Humorvolle Amateurermittlung mit ernstem Hintergrund
»Halt an, Tommi! Kind ist ganz nass bei diese scheußliche Wetter, muss sich doch kümmern jemand.« Svetlana deutete energisch auf eine Stelle am Waldrand …
Die erstaunliche Svetlana liebt russische Literatur und Detektivgeschichten. Ihre Lebensweisheiten sind so legendär wie ihre Grammatik. Tommi, liebenswerter Chaot Anfang 30, arbeitet konsequent an seinem Durchbruch als Bestsellerautor. Meistens jedenfalls. Wegen vorübergehender Finanzflaute haust er im alten Wohnmobil seines Vaters. Die Hymer B550 hat der ihm zusammen mit seiner ukrainischen Putzfrau Svetlana überlassen.
Als Tommi und Svetlana eines Abends ein kleines Mädchen am Waldrand auflesen, ahnen sie nicht, dass ihre unkonventionelle und bisweilen tollkühne Suche nach der Mutter sie auf die Spur eines schrecklichen Verbrechens bringt. Und sie selbst in große Gefahr.
Durch die Brille der erstaunlichen Svetlana und Schriftsteller Tommi beweist der Autor erneut seinen einzigartig humorvollen Blick auf menschliche Schwächen und Abgründe. (gekürzte Verlagsinfo)
Der Autor
Volker Klüpfel, Jahrgang 1971, wurde in Altusried geboren. In Bamberg studierte er Politikwissenschaft und Geschichte. Nachdem er einige Zeit in den USA und in Deutschland als Journalist, zuletzt als Feuilletonredakteur, gearbeitet hatte, stellte er fest, dass ihm doch eher das freie Schreiben liegt. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Familie – auf Urlaubsreisen oder im Allgäu.
Zusammen mit Michael Kobr hat er sich u.a. mit der mehrfach verfilmten Kultreihe um Kommissar Kluftinger und weiteren Romanen ein Millionenpublikum erschrieben. »Wenn Ende gut, dann alles – Das einsame Kind« ist der Auftakt zu seiner ersten Solo-Krimireihe um die geniale ukrainische Putzfrau Svetlana und den vielleicht irgendwann einmal erfolgreichen Schriftsteller Tommi Mann. (gekürzte Verlagsinfo)
Handlung
Thomas „Tommi“ Mann arbeitet heftig an seiner Karriere als Thrillerautor, als er mit seinem Wohnmobil zusammen mit seiner „geerbten“ ukrainischen Putzfrau Svetlana durch die Lande fährt. Eines Tages entdeckt Svetlana, Liebhaberin von russischen Kriminalromanen, ein kleines Mädchen einsam am Waldrand stehen. Das Gewissen gebietet, es mitzunehmen und ins nächstgelegene Krankenhaus zu bringen. Durch Zufall finden sie heraus, dass das Mädchen Leni heißt und zu einer ukrainischen Mutter gehört, die verschwunden ist. Nur Tommi gelingt es, Leni zum Sprechen zu bringen, Svetlana erledigt den Rest. Erste Kontakte mit Klinikleitung und Polizei verlaufen unerfreulich.
Undercover
Indem sie an die Fundstelle zurückfahren, entdecken sie einen Hinweis auf einen Supermarkt. Schon beim zweiten Supermarkt erhalten sie die Auskunft, dass gleich um die Ecke eine Flüchtlingsunterkunft voller Ukrainer stehe. Tommi kombiniert messerscharf: Lenis Mutter könnte sich dort befinden. Ein erster Kontakt mit dem Sicherheitsmitarbeiter verläuft ebenfalls unerfreulich, daher bietet sich Svetlana an, undercover zu ermitteln und sich als ukrainische Flüchtlingsfrau auszugeben. Sie wird sofort aufgenommen.
Ein Plan
Doch ihre SMS kommen nur spärlich und zu nachtschlafender Zeit. Deshalb fasst Tommi den nahezu genialen Entschluss, selbst Svetlana als ukrainische Putzfrau anzubieten. Die Idee dabei: Wenn sich Lenis Mutter als Putzfrau verdingt hat oder jemand ukrainische Putzfrauen vermittelt, dann müsste auch Bedarf bestehen und jemand auf seine Internetannonce antworten.
Ein Verdacht
Wie sich herausstellt, herrscht in Deutschland eine Putzfrauenkrise. Aus den tausenden Mails filtert Tommi sechs ernsthafte Interessenten. Er lehnt sie alle ab, denn Svetlana weiß ja nichts von seiner Aktivität. Zusammen mit ihr findet er heraus, dass Lenis Mutter von der Leiterin des Flüchtlingsheims, Anja Schröder, engagiert worden war und dabei ihre Tochter Leni mitnahm. Svetlana gelingt diese Entdeckung, weil sie sich selbst von Anja Schröder anstellen lässt. Natürlich macht sie von allem Fotos, was sie findet: Spielzeuge, Zeichnungen – und ein Rucksack, der genauso aussieht wie der von Leni. Höchst verdächtig.
