
Harry Carmichael – Notausstieg weiterlesen
Schlagwort-Archiv: Goldmann
Keith Roberts – Der Neptun-Test

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Timothy R. O‘Neill – Das Grau der Hölle

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J. S. Fletcher – Verbrechen in Mannersley

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Victor Gunn – Das Wirtshaus von Dartmoor

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J. M. Walsh – Die Nebelbanditen
_Das geschieht:_
Inspektor Quaile von Scotland Yard ist gut beschäftigt: Im dichten Londoner Nebel treibt eine neue, gut organisierte Räuberbande ihr Unwesen. Die „Nebelbanditen“ schalten ihre Opfer mit Betäubungsgas aus und verschwinden spurlos mit fetter Beute. In der Unterwelt raunt man, dass eine junge Frau als Anführerin über die Halunken gebiete.
Frank Slade, der normalerweise für den Geheimdienst tätig ist und Quaile als Assistent zugeteilt wurde, wird durch private Gefühle von der Ermittlung abgelenkt. Er rettet die junge Lady Anne Sanford, als sie ihm auf der Flucht vor dem Erpresser Lanty vor den Wagen läuft, und verliebt sich in sie. Auch Lord Sanford, Annes Vater, steht unter Druck: Er hat sich an der Börse verspekuliert und wird von seinem Gläubiger, dem finsteren Mr. Ashlin, gedrängt, ihm die schöne Anne als Ehefrau auszuliefern; ein Kuhhandel, den diese energisch ablehnt. Die Situation eskaliert, als die Nebelbanditen Lord Sanford überfallen und ausrauben. Weder Ashlin noch Lanty lassen locker, und als Anne eine Verzweiflungstat unternimmt, treibt sie das noch tiefer in die Fangarme der Schurken.
Quaile und Slade nehmen inzwischen über den Hobby-Detektiv Joseph Mallah den Kontakt zur Londoner Gaunerwelt auf. Sie müssen wohl auf eine heiße Spur geraten sein, denn Slades Auto fliegt in die Luft. Der nur knapp entkommene Polizist und sein Vorgesetzter bringen den Grund für solche Nervosität in Erfahrung: Die Nebelbanditen planen einen grandiosen Coup, neben dem ihre bisherigen Raubzüge bedeutungslos wirken werden …
_London bei Nacht: ein Krimi-Klischee-Kaleidoskop_
Er ist dick und gelb und geradezu sprichwörtlich: der Londoner Nebel, der sich im Winter wie eine Glocke aus Dunst und Abgasen über die Stadt legt und eine Intensität erreicht, welche die Sichtweite auf Null reduzieren und die Lungen mit ätzenden Schwefeldünsten füllen kann. Zumindest für diejenigen Zeitgenossen, die das Tageslicht für ihre Geschäfte scheuen, ist der Nebel freilich hilfreich, wie Autor J. M. Walsh anschaulich darstellt: Räuber und Diebe treiben in seinem Schutz ihr Unwesen; sie schleichen sich unerkannt an ihre Opfer heran und flüchten anschließend erfolgreich, während die verfolgende Polizei blind durch die dichten Schwaden stolpert.
Schon 1932 war dieser Nebel freilich auch zum Klischee degeneriert, denn er wurde als Instrument und Stimmungsmittel in Literatur und Film ausgiebig strapaziert, wobei sich vor allem die Routiniers der Unterhaltungsliteratur allzu gern seiner bedienten.
_Schnell voran, damit niemand nachdenkt!_
Walsh muss zu ihnen gezählt werden: ein Vielschreiber, der nicht nur den Krimi-Markt bediente, sondern auch Abenteuer- und Science-Fiction-Storys verfasste. „Die Nebelbanditen“ ist ein typisches Produkt zeitgenössischer ‚Gebrauchs-Literatur‘. Unterhaltsam sollte die Geschichte sein, während das vernunftgemäße Fundament wacklig sein durfte. Walsh packt in die Handlung, was diese vorantreiben kann, während er sich um das Schürzen des Logik-Knotens offensichtlich erst nachträglich Gedanken macht. Nur so lässt sich das Durcheinander erklären, das zeitweilig die Handlung eher verwirrt als bewegt. Es wird verfolgt, erpresst und gedroht auf Teufel-komm-heraus, was der Übersicht gar nicht zuträglich ist, zumal der Leser sich fragt, was dies denn alles mit den Nebelbanditen zu tun hat.
Grundsätzlich wenig, muss das Urteil lauten. Die angeblich so gefährlichen Verbrecher verschwinden immer wieder für viele Seiten aus dem Geschehen. Machen sie sich bemerkbar, dann künden ihre Untaten eher vom Drang aufzufallen als Beute zu machen.
Das Spektakel ist überhaupt Walshes bevorzugtes Stil- und Stimmungselement. Wie sein Zeitgenosse Edgar Wallace geht er lieber sensationell als schlüssig zur Sache: Gangster im Nebel schleudern Gasbomben oder blenden mit flüssigem Ammoniak; eine Autobombe wird platziert, wo eine Revolverkugel wesentlich effektiver wäre; in geheimen Gängen und unterirdischen Gewölben hausen hoch im 20. Jahrhundert unerkannt Banditen. Man tarnt und täuscht mit einer Vehemenz, die man nur als reinen Spieltrieb werten kann.
Gern verlässt Walsh im Sprung eine allzu rätselhafte Szene und beginnt eine neue Verwicklung. Kehrt er später zur offenen Frage zurück, ist gewöhnlich so viel Zeit verstrichen, dass sich das Problem selbst erledigt hat oder mit einigen Sätzen nebenbei abgehandelt werden kann; die Musik spielt ohnehin wieder an anderer Stelle. Nach bewährtem Prinzip werden die losen Fäden im Finale zusammengefasst, was umständliche Erklärungen über viele Seiten erforderlich macht.
_Feine Leute sind anders_
Dass ein Kriminalroman in die Jahre gekommen ist, muss ihm bekanntlich nicht schaden, sondern kann seinen Unterhaltungswert noch steigern. Der einst normale Lebensalltag ist selbst interessant geworden und bildet eine reizvoll altmodische Kulisse, in die sich auch der viel später geborene Leser gut und gern hineindenken kann. Natürlich ist ein Roman kein dokumentarisches Abbild vergangener Wirklichkeit. Es ist nur erforderlich, dass die genannte Kulisse glaubhaft wirkt. In diesem Punkt fragt man sich, wie die zeitgenössischen Leser „Die Nebelbanditen“ beurteilt haben: Selbst mit dem Zugeständnis einer emotionalen Naivität, die viele Romane und auch Filme dieser Zeit prägt, übertreibt es Walsh maßlos. Das London von 1932 war realiter nicht mehr das London der Königin Victoria.
Lord Sanford spekuliert und gibt sich damit als moderner Zeitgenosse zu erkennen. Trotzdem setzt er seine Gesundheit und das Glück seiner Tochter bedenkenlos aufs Spiel, um den Ruf seiner Familie zu wahren. Die Hartnäckigkeit, mit der Vater und Tochter Sanford sich in diesem Punkt immer stärker in die Bredouille bringen, stört und langweilt heute, was durch Annes prompte Ohnmachtsanfälle in ‚heikler‘ Lage gefördert wird. Ein offenes Wort, und die diversen Erpressungsgespinste würden sich schneller auflösen als der Nebel, was allerdings die Handlung zu einem abrupten Ende brächte.
Sympathie vermag keine der zahlreichen Figuren zu wecken. Inspektor Quaile bleibt farblos, Assistent Slade gibt vor allem den verliebten Gutmenschen, der die Maid in Not nicht nur rettet, sondern letztlich heiratet. ‚Normale‘ Polizisten taugen nur zur Fußarbeit. Zu ihrem Glück ist das Gros der Gauner notorisch dumm und kann deshalb regelmäßig eingefangen werden. Die „Nebelbanditen“ verheddern sich in ihrer eigenen Überschläue, hinter der sich ebenfalls jener Hang zum Scheitern verbirgt, der – so macht Walsh deutlich – dem Bösewicht per se innewohnt: Verbrechen lohnt nicht, und zumindest der geistig schlicht gestrickte Leser durfte sich mit dieser Phrase trösten, wenn er das Buch zuklappte. Das präsentieren die Klassiker des Genres wesentlich raffinierter und eleganter, und deshalb werden ihre Werke noch heute aufgelegt, während J. M. Walsh in Vergessenheit geraten ist.
_Der Autor_
James Morgan Walsh wurde am 23. Februar 1897 in Geelong, einer Kleinstadt im australischen Bundesstaat Victoria, geboren. Schon 1913 erschien eine erste Kurzgeschichte, acht Jahre später der erste Roman. 1925 wanderte Walsh nach England aus, wo er sich als Produzent populärer Trivialliteratur etablierte, dessen Romane und Kurzgeschichten vor allem in den „Pulp“-Magazinen dieser Zeit erschienen. Walsh schrieb vor allem Krimis und Spionage-Thriller, verfasste aber auch Sciencefiction. Zumindest als Fußnote ging er mit seiner Space Opera „Vandals of the Void“ (1931) ein, die ein frühes Beispiel für SF aus Australien ist.
