Das Mitchell’s Inn in den Wäldern der Catskill Mountains ist der perfekte Ort für ein gemütliches Wochenende. Doch als ein Schneesturm aufzieht, der jeglichen Kontakt zur Außenwelt unmöglich macht, wird das Hotel zur tödlichen Falle. Denn ein Gast nach dem anderen stirbt unter mysteriösen Umständen. Jeder weiß: Der Mörder muss unter ihnen sein – und es gibt keine Möglichkeit, die Polizei zu alarmieren oder zu fliehen …(Verlagsinfo)
»Mein Tod kam für mich völlig überraschend.« So kann es gehen, wenn »Mann« beim Überqueren einer Straße allzu intensiv einer jungen Frau hinterherschaut und von einem Auto erfasst wird. Doch überraschender ist für den soeben verstorbenen Journalisten, dass er fortan als Geist über den Dingen schweben und andere Tote treffen kann. Doch Vorsicht: Kein Geist lebt ewig, und Dummheiten bleiben nie ohne Folgen … (Verlagsinfo)
Die Welt liegt in Trümmern, und verheerende Naturkatastrophen fordern viele Opfer, seitdem das Ley-Netz zusammengebrochen ist. Die Lumagierin Kara versucht alles, um das Kraftnetz zu heilen und so das Gleichgewicht der Welt wiederherzustellen. Doch der Schaden ist groß, und Kara braucht die Macht aller auffindbaren Lumagier – inklusive derer, die sich ihren Feinden, den radikalen Weißmänteln, angeschlossen haben. Kann sie ihnen vertrauen oder werden sie die Welt noch tiefer ins Chaos stürzen?
(Verlagsinfo)
Susanna Fenton hütet ein Geheimnis. Und deswegen blieb ihr nur die Wahl, ihr altes Leben hinter sich zu lassen, sich neu zu erfinden. Heute, vierzehn Jahre später, ist sie erfolgreiche Psychotherapeutin.
Ihr aktueller Klient verursacht ihr jedoch Unbehagen. Adam Geraghty erzählt ihr nicht nur von schrecklichen Gewaltfantasien, sondern erscheint ihr auch seltsam vertraut. Fast zu spät erkennt Susanna, dass er von ihrer Vergangenheit weiß – und gekommen ist, alte Rechnungen zu begleichen …(Verlagsinfo)
Ein alter, weiser Künstler im Hindukusch: grausam ermordet. Eine schöne Archäologin: niedergestochen in Alexandria. Ein Berliner Nachtwächter: durchgeschnittene Kehle. Die Spuren dieser Morde führen alle zu einem sagenumwobenen Grab in der Sahara. Es birgt ein Geheimnis, das so kostbar ist, dass Menschenleben wenig zählen. Auch John Finch ist ihm auf der Spur. Für den abenteuerlustigen Piloten ist schließlich kein Auftrag zu gefährlich. Doch in Europa angekommen, beginnt für Finch und seine Verbündeten ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn schon bald befinden sie sich mittendrin in einer mörderischen Jagd nach dem größten Geheimnis der Antike …
(Verlagsinfo)
Holdstock hatte mit seinem Roman „Mythenwald“ 1984 den World Fantasy Award gewonnen. Offensichtlich versuchte er mit „Lavondyss“, an diesen Erfolg anzuknüpfen, wie uns der deutsche Verlag Bastei-Lübbe durch den deutschen Buchtitel „Tallis im Mythenwald“ suggerieren will. Dies ist der zweite Band in seiner Reihe über den geheimnisvollen Ryhope-Forst.
Wenn man berücksichtigt, dass fast alle nachfolgenden Romane in einem Mythago-Wald spielen, dann erkennt man, dass „Mythenwald“ einen konzeptionellen Durchbruch für Holdstock bedeutete. Es wäre ein Wunder, wenn der Erzähler dieses Neuland nicht weiter erkundet hätte. Später folgten daher noch „The Hollowing“ (Band 3), „Gate of Horn, Gate of Ivory“ (Band 4), „The Bone Forest“ (das Prequel) – siehe auch das Werksverzeichnis unten.
Der Autor
Robert Paul Holdstock, geboren 1948, begann mit dem Schreiben schon 1968, machte sich aber erst 1976 als Schriftsteller selbständig und schrieb daraufhin eine ganze Menge Genre-Fantasy. Dabei entstanden wenig interessante Trilogien und Kollaborationen an Sword and Sorcery-Romanen, u. a. mit Angus Wells.
Erst 1983 und 1984 taucht das für die Ryhope-Sequenz wichtige Motiv des Vater-Sohn-Konflikts im Roman „Mythago Wood“ auf, für den der Autor den |World Fantasy Award| erhielt. Beide Seiten werden getrennt und müssen wieder vereinigt werden. Das Besondere an dieser emotional aufgeladenen Konstellationen ist jedoch, dass die Bewegung, die dafür nötig ist, in einer Geisterwelt stattfindet: dem Ryhope-Forst.
In Holdstocks keltischer Fantasy befindet sich in diesem Urwald, der dem kollektiven Unbewussten C. G. Jungs entspricht, erstens ein Schacht, der mit weiterem Vordringen ins Innere immer weiter zurück in der Zeit führt. Eines der wichtigsten und furchtbarsten Ungeheuer, Urscumug, stammt beispielsweise aus der Steinzeit. Und zweitens finden bei diesen seelischen Nachtreisen durch die Epochen permanent Verwandlungen, Metamorphosen statt. So verwandelt sich die Hauptfigur Tallis in „Lavondyss“ schließlich in eine Dryade, einen Baumgeist. Das ist äußerst faszinierend geschildert.
Am Ende der Nachtreisen warten harte Kämpfe, die auch in psychologischer Hinsicht alles abverlangen, was die Kontrahenten aufbieten können. Und es ist niemals gewährleistet, dass die Hauptfiguren sicher und heil nach Hause zurückkehren können. Denn im keltischen Zwielicht, das noch nicht durch das christliche Heilsversprechen erleuchtet ist, scheint am Ende des Weges keine spirituelle Sonne, sondern dort wartet nur ewige Nacht. Es ist also die Aufgabe des Autors darzulegen, wie dieses schreckliche Ende vermieden werden kann.
Der MYTHAGO-Zyklus bis dato:
1. Mythago Wood (1984; [Mythenwald, 4139 World Fantasy Award!)
2. Lavondyss (1988; Tallis im Mythenwald)
3. [The Bone Forest 4088 (1991; Sammlung)
4. [The Hollowing 4161 (1993)
5. Merlin’s Wood (1994, Sammlung inkl. Roman)
6. Ancient Echoes (1996)
7. [Gate of Ivory 1422 (2000)
8. Avilion (2008)
Der MERLIN CODEX-Zyklus:
1. Celtika (2001)
2. The Iron Grail (2002)
3. The Broken Kings (2007)
Handlung
Als Tallis Keeton vier Jahre alt war, weckte sie ihr Stiefbruder Harry und küsste sie. „Ich muss gehen“, sagte er, „doch irgendwann werden wir uns wiedersehen.“ Dann verschwand er. Er ging in den Ryhope-Forst, einen beinahe undurchdringlichen Wald, den Forscher wie George Huxley Mythago Wood nannten. Hier nehmen die alten Archetypen und Legenden aller Zeiten (bis zu 10.000 Jahre v. Chr.!) Gestalt an und führen dort ein für Menschen fremdartiges Leben.
Nach Harrys Fortgang und vermutlichem Tod 1948 sind die Keetons eine zerrissene Familie. Diese Zerrissenheit wird von jedem ihrer Mitglieder anders bewältigt. Tallis geht ihren ganz eigenen, sehr gewagten Weg, wie schon ihr Bruder Harry und ihr Großvater Owen. Owen hat ihr ein kommentiertes Märchenbuch geschenkt und ihr einen langen Brief hinterlassen. Außerdem ist er für ihren Namen verantwortlich: Tallis sei die weibliche Form von Taliessin, und der war neben Merlin bekanntlich der größte Magier Englands. Er kommt im Legendenkreis des walisischen „Mabinogion“ vor. Tallis‘ Weg als Zauberin ist vorgezeichnet.
Als sie fünf ist, bemerkt sie die ersten Geistwesen aus dem Augenwinkel, doch wie ihr Owen geraten hat, fürchtet sie sich nicht vor ihnen. Es sind nur Mythagos, und sie geben ihr Geschichten, Wissen und Visionen. Schon bald fallen ihr die geheimen Namen fast aller Orte ein, beispielsweise Morndun-Hügel statt Barrow Hill. Nach einem Besuch im verfallenden Haus von George Huxley (er starb 1946, seine Söhne verschwanden 1947 und 1948) versucht sie, das Gesicht auf dem Totempfahl vor dem Haus nachzuschnitzen. Aber es kommt nur eine bemalte Rindenmaske heraus. Sie nennt sie The Hollower, denn damit könne man alle Hollowings (Hohlwege) zwischen unserer und den anderen Welten sehen. The Hollower ist eines der Geistwesen, die sie aus dem Augenwinkel zu sehen pflegt.
Im Laufe der Jahre schnitzt und bemalt Tallis zehn Masken und gibt ihnen ihre wahren Namen:
1) The Hollower – Der Hohlweger: erleichtert Visionen durch Hollowings, Abkürzungen zu anderen Orten und Zeiten; Tallis hat mehrere Hollowings entdeckt.
2) Gaberlungi: eine ganz weiße Maske: Erinnerung an das Land
3) Sinisalo: Das Kind im Lande sehen
4) Morndun: die erste Reise eines Geistes in ein unbekanntes Land
5) The Silvering – Der Silberling: Der Zug eines Salms in den Flüssen eines unbekannten Lands
6) Falkenna – Das Falkengesicht: Der Flug eines Vogels in ein unbekanntes Land
7) Moondream – Mondtraum: …um die Frau im Land zu sehen
8) Skogen: Schatten des Waldes
9) Cunhaval: Das Rennen eines Jagdhundes durch die Wege eines unbekannten Landes
10) Lament – Wehklage
Die 13-jährigen Tallis ist zu einem phantasievollen Mädchen herangewachsen und hört immer häufiger Stimmen und Gesänge aus dem Ryhope-Wald – den sie den „Alten Verbotenen Ort“ nennt, kurz AVO bzw. OFP (Old Forbidden Place). In einer wunderbar fröhlich-ironischen Szene berichtet sie einem befreundeten Komponisten, dem 84-jährigen Mr. Williams, davon und erzählt ihm die Geschichte von den drei Brüdern Arthur, Mordred und Scathach: „Das Tal der Träume“. Das Lied, das sie danach hört, identifiziert der alte Musiker als das Volkslied „Der reiche Mann und Lazarus“.
Als sie Mr. Williams kennenlernt, hat sie bereits eine einschneidende Erfahrung hinter sich, in der sie das Vogelgeistland begründet hat. Als sie in der alten Eiche Stark-gegen-den-Sturm ein Hollowing entdeckt, erblickt sie einen schönen jungen Krieger, in den sie sich sofort verliebt. Allerdings liegt er schwer verletzt auf einem großen Schlachtfeld. Sie nennt ihren Namen, Tallis, und er nennt sich Scathach. Auf keinen Fall will sie ihn sterben lassen, wirft ihm durch das Hollowing hindurch Verbandszeug hinunter.
Da sieht sie zu ihrem Schrecken, wie mehrere Gefahren ihren Geliebten bedrohen: ein dunkler Sturm, eine Schar Aasvögel und zu guter Letzt vier schwarz gekleidete alte Frauen, die die Gefallenen ausplündern und zerstückeln. Das darf ihrem Scathach nicht passieren! Und so versucht sie die drei Gefahren abzuwehren. Mit diversen magischen Objekten wehrt sie die Aasvögel ab und schafft so Vogelgeistland. Fortan meiden alle Vögel diese Eiche, die in zwei Dimensionen steht. Die vier Leichenfledderer kann sie nur aufhalten, doch nicht vertreiben. Ein Schamane und eine fünfte Frau kommen und tricksen Tallis aus: Sie bewegen die Zeit. Als Tallis das nächste Mal zum Hollowing zurückkehrt, liegt Scathach bereits auf dem Scheiterhaufen und brennt. Eine junge Kriegerin erweist ihm die letzte Ehre. Tallis sieht ein, dass sie alles missverstanden hat. Die Leichenfledderer haben nur Scathach gesucht, um ihn zu bestatten.
Fortan beschließt Tallis, bedachtsamer zu sein. Und sie gibt Scathach (ähnlich wie ihrem Bruder Harry) ein Versprechen, das sie in einem Lied zusammenfasst:
„Ein Feuer brennt im Vogelgeistland,
Im Vogelgeistland liegt mein junger Liebster.
Ein Sturm tobt im Vogelgeistland,
Ich werde die schwarzen Aasvögel verjagen,
Ich werde über meinen Liebsten wachen,
Ich werde bei ihm sein im Vogelgeistland.
Ein Feuer brennt im Vogelgeistland,
Mein Körper glüht.
Ich muss dorthin reisen.“
(S. 116 der Übersetzung)
Mr. Williams – es handelt sich um den Komponisten Ralph Vaughan Williams (1874-1958) – hat ihr als Lohn für dieses schöne, eigenartige Lied den wahren Namen des letzten Stücks Land verraten, das sie vom Betreten Ryhope Woods abgehalten hat: Find-mich-wieder-Feld. Nun kann sie erneut Oak Lodge, das vom Wald zurückeroberte Haus von George Huxley, besuchen. Es gelingt ihr, sich vor bronzezeitlichen Eindringlingen zu verstecken und Huxleys geheimes Tagebuch zu stibitzen. Ihr Großvater Owen hat ihr davon erzählt, denn er kannte Huxley. Dieses Buch liest sie nun – ein echter Augenöffner. Sie erfährt von Mythagos, Geistzonen und Edward Wynne-Jones, Huxleys verschollenem Freund und Kollegen.
Abschied
Eines Abends, als ihre Eltern Freunde besuchen, begibt sich Tallis mit ihrem Schulkameraden Simon auf einen Hügel. Dort begegnet ihr eine der drei Mythagofrauen, die sie unterwiesen haben: Weiße Maske. Diese nennt Tallis „Oolerinnen“, eine Frau, die Hollowings formen kann. Simon macht sich vor Angst aus dem Staub. Hier erweist sich, dass ihre beschwörenden Kräfte enorm gewachsen sind. Aus der Erde erheben sich riesige stehende Steine. Vor Angst verduftet nun auch Tallis, doch auch in ihrem Zimmer ist sie vor den Reitern, die sie aus dem Wald hat kommen sehen, nicht sicher.
In ihrem Zimmer besucht sie der junge Scathach aus ihrer Vision. Sie hat ihn jagen und auf dem Schlachtfeld liegen gesehen – ist er ihr Mythago oder ein eigenständiges Wesen? Von beidem etwas, denn sein Vater ist Wynne-Jones, ein mächtiger Schamane tief im Herzen des Waldes, erzählt er. Scathach drängt sie, mit ihm in den Wald zu kommen. Sie soll einen furchtbaren Fehler korrigieren, den sie mit der Schaffung von Vogelgeistland begangen hat. Von dort kommen böse Wesen in den Rest des Waldes, ganz besonders nach Lavondyss. Und was könnte dort deshalb auch Harry zugestoßen sein? Sie muss ihre eigene Schöpfung, die sie aus Liebe bewirkt hat, wieder rückgängig machen. Doch um welchen Preis?
Nun gelingt Tallis der Durchbruch in Gebiete jenseits der Waldgrenzen. Als sie den Grenzbach überschreitet, verliert sie allerdings ihre Maske Moondream, und das ist alles, was ihrem Vater von ihr bleiben wird. Auch wenn sie ihm verspricht, in einer Woche zurückzukehren. (In „The Hollowing“ kehrt James Keeton von seiner vergeblichen Suche wieder zurück und läuft Richard Bradley direkt vors Auto. Die Maske wird noch viel Unheil anrichten.) Tallis aber macht sich auf den Weg, um im Mythenwald ihren verschollenen Bruder zu suchen.
Mein Eindruck
Tallis folgt einer Vision. Diese hatte sie in dem Märchen vom Tal der Träume beschrieben. Darin kommen sie selbst, Scathach und Harry vor, doch sie muss herausfinden, wie alles zusammenhängt. Ryhope Wood ist eine Landschaft der Seele, und die Reise führt in Tallis‘ tiefstes Unterbewusstsein, dorthin, wo älteste Erinnerungen der Menschheit schlummern. Diese Erinnerungen sind dazu geeignet, den heutigen, unvorbereiteten Zeitgenossen gehörig in Schrecken zu versetzen. Es kommen mehrere Morde vor …
Eine kleine Ahnung davon, was auf Tallis zukommt, hat uns ihre Vision vom auf dem Schlachtfeld von Mount Badon sterbenden Scathach vermittelt. Überall Leichen und ihre Überreste. Hier verliert sie Scathach erneut, aber da sie dieses Ereignis vorausgeahnt hat, ist sie nicht allzu sehr erschüttert, wenn auch ihre Trauer um den Geliebten groß ist. Was sie jedoch überrascht, ist das wütende Auftreten von Scathachs Halbschwester Morthen, die von Wynne-Jones zur Schamanin ausgebildet wurde. Morthen liebt ihren Bruder und verletzt die Rivalin Tallis derart, dass Tallis eine Zeitlang genesen muss.
Verwandlungen
Ihre Weiterreise führt sie in die Festung im Alten Verbotenen Ort, die sie aus ihrem Märchen vom Tal der Träume kennt, und lässt sie auf ein Zeichen von Harry stoßen, seinen Revolver. Doch um weiterzukommen, ist es erforderlich, dass sie sich verwandelt: zunächst in einen Baum, dann in eine Maske, schließlich in ein Stechpalmenwesen (einen Daurog), das ein Naturgeist ist, dann wieder in einen Menschen. Diese Verwandlung kann nur in Lavondyss vonstatten gehen, an einem Ort also, wo Menschenseelen jenseits der Zeit überdauern können. Der Sinn und Zweck ihrer Verwandlungen ist die Befreiung von Harrys Geist, der durch Tallis‘ Eingreifen im Vogelgeistland gefangen war. Damit ist ihre große Aufgabe eigentlich erfüllt.
Taliesin
Dieser Zyklus der Verwandlungen erinnert mich an Tallis‘ berühmten Namensvetter, den Zauberer Taliesin, der sich in viele Lebewesen verwandeln konnte, wie uns die Quellen berichten, so etwa das „Mabinogion“ und das Buch „Die weiße Göttin“ von Robert Ranke-Graves. Was daraus zu lernen ist? Dass die Seele (spirit) dazu in der Lage ist, ihr eigenes Unbewusstes zu erforschen und dort auf uralte Wahrheiten zu stoßen. Wenn von Geistern die Rede ist, dann nie im Sinne von „ghost“, sondern immer im Sinne von „spirit“.
Der unvorbereitete Leser mag denken, dass all diese Verwandlungen ziemlich seltsam sind, aber das ist nur der Fall, wenn man vergisst, dass ganz Ryhope Wood und besonders Lavondyss Landschaften der Seele sind. Hier kann die Seele andere Gestalten als „Bekleidungsformen“ annehmen und auf diese Weise auf ihre Umgebung einwirken. So verändert beispielsweise Tallis‘ Auftauchen den Wald um sie herum, und sie selbst wird stets in allen möglichen Formen von den zur Erkenntnis fähigen Wesen erkannt.
Darstellung und Vermittlung
In Lavondyss herrschen andere Gesetzmäßigkeiten, aber sie gehorchen nicht dem Zufall, sondern haben stets einen Sinn und einen Zweck, den uns der Autor zu vermitteln versteht. Die Art und Weise dieser Vermittlung gelingt ihm in der ersten Romanhälfte – ich habe sie oben skizziert – ausgezeichnet. Auch das zweite Drittel, aus der Perspektive von Wynne-Jones erzählt, stellt kein Problem dar. Doch alles, was im Lavondyss-Zyklus der Verwandlungen geschieht, stößt an die Grenzen des Erzählbaren. Man merkt es an den kurzen, stakkatohaften Sätzen, zu denen der Autor Zuflucht nehmen muss. Noch schwieriger wird es selbst für den Autor, all die Zeitschleifen unter Kontrolle zu bringen und zu erklären, die sich gegen Schluss ereignen. Da war ich häufig nicht sicher, mit welchen Geistern ich bzw. Tallis es gerade zu tun hat: Ist dies nun Scathach oder Harry oder sonstwer?
Eine runde Sache?
Tallis durchläuft offensichtlich mehrere Zyklen, als sie zu Wynne-Jones‘ Volk zurückkehrt, wo Scathach und Morthen zuerst auftraten. Natürlich muss sie auch den befreiten und zurückgekehrten Harry, ihren Bruder, wiedertreffen. So wird aus ihren Abenteuern in Lavondyss in zeitlicher Hinsicht „eine runde Sache“. Aber dies alles grenzt an das Wundersame, und wenn der Leser nicht schon vorher ziemlich misstrauisch war, so wird er es spätestens jetzt, wenn sich alles so wunderbar fügt.
Schön ist hingegen wieder die Coda, in der sich ein kleiner Junge namens Kyrdu fragt, auf welche Weise man wohl aus dem Wald hinaus in jene westliche Welt gelangen könnte, von der Großmutter Tallis, das Orakel, so oft erzählt hatte.
Die Übersetzung
Die deutsche Übersetzung durch Barbara Heidkamp ist zum Abgewöhnen und dazu angetan, nie wieder eine Übersetzung lesen zu wollen. Nicht nur, dass ich noch nie zuvor und nie danach derart viele Druckfehler vorgefunden habe, nein, auch der Text wurde gegenüber dem Original entscheidend gekürzt!
Ich war regelrecht geschockt, als ich auf folgenden Seiten auf Lücken stieß: 105 (Tallis‘ Gedicht), 112, 383, 386, 389 und 390. Offensichtlich sollte der Umfang des Buches so getrimmt werden, dass 400 Seiten nicht überschritten würden. Das ist der Übersetzerin vollauf „gelungen“, doch der deutsche Leser schaut in die Röhre. Er bekommt kein Produkt, das dem Original entspräche. Bis heute liegt keine verbesserte oder vollständige Ausgabe vor.
