Frank Herbert & Bill Ransom – Der Jesus-Zwischenfall (SCHIFF-Zyklus 02)

Der SCHIFFs-Gott fordert Verehrung

Dies ist der zweite Roman im vierbändigen Schiff-Zyklus, der mit „Ein Cyborg fällt aus“ (1966, revidiert 1978) begonnen wurde. Der Zyklus umfasst folgende Bände:

Schiff-Zyklus (mit Bill Ransom)

Do I Sleep or Wake (altern. Version von Destination Void, 1965)
Destination: Void (1966, dt. Ein Cyborg fällt aus, 1971 u. Neuaufl. 1987)
Destination: Void – Revised Edition (1978)
The Jesus Incident (1979, dt. Der Jesus-Zwischenfall 1981)
The Lazarus Effect (1983, dt. Der Lazarus-Effekt 1986)
The Ascension Factor (1988, dt. Der Himmelfahrtsfaktor 1989)

Bei Heyne veröffentlicht:

1) Ein Cyborg fällt aus
2) Der Jesus-Zwischenfall
3) Der Lazarus-Effekt
4) Der Himmelfahrts-Faktor

Wie man sieht, verknüpft das Autorengespann Herbert/Ransom Themen der SF mit der Religion. Das hat Herbert ja schon in „Der Wüstenplanet“ und den Folgebänden getan. Herbert erzählt lediglich die Schöpfungsgeschichte (vgl. das Buch Genesis) rückwärts, so dass er schließlich wieder im Paradies (Himmelfahrt!) landet. Mehr Info.

Der Autor

Frank Herbert (1920-1986) wuchs im Nordwesten der USA auf, arbeitete als Reporter und Wahlkampfhelfer, bevor und während er ab 1952 seine ersten SF-Stories veröffentlichte, denen 1956 der erste Roman „Dragon in the Sea“ folgte. 1963 -1965 wurden seine Stories um den Wüstenplaneten Arrakis in „Astounding“ publiziert, doch um seinen daraus aufgebauten Roman „Der Wüstenplanet“ unterzubringen, musste Herbert erst 20 Ablehnungen kassieren, bevor es ihm 1965 gelang, den Verlag Chilton Book Co. zu gewinnen, der mehr für seine Autoreparaturratgeber bekannt war.

Die DUNE-Saga umfasste schließlich sechs Romane aus Frank Herberts Schreibfabrik, von denen die ersten drei verfilmt worden sind. Herbert schrieb neben 20 anderen SF-Romanen auch einen interessanten Non-SF-Roman namens „Soul Catcher“, der noch nicht übersetzt worden ist.

Die DUNE-Saga:

1) Der Wüstenplanet (1965)
2) Der Herr des Wüstenplaneten (1969)
3) Die Kinder des Wüstenplaneten (1976)
4) Der Gottkaiser des Wüstenplaneten (1981)
5) Die Ketzer des Wüstenplaneten (1984)
6) Die Ordensburg des Wüstenplaneten (1985)
7) Die Jäger des Wüstenplaneten (2006)
8) Die Erlöser des Wüstenplaneten (2007)

Handlung

Mit dem „Schiff“ haben die irdischen Wissenschaftler unfreiwillig ein mächtiges künstliches Bewusstsein geschaffen. Es beherrscht die Menschen, die es in seinem Innern beherbergt, wie ein Gott und fordert Verehrung.

Nach einem langen Raumflug zu einer fernen Koloniewelt erwachen die Menschen nun aus dem Kälteschlaf. Schiffs Macht ist noch gewachsen. Es hat einen erdähnlichen Planeten entdeckt, Pandora, der tödliche Geschöpfe beherbergt. Diese belagern schon bald den von den Kolonisten gebildeten Brückenkopf. Ein rätselhaftes intelligentes Kollektivwesen, der Kelp, der in den Meerestiefen lebt, wird entdeckt.

Durch das Klonen von menschlichen Zellen mit einheimischem Zellmaterial versuchen die Wissenschaftler, den Menschen der fremden Umwelt anzupassen, doch sie scheitern. Schiff sabotiert nämlich ihre Arbeit, denn es sucht selbst eine Lösung.

