Richard Kadrey – Metrophage. Cyberpunk-SF-Roman

Der Action-Thriller und die Poesie des Verfalls

Ein junger Mann namens Jonny schlägt sich am Rande der Legalität in einem Los Angeles der nahen Zukunft durch. Zu seinem wachsenden Ärger scheint man hinter ihm her zu sein, während in der Stadt ein seltsamer Virus wütet, der „Metrophage“ genannt wird. Als daran seine Freundin erkrankt, steckt er in der Klemme. Warum bloß sind alle hinter ihm her?

Der Autor

Richard Kadrey is a member of a small group of innovative writers, including William Gibson, Bruce Sterling, John Shirley, Pat Cadigan, Tom Maddox, and others, who changed the face of science fiction in the 1980s. He also creates art. He lives in San Francisco.“ (zitiert nach www.infinitematrix.net)

Der Roman „Metrophage“ gilt als einer der wichtigsten Cyberpunk-Romane der 1980er.[2] Kadrey’s Kurzgeschichte Carbon Copy: Meet the First Human Clone war die Vorlage für den TV-Spielfilm After Amy – No Ordinary Baby mit Bridget Fonda von 2001. „Sandman Slim“, der verfilmt werden soll, ist einer von Barnes & Noble Best Paranormal Fantasy Novels of the Last Decade (2000 – 2009). (Quelle: Wikipedia.de)

Romane

Sandman Slim

Sandman Slim (2009), dt. Höllendämmerung
Kill the Dead (2010)
Aloha from Hell (2011)
Devil Said Bang (2012)
Kill City Blues (2013)
The Getaway God (2014)
Killing Pretty (2015)
The Perdition Score (2016)
The Kill Society (2017)
Hollywood Dead (2018)
Ballistic Kiss (2020)

Metrophage (1988), dt. 1990
Kamikaze L’Amour (1995)
Butcher Bird: A Novel of the Dominion (2007)
The Grand Dark (2019)

Handlung

Jonny Qaballa ist ein kleiner Dealer im Los Angeles des beginnenden 21. Jahrhunderts. Er handelt mit allem, was sich zu Geld machen lässt: mit Designerdrogen, künstlichen Hormonen, wertvollen Informationen. Auf der Suche nach dem Mörder seines Partners Raquin wird er in die Auseinandersetzungen zwischen den diversen in LA herrschenden Gruppen hineingezogen. Sein ehemaliger Chef im sogenannten „Gesundheitsdienst“, einer paramilitärischen Schutztruppe, zwingt ihn, Spitzeldienste zu leisten.

L.A. alias „Lost Ass“ ist eine Stadt, in der der allmächtige „Gesundheitsdienst“ alles kontrolliert, medizinische Versorgung nur noch für die Reichsten und Jüngsten geleistet wird und der Schwarzmarkt die lukrativste Einkommensquelle ist. Auf dem Mond gibt es Basen, die Tokio-Allianz hat einen Großteil der USA übernommen, und die Alten und Ausgestoßenen haben sich als Gangs zusammengetan, um auf Menschenjagd zu gehen.

Bei den Croakern, im Untergrund arbeitenden Ärzten und Anarchisten, findet er vorübergehend Unterschlupf, aber auch sie versuchen, ihn zur Mitarbeit zu „überreden“. Bei der Rettung seiner Freundin läuft er einem Schmugglerlord in die Arme, der ebenfalls sehr an Jonny interessiert ist. Warum nur?

Auf seinem Weg durch LA wird Jonny immer wieder mit einer neuen Seuche konfrontiert, für die es wie bei AIDS kein Gegenmittel zu geben scheint, die aber der Grund für die schleichende Auflösung der Stadt selbst und ihrer sozialen Strukturen ist. „Metrophage“ (wörtlich: der Stadtfresser) ist eine Art Lepra, die von einem perfekt getarnten Virus übertragen wird.

Seine Spur lässt sich in ein Gen-Labor für biologische Waffen zurückverfolgen. Ein Gegenmittel erweist sich als Legende. Als schließlich auch Jonnys Freundin an der Seuche erkrankt, muss er erkennen, dass er nur eine Schachfigur in einem Spiel ist, das er nicht kontrolliert und nicht kontrollieren kann – er dreht durch. Er hat keine Ahnung, warum plötzlich alle hinter ihm her sind und ihn einsacken wollen, ausgerechnet ihn. Doch die Interessenten haben einen triftigen Grund …

Bei seinem verzweifelten Versuch, seine Freundin doch noch zu retten, kommt es am Schluss zum großen Showdown.

Mein Eindruck

Kadrey baut seine Handlung vor einer düsteren Atmosphäre auf, wie sie etwa auch in William Gibsons grundlegendem Cyberpunk-Roman „Neuromancer“ herrscht: Lowlife, d. h. die am Rande der Gesellschaft und Legalität sich durchs Leben schlagenden Gruppierungen. Der Übergang zwischen gesetzestreuen und -brechenden Gruppen ist nur relativ und fließend.

Spannung baut sich beim Leser auf, indem er immer ein kleines bisschen mehr Informationen hinzugewinnt, vor allem über die Seuche, die sich als zentraler Beweggrund für das scheinbar sinnlose Geschehen um Jonny herausstellt. „Metrophage“ ist eine neue Wortbildung, die an den biologischen Begriff „Makrophage“ angelehnt ist, der Fresszellen bezeichnet.

Die Auflösung scheint mir etwas an den Haaren herbeigezogen zu sein, doch nach einem Action-Thriller wie diesem muss Kadrey tief in die Trickkiste greifen, um ein würdiges Finale liefern zu können. Ansonsten handelt es sich hier um einen Action-Roman in den letzten Ausläufern des Cyberpunk, der sich wie „ein unter Hochspannung stehendes Spielhallen-Videospiel“ liest („Encyclopedia of Science Fiction“, 1993). Dem kann ich nur beipflichten.

Hinweis

Die deutsche Ausgabe enthält ein Vorwort von Autor Rudy Rucker, das Original eine Frage-und-Antwort-Session mit Autor Cory Doctorow.

Taschenbuch: 346 Seiten
O-Titel: Metrophage, 1988
ISBN-13: 9783453044722

https://www.heyne.de


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