Was mich dann vollends von der Unfähigkeit der Übersetzerin überzeugte, war ihre Verwendung des Verbs „stieben“, was so viel wie „dahinfegen“ bedeutet. Die Vergangenheitsform (Präteritum) des Verbs lautet nicht „stieb“, wie auf den Seiten 331 und 364 nachzulesen ist, sondern „stob“. Viele Male wird statt „sie“ auch „sich“ geschrieben. Und „holly“ übersetzt sie uneinheitlich mal (korrekt) mit „Stechpalme“, mal mit „Eibisch“, was nur Spezialisten kennen.
Angesichts all dieser Unzulänglichkeiten rate ich daher dringend zur Lektüre des Originals „Lavondyss“. Einige der Originalausgaben sind mit faszinierenden Abbildungen der eingesetzten Masken, die ich oben aufgelistet habe, illustriert.
Unterm Strich
Unter allen fünf Ryhope-Wood-Romanen ist „Lavondyss“ sicherlich für den Uneingeweihten am schwersten zu lesen. Deshalb rate ich dazu, erst Band 1 und Band 3 zu lesen, bevor man sich an „Lavondyss“ wagt. Wer mit C. G. Jungs Theorie der Archetypen im kollektiven Unbewussten und der Sprache der Symbole nicht vertraut ist, wird das Buch sowieso als unverständlich in die Ecke feuern. Die Persönlichkeitsentwicklung von Tallis entspricht nicht dem gewohnten Muster des westeuropäischen „Bildungsromans“, in dem sich der Held bzw. die Heldin mit der Gesellschaft arrangiert oder nicht.
Metamorph
Denn was hier an Gesellschaft vorhanden ist, sind jungsteinzeitliche Jäger, Sammler und Schamanen mit nicht besonders appetitlichen Angewohnheiten, sowie seltsame Zwitterwesen, die sowohl Stechpalme und Winterwolf als auch Vogel sein können. Diese Daurogs sind die Vorläufer des Waldgeistes namens The Green Man, den man heute nur noch aus dem Märchen „Jack and the Beanstalk“ bzw. „Hans der Riesentöter und die Bohnenranke“ kennt. Eine solche sekundäre Welt ist der Leser von traditioneller Fantasykost nicht gewöhnt. Der englische Literaturkritiker John Clute erfand deshalb für Holdstocks Schreibweise die Bezeichnung „metamorphic fiction“, also „Dichtung der Verwandlungen“.
Wanderlust
Ich hingegen liebte den Roman, als ich ihn im Original las, und wollte mir gleich als Erstes eine Maske schnitzen. Wie wäre es, wenn man durch eine solche Maske seinen Geist auf Reisen schicken und Dinge erblicken könnte, die man mit normalen Augen nie erblicken würde? Da könnte Supermans Röntgenblick glatt einpacken.
Die deutsche Ausgabe
Von der Lektüre der deutschen Fassung, die sich Übersetzung schimpft, ist hingegen dringend abzuraten. Nicht nur ist die Sprache malträtiert worden, sondern zudem wurde der Text im Vergleich zum Original um mehrere Seiten gekürzt.
Originaltitel: Lavondyss, 1988
399 Seiten
Aus dem Englischen übertragen von Barbara Heidkamp https://www.luebbe.de
Er kennt seinen Namen nicht. Er hat keine Ahnung, woher er kommt. Er kann sich nicht erinnern, warum er in Berlin ist, seit wann er hier auf der Straße lebt. Die Obdachlosen, mit denen er umherzieht, nennen ihn Noah: Dieser Name ist in seinen rechten Handballen tätowiert. Für Noah wird die Suche nach seiner Identität zu einem Alptraum. Denn wie es scheint, ist er das wesentliche Schlüsselelement einer globalen Verschwörung, die bereits zehntausende Opfer gefordert hat und nun die gesamte Menschheit bedroht …
(Verlagsinfo)
Vor Jahrhunderten flohen die Menschen vor einer übermächtigen Alienarmee auf den Planeten Safehold. Dort herrscht eine Kirchendiktatur, die jede moderne Technik verbietet. Seit Jahren kämpft das Inselkönigreich Charis für Unabhängigkeit und technischen Fortschritt, und es scheint, als würde Charis nach acht Jahren des Krieges endlich die Oberhand gewinnen. Doch die Kirche der Verheißenen gibt sich nicht gerne geschlagen, und wenn sie nicht mit erlaubten Mitteln gewinnen kann, dann muss sie eben zu verbotenen greifen … (Verlagsinfo)
Agatha ist kreuzunglücklich, seitdem James sie verlassen hat. Erst die Ankunft des neuen Kaplans kann sie aus der miesen Stimmung herausreißen. Mit seinem blonden Haar, den blauen Augen und dem perfekten Mund hat der Kirchenmann es diversen weiblichen Gemeindemitgliedern angetan. Zu Agathas Verblüffung scheint er allerdings ein besonderes Interesse an ihr zu hegen. Trotz allem Charme ist irgendetwas an dem Kaplan merkwürdig … Und dann liegt er plötzlich tot im Arbeitszimmer des Vikars, und Agatha macht sich mit ihrem Nachbarn John auf die Suche nach dem Mörder.
(Verlagsinfo)
Der uralte Hass zwischen den Lords aus Sudhra und den Nordclans ist wieder entflammt, und einst verbannte Götter erheben sich! Die Celestrische Kirche schickt die Inquisition aus, doch eine geheime Loge hat sich von der Kirche abgewandt und verfolgt ihre eigene dunkle Agenda. Der Priester Frèr Lucas und die Schwurritterin Elsa von LaFey müssen sie aufhalten. Dafür benötigen sie die Hilfe der Jägerin Gwen Adair, doch diese hat sich ausgerechnet mit den letzten Hexen und Schamanen verbündet … (Verlagsinfo)
Weihnachten 1945. Oberschwester Kathleen Fox plant eine Überraschung für die Patienten des berühmten Nightingale Hospitals. Gemeinsam mit ihren Krankenschwestern will sie eine Weihnachtsshow einstudieren, doch die Proben sind überschattet von allerlei Problemen und Rivalitäten. Gegen alle Widerstände hält Kathleen an ihrem kühnen Plan fest. Doch wird er nur funktionieren, wenn es den Schwestern gelingt, sich miteinander zu versöhnen und die Vergangenheit endlich ruhen zu lassen … (Verlagsinfo)
Mogens VanAndt ist Professor für Archäologie an einer kleinen Provinzuniversität an der amerikanischen Ostküste. Ihm stand einmal eine glänzende Karriere bevor. Doch es gibt einen dunklen Fleck in seiner Vergangenheit, der ihm anhaftet. Da erhält er eine neue Chance – aber ausgerechnet von dem Mann, den er für sein Unglück verantwortlich macht und den er hasst wie sonst keinen. Es geht um die größte archäologische Entdeckung auf amerikanischem Boden: einen unterirdischen Tempel in Kalifornien. Einen Tempel, wie es ihn dort gar nicht geben dürfte. Und das Tor, welches die stummen Tempelhüter bewachen, öffnet den Weg in ein Reich, dessen Schrecken jede Vorstellung übersteigt … (Verlagsinfo)
_Der Autor_
Wolfgang Hohlbein ist seit seinem Mega-Erfolg „Märchenmond“ einer der erfolgreichsten und produktivsten Autoren in Deutschland. Er lebt in Neuss bei Köln zusammen mit seiner Frau und einem ganzen Haus voller Tiere.
_Hintergrund: Der Autor Howard Phillips Lovecraft und sein Cthulhu-Mythos_
Hohlbein schrieb in den achtziger Jahren mit seiner Serie über den [„Hexer von Salem“ 249 eine Reihe von Romanen in der Tradition H.P. Lovecrafts und griff dabei eine Reihe von dessen Motiven auf. Dazu gehörte vor allem der Cthulhu-Mythos.
Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) wird allgemein als Vater der modernen Horrorliteratur angesehen. Obwohl er nur etwa 55 Erzählungen schrieb, hat sein zentraler Mythos um die Großen Alten, eine außerirdische Rasse bösartiger Götter, weltweit viele Nachahmer und Fans gefunden, und zwar nicht nur auf Lovecrafts testamentarisch verfügten Wunsch hin.
Aber Lovecrafts Grauen reicht weit über die Vorstellung von Hölle hinaus: Das Universum selbst ist eine Hölle, die den Menschen, dessen Gott schon lange tot ist, zu verschlingen droht. Auch keine Liebe rettet ihn, denn Frauen kommen in Lovecrafts Geschichten praktisch nur in ihrer biologischen Funktion vor, nicht aber als liebespendende Wesen oder gar als Akteure. Daher ist der (v. a. der männliche) Mensch völlig schutzlos dem Hass der Großen Alten ausgeliefert, die ihre Welt, die sie einst besaßen, wiederhaben wollen. Das versteht Lovecraft unter „kosmischem Grauen“.
Die Welt ist kein gemütlicher Ort, und Einsteins Relativitätstheorie hat sie mit in diesen Zustand versetzt: Newtons Gott ist tot, die Evolution eine blinde Macht, und Erde und Sonne sind nur Staubkörnchen in einem schwarzen Ozean aus Unendlichkeit. Unter den Großen Alten bildet Cthulhu eine Ausnahme: Er befindet sich immer noch auf der Erde. Am Grunde der tiefen blauen See träumt er von seiner Rückkehr an die Macht, die er einst besaß, und er ruft seine Diener …
_Handlung_
Wie hat es nur dazu kommen können, dass Mogens VanAndt, Professor der Archäologe und immerhin Harvard-Absolvent, an der kleinen Uni des Provinstädtchens Thomson versauert? Das fragt ihn auch sein früherer Kommilitone Jonathan Graves, der ihn eines Tages in seiner Matratzengruft besucht. Gerade hat Mogens von seiner langjährigen Vermieterin Miss Preussler (sie hat keinen Vornamen – im ganzen Buch nicht) quasi einen freundlich verschlüsselten Heiratsantrag erhalten, den er ebenso freundlich abzulehnen gedachte – als Graves hereinplatzt. Und Graves zu ignorieren ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Denn Graves verbreitet eine Aura des Unwohlseins, hat schlechte Manieren und trägt ständig und überall Handschuhe – die sich von selbst bewegen … Miss Preusslers Katze Cleopatra merkt gleich, was das für ein Typ ist – und kackt ihm auf die Schuhe, bevor sie wie ein geölter Blitz abdüst. Wie auch immer: Graves macht seinem alten Studienkollegen unverdrossen ein lukratives Angebot. Er soll mit ihm in Kalifornien ein Höhlensystem erforschen, unter größter Geheimhaltung, versteht sich. Kaum ist Graves weg, muss Miss Preussler angeekelt feststellen, dass alle ihre Zimtplätzchen verdorben sind.
VanAndt fährt mit dem Zug nach San Francisco, mit 500 Dollar Vorschuss in der Tasche. Am Bahnhof holt ihn ein junger Mann namens Tom ab, der sich als Graves‘ Faktotum herausstellt. Er berichtet, dass bislang drei Archäologen an der Grabungsstätte tätig seien, dass man aber ständig durch die feindseligen Geologen gestört werde, die an der nahen San-Andreas-Verwerfung Messungen durchführen. Und Mogens wundert sich, dass es nahebei einen Friedhof mit schiefen Grabsteinen gibt, die im Morast eines Sumpfes versinken. Ein Schauder überläuft ihn kalt.
Tom bringt ihn schon nach wenigen Stunden in die erste Kammer der Grabungsstätte und von dort in einen Geheimgang. Die Reliefs an den Wänden schockieren Mogens: So etwas kennt er nur aus altägyptischen Pharaonengräbern. Überall sind der schakalköpfige Totengott Anubis und andere Mischwesen abgebildet, aber doch irgendwie nicht richtig. Und die Hieroglyphen stimmen bei näherem Hinsehen auch nicht – eine unbekannte Sprache.
In einer düsteren Grabkammer, in der eine ägyptische Totenbarke steht, begrüßt ihn Graves freundlich und führt ihn zu einer geheimen Tempelkammer, die einen weiteren Schock bereithält: Zwei grässlich anzusehende Wächterstatuen (mit dem Kopf von Cthulhu) stehen vor einer Metalltür, hinter dem etwas Böses darauf lauert, herausgelassen zu werden. Graves phantasiert etwas von alten Göttern, die von den Sternen – genauer vom Sirius, dem Hundsstern – kamen und unter anderem die Pyramiden bauten. Mogens ist versucht, ihn auszulachen, kann aber an sich halten.
|Rückblende|
Als Mogens bei einem nächtlichen Ausflug auf dem Friedhof auf ein Ungeheuer mit Schakalkopf, spitzen Ohren und Reißzähnen stößt, erinnert er sich an seinen schlimmsten Alptraum – daran, wie alles Unheil vor neun Jahren begann. Am Vorabend seines Studienabschlusses in Harvard haben sich Mogens, seine Freundin Janice, Jonathan Graves und ein weiteres Paar auf dem nahen Friedhof in einem Mausoleum verabredet. Die ersten drei wollen dem Pärchen Mark und Ellen einen Streich spielen.
Der 28-jährige Mogens begibt sich in den aufgesperrten Keller des Mausoleums. Zu seiner Überraschung findet er dort einen Sarkophag vor, aber zum Glück auch Janice. Leider kommt Mogens eine Sekunde zu spät, um seine Freundin vor dem zu retten, was aus dem Sarkophag steigt: zuerst eine Pranke, dann ein zähnestarrendes Maul, denn der spitzohrige Kopf – ein Ungeheuer, das aussieht wie der altägyptische Totengott Anubis.
Das Monster schnappt sich Janice und verschwindet in einen Geheimgang im Hintergrund der Gruft. Als Jonathan auftaucht und Mogens sich von seinem Entsetzen erholt, ist schon alles vorüber. Ewig wird sich Mogens Vorwürfe machen. Die Strafe, die ihm die Uni-Leitung aufbrummt, ist schwer genug. Er verliert seine Stelle in New Orleans an Jonathan und kann noch froh sein, dass man ihn nicht einbuchtet.
|Gegenwart |
Das war vor neun Jahren. Doch nun präsentiert Jonathan, der gewiefte Versucher, Mogens eine ideale Gelegenheit, sich zu rehabilitieren – sowohl als Archäologe als auch als Mann, der seine Geliebte im Stich gelassen hat, wie er glaubt.
Und in der Tat kann Mogens beweisen, was in ihm steckt, denn die Schrecken, die jenseits der Metalltür Cthulhus lauern, werden ihm alles abverlangen. Aber er erhält Hilfe von völlig unerwarteter Seite.
_Mein Eindruck_
Fällt Hohlbein nichts Neues mehr ein? Die Hälfte des Plots könnte direkt aus H.P. Lovecrafts Erzählungen stammen, besonders aus „Pickmans Modell“, wo es ja um Ghule geht: Leichenfresser. Die andere Hälfte stammt direkt aus „Indiana Jones: Jäger des verlorenen Schatzes“. Die Untersuchung geheimnisvoller Pharaonengräber, die mit unheimlichen Anubisstatuen geschmückt sind, ist ja Indys Spezialität.
Eine dritte Komponente des Plots – direkt aus den 1930er Jahren (man denke an „King Kong und die weiße Frau“) importiert – hat konkret mit Frauen zu tun. Hier wird es dann recht unappetitlich, denn die Menschenfrauen werden entführt und für die Fortpflanzung der Ghule genutzt, was dann recht absonderliche Ergebnisse hervorbringt. Bestimmt, da ist sich Mogens VanAndt sicher, ist auch seine Janice von einem solchen Monster entführt und missbraucht worden. Wiederholt taucht die Gestalt von Janice vor seinen Augen auf, doch das ist sicher nur eine Halluzination, oder? Überhaupt hat Mogens die regste Phantasie von allen Figuren, was uns bezweifeln lässt, dass irgendetwas von dem, was er erlebt, wirklich sein kann.
Immerhin verfügt Mogens überhaupt über eine Charakterisierung. Selbst wenn sie nicht allzu tief geht und sich vor allem in der Konfrontation mit seinem Gegenspieler Jonathan Graves zeigt, so erlaubt sie es doch dem Leser, sich halbwegs mit dieser Figur zu identifizieren, mit Mogens zu bangen und zu staunen. Als auch noch Miss Preussler auftaucht, ist eine weitere Identifikationsfigur gegeben: für weibliche Leser natürlich. Dem männlichen Leser schwant bereits bei ihrer überraschenden Ankunft, dass sie ein leichtes Opfer für die umherstreifenden Ghule sein dürfte. Warum sie aus der Tiefe wieder zurückkehrt, hat einen triftigen Grund … Wahrscheinlich hat sie auch die Ghule mit ihren strenggläubigen Ansichten über Frevel und das Alter der Erde – genau 4000 Jahre – geärgert. Das ist ein netter ironischer Effekt.
Jonathan Graves ist, das muss ich wiederwillig zugeben, der faszinierendste Charakter in dieser Gruppe. Er ist eine Figur à la Goethes Doktor Faust, die sich mit Leib und Seele einem Ziel verschrieb: die Landung der Götter von den Sternen mitzuerleben. Dafür hat er bereits einen hohen Eintrittspreis bezahlt: seine Hände. Er trifft auch rechtzeitig am Landeplatz weit unter der Erdoberfläche ein, nur um dann von der Wirklichkeit bitter enttäuscht zu werden.
Nach den Gesetzen des Genres müsste er für seinen Frevel eigentlich mit dem Leben bezahlen, doch leider sind dies – Miss Preussler weiß es nur zu genau – unchristliche Zeiten, und so darf auch er das Ende erleben. Es fällt aber auf, dass er sich jedes Mal entschuldigt, wenn er mal wieder ausfällig geworden ist. Man sollte meinen, dass die anderen seinen wiederholten Entschuldigungen nicht mehr glauben würden. Sie sind dumm genug, es dennoch zu tun.
Dass Miss Preussler die ganze Zeit nur mit ihrem Nachnamen angeredet wird, passt nicht zu den Gepflogenheiten der Amerikaner. Dort begegnet man sich recht schnell auf einer Vornamens-Basis. Das bedeutet aber nicht, dass man sich wie hierzulande gleich intime Vertraulichkeiten mitteilt. Den deutlichen Unterschied zwischen Sie und Du kennt man dort ja nicht so wie hier. In Amerika hätte die Miss den Männern ziemlich schnell ihren Vornamen angeboten. So klingt es, als gehöre die Miss einer anderen Spezies an. Das macht den Roman noch frauenfeindlicher, als er eh schon ist.
Dass es in den Ghulen eine Spezies von Wesen geben soll, die sich ohne eigene Weibchen fortpflanzt, ließe sich in den Termini des Autors nur so erklären, dass die Götter, allen voran der Meeresbewohner Cthulhu, die Ghule eben so geschaffen haben, dass sie für diesen Zweck auf menschliche Frauen angewiesen sind. Ohne diese Erklärung wäre dies nur Blödsinn. Und natürlich auch die Entführung von Janice, die ja zu Mogens‘ Trauma geführt hat. Und von diesem Punkt ausgehend der ganze Rest des Plots.
An einer Stelle ist sich der Autor seiner eigenen Genrevorgaben so bewusst, dass er dies ironisch zur Sprache bringt. Auf einem unterirdischen Kanal schippert die Gruppe auf einer Totenbarke Richtung Ausgang. Doch was befindet sich im Sarg? Etwa „so eine Art Kastenteufelchen, das die Gefährten kurz vor der sicheren Freiheit noch aufhält“? Es ist die fiese Pflicht des Autors, genau dieses Kastenteufelchen aus dem Sarkophag springen zu lassen (wie schon damals im Mausoleum den Ghul), um genau diese ungläubige Erwartung zu erfüllen. Zeit für den Showdown mit Cthulhu.
_Unterm Strich_
H.P. Lovecrafts Jünger sind offenbar produktiver denn je zuvor. Hohlbeins „Anubis“ gehört, entgegen seinem Titel, ebenfalls zu dieser neuen Welle an Cthulhu-Pastiches, ohne dabei allerdings die Kunstfertigkeit und den Einfallsreichtum des Meisters aus Providence erreichen zu können. Wer also seinen Lovecraft in- und auswendig kennt, kann sich „Anubis“ sparen, denn er findet nur Altbekanntes wieder.
Durch die bekannten Lovecraft-Versatzstücke ist der Roman nur halb so spannend, wie er sein könnte, und ich ertappte mich mehrmals dabei, einfach aufzuhören und etwas Aufregenderes zu lesen. Nur das letzte Drittel mit der Reise in die Unterwelt entschädigt für die ansonsten großteils fehlende Action in vollem Umfang. Hohlbein liefert mal wieder genau das ab, was man von ihm erwartet: solide Unterhaltung für Grusel- und Mystikliebhaber.
Ich finde es seltsam und bemerkenswert, dass die moderne Phantastik wieder an demjenigen Punkt angekommen ist, an dem sie sich bereits vor siebzig Jahren befunden hat. Autoren wie H. P. Lovecraft, Robert E. Howard (der Erfinder von „Conan“), Clark Ashton Smith und vor allem Abraham Merritt lieferten ihrer amerikanischen Leserschaft in Zeiten der wirtschaftlichen Depression bunt zusammengemixtes Fantasy- und Gruselgarn, das diese von ihrer Misere ablenkte und in wolkigste Fantasiewelten entführte.
In diesen Wolkenkuckucksheimen erfüllten sich verruchte sexuelle Wunschfantasien (gerne mit schönen Priesterinnen „verlorener“ Völkerschaften) ebenso wie uneingestandene Ängste, die in schier übermenschlichen Heldentaten bewältigt werden konnten. Cthulhu, Verkörperung höchster Furcht, wurde dabei immer wieder in seine Unterwelt verbannt. Offenbar ist der Bedarf an solchen Geschichten durch den Erfolg von Filmen wie „Indiana Jones 1-3“ geschürt worden, aber sie erfüllen auch ein menschliches Bedürfnis, jetzt ebenso wie damals, in der Großen Depression.
