund, starrte sie mit weit aufgeklapptem Unterkiefer an.“| (S. 263) Für solche Szenen lebt Wellington, gepflegter Grusel ist seine Sache nicht. Bei ihm geht es deftig zu und er liebt es, sich der Schmerzgrenze Satz für Satz zu nähern, um sie dann plötzlich zu überspringen.

Wellingtons Roman ist sicher nichts für zarte Gemüter. Wohlerzogene adlige Vampire mit schwarzen Capes wird der Leser hier nicht finden. Wer aber auf der Suche nach einem Actionspektakel mit zwei taffen Helden ist, wer Vampire mal etwas anders erleben will und das Abscheuliche und Groteske sucht, der sollte Wellingtons letzem Vampir eine Chance geben. Dass Wellingtons unverwüstliche Vampire ihre Leserschaft finden, beweist wohl die Tatsache, dass die Fortsetzung, „99 Coffins“, im Dezember 2007 in den USA erschienen ist.

http://www.piper-verlag.de
http://www.brokentype.com/davidwellington/

David Wellington schreibt seine Romane zunächst als Blogeinträge, um sie später als überarbeitete Fassung in Buchform zu veröffentlichen. Das heißt, alle seine Romane sind kostenlos (und völlig legal) im WWW zu finden. Die originale Rohfassung von „Der letzte Vampir“ kann man hier lesen: http://www.brokentype.com/thirteenbullets/.

Shocker, Dan – Zombies (Larry Brent, Band 39)

_Mordaugen_

Mehrere Liebespaare sind in der Gegend zwischen New York und Akersfield verschwunden. Überhaupt kommen zu dieser Zeit einige Menschen ‚abhanden‘ – u. a. der Wissenschaftler Dr. Mike Coogan, der seinen Freund und Kollegen Dr. Brian telefonisch um ein Treffen noch in derselben Nacht bittet. Er taucht jedoch nicht wie versprochen zehn Minuten später bei ihm auf, sondern erst nach drei Tagen. Coogan spricht von einem Gespensterhaus in Irland und einer dämonischen Familie, die sich die Crowdens nennen und deren Mitglieder mit ihren leeren Augenhöhlen Menschen töten können, indem sie ihre Opfer einfach nur ‚anstarren‘. Mit diesen Dämonen in Menschengestalt will Mike vor einem Jahr in Kontakt getreten sein.

Einer der Nachkommen dieser angeblich ausgestorbenen Familie treibt wohl in der Nähe von New York sein Unwesen. Die Existenz dieses Crowdens bewahrheitet sich auf schreckliche Weise, als das Ehepaar Pokins eine Panne mit seinem Wagen kurz vor Akersfield hat. Beide geraten in eine seltsame Villa, die an einem nahegelegenen Waldstück verborgen liegt.

In dem Gebäude scheint nur eine alte Frau zu wohnen, doch in Wahrheit lauert auch Glen Crowden hier, der versucht, mit einer Art Vampir-Clan seine erste Streitmacht aufzubauen. Dem Hilfe suchenden Ronald Pokins werden die Augenhöhlen ausgebrannt, seine Frau Linda hingegen soll sich als neuer Blutsauger dem Vampir-Clan anschließen. Sie kann aber entkommen und setzt somit die PSA auf die Spur der Crowdens.

Larry und Morna liefern sich ein aufreibendes Duell mit der neuen Generation der Crowdens, Iwan wird von einem undefinierbaren Wesen im Wald um die Crowden-Villa angegriffen. Von allen unbemerkt, baut sich eine ganz andere Gefahr auf: Mike Coogan durchlebt eine schaurige Metamorphose – der ‚Geflügelte Tod‘ wird geboren …

|Eindrücke|

Es würde wohl mehrere Seiten füllen, um wirklich alle Aspekte und Details dieser spannenden Geschichte anzuschneiden, so viele, vielleicht auch stellenweise zu viele Kleinigkeiten sind hier verpackt: die Crowdens mit ihren titelgebenden Mordaugen, die wächsernen Vampirfrauen in der alten Villa, ein undefinierbares Ungetüm im Wald und letztendlich das offene Finale mit der Geburt des ‚Geflügelten Todes‘. Ein wahrhaft lautstarker Startschuss für ein paar Gegner, die unserem PSA-Agenten in einigen zukünftigen Bänden das Leben ziemlich schwer machen werden.

Etwas verwirrend für den Einsteiger gestaltet sich die Beschreibung der Familie Crowden, hier insbesondere, zu welchen Taten diese Dämonen doch alle fähig wären und wie sie entstanden sein sollen. Diese stellenweise doch recht komplizierten Einzelheiten klären sich in späteren Abenteuern, nur vom aktuellen Wissensstand aus steht man doch etwas verloren da.

Insgesamt ist diese Geschichte aber fesselnd geschrieben, und wieder mal gelingt es Dan Shocker, die Szenerie bestens vor dem Leser aufzubauen und ihn mitzureißen …

_Zombie-Wahn_

Die Fernsehjournalistin Chantale de Loire hat auf dem alten Friedhof des kleinen französischen Ortes Montmirail ein unheimliches Erlebnis. Eigentlich möchte sie nur das Grab ihres Großvaters begutachten, doch muss sie bei ihrem nächtlichen Besuch auf dem vergessenen Totenacker feststellen, dass die dort Ruhenden nicht in ihren Gräbern bleiben wollen. Mehrere grässlich anzuschauende Zombies veranstalten schließlich eine Hetzjagd auf die junge Dame, die mit knapper Not in ihrem |Peugeot| entkommen kann.

Im „Grand-Hotel“, dem einzigen Gasthof in Montmirail, findet sie Unterschlupf, doch auch vor diesem Haus scheint das Unheil nicht Halt zu machen. Der Hotelgast James Lovell wird von einem unbekannten Wesen schwer verletzt und letztendlich von Evelyne Delacroix, der Tochter des Gastwirts, aus fadenscheinigen Gründen niedergeschossen.

Wie sich ebenfalls herausstellt, wurden vor nicht allzu langer Zeit die Leichen von fünf jungen Leuten auf dem alten Friedhof gefunden. Die Toten sind aber aus dem lokalen Leichenhaus spurlos verschwunden. Die Dorfbewohner munkeln von einem Voodoo-Fluch, der auf dem alten Totenacker lasten soll, und genau diese Gerüchte locken die PSA nach Montmirail.

Ehe sich die Agenten Larry Brent und Iwan Kunaritschew versehen, werden sie mit einer gewaltigen Bedrohung konfrontiert. Alle Beigesetzten scheinen zu neuem unheiligen Leben zu erwachen und strömen auf das ahnungslose Dorf zu. Wen sie in ihre fauligen Hände bekommen, den machen sie zu Ihresgleichen.

Doch nicht nur die modrigen Gestalten vom alten Friedhof rücken Larry und seinem russischen Freund auf den Pelz. Im Dorf halten sich auch einige Zombies verborgen, die man von den lebenden Bürgern nicht wirklich unterscheiden kann. Diese Tarnung macht sie umso gefährlicher.

Immer mehr Unschuldige verwandeln sich in mordlüsterne Untote und stellen den PSA-Agenten eine schaurige Übermacht entgegen …

|Eindrücke|

Als klassischen Zombie-Roman ohne wirkliche Highlights, so könnte man diesen LB bezeichnen –
Shockers gewohnte Innovation bleibt in dieser Geschichte etwas auf der Strecke. Zwar trifft man auf eine etwas außergewöhnliche Gattung Zombies – Untote, die nicht unbedingt als tumbe modrige Roboter in der Gegend herumstolpern, sondern wie Normalsterbliche agieren und kommunizieren -, doch wirklich ansprechend fand ich dieses Einsprengsel nicht unbedingt. Die klassischen Zombies sagen mir dann doch eher zu als absolut normale Menschen, die das Etikett Zombies aufgeklebt bekommen und erst nach genauerem Hinsehen tatsächlich nicht atmen oder keinen Schmerz verspüren. Das kam dann doch ziemlich konstruiert daher.

Die finale Auflösung, welche sich mit den weitreichenden Konsequenzen der Belästigung eines Voodoo-Kults durch einen Bewohner von Montmirail beschäftigt, besitzt dann doch noch einen charmanten Shocker-Touch, und auch die düstere Atmosphäre auf dem alten verkommenen Friedhof ist eine positive Erwähnung wert, aber so richtig aus den Socken pfeffert diese Geschichte einen dann auch wieder nicht. Ein paar Zombies zu viel waren es dann doch für diesen recht dünnen Handlungsstrang. Nun ja, es gab auch schon schlechtere Larry-Abenteuer, aber auch wesentlich bessere …

_Insgesamt_

Premiere für die Crowdens – weiter wird es mit dieser faszinierenden Familie in |BLITZ|-Band 41 „Die Gespenstervilla“ gehen. Aber diese erste Geschichte macht schon mächtig Laune.

Das zweite Larry-Abenteuer verblasst hingegen leider etwas nach dem Highlight mit den „Mordaugen“. Eine etwas belanglose Zombie-Geschichte mit ein paar netten Einfällen, aber nicht unbedingt eine Sensation der Larry-Brent-Serie. Ich bitte dies nicht falsch zu verstehen – dieses zweite Abenteuer ist definitiv lesenswert, um ein paar abendliche Stunden oder regnerische Nachmittage zu gestalten, doch bleibt sie nur sehr knapp unter dem Durchschnitt – mit etwas gutem Willen auch gerne genau im Schnitt.

Aber allein für alle Fans der Crowden-Saga ist dieser Band ein Muss. Gleichzeitig hält man wieder mal zwei Geschichten in der Hand, welche seinerzeit nur in der eigenständigen Larry-Brent-Serie veröffentlicht wurden.

Das Glossar findet man als Neuerung zusammengefasst am Ende des Buches, und Pat Hachfeld hat diesmal nicht beide Geschichten einzeln illustriert. Man findet seinen Beitrag – ein widerlich hervorquellendes Auge als Symbol für die erste Geschichte – auf der ersten Seite des Bandes. Definitiv schauerlicher anzusehen als damals das Original der Brent-Serie zu den „Mordaugen“, welches mich mehr an den Edgar-Wallace-Krimi „Die toten Augen von London“ erinnert. Im Gegenzug kann man auf dem Umschlag das stimmungsvolle Lonati-Original zum „Zombie-Wahn“ bewundern.

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Larry Brent auf |Buchwurm.info|:_

Band 1: [„Das Grauen“ 2164
Band 2: [„Dämonenaugen“ 2198
Band 3: [„Die Todestreppe“ 2587
Band 4: [„Die Höllenbrut“ 2588
Band 5: [„Bluthände“ 2589
Band 7: [„Der Vampir“ 4392
Band 8: [„Im Leichenhaus“ 4356
Band 23: [„Die Mordleiche“ 3896
Band 24: [„Dartmoor“ 3897
Band 25: [„Hexensabbat“ 2281
Band 26: [„Alpträume“ 2284
Band 27: [„Dämonen“ 2423
Band 28: [„Das Höllentor“ 2465
Band 31: [„Die Gruft“ 3898
Band 32: [„Deborah“ 2684
Band 33: [„Die Vampirklinik“ 2685
Band 34: [„Der Unheimliche“ 3899
Band 35: [„Borro“ 4009
Band 36: [„Das Atoll“ 4010
Band 37: [„Leichenvögel“ 4011
Band 40: [„Die Nebelhexe“ 4755
Band 41: [„Die Gespenstervilla“ 4756
Band 108: [„Kloster des Grauens“ 4012
Band 110: [„Das Methusalem-Projekt“ 4013
Band 113: [„Der Dämonensohn“ 3042
Band 114: [„Der Schädelgürtel“ 3043
Band 115: [„Finale“ 3077
Hörbuch 3: [„Nachts, wenn die Toten kommen“ 4810
Hörbuch 4: [„Der Fluch der blutenden Augen“ 4816

Festa, Frank (Hg.) – Denn das Blut ist Leben. Geschichten der Vampire

_Inhalt_

_Bram Stoker_ [1847-1912]: |Draculas Gast| („Dracula’s Guest“, 1914), S. 7-20: Der nächtliche Spaziergang des englischen Reisenden endet auf einem verfluchten Friedhof, vor dessen Schrecken ihn ausgerechnet ein sehr bekannter Vampirfürst rettet …

_J. Wesley Rosenquist_ [?-?]: |Rückkehr in den Tod| („Return to Death“, 1936), S. 21-27: Scheintod ist ein gefährlicher Zustand in einem Dorf, dessen schlichtgeistige Bewohner an Vampire glauben …

_Graham Masterton_ [geb. 1946]: |Der Laird von Dunain| („Laird of Dunain“, 1992), S. 28-38: Er saugt seine Opfer quasi über Umwege aus, doch letztlich ist der schottische Vampir nicht gegen die Tücke des Objekts gefeit …

_Simon Clark_ [geb. 1958]: |Vampir-Abschaum| („Vampyrrhic Outcast“, 1992), S. 39-49: Sogar unter Blutsaugern gibt es eine Rangordnung, und grässlich ergeht es jenen, die ganz unten stehen …

_Edgar Allan Poe_ [1809-1849]: |Ligeia| („Legeia“, 1838), S. 50-66: Der Tod siegt nur durch die Willensschwäche des Menschen, und Ligeia ist eine überaus willensstarke Frau, die ihr Ende nicht zu akzeptieren gedenkt …

_Edmond Hamilton_ [1904-1977]: |Das Vampirdorf| („Vampire Village“, 1932), S. 67-83: Zwei gut durchblutete Wanderer geraten in ein pittoreskes transsilvanisches Dorf, dessen Bürger sie geradezu frenetisch begrüßen …

_F. Marion Crawford_ [1854-1909]: |Denn das Blut ist Leben| („For the Blood Is the Life“, 1911), S. 84-101: Sie liebte das Leben und den schönen Angelo, auf den die grausam geendete Christina keineswegs zu verzichten gedenkt …

_Brian Hodge_ [geb. 1960]: |Die Alchemie der Stimme| („The Alchemy of the Throat“, 1994), S. 102-132: Er ist seines ewigen Lebens längst überdrüssig und findet doch nicht den Mut, es zu beenden, bis ihn sein junger Liebhaber vor vollendete Tatsachen stellt …

_H. P. Lovecraft_ [1890-1937]: |Das gemiedene Haus| („The Shunned House“, 1928), S. 133-165: Im Keller mästet sich seit vielen Jahren das Verderben, bis ihm zwei mutige Historiker den Kampf ansagen – und sich schrecklich überschätzen …

_Simon Clark_ [geb. 1958]: |Hotel Midnight| („Hotel Midnight“, 2005), S. 166-168: Ein uraltes Haus wechselt samt uraltem Vampir den Besitzer …

_Théophile Gautier_ [1811-1872]: |Die verliebte Tote| („La morte amoureuse“, 1836), S. 169-201: Der junge Priester verfällt einer ebenso schönen wie bösen Frau, die ihn die schauerlichen Freuden des Lebens lehrt …

_Alice Olsen_ [?-?]: |Winternacht| („Winter Night“, 1940), S. 202-206: Vermeide ein Rendezvous, wenn du deine Schöne anschließend am Friedhof absetzen sollst …

_Raymond Whetstone_ [?-?]: |Die durstigen Toten| („The Thirsty Dead“, 1935), S. 207-214: Der einsame alte Mann dauert den jungen Nachbarn, der dessen Einladung annimmt – ein gutes Werk, das sich rächen wird …

_Clark Ashton Smith_ [1893-1961]: |Ilalothas Tod| („The Death of Illalotha“, 1937), S. 215-227: Wahre Liebe kann den Tod besiegen, doch ist der Preis höher, als du ihn möglicherweise zu zahlen bereit bist …

_Graham Masterton_ [geb. 1946]: |Verkehrstote| („Roadkill“, 1997), S. 228-235: Statt ausschließlich in der Vergangenheit zu schwelgen, hätte Graf Dracula sich besser über die aktuellen Pläne der Straßenbaubehörde informiert …

_Karl Hans Strobl_ [1877-1946]: |Das Aderlassmännchen| (1909), S. 236-254: Direkt neben dem Friedhof steht ein Kloster mit dicken, vollblütigen Nonnen, was einen untoten Edelmann nicht in seinem Grab ruhen lässt …

_Anonymus_: |Die Vampirkatze von Nabèshima| („The Vampire Cat“, um 1910): S. 255-264: Der junge Fürst wird von einem Vampir heimgesucht, der die Gestalt seiner Lieblingskonkubine angenommen hat; ein einfacher Soldat ist es, der den Bann brechen kann …

_Hugh B. Cave_ [1910-2004]: |Stragella| („Stragella“, 1932), S. 265-295: Zwei wahrlich vom Pech verfolgte Schiffbrüchige verschlägt es ausgerechnet auf ein Geisterschiff, das auch noch von Vampiren bevölkert wird …

_Henry Kuttner_ [1914-1958]: |Ich, der Vampir| („I, the Vampire“, 1937), S. 296-319: Irgendwann merkt auch ein Vampir, dass es in der Filmstadt Hollywood die schönsten Frauen gibt …

_Patricia N. Elrod_ [geb. 1945]: |Spätvorstellung| („A Night of the [Horse] Opera“, 1995), S. 320-337: Im Chicago des Jahres 1936 rettet ein Vampir den Schauspieler Chico Marx vor fiesen Gangstern …

_Lester del Rey_ [1915-1993]: |Feuerkreuz| („Cross of Fire“, 1939), S. 338-347: Was wären die Folgen, wenn ein Vampir zurück ins Leben fände …?

