Archiv der Kategorie: Rezensionen

Woodward, Bob – Bush at War

Wohl kaum etwas hat die Weltgemeinschaft im noch sehr jungen Jahrtausend so in helle Aufregung versetzt wie der Anschlag auf die „Twin Towers“ des |World Trade Center| am Nine-Eleven. Dies war der Auftakt zu einer Kampagne von Feld- oder sollte man besser sagen |Kreuz|zügen?, die uns Bewohner dieses durchgeknallten Planeten sicher noch viel länger beschäftigen wird, als uns allen lieb (und einigen bewusst) ist – ausgelöst durch die letzte verbliebene Supermacht und selbst ernannten Weltsheriffs, die nun endlich die Möglichkeit und Legitimation sahen, ganz mächtig – und entgegen dem geltenden Völkerrecht – loszuschlagen.

Da die „Beweise“ für einen muslimischen Terrorakt mittlerweile immer zweifelhafter erscheinen, brauchte man wohl ein wenig Propaganda, daher bedient sich die Machtzentrale wohl nun auch des berufenen Mundes Bob Woodwards (Pulitzer-Preisträger und zusammen mit seinem Kollegen Bernstein der journalistische Enthüller der Watergate-Affäre, die seinerzeit Richard Nixon zu Fall brachte). Woodward gilt als Number One unter den investigativen Vertretern der Journallie und auch sein deutscher Verlag (der ehrenwerte |SPIEGEL|-Buchverlag) spricht vom Namen her für ein kritisches Sachbuch über die ersten 100 Tage nach den Anschlägen – Wollen wir mal sehen, was davon zu halten ist …

_Worum geht’s? – Zum Inhalt_

Woodward ist seit jeher bei der angesehenen Tageszeitung „Washington Post“ beschäftigt und wird seit 1972 als |der| kritische Beobachter der amerikanischen Innenpolitik gefeiert (die oben erwähnte Watergate-Affäre). Ein richtiger Wadenbeißer möchte man meinen, vor dessen Feder die Mächtigen der USA zittern. Dennoch gelingt ihm der Coup, an die geheimen *hust* Protokolle des Sicherheitsrates zu gelangen, die Nine-Eleven und den anschließenden Afghanistan Feldzug beinhalten – beinahe freiwillig habe man sie (ausgerechnet ihm!) zugänglich gemacht und auch von Seiten der Behörden und sogar der Regierung (sic!) war man gern bereit, ihm für Interviews Rede und Antwort in dieser Sache zu stehen.

Der Junta-Chief himself kommt übrigens auch oft zu Wort und wird fleißig zitiert, komischerweise jedoch nicht seine bekannten markig-lächerlichen und sinnentleerten Sprüche, die uns auch aus seinen hochnotpeinlichen TV-Auftritten bestens bekannt sind, sondern allerhand extrem fragwürdiges pseudo-intelligentes Zeug, was er Woodward gegenüber in seinen Interviews zum Besten gegeben haben soll. Woodward rekapituliert diese hundert Tage, als wäre er förmlich bei den zum Teil hochgeheimen Treffen der US-Machtzentrale persönlich anwesend gewesen. Was er nachweislich ja nicht kann, ergo ist er auf das angewiesen, was ihm diejenigen, die dort teilnehmen durften/mussten, an Informationsbrocken vor die Nase setzen.

Die hauptsächlich handelnden Personen sind hierbei: Möchtegern-Präsi George Walker Bush, Sicherheitsbelaberin Condolezza Rice, Außenscherge Colin Powell, Pentagramm-Vorstand Donald Rumsfeld, Vize-Wäre-Gern-Präsi Richard „Dick“ Cheney, CIA-Chef-Terrorist Tenet und deren Vertreter. Ach ja. Ein paar vom Fußvolk des CIA dürfen in Afghanistan auch ein paar Warlords schmieren und sich an der Frontlinie irgendwie nützlich machen. Vor allem aber ein vor Pathos nur so triefendes Ende verursachen. God bless America! Oder so.

_Wer’s glaubt, wird selig – Meinung_

Was augenscheinlich wie der große journalistische Wurf anmutet, besteht schon im Vorwort keinen zweiten Blick, denn wie Woodward dort bereits andeutet, habe man zwar von offizieller Stelle sein Buchmanuskript durchgesehen und zum Teil auf „Irrtümer“ hingewiesen, es sei jedoch nicht zensiert worden. Da er von vorneherein so vehement auf diesen Umstand pocht, kommt mir automatisch der alte Sinnspruch in den Kopf, dass wer sich vorweg ungefragt, pauschal und ohne erkennbaren Anlass verteidigt, etwas im im Schilde führt. Es riecht also bereits auf den ersten Seiten bei der Lobhudelei auf die tolle, kooperative CIA verdächtig und ganz extrem nach Schwefel – Hier ist also buchstäblich schon irgendwas im Bush, dabei hat das Buch noch nicht mal richtig angefangen und mir sträuben sich bereits die Nackenhaare.

Auf den ersten 100 Seiten erfahren wir nun wer, wo, was, wann gesagt und getan haben soll, als das WTC attackiert wurde, hier hebt Woodward mindestens drei Mal hervor, dass der „gewählte“ Präsident dieses oder jenes zu einer bestimmten Zeit unternahm oder anordnete. Es ist nicht nötig extra zu erwähnen, dass ein Präsident gewählt wird, das ist in der Regel nun mal so (außer eben bei diesem), also wie soll man diese auffällige Hervorhebung dann interpretieren – Ironie seitens des Autors?

Ich könnte jetzt in nicht enden wollende Dauerlästerei verfallen und fast jede Seite mit Gegenargumenten und Quellen belegen, doch dann kann ich gleich selbst ein ganzes Buch schreiben – ich überlasse in diesem Fall mal der Presse das Wort und kommentiere anhand der drei auf dem Buchrücken abgedruckten Statements deutscher Pressestimmen:

|“Wer Woodward gelesen hat, wird glauben, bei Bush und den Seinen dabei gewesen zu sein.“ (DIE ZEIT)|

Kommentar: Na klar, |Glaube| trifft es ziemlich gut, Glaube ist der Mangel an Wissen und selbst heute glauben noch viele an die Unbefleckte Empfängnis und daran, dass Schokoriegel gesund sind. Lieber Kritiker von |DIE ZEIT|, es muss richtig heißen: „Wer Woodward gelesen hat, |soll| glauben, bei Bush und den Seinen dabei gewesen zu sein“ oder wie es der Sportsender DSF in seinem Werbeslogan so trefflich ausdrückt, ist es besser „mittendrin statt nur dabei“ zu sein. In diese Sitzungen hat man ihn (aus nachvollziehbaren Gründen) aber nicht vorgelassen und ihn stattdessen mit äußerst dubiosen Protokollen gefüttert, die meine Oma hätte ebenso verfassen können – und die arbeitet (zumindest meines Wissens nach) nicht für die CIA.

Der Autor versucht eine gewisse Nähe zwischen der Leserschaft und den Protagonisten zu schaffen, indem er den Handelnden Emotionen wie „sie oder er dachte“ oder „empfand dies und das“ zuordnet, nur fließt die Gedanken- und Gefühlswelt bekanntermaßen nicht dergestalt in Protokolle eines Sicherheitsrates ein und muss daher reine Spekulation bleiben. Nur selten verweist er auf von ihm oder anderen geführte Interviews, aus denen er die verwendeten Informationen bezieht (allerdings sind auch alle Zitate weitgehend ohne Quellenangabe, was den Autor nicht glaubwürdiger macht).

|“Um zu verstehen, wie die Bush-Administration ihre weltpolitische Bedeutung und ihre geopolitischen Möglichkeiten einschätzt, ist das Buch von fundamentaler Bedeutung.“ (SÜDDEUTSCHE ZEITUNG)|

Kommentar: Hat fundamental nicht etwas mit fundamentalistisch zu tun? Na egal, da in dem Werk keinerlei Hinweise zu den massiv bestehenden Verknüpfungen der einzelnen Kabinettsmitgliedern zu wichtigen Firmen in der Kriegs- und Ölmaschinerie (nicht zu vergessen die innige Connection zwischen der bin-Laden-Familie und dem Bush-Clan) hergestellt werden, ist dies allenfalls ein unvollständiges und lückenhaftes Bild – um zu verstehen, was wirklich an unglaublicher Perfidität hinter den Machtinteressen der amerikanischen Führungs-Elite steckt, muss man wesentlich tiefer graben, als Woodward es gewagt hat (oder wagen durfte?) – Ein schwaches Bild für einen angeblichen Schnüffel-Journalisten, die solcherlei Angriffspunkte schon von Berufs wegen doch liebend gern weidlich ausschlachten.

Doch nichts davon wird auch nur ansatzweise aufgegriffen! Weder Haliburton noch Carlyle oder ähnlich dubiose von US-Politikern geführte bzw. mit ihnen verbundene Firmen werden auch nur mit einer Silbe erwähnt. Außerdem wird ziemlich schnell klar, dass Osama nicht das eigentliche Ziel der Vergeltungsschläge ist – zunächst wird dieser Eindruck zwar erweckt, doch schon bald ist vom angeblichen Schreckgespenst Al Qaida und dergleichen nichts mehr zu lesen, sondern nur noch von den Taliban, denen man auf deutsch gesagt um jeden Preis den Arsch aufreißen will. Natürlich spielen geopolitische Interessen eine Rolle, aber ganz andere, als hier geschildert – dass von Streubomben und ähnlichem Zeugs auch kein Sterbenswörtchen fällt, dürfte klar sein und spätestens jetzt niemanden mehr wundern … Die „Daisycutter“-Bomben werden zwar am Rande angerissen, aber derart, dass man glaubt, es wäre nur gerecht, sie zu abzuwerfen.

|“Woodward gelang ein Coup: Er konnte die Sitzungsprotokolle des Nationalen Sicherheitsrates an Land ziehen. Aus ihnen ergab sich die einzigartige Perspektive des Buches.“ (DER SPIEGEL)|

Kommentar: Oh, diese Formulierung ist geschickt und kann doppeldeutig gelesen werden, die Jungs und Mädels vom |SPIEGEL| sind nicht doof, man kann schon von einer einzigartigen Perspektive sprechen, ich würde das aber eher als ein|seitige| Sicht der Bush-Krieger bezeichnen, die Woodward brav nachbetet. Ob diese Protokolle vollständig (und wahrheitsgemäß) sind, darf anhand einiger fehlender Begebenheiten, die nachträglich öffentlich wurden, arg bezweifelt werden. So manche Passage aus dem Buch ist durch wirklich investigative Journalisten mittlerweile |ad absurdum| geführt und als Propaganda-Mär entlarvt worden.

Ebenso wie viele Äußerungen der amerikanischen Regierung zum Fall des WTC und des Afghanistan-Feldzugs. Insofern ist die Authentizität der ach-so-geheimen Protokolle doch stark anzuzweifeln, denn wenn sich viele Punkte als faustdicke Lüge herausstellen, darf man davon ausgehen, dass der Rest ebenso fragwürdig ist. Es handelt sich hierbei nämlich lediglich um die enttarnten Flunkereien – aber mit aller Wahrscheinlichkeit sind das noch längst nicht alle. Inwieweit die Protokolle den Tatsachen entsprechen, wird wohl nie ganz geklärt werden können, eines steht auf jeden Fall fest: Sie wurden massiv getürkt.

_I want to believe – Das Fazit_

Dies ist kein „Enthüllungs“-Buch, denn es leiert nur die Propaganda und Bettelei um Verständnis für den Einsatz in Afghanistan herunter. Dabei ist nicht einmal geklärt, ob die Selbstmordattentäter überhaupt welche waren. Zumindest bestehen in einigen wichtigen Punkten berechtigte Zweifel, ob nicht der Regierungsapparat selbt mit Hilfe des CIA und anderen ein wenig nachgeholfen hat, um die Legitimation, andere Staaten mit Krieg zu überziehen, zu erhalten. Wie dem auch sei, dieses Buch ist weder sachlich noch lesetechnisch auf der Höhe. Wenn ich statt Condoleeza (Rice) wiederholt „Condi“ lesen muss (die Anführungszeichen sind von mir, Woodward setzt dort keine!), keimt in mir der Verdacht auf, dass hier eine Verniedlichung und subtil eingefädelte Solidarisierung herbeigeführt werden soll – traurig, dass sich ein solches Urgestein offenbar so ohne Weiteres vor den Karren spannen ließ, diese Fabeln zu verbreiten.

Für einen ausgezeichneten Pulitzer-Reporter geht mir das kritische Hinterfragen vollkommen ab stattdessen dümpelt der Autor beim Weglassen des ganzen Firlefanzes tatsächlich nur an der Oberfläche. Die Intention dieses Buches mag falsch verstandener Patriotismus sein, oder ein weiteres denkbares Szenario wäre, dass Woodwards Arbeitgeber, die „Washington Post“ (wie übrigens auch der Nachrichtensender ABC) fest in der Hand des Bush-Clans ist. Ein Schuft, wer jetzt denkt, dass Woodward diese Hände nicht beißt, die ihn füttern. Ohne in Verschwörungstheorien abgleiten zu wollen, aber hier stimmt was nicht. Dennoch lassen sich zwischen den Zeilen einige Infos extrahieren, die interessant sind, wenngleich wohl nur ungewollt preisgegeben. Allerdings muss man sich dafür schon stark interessieren oder durch Zugriff auf andere Literatur quer lesen, damit man dem Puzzle einige weitere Stückchen hinzufügen kann. Man kann sich das Propaganda-Werk |just for show| mal geben, der Preis für die Restexemplare ist laut |amazon.de| mittlerweile auf 4,95 statt 25 Euro runtergegangen.

John Dickson Carr – Tod im Hexenwinkel

Das geschieht:

Student Tad Rampole, Sohn reicher Amerikaner und in diesem Jahr 1930 auf einer Bildungsreise durch das alte Europa, besucht in England den berühmten Privatgelehrten und Amateurdetektiv Dr. Gideon Fell. Dieser residiert in Chatterham, einem pittoresken Flecken in der Grafschaft Lincolnshire, wo die Uhren irgendwann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stehengeblieben zu sein scheinen.

Die ländliche Idylle wird seit jeher getrübt durch die unweit des Ortes dräuende Ruine des alten Gefängnisses, das seit 1837 leer steht. Der alte Anthony Starberth, ein bigotter, grausamer Mann, hatte es einst über dem alten Hinrichtungsplatz für Kapitalverbrecher und Hexen errichtet. Besonderes Grauen verbreitet der „Hexenwinkel“; dort stand der Galgen, und zu seinen Füßen ließ Anthony einen tiefen Brunnen graben, in den die Leichen der Gehängten geworfen wurden. Kein Wunder, dass es im Hexenwinkel umgehen soll! Anthony fühlte sich im Alter von den Geistern der von ihm Gemarterten verfolgt und endete mit gebrochenem Genick am Rande des verfluchten Brunnens. Seinen Sohn ereilte dasselbe Geschick, und seither starb kaum ein Starberth im Bett. John Dickson Carr – Tod im Hexenwinkel weiterlesen

Wisnewski, Gerhard – Mythos 9/11

Kritische Betrachtungsweisen zum 9/11 gibt es wie Sand am Meer. Kurioserweise schießen sie stets vor dem betreffenden Datum aus der Deckung hervor und zurück in die Köpfe der Gesellschaft. Gerhard Wisnewski legt nach seiner letzten Publikation [„Operation 9/11 – Angriff aus den Globus“ 678 mit „Mythos 9/11 – Der Wahrheit auf der Spur“ sein mittlerweile zweites Buch zum Thema vor, bei dem der Cover-Aufdruck „neue Enthüllungen“ verspricht. Unterstützt wird er bei der Publikation von Willy Brunner, mit welchem er schon die WDR-Dokumentation „Aktenzeichen 9/11 ungelöst“ produzierte, die 2003 einige Wellen schlug. Aufgrund eben jenes Beitrags wurden sie beim Westdeutschen Rundfunk geschasst und mit einem Beschäftigungsverbot beim öffentlich-rechtlichen TV belegt. Man kann nach der bewegten Vorgeschichte des Autors also davon ausgehen, im vorliegenden Werk auf einigen Zündstoff zu stoßen. Oder auch nicht?