Jaxon King kann nichts mehr überraschen. Der Besitzer des angesagten New Yorker Clubs King’s Legacy hat schon viel gesehen. Doch dass Hope, die hübsche neue Kellnerin, immun gegen seinen rauen Charme zu sein scheint, ist neu für ihn. Sie hält ihn auf Abstand, egal wie sehr er sich ins Zeug legt. Denn sie hat ein Geheimnis. Eines, das ihre Liebe unmöglich macht. Aber Jaxon ist nicht bereit, sich damit abzufinden. (Verlagsinfo)
Cöln, 1072: Die Kaufmannstochter Aenlin kennt nur eine Leidenschaft: Pferde. Sie besitzt die besondere Gabe, jedes Pferd mit einem Lied besänftigen zu können. Ihr Herz gehört der Stute Meletay, die ihrem Zwillingsbruder zum Geschenk gemacht wurde. Als dieser mit Meletay seine erste große Handelskarawane gen Süden führen soll, tauscht Aenlin kurzentschlossen mit ihrem Bruder die Rollen und tritt in Männerkleidung die abenteuerliche Reise an. Doch im Königreich León werden sie überfallen und ausgeraubt. Aenlin droht das Leben einer Haremssklavin. Wird der spanische Ritter Rodrigo Diaz de Vivar, bekannt als El Cid, sie vor diesem Schicksal bewahren? Ist es der Beginn einer großen Liebe? Oder hat das Schicksal andere Pläne? (Verlagsinfo)
Gestaltwandler sind für Sara tabu, seit ihr Exfreund Roy, ein Werwolf, sie in einem seiner gewalttätigen Ausraster verwandelt hat. Als ein Wolfsrudel ausgerechnet sie als neues Weibchen erwählt, weiß sie nicht mehr ein noch aus. Um ihr zu helfen, gibt sich der wortkarge Werbär Ramsey als ihr Gefährte aus. Zur Tarnung muss Sara bei ihm einziehen … und merkt schnell, dass sie einen Albtraum gegen den nächsten getauscht hat. Oder etwa doch nicht? (Verlagsinfo)
Der ehemalige Dieb Sam und die Gelehrtentochter Kani sind erleichtert: Die Fabelwesen konnten erfolgreich aus ihrem Gefängnis – der unterirdischen Bibliothek von Mythia – befreit werden! Doch sie wissen auch, dass sich die dunkle Wüstenhexe Layl nicht so leicht geschlagen gibt. Mit dem Buch der geheimen Namen der Fabelwesen könnte sie ein neues Gefängnis bauen. So schmieden Sam und seine Gefährten einen Plan: Während der Flügelmann Nusar mit seiner Armee die Stadt angreift, soll Sam das Buch stehlen. Doch niemand weiß, wo die Wüstenhexe es versteckt hat … (Verlagsinfo)
Die Blumengärten rund um Lady Antheas Anwesen in den Cotswolds sind die reinste Augenweide und das Werk der Gartenfeen Lorna und Philly. Als Lorna bei einer Party den attraktiven Jack kennenlernt und Philly sich auf einem Bauernmarkt von dem sanften Bäcker Lucian verzaubern lässt, sieht es ganz danach aus, als würden nun auch ihre Herzen zum Erblühen gebracht. Doch dann sorgt die Entdeckung eines verwunschenen Gartens mit seinem Geheimnis für Aufruhr. Oder ist es am Ende einfach ein Ort, an dem Träume wahr werden könnten? (Verlagsinfo)
Dies ist der erste Roman eines fünfbändigen Fantasy-Zyklus, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, der aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm.
_Der Autor_
Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der US-amerikanische Autor der „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy-Geschichte für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen zu sprechen zu kommen. Der erste und Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“.
Der |Taran|-Zyklus:
1. „Taran und das Zauberschwein“ bzw. „Das Buch der Drei“ (engl. The Book of Three) (1964)
2. „Taran und der Zauberkessel“ bzw. „Der schwarze Kessel“ (engl. The Black Cauldron) (1965)
3. „Taran und die Zauberkatze“ bzw. „Die Prinzessin von Llyr“ (engl. The Castle of Llyr) (1966)
4. „Taran und der Zauberspiegel“ bzw. „Der Spiegel von Llunet“ (engl. Taran Wanderer) (1967)
5. „Taran und das Zauberschwert“ bzw. „Der Fürst des Todes“ (engl. The High King) (1968) – Gewinner der Newbery Medal, 1969
6. „Der Findling und andere Geschichten aus Prydain“ (engl. The Foundling) (1973) – Sammlung von Kurzgeschichten, die in Tarans Welt Prydain spielen
_Handlung_
Der Junge Taran lebt als Hilfsschweinehirt beim Schmied Coll und einem Magier namens Dallben. Der Magier hütet das titelgebende „Buch der Drei“, das Taran nicht anfassen darf, selbst wenn der Zauberer, wie so oft, mal wieder schlafend meditiert.
Der Findling Taran kennt seine Eltern nicht, was schon mal ein gutes Zeichen ist: So fangen Heldengeschichten an. Er denkt sich aber nichts dabei. Doch seine Aufgabe als Hirt der Schweine stellt sich plötzlich als ziemlich wichtig heraus, denn Hen Wen, das weiße Hauptschwein, ist ein Orakel, wie er zu seiner größten Verblüffung erfährt. Auf seiner Jagd hinter dem ausgebrochenen Schwein her gerät er tief in den Wald, stößt auf den bösen gehörnten König, wird aber von einem unscheinbaren Waldläufer vor dem Tod bewahrt.
Der Waldläufer entpuppt sich als Fürst Gwydion, der mindestens so berühmt ist wie der Hochkönig und der böse König der Anderswelt Anuvis, Arawn. Und der freundliche Gwydion klärt Taran auf, was es mit dem Orakelschwein Hen Wen auf sich hat und was er selbst, so fern von seiner heimatlichen Burg, im Wald zu suchen hat. Im schönen Prydain (= Britannien) sind die Zeiten rau geworden und es braut sich etwas zusammen.
Ein kleines Waldwesen namens Gurgi, halb Mensch, halb Tier, weist ihnen den weiteren Weg. Sie stoßen zwar nicht auf das Schwein, doch auch der Anblick des Heerlagers des Gehörnten Königs verschlägt ihnen den Atem: Hier sammelt sich eine Armee, um Prydain zu überfallen und alle zu unterjochen. Sogar untote Krieger sind zu sehen, und von denen werden die beiden Neugierigen gefangen genommen.
Wider Erwarten landen sie nicht bei dem beobachteten Heer, sondern im Schloss der Zauberin Achren, deren verführerische Schönheit Taran zunächst betört. Wenig später findet er sich eingesperrt in einer Kerkerzelle wieder. Er hat schon mit dem Leben abgeschlossen, als ihm eine goldene Kugel durchs Fenster vor die Füße fällt und eine Mädchenstimme ihn auffordert, ihr den leuchtenden Ball zurückzugeben. Es ist die geschwätzige und aufgeweckte Eilonwy, die ehrliche Nichte der bösen Zauberin. Sie kennt nicht nur den Weg aus Tarans Gefängnis, sondern auch den zu seinem Herzen.
Aber das ahnen beide noch nicht, doch es wird ihnen rechtzeitig auffallen, dass sie füreinander bestimmt sind. Doch was wird aus Prydain, das von der Bedrohung nichts ahnt?
_Mein Eindruck_
Der erfundene Schauplatz ähnelt jenem mythischen Wales, das dem Fantasykenner aus der Geschichtensammlung des „Mabinogion“ aus dem 14. Jahrhundert bekannt ist. Doch die Legenden beruhen auf mündlich überlieferten Erzählungen, die weit älter sind und noch aus der keltischen Kultur kommen.