_F. Paul Wilson_ [geb. 1946]: |Mitternachtsmesse| („Midnight Mass“, 1990): S. 348-408: Vampire beherrschen die Welt, doch wenigstens in seiner alten Kirche nimmt ein Priester entschlossen den Kampf gegen die blasphemischen Unholde auf …

_Das mögliche Risiko eines bösen Erwachens_

Der Vampir: ein Mythos mit ‚realem‘ Hintergrund, weil er eine – wenn auch negativ besetzte – Veranschaulichung für ein Weiterleben nach dem Tod ist, der ungeachtet aller religiösen Vorsichts- und Beschwichtigungsmaßnahmen überall auf der Welt für Ungewissheit und Schrecken sorgt und die Fantasie beflügelt. Was kommt danach? Ewiger Friede im Warten auf die Auferstehung ist womöglich keineswegs garantiert, wie der Blut saugende „Nachzehrer“, der sich aus dem Grab erhebt und den Lebenden nachstellt, nur zu deutlich macht. Der Vampir-Mythos ist alt und weist weltweit erstaunliche Parallelen auf, wie in dieser Sammlung „Die Vampirkatze von Nabèshima“ (die einzige Geschichte, die den europäischen und nordamerikanischen Kulturkreis verlässt) deutlich macht.

Bram Stoker war 1897 nicht der erste Autor, der sich des Vampirs als Figur bediente. In diesem Sammelband ist Théophile Gautier mit „Die verliebte Tote“ aus dem Jahre 1836 vertreten – eine Erzählung ganz im Stil des „gotischen“ Horrors des 18. und frühen 19. Jahrhunderts, der knalligen Horror mit moralisierendem Unterton kombinierte; in unserem Fall hat sich ein Priester gefälligst seinem freudlosen Dasein als Diener Gottes zu unterwerfen. Wenn ihm ein Mensch, explizit eine Frau, eine Alternative aufzeigt, kann sie nur ‚böse‘ sein und muss vernichtet werden. Da der weibliche Vampir hier eher als Liebende denn als Blutsaugerin auftritt, ist im Grunde sie das Opfer, wie auch der Priester – freilich zu spät – erkennt.

Die stilisierte Künstlichkeit ließ der literarische Vampir bald hinter sich. „Varney, der Vampir“ von Thomas Peckett Prest (1810-1857) war ein ruppiger Geselle, der sich seiner Blutgier und seiner Geilheit gleichermaßen gewissenlos unterwarf. Bram Stoker gestaltete seinen Dracula wesentlich eleganter und gab ihm einen adligen Hintergrund, aber auch er schrieb ihm menschliche Bedürfnisse zu, wodurch er ihn noch stärker dämonisierte: Graf Dracula ignoriert das ‚Verbot‘ der züchtigen, durch Tabus und Regeln gezähmten Liebe. Seine Attacken auf weibliche Opfer sind eindeutig erotisch gefärbt und stoßen buchstäblich auf Gegenliebe. So stark ist seine Präsenz, dass er in [„Draculas Gast“ 3489 nicht einmal persönlich auftreten muss, um für Schauder & Grusel zu sorgen.

_Von Blutsaugern und Beutelschneidern_

„Dracula“ setzte Maßstäbe und lockte eine eigene Art von Blutsaugern: ein Heer von weniger inspirierten Schriftstellern, die Stokers Roman als literarischen Steinbruch betrachteten, aus dem sie sich an Ideen holten, was sie für ihre eigenen, meist für den schnellen, anspruchslosen Lesegenuss gedachten Geschichten benötigten. „Denn das Blut ist Leben“ sammelt eine ganze Anzahl von Storys aus der Ära der US-Pulps, jener Magazine, die vor allem zwischen den beiden Weltkriegen kostengünstig Genre-Unterhaltung für ein Massenpublikum lieferten. Edmond Hamilton, J. Wesley Rosenquist, Henry Kuttner, Hugh B. Cave und Lester del Rey zeigen, dass sich auch aus der Nachahmung Funken schlagen lassen, während Alice Olson und Raymond Whetstone lähmende Langeweile verbreiten.

Dass der Grusel auf Pulp-Niveau auch heute noch lebt, beweisen uns Graham Masterton („Der Laird von Dunain“), Patricia N. Elrod und F. Paul Wilson mit ideen- und überraschungsarmen Geschichten. Masterton treibt den Grobgrusel wie immer auf die Spitze, nimmt ihn aber wenigstens nicht ernst und kann damit punkten, während Wilson bleischwer sein Garn aus Klischee und Gruselkitsch spinnt. (Wenigstens ist er konsequent in der Frage, ob nur das Kruzifix und damit die katholische Kirche Macht über den Vampir besitzt – ein Faktor mit gewaltigen Konsequenzen für die übrigen Weltreligionen.) Elrod bastelt aus bewährten Elementen routiniert eine Story, die in ihrer Endlos-Serie um den Vampirdetektiv [Jack Fleming 1946 spielt.

_Der Tod kann sexy sein_

Der Vampir und der Sex: Heute sind beide Begriffe beinahe Synonyme, und der Zusammenhang war ebenfalls schon lange vor 1897 bekannt. Dennoch musste sich Stoker noch viktorianische Zurückhaltung auferlegen. Erst in den folgenden Jahrzehnten wich die zurückhaltende, quasi ‚verschlüsselte‘ Darstellung mehr und mehr einer offenen, die Elemente Gewalt und Sex in den Vordergrund stellenden Schilderung. Im 21. Jahrhundert sind die alten Waffen wie Holzpfahl, Knoblauch oder Kruzifix ziemlich stumpf geworden; der Vampir hat sich als alltagstauglich erwiesen. Er (und natürlich auch sie, denn die sexuell befreite Vampirfrau ist eine Figur, die schon früh Eingang ins Genre fand) trägt keinen Frack und keinen rotseiden gefütterten Umhang mehr, sondern passt sich (wie von Simon Clark in „Midnight Hotel“ ebenso kurz wie eindrucksvoll beschrieben) der Gegenwart an, was ihm in einer modernen Menschengesellschaft, die mehr und mehr die Nacht zum Tag macht, erst recht leicht gemacht wird.

_Langes Leben bringt viel Verdruss_

Ist der Vampir mit seinem Dasein zufrieden oder gar glücklich? Schon Dracula ließ den Überdruss durchblicken, den eine einsame Existenz in Nacht und Tod mit sich bringt. Der Hunger bindet den Vampir an den lebenden Menschen, von dem aber noch genug in ihm ist, um zu erfassen, was er verloren hat. Henry Kuttner und Simon Clark bringen es in „Vampir-Abschaum“ auf den Punkt. Ihre Vampire sind in jeder Beziehung Außenseiter. Das untote Leben ist zwar ewig, aber ohne echte Gefühle. Darunter leidet der Vampir, doch seine Versuche, die Isolation zu durchbrechen, bringen nur noch mehr Leid und neuen Tod – entweder über die Menschen (F. Marion Crawford, „Denn das Blut ist Leben“) oder über den Vampir selbst (Brian Hodge, „Die Alchemie der Stimme“). Lester del Rey macht deutlich, dass es eine Heilung nicht gibt. Selbst die Rückkehr ins Leben bringt sie nicht, denn auf dem plötzlich wieder zum Menschen gewordenen Vampir lastet nunmehr die Hypothek seiner Jahre als Blutsauger.

_Wie ‚funktioniert‘ der Vampir?_

H. P. Lovecraft gehört zu den Autoren, die sich Gedanken über eine ‚wissenschaftliche‘ Erklärung für das Vampir-Phänomen machen. Freilich gibt Lovecraft seiner Theorie in „Das gemiedene Haus“ – einer seiner besten Arbeiten, die er quasi dokumentarisch gestaltet und deren Schrecken deshalb umso intensiver wirkt – kein biologisches Fundament. Er geht im Grunde mit Edgar Allan Poe konform, nach dem die menschliche Willenskraft den Vampir ins ‚Leben‘ ruft: eine Kreatur, die den Tod nicht akzeptiert, gegen ihn aufbegehrt, dabei erfolgreich ist und sich doch von der Welt trennt, die sie als Untote erkennt und fürchtet; eine Kluft, die durch die besondere Art der Ernährung verständlicherweise vertieft wird. Poe benötigt keine ‚Erklärung‘; Ligeia kehrt zurück, weil sie es will. Lovecraft zollt dem rationalen 20. Jahrhundert Tribut, auch wenn seine Kombination des vampirischen Scheinlebens mit der Einsteinschen Relativitätstheorie reiner Technobabbel bleibt; manchmal bringt ein Weniger an Information ein Mehr an Faszination. Dem Unterhaltungswert beider Storys tut das freilich keinen Abbruch.

_Vampire sind auch nur (tote) Menschen_

Kann man über Untote lachen? Selbstverständlich, denn Furcht und Witz sind enge Verwandte. Für das Komische ist der Vampir sogar besonders anfällig, gibt er doch eine sehr pathetische Gestalt. Schon ihn in denselben Fallstricken des Alltags zu sehen, von denen auch wir sterblichen Menschen gefesselt werden, nimmt ihm viel von seiner Allmacht. Wie Dracula sich in ein unfreiwilliges Exil begibt, weil er ein amtliches Schreiben zu viel ignoriert, ist zwar kein geistreicher, aber ein gelungener Scherz (Graham Masterton, „Verkehrstote“). Humor auf ungleich höherem Niveau zelebriert Karl Heinz Strobl in seiner gleichermaßen grotesken wie phantastischen Spukgeschichte vom „Aderlassmännchen“, dessen Übeltaten recht oberflächlich fromme Nonnen treffen, sodass sich des Lesers Mitleid in Grenzen hält. Diesen Vampir können übrigens weder Kruzifix noch Sonnenlicht in Schach halten, womit er in dieser Sammlung recht einzigartig dasteht.

_Storysammlung mit Vorbildcharakter_

Gut zusammengestellte Kollektionen mit Kurzgeschichten, die eine Lektüre verdienen, sind heute nicht gerade zahlreich. Obwohl der Horror auch auf den deutschen Buchmarkt zurückgekehrt ist, muss man viel Spreu vom Weizen trennen. Chick-Lit-Horror – glutvoll-brünstiger Vampir verzaubert sexuell und auch sonst frustrierte Menschenfrau – wuchert wie Pestwurz aus der Nische des trivialen Liebesromans, in der er gut aufgehoben war. „Denn das Blut ist Leben“ kommt gänzlich ohne ihn aus, wofür man dem Herausgeber dankbar ist.

Wie für Bücher aus dem |Festa|-Verlag üblich, kommt auch dieses optisch sehr ansprechend daher. Paperback-Format und saubere, stabile Bindung lassen „Denn das Blut ist Leben“ angenehm in der Hand liegen, und selbstverständlich gibt’s als Cover kein liebloses Bildstock-Foto, sondern eine auf das Thema abgestimmte Zeichnung. Die Übersetzungen lesen sich angenehm, und mit diesem Adjektiv lässt sich auch der Kaufpreis umschreiben: So ein Werk verleibt man seiner Sammlung gern ein!

|Originalausgabe
Großformat Paperback 13,5 x 21 cm
416 Seiten|
http://www.FESTA-Verlag.de

Barnes, Jonathan – Albtraumreich des Edward Moon, Das

London im Jahr 1901: Der Bühnenzauberer Edward Moon, mittlerweile über vierzig, hat seine besten Zeiten hinter sich gelassen. Vor Jahren war er der große Star, der stets mit ausverkauften Vorstellungen rechnen konnte. Inzwischen hat seine Show, obwohl immer noch spektakulär, an Beliebtheit verloren. Moons Leidenschaft gilt allerdings dem Lösen von Kriminalfällen. In über sechzig Fällen hat er als Hobbydetektiv ansehnliche Erfolge verzeichnet und Scotland Yard große Dienste erwiesen. Moon sehnt sich danach, endlich wieder einen solchen Fall bearbeiten zu können.

Kurz darauf wird er von Inspektor Merryweather berufen, eine seltsame Mordserie aufzuklären. Bereits zwei Männer, die aus reichen Familien stammten und dem Laster verfielen, stürzten aus ungeklärten Gründen aus einem unbewohnten Gebäude in einer finsteren Gegend, das früher als Wasserturm diente. Das zweite Opfer erzählt im Sterben noch, von einem affenartigen Wesen mit Schuppen im Gesicht angefallen worden zu sein.

Edward Moon ist überzeugt davon, den Mörder finden zu können. Gemeinsam mit seinem Assistenten, dem riesigen, stummen Schlafwandler mit dem kindlichen Gemüt, nimmt er die Fährte auf. Sein Weg führt ihn in die Unterwelt des viktorianischen London, in Opiumhöhlen, einen Wanderzirkus mit Kuriositätenkabinett und zu einem Geheimbund. Bei seinen gefährlichen Ermittlungen kommt Moon einer großen Verschwörung auf die Schliche …

Ein „grässliches Konvolut von Unsinnigkeiten“ verspricht der Klappentext dem Leser und stimmt ihn damit passend auf den skurril-ironischen Tonfall des Buches ein. Oberflächlich betrachtet, handelt es sich um einen spannenden Kriminalfall, der auf jeder weiteren Seite zunächst immer rätselhafter wird. Der Mörder scheint ein Fliegenmensch zu sein, doch das Motiv der Morde bleibt im Dunkeln. Edward Moon jedoch leckt Blut und will alles daransetzen, endlich wieder einen spektakulären Fall zu lösen.

|Originelle Charaktere|

Den Leser erwartet ein buntes Potpourri von bizarren Gestalten, von denen man einige rasch ins Herz schließt. Im Mittelpunkt steht Edward Moon, durchaus recht häufig ein mürrischer Charakter, den man dennoch aufgrund seines trockenen Humors liebgewinnt, wie es der Erzähler beinah abfällig vermutet. Moon ist alles andere als ein fehlerfreier Mensch, dabei aber auf eine liebenswürdige Art verschroben. Vor dem Auge des Lesers entsteht das Bild eines ehemals gefeierten Zauberers, dessen Beliebtheit in den letzten Jahren gelitten hat und dessen heutige Vorstellung ihn nur noch langweilen. Edward Moon ist ein eitler und tendenziell zynischer Mensch, der sich bisweilen auch seinen engsten Vertrauten wie dem Schlafwandler entzieht. Immer wieder wird sein Versagen in einem speziellen Kriminalfall angedeutet, das bis heute Spuren hinterlassen hat. Besonders gelungen dargestellt wird Moon im Kontrast zum launigen Inspektor Merryweather, der in seiner polterigen Art dem steifen Moon auf die Nerven geht.

Eine sehr sympathische Nebenfigur ist die mütterliche Mrs. Grossmith, die auf resolute Weise den Haushalt führt und den guten Geist in Edward Moons Räumlichkeiten verkörpert. Eine besondere Rolle kommt dem Erzähler zu, der bis über die Mitte des Buches hinaus seine Identität verschweigt, immer wieder kommentierende Einwürfe hinzugibt und auch vor kleinen Lügen nicht zurückschreckt. Erst am Ende werden die Umstände der Entstehung des Werkes enthüllt und der Erzähler offenbart sich endlich dem Leser. Faszinierend ist auch die Figur Barabbas, ein abstoßender Fleischberg, der in einem Kerker dahinvegetiert und in einem früheren Leben, damals ein schöner Jüngling, eine besondere Rolle in Moons Leben spielte. Nur in Andeutungen wird das Verhältnis der beiden Männer gestreift, doch diese genügen, um ein paar berührende Momente, frei von Kitsch, hervorzuzaubern, die selbst im Zyniker Edward Moon verborgene Empfindungen wachrufen – und beim Leser den Wunsch, Jonathan Barnes möge diesen Handlungszweig noch einmal in einem neuen Werk aufgreifen.

Die interessanteste Gestalt ist zweifellos der Schlafwandler, der dem Original den Titel verlieh, und durchgehend bei diesem Namen genannt wird. Zwar ist die Figur des freundlichen Riesen alles andere als originell, dennoch ist der stumme Zauber-Gehilfe viel mehr als ein bloßes Abziehbild. Ob er wirklich stumm ist oder nur nicht sprechen möchte, weiß nicht einmal Edward Moon selbst, zumindest scheint es ihm zu genügen, sich mittels handlicher Kreidetafel in telegrammartigen Äußerungen zu verständigen – auch wenn es dabei hin und wieder zu Komplikationen kommt, etwa wenn er in der Dunkelheit nicht seine Höhenangst mitteilen kann, in heftiger Erregung dank übergroßer Buchstaben in Platznot gerät oder Edward Moon mal wieder angesichts der sehr fragwürdigen Rechtschreibung innerlich die Augen verdreht. Seine übermenschlichen Kräfte auf der Bühne sind offenbar nicht vorgetäuscht, als einziges Getränk nimmt er Milch zu sich und dies dafür in rauen Massen, und trotz seiner freundlichen Ausstrahlung bewährt er sich mehrfach als zuverlässiger Leibwächter.

|Londoner Kuriositäten|

Die Halbwelt, in der sich Edward Moon bewegt, ist eine seltsame Ansammlung voller in ihrer Übertriebenheit leicht parodistischer Klischees des viktorianischen London. In den dunklen Gassen bewegen sich zahlreiche zwielichtige Gestalten, in den Wanderzirkussen leben unaussprechliche Geschöpfe und Moon selbst ist Stammgast in einem Bordell, das außergewöhnliche Neigungen befriedigt mit seinen Mädchen, die mit Launen der Natur wie Bartwuchs oder Entstellungen versehen sind. Es ist eine finstere, bedrohliche Welt, in der die Untoten Jagd auf Menschen machen und ein Zeitreisender Warnungen über Bombenangriffe auf London ausspricht, gleichzeitig aber auch eine Karikatur etlicher Schauerromane, in denen die Unholde durch die Straßen streifen und dunkle Pläne schmieden.