Seine Produktivität war so hoch, dass Walsh auch als H. Haverstock Hill, Stephen Maddock und George M. White veröffentlichte. Er blieb auch nach dem II. Weltkrieg bis zu seinem frühen Tod am 29. August 1952 als Autor ungemein aktiv.
_Impressum_
Originaltitel: Lady Incognito (London : Collins 1932)
Übersetzung: Hans Herdegen
Deutsche Erstausgabe: 1935 (Wilhelm Goldmann Verlag/Goldmann’s Detektiv-Romane)
217 Seiten
[keine ISBN]
Diese Ausgabe: 1953 (Wilhelm Goldmann Verlag/Goldmanns Taschen-Krimi Nr. 17)
219 Seiten
[keine ISBN]
Victor Gunn – Das Geheimnis der Borgia-Skulptur

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John Cassells – Die Schwarzen Tränen

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Clifton Adams – Tanz im Hexenkessel

Victor Gunn – Auf eigene Faust

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Mo Hayder – Ritualmord [Jack Caffery 3]

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Goddard, Robert – Schatten von Aberdeen, Die
_Das geschieht:_
Nach vielen Jahren kehrt der in Kanada lebende Harry Barnett in seine englische Heimat zurück, um den Nachlass seiner verstorbenen Mutter zu ordnen. Die Einladung zu einem Treffen ehemaliger RAF-Kameraden ist ihm eine willkommene Ablenkung. Vor fünfzig Jahren hatte Harry als Soldat an einem obskuren militärischen Projekt teilgenommen: Junge Soldaten wurden in Kilveen Castle, einem unweit der schottischen Stadt Aberdeen gelegenen Außenposten der Royal Air Force, auf ihre Lernfähigkeit überprüft. Mit 14 Kameraden hatte Harry 1955 drei angenehme, weil drillfreie Monate in der alten Burg verbracht. Dorthin lädt Johnny Dangerfield, der im Ölgeschäft reich geworden ist, nun ein. Kilveen Castle wurde inzwischen zum Luxushotel umgebaut, sodass sich die im Rentenalter befindlichen Kameraden nicht lange bitten lassen.
Auch Harry fährt, obwohl er weiß, dass sein ehemaliger Freund und Geschäftspartner Barry Chipchase ebenfalls kommen wird. Nach der Pleite einer gemeinsam betriebenen Werkstatt geht man sich tunlichst aus dem Weg. Auch andere alte Kameraden hat Chipchase inzwischen um Geld geprellt, sodass Harry sich nicht wundert, dass Barry Kilveen Castle letztlich meidet.
Ohnehin ist das Treffen kein Erfolg. Schon während der Anreise verschwindet einer der alten Soldaten; seine Leiche wird später gefunden. Mord ist möglich, und als in kurzem Abstand zwei weitere Teilnehmer des Treffens sterben, wird die Polizei unangenehm. Ausgerechnet der biedere Harry wird zum Hauptverdächtigen. Zu ihm gesellt sich der aus der Versenkung aufgetauchte Chipchase. In ihrer Not tun die beiden Männer sich zusammen und stellen eigene Nachforschungen an. Sie führen in die eigene Vergangenheit zurück, die sie zu unfreiwilligen Opfer eines obskuren Experiments machte. In der Gegenwart sind die Polizei, der Geheimdienst und diverse Killer dem Duo auf den Fersen …
_Ein Buch als nicht ganz einfach zu hebender Schatz_
Die Konstruktion eines Rätsels, das auch den lese- und filmerfahrenen Zeitgenossen fesseln kann, ist im 21. Jahrhundert wahrlich kein einfaches Unterfangen. Uns wurden alle möglichen (und unmöglichen) Intrigen in unzähligen Varianten bereits präsentiert, sodass wir in der Regel wissen, wohin der Hase läuft.
Deshalb ist durchaus eine besondere Erwähnung angebracht, wenn es einem Autoren doch gelingt zu überraschen – einem Autoren zudem, der einem als Kandidat nicht unbedingt einfallen würde. Robert Goddard hat sich mit mysteriösen Ereignissen der (jüngeren) Vergangenheit, die sich in der Gegenwart meist gewalttätig zu neuem Leben melden, zwar einen Namen gemacht, der indes durch ein Zuviel an unterhaltsamen, aber zunehmend schematisch gestrickten Geschichten an Glanz verloren hat. Zumindest der Rezensent hätte Goddard ein Kabinettstück wie „Die Schatten von Aberdeen“ nicht (mehr) zugetraut!
Es zu finden, ist nicht ganz einfach, denn obwohl Goddard zu den Stammautoren des |Goldmann|-Verlags gehört, werden seine Werke optisch völlig lieblos und mit auswechselbaren Stock-Covern quasi gut getarnt in die deutschen Buchladen-Ketten gepresst.
_Menschen altern, Geheimnisse reifen_
Sehr schade ist das, denn die Geschichte vom alten Soldaten, der in eine monströse Verschwörung gerät, ist ungemein unterhaltsam. Zwar ist das dem Komplott zugrunde liegende Rätsel nachträglich betrachtet nicht gerade originell. So denkt der Leser freilich in 99 von 100 entsprechenden Fällen. Der Weg ist der Ziel, und der ist reich an scharfen Kurven und unerwarteten Hindernissen, während die Geschichte gemächlich beginnt, aber bald gefährlich an Fahrt aufnimmt. Dabei muss man mehr als einmal an Alfred Hitchcock selig und hier explizit an sein frühes Meisterwerk „The 39 Steps“ (1935; dt. „Die 39 Stufen“) denken, das ebenfalls eine wilde Flucht vor unsichtbaren, aber mörderischen Verfolgern durch schottische Moor- und Heidelandschaften und ein vertracktes Rätsel thematisiert, von dessen eigentlich unmöglicher Auflösung das Leben der ratlosen Hauptfiguren abhängt.
Auch Harry Barnett ist eine Figur, die Hitchcock gefallen hätte – ein Jedermann, der in seinem ruhigen Leben keine Turbulenzen erfahren und überstanden hat, die ihn auf das vorbereiten könnten, was ihn im Land seiner Väter erwartet. Folgerichtig ist Harry alles andere als ein Held und – obwohl schon zweimal in kriminelles Treiben verwickelt – in echten Krisensituationen überfordert. Schon sein Alter verbietet ihm Action-Einlagen, und für sein Naturell ist es charakteristisch, dass ihn bereits die Handhabung eines Handys überfordert; keine Idealvoraussetzungen für eine Flucht, die kreuz und quer durch Schottland und England führt und in der nördlichen Ödnis der Neuen Hebriden ihren Höhepunkt findet.
_Nimm’s mit Humor, auch wenn die Kugeln fliegen_
Hitchcock zum Dritten: Obwohl Mord und Totschlag mehr als eine Szene von Harrys Odyssee prägen, schlägt Autor Goddard einen sehr leichten Ton an. „Die Schatten von Aberdeen“ besticht durch einen stets präsenten, nie albernen oder aufdringlichen, sondern britisch trockenen Humor, der die Übersetzung erfreulich gut überstanden hat. Für einen politisch unkorrekten Oneliner sorgt auch in kritischen Situationen zuverlässig Luftikus Barry Chipchase, den Goddard wohlweislich dem blassen Harry an die Seite stellt.
Barry ist ein Betrüger, dem kein Coup jemals wirklich gelang. Wieso das so ist, erfahren wir schnell, denn für eine Hetzjagd auf Leben und Tod ist er eigentlich nicht der richtige Partner. In der Tat ist es die blanke Not, die unsere ungleichen ‚Helden‘ zusammenschweißt: ein Klischee, das Goddard wundersam mit neuem Leben erfüllt.
Natürlich hat Barry das Herz auf dem rechten Fleck. Wenn man weiß, welche Knöpfe man bei ihm zu drücken hat, schwingt er sich zu ungeahnten Höhenflügen auf. Harry ist hartnäckig, aber zurückhaltend, Barry unkonventionell. Gemeinsam sind sie nicht unbedingt unschlagbar, aber sie entwickeln eine Gegenwehr, die nicht aus bisher verborgenen Superkräften, sondern logisch aus der Handlung erwächst. Das zu verfolgen, macht einfach Spaß, zumal Goddard mit Überraschungen nie geizt. Selbst das etwas zu happy geratene Ende passt zu dieser Geschichte, die Routine mit Raffinesse mischt – in welchem Verhältnis dies geschieht, mag der Leser/der Kritiker selbst entscheiden.
_Der Autor_
Robert Goddard wurde 1954 in Fareham, Hampshire, geboren. Als Student der Universität zu Cambridge erwarb er einen akademischen Grad als Historiker: eine Ausbildung, die ihm später nützlich war, obwohl er sich zunächst mit den in diesem Metier üblichen Beschäftigungsproblemen konfrontiert sah. Ein Versuch, als Journalist Fuß zu fassen, scheiterte recht bald, und auch als Lehrer konnte Goddard nicht glänzen. So wählte er den letzten Ausweg und ging in die Verwaltung.