_Offizielle contra Verschwörungstheorie_
In der öffentlichen Meinung wird der 11. September gerne kollektiv wie eine heilige Kuh behandelt. Obwohl an der offiziellen Version des Attentats so manches Teil nicht passt. Demzufolge entschied sich ein gewisser Herr Osama bin Laden, 19 Terrorpiloten auszusenden, um das Wirtschaftszentrum der Welt (das WTC), das Weiße Haus und das Pentagon empfindlich zu treffen. Vier gekaperte zivile Verkehrsmaschinen sollen die mutmaßlichen Entführer dafür in ihre Gewalt gebracht und als lebende Bomben in die betreffenden Ziele gelenkt haben. Im Falle von UA 93 ging es daneben, sie erreichte ihr Ziel (mit großer Wahrscheinlichkeit das Weiße Haus) in Washington nicht, sondern crashte vorgeblich bei Shanksville / Pennsylvenia in den Acker. Nebenbei eine „schöne“ Mär von Heldenmut und tapferen Passagieren.

Soweit die hinlänglich bekannte Version, welche über die Medien permanent verbreitet wurde und wird, in deren Konsequenz eine gefährliche Kettenreaktion ausgelöst wurde, die bis heute andauert: Der Afghanistan-Feldzug und in (bisher) letzter Instanz der Irak-Krieg. Die Anschläge mussten seither für eine Menge Repressalien und Einschränkungen in der Freiheit herhalten – alles mit dem Totschlagargument des „Kampfes gegen den Terrorismus“. Der beinahe in Nullzeit eingeführte „Patriot-Act“ ist nur ein einzelnes und prominentes Beispiel dafür, wie man sein Staatsvolk gängeln und die Verfassung aushebeln kann. Man gewinnt den Eindruck, dass genau ein solcher Fall von langer Hand vorbereitet wurde. Selbst hierzulande sind die Ausläufer des Innere-Sicherheit-Bebens mit Epizentrum in den USA spürbar. Unlängst knickt auch das alte Europa zunehmend ein. Mehr noch. Dank 9/11 schwelt es auf unserem Planeten nicht mehr, es brennt sogar schon lichterloh.

Auch wenn einige es immer noch nicht verstanden haben: Wir stehen mitten in einem weiteren Weltkrieg, ein Krieg, der jedoch auf subtilerer Ebene ausgefochten wird als seine beiden Vorgänger. Das macht ihn nicht weniger real oder vielleicht weniger tödlich für die Partizipanten, bekam aber das Label eines „gerechten“ Krieges. Dabei haben sich alle zur Rechtfertigung herangezogenen und vorgebrachten „Beweise“ für die militärischen Interventionen bislang als fadenscheinig, nicht haltbar und völkerrechtlich höchst bedenklich herausgestellt. Dass Dank des Schaffens von Fakten auch handfeste geopolitische und wirtschaftliche Interessen quasi im Handstreich durchgepeitscht wurden, wird gerne übersehen oder als „pietätlos“ wegzudiskutieren versucht. Das wirft vor diesem Hintergrund natürlich die Frage auf, was an der Geschichte des alles auslösenden Schlamassels denn nun wirklich wahr und was davon praktikable Dichtung ist.

Fest steht, dass die Ungereimtheiten des 9/11 unübersehbar sind und es allerorts mit viel Schlamperei, wenn nicht sogar Manipulation zuging. Aufklärung – so scheint es – wird nicht gewünscht; auch wenn so manche berechtigte Kritik geäußert wird, finden sich diejenigen, die sie vorgebracht haben, entweder als Terrorsympathisanten oder spinnerte Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt und ins Abseits gestellt wieder. Gruppenzwang auf amerikanisch – „Wer nicht unserer Meinung ist, kann nur ein Feind sein“. Dieser gefährlich pauschalisierte Automatismus ist unlängst in Gang gesetzt eine gern verwendete Waffe und probates Mittel, Kritiker kalt zu stellen und unangenehme Fragen zu unterbinden. Wie man an der Vielzahl von Websites und anderen Publikationen sieht, zieht diese Masche aber nicht überall.

_ Zum Buch_
Soweit also zur Ausgangslage, die auch dem Grundtenor des Buches entspricht. GW konzentriert sich aber nicht so sehr auf New York. Er verbeißt sich stattdessen verstärkt in die vermeintlichen Nebenkriegsschauplätze bei Shanksville und Washington, welche im Bewusstsein der Öffentlichkeit nicht ganz so präsent sind wie die bildtechnisch besser dokumentierten Vorgänge um den Einsturz der WTC-Tower. Das ist seiner Ansicht nach der Grund, warum an diesen beiden Orten, die nicht unter so vielen Zeugen getroffen wurden, auch keine Verkehrmaschinen einschlugen und es sich bei den Kratern nicht um Folgeschäden von Verkehrs-Linern, sondern um etwas anderes gehandelt haben kann/soll. Raketenbeschuss oder das Auftauchen eines Kampfflugzeugs vom Typ A-10 „Warthog“ bzw. einer mit Sprengstoff beladenen Drohne hält er für möglich, gestützt auf Augenzeugenberichte, Fotos und Filmaufnahmen direkt nach dem Desaster. Er kommt zu dem Schluss, dass es sich hier um eine lupenreine Inszenierung gehandelt hat – und eine schlampige noch dazu.

Anhaltspunkte für diese Theorie liefert ihm dabei nicht nur das, was man auf den Fotodokumenten und den vom FBI freigegebenen Bildern einer Überwachungskamera sieht, sondern auch das, was NICHT sichtbar ist: Flugzeugtrümmer nämlich, die zu den entführten Maschinen passen. Die offizielle Darstellung lautet: Sowohl die Boeing, die in das Pentagon einschlug, als auch jene, welche bei Shanksville den Boden umpflügte, seien vollständig „pulverisiert“ worden. Kurioserweise ist das einmalig in der Geschichte der Luftfahrt, da man bei ähnlichen Unfällen und Abstürzen doch bislang immer erkennbare Teile eines Flugzeugs dieser Größenordnung finden kann. Diese beiden Maschinen jedoch sind die Ausnahmen und das sogar an einem einzigen Tag. Zudem fehlen beim besagten Pentagon-Crash-Video urplötzlich elementare Passagen des Einschlags (erkennbar am Time-Stamp). Andere Videos von diversen Überwachungskameras wiederum sind hochoffiziell konfisziert und auf Nimmerwiedersehen im Orkus der Behörden verschwunden. Offizielle Begründung: „Nationale Sicherheit“ und „Pietät gegenüber den Angehörigen der Opfer“.

Dies sind aber nicht die einzigen Seltsamkeiten, die GW wirksam plakativ an den Leser bringt, es gibt durchaus noch mehr Aspekte, bei denen man staunend den Kopf schüttelt. Ferngesteuerte Drohnen, welche die „richtigen“ Maschinen ersetzten, sowie das unglaublich erscheinende Einstürzen gleich beider Tower in New York (was laut einiger Fachleute ziemlich unmöglich und unwahrscheinlich ist) sind nach seinem Dafürhalten keine Präzedensfälle. Sowohl Hollywood als auch schon vorherige Regierungen haben qua CIA und anderer Behörden ein solches Szenario mehr als einmal durchgekaut und in Betracht gezogen. Hinter vorgehaltener Hand natürlich. Bekannt wurde eine Aktion in den sechziger Jahren, die nach gängiger Meinung im Kennedy-Attentat gipfelte: „Operation Northwoods“ bzw. „Mongoose“. Hier sollten Kuba mit ganz ähnlichen Methoden wie heute der Islam diskreditiert und das amerikanische Volk mental auf eine Invasion vorbereitet werden. Somit wäre der Tenor der Bush-Administration „Wir haben das nicht gewusst/ahnen können“ äußerst scheinheilig. Das Drehbuch lag schon lange vor.

Gescholten werden auch die merkwürdigen Ermittlungsmethoden der US-Behörden und selbstverständlich die Journallie. Auch (und gerade) die deutsche. Logisch, denn mit dieser haben GW und WB auch hinreichend schlechte Erfahrungen gemacht und ihre Jobs beim WDR verloren. So nimmt es nicht wunder, dass die beiden Autoren hier keilen und Schienbeintritte verteilen. Im Fokus steht wieder einmal ganz besonders das Nachrichtenmagazin |“Der Spiegel“|, was für manch einen sicher einer glatten Majestätsbeleidigung gleichkommt. Das renommierte Hamburger Magazin muss sehr häufig stellvertretend als Buhmann für die ganze Zunft herhalten und sich wohl seinen Zorn zugezogen haben. Es wird ohnehin viel Werbung in eigener Sache gemacht und die Opferrolle anscheinend doch irgendwie genossen. Zwar mündet das nicht in absoluter Selbstbeweihräucherung oder -bemitleidung, jedoch ist es schon etwas auffällig, dass immer wieder von eben jenen kritischen Organisationen die Rede ist, in denen GW – zum Teil – führendes Mitglied ist.

Neu sind die Vorwürfe, dass am 9/11 ein Riesenschwindel stattgefunden hat, hingegen alle nicht. Die diversen Nutznießerschaften verschiedener neokonservativer Gruppen aus einem solchen Anschlag sind schon des Öfteren diskutiert worden – sowohl in den hier attackierten „konformen“ Medien, als auch in „konspirativen“ Kreisen. Über die möglichen Motive herrscht also weitgehend Einigkeit. Wer sich mit dem Thema etwas auseinander gesetzt hat, wird das alles irgendwie schon einmal gehört haben. Die Verbindungen der Saudis (speziell derer bin Ladens) zum Bush-Clan, die vollkommen dilettantisch-überdeutliche (und somit fragwürdige) Spurenlage, die ausgerechnet 19 nachweisliche Fliegerei-Nieten als Hauptschuldige darstellt. Die de facto nicht wirklich durchgeführten Untersuchungen der Behörden, das ausweichende Schweigen der Regierenden zu unangenehmen Fragen mit dem Universal-Argument „Nationale Sicherheit“, kurzum: all die „Schludrigkeiten“ und kalkuliert verbreitete Desinformation der Bush-Administration sind ja mittlerweile schon legendär.

_Fazit_
In der Hauptsache werden hier unlängst zuvor geäußerte Theorien und Spekulationen sowie die (großteils berechtigte) Kritik an unserer Medienlandschaft noch einmal aufgekocht. Dabei können weder die unscharfen Bilder, noch die scharfe Zunge Wisnewskis – übrigens ebenso wenig wie die offizielle Version – letztendlich zweifelsfrei beweisen, was am 11. September 2001 nun wirklich geschah. Was bleibt, ist die Frage nach der Motivation dieses Buches. Frust auf die Medien? Bitterkeit wegen des Rauswurfs beim WDR? Ich vermeine das zwischen den Zeilen und in bestimmten Formulierungen ein wenig herauszulesen, doch letztendlich weiß das nur der Autor selbst. Der Schreibstil jedenfalls ist gefällig und nicht frei von einem unterhaltsamen, ironisch-sarkastischen Unterton, was die ganze Sache süffig und flott lesbar macht. Mir entlockt der reißerische Aufdruck: „Neue Enthüllungen!“ trotzdem nur ein halbherziges Gähnen.

Ich zähle mich selbst zu den Zweiflern, stehe also dem Gedankengut per se nicht grundsätzlich negativ gegenüber, dass der 9/11 und das Drumherum ganz anders abgelaufen sind, als man uns von offizieller Seite und den Massenmedien her Glauben machen will. Wisnewski benutzt als Aufhänger bevorzugt den Pentagon- und Shanksville-Crash, leider sind gerade diese Fälle, wegen der spärlich verfügbaren und streckenweise dubiosen Informationsquellen, besonders schwer auf ihren Wahrheitsgehalt hin verifizierbar. Nichts Genaues weiß man nicht. Als Nachschlagewerk für gestandene Verschwörungstheoretiker bietet „Mythos 9/11“ sicherlich zu wenig Neues und für Neueinsteiger in die Materie nur einen (zu) kleinen Ausschnitt des Gesamtbildes, als dass man sie damit überzeugen könnte, dass die bisher verbreiteten Geschichten Mumpitz sind. Ohne Zusatzliteratur wird man als Laie in der Thematik schwerlich alles nachvollziehen können. |Summa summarum| eine unterhaltsame Lektüre, doch alles andere als eine Offenbarung.

Bibliographie des Autors:
Das RAF-Phantom (1992 als Co-Autor)
[Operation 9/11 678 (2003)
Mythos 9/11 (2004)

Weiterführende Informationen:
www.operation911.de (Website des Autors)
www.unansweredquestions.org (Website der Hinterbliebenen-Organisation)

Bitte beachtet zu dieser Thematik auch unseren Gastbeitrag von Mathias Bröckers:
[Fiktion & Wahrheit – Verschwörungstheorien als moderne Mythen.]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=24

Klempnauer, Günther – Hinter den Kulissen ist Gott nicht tabu

Unter dem verheißungsvollen Titel „Hinter den Kulissen ist Gott nicht tabu“ verbirgt sich der Journalist und Theologe Günther Klempnauer, der sich hier zur Aufgabe gemacht hat, Persönlichkeiten aus der Fernseh-, Film- und Musikwelt nach ihrem Bezug bzw. ihrem Verhältnis zu Gott zu befragen.

Dabei trifft er im Rahmen des 172 Seiten starken Buches nicht nur auf eher unbekannte Menschen wie Dietmar Schönherr und Gerhard Tötschinger, sondern auch auf die ganz großen Stars, sprich Johnny Cash (kurz vor dessen Tod), Thomas Gottschalk und Sir Cliff Richard. Interessant ist in dieser Hinsicht, dass Klempnauer seine Interviewpartner nicht immer zum selben Thema befragt. Stattdessen fängt er die jeweiligen Personen genau da auf, wo sie sich befinden, das heißt, er hat sich bereits im Vorfeld einige Gedanken gemacht, wer hinter dem befragten Menschen steht und geht dementsprechend recht individuell an die Sache heran.

Leider kann man das von seinen Gegenübern nur in den seltensten Fällen behaupten, denn nicht selten bekommt man den Eindruck, als würden diese dem Theologen nur nach der Nase reden, um sich selber so in ein besseres Licht zu stellen bzw. irgendetwas zu verkaufen, was im Hinblick auf die Überschrift einfach nicht ehrlich herüberkommt. Gerade bei Barbara Wussow und ihrem Lebensgefährten Albert Fortell und bei den Schlagersängerinnen Corinna May und Hanne Haller kommt man nicht von dem Gedanken ab, als würden sie hier bewusst übertriebene Selbstdarstellung betreiben. Dem entgegen bekommt man von den beiden Deutschrockern Udo Lindenberg und Peter Maffay nur recht allgemeine und oberflächliche Darstellungen über ihr Verhältnis zu Gott, die im Vergleich zu manch anderen Statements sowohl unvollständig als auch unzufriedenstellend erscheinen.

In diesem Sinne ist es erstaunlich, dass direkt der erste Interviewpartner, nämlich Thomas Gottschalk, die wohl ehrlichsten und auch tiefgründigsten Antworten liefert, gerade wo der „Wetten, dass …?“-Moderator ja das Image weghat, er würde mit jedem Schritt versuchen, Eigenpromotion zu betreiben. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall, und so bekommt man von Herrn Gottschalk einige Anregungen, über die es sich im Nachhinein tatsächlich nachzudenken lohnt. Weiterhin beeindruckend finde ich die Darstellungen von Dietmar Schönherr, der anhand eine Projektes zur Aufbauhilfe in Nicaragua seinen Gottglauben nach außen trägt.

Im Endeffekt wären es gerade solche Kommentare gewesen, die das Interesse an „Hinter den Kulissen ist Gott nicht tabu“ auch über die gesamte Seitenstärke aufrecht erhalten hätten, doch nachdem wirklich viele befragte Stars nie den Kern der gestellten Fragen treffen, fällt es einem zum Ende hin schwer, den Antworten solcher Künstler wie Johnny Cash etwas Positives abzugewinnen.

Das soll die Intention hinter diesem Unterfangen sicherlich nicht mindern, denn Herr Klempnauer löst seine Aufgabe sehr beachtlich, nur werden seine Gesprächspartner der Sache nur bedingt gerecht, was sicherlich sehr schade ist, denn die Idee und die Umsetzung des Autoren sind beileibe nicht schlecht.