Insbesondere der vierte Zweig des Mabinogi mit dem Titel „Math Son of Mathonwy“ bietet zahlreiche Referenzen, die der Autor verwendet. Dazu gehört der gesamte Komplex, der mit dem Recken Gwydion und seinem Onkel Math in Caer Dathyl zu tun hat. Math herrscht über einen Großteil von Wales. Sein Widersacher ist Arawn, der Fürst der Unterwelt Annuvis. Leider macht der Autor aus den vielschichtigen Vorlagen zu den Figuren Gwydion und Arawn nur ein schwarz-weißes Paar aus Gut und Böse. Alexander vereinfacht, vielleicht zu Gunsten der kindlichen Verständnismöglichkeiten.
|Die Freunde|
Die Handlung hat etwas von einer Achterbahnfahrt an sich. Der Held, der zunächst als „hässliches Entlein“ vorgestellt und von zwei mächtigen Gestalten, einem Schmied und einem Merlin-ähnlichen Zauberer, beschützt wird, erwirbt sich diverse Gefährten, die ihm helfen, wenn er sich mal wieder überschätzt hat. Insbesondere Eilonwy ist mit ihrer spitzen Zunge eine ständige Quelle von Freude und Witz, auch wenn sie einen Mann damit schnell in den Wahnsinn treiben könnte.
Auch Fflewdur Fflam, ein ehemaliger König, der jetzt als Barde durch die Lande zieht, ist interessant. Er hat vom Ober-Barden Wales‘, dem berühmten Taliessin, eine magische Harfe erhalten, doch ihre Saiten reißen, sobald ihr Besitzer auch nur die geringste Unwahrheit erzählt – wozu Barden und Dichter von Natur aus neigen. Fflam hat also immer gut zu tun, seine Harfe in Schuss zu halten.
Das Waldwesen Gurgi weiß ebenfalls zu faszinieren. Dieser keltische Charakter, der auch in C. J. Cherryhs Kelten-Fantasien wie etwa „Der Baum der Träume und Juwelen“ sowie „Faery in Shadow“ zu finden ist, erweist sich im Laufe der Zeit als treuer und anhänglicher Gefährte, auch wenn er bisweilen ein wenig aufdringlich und in hygienischer Hinsicht abstoßend erscheint.
|Die Feinde|
Die Feinde sind nicht weniger einfallsreich gezeichnet. So verfügt der gehörnte König über einen schwarzen Kessel (der der Fortsetzung den Titel gibt), aus dem Zombiekrieger erzeugt werden können. Da sich diese nicht töten lassen, bilden sie für jeden einen furchteinflößenden Feind. Zum Glück ist ihr Aktionsradius abhängig von der Entfernung vom Kessel, so dass es eine Chance gibt, ihnen zu entkommen.
Auch die Lüfte sind nicht sicher. Ähnlich wie die schrecklichen Reittiere, die Tolkiens Ringgeister durch die schwarzen Lüfte von Mordor tragen, suchen gefräßige Vögel, die Gwythaint, wehrlose Wanderer wie Taran heim. Doch die Gwythaint sind nicht von Geburt an so, sondern werden von ihrem Herrn Arawn dazu erzogen und ausgebildet, Fleisch zu begehren und für ihn zu spionieren. Als Taran einen jungen Gwythaint aus einer Dornenhecke befreit, revanchiert sich der Gerettete.
Selbst die Zwerge dürfen nicht fehlen. Durch einen Zauber lockt König Eiddileg ahnungslose Wanderer in sein unterirdisches Reich. Doch bei Taran & Co. gerät er an die Falschen. Er muss ihn ziehen lassen und gibt ihm einen Führer, Doli, mit. Denn Doli taugt in Zwergenaugen nicht: Er vermag sich nicht unsichtbar zu machen, zumindest nicht auf Kommando.
Die böse Zauberin, die Taran und den Recken Gwydion gefangen nimmt, heißt Achren und ähnelt eine weiteren Figur aus dem Mabinogion: Arianrhod, was „Silberrad“ (= Mond) bedeutet. Leider setzt sie sich kaum mit dem jungen Taran auseinander, und ihre Konfrontation Gwydions wird nur indirekt berichtet. Daher fehlt dieser Episode etwas der Pfiff. Der Auftritt Eilonwys entschädigt dafür mehr als reichlich.
_Unterm Strich_
Insgesamt bietet dieser erste Band von Tarans Abenteuern ein enorm hohes Maß an kuriosen Einfällen und sehr viel Kurzweil für junge Leser. Die Action ist nicht zu brutal und keiner der Gefährten Tarans muss sterben oder ein größeres Opfer bringen. Das ändert sich in den Folgebänden. Vielmehr scheint Taran hier auf einer Art Einkaufstour für nette Gefährten zu sein, mit denen er sämtliche Fährnisse überwinden und den gehörnten König besiegen kann. Die Übersetzung von „Märchenonkel“ Otfried Preußler („Krabat“) ist sehr gelungen.
Die Taschenbuch-Ausgabe bei |Bastei Lübbe| löst die ältere deutsche Ausgabe ab. Mittlerweile liegt der Zyklus komplett bei |Lübbe| vor. Die Illustrationen von Johann Peterka stimmen am Anfang jedes Kapitels stilecht auf die Geschichte ein. Eine Aussprachehilfe für die walisischen Namen wäre aber hilfreich gewesen. So etwa wird das „w“ als „u“ ausgesprochen und ein Doppel-L als „chl“. Das könnte etwas verwirren. (Auf Mail-Anforderung hin schicke ich euch eine Übersicht.)
Man darf auf die vier weiteren Romane des |Prydain|-Zyklus gespannt sein. Am Schluss folgt dann noch eine Erzählungensammlung, die zum ersten Mal in deutscher Sprache erscheint: „Der Findling und andere Geschichten aus Tarans Welt“. Dort wird dann auch erzählt, wie der Schmied Coll überhaupt zu seinem Orakelschwein Hen Wen kam. (Schweine spielten für die walisische Landwirtschaft eine wichtige Rolle, weil sie leicht zu halten waren – etwa im Wald – und nicht so viel Futter erforderten wie Rinder. Sie sind die Kühe des kleinen Mannes. Dementsprechend tauchen sie häufig in Waliser Legenden auf, wie etwa im „Mabinogion“.)
Fazit daher: eine hundertprozentige Empfehlung für „Das Buch der Drei“.
Der Kettenfürst wurde von seinen ewigen Fesseln befreit. Mit seiner neugewonnenen Macht stürzt er die Zwergen-Zwillinge Gorin und Galdra sowie die Elben-Geschwister Elyami und Elyamur in den tiefsten Abgrund der Unterwelt. Als sie endlich von dort entkommen, müssen die Zwillingspaare feststellen, dass sich die Sterblichen Lande auf schreckliche Weise verändert haben – die Welt unterliegt fast vollständig dem Kettenfürsten. Doch aufgeben kommt nicht infrage! Um den Kettenfürsten besiegen zu können, benötigen sie allerdings die Hilfe ihrer alten Feinde, der Ork-Zwillinge …
(Verlagsinfo)
Irland, Mitte des 9. Jahrhunderts: Im Kampf um die Abtei Glendalough hat Thorgrim Nachtwolf bis auf zehn Männer alles verloren. Ein vermeintlicher Freund hat ihn und seine treuen Wikinger schändlich verraten. Noch auf der Flucht schwört Thorgrim, neue Verbündete zu finden – und Rache zu üben. Tatsächlich gelingt es ihm, bei einem erneuten Überfall auf Glendalough Gold zu erbeuten. Genug, um siebzig Männer anzuwerben. Genug, um den Angriff auf den Verräter zu wagen … (Verlagsinfo)
Taschenbuch: 528 Seiten
Bastei Lübbe
Geist ist geil! Seit 2002 – Ständig neue Rezensionen, Bücher, Lese- und Hörtipps