In seiner Bühnenvorstellung gibt Edward Moon eine perfekte Darbietung im Stil eines Sherlock Holmes, und seine Zauberei führt alle bekannten Tricks ad absurdum, da er sie in origineller Weise abwandelt. Während der ganzen Handlung liegen trockener Humor und erschreckende Erlebnisse dicht beieinander. Obwohl es vor amüsanten Szenen nur so wimmelt, werden auch grausame Morde verübt, und auch Unschuldige, die der Leser ins Herz geschlossen hat, bleiben nicht unbedingt von einem schlimmen Schicksal verschont.

|Schwächen im letzten Drittel|

So brillant der Roman auch in der ersten Hälfte und vor allem im ersten Drittel daherkommt, er besitzt auch Schwächen, die vor allem gegen Ende zutage treten. Der geradlinige Handlungsverlauf wird verlassen und durch überflüssige Nebensächlichkeiten angereichert. Anstatt den Fokus weiterhin auf skurrile Begebenheiten zu legen, rücken wilde Verschwörungstheorien in den Mittelpunkt, die unnötig aufgebauscht werden, als wolle der Roman sich dadurch zusätzliche Wichtigkeit verleihen. Diese steigende Dramatik verringert gleichzeitig leider die charmante Leichtigkeit, die bisher so vergnüglich dominierte.

Unnötig übertrieben ist die Ausweitung des mysteriösen Kultes, der zu apokalyptischen Szenen führt. Bedauerlicherweise wird die anfangs aufgebaute kriminalistische Atmosphäre, die an die Geschichten von Sherlock Holmes oder Auguste Dupin erinnert, nicht fortgeführt. Die Phantastik nimmt überhand, anstatt wie zu Beginn als liebevolles Beiwerk zu fungieren, die Ereignisse überstürzen sich und letztlich vermisst man beim Verhalten von Edward Moons Schwester eine subtilere Wandlung. Etwas unbefriedigend ist auch die Erklärung am Schluss zur Entstehung des Manuskriptes, die rückwirkend ein paar Fragen über das Wissen des Erzählers aufwirft.

_Als Fazit_ bleibt ein bemerkenswerter Debütroman aus dem viktorianischen London voller Zauberei und Halbweltflair mit leichten Schwächen. Nach furiosem Beginn, originellen Charakteren und einer rätselhaften Mordserie stehlen sich kleine Mankos in das Werk hinein, vor allem durch eine übertriebene Ausschmückung der Handlung, welche die liebenswerten Details überlagert. Dennoch ist „Das Albtraumreich des Edward Moon“ auch dank des durchgehend trocken-ironischen Tonfalls des undurchsichtigen Erzählers ein sehr lesenswertes Erstlingswerk, das Fantasy, Horror und Krimi miteinander verbindet.

_Der Autor_ Jonathan Barnes studierte in Oxford englische Literatur und arbeitet als Kolumnist für mehrere britische Zeitungen. „Das Albtraumreich des Edward Moon“ ist sein erster Roman, der sofort international große Beachtung fand. Derzeit schreibt Barnes an seinem zweiten Buch.

http://www.piper-verlag.de

Kleudgen, Jörg / Parzzival, S.H.A. – Sturz des Drachenthrons, Der (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 11)

Dilara, Calvin, Guardian und dessen Begleiter Semjasa fliegen gemeinsam nach China und begeben sich auf eine beschwerliche Reise in die Gebirge von Xi’an, zum Refugium des Drachen, um ihn endgültig zu vernichten. Doch Lee Khan erwartet seine Feinde bereits, und Luna Sangue befindet sich längst – mehr oder weniger freiwillig – in seiner Gewalt.

Währenddessen wird Mick Bondye in London mit den Schatten seiner Vergangenheit konfrontiert. Eine Frau, die seiner toten Partnerin Cassandra zum Verwechseln ähnlich sieht, tritt in sein Leben, und als bereitete dies dem Voodoo-Vampir noch nicht genug Problem, so muss er erkennen, dass sich in seiner unmittelbaren Nähe ein Verräter befindet, der im Auftrag des Drachen arbeitet …

_Meine Meinung:_

Das war er also: Der furiose Abschlussband der |Schattenchronik|-Serie im Paperback. Wer über die vergangen Monate hinweg die Internet-Seite des |BLITZ|-Verlags regelmäßig besucht und die Vorschau für |Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik| aufmerksam verfolgt hat, wird wissen, dass der ursprüngliche Asien-Zyklus eigentlich auf sechs Bände ausgelegt und vorliegende Geschichte als Band zwölf geplant war. Die ursprüngliche Nummer elf sollte „Die Beinhäuser von Wien“ sein, und wenn man sich den vorliegenden Roman anschaut, bemerkt man schnell das Fehlen dieses geplanten Bandes.

Es werden längst nicht alle Fragen hinreichend beantwortet, und als Leser der ersten Stunde kommt man nicht umhin zu bemerken, dass die Stammautorin Alisha Bionda nicht mit dabei ist, was besonders in der Charakterisierung von Dilara und Calvin zum Tragen kommt. Zudem wäre da die Aufmachung des Buches, welche im Vergleich zu Band zehn noch einmal an Qualität verloren hat. Wieder muss der Leser mit einer einzigen, unscheinbaren, weil viel zu klein abgedruckten Illustration von Pat Hachfeld Vorlieb nehmen. Darüber hinaus gibt es in diesem Buch überhaupt keine Kapiteleinteilung mehr und somit auch kein Inhaltsverzeichnis.

Leider wird dieses Manko nicht durch einen umso besseren Text ausgeglichen. Dabei beginnt das Buch schon recht vielversprechend mit Lunas Reise nach China und der Flucht des Vampirpärchens Dilara und Calvin aus Frankreich. Es wird sogar noch auf Khans Tochter Sabah und Nuits Schicksal eingegangen. Doch der komplette Mittelteil des Buches ist gefüllt mit Belanglosigkeiten und Ereignissen, die überhaupt nicht in den Kontext der letzten Romane hineinpassen wollen. So beschäftigt sich ein Großteil des Romans mit Micks und Cassandras Ermittlungen gegen Hardrock-Vampire(!), fünf Tage bevor es zu der Opferung von Micks Partnerin und den Geschehnissen aus dem aktuellen Zyklus kommt. Was diese Aktion mit den Hardrock-Vampiren und dem Rockerüberfall in dem Hotel mit Lee Khan zu tun haben soll, erschließt sich dem Leser auch am Ende nicht. Auf den Aha-Effekt wartet man vergeblich, und da hilft es auch nicht, dass Sabah, Lees Tochter, schon einen kurzen Vorab-Auftritt absolviert und sich einer der Hardrock-Blutsauger in düsteren Andeutungen ergeht. Die Idee mit Cassandras Doppelgängerin reißt das Ruder ebenfalls nicht herum, zumal auch dieser Handlungsstrang untergeht. Während all dieser nichtigen Erkenntnisse dümpeln Dilara und Co. in den Bergen herum, ohne dass der Kampf mit dem Drachen in greifbare Nähe rückt. Hinzu kommt ein deutlich schlechteres Lektorat, wo zweimal hintereinander aus Khan ein Kahn auf dem Wasser und aus CNN CCN wird.

Kurz vor dem großen Finale wird sogar noch einmal der in Band neun erweckte Demiurg erwähnt, doch diese Passage hätte man sich ebenfalls sparen könnten, denn einen vernünftigen Abschluss erfährt auch dieser Handlungsstrang nicht. Am unbefriedigendsten für den |Schattenchronik|-Leser ist allerdings das Finale, welches lieblos gestaltet wurde und vollkommen offen bleibt. Der große Kampf zwischen dem Bund der Fünf und dem Drachen ist vorbei, kaum dass er richtig begonnen hat. Zwar wird am Ende erwähnt, dass die Serie im Hardcover weitergeht, doch dass man nun gezwungen sein soll, eine vielversprechende Serie im deutlich teureren Hardcover weiterzulesen, empfinde ich nicht als allzu glücklich – zumal die Stammautorin Alisha Bionda an den neuen Büchern nicht mitschreiben wird und die Aufmachung keineswegs so kunstvoll wie bei den Paperbacks ist.

Das Cover von Mark Freier besitzt dieselbe Kunstfertigkeit der anderen Titelbilder und strömt eine stimmungsvolle Atmosphäre aus. Das Motiv passt perfekt zu dem vielversprechenden Titel.

_Fazit:_ „Der Sturz des Drachenthrons“ ist ein unbefriedigender Abschluss des Asienzyklus. Der Text besteht aus vielen zusammengestückelten Handlungselementen, die in sich unstimmig sind und am Ende auch nicht zufriedenstellend zusammengefügt werden. Hinzu kommt die lieblose Aufmachung ohne Kapitelunterteilung und Innenillustrationen.

http://www.blitz-verlag.de

_Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik auf |Buchwurm.info|:_

Band 1: [„Der ewig dunkle Traum“ 1899
Band 2: [„Kuss der Verdammnis“ 1900
Band 3: [„Die Kinder der fünften Sonne“ 1949
Band 4: [„Blutopfer“ 1977
Band 5: [„Der Schattenkelch“ 2483
Band 6: [„Calvin“ 2490
Band 9: [„Der Vampir von Düsseldorf“ 4100
Band 10: [„Vabanque“ 4787

_Florian Hilleberg_

Goingback, Owl – Crota

_Inhalt:_

Es wird Crota genannt … und es ist erwacht. Sheriff Skip Harding wird zum Schauplatz eines Doppelmordes gerufen, der alles in den Schatten stellt, was er bisher gesehen hat: Die Leichen sind schauderhaft zugerichtet und regelrecht in Stücke gerissen.

Allgemein hält man es für das Werk eines Bären. Doch der Schamane Jay Little Hawk, im bürgerlichen Beruf ein Wildhüter, weiß es besser: Es ist Crota, eine blutrünstige Bestie aus Legenden seines Volkes – die besagen, dass Crota eines Tages erwachen und sein Blutdurst keine Grenzen kennen wird. Und dieser Tag scheint gekommen …

_Meine Meinung:_

Tief in der Erde, aus einer frühen Zeit erwacht, lauert das Böse – ein Unwesen, das Menschen mordet, weil es sie hasst. Der Stoff, aus dem die Horrorträume sind und leben! Nichts Neues, möchte man meinen, doch das könnte man bei jedem Buch sagen, das heutzutage die Leserschaft erreicht. Die Kunst besteht mittlerweile darin, Althergebrachtes mit Neuem zu verquicken, und das ist in „Crota“ bestens gelungen.

Als Opener des Romans dient ein brutaler Doppelmord. Die Handlung beginnt somit mit Pauken und Trompeten und zieht den Leser sofort in das Geschehen. Somit ist Owl Goingback schon der erste Schritt des kleinen Autoren-Einmaleins gelungen, denn die ersten Worte binden den Leser an das Buch oder nicht. Hier ist es Ersteres.

Sheriff Skip Harding bekommt es mit einem Fall zu tun, der alles andere als alltäglich ist – auch in der Brutalität, mit der die Opfer getötet und förmlich ausgeweidet wurden. Und nichts scheint an diesem Fall „gewöhnlich“. Denn selbst als Harding dem Ungeheuer begegnet, das für die Morde – den ersten beiden folgen schnell weitere – verantwortlich zu sein scheint, stellt sich ihm die Frage, ob ihn eine Halluzination heimgesucht hat, denn was er gesehen hat, kann einfach nicht der Realität entsprechen. Aber schnell stellt sich heraus, dass dem doch so ist, und so beginnt der Sheriff, „Ursachenforschung“ zu betreiben. Dabei stehen ihm Strong Eagle, ein weiser Indianer, und Little Hawk, dessen Großmutter Indianerin war, zur Seite.

Dem entgegen wirkt sein Hilfssheriff, der selbst scharf auf den Posten des Sheriffs ist und sich eigenmächtig mit einigen Männern hinab in die Tiefen begibt, in denen der „Crota“ hausen soll. Ein gefährliches Unterfangen, bei dem die Männer mehr als eine Überraschung erleben.

Die Handlung verdichtet sich besonders ab Hälfte des Bandes, wenn immer mehr Erinnerungsfragmente einzelner Charaktere eingewoben werden und „Crota“ zu einem runden Buch machen, das eher in das Genre „Mystery-Thriller“ gehört, da es perfekt Brücken zwischen dem Mystischen und einem gehörigen Nervenkitzel schlägt. Owl Goingbacks Stil ist eine gute Mischung aus „gehobener Alltagssprache“ und „horrorlastigen Szenerien“. Der Autor spielt gekonnt mit Spannungsrhythmen, die mal moderat daherkommen und dann innerhalb weniger Zeilen anziehen. Die Romanhandlung ist eine ausgereifte Verquickung von düsterem Thrill, profilierten Charakteren und der Mythologie der Indianer. Letztere hätte noch mehr in den Roman einfließen dürfen. Die verschiedenen Handlungsstränge sind allesamt straff aufgebaut und spannend geschrieben – der Roman weist nur eine Länge auf: Das ist der Teil, in dem die Polizeiarbeit allzu detailliert beschrieben wird – was den Lesefluss leider in diesem Part etwas hemmt. Aber das ist das einzige kleine Manko in diesem unterhaltsamen und stimmungsvollen Band.

Zur Aufmachung bliebe zu sagen: Wie immer liefert der |Otherworld|-Verlag sehr gute Qualität ab. Die großformatigen Hardcovers sind wahre Sammlerstücke; im Falle von „Crota“ mit einem sehr ansprechenden und stimmigen Covermotiv und einem sauberen Blocksatz auf dem Backcover, das darüber hinaus noch eine kleine Grafik (Ausschnitt des Covermotivs) ziert. Entfernt man den Schutzumschlag, findet sich ein edler roter Einband mit Goldschrift, der durch seine schlichte Eleganz zu überzeugen weiß. Auch im Innenbereich wurde ansprechend gearbeitet, sei es die Papierqualität, die Innengrafik oder der augenfreundliche Satz. Der Titel weist somit auch handwerklich – bis auf erfreulich wenige Patzer des Lekorates – zu überzeugen. Und einmal mehr wird erkennbar, dass sich die Bücher des |Otherworld|-Verlages durchaus mit den Produkten der Großverlage messen können. Wer nicht nur „fast-lecture“ sucht, sondern nach dem Lesegenuss auch ansprechende Bücher in seinem Regal zu stehen haben möchte, der ist bei diesem Verlag an der besten Adresse.

_Fazit:_ „Crota“ ist ein atmosphärischer Mystery-Thriller, der an die frühen King-Romane und Dean Koontz erinnert – und doch eine eigene „Sprache“ besitzt. Für jeden Leser des guten Horrors empfehlenswert.

|Originaltitel: Crota, USA, 1996
Otherworld, Graz, 2007
ISBN 9783950218534
Aus dem Amerikanischen von Michael Krug
Titelillustration und Innenillustrationen von Jan Balaz
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 300 Seiten Paperback Großformat|
http://www.otherworld-verlag.com

Broughton, Rhoda – Geistergeschichten

_Inhalt_

– |“Mrs. Smith von Longmains“| (Mrs. Smith of Lingmains, 1886), S. 7-44: Ein düsterer Traum von kaltblütigem Mord treibt Mrs. Smith trotz eisigen Winterwetters zu einer ungeliebten Nachbarin, doch es wird schwieriger als gedacht, dem Schicksal in den Arm zu fallen …

– |“Bettys Visionen“| (Betty’s Visions, 1886), S. 45-81: Viermal wird Betty in ihrem Leben von Todesahnungen überfallen, die sich als schrecklich zutreffend erweisen; als sie denkt, dass es schlimmer nicht kommen kann, belehrt sie Vision Nr. 5 eines Schlechteren …

– |“Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit“| (The Truth, the Whole Truth and Nothing But the Truth, 1868), S. 82-95: Eine bemerkenswert günstige Mietwohnung in London erweist sich als Wohnstatt eines Wesens, dem man besser nicht begegnet …

– |“Der arme, hübsche Bobby“| (Poor Pretty Bobby, 1872), S. 96-122: Falls etwas schiefgehen sollte auf See, werde er seiner Verlobten auf jeden Fall eine letzte Botschaft übermitteln, verspricht der junge Seemann – und als Mann von Ehre hält er sein Wort …

– |“Sind Träume Schäume?“| (Behold, It Was a Dream, 1873), S. 123-138: Leidlich beruhigt reist Dinah heim, denn sie hat ihre Freunde, die Watsons, erfolgreich vor einem Mörder gewarnt, von dem ihr träumte. Leider ist das Schicksal ebenso einfallsreich wie boshaft und lässt sich gern von voreiligen Menschen die Drecksarbeit abnehmen …

– |Nachwort von S. M. Ellis: „Rhoda Broughton“| (Rhoda Broughton, 1920), S. 139-143

_Einige Anmerkungen zu dieser Sammlung_

Das 19. Jahrhundert ist für die phantastische Literatur eine wichtige Epoche. Die ‚Geburt‘ der Kurzgeschichte bietet ungeahnte Möglichkeiten, Geschichten auf den Punkt zu bringen. Gleichzeitig lässt der Fortschritt von Wissenschaft und Technik das Stellen nie gekannter Fragen zu, deren Beantwortung nur eine Frage der Zeit zu sein scheint. Dazu gehört das uralte Rätsel, ob es ein Jenseits gibt, das bewohnt wird von den Geistern der Verstorbenen, aber auch von fremden oder bösartigen Kreaturen, die in die diesseitige Welt vordringen und den Lebenden Botschaften übermitteln oder Böses antun können. Gibt es eine Verbindung zwischen den Sphären, lässt sich Kontakt aufnehmen, ist es möglich, die Motive von Geistern zu entschlüsseln?

In der bürgerlichen Mittelklassewelt der Rhoda Broughton haben Geister einen festen Platz. Die vergleichsweise forschen Heldinnen glauben entweder bereits an ihre Existenz oder werden nachdrücklich davon überzeugt. Da gibt es etwas, das fremd, aber näher ist, als wir es uns vorstellen können, und es verstört oder schadet uns. Wir erleben womöglich das Wirken von Geistern, doch verstehen können wir sie nicht. Wieso erhalten „Mrs. Smith von Longmains“, Betty („Bettys Visionen“) und Dinah („Sind Träume Schäume?“) Einblicke in die Zukunft? Warnungen sind es nicht, denn unweigerlich trifft ein, was geträumt wurde. Wer steckt dahinter? Es bleibt offen, und für diese Entscheidung ist die Verfasserin zu loben, denn die daraus resultierende Ungewissheit teilt sich dem Leser mit.

Manchmal lassen sich Geister tatsächlich blicken. Auch dann fragt man sich nach dem Sinn ihres Spukens. Seemann Bobby ist seiner Braut kein Trost, als er sie aus seinem nassen Grab zum Abschied besuchen kommt („Der arme, hübsche Bobby“). Sein Geist vermag sich nicht verständlich zu machen und sät nur Schrecken. Völlig ratlos bleibt man über die Natur des Wesens, dass in „Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ umgeht. Eine Begegnung raubt den Verstand oder tötet. Die Unbarmherzigkeit dieses Spuks hinterlässt seinen Eindruck beim Leser.

_Eine Fußnote der phantastischen Literatur_

Solche Höhepunkte sind wichtig, denn leider bleiben sie recht rar. Das hier vorgestellte Bändchen sammelt Geschichten, die in Deutschland noch nie veröffentlicht wurden oder längst vergessen sind. Solche Wiederentdeckungen können äußerst reizvoll sein. Oft stellt sich freilich heraus, dass der Staub der Zeit ruhig weiter über ihnen hätte ruhen können. Broughtons Geistergeschichten können heute nur sehr bedingt fesseln. Zu stark sind sie ihrer zeitgenössischen Umgebung verhaftet. Inhalt und Stil sind veraltet, Schrecken sieht heute nicht nur anders aus, sondern wird auch anders entfesselt. Gar zu ruhig geht Broughton ans Werk. Jene andeutungsreiche Zurückhaltung, die Literaturkritiker gerade in der Phantastik so schätzen, ist ein Job für richtig gute Schriftsteller, und zu denen gehört die Verfasserin aus heutiger Sicht nicht. Böse Visionen in Serie oder spukende Liebhaber gab es zudem in den letzten 150 Jahren mehr als genug. Wie der Plot aussehen wird, weiß der Leser des 21. Jahrhunderts sicherlich früher als Broughtons zeitgenössische Leserschaft. Dafür kann sie nichts, aber es sorgt für gewaltige Längen, was einer Kurzgeschichte schlecht bekommt.

Was ihren Unterhaltungsfaktor angeht, kann selbst der an der Historie des Genres interessierte Gruselfan auf die Neuveröffentlichung (oder Exhumierung) von Broughtons Geistergeschichten leider – es muss so deutlich gesagt werden – verzichten. Die Verfasserin mag ein Baustein im Gefüge der Literatur des 19. Jahrhunderts sein, doch zumindest in der Phantastik weist dieser höchstens die Größe eines Kiesels auf.

_Figuren einer viktorianischen Welt_

Eine wirklich interessante Fassette der „Geistergeschichten“ wird die meisten Leser kaum interessieren, da sie mit dem eigentlichen Thema – der Heimsuchung aus dem Jenseits – nichts zu tun hat. Dagegen findet der (Literatur-)Historiker die fremde Welt faszinierend, in der sich Broughtons Figuren bewegen. Auch Unterhaltungsliteratur ist eine Art Spiegel der realen Welt, hier die der ‚besseren Leute‘ der englischen Gesellschaft in der Hochzeit der viktorianischen Ära. Diese wird heute gern als bigotte, prüde, chauvinistische Hölle verdammt, was jedoch ein Pauschalurteil ist. Diejenigen, die sich in die zeitgenössische Gesellschaftsordnung einfügten (und über ein geregeltes Einkommen verfügten), fühlten sich hier durchaus wohl. Broughton macht darüber hinaus deutlich, dass sich die Frauen trotz des in der Rückschau restriktiven Klimas ihre Freiräume schufen und sich nicht auf die Rolle der demütigen Dame des Hauses und Mutter einschränken ließen. Die Autorin lässt sie aus eigenem Willen denken, reden und handeln – und die männlichen Figuren nehmen daran keinen Anstoß, da sie es als selbstverständlich kennen.

Die ältere Rhoda Broughton – wir können es ihrem diesem Band angefügten Nachruf entnehmen – urteilte in dieser Hinsicht deutlich schärfer. Mit dem Fortschreiten des viktorianischen Zeitalters wurde die Schicht der sozialen Verkrustungen dicker; es blieb ihr weder verborgen noch unkommentiert. Die junge Nachwuchsautorin beschränkte sich darauf, ihren eigenen Status in die Charakterisierungen ihrer weiblichen Figuren einfließen zu lassen: Broughton war eine Frau, die unter ihrem eigenen Namen zahlreiche erfolgreiche Romane und Kurzgeschichten veröffentlichte. Das verschaffte ihr eine privilegierte Stellung, denn sie stand auf eigenen Beinen.

_Die Autorin_

Rhoda Broughton wurde am 29. November 1840 in die Familie eines Geistlichen geboren. Schon früh widmete sie sich der in der viktorianischen Epoche für Frauen gerade noch tolerierten Tätigkeit der Schriftstellerei, wobei sie einen gewichtigen Starthelfer an ihrer Seite wusste: Joseph Sheridan Le Fanu (1814-1873), der zu den größten Romanciers des 19. Jahrhunderts gehört – er schuf u. a. die klassische Novelle [„Carmilla“, 993 in der ein weiblicher(!) Vampir im Mittelpunkt steht -, war nicht nur ihr Onkel, sondern wurde auch ihr Förderer. Ersten Kurzgeschichten folgte 1872 der Roman „Red as a Rose is She“, der ihr sogleich literarische Ehren und gute Verkaufszahlen bescherte. 20 weitere folgten, dazu weitere Storys, die Broughton vor allem in den 1880er Jahren zu einer Bestsellerautorin werden ließen. Ihre weiblichen Helden waren gerade das Quäntchen selbstständiger als die üblichen Frauenfiguren, das die zeitgenössischen Leser/innen dulden mochten.

Broughton ließ sich in den 80er Jahren in Oxford nieder, wo sie – mit einer kurzem Zwischenspiel in Surrey – bis zu ihrem Tod am 5. Juni 1920 immer noch aktiv, wenn auch allmählich in Vergessenheit geratend blieb. (Diese biografische Skizze stützt sich auf das Nachwort von S. M. Ellis, welches dem vorgestellten Buch angehängt wurde.)

_Anmerkung_

Als Buch gibt die deutsche Sammlung „Geistergeschichten“ übrigens keinen Anlass zu echter negativer Kritik. Das Paperback ist schön gestaltet und angenehm stabil gebunden; vor allem Letzteres ist leider hierzulande keine Selbstverständlichkeit, gerade im Bereich der Kleinverlage! Die Übersetzer haben sehr gute Arbeit geleistet; ihnen gelang es, die Altertümlichkeit des Stils zu bewahren, ohne die Leserschaft des 21. Jahrhunderts zu überfordern oder abzuschrecken. Auf den Seiten 83/84 blieb ein Steuerzeichen unkorrigiert, das eine längere Textpassage im hellen Graudruck erscheinen lässt – eine Nichtigkeit angesichts der erfreulichen Tatsache, dass insgesamt kaum Druckfehler auftauchen.

http://www.verlag-lindenstruth.de

Zygmunt Miloszewski – Domofon

Brodno ist ein Viertel der polnischen Hauptstadt Warschau, das für seine vielen Plattenbauten bekannt ist. In sozialistischer Vergangenheit rasch und kostengünstig hochgezogen, beginnen sie zu bröckeln und sind im „neuen“ Polen recht unbeliebt, weshalb viele Wohnungen leerstehen. Für das junge Paar Agnieszka und Robert ist das von Vorteil, denn Wohnraum ist billig in diesen Mietshäusern.

Die Freude an der ersten gemeinsamen Wohnung verfliegt indes rasch, denn just beim Einzug wird in einem der Fahrstuhlschächte der Kopf eines Mieters gefunden. Offensichtlich hat der Mann in einem Anfall selbstmörderischer Angst durch das Türfenster kriechen wollen und wurde durch den anfahrenden Fahrstuhl enthauptet.

Agnieszka ist folgerichtig in den nächsten Tagen recht nervös. Das verstärkt sich, als sie Stimmen zu hören beginnt und ein grässlich entstelltes Kinderphantom zu sehen glaubt. Etwas Schreckliches ist offensichtlich in diesem Gebäude geschehen. Leider merkt Robert überhaupt nichts und ist deshalb keine Unterstützung. Zwar erleben auch andere Mieter inzwischen Seltsames, doch es ist ein anonymes Wohnen in diesen Mauern.

Die Erscheinungen nehmen an Intensität und Bedrohlichkeit zu. Schließlich wird es unmöglich, das Haus zu verlassen. Für die Außenwelt scheint es nicht mehr zu existieren. Innen steigt die Spannung. Man ist dem Fremden jetzt ausgeliefert, aber es bleibt mehr als genug Raum für Eifersüchteleien und Zank. Erst allmählich wird deutlich, dass auch dies von der unbekannten Macht geschürt wird. Das Haus verwandelt sich in einen brodelnden Kessel ungezügelter Emotionen, der mit der Zunahme bizarrer Manifestationen überkocht. Die Ursache des Grauens muss gefunden und entschärft werden, doch nur ein alkoholkranker Journalist, ein pubertierender Jungmann und die verängstigte Agnieszka finden die Kraft, sich dieser Herausforderung zu stellen …

Ein „Domofon“ ist eine Wechselsprechanlage. Man findet sie an den Eingängen großer Mietshäuser, wo sie den Mieter im zehnten Stock mit dem Hausgast verbindet, der weit außer Sicht und gesichtslos Einlass fordert. Schon in der Realität ist so ein Gerät also eine fragwürdige Errungenschaft. Zygmunt Miloszewski geht einen Schritt weiter und verwandelt ein ganzes Mietshaus in eine gigantische Relaisstation zwischen der Realität und dem Jenseits. Die Realität vermischt sich mit der Vergangenheit, und Menschen lassen sich von Gespenstern nicht mehr unterscheiden; kein Wunder, ist doch in diesem Haus die Existenz für beide so traurig, dass sie ohne echtes Leben zu vegetieren scheinen.

Miloszewski wollte keinen ’normalen‘ Gruselroman schreiben. Schon die Struktur soll dies deutlich machen. „Domofon“ erzählt keine fortlaufende Handlung, sondern setzt sich aus Fragmenten zusammen. Die Geschichten der Hausbewohner bleiben zunächst so isoliert, wie die Mieter in diesem Plattenbau leben. Hinzu kommen unkommentierte Tonbandaufnahmen, die ein schon abgeschlossenes Geschehen dokumentieren. Erst allmählich setzt sich das Gesamtbild zusammen – eine Möglichkeit, die diffuse Grenzlinie zwischen der Realität und dem Übernatürlichen zu betonen und den Leser in Unsicherheit zu versetzen: Was geht da wirklich vor?

„Domofon“ ist also Horror mit Anspruch, was angesichts der ermüdenden, nie versiegenden Flut flachgründiger Genre-Machwerke vor allem aus dem Angelsächsischen, aber auch aus dem Deutschen zunächst eine erfreuliche Abwechslung verspricht. Allerdings wirkt Miloszewski zumindest übersetzt recht angestrengt und hölzern. Außerdem soll „Domofon“ um jeden Preis Originalität an den Tag legen. Hier ist der Verfasser gescheitert, denn hinter seinen Verfremdungen und stilistischen Experimenten kommen im letzten Drittel, wenn die Auflösung naht, die bekannten Elemente – und Klischees – zum Vorschein.

Besessen vom Bösen; schwarzer Schleim, der durch die Wände schwitzt; Visionen und Erscheinungen; Flüche aus düsterer Vergangenheit – in dieser Hinsicht trifft das auf dem Cover wiedergegebene Zitat zu: „Domofon“ ist eine „klassische“ Horrorgeschichte, und blutig ist sie auch. Wenn der sich schier endlos ziehende, statische Mittelteil endlich überwunden ist, kommt sie sogar in Schwung. Die finale Konfrontation mit dem Bösen ist nicht ohne Reiz, weil es die Erwartungen – im positiven Sinn – enttäuscht. Originell ist es im Kern leider nicht. Das Böse verabschiedet sich zu beiläufig. Warum es einen ganzen Wohnblock terrorisiert hat, um letztlich auf die Erfüllung seiner Rache zu verzichten, bleibt unklar bzw. kann nicht überzeugen.

Die zentralen Figuren eines modernen Unterhaltungsromans zeichnen sich durch Brüche und Schwächen aus. Miloszewski berücksichtigt das nicht nur – er übertreibt es. Zumindest sei die Frage gestattet, ob es in seiner Absicht lag, ’sein‘ Haus ausschließlich mit abstoßenden und unsympathischen Zeitgenossen zu bevölkern, an deren Schicksal der Leser keinerlei Anteil nimmt. Falls diese Frage bejaht werden muss, hat der Verfasser viel zu gute Arbeit geleistet. Genauso treffend ist der Vorwurf, dass er reine Pappkameraden mit einer seelischen ‚Tiefgründigkeit‘ beschreibt, die einer Vorabend-Soap-Serie entliehen wurde.

Viel zu ausführlich beschreibt Miloszewski Figuren, deren Schicksal bald besiegelt ist. Wie sich herausstellt, sind ihre Vorgeschichten in der Regel völlig unerheblich für die eigentliche Handlung. Wieso sich also mit ihnen auseinandersetzen? Schlimmer noch: Personen wie die Polizisten Kuzniecow und Niemiec werden aufwändig eingeführt, um irgendwann einfach aus dem Geschehen zu verschwinden. Dafür erscheint im letzten Drittel ein Allwissender, der die Fäden der Handlung endlich rafft und den Weg ins Finale öffnet.

So belegt „Domofon“ in erster Linie den Ehrgeiz eines noch unerfahrenen Schriftstellers, der einer im Grunde sehr einfachen Geschichte zu viel Ballast aufpackt, es am notwendigen Timing fehlen lässt und sie damit ins Straucheln geraten lässt. Denn „Domofon“ entpuppt sich als ganz normale Gespenstergeschichte, die als solche erzählt werden müsste. Dass sie an einem vergleichsweise ‚exotischen‘ Ort – einer polnischen Vorstadt – spielt, verleiht ihr keinen Bonus, zumal Miloszewski kaum Gebrauch davon macht. „Domofon“ könnte in jedem Wohnblock auf der Welt spielen.

Folgerichtig tritt Miloszewski in einen Wettbewerb mit vielen Autoren, und dabei schneidet er (noch) schlecht ab. Stephen King – und jetzt muss dieser Name doch endlich fallen – hätte „Domofon“ eleganter, weil schwungvoll, ökonomisch und damit effizient über die Runden gebracht. Miloszewski verliert mehr als einmal die Aufmerksamkeit seiner Leser. Um das pseudo-literarische Beiwerk gestrafft, könnte „Domofon“ ein kurzer, aber unterhaltsamer Horrorroman sein. Leider soll er auch ‚intellektuell‘ sein, und das merkt man ihm zu seinem Nachteil an.

http://www.dtv.de

Shocker, Dan – Gespenstervilla, Die (Larry Brent, Band 41)

_Gefangener des Unsichtbaren_

Der irische Kunstsammler Fred McPherson wird eines Nachts von einem Einbrecher geweckt, welcher sich an einigen wertvollen Gemälden zu schaffen macht. Insbesondere ein Werk mit dem Namen „Die schwarze Dämonensonne“ scheint den spitzbärtigen Eindringling zu interessieren. McPherson versucht erfolglos, den Diebstahl zu verhindern, und muss dabei sein Leben lassen.

Ein Jogger entdeckt am nächsten Tag in dem Gelände vor dem Anwesen McPhersons die verbrannten Überreste einer Leiche im Feld. Sofort befürchtet man, dass es sich bei dem Toten um den Hausbewohner handeln könnte, doch die Polizei trifft den Kunstsammler quicklebendig in seinem Domizil an – was diesen Umstand noch unheimlicher macht, da die Identität der Überreste laut der Pathologie mit derjenigen McPhersons übereinstimmt.

PSA-Agent Klaus Thorwald alias X-RAY-5 ist von David Gallun in den irischen Ort Traighli abkommandiert worden, um dort einigen Hinweisen auf das dort gelegene Anwesen der Crowden-Familie nachzugehen. Der Antiquitätenhändler John White hat Thorwalds Interesse geweckt, da dieser ein Gemälde erworben haben will, welches sich „Die schwarze Dämonensonne“ nennt; die Dämonensonne fungierte als Symbol der ausgestorbenen Crowden-Familie. Doch der Agent wird bei seinem Besuch in Whites Laden von einem Mann überwältigt, der sich selbst Lord Crowden nennt, und in das unheimliche Haus an der Küste verschleppt.

Larry Brent und Iwan Kunaritschew sind als Verstärkung ebenfalls nach Irland gekommen. Sie machen sich umgehend auf die Suche nach ihrem verschollenen Kollegen und vermuten einen möglichen Zusammenhang zu den seltsamen Vorkommnissen auf dem Anwesen von Fred McPherson. Tatsächlich stoßen die beiden Agenten auf den ominösen McPherson sowie den spitzbärtigen Einbrecher und müssen feststellen, dass beide Personen eine Art von Geisterwesen zu sein scheinen, da sie sich einfach in Luft auflösen, bevor man ihrer habhaft werden kann.

Währenddessen kommt Thorwald in den Gewölben des gefürchteten Crowden-Hauses zu sich, als sich im nächsten Moment eine Hundertschaft ausgehungerter Ratten auf ihn stürzt …

|Eindrücke|

Die Legende um die dämonische Crowden-Familie, die bereits in der Geschichte „Mordaugen“ (siehe |BLITZ|-Band 39 „Zombies“) ihren Anfang genommen hat, führt in diesem ersten Teil der Trilogie direkt nach Irland in den Ort Traighli, wo sich das legendäre Anwesen der angeblich ausgestorbenen Familie befinden soll. Und eben dieses gespenstische Haus versprüht in der Tat eine packende Atmosphäre der Vergänglichkeit und Düsternis, von der man sicherlich noch mehr in Teil zwei „Tod in der Gespenster-Villa“ genießen darf.

Hinzu kommen einige parallele Handlungsstränge, die wieder mal einen gemeinsamen Kernpunkt haben, nur dass dieser Band vorerst mit einigen Fragezeichen endet. Was hat es mit diesem Spitzbärtigen auf sich, der auf der einen Seite der frisch genesene Philip Hanton ist und doch gleichzeitig ein erbarmungsloser Dämon zu sein scheint? Wer ist dieser ‚falsche‘ Fred McPherson, der nun an Stelle des Kunstsammlers in dessen Haus weilt, und was hat dieser mit Hanton zu tun? Und vor allem, was plant dieser seltsame Lord Crowden? Viele Fragen, auf die es die eine oder andere Antwort sicherlich in beiden Folgebänden geben dürfte.

Der Titel selbst hat mich ein wenig irritiert, da es eigentlich keinen wirklich Unsichtbaren gibt, auch wenn Lord Crowden einmal von White als ein solcher bezeichnet wird – nur ist dieser Lord doch recht gut zu sehen, abgesehen davon, dass er sich und andere Gegenstände bei Bedarf teleportieren kann. Whatever …

Dieser erste Teil lässt sich jedenfalls im Mittelfeld ansiedeln, da er sicherlich unterhaltsam ist, jedoch auch nicht übermäßig heraussticht, auch wenn hier durch die Weiterführung der Crowden-Saga eine kleine Besonderheit eingebracht wird.

_Tod in der Gespenster-Villa_

Die Ereignisse in Irland spitzen sich zu. Und nicht nur dort, denn der besessene Philip Hanton macht sich nach den bestialischen Morden an seiner Frau und deren Schwester auf die Suche nach dem dritten Gemälde der Dämonensonne. Dieses befindet sich im Besitz von Lord Bernhard of Shannon, welcher mit seinen drei Kindern in einer Villa auf dem Berg Ben Wyvis (Schottland) lebt. Dieses Anwesen steht bei den Touristen aufgrund seiner Berühmtheit als Gespenster-Villa ganz hoch im Kurs. Und wieder mal haben sich einige Reisegruppen für eine Übernachtung bei den of Shannons angekündigt, als Glendale, die sensible Tochter des Lords, plötzlich von dramatischen Vorahnungen spricht – etwas Furchtbares soll noch in der kommenden Nacht geschehen.

Iwan und Larry werden in Philip Hantons Haus in Builth Wells (Wales) mit den blutigen Missetaten des Crowden-Anhängers konfrontiert. Langsam steigen sie in die wirren Umstände ein, begreifen, was es mit dem Ableben des Kunstsammlers McPherson und dem des Antiquitätenhändlers White auf sich hat, welche Sonderstellung diesem Hanton zukommt, und dass ihr immer noch vermisster Kollege Klaus Thorwald allem Anschein nach einem noch lebenden Crowden ganz dicht auf den Fersen war. Hinter allem steht die Suche nach den drei Gemälden der Dämonensonne. Eines dieser verfluchten Werke konnte Hanton in McPhersons Haus erbeuten, der ominöse Lord Crowden wurde in Whites Antiquitätenladen fündig und die beiden PSA-Agenten stoßen zufällig auf einen Hinweis, dass das dritte Bild in der Gespenster-Villa der of Shannons versteckt sein muss.

Während sich die beiden Freunde auf den Weg nach Schottland machen, muss ihr gebeutelter deutscher Kollege X-RAY-5 feststellen, dass es aus dem Keller des unheimlichen Crowden-House keinen Ausweg gibt. Seine neue irische Freundin, die Kellnerin Sioban Coutrey, gerät ebenfalls in den Bann der Crowdens und eilt einem ungewissen Schicksal entgegen.

Von diesem Drama bekommen Iwan und Larry noch nichts mit, denn sie müssen sich nach ihrer Ankunft in der Gespenster-Villa einer ganz anderen Gefahr stellen. Es tritt nämlich genau das ein, was Glendale of Shannon vorhergesehen hat. Die Villa wird samt den Anwesenden von ihrem eigentlichen Standort mitten auf einen Schienenstrang vor einen heranrasenden Nachtzug teleportiert. Eine schreckliche Katastrophe wird eingeleitet, die für einige Gäste tödlich endet …

|Eindrücke|

Und weiter geht es im zügigen Tempo! Häppchenweise lichten sich die Nebel aus dem ersten Teil, Fragen werden beantwortet und die Jagd nach den Dämonensonnen bekommt deutlichere Strukturen. Und genau diese Art Schnitzeljagd bereitet allemal ein gewisses Vergnügen, gerade weil Larry und Iwan keine wirklichen Erfolge erzielen können, da ihnen die Crowdens samt ihren Anhängern dann doch immer einen Schritt voraus sind.

Eine neue ansprechende Szenerie kommt mit der Villa der of Shannons hinzu, welche mit der Teleportation des Gebäudes etwas ins Trashige abdriftet. Die doch recht farblose Figur des Lord Crowden hingegen und auch der mit ihm verbundene Handlungsstrang um die hypnotisierte Sioban mutet dann doch ziemlich konstruiert an und vermittelt sehr schnell den Eindruck eines Lückenfüllers. Auch wenn dieser Lord Crowden sicherlich zur Schlüsselfigur verwertet werden soll, verblasst er doch ziemlich neben seinem viel interessanteren Handlanger Philip Hanton.

Auch Klaus Thorwalds Anstrengungen in seinem Kellergefängnis sorgen nur mühsam für Spannung, wobei sich gegen Ende des zweiten Teils auch im Crowden-House etwas anzubahnen scheint. Lassen wir uns also vom dritten und finalen Teil überraschen …

_Insgesamt_

Eine kleine Gemeinheit bringt dieser Band dann doch mit sich, denn den dritten Teil wird der Leser voraussichtlich erst im |BLITZ|-Band 42 (Veröffentlichung: März 2009) serviert bekommen. Dennoch sorgen auch die beiden ersten Teile der Crowden-Trilogie – welche seinerzeit auch den Untertitel „Unter der Dämonesonne I-III“ verpasst bekam – schon für beste Unterhaltung. Die Nachkommen der anscheinend doch noch nicht ganz so ausgestorbenen Crowden-Familie machen unseren PSA-Agenten einigermaßen das Leben schwer, während diese von einem Spukhaus ins nächste spazieren. Mit Irland und Schottland sind sowieso zwei herrliche Schauplätze ausgewählt worden, welche für das ideale Flair sorgen. Auch ein neuer PSA-Kollege – Klaus Thorwald alias X-RAY-5 – hat seinen ersten Auftritt.

Insgesamt ist auch dieser Band wieder ein Muss für alle Larry-Freunde, denn die Legende um die Crowdens gehört nun mal einfach ins Brent-Universum. Da bleibt einem nicht anderes übrig, als eben doch zähneknirschend etwas länger auf den letzten Teil zu warten. Sollte man bis dahin die Handlung ein wenig vergessen haben, dann hilft definitiv das kleine Glossar am Ende des Buches weiter …

http://www.BLITZ-Verlag.de

_Larry Brent auf |Buchwurm.info|:_

Band 1: [„Das Grauen“ 2164
Band 2: [„Dämonenaugen“ 2198
Band 3: [„Die Todestreppe“ 2587
Band 4: [„Die Höllenbrut“ 2588
Band 5: [„Bluthände“ 2589
Band 7: [„Der Vampir“ 4392
Band 8: [„Im Leichenhaus“ 4356
Band 23: [„Die Mordleiche“ 3896
Band 24: [„Dartmoor“ 3897
Band 25: [„Hexensabbat“ 2281
Band 26: [„Alpträume“ 2284
Band 27: [„Dämonen“ 2423
Band 28: [„Das Höllentor“ 2465
Band 31: [„Die Gruft“ 3898
Band 32: [„Deborah“ 2684
Band 33: [„Die Vampirklinik“ 2685
Band 34: [„Der Unheimliche“ 3899
Band 35: [„Borro“ 4009
Band 36: [„Das Atoll“ 4010
Band 37: [„Leichenvögel“ 4011
Band 40: [„Die Nebelhexe“ 4755
Band 108: [„Kloster des Grauens“ 4012
Band 110: [„Das Methusalem-Projekt“ 4013
Band 113: [„Der Dämonensohn“ 3042
Band 114: [„Der Schädelgürtel“ 3043
Band 115: [„Finale“ 3077
Hörbuch 3: [„Nachts, wenn die Toten kommen“ 4810

Bionda, Alisha / Kleudgen, Jörg – Vabanque (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 10)

Band 1: [„Der ewig dunkle Traum“ 1899
Band 2: [„Kuss der Verdammnis“ 1900
Band 3: [„Die Kinder der fünften Sonne“ 1949
Band 4: [„Blutopfer“ 1977
Band 5: [„Der Schattenkelch“ 2483
Band 9: [„Der Vampir von Düsseldorf“ 4100

Von Peter Kürten, dem Vampir von Düsseldorf, haben Dilara und Calvin den Hinweis auf einen mächtigen Vampir erhalten, der in der Lage ist, Lee Khan, den Drachen, zu stürzen. Dieser Widersacher wurde von Khan einst getötet und sein Leib geteilt. Haupt, Herz und Rumpf wurden an drei verschiedenen Orten versteckt, um eine Rückkehr des Vampirs zu verhindern. Kürten hat Dilara vor seinem Tod noch den entscheidenden Hinweis auf Paris gegeben, wo das Vampirpaar bei Dilaras Künstlerfreundin Nuit unterkommt. Ist das Herz des mächtigen Blutsaugers tatsächlich in der Kirche Sacré-Cœur verborgen?

Währenddessen suchen Guardian und sein Begleiter Semjasa in den Katakomben von Wien nach den Gebeinen des Widersachers von Lee Khan. Doch der Drache hat an beiden Fronten bereits Fallen aufgestellt, in denen sich seine Feinde fangen sollen.

Zwischenzeitlich wird Dilara immer wieder von ihrer Erinnerung eingeholt, in der sie erneut die Krönung Napoleons miterlebt …

_Meine Meinung:_

Der zehnte Schattenchronik-Roman (der letzte von Alisha Bionda als Co-Autorin) präsentiert sich äußerlich in altgewohnter Form. Doch leider weist schon die Aufmachung im Inneren des Buches erhebliche Mängel auf. Eine Innenillustration von Pat Hachfeld prangt bereits auf Seite eins und fristet ein einsames Dasein, denn auf weitere Illustrationen wurde, aus welchen Gründen auch immer, verzichtet. Auch auf das Inhaltsverzeichnis muss der Leser verzichten. Die Kapitel beginnen einfach im Text, wobei Kapitel zwei nachträglich eingeschoben zu sein scheint, denn es ist das einzige, welches keine lateinische Überschrift trägt.

Rein textlich betrachtet konnte glücklicherweise die hohe Qualität der Vorgänger-Bände gehalten werden. Gut 160 Seiten hat das Autoren-Team Bionda/Kleudgen mit viel Handlung und ausreichend Vampiratmosphäre gefüllt. Der Kampf gegen den großen Widersacher Lee Khan tritt in die entscheidende Phase. Dabei muss der Leser in diesem Band hauptsächlich drei Handlungsebenen verfolgen: Dilara und Calvin in Paris, Guardian und Semjasa in Wien, sowie Dilara zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts. Gerade die Vergangenheitsepisoden sind sehr eindringlich und authentisch geschildert worden. Napoleons Krönung zum Kaiser ist dabei nur Nebensache. Hauptsächlich geht es um Dilaras Bekanntschaft mit Friedrich Esterházy und Shei An Khan. Gemeinsam jagen sie einen mächtigen Vampir, der nicht nur Khans Gefährtin entführt hat, sondern auch die geheimnisvolle Schattenchronik. Das titelgebende Buch ist sowieso viel zu selten Gegenstand der laufenden Handlung und es ist ein geschickter Schachzug, die Chronik in Zusammenhang mit dem aktuellen Zyklus dem Leser wieder ins Gedächtnis zu rufen.

In der Gegenwart bekommen es Dilara und Calvin mit einer ganz besonderen Form von Kunst zu tun. Die Ereignisse gipfeln in einem bombastischen Finale unterhalb der Kirche Sacré-Cœur, welches ziemlich blutig ausfällt, ohne dass die Autoren die Grenze des guten Geschmacks überschreiten. Immer noch gilt die Devise: Stimmung statt Gemetzel. Der Part von Guardian und Semjasa unterhalb der Stadt Wien ist ebenso gelungen, und es ist großartig, dass Guardian endlich einen aktiveren Part erhalten hat. Dafür musste in diesem Band größtenteils auf Mick und Luna Sangue verzichtet werden. Auch die Handlung um die Rivalität der alten Nosferati untereinander und die Erweckung des Demiurgen ist zunächst in den Hintergrund geraten. Hier zeigt sich deutlich, dass die einzelnen Bände zu wenige Seiten haben, um der Fülle an Figuren und Handlungssträngen gerecht zu werden. Band 12 (September 2008) und 13 (März 2009) sind übrigens mit doppelter Seitenstärke angekündigt, dafür aber nicht mehr unter der Herausgeberschaft von Alisha Bionda und Wolfgang Hohlbein. Genaueres dazu ist noch nicht bekannt.

Das Cover von Mark Freier ist sehr kunstvoll ausgefallen, wenngleich nicht ganz so atmosphärisch, wie bei den Vorgänger-Bänden. Im Hintergrund ist die Kirche Sacré-Cœur zu sehen, die im Roman ja eine tragende Rolle inne hat. Die Innenillustration von Pat Hachfeld kommt leider aufgrund ihrer Größe nicht so gut zur Geltung.

_Fazit:_ Spannende und temporeiche Fortsetzung mit originellen Einfällen. Die Handlung läuft stringent ab, und neben einigen blutigen Szenen dominiert auch hier die düstere Atmosphäre. Langsam aber sicher streben die Ereignisse auf ein großes Finale zu. Leider wurde im Gegensatz zu den restlichen Schattenchronik-Bänden auf die Illustrationen von Pat Hachfeld sowie auf das Inhaltsverzeichnis verzichtet.

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_Florian Hilleberg_

Bionda, Alisha / Haubold, Frank W. (Hgg.) – Fenster der Seele

„Fenster der Seele“ präsentiert düstere, unheimliche, teils aber auch sehr humorvolle Geschichten, die alle ein zentrales Motiv beinhalten: Katzen, diese eleganten, eigenwilligen und samtpfotenen Kreaturen, die bei Menschen die unterschiedlichsten und vielfältigsten Gefühle hervorrufen wie kaum ein anderes Tier. Teils subtil, teils plakativ und einfach nur mörderisch spannend oder witzig sind die Geschichten, welche die neunzehn sorgfältig ausgewählten Autoren für diese Anthologie zu Papier brachten.

Den Reigen eröffnet _Alexander Amberg_ mit |“Der Fluch“|, einer äußerst spannenden Geschichte um einen Mann, der mit finsteren Mächten paktiert, eindrucksvoll geschildert aus der Sicht einer Katze.

_Eddie M. Angerhuber_ berichtet in |“Les choses éternelles“| von dem Kampf zweier Katzen, wobei eine ein unglaubliches Geheimnis umgibt.

Die Herausgeberin _Alisha Bionda_ steuerte mit |“Fenster der Seele“| ihre beste und unheimlichste Kurzgeschichte bei. Eine Frau gefangen zwischen Wahn und Wirklichkeit. Ist sie das Opfer teuflischer Genexperimente oder ’nur‘ einer sinnverwirrenden Geisteskrankheit?

|“Eine Nacht mit Nivenar“| von _Nina Blazon_ schildert die Begegnung mit einer unheimlichen Katze in der Afrika-Abteilung eines Museums, der aber irgendwie der Aha-Effekt fehlt, um wirklich packend zu sein.

|“Der Katzenstrauch“| von _Corina Bomann_ ist eine verträumte und sehr subtile Story mit märchenhaften Elementen.

_Michael Borlik_ schrieb mit |“Die Gemeinschaft“| eine fesselnde Horror-Geschichte um die alte Thematik der Seelenvampire, welche die Lebenskraft der Menschen rauben, um selbst ewige Jugend zu erlangen.

Den mit Abstand unheimlichsten und düstersten Beitrag lieferte _Barbara Büchner_ ab, die mit |“Die Katze im Wald“| eine schauerliche Mär schrieb, die man nicht allein abends in freier Natur lesen sollte.

Eher humorvoll geht es dagegen bei _Wolfgang Fienhold_s |“‚Schach‘ sagt Gustav“| zu, wohingegen _Heide Solveig Göttner_s |“Die Goldkatze“| ebenfalls ein einfühlsames Märchen darstellt.

_Andreas Gruber_ schuf mit |“Philipp“| die gefühlvollste und schönste Geschichte dieses abwechslungsreichen Bandes. Eine Katze wird zum wahrhaft besten Freund eines Jungen, dessen Familie keinen Halt mehr bietet.

_Frank Haubold_, Herausgeber Nummer zwei, steuerte mit |“Sieben“| ebenfalls eine Kurzgeschichte bei: die Erzählung eines wahnsinnigen Mörders, der nicht mit der Treue und Freundschaft einer Katze zu einem seiner Opfer gerechnet hat. Oder verbirgt sich in dem anschmiegsamen Körper des Vierbeiners noch jemand anderer?

Sehr kurz, aber nicht minder einprägsam ist |“3 + 4″| von _S. Ch. Hirsch_. Danach liefert _Stefanie Hübner-Raddatz_ mit |“Ein Kinderspielzeug“| eine ebenfalls sehr gruselige Lektüre ab, die ein wenig an [„Die seltsame Geschichte des Mr. C“ 1203 von Richard Matheson erinnert.

Bestsellerautor _Christoph Marzi_ hat sich dazu bereiterklärt, auch eine Erzählung beizusteuern. |“Die Seekatze“| schildert die Kameradschaft eines Schiffbrüchigen mit einer Katze, die als einziges Lebewesen mit ihm gemeinsam den Untergang eines Schiffes überlebte. Leider kann das Ende der Geschichte nicht vollends überzeugen.

Auch _Stefanie Pappon_s |“Sieben Leben“| greift das Thema der seelenraubenden vampirischen Kreaturen auf, wenngleich auf eine sehr originelle und innovative Art und Weise.

_Judith Rau_s |“Nachtratten“| ist eine sehr schön geschriebene Story um eine Katze mit besonderen Vorlieben.

Sehr surreal mit Motiven von Edgar Allan Poe und H. P. Lovecraft versehen ist die Erzählung |“Der Ailuromorph“| von _Mark Francis Samuels_, die eindeutig dem Genre der düsteren Phantastik zuzuordnen ist und den Leser für ein paar Minuten in eine unheimliche Welt entführt.

Wenngleich ebenfalls sehr kurz, zeugt _Dirk Taeger_s |“Neun Leben“| von großem Ideenreichtum, und die Umsetzung ist dem Autor nicht minder gut gelungen.

Den Abschluss macht _Arthur Gordon Wolf_ mit |“Die neongrüne Katze“|, einer unheimlichen Science-Fiction-Story, die zeigt, in welchem Chaos die Tierliebe des Menschen eines Tages enden könnte.

Wenngleich mit einigen Druckfehlern versehen, ist die Aufmachung dieser wunderbaren Anthologie dem |Lerato|-Verlag sehr gut geraten. Jede einzelne Erzählung wurde von dem Wolfsburger Künstler Patrick Hachfeld liebevoll illustriert. Insbesondere die Werke zu den Geschichten von Eddie M. Angerhuber, Alisha Bionda, Andreas Gruber und Arthur Gordon Wolf sind echte Blickfänger. Sinnvoll ist zudem, dass die Autoreninfos direkt hinter der Illustration zur jeweiligen Geschichte abgedruckt wurden und nicht gebündelt am Ende des Buches, wie es gemeinhin üblich ist.

Das Buch wurde auf einem sehr hochwertigen Papier gedruckt und das Format, welches sonst zu groß wäre, ist genau richtig, damit die Grafiken inklusive des grandiosen Covers perfekt zur Geltung kommen.

_Fazit:_

„Fenster der Seele“ ist eine rundum gelungene Sammlung phantastischer Kurzgeschichten über das Thema „Katzen“. Ein Euro des Erlöses wird bei Direktbestellung beim Verlag dem Verein |Katzen in Not e. V.| gespendet und kommt somit den eleganten Vierbeinern zugute. Die Herausgeber, Autoren und der Illustrator haben sich sehr viel Mühe dabei gegeben, ein äußerst spannendes und liebevoll gestaltetes Buch zu kreieren.

|222 Seiten Paperback|
http://www.lerato-verlag.de
http://www.dunkelkunst.de

_Florian Hilleberg_

Melneczuk, Stefan – Absurd. Unheimliche Geschichten

„Absurd“ ist das dritte Buch mit düsteren, unheimlichen Geschichten des jungen, ambitionierten Autors Stefan Melneczuk. Im Vorwort schreibt der Schriftsteller über seine Vorliebe für Geschichten von Stephen King. Den Einfluss dieses Autors merkt man den Storys deutlich an, ohne dass Melneczuk Kings Schreibe jedoch kopiert hätte. Im Gegenteil schuf der Verfasser sieben abwechslungsreiche, spannende Kurzgeschichten, die vom psychologischen Horror bis hin zum Science-Fiction-Thriller reichen:

|“Glas“| berichtet von einem Mann, der in der Scheibe eines Busses das Spiegelbild eines Mädchens sieht, welches auf rätselhafte Weise verschwindet, wenn sich der Mann umdreht.

|“Träumer“| ist eine surreale Geschichte über einen totalitären Staat, der mit fragwürdigen Mitteln die Einhaltung von Verkehrsregeln durchzusetzen versucht. Oder sind es nur die kruden Gedankengänge eines Paranoiden?

|“Verfolgt“| erzählt die Geschichte eines Jungen, der von einer unheimlichen Puppe bedrängt wird.

|“Durst“| handelt von einem Trupp Arbeiter, der sich ohne Wasser in der mörderischen Glut der Wüste von Nevada behaupten muss.

|“Hardsons letzter Song“| stürzt eine Stadt ins Chaos, die einem berühmten Rock-Star kein Glück brachte.

|“Hunger“| ist eine düstere Science-Fiction-Story, die von der berühmten Entführung durch Außerirdische handelt und aus der Sicht eines der Opfer geschildert wird.

|“Kanal 38″| erzählt die Geschichte eines Mannes, der durch die Botschaft einer alten Frau hofft seine verstorbene Freundin ein letztes Mal wiederzusehen, in dem er Tag und Nacht denselben Kanal anschaut.

Die Mischung dieser Geschichtensammlung ist überaus vielfältig, und so ist es nicht verwunderlich, wenn nicht alle Storys den Nerv des Lesers treffen. Doch allen gemein sind die hervorragende Schreibe und der einmalige Stil, die den sowieso recht dünnen Band zu einem wahren Pageturner machen. Mit diesem Büchlein stellt Melneczuk unter Beweis, dass er das Medium Kurzgeschichte beherrscht. Besonders eindringlich und mit einem schauerlichen Ende versehen sind die Storys „Glas“ und „Hardsons letzter Song“, welche allein schon den Erwerb des Buches rechtfertigen würden. Wer eine gruselige und unterhaltsame Reiselektüre für unterwegs sucht, ist hier genau richtig. Melneczuks Fähigkeit, seinen Figuren auch auf wenigen Seiten Leben einzuhauchen, hebt ihn von vielen seiner Kollegen ab, die sich mit Kurzgeschichten immer wieder schwertun.

Die Aufmachung des Buches ist ein wenig unscheinbar, passt aber rückblickend betrachtet hervorragend zum Inhalt. In der Buchhandlung würde diese kleine Perle deutscher Horror-Literatur schnell untergehen. Ein Glück, dass in Zeiten des Internets ein Großteil der Käufe, vor allem im Kleinverlagsbereich, per Mausklick getätigt wird. Satz und Lektorat sind auch bei diesem Titel aus dem |VirPriV|-Verlag wieder vorbildlich.

|Fazit:| Unheimlicher und zugleich unterhaltsamer Band mit Kurzgeschichten, über die nachzudenken es sich auch lange Zeit nach dem Lesen lohnt.

http://www.melneczuk.de
http://www.virpriv.de

|Siehe ergänzend dazu auch die [Rezension 4719 des Romans „Marterpfahl“.|

_Florian Hilleberg_

Shocker, Dan – Nebelhexe, Die (Larry Brent, Band 40)

_Super-Virus aus der Hölle_

Eine Wahrsagerin verkündet mehreren Menschen eine sehr düstere Zukunft, die aber unmittelbar mit ein und demselben Ereignis zu tun hat, wie sich später herausstellt. Der Wissenschaftler Jeremy Tanner stirbt tatsächlich bei einem Autounfall, doch damit beginnt das Grauen erst.

Tanner hat für die Regierung in seiner Villa mit tödlichen Viren experimentiert: Ohne Wissen seiner Auftraggeber, doch mit der Hilfe böser Mächte hat er eine Art Super-Virus erschaffen. Seine Experimente konnten jedoch nicht abgeschlossen werden, also übernimmt sein Geist den Körper von Fletcher Garner, welcher Tanner nach seinem Unfall zu Hilfe eilen wollte. Garner beendet das grauenvolle Schaffen in Tanners privatem Labor und lässt eine Hundertschaft gigantischer Viren auf die Menschheit los.

Larry Brent, Iwan Kunaritschew und Morna Ulbrandson kommen dem unheimlichen Treiben auf die Schliche und werden dabei selbst fast Opfer der gefährlichen Viren. Am Ende stehen die PSA-Agenten einer Apokalypse gegenüber, die sich anscheinend nicht mehr aufhalten lässt …

|Eindrücke|

Da haben wir wieder mal einen wahnsinnigen Wissenschaftler, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die gesamte Menschheit vom Erdball zu putzen. Etwas mäßig gelingt die Erklärung, dass sich in seinem Haus das Böse manifestiert haben soll bzw. dass die Hölle ihre vielgepriesene Apokalypse mit der Hilfe von Jeremy Tanner lostreten möchte.

Die Endszenerie ist wirklich sehr actionreich und aufreibend, Endzeitstimmung und Trash wie in den alten Godzilla-Filmen. Entsprechend zieht sich am Anfang die Handlung etwas und kommt nicht so richtig in Fahrt. Zu ausgiebig wird auf dem Thema herumgeritten, warum und wie der selige Tanner diese Viren ins Leben rufen wollte und weshalb er es gemeistert hat, seinen Geist auf einen anderen Menschen zu übertragen. Auch die Erklärung mit den Psi-Kräften war mir etwas zu abgedreht, auch wenn diese Methode mal wieder etwas Neues im Larry-Universum darstellt. Die monströsen Viren hätten ruhig schon früher zum Einsatz kommen können, dann wäre diese etwas gehetzt wirkende Szenerie am Ende nicht so ganz ins Gewicht gefallen, wobei diese Art von Action schließlich auch Geschmacksache ist …

_In den Krallen der Nebelhexe_

Cindy Calhoon, eine ältere Dame, lebt seit dem Tod ihrer Schwester in deren einsamen Haus direkt an der Küste im Norden Kaliforniens. Eines Abends wird sie von einem geisterhaften Wesen angegriffen, welches aus dem Nebel zu bestehen scheint, der die Gegend um das Haus seit vielen Jahren umgibt. Cindy bleibt seitdem spurlos verschwunden. Diese Umstände kommen der ehemaligen Schauspielerin Rose Margonny sehr gelegen, denn sie kennt das Anwesen seit ihren Kindertagen und sehnt sich danach, dort ihren Lebensabend zu verbringen.

Auf einer Party des Produzenten Murphy Cullers lernt Rose die junge Nachwuchsschauspielerin Miriam Brent kennen und erzählt ihr von dem Haus ihrer Träume sowie dem Vorhaben, dieses Anwesen wieder aufzusuchen. Die Festlichkeiten werden jedoch von dem unheimlichen Mord an dem Gastgeber überschattet. Ein sichtlich verwirrtes Filmsternchen namens Loretta Queen wird als Mörderin verhaftet, obwohl sie ihre Unschuld beteuert. Auch Miriam wird das ungute Gefühl nicht los, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, insbesondere dann, als sie am selben Abend durch den Einfluss einer seltsamen Macht ihr Bewusstsein verliert und erst Tage später im Krankenhaus wieder zu sich kommt.

Währenddessen scheinen einige weitere Ereignisse ihren Ursprung in dem Haus an der Küste zu haben. Ein gewisser Joe Akers leidet an schrecklichen Alpträumen, die letztendlich darauf schließen lassen, dass er mindestens schon einmal gelebt hat. Etwas Furchtbares muss in seinem früheren Dasein geschehen sein, und ein Zwang lockt ihn nach Petrolia zu dem seltsamen Haus.

Gleichzeitig hat es Larry Brent dorthin verschlagen, um das Verschwinden von Cindy Calhoon aufzuklären. Der PSA-Agent kann noch gar nicht richtig in die Geschichte einsteigen, als er schon in seinem Hotelzimmer beinahe einem tödlichen Anschlag zum Opfer fällt. Irgendjemand möchte mit aller Macht verhindern, dass er sein Ziel erreicht.

Dennoch findet Larry heraus, dass auf der einen Seite eine kriminelle Organisation das Verschwinden der Hausbewohner zu ihrem Vorteil nutzt, andererseits trägt jemand eine alte Rache aus und macht dabei auch vor Unschuldigen nicht Halt. Hierbei stößt Larry auf einen Begriff, welcher die Quelle all dieser Geschehnisse zu sein scheint – die Nebelhexe …

|Eindrücke|

Und wieder einmal wird ein typischer Kriminalfall mit einer Spukgeschichte verbunden, nur dass anders als in den ersten Larry-Fällen hier auch das Paranormale seinen großen Auftritt hat. Die titelgebende Nebelhexe ist ein klassisches Geisterwesen, welches von DS unheimlich und passende beschrieben wird. Ihr stummes Auftreten und die unbändige Mordlust machen sie zu einer wirklich interessanten Figur. Dazu gesellt sich noch als passendes Motiv eine Rachegeschichte aus der Vergangenheit, die einen wirklich brutalen Ausgang nimmt.

Jedoch ist bei dieser Story etwas der Wurm drin. Die Szenerie ist zwar atmosphärisch dicht und ansprechend gewählt, die Handlung in sich einigermaßen stimmig und auch das Finale stellenweise auch wirklich schaurig – mit einer lebende Wasserleiche und dem finalen wirklich krassen Mord der Nebelhexe – doch der Spannungsbogen will nicht so wirklich nach oben rutschen. Die Handlungsstränge tröpfeln größtenteils gleichbleibend auf einer Stufe vor sich hin. Es wird viel erzählt, aber die nötigen Knalleffekte zünden relativ leise.

Zusätzlich hat mich das Auftreten dieser seltsamen Organisation „The World’s Family“, welche das Morden der Nebelhexe für ihre Interessen missbraucht, etwas gestört. Im Nachhinein war diese Passage nicht wirklich nötig gewesen.

Nimmt man alles zusammen, zählt dieses Larry-Abenteuer zu den etwas schwächeren seiner Gattung.

_Insgesamt_

Diesmal wird uns Larry Brent erneut in seinen unterschiedlichsten Facetten serviert. Lautstark im klassischen Trash-Stil mit einer vielmehr pseudowissenschaftlichen Note geht es in der ersten Hälfte zur Sache. Die Katastrophenstimmung mit viel Action und einer monströsen Bedrohung werden durch die zweite Geschichte von einer verhältnismäßig leisen Spukgeschichte in einem einsamen Geisterhaus am Meer abgelöst.

Nach dem aufreibenden Kampf gegen die gigantischen Viren kann man fast schon verschnaufen, um sich letztendlich von der unheimlichen Aura der Nebelhexe einfangen zu lassen und das gespenstische Treiben in bester Gruselmanier genießen. Somit ist hier für jeden Geschmack etwas dabei – und für den Larry-Liebhaber sowieso …

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Algernon Blackwood – Rächendes Feuer. Erzählungen

blackwood feuer cover kleinInhalt:

Ein Kurzroman, zwei längere und zwei kurze Geschichten von Algernon Blackwood, Großmeister der klassischen Phantastik:

Rächendes Feuer (The Nemesis of Fire, 1908), S. 7-77: In einem englischen Landhaus treibt ein feuriger Elementargeist sein Unwesen. Als die Bewohner den Terror nicht mehr ertragen, holen sie Dr. John Silence, einen Spezialisten für das Übernatürliche, der den wahren und sehr exotischen Ursprung des Grauens offen legt.