Mord, womöglich
Im Fernsehen kommt die Meldung, dass eine Frau auf einer Landstraße der Umgebung überfahren worden sei, wobei der Fahrer des Wagens Unfallflucht beging. Svetlana kennt die fragliche Strecke: Sie ist schnurgerade. Wie kann man da jemanden anfahren? Jedenfalls ist Lenis Mutter Natalia jetzt tot und die Kleine eine Waise. Umso mehr Grund, sich um sie zu kümmern. Und herauszufinden, was das Ehepaar Schröder mit Leni gemacht hat, bevor die Kleine im Wald gefunden wurde…
Mein Eindruck
Die humorvolle Handlung entwickelt sich zu der eines gestandenen Krimis. Doch hier ermitteln nicht der Profi Kluftinger und Konsorten, sondern zwei Amateure, für die Tattheorien und Verbrecherprofile eher Fremdwörter sind. Kein Wunder also, dass Oberkommissarin Britta Schneider ihnen nicht so recht über den Weg traut. Aber weil sie selbst von den männlichen Kollegen gemobbt und untergebuttert wird, sieht sie in „Mr. Poirot“ und „Mrs. Marple“ zumindest ein nicht ganz unwillkommenes Ermittlerduo, zumal die beiden mehr Erkenntnisse und Indizien anschleppen als ihre eigene Truppe.
Und diese Erkenntnisse führen zu einem Problem, das sich völlig auf der Höhe unserer Zeit befindet: Lenis Mutter hat als Journalistin die Korruption, die in der Ukraine herrscht, aufgedeckt und dabei einige Namen genannt. Steckt einer diese Ukraine-Mafiosi hinter ihrem plötzlichen Tod auf der Landstraße? Um die Wahrheit aufzudecken, hecken Tommi und Svetlana einen riskanten Plan aus. Den können sie nur mit Tommis Vater und weiteren Helfern ausführen. Die Polizei bleibt außen vor. Plötzlich kommt es zu einer Entführung…
Textschwächen
Mein Presseexemplar scheint einen unkorrigierten Text zu enthalten, denn das würde die große Zahl von Fehlern erklären. Daher erübrigt sich eine Aufzählung mit Beschreibung. Der Leser sollte im finalen Text darauf achten, ob die Groß- und Kleinschreibung korrekt ist, besonders bei „sie“ und „Sie“.
Unterm Strich
Der Roman lässt sich recht flott lesen, und wer nichts gegen Fremdschämen einzuwenden hat, der zieht sich die Handlung auf die Schnelle rein. Kurze Kapitel – insgesamt 64 Stück- und eine große Schrift erleichtern die Lektüre ebenso wie die zunehmend kritischer werdende Situation der Ermittler. Das ist vielleicht ein Pärchen! Svetlana ist ein richtiges Schlitzohr, und an ihrem moralischen Ernst in der Ermittlung kann kein Zweifel bestehen. Dass sie von ihrem Schützling Tommi Verständnis für Raskolnikow (aus „Schuld und Sühne“) und Karamasow erwartet, ist verständlich, aber eine hoffnungslose Erwartung: Tommi bekommt weder einen Romanaufbau – „ist das nicht Star Wars?“, fragt Svetlana noch eine Fernbeziehung zu seiner Michelle auf die Reihe.
Und diese beiden Amateure sollen die Wahrheit hinter dem Aussetzen eines Kindes herausfinden, fragt sich nicht nur Oberkommissar Britta Schneider. Doch dank Svetlanas Hartnäckigkeit stößt Tommi zu seinem Erstaunen auf wachsende Abgründe, die das Leben so bereithält. Ganz „normale“ Deutsche nehmen Abkürzungen und Schleichwege, wenn es um das klammheimliche Umgehen der Vorschriften geht.
Wohlgemerkt; Es herrscht eine Putzfrauenkrise in deutschen Landen! Und da Not kein Gebot kennt, nimmt der Eindruck, den die deutsche Realität auf Tommis unerfahrenes Gehirn macht, immer mehr Züge der ukrainischen Korruption an, auf die sie schließlich stoßen. Für Tommi ist dies eine Art Coming-of-Age-Erfahrung, selbst wenn er schon um die 30 Jahre alt ist – es ist nie zu spät, erwachsen zu werden.
Dass Tommi mit „richtigem“ Namen Thomas Mann heißt, ist wohl nicht ganz unbeabsichtigt eine Hommage an den literarischen Jubilar gleichen Namens. Als Auftaktband einer Reihe Tommi-Krimis erfreut der Roman insbesondere weibliche Leser.
Gebunden: 416 Seiten.
ISBN-13: 9783328603573
Der Autor vergibt: