Schlagwort-Archiv: Knaur

Erika Mayr – Stadtbienen: Eine Großstadt- Die Imkerin erzählt

„Von Bienen, Blumen und Großstadtdächern“

Seit 1985 stehen die Bienen des Theaterdekorateurs Jean Paucton auf dem Dach seiner Arbeitsstätte der Pariser „Garnier Oper“; auch im Garten des Weißen Hauses in den USA oder der Londoner St. Pauls Kathedrale werden seit Jahren erfolgreich Bienen gehalten. Aber nicht nur in Frankreich, England oder den Staaten, sondern auch in Hamburg oder Berlin fliegt die Honigbiene „Apis Mellifera“ nicht mehr zufällig durch die Straßenschluchten. „Urban Beekeeping“ lautet der Trend, der längst auch nach Deutschland geschwappt ist und immer mehr Menschen in Großstädten für das alte Handwerk des Imkerns begeistert. Erika Mayr erzählt in ihrem Buch „Die Stadtbienen“ wie sie persönlich zu den Bienen fand und mit deren Hilfe in Berlin heimisch wurde.

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Thiemeyer, Thomas – Logan und Gwen (Das verbotene Eden 2)

Das verbotene Eden:

Band 1: David und Juna“
Band 2: „Logan und Gwen“
Band 3: „Magda und Ben“

Gwens Leben ist völlig aus der Bahn geraten. Juna hat sie verlassen … für einen Mann! Um sich von ihren Schuldgefühlen abzulenken, meldet Gwen sich freiwillig für ein Himmelfahrtskommando. Und gerät prompt in Gefangenschaft!

Wie sich in dieser Fortsetzung zu |Das verbotene Eden| herausstellt, ist die Frage, wie es mit David und Juna weitergeht, gar nicht relevant. Letztlich geht es darum, wie es mit den Zurückgebliebenen weitergeht. Dabei tauchen natürlich auch ein paar neue Charaktere auf.

Gwen war schon immer eher der häusliche, sorgende Typ. Nicht umsonst will sie unbedingt Heilerin werden. Das bedeutet aber nicht, dass sie völlig harmlos ist. Gwen weiß sich durchaus durchzusetzen, und wenn es drauf ankommt, beweist sie auch Mut und Kampfgeist.

Auch Logan sieht man den Kämpfer nicht unbedingt an. Er ist weder besonders groß noch besonders muskelbepackt. Dafür benutzt er im Gegensatz zu vielen anderen auch seinen Kopf. Außerdem ist er ziemlich gut darin, andere einzuschätzen. Und wie David hat er ein ausgeprägtes Gespür für richtig und falsch.

Cedric, dem Sohn von Logans Warlord, geht dieses Gespür vollkommen ab. Er ist ein hinterhältiger, eitler, ehrgeiziger Egomane, der Begriffe wie Verantwortung, Fairness oder Diplomatie unter P wie Papierkorb ablegt. Unnötig zu erwähnen, dass ein solcher Mensch ausgesprochen rachsüchtig reagiert, wenn jemand ihm einen Strich durch die Rechnung macht.

Schon bei der Charakterzeichnung des ersten Bandes fiel mir auf, dass Thiemeyers Charaktere nur mäßig Schattierungen aufweisen. Von Anfang an ist klar, wer die Guten und wer die Bösen sind, Grauzonen fehlen. Obwohl die Figuren ansonsten gut und nachvollziehbar angelegt sind, empfand ich diesen Punkt zunehmend als störend, vielleicht auch deshalb, weil die Personenkonstellation sich in beiden Büchern so sehr ähnelt: Für Juna und David kamen Gwen und Logan, für den Abt der Benediktiner kam Logans Vater Gunnar, für Amon kam Cedric. Eine Weiterentwicklung einzelner Charaktere wäre da womöglich hilfreich, getan hat sich diesbezüglich leider nichts. Selbst Edana, die nach den Vorfällen an der Raffinerie so überraschend mild reagierte, ist wieder genau dieselbe erbarmungslose Männerhasserin wie zuvor.

Auch die Handlung weist spürbare Parallelen auf. David wurde von den Frauen gefangen genommen, diesmal ist es Gwen, die in die Hand der Männer gerät; Amon war auf Juna eifersüchtig, Cedric ist eifersüchtig auf Logan. Das zieht sich durch nahezu die gesamte Grundhandlung. Die beiden Teile unterscheiden sich kaum darin, was geschieht, höchstens darin, wie es geschieht.

Dazu kommt, dass das Hauptaugenmerk natürlich auf Logan und Gwen liegt. Und auch diesmal hat sich der Autor viel Zeit damit gelassen, zunächst einmal die jeweilige Situation der beiden zu zeigen, ehe er sie zusammentreffen lässt. Bis es so weit ist, ist das halbe Buch gelesen. Richtig ernst wird es für die beiden erst auf den letzten hundert Seiten.

Da sich die Handlung so eingehend mit Logan und Gwen beschäftigt, bleibt für das Geschehen im Hintergrund, die Entwicklung hin zu einem erneuten Krieg, nicht mehr viel Raum, sodass die eigentliche Weiterentwicklung der Geschichte nahezu untergeht.

Einziger wirklich neuer und daher interessanter Aspekt waren die Zusammenhänge mit der Figur des Wanderers. Mit ihm ist allerdings ein Punkt ins Licht gerückt, den ich schon im ersten Band als unlogisch empfunden habe. Bereits dort fragte ich mich, warum die Stadt und ihre Umgebung keinen Kontakt zum Rest der Welt haben. Jetzt werden erstmals Wanderer erwähnt, Männer, die man in ihrer Funktion mit mittelalterlichen Barden und reisenden Geschichtenerzählern vergleichen könnte. Und doch erscheint mir das zu wenig. Gut, reisen ist gefährlich, aber das hat die Menschen noch nie davon abgehalten herauszufinden, was hinter dem Horizont liegt. Gibt es denn niemanden, der wissen will, wie das Leben in anderen Gegenden der Welt aussieht? Warum hat weder der Inquisitor noch der Rat der Frauen je versucht, dort vielleicht Verbündete zu finden? Neue Ressourcen zu erschließen? Verlorengegangenes Wissen aufzustöbern? Diese extreme Isolation erscheint mir höchst unwahrscheinlich.

Alles in allem bleibt zu sagen, dass das Buch nicht wirklich schlecht war. Auch der erste Band war ja nicht schlecht. Aber so richtig gefangennehmen konnte es mich auch nicht. Was im ersten Band noch einen erheblichen Teil der Faszination ausmachte, nämlich das Setting, ist jetzt bereits bekannt. Die neuen Figuren weisen starke Ähnlichkeit zu denjenigen auf, die nicht mehr dabei sind, gebliebene Figuren haben sich zu wenig entwickelt. Und die Handlung ist in ihren Grundzügen ebenfalls nahezu dieselbe. So las die Geschichte sich großteils wie ein riesiges Déjà-vu.

Ich hoffe deshalb sehr, dass der dritte Band etwas frischen Wind mitbringt. Der Titel „Magda und Ben“ klingt schon mal vielversprechend, und sei es nur, weil da offenbar Personen im Mittelpunkt stehen werden, die alt sind und bereits eine gemeinsame Vergangenheit haben. Wenn dazu noch etwas Bewegung in das Denken und Fühlen des einen oder anderen Charakters kommt, etwas mehr von der großen weiten Welt und etwas mehr Dynamik in die Ereignisse – immerhin droht da ein Krieg! – dann könnte der Abschluss der Trilogie durchaus noch einmal interessant werden.

Thomas Thiemeyer stammt aus Köln und arbeitete nach einem Geologie- und Kunststudium zunächst als Grafiker und Illustrator, eher er sich vermehrt dem Schreiben zuwandte. Sein Debutroman „Medusa“ erschien im Jahr 2004, seither hat er eine ganze Anzahl weiterer Romane geschrieben, nicht nur Thriller, sondern auch den Jugendbuchzyklus Die Chroniken der Weltensucher, der inzwischen aus vier Bänden besteht. Wann der letzte Teil von Das verbotene Eden erscheint, steht noch nicht fest.

Gebundene Ausgabe: 463 Seiten
ISBN-13: 978-3-426-65325-8

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http://www.thiemeyer.de/

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (2 Stimmen, Durchschnitt: 1,00 von 5)

Mara Lang – Masken – Unter magischer Herrschaft

Diesen Tag hat Ferin jahrelang herbeigesehnt: Endlich erhält sie die Maske, die die hässlichen Merkmale ihrer Rasse verbergen und ihr erlauben wird, sich frei unter den Menschen zu bewegen. Doch bereits nach wenigen Tagen zerfällt die magische Haut zu Staub! Sofort wird Ferin verhaftet …

Mara Lang hat ihre Geschichte mit einer Vielzahl von Charakteren ausgestattet, die aber fast ausnahmslos oberflächlich bleiben.

Ferin als Hauptperson ist die einzige, die so etwas wie Tiefe entwickelt. Sie sehnt sich vor allem nach Freiheit. Gleichzeitig ist sie aber schüchtern, unsicher und unselbständig, ihr fehlt jegliche Eigeninitiative. Daran ist sie nicht allein schuld, denn ihr Freiheitsdrang wurde jahrelang unterdrückt, ihre Fragen so gut wie nie beantwortet. Ferin weiß kaum etwas über das Leben und überhaupt nichts über ihr Volk. Der Verlust der Maske wirft sie deshalb in eine völlig neue, unbekannte Welt.

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Susan Hill – Die Frau in Schwarz

Ein junger Anwalt gerät durch Zufall in einen Geisterspuk, der eine Tragödie konserviert, die vor vielen Jahren stattfand. Allzu hartnäckig bemüht er sich, die Wahrheit hinter dem Spuk zu entdecken und erregt dadurch die Aufmerksamkeit des Gespenstes … – Versuch einer Wiederbelebung der klassischen englischen „ghost story“, wie sie bis zum II. Weltkrieg dominierte; diverse Passagen sind sehr stimmungsvoll geraten, aber die Story selbst ist plotschwach und wird zu stark ausgewalzt: allzu offensichtlich nur eine Kopie echter Grusel-Meister.
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Richard Dalby (Hg.) – Eiskalte Weihnachten. Kleine Morde zum Fest der Liebe

27 phantastische Geschichten, wie sie vor dem Siegeszug von Radio & Fernsehen gern an langweiligen Weihnachtsabenden erzählt wurden; zu klassischen Autoren des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gesellen sich moderne Zeitgenossen, die diese alte Tradition stimmungsvoll aufleben lassen: Hier wird aus Leibeskräften gespukt und gemordet, denn diese Geister u. a. Kreaturen sind vor allem übellaunig!
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Thiemeyer, Thomas – David und Juna (Das verbotene Eden 1)

Das verbotene Eden

Band 1: David und Juna
Band 2: Logan und Gwen (2012)
Band 3: -geplant- (2013)

Wir schreiben das Jahr 2080 und die Welt liegt in Trümmern. Die junge Juna ist auf dem Weg zu einem Dorf, aus dem ein Notsignal kam. Doch als sie eintrifft, ist schon alles vorbei. Ein Trupp Männer aus der Stadt hat das Dorf überfallen und nicht nur den freiwilligen Tribut eingetrieben, sondern auch Frauen misshandelt und den Tempel angezündet. Und offenbar haben sie das auch noch bei weiteren Dörfern vor. Juna ist fest entschlossen, das zu verhindern. Schließlich ist ihre Mutter die Hohepriesterin. Doch sie hat nicht damit gerechnet, dass ihre Mutter ihr gesamtes Weltbild ins Wanken bringen wird … sie und ein junger Mönch namens David!

Natürlich könnte man sich darüber streiten, wie logisch oder unlogisch die Entstehung der Ausgangssituation wohl ist. Ein mutiertes Virus, das die Anziehungskraft zwischen den Geschlechtern in ihr Gegenteil verkehrt, und zwar bei allen Menschen, das klingt schon ein wenig phantastisch, vor allem, wenn man bedenkt, wie unterschiedlich verschiedene Individuen auf ein und dieselbe Person reagieren können. Auch fragte ich mich, ob die Tatsache, dass Männer und Frauen sich nicht mehr ausstehen können, wirklich gleich in einen Bürgerkrieg münden muss. Aber im Grunde geht es ja wohl eher um die Frage, wie man mit einer solchen Katastrophe, wenn sie denn einträte, umgeht, und wie man aus der Patsche wieder herauskommt, in die man geraten ist.

Bei einem solchen Szenario begibt sich der Autor naturgemäß auf gewisses Glatteis. Das Geplänkel zwischen Männlein und Weiblein hat es schon immer gegeben, auch hier und heute, in der Regel mit einem Augenzwinkern. Genau dieses Augenzwinkern passt überhaupt nicht in den Kontext dieser Geschichte, sich allerdings ernsthaft damit auseinanderzusetzen, ohne dabei Klischees zu bedienen, verlangt durchaus Fingerspitzengefühl. Und man muss Thomas Thiemeyer lassen: er hat bei der Einarbeitung der unbestreitbar bestehenden, nicht-biologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern jegliches Klischee und sämtliche Schwarz-Weiß-Malerei gekonnt vermieden. So entspricht die Nutzung der verbliebenen Technik – wie Autos, Feuerwaffen und Generatoren – tatsächlich eher dem männlichen Aspekt als dem weiblichen. Und obwohl auch in den Klöstern Gärten mit Kräutern und Gemüse gepflegt werden, beruht die Hauptversorgung der Männer auf den Tributzahlungen der Frauen. Die Frauen übernehmen hier eindeutig den produktiveren Part, was unter anderem daran liegt, dass sie die ländlichen Gebiete besiedeln, während die Männer in den Ruinen einer Stadt wohnen und damit weniger Raum und eingeschränkteren Zugriff auf Rohstoffe haben.

Ackerbau und Handwerk werden daher nahezu ausschließlich im Zusammenhang mit den Dörfern und der Hauptstadt der Frauen erwähnt, während die Männer sich hauptsächlich auf das verlassen, was aus der Zeit vor der Katastrophe übrig geblieben ist. Die einzige Ausnahme ist eine Klosterbibliothek, in der es Papierherstellung und Buchbinderei gibt.
Was religiöse Belange angeht, so sind die Männer noch immer Christen. Das höchste Amt innerhalb dieser neuen Kirche ist allerdings das eines Inquisitors, und der derzeitige Amtsinhaber ist ein ziemlich kriegerischer Mann, dessen Lieblingsbuch der Hexenhammer ist. Die Frauen dagegen haben sich verständlicherweise von dieser männlich dominierten Kirche abgewandt. Warum sie aus Gott allerdings nicht einfach eine Göttin gemacht haben, sondern gleich ein ganzes Pantheon davon, das ging aus der Geschichte nicht hervor. Hass und Hetze dagegen gibt es, ebenso wie Nachsicht und das Bemühen um Verständnis, auf beiden Seiten.

Da wäre zum einen Juna. Das junge Mädchen ist eine Brigantin, eine Kriegerin und Jägerin. Sie ist dazu erzogen, die Männer zu hassen, zu verabscheuen und zu verachten. Dennoch ist sie in der Lage, nicht alle über einen Kamm zu scheren, sondern diejenigen, die ihr begegnen, als Individuen zu betrachten. Zum Beispiel ist sie sich von Anfang an der Unterschiede zwischen David und Amon bewusst.

David ist ein junger Mönch, der gern allein ist und Bücher liebt. Er ist freundlich, wissbegierig und ein Romantiker, und da er sein Kloster kaum je verlassen hat, auch ein wenig naiv. Aber er ist auch mutig und hat ein ausgeprägtes Gefühl für richtig und falsch.
Amon dagegen ist zwar charmant und gutaussehend, aber auch gewalttätig und arrogant. Für ihn sind allein die Frauen schuld am Zusammenbruch der Zivilisation, andererseits ist er mit seinem Leben gar nicht so unzufrieden, denn es bietet ihm die Möglichkeit, Druck auf Schwächere auszuüben und seinen Aggressionen freien Lauf zu lassen.

Auch Junas Mutter ist der Überzeugung, dass nicht alle Männer schlecht sind, vor allem ist sie sich der Tatsache bewusst, daß Männer und Frauen einander brauchen, um nicht auszusterben. Frauen wie Edana, die miterleben musste, wie ihre Tochter vergewaltigt und umgebracht wurde, sind eher der Meinung, dass zur Fortpflanzung auch ein paar Sklaven genügen würden, und wollen die restlichen Männer am liebsten alle ausrotten.

Angenehm an dieser Charakterzeichnung ist, dass alle, selbst die größten Unsympathen und Hetzer, einen Grund für ihren Hass auf das andere Geschlecht haben. Das macht die Figuren nicht nur menschlich und nachvollziehbar. Anhand der einzelnen Personen und ihrer Schicksale wird auch deutlich, wie leicht es ist, in eine Spirale aus Gewalt zu geraten, und wie schwer, daraus wieder auszubrechen. Ein Lehrstück über die Pauschalität des Hasses und ihre Wirkung, unmittelbar anwendbar zum Beispiel auf den nahen Osten.

Ich fand das Buch durchaus faszinierend. Im Grunde passiert nicht allzu viel, und es dauert auch ein Weilchen, bis David und Juna aufeinandertreffen. Trotzdem gab es abgesehen von der Darstellung zweier verschiedener Gesellschaftsformen viele kleine Details, die auch in den ruhigeren Passagen das Interesse wachhielten, seien es nun Davids Fragen nach der Vergangenheit, das Geheimnis um seine Herkunft oder die Intrigen innerhalb des Rates der Frauen. Spannung entwickelte sich vor allem gegen Ende, wobei der Showdown sich weniger durch rasante Action als vor allem durch die Entwicklung von Davids Charakter auszeichnet. Das Ende fand ich dann ein wenig abrupt. Die Änderung von Edanas Gefühlen und ihrer Einstellung den Männern gegenüber kam mir zu plötzlich und wirkte nicht ganz glaubwürdig auf mich.

Abgesehen davon ist die Geschichte natürlich noch gar nicht zu Ende. Denn schließlich hat sich die Situation so stark verändert, dass sich die Frage stellt, wie es denn nun weitergehen soll mit David und Juna, die sich auf die Suche nach dem Ort namens Zuflucht gemacht haben. Und da sind wir wieder bei der Logik: denn bisher war der Handlungsort auf eine verfallene Stadt und ihre nähere Umgebung gerichtet, und die waren offenbar vom Rest der Welt völlig abgeschottet. In fünfundsechzig Jahren ist nicht ein einziges Mal irgendein Mensch von außerhalb in diese Zone eingedrungen. Wie merkwürdig! Vielleicht geben die Folgebände darauf eine Antwort.

Thomas Thiemeyer stammt aus Köln und arbeitete nach einem Geologie- und Kunststudium zunächst als Grafiker und Illustrator, eher er sich vermehrt dem Schreiben zuwandte. Sein Debutroman „Medusa“ erschien im Jahr 2004, seither hat er eine ganze Anzahl weiterer Romane geschrieben, nicht nur Thriller, sondern auch den Jugendbuchzyklus Die Chroniken der Weltensucher, der inzwischen aus drei Bänden besteht. Der Autor lebt und arbeitet heute in Stuttgart.

Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
ISBN-13: 978-3426283608

http://www.thiemeyer.de/

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (2 Stimmen, Durchschnitt: 1,00 von 5)

Johnson. Alaya – Moonshine – Stadt der Dunkelheit

_Moonshine_:
Band 1: _Stadt der Dunkelheit_

Heutzutage müssen Vampirromane ganz bestimmte Lesererwartungen erfüllen: Sie müssen in der Alten Welt spielen oder zumindest in New Orleans. Die vampirischen Protagonisten müssen gutaussehend und moralisch sein, während sie mit ihrem Schicksal hadern und nur auf die richtige, wenn auch etwas tapsige, Frau warten, die ihnen ewiges Glück bescheren wird. So gesehen ist Alaya Johnsons Debutroman „Moonshine – Stadt der Dunkelheit“ wirklich erfrischend, denn er hält sich an keines dieser gängigen Klischees.

_Als Setting wählt_ Johnson das New York der 1920er Jahre – mit einigen pikanten Details. Es gibt alles, was man von dieser Periode der amerikanischen Geschichte erwarten würde: Prohibition und Flüsterkneipen, korrupte Politiker und schier endlose Wellen von Einwanderern, Jazz und natürlich auch Charleston. Doch darüber hinaus gibt es in New York haufenweise Vampire und sonstige nicht ganz menschliche Mitbewohner, die kurz unter Andere zusammengefasst werden. Diese sehen sich Vorurteilen und restriktiver Gesetzgebung ausgesetzt, sie werden schlechter bezahlt als Menschen und müssen schlechtere Arbeitsbedingungen hinnehmen. Kurzum, Vampire und Andere sind die klassische Minderheit, die von der herrschenden Klasse unterdrückt und ausgebeutet wird. Und da kommt Zephyr Hollis ins Spiel, ihres Zeichens singende Vampirrechtlerin – ja, wirklich! Zephyr ist ein Gutmensch, wie er im sprichwörtlichen Buche steht. Aufgewachsen in einer Familie von Dämonenjägern hat sie sich irgendwann von diesem blutigem Zeitvertreib abgewandt und sich auf die Seite der Entrechteten geschlagen. Nun fährt sie mit dem Fahrrad kreuz und quer durch New York, unterrichtet Einwanderer in Etiquette und Englisch, arbeitet für den Bürgerrat, fährt für Vampire Blut aus, engagiert sich in über dreißig Wohltätigkeitsorganisationen und schiebt ihr Geld so lange bettelnden Vampiren zu, bis ihre eigenen Taschen leer sind und sie ihre Miete nicht mehr zahlen kann. Das kommt dem Dschinn Amir wiederum gelegen, der ihr Geld bietet, damit sie für ihn Rinaldo ausfindig macht, den mafiösesten Vampirboss der Stadt, von dem allerdings niemand weiß, wo er sich aufhält. Und so macht sich Zephyr mehr schlecht als recht an die Turn Boys, Rinaldos Bande, heran und findet darüber hinaus immer mehr Gefallen am geheimnisvollen Amir.

_Johnson verknüpft also_ einen Krimiplot mit einer Liebesgeschichte, das verspricht gute Unterhaltung und für jeden Geschmack etwas. Was könnte also schief gehen? Abgesehen von der passablen Milieuschilderung leider so einiges. Alaya Johnson bekommt das New York der 20er Jahren durchaus anschaulich hin, wenn sie auch Längen hinter der Atmosphäre von P. N. Elrods [„Vampirdetektiv Jack Fleming“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=432 zurückbleibt (das zehn Jahre später spielt). Das Elend der Einwanderer wird greifbar geschildert – die prekären Jobs und billigen Mietshäuser spielen im Verlauf der Handlung eine durchaus wichtige Rolle. Demgegenüber stehen die schillernden Partys der Upper Class, die sich den illegal importieren Champagner literweise in den Rachen schütten während auf den Straßen Armut und Hunger herrschen. Und das ist auch schon das erste Problem von Alaya Johnsons Roman: Ihre Heldin Zephyr Hollis. Denn anstatt auf ihre Schreibkunst zu vertrauen und den Leser selbst darauf kommen zu lassen, dass die gesellschaftlichen und politischen Zustände in New York unhaltbar sind, benutzt Johnson ständig ihre moralingesäuerte Heldin, um dem Leser unter die Nase zu reiben, dass es schlecht ist, zu tanzen, während andere hungern. Dass es schlecht ist, sich ein Kleid zu kaufen, während zehnköpfige Familien in Einzimmer-Apartments leben. Dass es unverzeihlich ist, im Waldorf Astoria ein Gurkensandwich zu essen (und womöglich auch noch zu genießen) während es auf dieser Welt noch irgendwo Unrecht gibt.

Zephyr ist Sufragette, Gutmensch, Vampirrechtlerin und sogar Vegetarierin – alles in einem. Sie ist der Alptraum eines jeden Genussmenschen – und ist nicht jeder Leser irgendwie auch ein Genussmensch? Dann aber einer Protagonistin folgen zu müssen, die aber auch immer ein Haar in der Suppe findet und in den unpassendsten Augenblicken Slogans aus ihren Flugblättern unter die Leute bringt, das ist schon wirklich anstrengend. Dass es innerhalb der Handlung auch bedeutet, dass man sich als Leser den ständig gleichen Handlungselementen ausgesetzt sieht – Zephyr fährt mit dem Rand durchs schneebedeckte New York, um einen Abendkus zu geben – ist da nur noch die Krönung der Langeweile.

Ebenfalls problematisch ist die Tatsache, dass Alaya Johnson vom Prinzip der Exposition noch nicht wirklich etwas gehört zu haben scheint, denn viele grundsätzliche Fragen zu dem von ihr geschaffenen Universum bleiben offen. Warum beispielsweise gibt es in New York Vampire und Andere? Was ist geschehen, dass sie sich als Bürger frei bewegen dürfen, wann sind sie aus dem Geheimen sozusagen ins Licht der Öffentlichkeit getreten? Was hat den Bruch zwischen Zephyr und ihrer Dämonen jagenden Familie verursacht? Warum schlägt sie sich jetzt auf die Seite der Vampire und das, obwohl es in dem ganzen Buch nicht einen halbwegs netten Vampir gibt? Wofür sich für jemanden einsetzen, der einem hauptsächlich an die Kehle will? Was sind Amirs Motive? Warum hält er sich in der menschlichen Welt auf? Warum besucht er Zephyrs Kurse? Und warum setzt er sie auf Rinaldo an, nur um dann den Rest des Romans damit zu verbringen, sie davon wieder abbringen zu wollen, weil es zu gefährlich ist? „Moonshine“ durchziehen einfach zu viele Ungereimtheiten, als dass man sich wirklich in die Lektüre fallen lassen könnte.

_Man legt das Buch_ mit einer gewissen Ungerührtheit zur Seite, denn obwohl es alle Zutaten für einen spannenden Unterhaltungsroman mitbringt, berühren die Schauplätze, die Charaktere und deren Probleme nie wirklich. Der Krimiplot ist zumeist banal und Johnson muss haarsträubende Zufälle bemühen, um ihn überhaupt voranzutreiben. Die Liebesgeschichte plätschert ebenfalls vor sich hin, da man mit den handelnden Personen kaum warm wird. Und alle Nebencharaktere sind ohnehin so austauschbar, dass man sie kaum auseinanderhalten kann. Damit wird “Moonshine” leider nicht zum Lesevergnügen.

|Broschiert: 425 Seiten
Originaltitel: |Moonshine|
Deutsch von Christiane Meyer
ISBN-13: 978-3426507162|
[www.knaur.de]http://www.knaur.de

Sharon Ashwood – Seelenkuss (Dark Magic 3)

Dark Magic-Reihe:_

Band 1: „Hexenlicht“
Band 2: „Vampirdämmerung“
Band 3: „Seelenkuss“
Band 4: „Höllenherz“

Ashe Carver, Monsterjägerin,_alleinerziehende Mutter einer zehn Jahre alten Tochter und ihrer Magie beraubte Hexe, hat alle Hände voll zu tun. Sie muss nicht nur einem Gericht beweisen, dass sie eine gute Mutter ist, sondern auch Job und familiäre Pflichten füllen das Leben der Vampirjägerin aus.

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Reginald Hill – Ein nasses Grab

hill-nasses-grab-cover-kleinNach einer Panne genießt ein unkonventioneller Kriminalbeamter im Urlaub die Gastfreundschaft einer exzentrischen Familie, die womöglich gerade den Hausherrn umgebracht hat … – Mit der ihm üblichen Freude am Spiel mit Kunst und Genre-Konventionen legt Reginald Hill nicht nur den vierten Band seiner großartigen Dalziel-&-Pascoe-Serie, sondern auch einen lupenreinen, spannenden und geistreichen Rätselkrimi vor.
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Annette McCleave – Gefährlich wie ein Engel (Wächter der Seelen 1)

Wächter der Seelen:

Teil 1: „Gefährlich wie ein Engel“
Teil 2: „Verlockend wie ein Dämon“
Teil 3: „Zärtlich wie ein Krieger“

_Vor Jahrhunderten lebte Lachlan MacGregor_ glücklich mit seiner Familie in den schottischen Highlands. Bis zu dem Tag, als er durch eine falsche Entscheidung das Leben seines Clans und seiner Familie aufs Spiel setzt und er selbst stirbt.

Nach dieser Tat wird er zum Wächter der Seelen, diese waren nicht böse genug, um in der Hölle zu landen, haben aber auch eine Sünde begangen, die es ihnen nicht möglich macht in den Himmel zu kommen. So müssen die Wächter der Seelen sich bewähren und der Herrin des Todes dienen. Die Wächter der Seelen begleiten die Seelen Verstorbener, je nach Reinheit der Seele, in den Himmel oder die Hölle. Seit 400 Jahren muss Lachlan nun gegen Dämonen kämpfen, die die Seelen für ihre finsteren Zwecke nutzen wollen.

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Kelley Armstrong – Nacht der Hexen

Der Glaube an Hexen ist weltweit verbreitet. Zauberkenntnisse und der Pakt mit dem Teufel waren ideale Vorwände, um in der Epoche des Mittelalters europaweit Frauen der Hexerei zu bezichtigen, sie mit der Folter zu unsinnigen und unmöglichen Geständnissen zu erpressen, um sie anschließend durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen grausam zu ermorden.

Der Hexenglaube ist bis in die heutige Zeit erhalten geblieben, und in manchen Gegenden wird Frauen, die man als „Hexe“ betitelt, noch immer mit ungewöhnlicher Feindseligkeit oder Misstrauen begegnet.

Magische Fähigkeiten oder das Wissen um alternative mit der Natur verbundene Behandlungsmöglichkeiten sind meistens artverwandt. Es gibt wahre Hexenkulte, Hexenversammlungen, Hexenreligionen und Traditionen, und auch noch in unserer Zeit organisieren sich die magiebegabten Frauen in Hexenzirkeln.

Der (Aber-)Glaube hat mit Sicherheit einen wahren Kern und auch seine Geheimnisse um längst verlorenes Wissen, das man zum Guten oder auch zum Bösen einzusetzen vermag. Die Mythologie hat ihren Ursprung wohl in der griechisch-römischen Zeit, dort wurden die Hexen als Medea oder als Circe betitelt.

In der Esoterikszene wird häufig von der Wicca-Religion gesprochen, die gerade in den USA weit verbreitet ist und sich als Naturreligion sieht. In der magisch-paranormale Welt gibt es aber auch Männer, die als Hexer oder Magier gelten können und ebenso „Zauberformeln“ aus Büchern und Schriften verwenden. Solche „Grimoires“ sind Zauberbücher mit magischem Wissen.

Beschwörungsformeln, Rituale, Listen von namentlich kenntlichen Dämonen, Engeln und anderen Kreaturen sind wohl die wichtigsten Inhalte, aber auch Rezepte für medizinische Heilmittel und Tränke können dort aufgeführt sein. Und wie immer und überall gibt es weiße und schwarze „Zauberbücher“, die sich mit Magie und Wissen beschäftigen.

Auch in der Literatur, gerade in der fantastischen, gibt es eine Vielzahl von Hexen und Zauberern mit ganz unterschiedlicher Gesinnung. Die kanadische Autorin Kelley Armstrong hat mit „Nacht der Hexen“, der im Verlag |Knaur| erschienen ist, einen spannenden und abwechslungsreichen Roman zu dieser Thematik verfasst.

Inhalt

Paige Winterbourne ist die Tochter einer Hexe und selbst eine magisch begabte Frau, auch wenn sie nicht über solch großartige talentierte Fähigkeiten wie die Frau Mama verfügt. Streng und gewissenhaft versucht sie motiviert und angestrengt, ihr Potenzial zu steigern, indem sie aus ihren Grimoires ihre Formeln lernt und versucht praktisch anzuwenden.

In der menschlichen Welt ist sie Vormund und vom Beruf Webdesignerin. Gerade Ersteres verlangt ihr einiges ab, denn die 13-jährige Savannah ist wie Paige selbst eine Hexe, wenn auch eine sehr junge, und schon jetzt trägt sie eine außergewöhnliche Kraft in sich. Hinzu kommt noch, dass Savannah recht eigensinnig und stur sein kann, und neben ihrer pubertierenden Art kann das schon anstrengend werden.

Paige ist nebenbei noch ein nicht unumstrittenes Oberhaupt des amerikanischen Hexenzirkels, trotz ihrer noch jungen Jahre. Ihr Leben gerät aber durch einen Sorgerechtsstreit des leiblichen Vaters, eines mächtigen Magiers, etwas aus den Fugen. Unterstützt von einer Halbdämonin – Leah, einer Erzfeindin von Paige – wird die Bedrohung durch Einschüchterungsversuche mit weltlichen und magischen Mitteln stetig lebensgefährlicher. Vom Hexenzirkel auf weiter Flur alleine gelassen, vom Gesetz her auf schwachen Säulen fundiert, scheint jeglicher Widerstand zunächst zwecklos zu sein. Da sie in der menschlichen Welt um das Sorgerecht kämpfen muss, nimmt sie sich einen Anwalt, der wenig später grausam ermordet wird. Und natürlich wird Paige dafür verantwortlich gemacht. Hinzu kommt noch, dass die Polizei einen satanisch anmutenden Altar in ihrem Garten findet und Heerscharen von Journalisten und neugierigen Personen gar nicht daran denken, von ihrem Haus abzuziehen.

Noch unwahrscheinlicher und undurchsichtiger wird die spektakuläre Lage, als sich ein magischer Anwalt an die Seite von Paige und Savannah stellt – Lucas Cortez, jüngster Sohn der mächtigsten Magierfamilie des Landes.

Arrogant und selbstsicher und magisch gar nicht so unbegabt, wird Cortez zum Verbündeten des Duos, aber Paige fragt sich, was er mit seiner selbstlosen Art bezweckt …

Kritik

Kelley Armstrong hat mit ihrem dritten phantastischen Band „Nacht der Hexen“ einen wirklich „zauberhaften“ Roman verfasst. Vielschichtig und ungemein sarkastisch erzählt Paige die Handlung aus ihrer Perspektive. Armstrongs magische Welt ist eine bunte, paranormale Mischung aus Menschen und Magie, Hexen und Magiern und zudem tummeln sich noch Dämonen auf der Bühne. Moderne Zeiten und alte magische Traditionen mit urfeindlichen Vorurteilen werden miteinander verflochten, sodass ein imposanter Schauplatz entsteht mit viel Raum für Ideen, die eine spannende Handlung immer wieder magisch vorantreiben.

Am Anfang gestaltet sich die Geschichte recht undurchsichtig und unübersichtlich, auch wenn man die Spannung immer als ansteigend empfindet. Der Ursprung der Magie um Hexen und Zauberern bleibt etwas im Unklaren, auch für die wechselseitige und etwas komplizierte Beziehung bleibt trotz einiger Erklärungen noch viel Raum, um vielleicht in späteren Romanen aufgearbeitet zu werden. Charmant und humorvoll bewegen sich alle Protagonisten durch die Handlung. Paiges Gedankengänge und zynische Dialoge verfolgt der Leser immer mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Ihre Ziehtochter Savannah ist ziemlich direkt und forsch, doch hilflos agieren und pubertieren kann eben auch ein besonders begabtes dreizehnjähriges Mädchen.

Lucas Cortez wirkt mit seiner Vergangenheit noch am interessantesten. Auch wenn er quasi nicht die Hauptrolle einnimmt, so ist es doch sehr wahrscheinlich, dass sich in Bälde alles um den jüngsten Spross der Familie Cortez drehen kann. Paige und Lucas stellen sich als Team dar. Paige ist eher hoch emotional und immer am Rand der Hysterie, immer in Sorge um Savannah und immer mit dem Gefühl gerade heraus. Lucas dagegen ist immer Herr der Situation und findet, egal wie verzwickt die Konfrontation mit den Gegnern auch ist, immer einen Ausweg. Eine Aura des Geheimnisvollen umgibt den jungen Mann, ein Hauch von Zauber und Macht.

Savannah ist der Schlüssel, der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, aber selbstbewusst und dickköpfig, dazu ausgestattet mit magischen Kräften, die sie noch längst nicht begreifen und steuern kann, wirkt sie etwas verloren und muss sich ständig behaupten, gegen wen auch immer.

Wer hier „gut“ und „böse“ ist, ist nicht ganz einfach zu erkennen, weil jede Partei Interessen hat, die man durchaus verstehen kann. Die Magier sind eher an politischer und wirtschaftlicher Macht interessiert und setzen ihre magischen Fähigkeiten ein, um an Einfluss und Reichtum zu gelangen. Die Hexen aber wirken unsicher und nicht wirklich gut organisiert. Zerrissen und ängstlich, wissen sie nicht, wie sie mit ihren Fähigkeiten umzugehen haben, auch wenn sie nach Höherem streben und das Wohl aller im Vordergrund sehen.

„Nacht der Hexen“ ist stimmig und gradlinig geschrieben. Es gibt nur einen Handlungsstrang, der sich aber kontinuierlich entwickelt und immer aus der Perspektive von Paige geschildert wird. Die Dialoge zwischen den Protagonisten und auch Paiges Gedankengänge sind originell und witzig. Nicht albern, sondern der Unterton ist immer gewollt ironisch, was der ganzen Geschichte gut tut, denn es mindert nicht im Geringsten die dramatische und durchaus ernste Handlung.

Kelley Armstrong hat einen imponierenden Roman geschrieben, der eindeutig auf Erwachsene ausgerichtet ist. Auch in „Nacht der Hexen“ wird getötet und gemordet, aus Rache, Habgier und wahrer Bösartigkeit. Armstrongs sprachlicher Stil ist ausgereift und der Geschichte angepasst, keine Übertreibungen oder inhaltlich logisch Fehler trüben das Lesevergnügen. Einzig und allein als Kritikpunkt sei zu verwerken, dass die magisch geschilderte Welt unstrukturiert wirkt, die Vergangenheit von Hexen und Zauberern wird zwar angerissen und macht neugierig, geht aber (noch) nicht in die Tiefe.

Fazit

„Nacht der Hexen“ kann ich sehr empfehlen. Der Roman hat alles, was eine spannende und vor allem unterhaltsame Geschichte auszeichnet. In sich abgeschlossen, bleibt trotzdem viel Raum für weitere Ereignisse und Handlungsräume, und auch die Protagonisten wirken inhaltlich und charakterlich noch weiter ausbaubar. Ich bin neugierig auf viele weitere Teile aus Kelley Armstrongs Feder und freue mich schon auf den nächsten Teil.

Autorin

Die kanadische Fantasy-Autorin Kelley Armstrong wurde 1968 in Sudbury, Ontario, als älteste von vier Geschwistern geboren. Als sie neun Monate war, zog ihre Familie nach London, Ontario. Sie studierte Psychologie und Informatik an der University of Western Ontario, bevor sie Schriftstellerin wurde. Sie lebt heute mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Ontario, Kanada.

Taschenbuch: 522 Seiten
Originaltitel: Dime Store Magic
ISBN-13: 978-3426632024

http://www.droemer-knaur.de

Kelley Armstrong – Pakt der Hexen

Nach den turbulenten Ereignissen im Sorgerechtsstreit um ihre Stieftochter Savannah hat die Hexe Paige Winterbourne noch immer alle Hände voll zu tun. Da sie aus dem Hexenzirkel ausgeschlossen wurde und nun in der paranormalen Welt etwas verloren dasteht, versucht sie selbst eine zauberhafte Vereinigung von Hexen ins Leben zu rufen, was gar nicht so einfach ist.

Doch es gibt auch viel Neues und Positives in ihrem persönlichen Umfeld. Paige hat nun einen Mann an ihrer Seite, und dieser ist alles andere als normal. Lucas Cortez ist Magier, Rechtsanwalt und Erbe des wohl mächtigsten Magierclans. Bisweilen ist er ein wenig eigensinnig, sieht sich als glorreicher Ritter und bekämpft Ungerechtigkeiten, wo er sie nur finden kann, doch er hat ungeahnte Talente und ein Selbstbewusstsein, das nur schwer zu erschüttern ist.

Die Ruhe findet ein plötzliches Ende, als Lucas Vater Benicio, das Oberhaupt des Magierclans, während der Abwesenheit seines Sohnes bei Paige erscheint. Indirekt bittet Benicio Cortez Paige und Lucas um Hilfe. In Miami, dem Sitz des Cortez-Clans, gibt es einen Mörder, der die Kinder der Magierfamilien bedroht. Es ist schon zu ersten Todesfällen gekommen und ein Mädchen liegt noch im Koma. Paiges innerliche Alarmglocken schlagen schon an, und gemeinsam mit Lucas und Savannah reist sie nach Miami.

In der sonnigen Stadt erwartet sie aber das „Böse“. Nicht nur der Cortez-Clan hat mit der Bedrohung durch den Killer Angst und Schrecken erlebt, auch der Boyd- und der Nast-Clan sind schon von ersten Angriffen eines höchstwahrscheinlich paranormalen Mörders bedroht.

Lucas und Paige, die beide Angst davor haben, dass auch Savannah getötet werden könnte, vertraut ihren Freunden Elena und Clay Savannah an – beides Werwölfe und damit durchaus imstande, jegliche Bedrohung auszuschalten.

Gemeinsam mit einer Nekromantin und einer schon sehr alten Vampirin, die Lucas und Paige bei ihren gefährlichen Ermittlungen unterstützen, werden auch sie selbst das Ziel des Killers und geraten in tödliche Gefahr …

Kritik

„Pakt der Hexen“ von Kelley Armstrong ist der vierte Teil der Reihe „Woman of the Otherworld“. Armstrongs Protagonisten sind zumeist Frauen, die in den Geschichten ihren Mann stehen müssen. Waren es in den ersten beiden Romanen weibliche Werwölfe, so spielt in dem dritten und vierten Teil Paige Winterbourne in ihrem Wesen als Hexe die Hauptrolle, im fünften Teil wird Eve, die verstorbene Mutter von Savannah, als Geist die Geschicke lenken.

Sicherlich ist „Pakt der Hexen“ unabhängig von den anderen Teilen zu lesen, doch empfehle ich, bei Band eins anzufangen, da alle Protagonisten, weibliche wie auch männliche, in fast allen Bänden manchmal sogar eine tragende Rolle spielen. Manche Dialoge und Rückblenden sind also erst für den Leser verständlich, wenn er die Vergangenheit der Figuren nachvollziehen kann.

Gerade das etwas schwierige und angespannte Verhältnis zwischen Lucas und seinem Vater Benicio findet in Band 3 eine erste Erklärung, die in diesem Band weiter vertieft wird. Lucas im Schutze und Schatten seines mächtigen Vaters aufgewachsen, weiß um die Strukturen und Gesetze des Magierclans, sieht aber in vielen Situationen Ungerechtigkeiten, die das ganze System für seine Augen als unglaubwürdig darstellen. Sein Vater dagegen, der das rebellische Verhalten seines Lieblingssohnes eher für jugendlichen Übermut hält, unterstützt ihn finanziell und behindert ihn auch nicht.

In Kelley Armstrongs magischer Welt geht es natürlich auch wie im realen Leben der Menschen nicht ohne Konfrontationen zu. Auf der einen Seite gibt es die Magier, die sich arrogant und selbstsicher als Denker und Lenker verstehen; daneben existieren die Hexen, die mit den Magiern seit den Anfängen konkurrieren, aber aus verschiedenen Ängsten nicht an Boden gewinnen können. Innerhalb dieser Welt mischen dann noch Nekromanten, Schamanen, Druiden und natürlich auch Dämonen, die den Magiern zumeist dienen, mit. Etwas abseits davon und für sich selbst verantwortlich, trennen sich die Vampire und Werwölfe von den anderen Gruppierungen und haben ihre ganz eigenen Probleme. Schon als Minderheit und vom „Aussterben“ bedroht, beteiligen sich diese nicht an den Vorherrschaftskämpfen und magischen Auseinandersetzungen um wirtschaftliche und politische Macht.

Man erkennt also: Kelley Armstrongs magische Welt ist komplex und kompliziert, was in den Handlungen der einzelnen Romane die Spannung und Abwechslung sehr nach vorne treibt.

„Pakt der Hexen“ ist ein magischer Thriller mit vielen unterschiedlichen Ansätzen, was den Protagonisten positiv anzurechnen ist. Jede Spezies hat so ihre eigenen Fähigkeiten und Eigenarten und selbst erschaffenen menschlichen Probleme. Paige Winterbourne, eine noch junge, aber talentierte Hexe, ist eher überheblich und aufbrausend, wohingegen ihr Freund Lucas als Magier ruhig und sachlich versucht, die Situationen zu entschärfen. Eine Mischung im Duo, die sich wunderbar ausgleicht und ergänzt.

Aber sie kommt nicht ohne Konfliktpotential in der Beziehung aus. Paiges Ziehtocher hat enormes magisches Potential, was sie ihrer verstorbenen Mutter Eve zu verdanken hat, aber mit ihren jungen Jahren und ihrer noch lange nicht abgeschlossenen Ausbildung bietet sie ein leichtes und viel beachtetes Ziel für einige Interessenten.

Kelley Armstrong hat in „Pakt der Hexen“ der Spannung, die auch schon im dritten Teil konstant und sogar steigend war, einen weiteren Schubs nach vorne geben können. Da sich die Charaktere und ihre einzelnen Geschichten immer weiter vertiefen, nehmen der Anspruch und die Spannung auch weiter linear zu. Zwar gibt es immer den gleichen engeren Kreis paranormaler Personen und es kommen auch immer einige dazu, doch gibt es auch Opfer, die nach ihrem (un)natürlichen Tod wohl nicht wieder auferstehen werden.

„Pakt der Hexen“ ist spannend und weiß zu überraschen. In diesem Thriller, auch mit seinen phantastischen Elementen, verfolgt der Leser die Serienmorde eines paranormalen Killers und die Ermittlungen unserer zwei mit magischen Fähigkeiten gesegneten Protagonisten. Der Leser ist zwar versucht, auch selbst den Täter zu ermitteln, aber aus Unkenntnis der nicht menschlichen Verdächtigen kann das gar nicht gelingen. Trotz allem, die Spannung steigt, für Action ist vielfach gesorgt und als besonderes Schmankerl kommt der Humor erst recht nicht zu kurz. Paiges etwas aufbrausendes Temperament und ihre erzählerische Perspektive sind gleichsam zynisch lustig wie auch ansprechend der Situation abgestimmt.

Der Roman ist zwar in sich abgeschlossen, doch weiß man als Leser nach der letzten Seite, dass es noch weitergehen muss. Allein schon die Familienverhältnisse innerhalb des Clans der Cortez geben viel Handlungsspielraum und Ideen für zukünftige Projekte.

Fazit

„Pakt der Hexen“ kann ich sehr empfehlen. Nicht nur für Frauen wird der Roman spannend, vielseitig und interessant sein, auch wenn in den Romanen jedes Mal der weibliche Part die Zügel in der Hand hält. Sicherlich ist hier auch für Romantik gesorgt, und auch wenn die Protagonisten untot, unheimlich und irreal agieren, so sind sie – oder waren es zumindest – auch menschlich. Für Leser, die komplexe Verflechtungen, Intrigen und Magie lieben, wird dieser Roman viele Überraschungen bereithalten.

Kelley Armstrong schreibt erstaunlich frisch und flüssig, sie hält sich nicht lange in Beschreibungen auf, sondern legt viel Wert auf prickelnde, zynische Dialoge und ansteigender Spannung.

Der Roman sollte, und das empfehle ich wärmstens, nicht als erstes Buch der Serie gelesen werden. Der vorherige Titel – „Nacht der Hexen“ – in dem auch die Hexe Paige die Hauptrolle spielt, sollte zumindest schon gelesen sein. Besser noch, man fängt gleich mit den beiden Romanen „Blut der Wölfin“ und „Rückkehr der Wölfin“ an, denn damit beginnt die magische Saga. Somit ist dem Leser gewährleistet, dass er einige Personen, die dort auftauchen, wie eben die Werwölfe, schon kennen und lieben gelernt hat.

Taschenbuch: 576 Seiten
Originaltitel: Industrial Magic
ISBN-13: 978-3426638071

http://www.droemer-knaur.de

Lawrence Goldstone – Anatomie der Täuschung

Ein junger Arzt gerät im Philadelphia des späten 19. Jahrhunderts in eine Verschwörung krimineller Mediziner und gesellschaftlicher Honoratioren sowie beim Versuch, die Wahrheit aufzudecken, in Lebensgefahr … – Kenntnisreiche und erzählerisch dichte, aber allzu breit angelegte, nicht immer geglückte Mischung aus Historien-Roman und Krimi; vor allem medizinhistorische Exkurse stoppen den Handlungsfluss, der erst wieder in Gang gebracht muss, was dem Verfasser in der Regel gelingt. Lawrence Goldstone – Anatomie der Täuschung weiterlesen

Karen Rose – Todesspiele

Schon in den ersten beiden Teilen von Karen Rose – „Todesschrei“ und „Todesbräute“ drehte sich die Handlung um die Familie Vartanian. In „Todesschrei“ mordete Simon Vartanian für seine Interpretation von Kunst und im zweiten Teil der Trilogie musste sich Daniel Vartanian seinen Ängsten nun endlich stellen und zurück nach Dutton, seinem Geburtsort und dem Sitz seiner Familie, kommen.

Zwar wurde Daniel in der letzten Zeit nicht mit den Taten Simons konfrontiert, doch es ist so, als würde der Schatten Simons noch immer auf ihm und seiner Schwester Susannah lasten. Dass man zwar seiner Vergangenheit für eine bestimmt Zeit den Rücken kehren und quasi weglaufen kann, aber diese einem wie ein lästiger Fluch auf immer begleiten wird, das merkt auch Susannah Vartanian schnell, Staatsanwältin und selbst Opfer ihres Bruders Simon und seiner grausamen Clique, die die kleine Stadt Dutton jahrelang mit ihren Vergewaltigungen in Atem gehalten halt.

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Sabine Ebert – Blut und Silber

Inhalt

Freiburg 1296: Das Apothekermündel Änne leidet an Alpträumen, in denen sie zusehen muss, wie ihre Mitbürger abgeschlachtet werden. Inbrünstig hofft sie, dass diese Träume mit der Realität nichts zu tun haben, und doch weiß sie es eigentlich besser: Ihre Träume werden mit beunruhigender Regelmäßigkeit wahr.

Und tatsächlich: König Adolf von Nassau träumt von den Silberschätzen der reichen Stadt und braucht sie darüber hinaus zur Festigung seines Reiches. Zwar halten die Mauern, und die Soldaten sind hervorragend ausgebildet, doch gegen Verrat ist niemand gefeit, und so wird die Stadt erobert.

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Peter Lovesey – Sein letzter Slapstick

Das geschieht:

Ohne Job und pleite ist der Varieté-Künstler Warwick Easton in Kalifornien gestrandet. Wir schreiben das Jahr 1915, und wie so viele gescheiterte Existenzen versucht auch Easton sein Glück in Hollywood. Die noch junge Film-Metropole hat freilich nicht auf ihn gewartet. Statt eine ‚ernste‘ Rolle in einem ‚richtigen‘ Film zu übernehmen, reiht sich der junge Mann in die Reihe der „Keystone Cops“ ein. Die beliebte, grotesk überzeichnete Polizisten-Truppe ist eine Schöpfung des Studiobosses Mack Sennett, der mit Slapstick-Filmen berühmt und reich geworden ist.

In diesen frühen Tagen der Filmgeschichte wird noch ohne Netz und doppelten Boden gearbeitet. Die absurden Stunts der Keystone Cops sind gefährlich. Easton kommt zu seinem Job, weil sein Vorgänger bei einem bizarren Unfall sein Leben ließ.

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Michael Baigent – Das Rätsel der Sphinx

Zusammen mit seinen Co-Autoren Henry Lincoln („Der heilige Gral und seine Erben“ – 1982) und Richard Leigh („Verschlusssache Jesus“ – 1991) landete Michael Baigent mit seinen populärwissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Religion und Altertumsforschung bereits auf den Bestsellerlisten. 1998 folgte mit „Ancient Traces“, welches in der deutschen Fassung ziemlich unpassend mit „Das Rätsel der Sphinx“ betitelt wurde, ein Soloprojekt, bei welchem sich der in England lebende Autor diesmal noch weiter in die Vergangenheit begibt, um die Frage zu klären, ob die verbreitete Lehrmeinung bezüglich der Einordnung signifikanter Daten und archäologischer Funde der Erdgeschichte nicht kolossal danebenliegt.

_Zum Inhalt_

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Robie Macauley – Dunkel kommt die Zukunft

_Kurzkritik für Ungeduldige_

Nach dem III. Weltkrieg ist die USA entvölkert. Nur wenige Menschen leben noch in dem verödeten Land, die Zivilisation ist auf einen vortechnischen Status abgesunken. Auf der Suche nach den Rätseln der Vergangenheit wird der Heiler Kinkaid in einen Kampf zwischen Siedlern und Plünderern gezogen … – Literarisch anspruchsvoll geschriebene „Post-Doomsday“-Story, die zugunsten einprägsamer Landschafts- und Stimmungsbeschreibungen die Handlung vernachlässigt; die fragmentarische Darstellung ist freilich auch Stilmittel: ein sanft gealterter, ’stiller‘, lesenswerter Roman.

_Das geschieht:_

I. Die vergangene Zukunft: In den 1980er Jahren des 20. Jahrhunderts intensivieren sich in den USA die Rassenkonflikte, bis schließlich ein neuer Bürgerkrieg ausbricht. Weiß kämpft gegen Schwarz, und Pardon wird nicht gegeben. Auf Beschluss der Vereinten Nationen werden die Vereinigten Staaten isoliert, Kanada und Mexiko schließen und befestigen ihre Grenzen.

Nach Jahren des Kampfes steht die „schwarze“ Seite vor dem Aus. Die Übermacht der „Weißen“ sowie interne Streitigkeiten fordern ihren Tribut. Unerbittlich gedenken die „Weißen“ den ‚Feind‘ auszurotten. Außerhalb Nordamerikas nutzt die Sowjetunion das Verschwinden ihres alten Angstgegners USA, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Ein Atomschlag gegen China setzt die Apokalypse in Gang, die zum Untergang der Zivilisation führt.

II. Die gegenwärtige Zukunft: Jahrhunderte später ist die hochtechnisierte Welt der „Vorväter“ nurmehr ein Mythos. Die großen Städte der Vergangenheit sind verfallene oder gar radioaktiv verstrahlte Rätsel. Von den wenigen Nachkommen der Überlebenden werden sie gemieden. Die Menschen sind wieder Ackerbauern und Farmer geworden, die isoliert in kleinen, weit voneinander entfernten Dörfern leben.

Durch die dichten Wälder dieser Zukunft zieht Kinkaid, der Heiler aus dem Land Pennsylvan. Ihn locken Visionen der versunkenen Vergangenheit in das sagenhafte „Michigan“. Der Weg ist weit und gefährlich, und am Ufer des längst verlandeten Eriesees gerät Kinkaid in eine Auseinandersetzung zwischen Siedlern, Marodeuren und Mutanten. Unfreiwillig muss er Partei ergreifen, denn er findet einen Mann, der schon einmal dort war, wohin es Kinkaid zieht; helfen will er dem Neuankömmling nur, wenn dieser ihm hilft, seine entführte Tochter zu befreien …

_Kettenreaktion der Apokalypse_

Geschichten aus der Zeit nach dem „Großen Knall“ sind in der Sciencefiction so zahlreich, dass sie ein eigenes Subgenre – passend „Post-Doomsday-Stories“ genannt – bilden. In dem knappen halben Jahrhundert des „Kalten Krieges“ zwischen den Supermächten USA und UdSSR, also etwa zwischen 1945 und 1990, beschäftigte die Furcht vor „der Bombe“ – eigentlich waren es sogar zwei: die Atom- und die Wasserstoffbombe – (nicht nur) die Schriftsteller einer Welt, die permanent vor der Selbstzerstörung zu stehen schien. Immer wieder wurden die atomare Apokalypse und vor allem ihre Folgen thematisiert, bis durch den Zerfall des „Ostblocks“ neue Schreckgespenster – Ressourcenschwund, religiöser Wahn, sozialer Niedergang – auf der globalen Bühne spukten.

Robie Macauley schrieb „Dunkel kommt die Zukunft“ 1979 und damit in einer Hochzeit der Angst vor dem Untergang. Als Afro-Amerikaner und 1919 geboren in einer Zeit, als Bürger mit dunkler Hautfarbe als Menschen zweiter Klasse galten, greift der Verfasser in und für seinen Roman einen weiteren zeitgenössischen Konflikt auf. Die zweite Hälfte der 1960er Jahre wurde in den USA zur Ära offen ausgetragener Rassenkonflikte. Die schwarze Bevölkerung forderte endlich und nachdrücklich die ihnen zustehenden aber vorenthaltenen Rechte. Dass reaktionäre weiße Gruppen dies um jeden Preis verhindern wollten, bewiesen u. a. die Morde an Bürgerrechtlern wie Martin Luther King oder Malcolm X. In der Folge kam es zu Rassenkämpfen, die Schlimmeres anzukündigen drohten: einen regelrechten Krieg zwischen weißen und schwarzen Bürgern, an dessen Ende der Genozid stand.

Macauley wertet den bei ihm tatsächlich stattfindenden Bürgerkrieg nicht unbedingt als Auslöser, aber als wichtigen Katalysator des Untergangs. In der Welt, die er den namenlosen Chronisten der Apokalypse schildern lässt, gärt es ohnehin. Als die mit der Selbstzerfleischung beschäftigten und von der Weltgemeinschaft ausgegrenzten USA das „Gleichgewicht des Schreckens“ nicht mehr austarieren können, kommt es zur Explosion.

_Episoden aus einer kargen Zukunft_

Offensichtlich war es Macauley wichtig, den Zusammenbruch detailliert und mit Bezug auf die reale Gegenwart zu beschreiben. Der Leser ist – zumal Jahrzehnte später – irritiert: Die beiden Erzählebenen des Romans wollen sich nie zu einem harmonischen Ganzen fügen. Lag dies in Macauleys Absicht? Darüber kann an dieser Stelle nur spekuliert werden.

„Post-Doomsday“-Geschichten sind üblicherweise mehr oder weniger verkappte Warnungen vor dem Untergang. Sie enthalten eine Botschaft, die hier schwer zu entziffern ist, weil Macauley einerseits keinen Raum für Hoffnungen lässt. Der Krieg zwischen den Rassen endet bei ihm mit der völligen Vernichtung der „Schwarzen“. Ihr Ende spielt für die zweite Handlungsebene jedoch keine Rolle. Will uns Macauley also verdeutlichen, dass der (weiße) Mensch keine dunkelhäutigen Mitmenschen benötigt, um einen Schädel zum Einschlagen zu finden? Der Kampf an den Ufern des atomar versumpften Eriesees wird mit Flinten und Messern ausgetragen, aber er kann es an brutaler Entschlossenheit mit dem Krieg aufnehmen, an dem uns der namenlose Chronist teilnehmen lässt.

Der hat Visionen von Kinkaid, der Jahrhunderte später durch die Wildnis zieht und nach seiner Niederschrift sucht. Umgekehrt tagträumt auch Kinkaid vom Chronisten. Beide ahnen, dass sie auf unterschiedlichen Zeitstufen leben, doch Handlungsrelevanz kann auch diese Entdeckung nie für sich beanspruchen.

Ab Seite 57 lässt Macauley die Vergangenheit buchstäblich hinter sich. „Dunkel kommt die Zukunft“ verwandelt sich in die episodenhafte und ausschnitthafte Schilderung einer Zukunft, deren Bewohner gerade die Katastrophe zu überwinden beginnen und den Neuanfang planen. Die Relikte der Vergangenheit sind ihnen Ansporn, Schatzkammer und Quelle stetiger Schrecken gleichzeitig, denn in den Ruinen stoßen sie immer wieder auf nützliche, aber auch auf gefährliche Hinterlassenschaften.

_Kleine Dramen in einer stillen Welt_

Es geschieht wenig, das sich spektakulär nennen ließe. Zwar wird viel geschossen und gestorben, doch Macauley macht deutlich, dass dies nur ‚kleine‘ Dramen in einer Welt sind, die vom Menschen nur noch bewohnt, aber nicht mehr beherrscht wird. Hinter der nächsten Hügelkette hört man nichts mehr von den Getümmeln. Kinkaid begreift ansatzweise die aktuelle Bedeutungslosigkeit des Menschen. Konsequent macht ihn Macauley deshalb nicht zum Anführer einer neuen Zivilisation, sondern entlässt ihn allein, in ein offenes Ende und in eine ungewisse Zukunft.

„Dunkel kommt die Zukunft“ gehört zu den (Sciencefiction-)Romanen, die durch ihre Sprache beeindrucken. Von Thomas Ziegler hervorragend ins Deutsche übersetzt, entfaltet Macauley die Kunst, eine mögliche Zukunft überaus anschaulich zu kreieren, ohne dabei auf Genreklischees zurückzugreifen. Zwar lässt auch er radioaktiv geschädigte Mutanten auftreten, doch diese sind nicht gefährlich, sondern eher tragische Randgestalten, die unter der Furcht und der Herablassung ihrer ‚gesunden‘ Nachbarn leiden: Die Mutanten der Zukunft werden zu den ’neuen‘ Schwarzen, und die Geschichte wiederholt sich.

Macauley gelingen eindringliche Szenen, wenn er die Menschen der Zukunft mit den Artefakten der Vergangenheit konfrontiert. Es klingt komisch, wenn er beschreibt, wie Nichtigkeiten ehrfürchtig bestaunt und missverstanden werden, aber das Lachen bleibt im Halse stecken, weil Macauley die ‚Dummheit‘ unfreiwillig archaischer Menschen beschreibt, die es aufgrund der Unvernunft ihrer Ahnen nicht besser wissen können.

Wird Kinkaids Welt den Neustart schaffen? Macauley lässt auch diese Frage offen, aber er gibt Hoffnung. Kinkaid überlebt womöglich seine Odyssee und findet die Aufzeichnungen des Chronisten, die Aufschluss über die Fehler der verehrten „Vorväter“ geben. Aus den Siedlungen am Eriesee wird man weitere Expeditionen in die Ruinenstädte schicken und Maschinen, Bücher und andere nützliche ‚Erbstücke‘ bergen – oder auf die gut bestückten Raketensilos der Vergangenheit stoßen, von denen alte Frauen in bildhaft überlieferten Schauermärchen erzählen …

„Dunkel kommt die Zukunft“ ist ein ‚anderer‘ SF-Roman. Die beschriebenen Schrecken mögen heute ein wenig angestaubt wirken, doch unter dieser Schicht lesen sie sich immer noch aktuell. Rasante Action gibt es nicht, Macauley lässt und nimmt sich die Zeit für Beschreibungen und gedankliche Reflexionen. Die Grundstimmung ist traurig, aber „Dunkel kommt die Zukunft“ besitzt seine eigene Bannkraft, auf die einzulassen sich lohnt. Klingt das als Lob oder Empfehlung ein wenig dezent? Dann passt es zu diesem Buch …

_Der Autor_

Robie Mayhew Macauley wurde 1919 in Grand Rapids (US-Staat Michigan) geboren. Er studierte darstellende Kunst am Kenyon College in Ohio, zog 1941 mit der US-Army in den II. Weltkrieg und ging nach seiner Rückkehr an die University of Iowa. Ab 1946 lehrte er an diversen Colleges. Seit 1948 verheiratet, wurde Macauley zwischen 1959 und 1966 Herausgeber des Literaturmagazins |Kenyon Review|. Er wechselte zum |Playboy| und 1977 zur |Houghton Mifflin Publishing Company|.

Parallel zu seiner Herausgebertätigkeit wurde Macauley selbst schriftstellerisch tätig. Sein Werk blieb schmal; es umfasst zwei Romane, eine Sammlung mit Kurzgeschichten und ein Sachbuch. 1990 gehörte Macauley zu den Mitgründern des „Ploughshares International Writing Seminar“, das in den Niederlanden gehalten wurde.

Verwitwert und zum zweiten Mal verheiratet, starb Robie Macauley, der zuletzt in Boston lebte, 1995 an Lymphdrüsenkrebs.

_Impressum_

Originaltitel: A Secret History of Time to Come (New York : Albert A. Knopf 1979)
Deutsche Erstausgabe: Januar 1982 (Knaur Verlag/Knaur Science Fiction Nr. 5755)
Übersetzung: Thomas Ziegler
Cover: Thomas Kidd
234 Seiten
ISBN-13: 978-3-426-05755-1
http://www.knaur.de

David Lawrence – Tödliches Dunkel

David Lawrence ist das Pseudonym eines bekannten britischen Drehbuchautors, unter dem er bereits drei Thriller mit Detective Stella Mooney veröffentlicht hat. „Tödliches Dunkel“ ist nun der vierte Fall der innerlich zerrissenen Hauptfigur und nimmt sie mit auf eine Reise, die zurück in ihre eigene Kindheit führt …

In einem Baum aufgeknüpft findet die Polizei die Leiche einer jungen Frau, der „Schmutziges Mädchen“ auf die Schulter geschrieben wurde. Stella und ihre Kollegen stehen vor einem doppelten Rätsel. Es gibt weder verwertbare Spuren zum Täter noch ist bekannt, wer das Mädchen ist. Niemand scheint es zu vermissen. Wenig später finden sie einen ersten Hinweis. Möglicherweise handelt es sich um eine Siebzehnjährige aus Harefield, der Armensiedlung, in der Stella aufgewachsen ist. Dorthin zurückzukehren, fällt ihr sehr schwer, und zu allem Überfluss begegnet sie ihrer Mutter, mit der sie seit Jahren keinen Kontakt hat.

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Nicole Drawer – Das Messer in der Hand

Bei einer, die es wissen muss, liest man doch gleich um so lieber. Autorin Nicole Drawer war früher Oberkommissarin in Hamburg und hat unter anderem Psychologie studiert. Mit „Das Messer in der Hand“ erscheint bereits der zweite Band um die Polizeipsychologin Johanna Jensen, und auch dieses Mal ist für ein gewisses Maß an Spannung gesorgt.

Eines Nachts wird in Hamburg eine blutüberströmte Frau mit einem Messer in der Hand aufgegriffen. Nicht weit von ihr entfernt findet man die Leiche eines Privatdetektivs, doch Manuela Kranz ist verwirrt, leidet an einer retrograden Amnesie. Sie kann sich an nichts erinnern, doch trotzdem ist die Sachlage für die Polizei so gut wie klar. Alle Indizien sprechen dafür, dass Manuela, die Frau eines reichen Bauunternehmers, die Täterin ist. Doch Johanna glaubt an solch eine einfache Lösung nicht. Sie betreut die Frau und versucht ihr zu helfen, sich an besagte Nacht zu erinnern.

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