Suspekte Schenkung (A Suspicious Gift, 1906), S. 78-89: Dem armen Schreiberling wird eine gewaltige Geldsumme in Aussicht gestellt, doch die scheinbare Bedingungslosigkeit dieser Gabe erweist sich als Teil eines geschickt eingefädelten, grausamen Plans. Algernon Blackwood – Rächendes Feuer. Erzählungen weiterlesen

Shocker, Dan – Atoll, Das (Larry Brent, Band 36)

_Ruine der Kopflosen_

Die Black Walls sind die Überreste einer ehemaligen Burg aus dem Mittelalter auf einem einsamen Plateau in den Highlands. Der Deutsche Rolf Weber und sein Brieffreund Burt Taylor campen bei einer Radtour vor diesen faszinierenden Ruinen. Mitten in der Nacht werden sie Zeugen eines unheimlichen Geschehens: Es scheint, als sei die Vergangenheit zurückgekehrt, die Burg ersteht in ihrer kompletten Pracht vor den jungen Campern und unter dem Torbogen kämpfen zwei Männer in altertümlicher Montur mit ihren Degen, bis der Ältere von dem Jüngeren enthauptet wird. Zum Entsetzen der Beobachter führt der Torso den erbitterten Kampf weiter. Rolf und Burt versuchen das Geheimnis dieser Geistererscheinung zu lüften, doch einer der beiden muss diese Neugier ebenfalls mit seinem Kopf bezahlen.

Wie es der Zufall will, hält sich auch Larry Brent in Ballater (schottische Highlands) auf, da sich die örtliche Polizei in jüngster Zeit mit dem Auftauchen einiger kopfloser Mordopfer auseinandersetzen muss. Somit erfährt Larry auch von den Ereignissen an den Black Walls und startet umgehend seine Nachforschungen bei der Spukruine. Und tatsächlich beobachtet auch der PSA-Agent in der folgenden Nacht die schaurige Szenerie, nur dass sich diesmal nicht nur die beiden Kämpfer zeigen, sondern auch der enthauptete Camper. Larry wird von den schaurigen Wesen angegriffen und lässt trotz Einsatz seiner Laserwaffe beinahe sein Leben.
Weitere Köpfe rollen in Ballater – der Ingenieur John Coverey sowie der diensthabende Sergeant O’Hara tauchen ebenfalls als Enthauptete wieder auf.

Larry findet nach seiner aufreibenden Auseinandersetzung mit den Geisterwesen auf der Ruine eine neue Spur. Sie führt ihn zu einem gewissen Professor Milford und letztendlich zu den mysteriösen Ereignissen in der Geschichte der Black Walls. Er stößt auf das Geheimnis eines bösartigen Druiden namens Slyug und auf einige gewissenlose Menschen, die sich dessen Macht zu Eigen machen wollen …

|Eindrücke|

Die schottischen Highlands eignen sich fabelhaft für eine Spukgeschichte, und DS sucht sich zusätzlich noch eine entsprechende Ruine als passenden Schauplatz aus – somit kann die nächtliche Szenerie mit den Geisterwesen und den Enthaupteten vor dieser Kulisse nur bestens gelingen.

Auch die weiteren Ereignisse in dem Ort Ballater, das Verschwinden und Wiederauftauchen von John Coverey, das schaurige Verhalten seines Leidensgenossen Morris O’Hara – wie er als Geköpfter über die dunkle Landstrasse fährt, um sich schließlich im eigenen Kartoffelkeller zur Ruhe zu legen – machen tatsächlich Laune.

Dazu kommen Larrys Unternehmungen plus seine knallharte Auseinandersetzung mit den Torsi von Burt Taylor und dem mittelalterlichen Jonathan William Moreenshere. Einige tiefer gehende Recherchen in der düsteren Geschichte, um letztendlich das Rätsel der Spukruine zu lösen, komplettieren das Bild. Alles in allem ist dies eine unterhaltsame und kurzweilige Schauergeschichte, nur eben die finale Auflösung krankt nach meinem Geschmack etwas und kommt leicht plump und einfallslos daher. Vor allem die eigentlichen Bösewichte, die sich die Macht dieses ominösen Druiden – der mir eben auch nicht so ganz in den Kram passen will – zunutze machen wollen, ecken mit ihrem Motiv ein wenig an. Dieser Abschnitt war dann doch etwas enttäuschend, nachdem die Szenerie in der Ruine doch so wunderbar ihren Anfang genommen hatte …

_Atoll des Schreckens_

Auf der kleinen Pazifik-Insel Tureia südlich von Tahiti sind auf unerklärliche Weise insgesamt sieben Touristinnen verschwunden. Die Mädchen hatten eine auffällige Gemeinsamkeit: Sie waren allesamt hochgewachsen und blond.

Doch ist dies nicht das einzige seltsame Phänomen in jener exotischen Gegend, denn seit über fünf Jahren gilt das Forschungsteam des Atom-U-Bootes |Discovery| als verschollen, nachdem es zuletzt zu einer Expedition vor den Tuamotu-Inseln aufgebrochen war.

Als schließlich auch noch der Atomphysiker Professor Gilbert Maron von einem menschenähnlichen Wesen aus Seetang entführt wird, kommt einige Bewegung in das verschlafene Örtchen auf der exotischen Insel.

Larry Brent ist nach Tureia geschickt worden, um Morna Ulbrandson als Köder für die unbekannten Entführer einzusetzen. Dabei findet er heraus, dass die Bewohner sich vor irgendwelchen Urwesen aus dem Meer fürchten – eben diese Wesen, welche auch den Professor gekidnappt haben. Um in der Gunst dieser Monster nicht zu sinken, verschleppen die Insulaner blonde Touristinnen auf ein namenloses Atoll, wo die ausgesuchten Opfer von den grünen Gestalten in die Tiefen des Ozeans gezerrt werden. Wie zu erwarten, landet auch Morna auf dem verfluchten Atoll und schließlich im Reich der Tangwesen.

Larry muss im wahrsten Sinne des Wortes in die Tiefe gehen, um dieses Abenteuer zu seinen Gunsten zu entscheiden und seine Kollegin vor einem schrecklichen Schicksal zu bewahren. Auf dem Grund des Ozeans entdeckt er nicht nur die verschollene |Discovery|, sondern kommt hinter das gut gehütete Geheimnis eines 20 Jahre alten Beziehungsdramas, die Rachepläne eines Größenwahnsinnigen und die grausigen Konsequenzen eines vertuschten Atom-Experiments …

|Eindrücke|

Einsatz in der Karibik: weiße Strände, rauschende Wellen, die strahlende Sonne am azurblauen Himmel über dem Ozean – eigentlich nicht wirklich der Ort für eine düstere Gruselgeschichte, doch DS platziert in dieses Urlaubsparadies wieder mal ein hervorragendes und gleichzeitig recht außergewöhnliches Abenteuer für unseren PSA-Agenten.

Entsprechend der Kulisse bringt er die exotischen Elemente unverkennbar zum Einsatz, wobei das unvermeidliche Klischee diesmal eher amüsant als anstößig daherkommt: Der braungebrannte abergläubische Insulaner mit Windelhose steht der blonden selbstbewussten Grazie im knappen Bikini als krasser Gegensatz gegenüber.

Die ungewöhnlichen Ereignisse wurzeln in der damaligen Urangst – den Spätfolgen einer Atomexplosion, wobei hier wieder ein paar sehr trashige Auswüchse aufgetischt werden. Shocker glänzt erneut mit Innovation und seinem bemerkenswerten Ideenreichtum. Er belässt es nicht bei der Bedrohung durch eine radioaktive Mutation, sondern integriert noch eine dramatische Beziehungsgeschichte in das Geschehen. Abschließend fühlt man sich bei dem fantastischen Finale in dem U-Boot angenehm an die guten alten Bond-Filme erinnert.

Nach Lektüre der letzten Zeilen kann man trotz des unnötigen Auftritts eines französischen Kommissars a. D. und einiger verwirrender Mauscheleien mit den Vornamen der Kontrahenten eigentlich nur Lob für diese Story aussprechen …

|Insgesamt|

Von einer schottischen Spukruine in Nacht und Nebel reisen wir zu einer karibischen Insel im strahlenden Sonnenschein. Nach den kopflosen Geisterwesen aus dem Mittelalter werden wir mit einigen widerlichen Mutationen aus dem Meer konfrontiert. Die Vielfalt der Abenteuer unseres PSA-Agenten Larry Brent alias X-RAY-3 wird hier bestens wiedergegeben. Auch wenn beide Male einige skrupellose Mitmenschen die Fäden im Hintergrund dieser wirklich außergewöhnlichen Abenteuer ziehen, steht die Abwechslung deutlich im Vordergrund.

Pat Hachfeld hat sich diesmal das Basisthema „Kopf“ für seine Illustrationen ausgesucht: zuerst den gruselig anzuschauenden Schädel des enthaupteten Jonathan William Moreenshere und danach die Fratze der bedauernswerten Reporterin Doreen Haskins in ihren letzten Minuten. Verpackt mit dem klassischen Lonati-Bild zum „Atoll des Schreckens“ auf dem Cover – die nahezu komplett entblößte Morna im megaknappen Bikini und mit obligatorischem Busenblitzer -, kommt hier nicht nur der wahre Larry-Brent-Fan auf seine Kosten.

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Haubold, Frank W. – Wolfszeichen

Die Sammlung „Wolfszeichen“ vereint eine Auswahl der besten unheimlichen Geschichten von Frank W. Haubold, die erstmals zwischen 1999 und 2007 erschienen sind.

_“Der hinter den Reihen geht“_: Morten gelingt die Flucht aus einer Nervenheilanstalt. Draußen angekommen, beobachtet er seltsame Vorgänge – und das verhängnisvolle Trommeln in seinem Kopf setzt wieder ein …

_“Leonora“_: Heiligabend 1849. Der einsame Schriftsteller William Blake sitzt in seiner Bibliothek und schreibt sein düsteres Schicksal nieder, in dem das verstorbene Dienstmädchen Leonora eine große Rolle spielt …

_“A flor dos sonhos“_: Daniel schlendert über einen leeren Jahrmarkt. Überraschend trifft er dort auf den alten Kapitän Jakobsen, der ihn zu einem Würfelspiel einlädt. Für Daniel beginnt eine Reise in seine Vergangenheit …

_“Sieben“_: Die junge Witwe Lisa beschleicht an Halloween ein ungutes Gefühl. Während ihre beiden Kinder Süßigkeiten sammeln gehen, meint sie zu spüren, dass jemand in ihrem Haus herumschleicht …

_“Thors Hammer“_: Deutschland steht am Ende des Zweiten Weltkrieges kurz vor der Einnahme der Alliierten. Standartenführer Roehner plant, das Dritte Reich mit Hilfe des Projektes „Thors Hammer“ unsterblich zu machen. Währenddessen plagen Oberleutnant düstere Träume von riesigen Vögeln und dunklen Reitern …

_“Der Wunderbaum“_: Nach vielen Jahren zieht es den Schriftsteller Gabriel zurück in das Steininger Land. Vor allem an dem alten Forsthaus hängen düstere Erinnerungen, die wieder lebendig werden …

_“Stille Nacht“_: Die kleine Marie erlebt einen alles andere als friedlichen Weihnachtsabend …

_“Die Stadt am Fluß“_: Nach vielen Jahren besucht Robert wieder seine Heimatstadt Meerburg. Während der Fahrt denkt er an seine alten Freunde zurück und vor allem an seine alte Liebe Lara. Sein Weg führt ihn auch zum leer stehenden Haus seiner verstorbenen Großeltern, wo sich seltsame Dinge abspielen …

_“Welcome to the Machine“_: Nach dem Ausbruch einer Seuche müssen sich alle potenziell infizierten Menschen von einer Maschine überprüfen lassen. Fabian hofft inständig, dass er sich als gesund erweist …

_“Rosen für Salvatore“_: Auf Salvatores Hotelzimmer wurde ein Strauß Rosen hinterlassen. Als er erfährt, dass ein kleines Mädchen die Überbringerin war, steigen schreckliche Erinnerungen in ihm auf …

_“Die Stimme des Blutes“_: Christoph, ein großer Anhänger okkulter Literatur, wird von seinem Briefpartner Dr. Thoreald auf dessen Schloss eingeladen. Besonders gespannt ist er auf die Bibliothek, die außergewöhnliche Werke beinhalten soll …

_“Am Ende aller Tage“_: Der alte Bauer Manuel zieht in den Krieg. Vergeblich versucht seine Frau Evita, ihn zurückzuhalten. Sie fürchtet, dass er das „Licht der Verdammten“ sehen könne, das niemanden zurückkehren lässt …

In seiner Sammlung legt Frank W. Haubold zwölf Kurzgeschichten vor, deren Bandbreite von nostalgischem Grusel bis hin zu erschreckenden Zukunftsszenarien reicht.

Mit _“Der hinter den Reihen geht“_ eröffnet der Band sogleich mit einem ersten Höhepunkt. Deutlich orientiert sich der Autor an den postapokalyptischen Szenarien von James Graham Ballard, dem die Geschichte auch gewidmet ist. Obwohl die Hintergründe dem Leser verborgen bleiben, wird man von Beginn an von der düsteren Stimmung gefesselt, deren bedrohliche Wirkung sich im weiteren Verlauf immer mehr zuspitzt. Das vorangestellte Zitat und der Titel _“Leonora“_ verweisen direkt auf Edgar Allan Poes Gedicht „Der Rabe“, in dem ein Unglücklicher über seine verstorbene Geliebte Lenore trauert. Ganz ähnlich gestaltet sich auch hier das Grundgerüst der Hommage. Manche Formulierungen bewegen sich hart an der Grenze zum Kitsch, was aber gerade dem leicht überladenen Stil Poes Tribut zollt. Eindeutig ein Text für nostalgische Leser, der das Flair des 19. Jahrhunderts aufgreift.

_“A flor dos sonhos“_, zu deutsch „Die Blume der Träume“, wurde sicher nicht zu Unrecht 2002 für den Deutschen Phantastik-Preis nominiert. Allein schon der menschenleere Jahrmarkt, von dem wie aus dem Nichts plötzlich Stimmen ertönen, legt den Grundstein für eine unheimliche und unwirkliche Stimmung. Im weiteren Verlauf enthüllen sich dramatische Details aus der Vergangenheit, bis die Erzählung mit einem wehmütig-melancholischen Schluss zu Ende geführt wird. _“Sieben“_ beschreibt eine unheilvolle Halloweennacht, die für mehrere Beteiligte Überraschungen bereithält. Was als Thriller beginnt, der zunächst leicht an den Filmklassiker „Halloween“ erinnert, wechselt bald in eine Horrorhandlung über. Die Pointe ist weder neu noch sehr überraschend, alles in allem ist die Geschichte aber solide inszeniert.

_“Thors Hammer“_ verbindet eine Alternativwelt zur Zeit des Zweiten Weltkriegs mit phantastischen Einschlägen. Eindrücklich wird das Grauen des Krieges demonstriert und trotz der Kürze treffsicher eingefangen, die Pointe setzt dem ohnehin schon düsteren Szenario die Krone auf. Ungewöhnlicher, aber wirkungsvoller Horror. _“Der Wunderbaum“_ ist eine klassische Horrorgeschichte, die einen gemächlichen Einstieg wählt und sich langsam aufbaut. Erst nach und nach erfährt der Leser die Hintergründe, die sich aus Andeutungen puzzleartig zusammensetzen. Dem gegenüber steht ein recht knapper Schluss, der aber nachwirkt.

_“Stille Nacht“_ bildet mit nur zwei Seiten die kürzeste Geschichte des Bandes, besticht dafür aber durch eine umso stärker ausgeprägte Intensität. Der Gegensatz zwischen dem besinnlichen Heiligabend und der bedrohlichen Stimmung in Maries Zuhause entfaltet seine Wirkung, indem er gleichzeitig sowohl Horror als auch Traurigkeit verbreitet. Die brutalen Szenen werden erfreulicherweise nur sanft angedeutet. _“Die Stadt am Fluss“_ erinnert inhaltlich stark an „Der Wunderbaum“, da es sich auch hier um einen Heimkehrer dreht. Davon abgesehen liegt hier eine der stärksten Geschichten des Bandes vor, auch wenn das Ende nicht wirklich überraschen kann. Die mit |Doors|-Songs untermalte Handlung beschwört eine wehmütige Stimmung herauf, die vielleicht keinen Horror, aber intensiven Grusel transportiert.

In _“Welcome to the Machine“_ entführt der Autor den Leser in eine leicht futuristische Welt, in der man den Protagonisten Fabian bei seiner Untersuchung begleitet. Trotz der Kürze entwickelt sich eine dichte, von Angst erfüllte Atmosphäre und die beiläufigen Informationen über diese Gesellschaft genügen, um die Beklemmung der Menschen mitzufühlen. Selbst ohne die passende Pointe eine gelungene Geschichte, die nachdenklich stimmt.

_“Rosen für Salvatore“_ gehört zu den konventionellen Geschichten des Bandes. Die Handlung erinnert ein wenig an „Sieben“, auch aufgrund der Vermischung von kriminalistischem Vordergrund mit Mystik. Nicht die stärkste Geschichte des Bandes, aber routinierte Unterhaltung mit einem kleinen Aha-Effekt am Ende. _“Die Stimme des Blutes“_ führt den Leser auf ein abgelegenes Schloss, in dem sich eine Gesellschaft mit Anhängern des Okkultismus versammelt hat. Schon die Anreise des Protagonisten verspricht drohendes Unheil, der Schauplatz ist düster-romantisch gewählt, während die Handlung gegen Ende in nackten Horror umschlagt. Eine der längeren Geschichten des Bandes, die besonders allen Freunden von typischen Schauererzählungen gefallen wird.

_“Am Ende aller Tage“_ bildet den prägnanten Abschluss des Bandes und entführt erneut in eine apokalyptische Welt. Erst in der zweiten Hälfte erschließt sich dem Leser, warum der Text bereits unter dem Titel „Stille Nacht II“ erschienen ist. Die überraschende Wendung ist zwar nicht mehr wirklich originell, wird aber angenehmerweise mehr angedeutet als erklärt und umschifft somit die Gefahr der Plakativität. Eine ruhige Geschichte mit viel Tragik, die sich somit ideal für den Ausklang eignet.

_Als Fazit_ bleibt eine abwechslungsreiche Phantastik-Kurzgeschichtensammlung, deren Beiträge sich in den Genren Horror und Soft-Science-Fiction bewegen. Zwar überzeugen nicht alle Geschichten in gleichem Maß, aber es ist kein Tiefpunkt zu verzeichnen. Positiv ist zudem, dass man keine SF-Hintergrundkenntnisse als Leser besitzen muss, um allen Erzählungen zu folgen.

_Der Autor_ Frank W. Haubold, Jahrgang 1955, studierte Informatik und Biophysik. Seit 1989 veröffentlicht er in unterschiedlichen Genres. 1997 erschien sein Episodenroman „Am Ufer der Nacht“. Weitere Werke sind u. a. die Geschichtensammlungen „Der Tag des silbernen Tieres“ (mit Eddie M. Angerhuber), „Das Tor der Träume“, „Das Geschenk der Nacht“ und aktuell „Die Schatten des Mars“. Parallel dazu gab er mehrere Anthologien heraus.

http://www.frank-haubold.de/

Matheson, Richard – Ich bin Legende (I Am Legend)

Vor knapp einem halben Jahr wurde die Zivilisation ausgelöscht. Eine weltweit wütende Epidemie hat die Menschen in geistlose, blutgierige Vampire verwandelt, die im Schutz der Nacht durch die leeren Städte streifen. In New York scheint nur Robert Neville überlebt zu haben. Er hat sich in seinem Haus verbarrikadiert, denn die Vampire wissen von seiner Existenz. Allabendlich versammeln sie sich um Nevilles Festung und versuchen einzudringen, denn sie gieren nach seinem Blut. Außerdem wollen sie Rache, denn tagsüber, wenn sie hilflos in düsteren Verstecken liegen, macht Neville Jagd auf sie, um sie zu pfählen und zu töten.

Obwohl er sich seiner Haut zu wehren weiß, beginnt Neville unter dem Stress und der Einsamkeit zusammenzubrechen. In seiner Verzweiflung beginnt er sich abzulenken, indem er die Seuche zu entschlüsseln versucht. Viele Rückschläge machen ihm zu schaffen, aber allmählich erkennt er die Natur seiner Gegner. Kann er womöglich ein Gegenmittel entwickeln und die Vampire in Menschen zurückverwandeln?

Als seine Forschungen das theoretische Stadium verlassen, muss Neville sich unter den Vampiren nach geeigneten ‚Versuchskaninchen‘ umschauen. Seine Aktivitäten bleiben keineswegs unbemerkt, denn nicht alle Untoten haben ihre Intelligenz verloren, und sie sind es leid, sich jagen und töten zu lassen …

Gestalt und Wesen des Vampirs waren seit 1897 quasi in Stein gemeißelt. Bram Stoker hatte in [„Dracula“ 3489 das ‚Wissen‘ um die blutrünstigen Wiedergänger aus Jahrhunderten zusammengetragen und scheinbar das letzte Wort gesprochen. An seiner Darstellung orientierten sich die Autoren, die nach ihm Vampirgeschichten schrieben. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde die Erscheinung eines untoten transsilvanischen Edelmanns im Frack und samtrot gefütterten Umhang zunehmend anachronistisch. Zwei Weltkriege stellten nicht nur für Vampire eine Zäsur dar: Vor allem nach 1945 wurde auch das literarische Grauen ungeschminkt und schmutzig.

Richard Matheson versuchte Anfang der 1950er Jahre den Vampir-Mythos zu aktualisieren. Er war damit weder der erste noch der einzige Autor, aber er war so erfolgreich, dass „Ich bin Legende“ zu einem Klassiker wurde, dessen Rang mit „Dracula“ vergleichbar ist. Es mag blasphemisch klingen, doch Matheson ist womöglich der bessere Schriftsteller. Während Stokers Roman sich bei aller Unterhaltsamkeit als strukturschwach erweist, ist „Ich bin Legende“ ein ökonomisch durchkomponiertes Werk ohne Abschweifungen und Ballast. 200 Seiten genügen Matheson, das gesteckte Ziel zu erreichen. Sogar Stephen King, der dem Mythos 1978 mit „Salem’s Lot“ (dt. [„Brennen muss Salem“) 3831 erneut neues Leben einhauchtet, benötigte mehr als den doppelten Seitenumfang.

Die Handlung ist spannend, obwohl Matheson anders als in den Verfilmungen von „Ich bin Legende“ (s. u.) kein besonderes Gewicht auf die Darstellung einer verödeten, menschenleeren Welt legt. Das Geschehen spielt sich vor allem in und um Nevilles zur Festung umgebautem Haus ab. Geschickt bringt Matheson den Untergang der Menschheit in eingeschobenen Rückblicken zur Sprache. Diese bleiben Fragmente, aus denen sich der Leser sein eigenes Bild von den Ereignissen schaffen muss.

Große Mühe macht sich Matheson damit, den Vampir-Mythos ‚wissenschaftlich‘ zu begründen. Er verhehlt dabei nicht die Schwierigkeit, möglicherweise biologische Aspekte – Blutdurst, Sonnenlicht-Phobie, relative Unverwundbarkeit – mit eher psychologischen Elementen – Angst vor dem Kreuz und vor Spiegeln, Tod durch Pfählen, Schlaf in Graberde – in Einklang zu bringen. Mit einigen Tricks gelingt es, doch stellt sich – typisch für Matheson – heraus, dass Neville seine Kenntnisse rein gar nichts nützen.

„Ich bin Legende“ bleibt vor allem auch deshalb im Gedächtnis haften, weil die Vampire die meiste Zeit nur eine Nebenrolle spielen. Im Mittelpunkt steht die Geschichte des letzten Menschen auf Erden. Auch das ist kein Sujet, das Matheson erfunden hätte; schon Mary W. Shelley, die den [„Frankenstein“ 2960 schuf, schrieb 1826 den Roman „The Last Man“ (dt. „Verney, der letzte Mensch“). Die Leiden und Erlebnisse des Robert Neville wurden durch die ernüchternden Erfahrungen des II. Weltkriegs geprägt. Er droht nicht nur an der Einsamkeit zu zerbrechen: Ihn bedrückt auch die ‚Schuld‘ des Überlebenden, der sich fragt, wieso gerade er verschont blieb.

Deutlich angesprochen wird auch der sexuelle Notstand. Er bringt Neville mehrfach in Situationen, die ihn ganz und gar nicht wie einen klassischen Helden wirken lassen; nicht umsonst betont der Verfasser seine seltsame Vorliebe für das Pfählen. Auch fragt sich sogar Neville selbst, wieso er für seine Untersuchungen und Versuche stets weibliche Vampire wählt.

Generell scheut Matheson nie davor zurück, die inneren Nöte Nevilles deutlich werden zu lassen. Er ist ein Mensch mit Schwächen, der sich der Herausforderung stellt, wenn und weil ihm keine Alternative bleibt. Das gelingt nur allmählich. Zunächst benimmt sich Neville zunehmend irrationaler, verfällt zeitweise dem Alkohol, zeigt selbstmörderische Tendenzen. Eine der anrührendsten Szenen zeigt ihn im unermüdlichen Versuch, die Freundschaft eines streunenden Hundes zu gewinnen. Sein Überlebenswille ist letztlich siegreich, aber Neville zahlt einen hohen Preis.

Mathesons Roman umfasst einen Zeitraum von drei Jahren. In dieser Spanne entwickelt sich Neville deutlich weiter. Er überwindet seine Trauer, seine Ängste und seine Einsamkeit, lernt sich mit seinen Seelennöten zu arrangieren. Scheinbar findet er seinen Frieden und seine Nische in der veränderten Welt. Tatsächlich ist dies seine größte Täuschung. Die Natur heilt sich selbst, was den Menschen einschließt. Neville verfügt nicht über das intellektuelle Potenzial, um zu erkennen, dass die Vampire die Zukunft der Menschheit darstellen, weil sie sich ebenfalls verändern, sich anpassen und den Grundstein einer neuen Zivilisation legen. Plötzlich ist Neville der Anachronismus – der ‚Mensch‘, hat die Rolle des „Vampirs‘ eingenommen, der die Gemeinschaft heimsucht. Neville wird zur gefürchteten Legende, die dem Neubeginn im Weg steht: Dies ist das starke, weil konsequente, das übliche Happy-End aussparende Finale.

|“Ich bin Legende“ im Film|

Obwohl Richard Matheson zu den Großmeistern der Phantastik gehört, wird sein Werk in Deutschland schmählich vernachlässigt; ein Schicksal, das er mit viel zu vielen anderen Autoren teilt. Seine klassischen Titel werden manchmal aufgelegt, wenn eine Neuverfilmung ansteht. Glücklicherweise ist das oft der Fall, da zumindest in den USA Mathesons Qualitäten als Erzähler spannender Geschichten mit Niveau gewürdigt werden.

„I am Legend“ wurde bereits dreimal verfilmt. „The Last Man on Earth“ war 1964 ein eher trashiger Streifen, inszeniert vom nicht weiter bekannt gewordenen italienischen Regisseur Ubaldo Ragona. Dieser Film kann durch die Besetzung der Hauptrolle mit dem wie üblich hervorragend aufspielenden Vincent Price einen gewissen Unterhaltungswert beanspruchen.

Das Remake von 1971 gehört zu den Klassikern des phantastischen Films: Charlton Heston spielte unter der Regie des Routiniers Boris Sagal den „Omega Man“. Vor allem die grandiosen Szenen in einem menschenleeren New York blieben im Gedächtnis. Sie inspirierten sichtlich die [Neuverfilmung]http://www.powermetal.de/video/review-1376.html von 2007, die einen in seiner Rolle nicht unbedingt bemerkenswerten Will Smith präsentierte und Tragik mit Pathos gleichsetzte, was beides offenkundig den Geschmack des aktuellen Publikums traf; „I Am Legend“ gehörte zu den Blockbustern des Jahres und führte – hier schließt sich der Kreis auf erfreuliche Weise – zur Neuausgabe der gedruckten Vorlage.

|Das Buch mit dem Bonus|

„Ich bin Legende“ ist nicht das übliche „Buch zum Film“. Erfreulicherweise griff man für die Übersetzung auf die Fassung von 1995 zurück, die nicht nur den Roman, sondern zehn Kurzgeschichten enthält:

– Verborgene Talente („Buried Talents“, 1987), S. 208-217: Sein Leben lang hat der alte Mann auf dem Rummelplatz seine Kunden betrogen – jetzt legt er sich mit dem Falschen an …

– Der unlängst Verschiedene („The Near Departed“), 1987), S. 218-220: Ein umsichtiger Mörder regelt die Bestattung des Opfers, bevor er zur Tat schreitet …

– Beute („Prey“, 1969), S. 221-239: Die dämonisch beseelte Puppe eines afrikanischen Jägers bringt erst Schrecken und dann Tod in eine amerikanische Durchschnittsfamilie …

– Hexenkrieg („Witch War“, 1951/1979), S. 240-247: In einem zukünftigen Krieg werden die Schlachten unter Einsatz magischer Kräfte geschlagen …

– Totentanz („Dance of the Dead“, 1954/1982), S. 248-269: Manche Zombies können tanzen, aber gewisse unschöne Angewohnheiten legen sie deshalb keineswegs ab …

– Ein weißes Seidenkleid („Dress of White Silk“, 1951/1979), S. 270-276: Mama ist nicht ganz von dieser Welt, und ihre Tochter kommt sehr nach ihr …

– Irrenhaus („Mad House“, 1952/1980), S. 277-323: Dieses Haus ist eine Batterie des Bösen, und sein Bewohner, ein Wüterich, lädt es auf – bis zum Bersten …

– Die Bestattungsfeier („The Funeral“, 1955/1983), S. 324-336: Geschäft ist Geschäft, und so arbeitet Bestatter Silkline auch für Vampire und andere Kreaturen der Nacht …

– Aus dem Schatten („From Shadowed Places“, 1960/1988), S. 337-368: Wer den Fluch eines bösartigen Zauberers zu brechen versucht, riskiert mehr als das eigene Leben …

– Von Mensch zu Mensch („Person to Person“, 1989), S. 369-398: Ist es klug, ein Gespräch entgegenzunehmen, wenn das Telefon nur in deinem Kopf existiert …?

Diese Storys zeigen Matheson als professionellen Geschichtenerzähler, der sich wenig um Genregrenzen kümmert und dessen kurze Werke erstaunlich oft ein erstaunliches Niveau erreichen. „Der unlängst Verschiedene“ und „Die Bestattungsfeier“ sind strikt auf die Schlusspointe ausgerichtet – gelungene Späße, die auch heute noch ankommen. „Beute“ und „Aus dem Schatten“ bieten klassische Action voller Spannung und Tempo. Diese Storys sind zeitlos und werden immer ihre Leser finden, auch wenn sich über Mathesons Interpretation der weiblichen Psyche inzwischen eine ordentliche Staubschicht gelegt hat …

Die verbleibenden sechs Geschichten sind kleine Meisterwerke des Mysteriösen. Sie lassen auch dem Laien deutlich werden, dass es ohne Richard Matheson womöglich keinen Stephen King geben würde. „Ein weißes Seidenkleid“ oder „Von Mensch zu Mensch“ klingen wie von King verfasst und sind doch schon vor vielen Jahrzehnten entstanden. Tatsächlich prägte Matheson ganze Generationen junger Schriftsteller, die genau erfassten, was sein Werk auszeichnet: Bemerkenswerte Ideen werden nicht von Figuren durchgespielt, sondern von Menschen aus Fleisch und Blut durchlebt und durchlitten.

Matheson beeindruckt durch seine Fähigkeit, Gefühle wie Angst, Zorn oder Verzweiflung förmlich greifbar werden zu lassen. „Irrenhaus“ ist ein einziger Parforceritt durch Seele und Hirn eines haltlosen Cholerikers, der den eigenen Launen ebenso hilflos ausgeliefert ist wie seine Mitmenschen. Ähnlich genial ist „Von Mensch zu Mensch“, wenn Matheson uns über die gesamte Distanz in derselben Angst und Unsicherheit schweben lässt wie seinen unglücklichen Protagonisten. „Hexenkrieg“ lebt von dem Kontrast zwischen detailliert geschilderten Gräueln und den ‚unschuldigen‘ Mädchen, die diese mit der unbekümmerten Grausamkeit ihrer Jugend entfesseln.

„Verborgene Talente“ gehört zu denjenigen Geschichten, die ihre Leser ratlos zurücklassen und langes Nachdenken erfordern, um den Subtext zu entschlüsseln. Die endgültige Interpretation bleibt ihm überlassen. In „Totentanz“ setzt Matheson trügerisch vordergründige Gruseleffekte ein und lässt den eigentlichen Schrecken fast zwischen den Zeilen verschwinden.

Klappt man dieses Buch nach der Lektüre zu, weiß man genau, wieso Richard Matheson in der Phantastik einen Spitzen- und Ehrenplatz einnimmt: als Schriftsteller und als Quelle der Inspiration für viele andere Autoren, die sein Werk studiert und verinnerlicht haben, um es fortzusetzen und weiterzuentwickeln.

Richard Burton Matheson wurde am 20. Februar 1926 in Allendale (US-Staat New Jersey) geboren. Er studierte Journalismus an der University of Missouri, arbeitete jedoch hauptberuflich als Schriftsteller. Die nach dem II. Weltkrieg erneut boomende Magazin-Szene bot einem schnellen und professionellen Autoren kein üppiges, aber ein ausreichendes Auskommen. Matheson lernte rasch, sich diesem Markt anzupassen. Schon 1950 gelang ihm mit der Story „Born of Man and Woman“ (dt. „Menschenkind“), veröffentlicht im „Magazine of Fantasy & Science Fiction“, der Durchbruch. Matheson machte sich einen Namen durch das Geschick, mit dem er die Genres SF und Horror miteinander kombinierte. Sein Romanerstling wurde 1953 jedoch ein Krimi („Fury on Friday“). Auch diverse Western-Storys hat Matheson veröffentlicht.

1954 erschien „I Am Legend“ (dt. „Ich, der letzte Mensch“ bzw. „Ich bin Legende“), 1956 „The Shrinking Man“ (dt. „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C.“), 1958 „A Stir of Echoes“ (dt. „Echos“). Mit diesen drei Romanen zementierte Matheson seinen Ruf. Sie wurden sämtlich verfilmt. Zu „The Shrinking Man“ schrieb er selbst das Drehbuch und fasste auf diese Weise auch in Hollywood Fuß. In den nächsten Jahrzehnten bereicherte er die Kino- und Fernsehwelt mit innovativen Drehbüchern, für die er zahlreichen Preise einheimsen konnte. In den 1990er Jahren konzentrierte sich Matheson wieder stärker auf seine schriftstellerische Arbeit und legt seither wieder regelmäßig neue Romane vor. Seit 1951 lebt er in Kalifornien.

http://www.heyne.de
http://wwws.warnerbros.de/iamlegend/

|Richard Matheson auf Buchwurm.info:|

[„Echoes – Stimmen aus der Zwischenwelt“ 505
[„Die seltsame Geschichte des Mr. C“ 1203
[„Das Höllenhaus“ 2504
[„Der letzte Tag“ 3386