Wisnewski, Gerhard – Operation 9/11 – Angriff auf den Globus

Was passierte am 11.September 2001? Jeder weiß es … oder glaubt es zu wissen. Zwei Flugzeuge schlagen in die Tower des World Trade Centers ein. Es ist gebannt auf unzähligen Aufnahmen. Das ist Fakt. Aber die gesamte restliche Geschichte verschwimmt, wohlwollend ausgedrückt, hinter einem Vorhang aus nationaler Sicherheit und geheim geführten Ermittlungen.
Durch die Beeinflussung der Medien wurde der Weltöffentlichkeit eine Geschichte aufgetischt, die irgendwie nicht ganz plausibel klingt. Wenn jeder mal ehrlich zu sich selbst ist fällt auf, dass niemand wirklich an genau diesen Ablauf jenes denkwürdigen Tages glaubt, der als offiziell gilt. Nur fehlte bisher eine Art Bündelung aller Zweifel. Viele kleine Hinweise, die letztlich etwas Handfestes bilden. Und eben dies ist das Buch „Operation 9/11 – Angriff auf den Globus“ von Gerhard Wisnewski. Es ist die erste ernst gemeinte, distanzierte, nüchterne Auseinandersetzung mit den Geschehnissen jenes Tages. {Ergänzung des Editors: Auch [„Fakten, Fälschungen und die unterdrückten Beweise des 11.9.“ 103 von Bröckers & Hauß darf in diese Kategorie gezählt werden.} Es ist ein „Hexenhammer des Guten“.

Natürlich lässt sich dieses Buch leicht als eine von vielen Verschwörungstheorie abtun, doch wer einen Blick hinein riskiert, der stellt fest, dass sich zwei Drittel des Buches lediglich mit der Widerlegung der als Tatsachen verkauften Behauptungen der US-Regierungsbehörden beschäftigen. Erst auf den letzten Zentimetern der Buchbreite wird eine Gegendarstellung gewagt.
Wisnewski sagt einen sehr schönen Satz in seinem Vorwort, der bezeichnend ist für die Art der Recherche seines Buches: „(Sein Buch) wirkt der Mutter aller Verschwörungstheorien entgegen, nämlich der abenteuerlichsten These, am 11. September 2001 sei es einer Handvoll Arabern gelungen, im Herzen der Militärmacht Nr. 1 das perfekte Verbrechen zu verüben.“

Danach beschäftigt man sich provokant sachlich mit jedem kleinen Detail, das den 11. September umgibt und ihn schon nach wenigen Seiten des Lesens als eine große Farce hinstellt. Und genau hier geht die Macht der Beurteilung zu Ende, denn was Wisnewski hier aufführt, sind einfach nur schlichte Fakten, garniert mit einigen Fingerzeigen, die lediglich die Schlussfolgerungen wiedergeben, die sich im Kopf des Lesers ohnehin längst ergeben haben.
Auffällig ist besonders, dass Wisnewski hauptsächlich mit allgemein gekannten Fakten arbeitet. Er hatte für seine Recherchen keinen Mittelsmann bei der CIA oder sonst irgendeiner Organisation, nein, er arbeitet hauptsächlich mit den Fakten, die über den Äther kamen, und fügt diese lediglich zusammen.

Aber was steht denn nun wirklich in diesem Buch?
Gerade darüber sollte man nicht zu viel sagen. Nicht, weil es da nichts zu sagen gäbe, sondern weil man sich in der Vielzahl der Details verliert. Zu fast jeder Begebenheit, die in Verbindung mit den Anschlägen steht, stellt das Buch eine zerstörerische Frage, hinterleucht die Idiotie der bisherigen Vermutungen und gibt einleuchtendere Lösungsansätze. Hier gilt allerdings die Regel: „Wenn der Inhalt nicht von dem Buch selbst erzählt wird, dann verliert er durch das Weglassen wichtiger Details seine Glaubwürdigkeit.“ Soll heißen: Man muss es einfach selbst gelesen haben!

Umso weiter man liest, umso mehr entsteht der Eindruck, als gehe der Autor immer risikoreicher vor. Das Buch schmeißt dem Leser nicht einfach alle Fakten und Argumente an den Kopf, sondern führt ihn vielmehr auf einen Weg der Mündigkeit. Denn um das Gegenteil glauben zu können, muss man zunächst den Glauben an die bisherige Version verlieren.

Um aber nicht gänzlich um den heißen Brei herum zu reden, möchte ich zumindest eines der eindruckvollsten Beispiele schildern, an denen das Buch beweist, dass alles anders ist, als man glaubt. Der Autor beschäftigt sich beispielsweise eingängig mit den Flugrouten der Maschinen. Dies sind Details, die hier in Deutschland nie aufgegriffen wurden, obwohl sie eine völlig neue Geschichte erzählen. So flogen die Flugzeuge, bevor sie zu ihrem phänomenalen Todesstoß ausholten, noch eine Weile lustig in der Gegend herum, weitab von irgendeinem vorgegebenen Kurs. Und dies führt schließlich zu einem der härtesten Argumente: So überraschend und genial es zunächst wirkte, Passagierflugzeuge als fliegende Bomben einzusetzen, so wenig überraschend ist doch die Situation vor den Einschlägen für die Luftfahrt der USA. Man hat lediglich ein paar Flugzeuge in der Luft, die fliegen, wie sie wollen und noch dazu keinen Funkkontakt mehr halten. In den USA sind in solchen Fällen innerhalb von drei Minuten Abfangjäger bei diesen Ausreißern. Nicht, weil sie eine Entführung vermuten, sondern weil diese ganz einfach eine Gefahr für den gesamten umliegenden Luftraum darstellen. Und dann will man uns verkaufen, dass gleich vier Maschinen mehr oder weniger gleichzeitig über eine halbe Stunde ausgerechnet auch noch teilweise über dem extrem dichten Flugraum von New York machen, was sie wollen, ohne überwacht zu werden?

Nach unendlich vielen weiteren einschlägigen Argumenten, die durch eine Vielzahl von Expertenaussagen gestützt werden, aber auch nur vermutend logischen Erkenntnissen folgen, der Teil „Hintergründe“. Leider gerät das Buch auf dieser Schlussgeraden dann doch zu einer Art Verschwörungstheorie-Doku. Wisnewski lehnt sich meiner Meinung nach zu weit aus dem Fenster, als er sogar Verbindungen zwischen Hollywood und der US Army zieht. Sicherlich ist diese immer bemüht, in Hollywood-Produktionen gut auszusehen, aber solch ausartende Verbindungen, wie sie hier gezogen werden, sind wohl übertrieben. Zwar ist der Rest der Antithese des Buches ganz akzeptabel, besonders der sehr aufschlussreiche Zusammenhang zwischen den Familien Bush und Bin Laden, doch hat Wisnewski uns gerade noch gelehrt, sich nicht von allem einwickeln zu lassen. Deshalb sollte man diese Theorien ebenso distanziert und kritisch sehen, wie das Buch die Ereignisse um den 11. September behandelt. Ganz großes Plus der Wisnewskischen Behauptungen ist allerdings eine geheime Akte namens „Operation Northwoods“. Diese wurde jahrelang auf höchster Geheimhaltungsstufe von der US-Regierung gebunkert. Und sie schildert auf erschreckende Art und Weise einen Bauplan des Terrors, der perfekt auf das Schema der Flugzeugentführungen vom 11. Semptember passt und sodann blutige, wahnsinnige Realität wurde. Damals sollte durch einen inszenierten Flugzeugabschuss ein Krieg gegen Kuba heraufbeschworen werden. Haarklein werden Flugzeugaustausch und Dronenflug beschrieben. Besonders alarmierend: welche Möglichkeiten der Technik können heute schon genutzt werden, wenn man damals bereits unbemannte, ferngesteuerte Flüge vornehmen konnte.

Vielleicht empfand es Wisnewski als Pflicht, wenn er schon alle Fakten außer Kraft setzt, auch eine plausible Gegendarstellung abliefern zu müssen, aber ich persönlich halte das nicht für nötig. Es ist völlig egal, mit welchen Gedanken man an dieses Buch herangeht, man wird geläutert werden. An was man anschließend glaubt, ist jedem selbst überlassen. Nur eines ist ganz sicher: Man glaubt nicht mehr, dass irgendwelche Hobby-Terroristen das Unmögliche geschafft haben. Man fühlt sich ein ganzes Stück mündiger in einer Welt aus medialem Trug und Halbwahrheiten. Zumindest zwei Drittel dieses Buches sollten als eines der wichtigsten Werke neo-historischer Aufklärungsschriften gelten, denn was sie darlegen, ist die Realität, in der wir leben, und die wir schon kaum noch sehen können.

Webseite des Autors: http://www.operation911.de/

Smedman, Lisa – Zerstörung (Der Krieg der Spinnenkönigin 4)

„Zerstörung“ von Lisa Smedman ist der vierte Band des sechsteiligen |AD&D|-Epos „Der Krieg der Spinnenkönigin“ (War of the Spider Queen), der in deutscher Übersetzung bei |Feder & Schwert| erscheint.

Im Zentrum des Zyklus steht eine Gruppe von Dunkelelfen, die aus ihrer unterirdischen Stadt Menzoberranzan aufgebrochen ist, um herauszufinden, warum ihre Göttin Lolth schweigt und den Priesterinnen ihre Magie versagt. Diese Schwäche machen sich die Feinde Menzoberranzans zunutze: Eine Allianz geknechteter Völker des Unterreichs sieht ihre Chance, den verhassten Dunkelelfen den Garaus zu machen. Eine Gruppe abtrünniger männlicher Drow unterstützt sie dabei nach Kräften, denn ein Umsturz der matriarchalisch geprägten Dunkelelfen-Gesellschaft wäre ganz in ihrem Sinne.

Die aus der Lolth-Hohepriesterin Quenthel, dem Draegloth Jeggred, dem Magier Pharaun, dem Waffenmeister Ryld Argith, dem Söldner Valas Hune und der aus der kürzlich verwüsteten Stadt Ched Nasad geflohenen Halisstra sowie ihrer Leibsklavin Danifae bestehende Gruppe hat schon einiges durchgemacht:

Bis in den Abyss selbst war man schon vorgestoßen, doch Lolth schweigt, und niemand weiß warum. Während Quenthel einen neuen Vorstoß in den Abyss plant, mit einem erzwungenen Umweg über ein in der See der Schatten treibendes Dämonenschiff, intrigieren die Mitglieder der Gruppe untereinander. Quenthel und Pharaun streiten sich nun nicht mehr nur mit Worten, sie machen ernst und stellen sich gegenseitig tödliche Fallen. Halisstra setzt sich unter fadenscheinigen Gründen ab und der in sie verliebte Ryld folgt ihr. Sie wendet sich endgültig von Lolth ab und Eilistraee, der Göttin der an der Oberfläche lebenden Drow, zu …

_Göttinnensuche die Vierte …_

Die auf sechs Bände ausgelegte Reihe ist der reinste Quell der Freude für AD&D- und Dunkelelfen-Fans: Das gesamte „Who is Who“ des Fantasybestiariums sowie ein geballtes Sortiment arkaner Beschwörungen wurden bisher präsentiert. Die dargebotene Vielfalt an fremdartigen Rassen sorgte für weitere Unterhaltung und Abwechslung, zumal einige Autoren profunde AD&D-Regelkenntnisse demonstrieren und in ihren Romanen umsetzen konnten.

Da jeder Band von einem anderen Autoren geschrieben wurde, gibt es jedoch einige Inkonsistenzen zu beklagen: Spielten anfangs Magier Pharaun sowie Ryld die erste Geige, wechselte dies später über Nebenfiguren bis nun hin zu Halisstra, die in diesem Band eine tragende Rolle spielt. Leider hatte jeder Autor eine geringfügig, aber dennoch unangenehm deutlich spürbar andere Vorstellung der Hauptfiguren. Dies fiel mir vor allem bei Quenthel und Pharaun auf.

Lisa Smedman, sonst eher durch ihre „Shadowrun“-Romane bekannt, hat in diesem Roman die Ehre, einen Knackpunkt der Handlung darzustellen, der sich bereits im dritten Band andeutete. Leider konnte mich der plötzliche Gesinnungswechsel Halisstras nicht überzeugen, noch weniger konnte ich nachvollziehen, warum der seit jeher für einen Drow recht sanfte und freundliche Ryld ihr auf einmal liebestrunken folgt. Dafür hat ihre per Bindungszauber an Halisstras Leben gebundene Leibsklavin Danifae keinerlei Probleme, ihre Herrin ziehen zu lassen – ihr wird schon nichts passieren …

Solche und ähnliche kleine bis ärgerliche Patzer und Wunderlichkeiten bietet diese Reihe leider zuhauf, allerdings kann Lisa Smedman in schreiberischer Hinsicht punkten: Sie kann wirklich einen spannenden Roman schreiben, nicht nur ein Sammelsurium an Monstern gemäß Regelwerk runterleiern und niedermetzeln lassen. Während sie ihre Regelkenntnisse nicht erkennbar wie einige Vorgänger demonstriert oder einfach unter den Scheffel stellt, kann sie die Figuren gut und nachvollziehbar charakterisieren, abgesehen von oben erwähnten Mängeln.

Abenteuer gibt es zuhauf, ein gewisser Eindruck, die ganze AD&D-Welt Faerûn müsse im Schnelldurchlauf abgearbeitet werden, kann ob des hohen Erzähltempos entstehen. So bleibt aber auch wenig Zeit zum Nörgeln, denn Abwechslung und Unterhaltung satt werden wirklich nonstop geboten. Ein Pluspunkt der Reihe ist die wunderschöne Präsentation: Die Cover sind durchweg in dunklen, blauschwarzen bis lila Tönen gehalten und zeigen Dunkelelfen-Motive, die zudem auch noch die Charaktere der Handlung darstellen – was durchaus keine Selbstverständlichkeit ist. Auch innen ist das Buch passend und stilsicher verziert, kleine Spinnensymbole trennen Absätze und Kapitel. Lektorat und Übersetzung sind tadellos, Übersetzer Ralph Sander von |Feder & Schwert| demonstriert Kenntnis der Materie und gab mir dem Eindruck, als wäre der Roman von Anfang an in Deutsch geschrieben worden.

_Fazit_

Für Rollenspieler und Dunkelelfen-Fans ist „Der Krieg der Spinnenkönigin“ einfach ein Muss. Die vorzügliche Präsentation und das insgesamt leicht überdurchschnittliche Niveau der unterhaltsamen Reihe macht dank der interessanten Storyline einige der Mängel wett, die eine von sechs verschiedenen Autoren geschriebene Serie mit sich bringt. Auch wenn Lisa Smedman nicht an den Autor des Anfangsbandes [„Zersetzung“, 183 Richard Lee Byers, herankommt, platziert sie sich knapp hinter ihm und setzt die Reihe spannend fort.

Wer noch nichts mit Dunkelelfen an Hut hatte, wird jedoch überfordert und unter Umständen wenig Freude an dem Roman finden, und sollte lieber mit den AD&D-Klassikern „Die Vergessenen Reiche“ (bitte nicht verwechseln mit den „Vergessenen Reichen“ von Margaret Weis und Tracy Hickman) oder der „Saga vom Dunkelelf“ einsteigen.

Homepage der Autorin:
http://www.lisasmedman.topcities.com/

Feder & Schwert
http://www.feder-und-schwert.com/

Kenneth Robeson – Doc Savage: Der Gespensterkönig

Robeson Savage36 Gespensterkönig Cover kleinDas geschieht:

Im sumpfigen Marschland von Holland County geht der Geist von Englands Ex-König John um. Er beschuldigt die erstaunten Anwohner, ihm 1216 Gift in den Wein geträufelt zu haben, und zieht ihnen rachsüchtig eins mit dem Schwert über. Während sich die Presse lustig macht, findet der Archäologe und Geologe William Harper „Johnny“ Littlejohn endlich ein Ventil für seine Langeweile. Er reist nach England, stellt Nachforschungen an, trifft prompt den unfreundlichen König, wird von diesem niedergeschlagen und entführt.

Das war keine gute Idee, denn Littlejohn gehört zum Team von Dr. Clark „Doc“ Savage, jr., dem übermenschlich klugen und starken Bronzemann, der unermüdlich das Böse auf dieser Welt jagt und züchtigt. Als Savage, der in England einige Vorträge halten soll, seinen Freund und Gefährten vermisst, setzen er sowie Andrew Blodgett „Monk“ Mayfair und Theodore Marley „Ham“ Brooks sich auf dessen Spur. Kenneth Robeson – Doc Savage: Der Gespensterkönig weiterlesen

Alan Dean Foster – Alien 3

Mit knapper Not sind Ellen Ripley, Corporal Hicks, die junge Newt sowie der Androide Bishop vom Alien-Planeten Acheron entkommen (vgl. Alan Dean Foster: Aliens – Die Rückkehr, Wilhelm Heyne Verlag, TB Nr. 01/6839). An Bord des Truppentransporters SULACO sind sie auf dem Weg zur Erde; die Reise verbringen sie schlafend in den Kältekammern des Raumschiffs.