Pandora ist zwar die Hölle, doch es gibt kein Zurück. Die Erde existiert nicht mehr, sagt das Schiff. Aber die Wege Schiffs sind unergründlich. Jagt Schiff die Menschen durch die Hölle, damit sie eines Tages das Paradies schauen? Oder lässt Schiff die Menschen unsägliches Leid ertragen, damit sie des Glücks teilhaftig werden können, wie die junge Frau, die Schiff durch die Zeiten hinabtauchen lässt, damit sie Zeugin vom Kreuzestod Jesu Christi wird? Oder ist dies alles nur eine gigantische Simulation, bei der Schiff seine Macht erprobt?

Mein Eindruck

„Der Jesus-Zwischenfall“ ist ein planetarische Abenteuergeschichte mit philosophisch-religiösem Hintergrund. Hier untersucht Frank Herbert wie schon in „Der Wüstenplanet“ die Auswirkungen von religiösen Ideen: Dort ist es der Gottkaiser, Messias und Prophet, hier das Gottwesen selbst, das Verehrung und Unterwerfung fordert – und bekommt.

Doch hier bewirkt das Göttliche harte Prüfungen als Unterweisung. Hier wird nicht ein Planet erobert, eher ist das Gegenteil bezweckt: Die Kolonisten haben sich der Welt in ihren eigenen Genen anzupassen. Hier werden keine Drogen benutzt – die Bewusstseinserweiterung erfolgt direkt durch als Gottwesen. Die Dubiosität der Moral solcher Unterweisung ist offensichtlich: Der freie Wille ist ausgeschaltet.

Das Überleben auf der gefahrvollen Welt Pandora ist nun der ultimative, allerletzte Test der Tauglichkeit der von SCHIFF geschaffenen Wesen, seien sie Klone oder vermischte Menschen. Deswegen taucht vielfach ein Verweis auf Mary Shelleys Roman „Frankenstein“ (1818) auf: SCHIFF ist ebenso ein erschaffenes Wesen wie seine Kreaturen, und damit geht entsprechende Verantwortung einher.

Unterm Strich

Die Geschichte ist halbwegs spannend erzählt und weiß durch viele Rätsel das Interesse des Lesers zu wecken. Der Autor führt zahlreiche neue Konzepte ein, mit denen es die vielen Figuren es zu tun bekommen, denn sie werden SCHIFFs Willen unterworfen. Die Übersetzung durch den John-Norman-Übersetzer Thomas Schlück ist akzeptabel, wenn man bereit ist, ein paar Abstriche zu machen.

Die Handlung könnte wesentlich spannender sein, denn die ganze Konstruktion der Geschichte und ihres Settings wirkt sehr angestrengt. Zudem muss der Leser die Toleranz aufbringen, SCHIFF für einen GOTT zu halten, und das macht schon bald rebellisch. Jedem Kapitel ist ein mehr oder weniger langes Motto bzw. Zitat vorangestellt (genau wie in sämtlichen DUNE-Romanen). Das macht den Roman nicht einfach zu lesen. Es hilft aber sehr, wenn man diese lästigen Zitate einfach ausblendet. Man kann sie ja nachholen.

Dieser Roman ist etwas spannender als der vorhergehende und als der vierte Band des Zyklus („Der Himmelfahrt-Faktor“), vergleichbar nur mit dem Folgeband, „Der Lazarus-Effekt“ – man beachte die Verbindung aus religiösen und wissenschaftlichen Begriffen in den Titeln. Der Schiff-Zyklus ist einer der interessanteren Zyklen in der Science Fiction, die sich mit Religion und Wissenschaft beschäftigen, denn hier wird praktisch das biblische Buch „Genesis“ rückwärts erzählt und mit dem Neuen Testament – die Sache mit Jesus – konfrontiert.

Taschenbuch: 432 Seiten
O-Titel: The Jesus Incident, 1979;
Aus dem US-Englischen übertragen von Thomas Schlück.
ISBN 9783453307377

www.heyne.de

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