Während er für das „Education Department“ des Devon County Councils tätig war, schrieb er in seiner Freizeit einen ersten Roman. „Past Caring“ (dt. „Dein Schatten, dem ich folgte“) erschien 1986 und entwickelte sich sogleich zu einem großen Erfolg. Der gleichzeitig vertrackte und spannend entwickelte, dabei aber den Regeln des Genres stets verpflichtete und massenlesertaugliche Thriller um diverse Schatten aus ferner Vergangenheit, die in der Gegenwart zu neuem, unheilvollen Leben erwachen, wurde zur Blaupause der meisten Romane, die seither in zügigem Tempo und regelmäßig folgten. Die Leser scheint es nicht zu stören, jedes Goddard-Werk entert die Bestsellerlisten; nicht bis zur Spitze, aber – auch in Deutschland – hoch genug, um dem mit seiner Gattin heute in Truro, Cornwall, lebenden Schriftsteller ein behagliches Auskommen zu garantieren.
Die Harry-Barnett-Serie erschien zuletzt im |Wilhelm Goldmann Verlag|:
(1990) Into the Blue („Mitten im Blau”) – TB 41310
(1996) Out of the Sun („Die Zauberlehrlinge”) – TB 44273
(2006) Never Go Back („Die Schatten von Aberdeen“) – TB 46400
_Impressum_
Originaltitel: Never Go Back (London : Bantam Press 2006/New York : Delta Trade Paperbacks 2007)
Übersetzung: Peter Pfaffinger
Deutsche Erstausgabe: Juni 2007 (Wilhelm Goldmann Verlag/TB Nr. 46400)
411 Seiten
EUR 8,95
ISBN-13: 978-3-442-46400-5
http://www.goldmann-verlag.de
_Außerdem von Robert Goddard auf |Buchwurm.info| zu finden:_
[„Bedenke, dass wir sterben müssen“ 1605
Roberts, Gregory David – Shantaram
Bombay – wie die indische Metropole noch bis 1996 hieß, die anschließend offiziell in Mumbai umbenannt wurde, was dort allerdings selbst von einigen Behörden noch nicht durchgehend umgesetzt wird – ist eine multiethnische und multikulturelle Stadt und zudem eine der größten und sicherlich auch faszinierendsten der Welt. Unzählige einheimische Volksgruppen sowie Menschen aus vielen anderen Nationen der Welt haben ihre Spuren hinterlassen, prägen und entwickeln diese Metastadt laufend weiter.
Mit ihrem Hafen ist Bombay der wichtigste wirtschaftliche Dreh- und Angelpunkt des Subkontinents für Im- und Export und deswegen zur Hauptstadt des Handels geworden. Als eine der größten Städte der Welt produziert Bombay natürlich auch die größten Probleme; inmitten der Stadtteile reihen sich wohlhabende Siedlungen direkt an die zahlreichen Slums an, die mal größer und mal kleiner werden, sofern sie zumindest von den Stadtoberen akzeptiert werden.
Zugleich mit der Wirtschaft floriert auch die kriminelle Organisation der Stadt. Ebenso wie den offensichtlichen Reichtum, der gerne auch zur Schau gestellt wird, gibt es hier Armuts- und Elendsviertel, die von kriminellen Bossen beherrscht werden. Indien ist so weit entfernt von den westlichen Wirtschaftsräumen, dass es für flüchtige Verbrecher wie ein Paradies wirkt. Der Einfluss nationaler und internationaler Gerichtsbarkeit sowie die Verfolgung durch Staatsanwalt und Polizei sind gering bis gar nicht vorhanden.
An humanitärer Hilfe in den Slums mangelt es an jeder Ecke; Drogen beherrschen hier stattdessen den Handel und das (Über-)Leben in der Unterwelt. Medikamentöse und ärztliche Versorgung bleibt der privilegierten Gesellschaft vorbehalten, so dass es hier ganze Viertel gibt, in denen durch Krankheit die regelrecht zum Tode Verurteilten ein jämmerliches Dasein fristen.
Indien ver- und bezaubert durchaus; die märchenhafte Aura des Landes begegnet dem Besucher an vielen Orte. Das Leben, Denken und Handeln der Inder ist so ganz verschieden von unserem. Nüchtern betrachtet allerdings verflüchtigt sich hierbei schnell jedes romantisierte Weltbild. Für zahllose Einwohner des Landes ist das dortige Leben mit all seinen Entbehrungen und Gefahren ein schmerzvoller Überlebenskampf.
Gregory David Roberts hat in seinem Roman „Shantaram“ ein raues, aber zugleich umfassendes und faszinierendes Bild der Metropole Bombay entworfen und damit einen leidenschaftlichen Roman verfasst.
_Inhalt_
Lindsay, ein junger Australier, hat zwei Jahre seiner langjährigen Haftstrafe in einem Hochsicherheitsgefängnis verbracht, als ihm seine spektakuläre Flucht gelingt. Lindsay hat alles verloren, Frau und Kind, seinen Job. Diese Schicksalsschläge haben ihn mit Drogen und Verbrechen konfrontiert, eine Spirale, die im Gefängnis endete.
Um internationalen Fahndern zu entkommen, flüchtet Lindsay mit falschen Papieren ausgestattet nach Bombay. Die indische Kulturhauptstadt wirkt verstörend und anfangs fremd auf ihn. Durch Zufall lernt er den jungen Inder Prabaker kennen, der Lindsay zunächst als Fremdenführer die schillernde und übergroße Stadt zeigt und erklärt.
Als Gestrandeter lernt er andere Menschen kennen, die in Bombay ähnlich wie er selbst einen Neuanfang suchen. Lindsay wird durch Prabaker, der inzwischen sein Freund geworden ist, in die ungeschriebenen Gesetze der Stadt und deren Unterwelt eingeführt. Er lernt einflussreiche Menschen aus dem Drogenmilieu kennen, die die Stadt mit beherrschen und regieren. Alles scheint miteinander verwoben zu sein, jeder macht in seiner Welt Geschäfte und ist abhängig von anderen – dies zu durchschauen, wäre ohne die Hilfe des jungen Inders unmöglich.
Lindsay baut sich eine Art von Familie auf, die viele unterschiedliche Persönlichkeiten umfasst, die bald alles für ihn bedeuten. Da ist Karla, eine bildhübsche, aber kühle Frau mit schweizer Wurzeln, in die er sich verliebt. Auch einflussreiche Männer aus Bombays Unterwelt begleiten den jungen Mann, und er entwickelt zu diesen kriminellen Männern ein tiefsinniges, fast schon väterliches Verhältnis.
Prabaker der spürt, dass Lindsay auf seine Art verloren ist, und führt ihn in seine Familie ein, in der dieser wie ein Sohn aufgenommen und akzeptiert wird. Diese Zeit prägt den jungen Mann und lässt ihn über seine Vergangenheit und seine vielen Möglichkeiten der Zukunft nachdanken.
Prabaker ist es auch, der Linbaba, wie Lindsay jetzt genannt wird, sein eigenes Haus vermittelt. Inmitten der Slums lernt Lin Menschen kennen, die ungeachtet ihrer Nöte und Sorgen füreinander einstehen und Verantwortung übernehmen. Diese exotische Welt birgt viel Gnadenlosigkeit, aber auch viel Hoffnung für die dort lebenden Menschen, die in Baracken hausen, die notdürftig aus Blech, Plastik und Holz eher schlecht als recht zusammengezimmert wurden.
Lindsays neue Heimat wird wenig später zum Teil durch ein Feuer vernichtet, viele Menschen werden durch Flammen und Rauch verletzt, und durch seine rudimentären Medizin- und Erste-Hilfe-Kenntnisse wird Lin schnell zum Arzt in diesem Slum. Doch auch hier ist er abhängig von der Unterwelt und den Bossen, die die Slums regieren und mit Nahrungsmitteln und Medikamenten versorgen. Obwohl Lin keine medizinischer Ausbildung genossen hat, wird er von den Menschen schnell als Slumarzt akzeptiert.
Seine Praxis ist Anlaufstelle für die vielen Verletzten und Kranken, die ihn in immer größerer Anzahl aufsuchen, ebenso wie die vielen Leprakranken, die in eigenen Slums etwas abgegrenzt wohnen. Lin wird zu „Shantaram“, wie ihn Prabaker tauft – ein Mann des Friedens. Durch seine Naivität und nicht zuletzt durch seine ominösen Verbindungen zur Unterwelt wird Lin verraten und in Bombays gefürchtetes Arthur-Road-Gefängnis gesteckt. Dort wird er brutal gefoltert und fast zerbrochen …
Als Lin durch einen einflussreichen Unterwelt-Boss aus dem Gefängnis herausgeholt wird, verfolgt er das alleinige Ziel, sich an demjenigen zu rächen, der für seinen Gefängnisaufenthalt verantwortlich ist …
_Kritik_
Selten hat ein Autor Bombay ein so intensives Gesicht verliehen, wie es Gregory David Roberts gelungen ist. Roberts weiß auch, wovon er schreibt, denn die Person „Shantaram“ oder Lindsay ist er selbst. „Shantaram“ ist seine Biografie, und seine abenteuerlich anmutenden Erlebnisse hat er in diesem Roman verarbeitet.
Der Leser erlebt den Alltag Bombays an der Seite des Autors. Die exotische Stadt besitzt viele Facetten, wir erleben aber vor allem in den Slums Drogen, Alkohol, familiäre Gewalt, Krankheit, Armut und medizinische Missstände. Die sozialen Schichten mit ihrer ungeschriebenen Hierarchie begegnen uns ebenso wie die vielen Sorgen und Nöte der in den Slums wohnenden Menschen. Der Autor lässt uns aber auch an philosophischen Gedanken der Protagonisten teilhaben, wenn in Männerrunden oder Dialogen über verschiedene Themen des Lebens diskutiert wird.
Die Atmosphäre von „Shantaram“ ist eine besondere. Der Leser taucht ein in die Metropole Bombays, in die Straßen der Slums und in die Gedankenwelten der Protagonisten. Der über tausend Seiten umfassende Roman bietet dabei spannende Literatur, die den Leser schon ab den ersten Seiten in Bombays Atmosphäre katapultiert. Die Protagonisten sind zwar zahlreich, aber so grandios präsentiert, dass man mit diesen Figuren leidet, wütend und verzweifelt ist und zugleich einen tiefsinnigen Schauer empfindet, folgt man den Dialogen, die wirklich etwas zu sagen haben.
Philosophisch interpretiert, geht es in „Shantaram“ immer um die Liebe. Der Fokus der Liebe zu anderen, zu sich selbst, zu etwas Höherem, zu einer Aufgabe – Liebe verfolgt den Leser durch alle Kapitel. Dass Lindsay/Linbaba/Shantaram/Roberts von einem Schicksalsschlag in den nächsten geschubst wird, ist dabei nicht unglaubwürdig erzählt. Das Tempo in „Shantaram“ ist nicht überdimensioniert, es überfährt den Leser nicht, lässt ihn aber auch nicht zur Ruhe kommen.
Die Haupthandlung selbst ist dabei ausnehmend spannend, allerdings wird diese Spannung nicht durch Gewalt und Action erzeugt, sondern durch liebevolle Figuren aufgebaut, die der Geschichte ihren Anteil an Leben, Dramatik, Philosophie und auch Gewalt einhauchen.
Der „Guru“, der sensible und etwas schlitzohrige Prabaker, ist eine Figur, die man fast schon mehr liebgewinnt als den Handlunsgträger Lindsay. Seine Botschaften sind nicht ohne Humor und hintergründig in Worte gefasst. Ohne Prabaker wäre Lindsay verloren gewesen, in psychischer wie auch physischer Hinsicht. Selten erlebt man in Erzählungen derartig präsente Figuren, die man faszinierend verfolgt, selbst wenn sie lediglich Nebenfiguren sind, aber nicht im Schatten der Schlüsselgestalt stehen.
Karla, in die sich Lindsay Hals über Kopf verliebt und sich dabei benimmt wie in den Anfängen der Pubertät, ist nicht nur schön an Gestalt, sondern auch sensibel, verletzbar und gerade wegen Letzterem emotional nach außen stark unterkühlt. Bindungen und Gefühlen will sie sich nicht stellen, sie scheut die Verantwortung, doch bringt sie dies so schonend und plausibel rüber, dass man ihre Beweggründe logisch und auch emotional nachvollziehen kann.
_Fazit_
„Shantaram“ ist ein epischer Roman, ein wunderbarer Exot in der literarischen Welt, der leidenschaftlich versucht, die Liebe als umfassendes Konzept in Worte zu fassen, und dem dies auch gelingt. Zwischen den Zeilen und den vielen Handlungsebenen gibt es so viel Wissenswertes und Imposantes zu erleben, dass jedes Gefühl ausgelebt werden kann.
„Shantaram“ ist auch oder gerade deswegen so faszinierend, weil der Schöpfer Gregory David Roberts seine Geschichte autobiografisch erzählt und dabei nicht nur sein Alter Ego, sondern auch sich selbst entdeckt und lieben lernt.
Das moderne Indien hat für westliche Leser mit „Shantaram“ eine umfassende Betrachtungsperspektive bekommen, mit vielen Blickwinkeln und vielen Persönlichkeiten, in denen wir uns trotz ihrer Andersartigkeit so manches Mal wie in einem Spiegel erkennen. Wenn Geschichten wie diese Emotionen in uns wecken und uns unsere Menschlichkeit bewusst machen, so sind sie besonders wertvoll und nach meinem Dafürhalten bedenkenlos zu empfehlen.
Die Filmrechte von „Shantaram“ sind längst verkauft, gesichert hat sie sich Johnny Depp. Und eines ist schon jetzt deutlich: Die Geschichte von „Shantaram“ lebt von ihren Charakteren und ihren Schicksalen. Ein Roman, vielleicht auch später ein Film, an den man sich erinnern und auf eine Fortsetzung warten wird – die bereits in Arbeit ist.
„Shantaram“ bietet Tragik, Dramatik und Liebe in Reinform.
_Der Autor_
Gregory David Roberts (* 1952 in Melbourne) ist ein australischer Buchautor und verurteilter Schwerverbrecher. Roberts sollte im australischen |HM Prison Pentridge| eine 24-jährige Haftstrafe absitzen. Dort brach er nach zwei Jahren aus.
Nachdem er das Sorgerecht für seine damals dreijährige Tochter nicht erhielt, wurde er heroinabhänging. Um seine Sucht zu finanzieren, beging er zahlreiche Raub- und Banküberfälle (allerdings mit vorgehaltener Spielzeugpistole). Nach seiner gelungenen Flucht über die Frontmauer des |HM Prison Pentridge| – am helllichten Tag – ließ er sich nach einem Zwischenaufenthalt in Neuseeland in Mumbai, Indien nieder. 1990 wurde er in Frankfurt gefasst und an seine Heimat ausgeliefert. Dort verbrachte er dann sechs Jahre im Gefängnis, davon zwei in Isolationshaft. In dieser Zeit begann er auch an seinem bekanntesten Buch „Shantaram“ zu arbeiten, das auf seinen Erfahrungen in Mumbai basiert.
Der Titel des autobiografischen Romanes „Shantaram“ basiert auf seinem Spitznamen, der ihm von der Mutter seines besten Freundes Prabaker verliehen wurde. Roberts schrieb außerdem ein Drehbuch des „Shantaram“-Romans und ein weiteres für den Film „Allegra“.
|Originaltitel: Shantaram
Originalverlag: St. Martin’s Press
Aus dem Amerikanischen von Sibylle Schmidt
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 1088 Seiten
Mit Vignetten von Oliver Weiss|
http://www.goldmann-verlag.de
http://www.shantaram.com/
Victor Gunn – Das rote Haar

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Daniel Glattauer – Gut gegen Nordwind

Lieber Leo …
Max Brooks – World War Z. Operation Zombie
Kaum ein Jahrzehnt ist vergangen, seit die menschliche Zivilisation beinahe unterging. Kein Atomkrieg, keine terroristischen Umtriebe und keine Ebola-Pandemie haben ihr den Untergang gebracht, sondern Zombies – verstorbene und wiederauferstandene Männer und Frauen, die nicht nur hungrig Jagd auf ihre früheren Mitmenschen machten, sondern diese durch ihren Biss selbst in lebende Tote verwandelten. Erst nach Jahren eines verzweifelten Kampfes konnten die Zombies ausgerottet werden. Die Zahl der Opfer geht in die Milliarden.
Der Autor dieses Buches gehörte einer Kommission an, die für die Vereinten Nationen die Geschichte des „Zombie-Weltkriegs“ rekonstruierte. Er konnte die Brennpunkte der Ereignisse bereisen und mit denen sprechen, die dort mit den Zombies in Berührung kamen (und dies überlebten). Die gesammelten Interviewtexte sind wichtige Steinchen in einem Mosaik, das bisher nie in seiner Gesamtheit dargestellt werden konnte. Sie wurden chronologisch geordnet und spielen an vielen Orten der Erde.
Victor Gunn – Das achte Messer

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Thomas Muir – Kabine B 55

Alan Campbell – Devil’s Night (Kettenwelt-Chroniken 2)

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Arthur W. Upfield – Der schwarze Brunnen
Ein defektes Flugzeug lässt Kriminalinspektor Napoleon Bonaparte, genannt „Bony“, in der Ödnis des nordwestlichen Australien stranden. Agar’s Lagune besteht aus zehn Wohnhäusern, einem baufälligen Hotel und einer Kneipe; die einzige Sehenswürdigkeit besteht aus einem Ring leerer Flaschen, den trinkfreudige Viehzüchter, Schafhirten und Goldsucher im Laufe vieler Jahre um das Örtchen aufgeschüttet haben.
Aus Bonapartes unfreiwilligem Zwischenaufenthalt wird ein Kriminalfall, als Fernfahrer Sam Laidlaw 170 km nördlich von Agar’s Lagune den Jeep des Polizeiwachtmeisters Martin Stenhouse findet; der Fahrer hockt mit durchschossenem Herzen am Steuer. Allem Anschein nach hat Jacky Musgrave, Stenhouses Fährtensucher – ein Aborigine -, seinen Chef umgebracht und ist anschließend in die Wüste und eventuell zu seinem Stamm geflüchtet. Arthur W. Upfield – Der schwarze Brunnen weiterlesen