Doch auf Acheron konnte sich eine Alien-Larve an Bord der SULACO schleichen. Bei seinem Versuch, die Menschen in ihren Schlafkabinen anzugreifen, beschädigt das Wesen die Steuerung des Schiffs. Die SULACO kommt vom Kurs ab und setzt zu einer automatischen Notlandung auf dem Planeten Fiorina an. Die Schäden erweisen sich als so groß, dass der Transporter abstürzt. Das Alien stirbt, aber auch Hicks und Newt überleben das Unglück nicht. Allein Ripley kommt mit dem Leben davon.

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Powers, Tim – Tore zu Anubis Reich, Die

„The Anubis Gates“ ist Tim Powers bis heute beliebtester und bekanntester Roman. Der Autor gewann mit diesem Werk auf Anhieb den Philip-K.-Dick-Award für die beste Taschenbucherstveröffentlichung des Jahres 1983 und mittlerweile wurde dieses Werk in alle Weltsprachen übersetzt. Im Deutschen erschien das Buch erstmals 1988 als |Heyne|-Taschenbuch 06/4473 und war somit die erste deutsche Übersetzung eines Werkes des Amerikaners.

Powers besuchte in Fullerton das College und die Universität, wo er K. W. Jeter und James P. Blaylock kennen lernte, beide mittlerweile selbst Autoren Phantastischer Literatur.

Vor allem mit Blaylock verstand Powers sich gut, und als Anfang der 70er Jahre in ihrer Schülerzeitung einige bedeutungsschwangere und grottenschlechte Gedichte erschienen, dachten sich die beiden, dass sie dieses Niveau noch mühelos würden unterbieten können. Deshalb schrieben sie, sich dabei zeilenweise abwechselnd, Werke, die düster und bedeutungsvoll klingen sollten, ohne wirklich etwas auszusagen. Als Pseudonym wählten sie den Namen William Ashbless und erzählten allen möglichen Leuten, dass dies ein verkrüppelter und schüchterner Freund von ihnen sei, der sich persönlich nicht an die Öffentlichkeit traue. So entstand ein Kunstfigur, die nicht nur Protagonist von Powers bekanntestem Werk ist, sondern auch in einem von Blaylocks Romanen auftritt (obwohl beide dies nicht abgesprochen hatten, sondern erst erfuhren, als sie zufällig zeitgleich ihre Manuskripte beim selben Verleger einreichten). Mittlerweile gibt es sogar ein Kochbuch, welches unter dem Namen des Dichters erschienen ist.

„Die Tore zu Anubis Reich“ beginnt mit einer Beschwörung des gleichnamigen Gottes, welche dessen Macht wieder herstellen soll, jedoch auf fatale Weise schief geht. Stattdessen werden Löcher in die Abschirmung des Zeitflusses geschlagen. Diese reichen vom Anfang des 19. Jahrhunderts (in dem die Beschwörung erfolgte) knapp 300 Jahre in beide Richtungen (also Vergangenheit und Zukunft).

Im Jahre 1983 (in diesem Jahr erschien Powers Roman) startet ein reicher Millionär, der ebenfalls die Abschirmungslöcher entdeckt hat, eine Zeitreiseexpedition ins Jahr 1810, um dem berühmten Dichter Samuel Taylor Coleridge bei einem Vortrag zu lauschen. Zur Finanzierung des teuren Unternehmens lädt er noch Gäste ein, die sich finanziell beteiligen müssen. Als Service engagiert er den Coleridge-Fachmann Brendan Doyle, der die Expedition begleiten soll. Nach dem Vortrag wird Doyle jedoch überraschend entführt und kann so nicht ins Jahr 1983 zurückkehren. Doch auch der Millionär hat längst andere Pläne, kann er doch im Jahre 1810 eine Form der Unsterblichkeit erlangen, die wohl jeden verlocken würde. Denn die Beschwörung der alten ägyptischen Götter hat auch die naturwissenschaftlichen Gesetze teilweise außer Kraft gesetzt, und so finden sich im London des Jahres 1810 mehr Magie und Zauberei, als es vor allem Brendan Doyle lieb ist.

Bald muss er um sein Leben kämpfen, droht ihm doch von vielen Seiten der Tod, und erst das von Doyle in anderer Form erwartete Auftauchen des zeitgenössischen Dichters William Ashbless, für dessen Werk der Zeitreisende zufällig auch noch Fachmann ist, bringt für den Literaturwissenschaftler die Lösung einiger seiner Probleme …

Wie Doyle sich aus einer Bredouille in die nächste windet, und vor allem auf welch verblüffende Weise er den „heute fast vergessenen englischen Dichter des frühen 19. Jahrhunderts William Ashbless“ kennen lernt, davon erzählt „Die Tore zu Anubis Reich“ äußerst unterhaltsam und spannend.

Was Powers im Laufe der knapp 600 Seiten des Buches dabei an Action, frappierenden Ideen und tollen, verzwickten Handlungssträngen entwickelt, ist einfach sensationell. Nie lässt den Leser die faszinierenden Geschichte aus ihrem Griff. Dabei wechselt der Autor klug Action mit ruhigeren Passagen, in denen sich die vielschichtige Handlung entwickeln kann, ohne dass der Rezipient den Überblick verliert.

Dabei ist „The Anubis Gates“ nicht nur ein packender und zudem intelligenter Roman, er jongliert auch mühelos verschiedene Subgenres der Literatur, vor allem der Phantastischen. Neben Horror- und Fantasyelementen hat die Geschichte zudem eine SF-Rahmenhandlung aufzuweisen, ist außerdem genauso Kriminalroman wie historische Erzählung.

Bisher hat es wohl weltweit noch kaum ein anderer Autor geschafft, diese Genres dermaßen virtuos zu mixen (einziges, dem Rezensenten bekanntes Beispiel für ein ähnlich gelungenes Werk erscheint Christopher Priests genialer Roman „Das Kabinett des Magiers“ zu sein, welcher aber erst zwölf Jahre nach Powers Meisterwerk erschien).

|Heyne| legt dieses nun in einer überarbeiteten Übersetzung in seiner Reihe „Meisterwerke der Fantasy“ wieder auf, wobei das Buch sicherlich nicht der üblichen Fantasy zugeschlagen werden darf, eigentlich besser unter der Rubrik „Phantastik“ eingeordnet werden sollte.

Denn „Die Tore zu Anubis Reich“ ist Phantastik im ureigenstem Sinne, Literatur zum Staunen und Wundern, welche den Kopf genauso anspricht wie den Bauch, und welche perfekt die Balance hält zwischen dem berühmten „Sense of Wonder“ einerseits und einer überzeugenden, niveauvollen Handlung, die in ihrer herrlichen Irrwitzigkeit ihres Gleichen sucht.

Sollte es dort draußen noch Leser geben, die Powers Meisterwerk bisher nicht kannten: Nun, hier ist die ultimative Gelegenheit! Wer jetzt nicht zuschlägt, ist selbst schuld!

_Gunther Barnewald_ © 2004
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung unseres Partnermagazins [Buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de veröffentlicht.|

William Shatner (mit Judith u. Garfield Reeves-Stevens) – Sternendämmerung (Star Trek)

Das geschieht:

James Tiberius Kirk, Raumschiff-Captain außer Dienst aber weiterhin als Retter des Universums tätig, möchte mit seinem neuen Freund Jean-Luc Picard einige Tage Abenteuerurlaub machen. Aus Gründen der Handlungsdramatik beschließen die beiden, dies auf dem Planeten Bajor und im Schatten der Raumstation „Deep Space Nine“ zu tun. Sie haben keine Ahnung, dass sie ihre Atmosphären-Gleitsprünge ausgerechnet über einem Wüstengebiet absolvieren, das vor dreißig Jahren Schauplatz einer merkwürdigen Episode des bajoranisch-cardassianischen Krieges war. In Bar‘trila, der verlorenen Stadt, wurde eines jener als „Tränen der Propheten“ bekannten Artefakte vermutet, die der im Wurmloch über Bajor hausenden Superintelligenz zugeschrieben werden und dem Finder quasi übernatürliche Macht verleihen. Damals konnten die Bajoraner die Cardassianer unter hohen Opfern von diesem Platz verjagen. Die Überlebenden beider Seiten haben den ungehobenen Schatz freilich nicht vergessen.

Unsere gleitenden Helden werden zum Absturz gebracht. Die Notlandung lässt sie in der glühenden Wüste stranden. Während sie dem feuchten Horizont zustreben, bleibt viel Zeit, sich über Vergangenes zu unterhalten. Das bedingt eine lange Kette primär Kirkscher Reminiszenzen an glorreiche „Enterprise“-Zeiten und die Einsamkeit des Captains, der in brenzliger Lage kurzentschlossene Entscheidungen treffen muss.

Die Handlung wird wieder aufgenommen, als Kirk und Picard in eine archäologische Ausgrabung stolpern. Die verlorene Stadt wurde gefunden: von den Bajoranern, aber wohl nicht nur von ihnen, denn just fiel Professor Nilan einem merkwürdigen Unfall zum Opfer. Der Tod weiterer Forscher zeigt eine feindliche Macht am Werk ist. Oder sind es religiöse Fundamentalisten, die es nicht dulden, eventuelle Artefakte als Objekte der Wissenschaft missbraucht zu sehen? Die Lage ist undurchsichtig und eskaliert, als auf Kirk und Picard ein Mordanschlag verübt wird, der Letzteren in einem See versinken lässt. Ist Picard tot? Mit der für ihn typischen Mischung aus Elan und Zorn geht Kirk auf Konfrontationskurs und stört den Gegner auf …

Alter Mann mit jugendlichem Ego

Der rasende Rentner macht erneut das All unsicher. „Sternendämmerung“ ist der furiose Auftakt einer weiteren „Star-Trek“-Kirk-Trilogie. Weil er trotz seines überlebensgroßen Egos kein Dummkopf ist, hat sich William Shatner wiederum der Unterstützung des schreibenden Ehepaars Judith und Garfield Reeves-Stevens versichert. Eine kluge Wahl, denn kaum jemand kennt sich so gut im „Star-Trek“-Universum aus und trifft vor allem den Ton, der uns seine Protagonisten seit vielen Jahren zu lieben und teuren Feierabend-Gästen im Fernsehzimmer macht.

Shatner möchte selbstverständlich „Star-Trek“-Luxus-Science-Fiction produzieren. Das meint er sich und seinem Publikum als der leibhaftige und einzige James T. Kirk schuldig zu sein. Der Leser honoriert und schätzt es, nicht zum x-ten Male mit einem Abenteuer der legendären Fünfjahresmission behelligt zu werden, die sich längst alle irgendwie ähneln. „Sternendämmerung“ gelingt darüber hinaus, was man in Kino und Fernsehen oft entbehren muss: die (überzeugende) Verklammerung von „Star-Trek“- Vergangenheit und -Gegenwart, zwischen denen die Handlung immer wieder springt.

Damit stellt sich „Sternendämmerung“ tapfer der quasi realen, Jahrhunderte umspannenden Fiktion, welche die „Star-Trek“-Saga heute darstellt. Das Autorentrio fürchtet nicht die faktenreiche Historie (oder ihre detailversessenen, pingeligen Kenner), sondern stellt sie in den Nutzen ihrer Geschichte. Noch in den Nebensätzen werden immer wieder Ereignisse aufgegriffen, an die sich womöglich nur der absolute Trekkie erinnert. Das lässt ein außerordentlich dichtes Hintergrundgewebe entstehen, auf dem der eigentliche Plot stabil ruht.

Aller Anfang ist – langsam

‚Ruht‘ ist der zutreffende Ausdruck, denn obwohl stets etwas geschieht, ist „Sternendämmerung“ sichtlich die Ouvertüre zu einem Spektakel, das sich über mindestens 1200 Druckseiten hinziehen wird. So reihen sich zunächst zwar spannend geschriebene aber zusammenhanglos wirkende Episoden aneinander, bis endlich ein roter Faden – der Kampf gegen die „Totalität“ – sichtbar wird. Wer barockes Breitwand-Fabulieren schätzt, wird mit „Sternendämmerung“ nur allmählich auf seine Kosten kommen.

Wer ist der beste „Enterprise“-Kapitän aller Zeiten? William Shatner kennt die Antwort auf diese Frage genau, und seit er ‚Schriftsteller‘ geworden ist, nutzt er jede Gelegenheit, die Trekkies auf seine Seite zu ziehen. Dieses Mal konnten ihn die Reeves-Stevens offenbar nicht so gut kontrollieren wie sonst. Das Ergebnis: ein durch Raum und Zeit kapriolender Kirk, den sein Freund Picard gnädig begleiten darf (wenn er denn Schritt halten kann).

Jean-Luc Picard ist in der Tat ein manchmal dröger Zeitgenosse, aber zum Steigbügelhalter des entfesselten Kirk degradiert zu werden, hat er ganz sicher nicht verdient! Auf der anderen Seite weiß Shatner anschaulich zu machen, dass die Sturm- und Drangzeit der Föderation Männer wie ihn – Tatmenschen – benötigte, die nach der Konsolidierung einer nüchterner forschenden Generation Platz machen konnten und mussten.

Picard ist in der Krise durchaus zu schnellen, die Regeln großzügig auslegenden Entscheidungen fähig. Kirk lebt allerdings in einer Welt, der jedem Moment eine potenzielle Ausnahmesituation entspringen kann. Das hat ihn geprägt und zu dem unberechenbaren Strategen werden lassen, der geachtet und gefürchtet (oder verflucht) wird.

Interessant sind Kirks Selbstreflexionen, die viel vom wahren William Shatner verraten. „Im Gegensatz zu den verlorenen Details standen die Gefühle der damaligen Zeit … Einen Traum verwirklicht zu haben, mit hoch angesehenen Profis und guten Freunden zusammenzuarbeiten … Er konnte immer noch auf jene Erinnerungen zurückgreifen, auch wenn manche von ihnen dunkler und schmerzhafter waren“ (S. 100). Diese Passage spiegelt womöglich Shatners lückenhafte und geschönte Erinnerung an seine „Star-Trek“-TV-Tage wider, die er nach Auskunft seiner erbosten Schauspieler-Kollegen weitgehend vergessen hat, um sie erst im Alter autobiografisch und lukrativ wieder zum Leben zu erwecken.

Autor/en

William Shatner wurde am 22. März 1931 im kanadischen Montreal geboren. Er studierte Wirtschaftswissenschaften, wurde aber schon in jungen Jahren Schauspieler – zunächst beim Theater, wo er u. a. in zahlreichen Shakespeare-Stücken auftrat. 1956 ging Shatner nach New York zum Broadway. Parallel dazu spielte er in TV-Dramen, die damals noch live gesendet wurden. Zwei Jahre später tauchte Shatner in „The Brothers Karamazov“ (dt. „Die Brüder Karamasow“) an der Seite von Yul Brunner und Maria Schell im Kino auf.

Der echte Durchbruch blieb aus. In den nächsten Jahren spielte Shatner in zahlreichen aber schnell vergessenen Kinofilmen und TV-Shows mit. Darin lieferte er trotz seiner theatralischen bis pathetischen Darstellungsweise durchaus achtbare Leistungen ab, die ihm die Kritik bekanntlich gern abspricht. 1966 bis 1969 folgte die Hauptrolle in „Star Trek – The Original Series“, gefolgt von einer langen Durststrecke und den für Shatner typischen Rollen in B-Movies und Fernsehserien.

Aber Shatner blieb am Ball. Die Rückkehr als Captain Kirk in den „Star-Trek“-Kinofilmen brachte ihm endlich die Popularität, die er sich wünschte. Er nutzte sie geschickt, um in den 1980er und 90er Jahren eine parallele Karriere als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent in Gang zu bringen. Seine Aktivitäten als Schauspieler schränkte er keineswegs ein, versuchte sich als Sänger, wurde Pferdezüchter, gründete eine Firma für Spezialeffekte – und entwickelte schriftstellerische Ambitionen.

Von Anfang an sah sich Shatner primär als Lieferant von Plots und Ideen, die von Profischreibern in literarische Form gegossen wurden aber unter seinem zugkräftigen Namen erschienen. Als Ghostwriter für die „Tek-War“-Serie (ab 1994) fungierte SF- Veteran Ron Goulart. Da der Erfolg sich in Grenzen hielt, besann sich Shatner seines Alter Egos James T. Kirk, den er mit tatkräftiger Unterstützung der Reeves-Stevens (s. u.) ins Leben zurückkehren ließ.

Trotz seines Alters denkt Shatner nicht an den Ruhestand. In seiner Rolle als unwürdiger Greis besetzt er im Kulturleben der USA heute etwa dieselbe Nische wie hierzulande Dieter Bohlen oder Jürgen Drews und hat sich als Trash-Ikone und Amerikas liebster Toupet-Träger eine solide Alterskarriere aufgebaut. William Shatner ist in dritter Ehe verheiratet, hat vier Kinder und lebt in Südkalifornien und Kentucky.

Website

Judith und Garfield Reeves-Stevens schreiben Romane und Drehbücher. Außerdem sind sie Produzenten für Kinofilme und Fernsehserien, Ideenlieferanten für SF- und Fantasy-Games und, und, und … Im „Star-Trek“- Universum zählen die Reeves-Stevens zu den Besten unter den Fließband-Literaten des Franchises. Garfield allein schrieb bisher fünf Thriller, die Elemente der Science Fiction mit der des Horrors verknüpfen.

Garfield und Judith sind kompetente „Star-Trek“-Chronisten, die über die verschiedenen Serien großformatige, sehr informative und unterhaltsame Sachbücher verfasst haben.

Taschenbuch: 404 Seiten
Originaltitel: Captain‘s Peril (New York : Pocket Books 2002)
Übersetzung: Andreas Brandhorst
http://www.randomhouse.de/heyne

eBook: 730 KB
ISBN-13: 978-3-641-11518-0
http://www.randomhouse.de/heyne

Der Autor vergibt: (3.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (7 Stimmen, Durchschnitt: 1,29 von 5)

Bernd Wedemeyer-Kolwe – Der neue Mensch. Körperkultur im Kaiserreich und in der Weimarer Republik

Zur Alternativkultur vor 100 Jahren, der sogenannten „Lebensreform“, gibt es für Interessenten eine Vielzahl von Titeln. Noch nie wurde bislang allerdings diesbezüglich eine Analyse des Bereiches der Sport-, Körper- und Kulturgeschichte aus diesem Zeitraum vorgelegt. Dabei war bis zur Naziergreifung 1933 diese Bewegung neben der Turn- und Sportbewegung in der breiten Bevölkerung sehr erfolgreich. Hunderttausende gehörten bereits zum Übergang ins 20. Jahrhundert zu dieser neuen Bewegung, die zu einem Zentralbegriff des modernen Zeitbewusstseins wurde. Sie war Teil der grundlegenden Lebensreform, die eine neue Welt aufzubauen versuchte, um die sozialen Fragen damit zu lösen. Intern selbst so weit gefächert wie alle anderen Reformbewegungen dieser Zeit, waren die Bezüge zu anderen Gruppierungen, welche den utopischen Gesellschaftsentwurf eines „neuen Menschen“ auf ihren Fahnen geschrieben hatten, ineinander gleitend.

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Nicholls, Stan – Orks, Die

Der „Herr der Ringe“, dessen Verfilmung zahllose Fans begeistert hat, mag ein Grund sein, warum auf einmal die fantasy-typischen Standardbösewichte,

_DIE ORKS_,

sich so großen allgemeinen Interesses erfreuen dürfen.

|Piper| legt mit Stan Nicholls‘ „Die Orks“ einen Sammelband von drei Ork-Geschichten vor, die uns ein Abenteuer aus Ork-Sicht schildern. So erhält man mit dem 800 Seiten dicken Buch eine komplette und abgeschlossene Trilogie!

Der eher unbekannte australische Autor Stan Nicholls schrieb neben den Orks die bisher ausschließlich im englischen Original erschienene „Quicksilver“-Trilogie und die „Nightshade-Chronicles“, die beide klassische Fantasythemen behandeln.

Der Sammelband „Die Orks“ ist ein sehr sauber und solide broschiertes/kartoniertes Buch. Auf dem breiten Buchrücken sowie dem schwarzen Cover ist eine riesige, vermeintliche Ork-Axt abgebildet – ironischerweise die Axt „Snaga“ des Helden Druss von David Gemmell … Darüber prangt der goldene Schrifzug „Die Orks“ – eine sehr gefällige Gestaltung! Eine SW-Karte zeigt den Handlungsort Maras-Dantien, zur Einstimmung beginnt das Buch mit einem alten Orks-Kriegslied, das sehr schön und sich gut reimend übersetzt wurde.

Das Buch besteht aus den Einzelromanen:

Leibwächter des Blitzes (Bodyguard of Lightning)
Legion des Donners (Legion of Thunder)
Krieger des Sturms (Warriors of the Tempest)

– alle von Stan Nicholls, zusammen eine abgeschlossene Handlung bildend.

_Piper-Orks, Heyne-Orks?_

Wer sich wundert, warum „Die Orks“ auf einmal bei |Piper| und nicht wie ursprünglich bei |Heyne| erscheinen: |Heyne| gehört zu der Verlagsgruppe |Random House|, deren Anteil im Fantasytaschenbuchmarkt so groß wurde, dass vom Bundeskartellamt der Verkauf einiger Reihen gefordert wurde. Die Reihe |Heyne Fantasy|, zu der auch „Die Orks“ gehören, erscheint somit neben anderen klangvollen Namen wie Ursula K. LeGuin, Terry Pratchett und Robert Jordans „Rad der Zeit“ nun bei |Piper Taschenbuch|. Optisch wurde nur der Schriftzug des Verlags auf dem Cover der „Orks“ verändert, alle genannten Reihen werden weiterhin erscheinen. Man kann auf die kommende und nun wahrlich opulente Fantasy-Vorschau des Piper-Verlages zu Recht gespannt sein! Weitere Details finden sich in den [Buchwurminfos III/2004]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=19.

_Zur Sache – was mordet Ork in diesem Buch?_

Der von dem Ork Stryke geführte Kriegstrupp der „Vielfraße“ führt auf den Schlachtfeldern Maras-Dantiens einen blutigen Krieg im Namen ihrer halborkischen Königin Jennesta. Die „älteren“ Rassen der Orks, Zwerge und Elfen stehen im Kampf mit den „Spätankommer“ genannten Menschen. War das Land Maras-Dantien reich an Magie, zehrt die Ankunft der Menschen an dessen Substanz, und der Zauber wird immer schwächer. Glaubenskriege zwischen den die älteren Göttern verehrenden „Mannis“ und den an den einen Gott glaubenden „Unis“ prägen das Land von der Kirgizil-Wüste bis zum Hojanger-Ödland im Norden. Dabei kämpfen Menschen und andere Rassen auch untereinander. Die Orks gelten als die besten Krieger Maras-Dantiens, treten jedoch nicht als eigene Nation auf, sondern werden als Leibwächer oder Kriegstrupps von vielerlei Herren angeworben, von den Menschen verständlicherweise weniger.

Eines Tages erhält Stryke den Auftrag, seiner Herrin Jennesta ein besonderes magisches Artefakt zu überbringen. Der Trupp gerät jedoch in einem Hinterhalt, Kobolde können das Artefakt entwenden. Bei der erzürnten Jennesta fällt der Trupp sofort in Ungnade, und sie hetzt ihre Soldaten, Kopfgeldjäger und sogar Drachen den „Vielfraßen“ hinterher …

Stryke erfährt bald mehr über das Artefakt, eines von fünf sogenannten „Instrumentalen“ … Zusammengesetzt werden sie zu einem Objekt großer Macht, das den Niedergang der Magie stoppen und vielleicht sogar die Orks aus der in Strykes Augen unwürdigen Leibknechtschaft befreien könnte.

Auf der Flucht vor Jennesta und der Suche nach den weiteren Instrumentalen stoßen Stryke und sein Trupp mehrfach mit fanatischen Menschen, Zentauren, Fischwesen und allen Arten von Geschöpfen, welche die Fantasyliteratur bisher hervorbrachte, zusammen. Der geheimnisvolle Seraphim sowie die ebenfalls recht widerwärtigen beiden Schwestern Jennestas mischen sich immer wieder in die Geschicke des Trupps ein … bis es zum Showdown zwischen Stryke, seinen „Vielfraßen“ und der bösen Königin kommt.

_Doch keine „echten“ Orks?_

Auch wenn der Klappentext „Ein etwas anderes Fantasy-Epos – mit den Bösen aus J. R. R. Tolkiens |Herr der Ringe| in den Hauptrollen“ verspricht: Die Welt Maras-Dantien ist doch sehr verschieden von Tolkiens Mittelerde!

Die Orks sind nicht ganz so hässliche Kreaturen wie die anscheinend das Zahnersatz-Bonusheft verachtenden Stinkfüße aus dem Herrn der Ringe, die zudem extreme Hautprobleme und miserable Beauty-Berater haben.

Groß, kräftig, wild, tödlich – im Gegensatz zum |Herrn der Ringe| wirbelt hier ein Ork locker drei, vier Menschenkrieger durch die Luft, nicht umgekehrt. Geblieben ist die Denkart: Orks lösen ein Problem direkt – mit dem Schwert und Körpereinsatz. Zimperlich sind sie nicht, im Gegenteil, sie leben erst so richtig auf, wenn Körperteile und Blut nur so spritzen! Vorurteile gegen die geldgierigen Zwerge hegen sie ebenso, was sich in den unterhaltsamen Streitigkeiten des Ork-Feldwebels Haskeer mit dem einzigen Zwerg im Trupp, Feldwebel Jup, zeigt.

Ein Unterschied zum klassischen Ork ist die Disziplin der Vielfraße: Professionelle, gut ausgebildete und schlachtenerprobte Krieger, die vor allem auch |diszipliniert| sind, das sind Nicholls Orks. Trotz dieser Unterschiede bleibt das barbarische Wesen der Orks dennoch weitgehend unangetastet.

Kämpfe gibt es im Verlauf der sehr linearen Storyline zuhauf. Obwohl einige wirklich brutale Dinge wie die Opferungen menschlicher Gefangener durch die halborkische Königin Jennesta, denen sie zu magischen Zwecken das Herz herausreißt (vorher „vergnügt“ sie sich gerne mit ihren Opfern im Bett oder auf dem Altar …) enthalten sind, gehen Gräuel und Fanatismus selten von den Orks aus. So sind menschliche Söldner oder hetzerische Menschen-Prediger die wahren Bösewichte, nicht die gewalttätigen, kämpferischen und etwas dummen Orks.

Die Vielfalt an fantasytypischen Rassen und Figuren, die im Handlungsverlauf auftreten, ist enorm. Für Abwechslung ist gesorgt, auch beschränkt sich die Story nicht nur auf Hauen und Stechen. Der Zwerg Jup darf so z. B. in einer Menschenstadt spionieren, einzelne Truppmitglieder werden geschnappt von ihren Jägern und erleben parallel zum Haupttrupp ihr eigenes Abenteuer. Gelegentlich wird zu Jennestas ebenfalls bösartiger Schwester Adpar und ihrem Kampf gegen die fischartigen Merz umgeblendet. Besonders amüsant ist auch der fanatische Menschenprediger Kimball Hobrow, seine hartherzige Tochter mit dem passenden Namen „Milde“ und die gemeinen Söldner um Micah Lekmann.

Die Kampfszenen sind sehr lebendig und spannend, sogar Drachen tauchen kurz auf, alles was das Herz des Orkfreunds begehrt. Was will man mehr?

Leider können die schöne Aufmachung und der geglückte Versuch, auf der Massenbegeisterungswelle des |Herrn der Ringe| mitzureiten, nicht verbergen, dass Nicholls einfach kein zweiter Tolkien ist.

Neben dem Ork Stryke, der für einen Ork ungewöhnlich schlau ist, zeigen nur die Figuren in seinem Kriegstrupp wie Alfray, Coilla, Jup und Haskeer so etwas wie Charakter. Alle anderen Orks, auch die des Trupps, sind bedeutungs- und weitgehend sogar namenlos. Dasselbe gilt für die anderen Fantasyrassen: Sie werden wie Statisten nacheinander besucht, ihres Artefakts beraubt und abgehandelt. Königin Jennesta wird als ziemlich flacher, böser Charakter dargestellt. Die Menschen werden ganz gut zum Teil als üble Bösewichte geschildert, ohne zu platt zu werden.

Die furiosen Gefechte können nicht über im späteren Handlungsverlauf auftretende Durststrecken hinwegtäuschen. Das von Nicholls selbst erdachte Finale kam bei mir sogar noch weniger gut an als seine oft geradezu zwanghaft in die Handlung integrierten, geklauten Fantasywesen/rassen an. Alles in allem jedoch keinesfalls ein schlechtes Buch. Allerdings auch keine wirkliche Empfehlung.

Eine kleine Leseprobe aus dem orkischen Marschlied am Anfang des Buchs:

|“Wir sahn einen Bauern so fett mit seiner Tochter so nett,
die Spitzen unserer Dolche weckten ihn rau,
er fing an zu stammeln und zu kreischen, gab uns Gold ohne zu feilschen,
die Tochter floh, also brieten wir seine Frau.

Und jetzt, orkische Lumpen, hebt euren vollen Humpen,
in tüchtigen Schlucken sauft das starke Bier,
spießt sie auf im Geplänkel wie von Schweinen die Schenkel,
fett und reich, so sehen wir Vielfraße uns wieder hier!“|

_Fazit_

Für Fantasy-Freunde ein Paradies. Die Ork-Perspektive des Buches weiß zu gefallen. Trotzdem kommt das Buch oft nicht über gutes Mittelmaß hinaus. Wer selten Fantasy liest oder Tiefgang und Anspruch sucht, der wird hier nicht fündig. Da das Buch ein sehr schön gestalteter Riesenwälzer von 800 Seiten ist, stellt es jedoch ein sehr schönes Geschenk für die entsprechende Zielgruppe dar.

|Tipp – oder Warnung (?)|

Dank des großen Verkaufserfolgs der Orks gibt es nun auch die „Zwerge“ und die „Elfen“ sowie Weiteres von Stan Nicholls. Man kann nur hoffen, dass hier nicht auf Kosten bekannter Fantasylieblinge deren Fans mit reihenweise Mittelmaß bombardiert werden. „Die Zwerge“ zumindest kamen bei der Zielgruppe allerdings überwiegend gut an.

Homepage des Autors: http://herebedragons.co.uk/nicholls/

Andreas C. Knigge – Alles über Comics

Mit einer Mischung aus Rückblick und Comic-Biografie setzt „Alles über Comics“ ein: Autor Knigge erzählt unter dem Kapiteltitel „Vom heiteren Fridolin zum kleinen Arschloch. Reise durch ein Comic-Biotop“ von seinem persönlichen Werdegang im deutschen Comicland nach 1945, das von sekundärliterarischer Ignoranz einerseits und hysterischen Treibjagden auf „Schmutz & Schund“ andererseits geprägt wurde, bis sich einige wackere Pioniere daran machten, das Dunkel zu lichten, das über Vergangenheit und Gegenwart des geliebten und gehassten Mediums lastete.

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Heinlein, Robert A. – Zwischen den Planeten

Robert Anson Heinlein (1907-1988) hat zweifellos eine ganze Menge bedeutenderer und unterhaltsamerer Romane geschrieben als „Zwischen den Planeten“. Die Karriere des Autors begann 1939 mit der Veröffentlichung einer Kurzgeschichte in |Astounding Science Fiction|, herausgegeben von John W. Campbell, der viele weitere Storys folgen sollten, ehe ihm der Absprung aus den Pulps hin zum viel beachteten Romanautor gelang, der in den siebziger und achtziger Jahren regelmäßig in den amerikanischen Bestsellerlisten zu finden war. Neben zahlreichen Science-Fiction-Romanen für ein erwachsenes Publikum, wie den allesamt mit dem |Hugo Award| ausgezeichneten „Double Star“ (1956), „Starship Troopers“ (1959), „Stranger in a Strange Land“ (1961) und „The Moon is a harsh Mistress“ (1966) veröffentlichte Heinlein zwischen 1947 und 1963 eine Reihe von Romanen für Jugendliche, zu denen – wenngleich eindeutig zu den qualitativ schwächeren – auch „Between the Planets“ zu rechnen ist.

Don Harvey erhält überraschend ein Telegramm seiner Eltern. Drei Monate vor dem Ende seiner schulischen Ausbildung wird er darin aufgefordert, die Erde zu verlassen und zu seinen Eltern auf den Mars zu kommen. Dieser ist ebenso wie die Venus von den Menschen kolonisiert. Noch bevor er sein Schiff besteigen kann, lernt Don einen der Eingeborenen der Venus, Saurier-ähnliche Wesen, die der Einfachheit halber als „Drachen“ bezeichnet werden, namens „Sir Isaac Newton“ kennen. Aus dem Flug zum Mars wird nichts, da kurz nach dem Start auf der Venus eine Rebellion gegen die irdische Regierung ausbricht: Das Schiff wird abgefangen, Don selbst wird zur Venus gebracht. Eigentlich hält er sich in diesem Konflikt für neutral, sieht er sich doch selbst als Bürger des ganzen Sonnensystems, da sein Vater Erdgeborener ist, seine Mutter eine Venus-Kolonistin der zweiten Generation und er auf einem Raumschiff geboren wurde. Doch einem vermeintlich billigen Plastikring, den er bei sich trägt, scheint eine größere Bedeutung beizukommen, als Don ahnt, was ihn in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen rückt.

Der mageren Handlung zum Trotz liest sich der Roman auch über fünfzig Jahre nach seiner Erstveröffentlichung noch recht flüssig, was für Heinleins erzählerische Begabung spricht, auch einem mäßig interessanten Stoff noch halbwegs unterhaltsame Seiten abzugewinnen. Damit hat es sich aber weitgehend: Der naive und gleichzeitig völlig von sich eingenommene Protagonist Don stößt dem Leser ebenso sauer auf wie die verschenkte Möglichkeit, die Urzivilisation der Venus detaillierter und nicht gar so oberflächlich zu schildern, wie es hier geschieht. Von der wenig prickelnden, sehr schwarz-weiß und amerikanisch gemalten Kolonisten-Rebellion gegen die obligatorische irdische Diktatur ganz zu schweigen. So bleibt „Zwischen den Planeten“ unterm Strich einer der schwächsten Romane Heinleins, den man ganz sicher nicht unbedingt gelesen haben muss.

Heinleins Jugendbücher in chronologischer Reihenfolge:
1947: Rocket Ship Galileo (dt. Reiseziel: Mond; BL 24293)
1948: Space Cadet (dt. Weltraumkadetten; BL 23220)
1949: The red Planet (dt. Der rote Planet; BL 23214)
1950: Farmer in the Sky (dt. Farmer im All; BL 24286)
1951: Between Planets (dt. Zwischen den Planeten, BL 23263)
1952: The rolling Stones (dt. Die Tramps von Luna; BL 24311)
1953: Starman Jones (dt. Gestrandet im Sternenreich; BL 24220)
1954: Star Beast (dt. Die Sternenbestie; BL 24163)
1955: Tunnel in the Sky (dt. Tunnel zu den Sternen; BL 23201)
1956: Time for the Stars (dt. Von Stern zu Stern; BL 23191)
1957: Citizen of the Galaxy (dt. Bewohner der Milchstraße; BL 23167)
1958: Have Space Suit – will travel (dt. Invasion der Wurmgesichter; noch nicht bei BL, zuletzt 1982 als Heyne TB 06/3862)
1963: Podkayne of Mars (dt. Bürgerin des Mars, noch nicht bei BL, zuletzt 1980/82 als Goldmann TB 23354)
(Zusammenstellung von Gunther Barnewald)

_Armin Rößler_ © 2004
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de/ veröffentlicht.|

Iris Johansen – Das verlorene Gesicht

Johansen Gesicht Cover 2001 kleinDas geschieht:

Eve Duncan ist Spezialistin für computersimulierte Alterungsprozesse im „Nationalen Zentrum für verschwundene und missbrauchte Kinder“ in Arlington, US-Staat Virginia. Ihre Fachkenntnisse ermöglichen es, über einem Totenschädel das verschwundene Gesicht eines Opfers quasi neu erstehen zu lassen. Diese Mischung aus Wissenschaft und Kunst wird von der Justiz und den Polizeibehörden oft in Anspruch genommen. Sie hat sich ohnehin in einen Workaholic verwandelt, nachdem ihre kleine Tochter einem geistesgestörten Kindesmörder zum Opfer fiel.

John Logan ist ein amerikanischer Selfmade-Millionär. Er verdient viel Geld in der Hardware-Branche, nutzt aber sein Vermögen und seinen Einfluss auch, um in der Politik seines Landes mitzumischen. Dabei ist er einem Komplott auf die Spur gekommen, das ganz oben in der US-Hierarchie anzusiedeln ist und die Person des Präsidenten selbst in ein sehr schiefes Licht rückt. Wer regiert die letzte Großmacht dieses Planeten wirklich? Iris Johansen – Das verlorene Gesicht weiterlesen

Rollins, James – Sub Terra

McMurdo Base, eine Forschungsstation der US-Navy, auf Ron Island und unweit des Mount Erebus an der Antarktisküste – oder eigentlich darunter, ganze drei Kilometer sogar. Dort wurde ein gigantisches System unterirdischer Kavernen entdeckt; allein die Haupthöhle weist einen Durchmesser von acht Kilometern auf. Aber es kommt noch toller: Die Spähtrupps der Navy stießen auf Artefakte, die zwar primitiv, aber eindeutig einer intelligenten Zivilisation zuzuordnen sind. Datiert wurden sie auf ein stolzes Alter von 5,2 Mio. Jahre, und nun wird es unheimlich, weil sich der Mensch erst eine Million Jahre später zu entwickeln begann.

Da es in der unterirdischen Düsternis nichts gibt, auf das sich schießen ließe, ist nun der Zeitpunkt gekommen, wissenschaftliche Hilfe von außen anzufordern. Das chronische Misstrauen der Militärs – vielleicht findet sich da unten ja etwas, mit dem sich die vielen Feinde Amerikas noch besser in Schach halten lassen – bringt den Geologen und Vulkanologen Dr. Andrew Blakely ins Spiel. Er arbeitet ohnehin schon unter McMurdo für die Navy – da kann er wohl auch eine Expedition planen und mit anerkannten Fachleuten besetzen.

Professor Ashley Carter, Paläoanthropologin und Archäologin, gräbt gerade in Neumexiko alte Indianersiedlungen aus, als sie der Ruf aus der Antarktis erreicht. Sie sagt zu, bringt aber ihren elfjährigen Sohn Jason mit. Der Australier Benjamin Brust, Ex-Soldat und Höhlenforscher, organisiert den eher Körpereinsatz erfordernden Part der Kletterei; das Team wird komplettiert durch noch einen weiblichen Professor – die Biologin Linda Furstenberg aus Kanada -, Khalid Najmon, Geologe ägyptischer Herkunft, sowie Major Dennis Michaelson und zwei kernige Marines, die offiziell für die Logistik des Unternehmens, aber außerdem für den Schutz der Wissenschaftler zuständig sind. Denn der recht zwielichtige Blakely hat seinen Forschern eine kleine, aber wichtige Tatsache verschwiegen: Sie sind nicht das erste Team, das sich in die Tiefe wagt. Ihre Vorgänger sind allerdings spurlos verschwunden – und mit ihnen immer wieder Soldaten, die sich ein Stück zu weit ins Unbekannte gewagt hatten. Die Menschen sind ganz sicher nicht allein hier |sub terra|, und sie werden keineswegs gastfreundlich empfangen. Als ob dies nicht genug der Gefahr sei, entpuppt sich dann auch noch einer der Forscher als fanatischer Terrorist, der sicherstellen soll, dass sich die verhassten USA nicht auch noch unter der Erdoberfläche breit machen …

Dreimal geraten, liebe Leser, wer das wohl sein könnte aus unserer Runde! Nun ja, einmal wird wohl reichen (dazu unten mehr) – und damit wissen wir schon, wessen Geistes (Findel-)Kind der Roman „Sub Terra“ ist. Der Doktor und das liebe Leservieh … James Rollins alias James Clemens, geboren 1961 in Chicago, Illinois, als James Czajkowski, Doktor der Veterinärmedizin, vulgo Tierarzt, im kalifornischen Sacramento, dazu Reisender und Geschichtenerzähler – ein Lebenslauf, wie ihn die US-Amerikaner lieben, suggeriert er doch Weltläufigkeit und dass in diesem Land jedermann berühmt und reich werden, wenn er (oder sie) sich nur recht eifrig darum bemüht.

Die Qualität dessen, was dabei das Licht der Welt erblickt, ist von sekundärer Bedeutung. In unserem Fall ist das einleuchtend, wenn wir Dr. Czajkowski lauschen, wie er in Erinnerungen schwelgt an die schöne Zeit, als er mit der Linken hustende Dobermänner kurierte und mit der Rechten „Subterranean“, seinen Romanerstling, niederschrieb: drei Seiten an jedem schönen Tag, den der Herr werden ließ, nicht mehr, nicht weniger, bis das Werk getan. (Diese und weitere Informationen zur Person und zum Werk des James Rollins liefert die Website www.jamesrollins.com, die sich allerdings mit demselben Adjektiv wie das schriftstellerische Potenzial ihres Herrn beschreiben lässt: dürftig.)

Diese ungewöhnliche Art der Schriftstellerei bedingt natürlich gewisse Einschränkungen. Um den Tagesdurchschnitt von drei Seiten nicht zu gefährden, gilt es beispielsweise auf jeglichen Ehrgeiz zu verzichten, sein Werk um den Faktor Originalität zu bereichern. Wozu denn auch, steckt doch die Welt des Abenteuerthrillers voller erprobter und bewährter Szenen und Figuren, die förmlich danach schreien, dass sich ein fix und ökonomisch arbeitender Schreiber(ling) ihrer bedient.

Oder wollen wir männlichen Leser etwa behaupten, wir verfolgten nicht gern – in allen Ehren selbstverständlich – die Abenteuer der 2.004ten schönen Frau, die auf den Spuren Lara Crofts die Unterwelt der Antarktis erobert? Wir müssen uns da keine Vorwürfe machen, ist diese Ashley Carter doch nicht nur hübsch, sondern auch schlau und eine gute Mutter obendrein, so dass sie politisch völlig korrekt bewundert werden darf. Sicher, das Treiben ihres Sprösslings – einer Nerven sägenden Heimsuchung, die das Disney-Studio geschickt haben könnte – lässt insgeheim den Wunsch aufkommen, ein gütiges Schicksal – vielleicht in Gestalt eines hungrigen Höhlenbären? – möge ihn möglichst rasch aus dem Geschehen reißen, aber schließlich muss Autor Rollins schon eine zukünftige Verfilmung bedenken, und da ist eine Identifikationsfigur für die eintrittskartenkaufende US-Teenagerschaft unbedingt erforderlich.

Aber keine Sorge: Guter, altmodischer Abenteuer-Machismo manifestiert sich in der Figur des Australiers Benjamin Brust, der eine Art Stalaktite Dundee gibt und noch in lebensbedrohlicher Notlage die Muße findet, die unbemannte Ashley ordentlich zu bebalzen (was sich auch die moderne Frau des 21. Jahrhunderts insgeheim ganz gern gefallen lässt, wie Rollins mit einem Augenzwinkern deutlich macht). In Reserve hält sich Frau Nr. 2, Linda Furstenberg, der aber eher die Rolle der schwarzhaarigen Verderbnis zugedacht wurde, die ein übles Ende nimmt: In dieser Geschichte ist nur Platz für eine Heldin.

Klassisch auch die Schurkenrollen: Mit falschem Lächeln zieht Dr. Blakely – intrigant, egoistisch, ehrgeizig: kein vom Wissensdurst beseelter Forscher, sondern ein Politiker eben – feige hinter den Kulissen die Fäden. Fürs grobe Tücken vor Ort (Belügen & Bedrohen der Helden, Bestehlen & Umbringen der Eingeborenen, Versündigen gegen Mutter Erde etc.) ist Khalid Najmon zuständig, dessen Namen im Ohr des wachsamen Durchschnittsamerikaners verdächtig nach Ausland und Nahem Osten klingt. (Ägypten? Ist das nicht die Hauptstadt des Iran?)

Bleiben noch der stramme Major Michaelson und seine beiden Mannen, harter Kern in stählerner Schale, mutig und dringend erforderlich, um die gar zu sorglosen Wissenschaftler zu ihrem eigenen Besten vor den Gefahren der Finsternis zu schützen. Außerdem gilt es uramerikanische Interessen zu vertreten: Wo kämen wir denn dahin, wenn am Mittelpunkt der Erde ein anderes als das Sternenbanner wehte? Hei, da kommt patriotischer Stolz auf, wenn tapfere Marines den Polar-Morlocks tüchtig in die Ärsche treten! Ach, wenn das mit den Iranern (Libyern, Kubanern u. a. Strolchen) doch auch nur so einfach wäre!

Der Blick auf die Handlung zeigt indes, dass mit den oben beschriebenen Protagonisten genau die richtigen Personen „Sub Terra“ gegangen sind. Was in der Theorie paradox klingt, weiß Autor Rollins wunderbar zu realisieren: Geografisch geht es klaftertief hinab, während die Geschichte durchweg flach bleibt. Hier Jules Vernes wunderbare [„Reise zum Mittelpunkt der Erde“ 325 („Voyage au Centre de la Terre“, 1864) als Vorbild zu nennen, zeugt von einem gut ausgebildeten Selbstbewusstsein – oder kündet vom dreisten Versuch, den zögerlichen Buchladen-Besucher zwecks Kauf des Bandes zu überrumpeln. Parallelen gibt es in der Tat: Auch Vernes Forscher sind Papier gewordene Klischees. Allerdings fand ihre Reise vor fast anderthalb Jahrhunderten statt. Inzwischen hat sich in Sachen Figurenzeichnung und -entwicklung einiges getan – oder eben nicht, wie Rollins hier deutlich macht. Es reicht nicht, sich populärwissenschaftlich auf den aktuellen Stand zu bringen. Natürlich ist es richtig, dass es dieses Mal nicht mehr zum Mittelpunkt der Erde hinab geht, weil wohl heute selbst dem dümmsten Zeitgenossen klar ist, dass dieser einen glühenden, flüssigen und deshalb ziemlich unzugänglichen Kern bildet.

Ein bisschen Realität braucht auch ein Phantastik-Garn wie „Sub Terra“. Auch ein gewisser naiver Charme in Form und Inhalt schadet nicht in einem Genre, dessen Autoren kaum um den Nobelpreis für Literatur zu buhlen pflegen. Doch Rollins übertreibt es bzw. versucht erst gar nicht, Bekanntes wenigstens zu variieren, Das Ergebnis ist spannend dort, wo reine Aktion die Szene bestimmt. Rollins Darstellung einer exotischen Höhlenwelt tief unter der Erde hat ganz sicher ihre Reize. Doch sobald seine Protagonisten auf der Bildfläche erscheinen und womöglich auch noch den Mund aufmachen, ist der Zauber verflogen.

„Sub Terra“ ist ein Debütwerk und muss deshalb mit einer gewissen Nachsicht beurteilt werden. Allerdings lassen Rollins Nachfolgewerke nicht die geringste Tendenz erkennen, die oben beschriebenen Probleme in den Griff zu bekommen. Wie könnte dies auch geschehen, da es doch erklärtes Ziel des Verfassers ist, die lesende Welt mit mindestens einem Abenteuer/Mystery-Thriller und einem Fantasy-Roman – in Deutschland veröffentlicht Rollins als James Clemens die Serie „The Banned and the Banished“ – pro Jahr zu beglücken? Der selbst auferlegte Arbeitsdruck führt denn auch dazu, dass „Excavation“ (1999; dt. „Das Blut des Teufels“), „Deep Fathom“ (2000; dt. „Im Dreieck des Drachen“) und „Amazonia“ (2001, dt. „Operation Amazonas“) unter den bekannten Schwächen leiden.

Da „Sub Terra“ erfreulich preisgünstig erstanden werden kann, ist ein Kauf trotz der beschriebenen Mankos kein Fehler, wenn man einfach nur (irgendwie) und ohne jeden Tiefgang unterhalten werden möchte, was ja manchmal auch ganz angenehm ist.

Pelecanos, George P. – King Suckerman

Am Anfang drei Fragen: Gibt es wirklich einen Film, der „King Suckerman“ heißt? Spielt Sean Combs („P. Diddy“) darin eine Hauptrolle? Was hat dieser Krimi damit zu tun? Antworten kommen bald, zuvor noch einige Basis-Infos:

„King Suckerman“ ist 1997 als sechster Roman des amerikanischen Autors George P. Pelecanos erschienen und wurde 2000 als deutsche Übersetzung bei |Dumont| veröffentlicht (als |Dumont Noir|–Taschenbuch Nr. 16).

_George P. Pelecanos_

Wie der Name schon vermuten lässt, ist er griechischer Herkunft, allerdings in Washington DC geboren (1957) und dort auch aufgewachsen. Er lebt immer noch dort, heute indes mit Frau und drei Kindern in Silver Springs (formal Maryland, aber eigentlich ein Teil von Washington). In seiner Jugend hat er viel Basketball gespielt (mit 16 sogar in der Freizeitmannschaft, die die Stadtmeisterschaft gewann). Nur logisch, dass da fast jedes seiner Bücher auch ein Basketball-Nebenthema hat.
Als Krimi-Autor fühlt er sich (wie so häufig) von Hammet und Chandler angeregt, wichtigste Inspirationen waren ihm zu Beginn seiner Laufbahn allerdings James Crumley und Kem Nunns „Tapping the Source“. Von seinen Kollegen mag er besonders Michael Connelly und Dennis Lehane (beide wirklich sehr zu empfehlen).
Pelecanos ist nicht bloß Krimi-Schreiber. Er hat mal Schuhe verkauft, leitete eine kleine Ladenkette für Unterhaltungselektronik und später auch die Produktionsfirma Circle Films, die u. a. sämtliche der frühen Filme der Coen-Brüder produziert hat – „Blood Simple“, „Raising Arizona“, „Miller’s Crossing“ und „Barton Fink“. Pelecanos war es auch, der John Woo (u. a. „Face/Off“) nach Amerika holte. Heute verdient er sein Geld zu etwa gleichen Teilen mit Krimis und mit Fernsehen. Er veröffentlicht ungefähr ein Buch pro Jahr und ist Produzent der recht erfolgreichen TV-Serie „The Wire“ auf HBO.

_Washington DC, Sommer 1976_

Die 200-Jahr-Feier der USA steht an. Es ist heiß. In den Kinos läuft gerade ein weiterer Blaxploitation-Film los, „King Suckerman“ (fiktiver Titel). Aus dem tiefen Süden kommt ein seltsames Verbrecher-Häuflein nach DC, um einen größeren Drogendeal zu machen: Wilton Cooper, schwarz, ultrahart, Berufsverbrecher, ultraböse. Bobby Roy Clagget, ein unterbelichteter dürrer weißer Bengel, der am liebsten ein richtig harter böser Neger wäre und gerade den Besitzer eines Autokinos abgeknallt hat (weil der ihn so komisch anglotzte). Dazu Ronald und Russell Thomas, zwei schwarze Brüder an der Grenze zwischen massivem Schwachsinn und Tollwut, mordgeübt, mordlustig, mordbereit.

Hier sind sie nun in DC und holen sich Informationen bei einem lokalen Dealer, der sich nebenbei auch noch als Hehler betätigt. Cooper und Clagget treffen ihn, und treffen dabei auch auf zwei andere Gäste, die eher zufällig da sind. Das sind die wesentlichen Helden, beide Ende zwanzig:
Marcus Clay, groß, schwarz, ehemaliger Basketballer, in Vietnam gewesen, jetzt Eigentümer eines Plattenladens („Real Right Records“). Er liebt die Musik von Curtis Mayfield, seine Freundin Elaine, seinen 72er Buick Riviera und immer noch den Basketball. Außerdem kann er hart zuschlagen, aber nur, wenn es sein muss.
Dimitri Karras, sein bester Freund seit Kindertagen, auch groß und Hobby-Basketballer, Grieche (dritte Generation). Karras war mal auf dem College, hat sogar Kurse dort gehalten, doch seit einigen Jahren beschäftigt er sich vorwiegend mit den Frauen und arbeitet nebenher noch ein wenig als kleiner Drogendealer, verkauft Hasch und Tabletten an College-Kids. Nicht dass er deswegen auf der Seite des Bösen stünde.
Heute sind sie beide hier, um wieder mal ein wenig Stoff zu holen, Marcus ist nur dabei, weil sie gemeinsam noch zum Freizeit-Basketball fahren wollen.

Es kommt zum Streit mit Cooper und Claggett. Wenn die beiden mit ihren grenzdebilen Schießfreunden das Drogengeschäft erledigt haben (zusammen mit einer ganzen Rockerbande), dann wollen sie zurückkommen und auch Clay und Karras erledigen. Es wird viel Blut geben. Am Ende einen großen Showdown während des 200-Jahr Feuerwerks. Marcus und Dimitri, gestützt durch die Hilfe einiger alter und neuer Freunde, werden überleben – nicht ohne Verletzungen.

Eine harte Geschichte, dichte Atmosphäre, viel Blut und Gewalt. Einige kleine Nebenplots, die auf andere Bücher Pelecanos‘ verweisen. Tief verwurzelt in der Story die Moral: Freundschaft, Familie und Eigentum sind lebenswichtig und zu schützen, egal was an sittlichen Verfehlungen sonst so anfällt. So gesehen eigentlich recht konservativ, wie so ziemlich jeder gute „hard boiled“-Krimi. Dazu aber auch viel Musik der Zeit, coole Autos und, ganz wesentlich, interessant gebrochene Charaktere. Diese Leute, die Guten vielleicht etwas eher als die Bösen, wirken glaubhaft. Insgesamt liest sich „King Suckerman“ sehr flüssig und schafft es, mich als Leser von Beginn an zu fesseln. Nein, diese Story lässt sich nicht so einfach weglegen (und das Buch hat nicht zu Unrecht einige Preise gewonnen).

_Zum Schreibstil_

„King Suckerman“ bietet |Creative Writing| der Oberklasse (auch wenn Pelecanos das nie ausdrücklich gelernt hat). Schnell, direkt, plastisch, fast schon filmisch. Die filmische Struktur wird immer wieder deutlich, häufig springen den Leser beinahe fertig ausgearbeitete kleine Filmszenen an. Ich denke beim Lesen: Das Ding muss doch schon verfilmt sein, und einen Soundtrack müsste es doch auch geben …

Ganz wichtig für den Genuss dieses Krimis (wie der anderen Pelecanos-Bücher) sind die präzisen und profunden Milieukenntnisse. Ob das die Schilderung der Umgebung ist, der Kleidung, der Musik, der Bewegungen, alles stimmt bis ins Detail. Ganz besonders gilt das für den Dialog. Und hier offenbart die deutsche Übersetzung dann doch erhebliche Schwächen. Ich muss zugeben, diese Schwächen erst richtig gesehen zu haben, nachdem ich mir im Anschluss an „King Suckerman“ andere Bücher von Pelecanos auch mal im Original durchgelesen habe (es gibt ja längst nicht alles von ihm auf Deutsch).
Sämtliche Figuren werden da glasklar durch ihre Sprechweise charakterisiert, nicht bloß die schwarze Ghettosprache wird sauber abgebildet, bis in die letzte Nebenfigur stimmen Akzent und Wortwahl (soweit ich das mit amerikanischen Verwandten und mehrjähriger Ostküsten-Erfahrung beurteilen kann). Hier kommt das Deutsche einfach nicht nach, irgendwelche deutschen Sprachmuster einfügen zu wollen, wäre auch fatal. Auch die immer wieder eingewobenen Songtexte und Basketball-Referenzen verlieren durch die Übersetzung doch deutlich an Energie. Das ist schade, denn die enorme Farbigkeit von Pelecanos‘ Schreibe kommt so insgesamt nur etwas matt herüber. Also, meine Empfehlung (selbst wenn die Englisch-Kenntnisse nicht |so| perfekt sein mögen): Möglichst im Original kaufen. Trotzdem ist die Übersetzung von Bernd Holzrichter solides Handwerk. Und für den Einstieg eignet sich eins der |Dumont|-Bücher durchaus.

_Und was war jetzt mit dem Film?_

April 1998. Sean Combs (da noch „Puff Daddy“) ist auf dem Höhepunkt der Verkaufszahlen seiner Plattenfirma |Bad Boy| angekommen. Aber sein Ego ist zu groß, um sich nur mit einer Rolle als Plattenproduzent und Gelegenheits-Rapper bescheiden zu wollen. Modeschöpfer will er werden, und Filmstar. Die erste „Sean John“-Modelinie lässt er entwerfen – und er sichert sich die Rechte für die Verfilmung von „King Suckerman“. Oliver Stone soll den Regisseur geben. Für sich selber reserviert Puffy die Rolle des Marcus Clay (eigentlich erstaunlich, wo er doch eher kleinwüchsig ist).
Das von Pelecanos gelieferte Skript wird mehrfach umgeschrieben, doch eigentlich liegt es nicht am Skript, dass aus dem Film bis auf weiteres nichts wird: Der Herr Combs ist einfach kein Schauspieler (um es mal zurückhaltend zu sagen). Immerhin hat es mit der Mode funktioniert, die überteuerte „Sean John“-Konfektion läuft seit Jahren außerordentlich gut.
Schade um den Film jedoch. Dieses Buch hätte eine gute Verfilmung nicht bloß verdient – es bietet sich ganz klar dazu an, immer noch.

_Was geschah |nach| „King Suckerman“?_

George Pelecanos hat mittlerweile ein halbes Dutzend weiterer Bücher veröffentlicht. Vom direkten Nachfolger „The Sweet Forever“ liegt bereits eine deutsche Übersetzung vor (als „Eine süße Ewigkeit“ bei |Dumont Noir|). Die wichtigsten Charaktere aus „King Suckerman“ tauchen wieder auf, es ist 1986, Marcus Clay hat mittlerweile vier Plattenläden und Dimitri Karras ist sein BMW-fahrender Geschäftsführer – mit einem deutlichen Kokainproblem. Es gibt allerlei dramatische Verwicklungen mit jugendlichen Drogendealern und korrupten Polizisten, die ich hier nicht weiter verraten will. Stattdessen eine klare Kaufempfehlung.
Auch „Shame the Devil“, Anfang 2000 erschienen, greift auf Clay und Karras zurück, spielt aber wieder zehn Jahre später, 1996 – und ist meines Wissens bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt (dafür aber auf Französisch als „Funky Guns“ erhältlich). Das gilt auch für sein aktuelles Buch, „Hard Revolution“, in dem er Clay und Karras mal alleine lässt. Stattdessen besucht er einen anderen seiner Serienhelden, den schwarzen Privatdetektiv Derek Strange, als jungen Polizisten im Jahre 1968. Bin mal gespannt …

Als Einstieg in die Welt des George P. Pelecanos ist allerdings „King Suckerman“ kaum zu schlagen. Dass er nebenbei noch die auslaufende Blaxploitation-Welle und das schwarze Amerika der Mittsiebziger sauber aufzeichnet, das sind nur Nebenargumente: Hier ist einer der besten amerikanischen Autoren für „hard boiled“–Krimis am Werk – und er schreibt trotz verzeihlicher kleiner Abschweifungen ganz vorzüglich. Dieser Krimi ist spannend, kraftvoll und auf zugängliche Weise echte Literatur.

Also nochmals meine eindringliche Empfehlung: Go get it!

Alan Dean Foster – Aliens – Die Rückkehr

Mit letzter Kraft hat sich Ellen Ripley, Deckoffizier an Bord des Raumfrachters NOSTROMO, des unheimlichen, schier unsterblichen Aliens erwehren können, das sie und ihre Kameraden auf Geheiß der „Gesellschaft“, eines mächtigen Konzernmultis, ahnungslos vom Planeten LV-426 bergen mussten. Mit Jones, der Schiffskatze, treibt sie im Kälteschlaf in der Rettungskapsel der untergegangenen NOSTROMO im All und wartet auf ihre Rettung. (Die Vorgeschichte beschreibt Alan Dean Foster in [„Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ 645 .)

Schließlich findet man die Kapsel, doch inzwischen sind 57 Jahre vergangen. Ripley kehrt zur Erde zurück, wo ihre Angehörigen und Freunde längst gestorben sind. Die Schatten der Vergangenheit lassen sie nicht los. Da sind die ständigen Albträume. Schlimmer sind allerdings die Intrigen der „Gesellschaft“, die das so fatal fehlgeschlagene und höchst heikle Projekt LV-426 unbedingt vertuschen will und Ripley zum Sündenbock für den Verlust der NOSTROMO und ihrer Mannschaft stempelt. Ripley findet sich auf einer schwarzen Liste wieder, was es ihr doppelt schwer macht, in einer ihr völlig fremd gewordenen Welt Fuß zu fassen.
Da wendet sich Carter Burke, ein Repräsentant der „Gesellschaft“, an Ripley. Sie muss erfahren, dass die „Gesellschaft“ in den vergangenen Jahrzehnten eine Kolonie auf LV-426 – jetzt „Acheron“ genannt – eingerichtet hat. Riesige Maschinen sollen den unwirtlichen Planeten in eine zweite Erde verwandeln. Im Verborgenen wird gleichzeitig das Wrack untersucht, in dem die Mannschaft der NOSTROMO einst auf das Alien stieß.

Ganz plötzlich ist der Kontakt zur Vorzeige-Kolonie abgebrochen. Hat Ripley womöglich doch die Wahrheit gesagt? Die „Gesellschaft“ geht kein Risiko ein. Sie schickt den Truppentransporter SULACO und eine kleine Gruppe kampferprobter Soldaten nach Acheron, die dort nach dem Rechten sehen sollen. Ripley wird ihnen als Beraterin zur Seite gestellt; ihr bleibt keine Wahl, denn der lange Arm der „Gesellschaft“ wird sonst dafür sorgen, dass sie nirgendwo eine Heimat findet.
Nach der Ankunft findet die Gruppe die Kolonie menschenleer und zerstört vor. Ripley findet die einzige Überlebende: die sechsjährige Newt, die ihnen berichtet, wie Horden von Aliens die Kolonie überfallen und sämtliche Bewohner getötet oder verschleppt haben.

Rasch müssen die Soldaten, die Ripleys Warnungen über die Gefährlichkeit der Aliens bisher keinen Glauben geschenkt haben, die Erfahrung machen, dass ihre Bewaffnung und ihre Ausbildung gegen diesen Feind wenig ausrichten. Ein erster Vorstoß in das Nest der Aliens endet in einem Fiasko; einige Männer, darunter der Kommandant, sterben, das Landefahrzeug wird zerstört. Nun ist die Gruppe auf Acheron gefangen – und in der Nacht werden die Aliens kommen …

Seit etwa 1980 ist der „tie-in-Roman“ – die Nacherzählung eines Kino- oder TV-Films – eine feste Größe im Vermarktungskonzept der Film- und Fernsehindustrie. Das Drehbuch liegt sowieso vor; warum es dann nicht als Grundlage eines Romans noch einmal profitbringend recyceln? Im schlimmsten Fall werden die schon vorhandenen Dialoge und Handlungsvorgaben mit einigen Überleitungen verbunden, und schon kann das Produkt – und mehr ist es dann nicht – auf den Markt geworfen werden.
Unter diesem Aspekt ist es einleuchtend, dass sich eine ganze Reihe von zweit- und drittklassigen Autoren auf das Verfassen von Filmromanen spezialisiert hat. Aber auch Schriftsteller von Rang und Namen verdienen sich gern ein kleines Zubrot, wenn die Karrierekurve einmal einen Knick erfährt.

Alan Dean Foster gehört zu den redlichen Vertretern seiner Zunft. Er begann als „richtiger“ Autor und debütierte 1972 mit dem Roman „The Tar Aiym-Krang“ (dt. „Das Tar Aiym Krang“) dem er bis heute knapp 100 (!) weitere folgen ließ: Foster gilt als schneller, aber versierter und unterhaltsamer Handwerker. Als solcher erregte er schon früh die Aufmerksamkeit der Film- und Fernsehindustrie, der er schon vorher durch seine Arbeit in der PR-Abteilung eines kleinen kalifornischen Studios verbunden war. Zwischen 1974 und 1978 verwandelte er die Drehbücher der STAR TREK-Zeichentrickserie in eine zehnbändige Buchreihe. Anschließend ging es Schlag auf Schlag: Neben den „Alien“-Romanen entstanden Bücher zu Filmen wie „Starman“, „Das Ding aus einer anderen Welt“ oder „Outland – Planet der Verdammten“, aber auch zu Western wie „Pale Rider – Der namenlose Reiter“ – bis Anfang der 90er Jahre insgesamt etwa 25 Romane.

Der fleißige Autor hatte 1979 bereits den ersten Teil der „Alien“-Saga in Romanform gebracht und dabei sehr gute Arbeit geleistet. Die Fortsetzung sollte ihn vor ungleich größere Probleme stellen. „Aliens – Die Rückkehr“ ist ein James-Cameron-Film. Dieser Regisseur und Drehbuchautor ist bekannt und berühmt für seine fabelhaften Action-Filme (u. a. „Terminator“, „Terminator II“, „Abyss“). Gegen sein enormes Talent, eine spannende Geschichte in packende Bilder zu kleiden, fällt seine Fähigkeit, dieser Geschichte Tiefe zu verleihen, ab. Zumindest der frühe Cameron (mit „Titanic“ hat sich seine inszenatorische Bandbreite stark erweitert) achtete deshalb darauf, dass vor der Kamera immer etwas geschieht. In „Aliens – Die Rückkehr“ gibt es durchaus ruhige Passagen (das gilt besonders für den „Director´s Cut“, der fast eine halbe Stunde länger ist als die Kinofassung), der Film weist dennoch einen völlig anderen Grundton auf als sein Vorgänger.

Zwangsläufig erschwert die Betonung des Körperlichen einem Schriftsteller wie Alan Dean Foster die Arbeit. Er denke sich gern in die Köpfe seiner Figuren, sagte er in einem Interview einmal (nachzulesen in: Jens H. Altmann, „Am Ende passt alles zusammen“. Ein Interview mit Alan Dean Foster, in: Wolfgang Jeschke [Hg.], Das Science Fiction Jahr 1998, Heyne Verlag, Nr. 06/5925, S. 565-574). Dazu lässt ihm das Drehbuch zu „Aliens“ wenig Spielraum. Foster kann in die actionbetonte Story keine längeren Passagen einfügen, die dieser völlig entgegenlaufen. Also muss er sich mit Andeutungen begnügen. (So erfährt man beispielsweise zum ersten Mal etwas über das Privatleben Ellen Ripleys, die hier zudem endlich zu ihrem Vornamen kommt). Trotzdem gelingt ihm wieder ein spannend zu lesender Roman, der gegen den auf seine Art überragenden Film, der sich wie sein Vorgänger sofort zu einem Klassiker des Genres entwickelte, allerdings dieses Mal deutlich abfällt.

Taschenbuch : 282 Seiten
www.heyne.de

Hesemann, Michael – Hitlers Religion

Der frühere „Magazin 2000“-Herausgeber lebt mittlerweile ausschließlich von seinen vielen Sachbüchern, die meist Bestseller-Status haben. In seinem aktuellsten Buch beschäftigt er sich mit den spirituellen und okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus. Obwohl unter Historikern nach wie vor eher Tabu, gibt es dennoch bereits eine ganze Anzahl solcher Studien. Zunächst erhält man beim Lesen auch den Eindruck, dass sich Hesemanns Werk nicht so sehr von den bisherigen Veröffentlichungen unterscheidet. Auch stellt sich anfangs die Frage, wie seriös seine Untersuchungen zu nehmen sind, da er sich im groben an „Hitlers Tischgesprächen“ von Hermann Rauschning orientiert, deren Wahrheitsgehalt bekannterweise sehr angezweifelt wird. Was er dann allerdings auf dieser Grundlage und zudem an der – wenn auch sehr dezimierten – Bibliothek Hitlers rekonstruiert, ist eine große Leistung, die anders daherkommt als die Versuche seiner Vorgänger. Tatsächlich reiht er sich damit ein in die Reihe der großen wichtigen Hitlerbiografen wie Joachim C. Fest, John Toland und Ian Kershaw und ergänzt auch die profunden Studien Werner Masers oder Guido Knopps. Hesemann kann recht überzeugend darlegen, dass Hitlers Nationalsozialismus durchaus eine ernstzunehmende Religion darstellte und nicht – wie bislang – einfach unter reinen politischen Gesichtspunkten gesehen werden darf. Diese These ist gesellschaftlich ungeheuer provokant, aber die vorliegende Studie ergibt Sinn und erscheint recht überzeugend.

Hitler war zeitlebens Katholik und deswegen werden von Historikern die immer genannten Verflechtungen zum heidnisch-völkischen Germanentum und zu den okkulten Bewegungen als nicht haltbar bezeichnet, da unter der Nazi-Herrschaft diese verboten und verfolgt wurden. Aufgrund seiner umfangreichen Recherchen bietet Hesemann allerdings ein detailliertes Bild all dieser damaligen Strömungen und zeigt auf, welche Wechselwirkungen es zwischen Hitler und anderen Nazi-Größen in der Auseinandersetzung mit Führern dieser Bewegungen tatsächlich gab. Nicht anders als ebenso bei den Kirchen wurden diese zeitweise unterstützt, zeitweise abgelehnt und bekämpft. Das Nazi-Regime war mit ständigem Taktieren verschiedenster Positionen befasst und zeichnete sich vor allem durch die Brutalität aus, mit welcher einstige Bündnispartner ausgemerzt wurden – je nach Situation und scheinbarer Notwendigkeit. In der Einschätzung der Bewegung Hitlers machten auch fast alle völkischen und okkulten Lager einen groben Fehler, indem sie in den Anfängen Hitler unterstützten und tatsächlich einen prophezeiten Messias zu erkennen glaubten. Entgegen der Darstellung der gegenwärtigen Antifaschisten und Linken wird dabei aber auch genauso klar, dass all die völkischen Bewegungen und okkulten Gruppierungen – zusammengefasst unter Lebensreformbewegung – natürlich nicht pauschal als faschistische Wurzel und Wegbereiter betrachtet werden können. Dennoch bewegten sich die Nazis in ihrer Anfangszeit in all diesen Kreisen und Hitler sah sich natürlich als Führer in der Rolle eines Wotanspriesters und benutzte auch seinen Vornamen Adolf entsprechend als „Adewolf“ (der edle Wolf), was sich auch in den Namen seiner Hauptquartiere widerspiegelte (Wolfsschanze, Wolfsschlucht, Wolfsburg). Hitler ersetzte alle christlichen Feiertage mit naturreligiösen Entsprechungen.

Der Leser dieser „esoterischen“ Hitler-Biografie erhält einen sehr umfangreichen Einblick in die Geschichte der relevanten geisteswissenschaftlichen und spirituellen Strömungen des letzten Jahrhunderts und kann aufgrund der Neutralität und Objektivität, die Hesemann wahrt (im Gegensatz zu bisherigen Historikern, welche sich allesamt parteiisch positionierten), auf spannende Weise verfolgen, wie sich vieles, das auch immer noch positiv erscheint, in diese furchtbare, monströse, menschenfeindliche Diktatur entwickeln konnte. Selbst der Antisemitismus war ursprünglich ja nicht mit diesem schrecklichen Ausgang geplant, selbst Hitler schreckte davor zurück, die Brutalität des christlichen Mittelalters und der damals schon vorhandenen Judenfeindlichkeit zu wiederholen. Obwohl er offiziell – trotz Unterschiedlichkeiten – gegenüber den Kirchen immer Christ blieb und der Vatikan ihm dies auch – ebenso zwar mit Misstrauen – im Grunde glaubte, weist Hesemann nach, dass die Nazis die Politik („erst die einen, danach die anderen“) verfolgten und dass nach erfolgreicher Judenvernichtung in gleicher Weise die Vernichtung der Christen geplant war. Das Buch endet mit dem bekannten – in der Welt immer noch beispiellosen – Schrecken der Gaskammern, der letztlich auch zum Zusammenbruch des Nazi-Regimes führte. Ohne diese Bestialität wäre der 2. Weltkrieg vielleicht ganz anders ausgegangen und Deutschland hätte seine Kriege gewinnen können. Aber mit diesem gewaltigen Völkergenozid hatte sich Nazi-Deutschland endgültig isoliert, und keine Macht der Welt stand am Ende noch auf seiner Seite.

Hesemann hat mit dieser Biografie sein bislang wichtigstes und bedeutendstes Werk vorgelegt, mit dem er auf lange Zeit ein Standardwerk geschaffen haben dürfte, dem sicherlich noch intensivere und detailliertere Forschungsarbeiten anderer Autoren folgen werden. Auch in aktueller politischer Hinsicht ergibt es durchaus Sinn, sich mit diesem Buch zu beschäftigen. Denn ähnlich wie der fanatisierte islamische Fundamentalismus einen „Heiligen Krieg“ führt, verfolgten auch die Nazis eine heilsgeschichtliche Mission. Und nicht von ungefähr ist Hitler ein Idol der Radikal-Islamisten.

Ergänzende Literatur zu den okkulten Wurzeln des Dritten Reiches:
[Das schwarze Reich 179 von E. R. Carmin.

Asher, Neal – Drache von Samarkand, Der

Im Jahr 2432 hat sich die Menschheit über die ganze Galaxis ausgebreitet. Die Regierungsgewalt liegt bei einem riesigen Netzwerk künstlicher Intelligenz, „Earth Central“ genannt. Entfernungen spielen kaum noch eine Rolle, denn mit Hilfe der so genannten „Runcible“-Stationen kann man sich in Sekundenbruchteilen von Planet zu Planet beamen. Runcible-Stationen werden ebenfalls von künstlichen Intelligenzen betrieben und gelten als absolut zuverlässig. Bis auf dem Planeten Samarkand ein Runcible in einem gewaltigen Feuerball vergeht, tausende von Menschen tötet und den terrageformten Planeten in eine lebensfeindliche Wüstenei zurückverwandelt.

Ein Fall für ECS (Earth Central Security). Diese schickt ihren besten Agenten, Ian Cormac, ins Gefecht. Der seit Jahrzehnten mit der KI vernetzte Cormac muss diesen Einsatz ohne Direktlink zu Earth Central bestreiten: Bei seinem letzten Einsatz zeigten sich Schwächen seinerseits, mit „normalen“ Menschen umzugehen. Deshalb musste er die Schwester des Separatisten Arian Pelter töten, die ihn entlarven konnte.

Während Cormac auf Samarkand auf die exotische, außerirdische Lebensform „Drache“ stößt, hetzt Pelter ihm mit dem Söldner Stanton und dem irren Androiden Mr. Crane hinterher …

_Der Autor_

Neal Asher wurde 1961 in Essex geboren. Seine Homepage gibt sich recht zurückhaltend mit persönlichen Daten. Bereits im Alter von 17 Jahren veröffentlichte er mehrere Fantasy-Geschichten, außerdem einige Drehbücher für in Deutschland unbekannte TV-Serien (u. a. „Trines“). „Der Drache von Samarkand“ (Gridlinked) erschien im Jahre 2001 und stellt sein erstes größeres Werk im Bereich der Science-Fiction dar. Im so genannten „Polis“-Universum sind auch die Romane [„Skinner – Der blaue Tod“ 291 und „Das Erbe Dschainas“ angesiedelt, deren Hauptakteure stets ECS-Agenten sind. Cormac hat erst im „Erbe“ seinen nächsten Auftritt, auf „Skinners“ Wasserwelt Spatterjay vertritt ihn Agent Keech.

_Science-Fiction, Agententhriller … oder eine Mogelpackung?_

Ian Cormac ist ein Bond-Verschnitt erster Güte: Ausgestattet mit einem Arsenal exotischer Waffen, z. B. einem Wurfstern mit KI, macht er von seiner Lizenz zum Töten ausgiebig Gebrauch.

Asher zeichnet ein komplexes Universum, mit allem, was die Science-Fiction zu bieten hat: Von der Serie „Stargate“ und Simmons‘ „Hyperion“ inspirierten Teleport-Toren und künstlichen Intelligenzen bis hin zu Golems genannten Androiden. Inklusive eines vermeintlich komplexen Helden, der, nach Jahren von der |Earth-Central|-KI getrennt, nun wohl gewaltigen persönlichen Problemen gegenübersteht, sowie einer absolutig fremdartigen, mysteriösen, ja geradezu gigantischen außerirdischen Lebensform namens „Drache“. An und für sich klingt das alles nicht schlecht, eher vielversprechend. Genauso wie der Klappentext:

|Abwechslungsreich und farbenfroh, für alle Freunde von Peter F. Hamilton.|

Ich möchte dem heftigst widersprechen: Massenweise Ideen anderer Autoren zu übernehmen, garantiert keinen guten Roman. Denn leider ist der Ozean an Ideen, den Asher angezapft hat, bei ihm zwar umfassend, aber so oberflächlich, dass er weniger Tiefgang als eine Pfütze hat.

So ist Ian Cormac von Anfang bis Ende eher unpersönlich, kein starker Heldencharakter oder Antiheld – eher ein Langweiler. Wie der Rest seiner Antagonisten auch. Die angepriesene High-Tech-Waffenspielerei beschränkt sich auf seinen KI-gesteuerten Shuriken. Dann gibt es noch den „Golem“ Mr. Crane, der ein wenig an den „Beißer“ aus diversen James-Bond-Filmen erinnert. Er ist zwar ein Stereotyp, aber er hat mehr Charakter als die lauen Opfer und Nebencharaktere, die blass in der Bedeutungslosigkeit versinken.

Schleierhaft ist mir die Titelgebung des Romans: Der erwähnte Drache taucht mitten in einer kleinen Privatfehde zwischen dem Separatisten Pelter und Cormac, den dieser seit Jahren erfolgreich bekämpft, auf. Das Schlimme ist: Diese kleine Fehde macht den Hauptteil der Handlung aus!

Und leider … ist sie unglaublich langweilig. Angerissen, aber nie zuende gebracht – das zeichnet alle Handlungsstränge dieses Buches aus. Cormac war lange mit der KI vernetzt – aha, jetzt hat er wohl Probleme ohne diese. Pustekuchen – keinerlei Konflikt. Genauso fallengelassen wie ein wenig Licht ins Dunkel der Motivation des Drachen zu bringen, der wohl ein wenig Grauen ob des Unbekannten in die Handlung bringen sollte. Ansonsten rüsten sich alle Protagonisten gerne genetisch oder technologisch auf. Aber auch hier beschränkt sich Asher auf die rein physischen Resultate, ohne näher ins Detail zu gehen. Die künstlichen Intelligenzen werden auch nicht gerade berauschend in der Art körperloser Stimmen aus dem Off beschrieben, Kontakt per Funk oder Vernetzung in der Regel – wenn Simmons, Asimov und andere Autoren über KIs schreiben, wird wesentlich mehr geboten.

Ein weiterer Schwachpunkt ist die Übersetzung, die für ein und dieselbe Technik, die „Runcible“ genannten Teleporttore à la Stargate, einen Mix aus Deutsch und Englisch („Runcible“ meets „Zinklöffel“ – wie bitte?) bietet, auch die Namensgebung kann abschrecken. Anglophoner geht es nicht: Arian Pelter, Horace Blegg, Mr. Crane … es fehlt nur der so beliebte und für Engländer anscheinend wohlklingende Name Artemis für einen Mann, dann würde ich schreiend davonrennen. Desweiteren gibt es noch das krude übersetzte „‚Wie es aussieht‘ von Gordon“ …

Was das ist? Zu Beginn jedes Kapitels gibt es eine kleine Einleitung mit Infos zu Geschichte und Technik, eben „Gordon“ oder das „Quittenhandbuch“. An und für sich eine gute Idee, aber meistens ohne Bezug zur aktuellen Handlung und ohne dem vielfältigen Universum ein wenig mehr Tiefe zu verleihen. Ob es am Autor liegt oder am Übersetzer, sei dahingestellt: Sprachlich ist der Roman ein plattes Machwerk. Die Handlung ebenso. Mischen wir den irreführenden Klappentext hinsichtlich der fremdartigen Alien-KI Drache hinzu, haben wir eine literarische Katastrophe: Wer hat den Drachen erbaut, und zu welchem Zweck? Ist er nicht vielmehr ein Lebewesen denn eine KI? Dies wird nie geklärt, anscheinend auch nicht in den zwei folgenden Romanen.

Eine reine Nebenhandlung, die Interesse auf die uninteressante Haupthandlung lenken soll. Wer einen Roman zum Thema KI oder außerirdische Intelligenz erwartet, wird hier ganz klar irregeführt. Dieser Roman ist zu allem Überfluss auf jedem Gebiet, das er anschneidet und fallen lässt, leider nur mäßig bis unterdurchschnittlich.

_Der seichte SciFi-Bruder von James Bond_

Man darf Cormac weder mit James Bond vergleichen, noch anspruchsvolle Science-Fiction erwarten. Andererseits bieten selbst Heftserien wie Perry Rhodan markigere Charaktere, im vorliegenden Buch wird leider nur zwischen blass und stereotyp abgewechselt.

Obwohl es oft blutig zugeht und die Zahl der Todesopfer bemerkenswert hoch ist, die Cormacs Fehde mit Pelter fordert, für einen Actionroman wird zu wenig Finesse geboten. Oberflächliche, unausgegorene Handlungsstränge gibt es dafür zuhauf – die Vergleiche mit Hamilton sind sehr schmeichelhaft, an den |sense of wonder| eines Armageddon-Zyklus oder die Krimis der Mindstar-Reihe kommt dieser Roman bei weitem nicht heran.

Alleine Earth Central, die Regierungs-KI, hätte so viele Möglichkeiten geboten… hätte man daraus nicht zwangsweise etwas machen müssen? Eine KI zum Guten oder Bösen? Fehlanzeige. Gemäß dem scheinbaren Motto des Romans eingeführt und dann sofort wieder fallengelassen worden wie eine heiße Kartoffel.

Neal Asher hätte einen großartigen Mix aus Science-Fiction, Action und Agententhriller schaffen können. Diese Vielfalt hat einen gewissen Reiz. Leider kann der „Drache“ weder einzeln noch in Kombination der Genres das Mittelmaß überbieten.

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