Alle Beiträge von Björn Backes

Salvatore, R. A. / Dabb / Semeiks – gesprungene Kristall, Der (Die Saga vom Dunkelelf 4)

Band 1: [„Heimatland“ 2498
Band 2: [„Exil“ 2843

_Story_

Nach seiner schweren Jugend in der Unterwelt hat Drizzt Do’Urden seine Freiheit als Waldläufer in den Regionen des Eiswindtals gefunden. Er agiert als Berater der Räte von Zehnstädte und schließt sich seinen neuen Genossen im Kampfe an, wird aber nicht allerorts gleichberechtigt akzeptiert. Als sich ein Barbarenstamm schließlich aufmacht, das Reich der Zwerge einzunehmen, eilt Drizzt seinem engsten Verbündeten Bruenor zur Hilfe und bewahrt Zehnstädte vor dem vorzeitigen Untergang. Im Kampf schützt der Zwergenhäuptling außerdem einen jungen Barbaren vor dem sicheren Tod, gibt ihn jedoch in die eigene Sklaverei.

Jener Sohn, Wulfgar, wächst in den nächsten fünf Jahren unter Bruenors Obhut zu einem gefürchteten Krieger heran und bekommt schließlich vom Dunkelelfen den Feinschliff. Ein halbes Jahrzehnt nach dem ersten Angriff auf das Eiswindtal fühlt sich der gestandene Krieger immer mehr seinen neuen Verbündeten zugehörig und stellt sich sogar gegen sein Volk, als er von dessen Verrat erfährt. Die Barbaren haben sich nämlich ebenso wie Oger, Orks und Riesen an den verwegen Magier Akar Kessell verkauft, der mit einem Relikt aus alten Zeiten selbst Dämonen zu unterwerfen vermag.

Als Kessell die Horden um sich schart, um Zehnstädte endgültig dem Erdboden gleichzumachen, ist der einstige Barbar ebenso gefragt wie seine beiden Lehrmeister und der verschmitzte Halbling Regis Knurrbauch. Die von Crenshinibon verliehene Kraft macht Kessell zum derzeit mächtigsten Mann der Oberwelt – und nur ein geschickter Streich kann ihm diese Macht je wieder rauben …

_Persönliche Meinung_

Die Zeiten, in denen Drizzt Do’Urden gegen die frevelhaften Auswüchse seiner eigenen Familie kämpfen und bestehen muss, sind mit dem vierten Band der „Saga vom Dunkelelf“ vorerst vorüber. Mit seinem Aufstieg in die Oberwelt und der endgültigen Flucht aus dem Reich der Spinnenkönigin beginnen für den mächtigen Dunkelelfen neue Abenteuer, aber auch erneut unsichere, schwer vorhersehbare Zeiten. Die Lebewesen seiner Herkunft sind an der Oberfläche Faerûns nicht gerne gesehen, da die Dunkelelfen in der Vergangenheit zu oft bewiesen haben, dass ihre Ehre eher zweifelhaft ist, und das ihnen gegebene Vertrauen häufig missbraucht wurde. Trotz seiner guten Absichten und seiner zahlreichen Hilfestellungen im Kampf wird Drizzt von manchen Königen und Häuptlingen nicht akzeptiert, teils sogar völlig abgelehnt.

Doch der gutherzige Kämpfer aus dem Hause Do’Urden lässt sich von der Haltung der Bürger in Zehnstädte nicht abschrecken; ungeachtet der entgegengebrachten Abscheu lässt er sich von Moral und Ruhm treiben, findet alsbald Verbündete und wird schon kurze Zeit nach seiner Ankunft auf seine Standhaftigkeit und Loyalität getestet. Doch selbst als er seinen neuen Angehörigen im Kampfe beisteht, erfährt er weiterhin nicht den gebührenden Respekt. Den hingegen erfährt der neue Schützling Bruenors, der versklavte Jüngling Wulfgar, der seinem Todesurteil durch die Gefangenschaft entrinnen konnte. Ausdauernd leistet er seinen fünfjährigen Pflichtpfand im Hause der Zwerge ein, knüpft eine innige Freundschaft mit dem Dunkelelfen und wird als Sohn und Freund aus der Sklaverei entlassen.

Unterdessen wird das gesamte wacklige Bündnis von Zehnstädte von einer unbekannten Bedrohung heimgesucht. Der intrigante Magier Akar Kessell hat sich mangels vorhandener Fertigkeiten für den radikalen Weg entschieden, seinen Meister getötet und das vielleicht stärkste Artefakt der Macht in seinen Besitz gebracht, um das Volk des Eiswindtals zu unterjochen. Während er Dämonen beschwört, ganze Völker manipuliert und seinen Angriff auf die Städte des Rats vorbereitet, ist man in Zehnstädte noch immer damit beschäftigt, die Freundschaft zu befestigen und gemeinsam gegen das bevorstehende Unheil vorzugehen. Zu diesem Zeitpunkt ahnt jedoch noch niemand, dass ausgerechnet der Dunkelelf das Zünglein an der Waage sein wird.

Drizzts neuestes Abenteuer markiert einen eindeutigen Wandel, fort von der klassischen Fantasy-Serie und mehr hin zu unabhängigeren Handlungssträngen. „Der gesprungene Kristall“ ist nach der Trilogie um die Jugend des Dunkelelfen der erste Roman, der prinzipiell für sich alleine stehen könnte und keiner längeren Vorgeschichte bedarf. Die Charaktere sind größtenteils neu und unbekannt, die Motive des Protagonisten schnell ersichtlich und das Szenario im Wesentlichen weitaus simpler strukturiert als die bisherigen Ausgaben der Saga. Allerdings ist der neue Lebensabschnitt des Dunkelelfen sphärisch auch kaum mit den vorherigen Storys zu vergleichen; die Finsternis ist nicht bloß optisch gewichen, die Bösartigkeit der meisten Beteiligten nicht so Ehrfurcht erregend, wie man dies bisher gewohnt war. Aber auch die zahlreichen Ränke sind nicht ganz so detailliert ausgearbeitet, was die Brisanz der Handlung zumindest im direkten Vergleich eher entschärft.

Dennoch ist „Der gesprungene Kristall“ inhaltlich ein weiterer Dauerbrenner aus der Welt der „Vergessenen Reiche“. Die Story ist spannend, temporeich und einem echten Fantasy-Epos definitiv würdig, dazu auch in dem Maße fortschrittlich, dass Salvatore und das Comic-Team sich nicht durchweg an den Erstveröffentlichungen aus dieser Sagenwelt orientieren. Eine neue Dynamik zeichnet das Bild und bringt mächtig Bewegung in die Reihe, fordert allerdings auch den Tribut der entschärften, unterschwelligen Aggressionen, die dieses Meisterwerk in den Bänden eins bis drei als eines der prägenden Elemente auszeichneten. Dennoch: Eine gelungene, teilweise fast wieder geniale Fortsetzung ist der vierte Teil der Saga ohne Zweifel – und das sowohl im Bezug auf Story und Tempo als auch hinsichtlich der grafischen Aspekte. Fans kommen ohne Wenn und Aber auch an „Der gesprungene Kristall“ nicht vorbei!

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Drizzt – Im Zeichen des Panthers (Die Saga vom Dunkelelf 4)

Folge 1: „Der dritte Sohn“
Folge 2: „Im Reich der Spinne“
Folge 3: „Der Wächter im Dunkel“

Story

Nach seiner Verbannung aus der Stadt der Tiefengnome setzt Drizzt seine Reise durch die Unterwelt fort. Doch auf der Flucht vor seiner rachsüchtigen, grausamen Mutter hat er Verstärkung bekommen. Belwar Dissengulp, der Höhlenvater der Tiefengnome, hat sich dem verhassten Sohn des Hauses Do’Urden angeschlossen und streift an der Seite des Dunkelelfen und seines Panthers Guenhwyvar durch die finstersten Regionen des unterirdischen Raumes. Auf ihrer Flucht durch die unergründeten Labyrinthe erlebt Drizzt dann eine herbe Überraschung; sein einstiger, längst totgeglaubter Mentor Zaknafein steht ihm plötzlich wieder Angesicht zu Angesicht gegenüber, dieses Mal jedoch verzaubert und fest entschlossen, den ausgesiedelten Dunkelelfen zu töten.

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Vaughan, Brian K. / Henrichon, Niko – Löwen von Bagdad, Die

_Story_

Es liegt etwas in der Luft in den Gehegen des Zoos in Bagdad. Die Tiere sind nervös, befürchten Schlimmes und lassen sich von der anhaltenden Ruhe mitreißen. Besonders die Löwin Safa lässt sich von dieser Laune anstecken und versucht erfolglos, die anderen Tiere zum Ausbruch aus den Käfigen zu motivieren. Kurze Zeit später erfolgt die Befreiung auf unerwünschte Art und Weise. Eine Schwadron von Kampfbombern umkreist und bombardiert die Stadt und trifft auch die Bestallungen im Zirkus. Safa, Noor, Zill und der kleine Ali entkommen als einzige Löwen dem kriegerischen Treiben und laufen fortan hilflos durch die Straßen der Stadt. Getrieben vom Wunsch, auch nur ein einziges Mal, so wie in Zills Beschreibungen, den Horizont zu sehen, kämpfen sie sich durch persönliche Aggressionen und Fehden, erlegen einen Bären und schaffen es tatsächlich auf die Spitze eines Daches. Dann jedoch bemerken sie die wahre Grausamkeit des Krieges …

_Persönliche Meinung_

Das neue Meisterstück von Starautor Brian K. Vaughan beruht in diesem Fall auf einer wahren Begebenheit, die sich im Jahre 2003 auf irakischem Boden zutrug. Nach einem verheerenden Angriff der amerikanischen Fliegerstaffeln wurde das Gelände des Zoos stark beschädigt und entließ die Tiere in die unsichere Freiheit. Unter den vielen Exemplaren, die nie zuvor in freier Wildbahn gelebt hatten, waren auch vier Löwen, die es schafften, dem Bombardement zu entkommen und sich vorerst in Sicherheit zu bringen. Kurz darauf wurden sie von den amerikanischen Truppen völlig ausgehungert entdeckt und schließlich erschossen.

Jene tragische Geschichte hat den Autor dazu bewogen, eine recht eigenwillige Erzählung zu kreieren, in der es weder tatsächliche Helden noch Recht und Unrecht in der uns bekannten Ausprägung gibt. Im Krieg gilt das Gesetz des Stärkeren, ebenso wie im Reich der Tiere, damit also auch in der Hierarchie der vier Protagonisten, die sich in ihrer zoologischen Umgebung ihren Mitinsassen überlegen fühlten. Dennoch wurde der Versuch gestartet, sich zusammenzurotten und vorzeitig das Weite zu suchen, da die Stimmung der letzten Tage nichts Gutes verhieß. Doch sinnbildlich für die menschlichen Rassenunterschiede konnten auch die Tiere keine Einigung erzielen und waren sich nach kurzen Annäherungsversuchen wieder spinnefeind. Hass und Verzweiflung machte sich folglich in den Gemütern der Löwinnen breit, die ihre letzte Hoffnung auf ein Leben in Freiheit nun wahrscheinlich aufgeben müssen, weil sie erneut durch den Einfluss der Menschheit in ihrem instinktiven Wunsch, in der heimischen Natur ausgesetzt zu werden, beeinträchtigt werden. Freiheit bedeutet in diesem Falle Flucht, ähnlich wie in so vielen Landstrichen in Nahost und Afrika, der Herkunft der Tiere, und wer sich dennoch der Konfrontation stellt, hat gegen die größeren Mächte, vertreten durch die Geschwader der Vereinigten Staaten, letztendlich doch keine Chance.

Natürlich schwingt eine ganze Menge Pathos in der Story mit, allerdings umschifft Vaughan die drohende Pseudo-Dramatik recht geschickt durch die hitzigen Dialoge zwischen den tierischen Protagonisten. Man ist sich selbst innerhalb der eigenen Rasse nicht friedlich gesonnen und neidet dem anderen Erfahrungen und Bedürfnisse, ist nicht bereit zu geben, aus Angst, man könne selber nicht ausreichend befriedigt werden. Infolge dessen sind Streitereien untereinander an der Tagesordnung; statt sich gegenseitig zu bestärken, heizt man den Krieg intern weiter an und gefährdet sich und seine Begleiter schlussendlich sogar selbst. Dies mag zwar in diesem Sinne nichts grundlegend Neues sein, jedoch wird es vom Autor von „Die Löwen von Bagdad“ derart außergewöhnlich und fantastisch inszeniert, dass es einem manchmal die Spucke verschlägt. Die Story hat gehörigen Symbolcharakter und ist bisweilen auch stark politisch motiviert, durch den versteckten Biss aber noch zusätzlich reizvoll und brisant. Echte Spannung will zwar im vorbestimmten Verlauf der Handlung nicht aufkommen, jedoch liegt hierin auch nicht die Intention des Autors. Vaughan beabsichtigt einen genaueren Fokus auf die unbewussten Nebenschauplätze der allgegenwärtigen Kriege und hat sich hierzu ein empfindliches Thema ausgesucht, um die enormen Auswirkungen in einer nüchternen, allerdings sehr bewegenden Ausarbeitung nahe zu bringen. Der Effekt ist bemerkenswert; die Geschichte um die vier Löwen geht unter die Haut und sensibilisiert auf eine Art und Weise, wie man Krieg noch nie erleben und erfahren musste. Vaughan bleibt ein Eigenbrötler und Individualist in der Comic-Welt; doch so gehaltvoll und tiefgreifend wie seine Geschichten immer wieder konstituiert sind, ist dieser Status nur absolut willkommen. „Die Löwen von Bagdad“ ist ein weiterer Geniestreich eines richtungsweisenden Comic-Autors.

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Kern, Claudia – Anno 1701: Kampf um Roderrenge

Nach den Adaptionen zahlreicher Ego-Shooter und Fantasy-Spiele folgt nun endlich auch der Strategie-Bereich in einer lebendigen Roman-Aufarbeitung. „Anno 1701“, neben den berüchtigten „Siedlern“ der wohl erfolgreichste Genre-Beitrag des endenden Jahres, lieferte Claudia Kern die Inspiration für einen überraschend spannenden Abenteuerroman, der sich sphärisch dicht an die PC-Welt anlehnt und dennoch als eigenständiger Plot abseits gewohnter Schemen funktioniert. „Anno 1701“ – scheinbar nicht nur am Bildschirm ein Hit!

_Story_

Der junge Arbor schlägt sich nach dem Tod seiner Eltern als Handlanger des Piraten Rodriguez mehr schlecht als recht durchs Leben. Derzeit hat er an Bord der |Windemeer| des wohlhabenden Gouverneurs Marten von Rallingen angeheuert, um dort zu intrigieren und die Besitztümer des Adligen in die Hände seiner Auftraggeber zu befördern. Da er jedoch nicht imstande ist, für seine Ziele zu töten, entgeht er Rodriguez und dessen Häschern und sticht mit von Rallingen in See.

Als die |Windemeer| Tage später einem heftigen Sturm ausgesetzt ist, fliehen ihr Besitzer und Jon als letzte Überlebende auf das Beiboot des Seglers, jedoch gelingt es nur dem jungen Matrosen, sich zu retten. Gemeinsam mit der Schatztruhe des Gouverneurs wird er von einem Händler entkräftet aufgefunden und nach Roderrenge, eine Kolonie von Rallingens, gebracht und dort tatsächlich für den verstorbenen Schiffseigner gehalten. Jon lässt sich alsbald auf das Spiel ein und schlüpft in die Scheinrolle des Gouverneurs, erlernt die Geschicke seiner Position und verändert das negative Gesamtbild, das die arme Bevölkerung Roderrenges von ihrem Regenten hat.

Doch just in dem Moment, in dem das Leben und der Handel auf Roderrenge florieren wie schon lange nicht mehr, sieht sich Jon einer neuen Bedrohung ausgesetzt; die Insel wird von Unbekannten angegriffen, die Ernte ruiniert und die Behausungen der meisten zerstört. Dies lässt der Inselherr aber nicht lange auf sich sitzen; auf der Suche nach den Urhebern lässt er sich auf einen unmoralischen Deal ein, enttarnt die unverhofften Betrüger in seinen Reihen und schwört, seine dahingeschiedenen Freunde zu rächen. Doch je weiter seine Reise führt, desto unschlüssiger ist sich der einstige Pirat, wer nun tatsächlich hinter den Anschlägen auf Roderrenge steckt …

_Persönliche Meinung_

Die Aufgabe, sich sowohl an den Vorgaben des Spiels als auch an den Erwartungen der kritischen Fans zu orientieren, war mitunter die schwierigste, die die Autorin zu meistern hatte. Einerseits galt es sicherlich, die Atmosphäre des Insel-Strategie-Klassikers aufrechtzuerhalten, andererseits war aber sicher auch eine gewisse Distanz vonnöten, damit die Story auch als eigenständig und zumindest im Rahmen des Möglichen als innovativ erachtet werden darf. Diesen Balanceakt hat Claudia Kern im Laufe der relativ knappen Story jedoch weitestgehend überzeugend gemeistert, wobei die stringente Linearität des Plots manchmal noch ein wenig mehr Detailfülle verlangt hätte. Gerade im zweiten Teil, als sich die Szenen geradezu überschlagen und die Geschichte mit vielen raschen Wendungen fortschreitet, fehlt es an Entfaltungsspielräumen, die gerade im Bezug auf Jons obskure Planungen etwas besser ausstaffiert hätten sein müssen. So nämlich steuert die Erzählung auf ein allzu flott überwundenes Finale zu, welches leider nicht gänzlich das Potenzial der eigentlichen Handlung auszuschöpfen vermag.

Dass Kern indes durchaus in der Lage ist, ein spannendes, umfassendes Abenteuer-Setting zu kreieren, beweist die Autorin besonders auf den ersten hundert Seiten, die einerseits nicht weniger wechselfreudig sind als die zweite Halbzeit, andererseits aber jeglichen Freiraum nutzen, um die Charaktere und ihre Motivationen etwas näher zu beleuchten. Außerdem ist der Plot zu diesem Zeitpunkt noch von einigen Mysterien umgeben, die sich vor allem um die Personen auf Roderrenge ranken, allesamt Leute, die nicht weniger zu verbergen haben als der falsche Gouverneur Jon Arbor. Speziell dieser Aspekt heizt die Spannung im Gesamtverlauf immer wieder deutlich an und ermöglicht eine Vielzahl überraschender Begebenheiten, die selbst die erprobte Spürnase nicht dringend durchschaut hätte. In diesem Sinne ist „Kampf um Roderrenge“ auch ein erstklassiger Roman!

Derweil zehrt die Story weiterhin von den zahlreichen Lügen und Intrigen, von Täuschungen und Scheinrealitäten, wobei schlussendlich wirklich niemand mehr um die wahre Identität des jeweils anderen weiß. Bedingt dadurch wird das Erzähltempo auf einem gewissen Höchstmaß festgehalten und erst auf den letzten, leider nicht ganz so befriedigenden Seiten rapide abgesenkt. Auch diesbezüglich gilt der Autorin ein deutliches Lob, da die Materie definitiv nicht jederzeit das Potenzial bietet, diesen Geschwindigkeitslevel fortwährend zu halten.

Der einzige Kritikpunkt dieses überraschend starken Buches bezieht sich auf die teils zu kompakte Schreibweise und den mangelnden Facettenreichtum. „Kampf um Roderrenge“ verdient etwas mehr Ausschmückung bzw. ein kleines bisschen mehr Liebe zum Detail in den jeweiligen Szenensprüngen. Ansonsten darf man dem Projekt eine durchaus gelungene, nicht nur für eingeschworene Fans empfehlenswerte, alles in allem überzeugende Umsetzung attestieren, die direkt nach einer Fortsetzung verlangt. Entsprechende Voraussetzungen liefert das PC- und Konsolenspiel jedenfalls ausreichend!

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Parker – Monopoly Banking

_Die Monopoly-Revolution_

Es ist vielleicht das am heißesten umstrittene Spiel in der langen Tradition der „Monopoly“-Serie, möglicherweise richtungsweisend, andererseits aber auch ein rauer Bruch mit dem klassischen, innig geliebten System. In „Monopoly Banking“ wird die klassische Geldverwaltung gänzlich abgeschafft und zugunsten eines leicht zu bedienenden Kreditkartensystems aufgegeben. Die teils lästigen Schiebereien mit den eigenen Finanzen scheinen vorbei, ebenso die Rechnerei und Spekulation. Das Lesegerät bringt nämlich knallharte Fakten auf den Tisch, umgeht dabei auch die oft drohende Endlospartie, scheint aber letzten Endes auch ein großes Wagnis: Zum ersten Mal wurde nämlich ein wesentlicher Mechanismus des Grundspiels ausgetauscht – und ob dies allen Hardlinern recht ist, steht auf einem anderen Blatt …

_Die Unterschiede im Banking-Zeitalter_

Die gesamte „Banking“-Edition ist äußerst nobel aufgemacht und erstrahlt im durchgängigen Hochglanz-Design; die Häuser und Hotels wurden der Moderne angepasst, die angebotenen Straßen und Bereiche orientieren sich ebenfalls am heutigen Zeitgeist, und da man nun auch wirklich klotzen möchte, rechnet man nicht mehr mit Kleinbeträgen, sondern wirbt und spekuliert hier im Millionenbereich. Auch die Spielfiguren zeigen Institutionen des 21. Jahrhunderts; Rollerblades, ein Hamburger, ein rassiger Sportwagen und natürlich das Handy sind zugkräftige Trademarks, die dem Spiel bzw. der allgemeinen Atmosphäre die nötige Authentizität verschaffen. Zu guter Letzt macht auch der Spielplan optisch einiges her und damit zumindest den visuellen Bereich der bargeldlosen Spielvariante zu einem echten Hochgenuss.

Die Veränderungen es Spielsystems hingegen erscheinen ebenfalls revolutionär, entwickeln sich aber immer mehr zur Belastung. Es bedarf einer längeren Anlaufzeit, um sich an die neuen Zahlungsmethoden zu gewöhnen und sie letztendlich auch zu akzeptieren. Die Beträge gestalten sich gänzlich neu, die Bedienung des Kartenlesegeräts will erst einmal erlernt sein und das Gefühl ist schließlich ein gänzlich anderes als im Standardspiel. Daher kann man die scharfen Kritiken an „Monopoly Banking“ mit fortschreitender Spieldauer immer besser verstehen. Das Handling des Lesegeräts ist mit der Zeit doch ziemlich anstrengend, zumal man teilweise nur noch damit beschäftigt ist, die Maschine weiterzureichen und zu warten, bis der Buchungsvorgang abgeschlossen ist. Die Dynamik leidet hierunter sehr, da man sich nicht mehr bloß auf das eigentliche Spiel konzentriert, sondern viel zu sehr mit den Vorgängen am neuen – übrigens vom Kreditkarten-Giganten VISA gesponserten – Hilfsmittel beschäftigt ist. Jenes reißt den Spielfluss gerade für erfahrene Spieler, die ein höheres Tempo pflegen, ein Stück weit auseinander und hemmt die Motivation Runde für Runde mehr – bis schließlich der Zeitpunkt eintritt, an dem man sich die geliebten Scheinchen zurückwünscht. Projekt gescheitert? Mitunter schon …

_Persönlicher Eindruck_

„Monopoly“ kartenlos, dies scheint ein lang ersehntes Szenario zu sein und zudem eine tatsächliche Erleichterung für die spielende Zunft. Daher durfte man „Monopoly Banking“ vorab auch mit großer Spannung entgegensehen, zumal die leidigen Rechnereien auch dazu beitragen sollten, dass die Zielgruppe auf eine noch jüngere Generation ausgebaut werden könnte. Das Resultat bzw. das eigenartige Gefühl, welches die nun vorliegende Edition allerdings vermittelt, widerlegt aber überraschenderweise alle positiven Aspekte dieser Neuerung recht deutlich. Das Handling ist eher umständlich als hilfreich und auf Dauer auch extrem nervig, da man eine halbe Ewigkeit damit beschäftigt ist, eine Buchung vorzunehmen und einen möglichen Tippfehler wieder auszubügeln. Auch die Spielübersicht ist deutlich schlechter, da es schlichtweg an Transparenz und Handfestem mangelt. Dies mag zwar auch im realen Leben nicht anders sein, doch da man in „Monopoly“ standesgemäß wichtige und vor allem schnelle Entscheidungen treffen muss, ist die Spielgeld-Variante im Großen und Ganzen doch deutlich von Vorteil – auch im Bezug auf Felder wie ‚Frei Parken‘.

Positiv hingegen lässt sich vermelden, dass man in Windeseile seinen Kontostand überblicken kann. Die umständliche Scheinchenzählerei entfällt, ebenso die ständigen Wechsel bei unpassenden Zahlungsbeträgen.

Summa summarum sind dies jedoch auch schon die einzigen vorteilhaften Aspekte beim mechanischen Wandel des Grundspiels und sicherlich kein ausreichendes Argument, um eine bereits vorhandene Edition gegen die Banking-Variante auszutauschen. Interessanter wäre vielleicht gewesen, dem Käufer beide Alternativen zu offerieren, also zusätzlich zum Lesegerät auch noch Bargeld in die Schachtel zu packen, um so das ultimative Spiel zu formen. Aber andererseits sollte das Spiel ja auch in der aktuellen Form überzeugen können, was es aufgrund der genannten Gründe jedoch nur sehr bedingt kann. Bei einem Preis von ungefähr 50 € (peinlicherweise übrigens ohne Batterien für das Lesegerät …) braucht man daher auch nicht lange diskutieren; die Idee mag nett und innovativ sein, das Spielmaterial noch so fortschrittlich – aber das echte Spielfeeling will einfach nicht aufkommen!

http://www.hasbro.de/

|Siehe ergänzend dazu:|
[„Monopoly express“ 3330
[„Monopoly Heute 2006“ 4036

Stevens, Cat (Islam, Yusuf) – Cat Stevens / Yusuf Islam – Das kleine schwarze

Yusuf Islam – für viele nach wie vor ein Fremdling, dessen religiöser Wandel wohl nur den wenigsten richtig begreiflich scheint. Der Mann, der einst als Cat Stevens (bürgerlich: Steven Demetre Georgiou) zu einem der bedeutendsten und einflussreichsten Singer/Songwriter avancierte, wird bereits seit längerer Zeit von Medien und politischen Instanzen äußerst skeptisch betrachtet. Mehrere Skandale überschatteten seine jüngste Karriere, darunter auch der vorläufige Negativ-Höhepunkt im Jahre 2004, als ihm wegen vehementer Bedenken über eventuelle Verbindungen zum islamischen Terrornetzwerk die Einreise in die USA verweigert wurde. Aber auch eine angebliche frauenfeindliche Attitüde wird ihm wegen einiger markanter Aussagen und Vorfälle nachgesagt, so dass der Fokus im Laufe der vergangenen vier Dekaden immer weiter von der Musik wegrückte und der Mensch Yusuf Islam mit all seinen unkonventionellen Einstellungen in den Medien präsent war.

Dennoch bleibt unbestritten, dass der Mann unter seinem ersten Künstlernamen Cat Stevens einige der wichtigsten Beiträge zum politisch engagierten Rock der späten Sechziger und frühen Siebziger geleistet hat und somit maßgeblich daran beteiligt war, dass die internationale Friedensbewegung deutlichen Einzug ins Musik-Business hielt. Zwischen 1967 und 1977 verkaufte er in seiner Zeit als aktiver Musiker immerhin 41 Millionen Alben, bevor dann seine Hingabe zum Islam sein Leben völlig auf den Kopf stellte und den Rockmusiker Stevens auslöschte.

Sein geistiges Fundament, darunter auch Material seiner zweiten Karriere als Yusuf Islam, wird nun in einem weiteren exklusiven Songbook im |Bosworth|-Verlag festgehalten. In „Das kleine schwarze“ ist das Gesamtwerk des bemerkenswerten Künstlers in Text und Notation aufgeführt, angefangen bei seinen stürmischen Anfangstagen über internationale Volltreffer wie ‚Wild World‘, ‚Morning Has Broken‘ und ‚Father And Son‘ bis hin zu aktuellen, weniger bekannten Stücken wie ‚The Beloved‘ und ‚Maybe There’s A World‘. Insgesamt sind es beinahe 150 Tracks, die in diesem schmucken Taschenbuch zusammengefasst sind und mit allen Akkorden für die Gitarrenbegleitung ausgestattet wurden. Außerdem werden im Anhang noch einige Kniffe zum Stimmen der typischen Stevens-Gitarre verraten, um einen möglichst authentischen Sound zu erzielen und die Begleitung der zahlreichen Originale so stimmig wie nur eben möglich zu gewährleisten.

Ähnlich wie schon bei den Büchern zu den |Ärzten| oder den |Toten Hosen| setzt der Verlag auf das bewährte Kompaktformat, welches sich einmal mehr als sehr praktisch erweist. Lediglich die Handhabung der Gitarrenbegleitung ist ein wenig umständlich, da die Seiten aufgrund des Kleinformats schnell umschlagen, was aber mit ein bisschen Feingefühl wieder umgangen werden kann. Viel wichtiger ist indes die Vollständigkeit dieses Werkes, welche von der ersten bis zur letzten Seite in alphabetischer Reihenfolge garantiert ist und „Das kleine schwarze“ zu einem unverzichtbaren Werk für jeden Fan des viel zitierten, wenn auch merkwürdigen Musikers macht. Man kann zum Menschen Yusuf Islam respektive Cat Stevens alias Steven Demetre Georgiou stehen, wie man mag – seine Musik allerdings ist ein unumstößliches, geschichtsträchtiges Monument, welches auch etliche Jahre nach seiner größten Zeit immer noch von immenser Bedeutung ist. In diesem schmucken Begleitheft zur Karriere des Künstlers wird dies sehr eindrucksvoll notiert und reflektiert.

http://www.bosworth.de

Sandemo, Margit – Hexenjagd (Die Saga vom Eisvolk 2)

Band 1: [„Der Zauberbund“ 4365

_Story_

Obwohl sie ihr Familienglück in den Gebirgen des Eisvolks gefunden haben und von der Hatz des Vogts zunächst verschont bleiben, sind Silje, Tengel und ihre drei Sprösslinge in argen Problemen. Siljes zweite Schwangerschaft, die sie vorerst vor ihrem Gatten verheimlicht, macht das junge Mädchen unsicher, und während sie sich noch Gedanken macht, wie sie Tengel beibringen soll, dass möglicherweise ein neuer Dämon in ihr heranreift, wird ihre Familie auch schon in die Flucht geschlagen, nachdem der hinterlistige Heming seine ehemalige Sippe verraten hat.

Als letzte Überlebende fliehen sie aus ihrem neuen Heimatdorf und retten sich in die Berge. Als der Hunger jedoch immer größer wird und die neue Situation zur echten Bedrohung reift, fasst Silje einen folgenschweren Entschluss. Sie begibt sich auf den Sitz der Baronsfamilie von Meiden und konfrontiert Dags leibliche Mutter mit der bitteren Wahrheit, dass ihr ausgesetzter Sohn nach wie vor lebt. Charlotte von Meiden, die unglückliche Tochter des Barons, schenkt ihr im Gegenzug für den unermüdlichen Einsatz Sicherheit und sorgt dafür, dass Tengel und Co. auf einem neuen, noblen Landstrich ein neues Leben beginnen können – mit Charlotte und deren Mutter als beste Freunde.

Die neue Etappe im Leben der Nachfahren des Eisvolks beginnt sehr friedlich und gefahrlos; Tengel reift zum angesehenen Heilpraktiker und steigert das Ansehen seiner Familie enorm. Dennoch ahnt das Hexengericht von den verborgenen Geheimnissen des Oberhaupts und entsendet einen Späher, um Tengel hinters Licht zu führen. Viel schlimmer trifft Silje und ihre Liebsten jedoch Sols Entwicklung. Das nunmehr 14-jährige Mädchen ist von der Hexe Hanna intensiv in die magischen Künste eingewiesen worden – und scheint bisweilen nicht mehr kontrollierbar …

_Persönlicher Eindruck_

Der zweite Band der „Saga vom Eisvolk“ beinhaltet einige unverhoffte Wendungen, aber auch eine recht rasche inhaltliche Entwicklung. In diesem Zusammenhang ist vor allem erstaunlich, welches Zeitfenster Margit Sandemo hier eingeplant hat. Fast eine ganze Dekade vergeht auf den 300 Seiten von „Hexenjagd“, und berücksichtigt man den quantitativen Output, den die Autorin zur Serie im Original beigesteuert hat, hätte man schon erwartet, dass die Geschichte um Silje und Co. etwas gediegener voranschreitet. Dem ist aber sichtlich nicht so!

Dementsprechend sind die Fortschritte der Handlung enorm. Der Nachfolger zu „Der Zauberbund“ beschreibt gleich mehrere abgeschlossene, aber dennoch zusammengehörige Stränge, begonnen mit Siljes heimlicher Schwangerschaft über die Flucht aus dem Gebirge bis hin zur Verzweiflungstat, der Audienz bei Charlotte von Meiden, Dags leiblicher Mutter. Doch auch das ’neue‘ Leben der Familie Tengelssohn wird in aller Ausführlichkeit beschrieben; die unerkannt verurteilte Ketzerei, die Entwicklung von Sols zunehmenden Begabungen, aber auch das stete Familienglück, das vor allem durch die Geburt des ersten gemeinsamen Sohnes Are noch einmal bestärkt wird. All diese Geschehnisse verteilen sich über einen recht langen Zeitraum, werden von Sandemo sehr detailliert ausgeschmückt, bleiben aber dennoch spannend und kurzweilig – und das ist die wahre Kunst hinter diesem Roman.

Gerade die Tatsache, dass hier komplette, abgeschlossene Episoden aus dem Leben der Protagonisten quasi aneinandergereiht werden, ohne dabei die wesentliche Dynamik, also den Fluss der Story, zu beeinträchtigen, macht „Hexenjagd“ auf Anhieb zu einem kleinen Meisterwerk, begünstigt außerdem durch die märchenhaften Beschreibungen der Figuren und Szenarien. Es sind eben vor allem die kleinen Helden der Geschichte, diese einprägsamen, ungewöhnlichen Gestalten, die einem sofort ans Herz wachsen. Stand zuletzt noch Silje ganz deutlich im Mittelpunkt einer durchaus emotionalen Entwicklung, wird die Familie, die Verbliebenen des Eisvolks, nun etwas differenzierter betrachtet, so dass vor allem der liebevolle Tengel und die unberechenbare Sol mehr zur Geltung kommen. Sie sind die weniger transparenten Komponenten des Buchs, auf ihren unsteten Handlungen beruht schließlich auch die Spannung und generell die tolle Atmosphäre.

Hinzu kommt weiterhin diese liebevolle Stimmung, diese Harmonie, die von der Story und ihren tragenden Charakteren ausgestrahlt wird. Daher lässt sich „Hexenjagd“ auch noch weniger als „Der Zauberbund“ einem spezifischen Genre zuordnen, da die Elemente der Liebesgeschichte und auch des klassischen Dramas in den entscheidenden Passagen deutlich zugenommen haben. In dieser besonderen Mischung liegt aber auch der Reiz der bisher veröffentlichten Bände der Serie. „Hexenjagd“ ist weder klassische Fantasy noch purer Historienroman, geschweige denn eine typische Lovestory in einem opulenten Setting. Stattdessen hat Sandemo die schönsten Versatzstücke der einzelnen Genres zu einem modernen Märchen zusammengetragen, dieses in Teil zwei noch einmal in eine ganz andere Richtung gelenkt und sich insgesamt sogar durch die homogene Vielschichtigkeit der Story noch einmal steigern können. Ergo: Wer den ersten Band schon toll fand, wird den zweiten lieben!

|Originaltitel: Sagan om Ísfolket 2: Häxjakten
Originalverlag: Boknöje ab 1982
Aus dem Norwegischen von Dagmar Lendt
Taschenbuch, 304 Seiten|
http://www.blanvalet.de
http://www.margitsandemo.se/

Kiesling, Michael – Wikinger

_Der Sommer der Drachenboote_

In der aktuellen Spielsaison stehen die legendären Nordmänner scheinbar hoch im Kurs. Bereits im |Pro Ludo|-Verlag erschien jüngst ein Spiel um die Helden der ersten Jahrtausendwende; kurz darauf erschien ein gleichnamiger Titel auch beim |Schmidt|-Ableger |Hans im Glück|, welcher jedoch von Beginn an mit den besseren Voraussetzungen ausgestattet war.

In „Wikinger“ von Michael Kiesling schlüpfen zwei bis vier Spieler in die Rolle eines Stammesfürsten und gehen in insgesamt sechs Spielrunden auf Entdeckungsreise durch die angrenzenden Meere. Die Männer siedeln auf nahe liegenden Inseln Handwerker und Adlige an, steigern derweil ihre Kampfkraft, um feindlichen Schiffen zu trotzen, und errichten schließlich auf den unterschiedlichen Eilanden Siedlungen, Dörfer und einzelnen Monumente. Ruhm und ein reicher Goldschatz sind die Folge und helfen dabei, das Siedlungsgebiet Runde für Runde auszudehnen. Doch am Ende siegt nicht zwangsläufig derjenige mit den größten, eroberten Flächen, sondern der Spieler, der die ganz neuen, recht ideenreichen Spielmechanismen des aktuellen Kiesling-Titels am besten beherrscht. Jene nämlich sind der eigentliche Clou an diesem starken Neuling und Vorzeigetitel des |Hans im Glück|-Verlags!

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan mit Drehrad
• 8 Spielersteine
• 1 Startspielerfigur
• 4 Festland-Winkel
• 45 Goldstücke
• 1 Stoffsack
• 78 Figuren, je 13 in sechs Farben
• 76 Plättchen
• 25 Sonderplättchen
• 4 Wertungstafeln
• 1 Regelheft
• 1 Beiblatt mit Regeln für Fortgeschrittene

Beim Spielmaterial haben der Autor respektive der Verlag sich einiges einfallen lassen. In der Mitte des Spielplans haftet nämlich ein Drehrad, welches im Spiel die Preislage für einzelne Inselteile und zu verschiffende Bürger bestimmt und letztendlich einen hervorragenden strategischen Mechanismus einführt. Aber auch die zunächst unspektakulären Winkel sind bezogen auf das Spielsystem im weitesten Sinne fortschrittlich und bieten dem Spieler während der Partie eine ganze Reihe ungeahnter Möglichkeiten. Des Weiteren setzt man erneut auf massive Holzfiguren und hat diesbezüglich auch an der Optik gefeilt. Die behörnten Personensteine jedenfalls machen visuell einiges her und sind ganz individuell auf dieses Spiel zugeschnitten.

Lediglich die Grafik ist ein wenig zu bemängeln; Kiesling setzt auf recht spartanische Illustrationen und relativ simple Kost. Die Skizzen auf dem Spielplan passen sich dem Thema zwar noch an, doch irgendwie trägt die zeichnerische Aufarbeitung nicht ganz zu einer dichten Spielatmosphäre bei. Hier wäre eventuell mehr herauszuholen gewesen!

Insgesamt ist das materielle Resümee jedoch positiv, vornehmlich wegen der neuartigen Strukturen und der dadurch initiierten Mechanismen.

_Der Spielplan_

Das Spielfeld gliedert sich allgemein in den Winkel des Spielers, auf dem er seine Inseln vom Festland aus erweitert, und das Brett mit dem Drehrad, auf dem sich das aktive Spielgeschehen abspielt. Letzteres ist noch einmal unterteilt in Ablagestapel für die regulären Plättchen sowie Felder für Sonderplättchen. Außerdem wird es von der Siegpunktleiste umrundet.

Der interessanteste Part des Spiels besteht nun sicherlich in der Manövrierung des Drehrads; in jeder Spielrunde werden angrenzend an dieses Rad Plättchen und Figuren positioniert, die jeweils im Verbund erworben werden können. Man unterscheidet dabei immer in unterschiedliche Farbgruppen bei den Spielfiguren, die systematisch sortiert und um das Rad nach einem gewissen Schema aufgereiht werden, beginnend mit den Fischern bis hin zu den Bootsmännern. Diese Figuren werden nun einzeln von den Wikingerfürsten angeworben und nach Möglichkeit direkt auf das zugehörige Plättchen in der Region des Winkels angebracht. Jedes Mal, wenn nun die preisgünstigste Figurengruppe ‚ausverkauft‘ ist, bewegt sich das Drehrad im Uhrzeigersinn fort, das heißt, die anderen Figuren werden im Laufe einer Runde immer billiger und können am Ende eventuell sogar umsonst erworben werden.

Der Winkel hingegen misst ein Feld von drei mal sechs Plättchen, welches aber entgegen der Marschrichtung weiter ausgebaut, also beliebig erweitert werden kann. An der Längsseite sind nun Adlige und Handwerker jeglicher Couleur abgebildet, was bedeutet, dass man nur parallel zu ihnen auch gleichfarbige Figuren absetzen kann. Wenn man also im Laufe des Spiels Figuren erwirbt, muss man immer darauf achten, dass man seine Plättchen auch so anbauen kann oder angebaut hat, dass auch Platz für die erworbenen Figuren bleibt. Im Laufe des Spiels legt man nun in jeder Runde ein Plättchen an diesen Winkel an, baut somit seine Inseln aus, vergrößert die Siedlungen und sorgt dafür, dass eine ausgewogene Mischung aller Figuren die Inseln bevölkert. Voraussetzung aber: Alle Inselplättchen müssen miteinander harmonieren, ansonsten stockt der Ausbau und wirft den Stammesfürsten mächtig zurück.

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie erhalten die Spieler einen teilnehmerabhängigen Goldbetrag, einen Winkel, ein Startplättchen sowie eine Übersichtstafel. Des Weiteren werden die beiden Spielersteine der ausgewählten Farbe jeweils auf den eigenen Winkel und die Position 10 auf der Siegpunktleiste gesetzt. Man beginnt also schon mit einer gewissen Punktzahl, die man im Laufe des Spiels aber ständig gegen neues Gold eintauschen kann.

Der Spielplan wird anschließend befestigt und mit Plättchen ausgestattet. Im herkömmlichen Spiel werden lediglich sechs Stapel mit jeweils zwölf Plättchen auf die dafür vorgesehenen Felder gelegt. Fortgeschrittene nutzen zusätzlich die Sonderplättchen und legen pro Runde jeweils vier auf die Sonderfelder. Als Letztes wird der Stoffsack mit allen Figuren gefüllt. Der Startspieler erhält anschließend das Wikingerschiff und legt los.

_Spielablauf_

Die Partie besteht aus insgesamt sechs Durchgängen, die individuell gewertet werden. Nach der ersten, dritten und fünften Runde erfolgt eine kleine Wertung, bei der lediglich die Goldschmiede zum Erfolg kommen, in der zweiten, vierten und sechsten Runde werden hingegen alle Figuren gewertet und entsprechend mit Gold und Siegpunkten belohnt.

Jeder Durchgang setzt sich schließlich aus drei untergeordneten Phasen zusammen, nämlich dem Angebot, dem Erwerb des Angebots und der Wertung. Konkreter sieht dies wie folgt aus:

|a) Angebot|

Der Startspieler nimmt den obersten Plättchenstapel vom ersten Feld und deckt die Plättchen der Reihe nach um das Drehrad aus. Plättchen, auf denen eine Insel abgebildet ist, werden aufsteigend vom Feld mit der 0 ausgelegt, Drachenschiffe hingegen werden absteigend ab der 11 positioniert. Anschließend werden ebenso zwölf Figuren aus dem Stoffbeutel gezogen und nach einem vorgegebenen Muster an jeweils ein Plättchen angelegt. Nun steht das Angebot und zeigt die Preise für die Kombinationen aus Figur und Plättchen, die im folgenden Schritt verkauft werden.

|b) Erwerb des Angebots|

Beginnend mit dem Startspieler dürfen die Spieler nun reihum um die Kombinationen am Drehrad buhlen und diese zu flexiblen Preisen kaufen. Bedingung hierbei ist, dass man niemals beim Feld mit der 0 zugreift, es sei denn, es handelt sich bei der dort stehenden Figur um die letzte ihrer Art im aktuellen Angebot. Sollte dies der Fall sein, wird das Rad nach Erwerb der zugehörigen Kombination bis zur nächsten Figurengruppe vorgeschoben, so dass sich nachhaltig die Preise für alle noch ausliegenden Figuren/Kombinationen verringern. Allerdings sollte man hier immerzu schauen, dass man sich selbst einen Gefallen tut, gleichzeitig aber die Mitspieler nicht in eine allzu vorteilhafte Ausgangssituation bringt.

Sobald man ein Set aus Figur und Plättchen erworben hat, besteht die Möglichkeit, es direkt an seinen Winkel anzulegen. Inselplättchen müssen aber jederzeit passend angelegt werden und dürfen nur an den Winkel bzw. zu einem schon bestehenden Inselplättchen befördert werden. Sollte nun auch noch die Möglichkeit bestehen, die gerade erworbene Figur in der passenden Reihe unterzubringen, also parallel zum Standpunkt auf dem Winkel, darf man dies jetzt tun. Ansonsten wandert die Figur auf das Feld des Bootsmanns, der sie nachher vor jeder großen Wertung auf eigenen Wunsch noch in die entsprechende Region versetzen kann.

Schiffsplättchen indes werden in die oberste Reihe gesetzt und stellen eine Bedrohung für alle darunter befindlichen Figuren und Siedlungen dar. Jedes Schiff ist farblich unterschiedlich markiert und beschreibt somit die eigene Reichweite. Sollte man keinen Kämpfer in dieser Reihe besitzen, sind alle Figuren innerhalb dieser Reichweite bedroht und können in der Wertung nicht berücksichtigt werden. Für jedes Schiff sollte man also definitiv einen Kämpfer haben!

|c) Wertung|

Sobald alle Plättchen und Figuren neben dem Drehrad vergeben sind, kommt es zu einer Wertung. In den kleinen Wertungen werden ausschließlich die vorhandenen Goldschmiede gewertet; jeder von ihnen bringt drei weitere Goldstücke. Die große Wertung indes berücksichtigt alle Figuren und verteilt Siegpunkte für Adlige und Späher, eventuell auch noch für Goldschmiede und Fischer. Darüber hinaus bekommt man den Gegenwert für ein abgewehrtes Schiff in Gold oder Siegpunkten und erhält wiederum drei Dublonen vom Goldschmied.

Nach sechs Runden ist das Spiel vorbei; die letzte große Wertung wird vorgenommen, und ähnlich wie bei den vorherigen großen Wertungen werden nun Figuren auf dem Abstellfeld des Winkels von den Bootsmännern auf die Inseln befördert. Im Gegensatz zu vorher ist dies aber nun verpflichtend, das heißt, man darf keine Figuren, die unterkommen könnten, stehen lassen. Dies ist insofern sinnvoll, als es am Ende noch eine Wertung für die meisten noch vorhandenen Bootsmänner (insgesamt satte zehn Punkte) gibt, die ansonsten nach jedem Transport abgegeben werden müssen. Außerdem wird die größte Insel mit fünf und der Spieler mit den meisten Inseln mit sieben Siegpunkten belohnt. Übrige Goldstücke werden im Kurs fünf zu eins gegen Siegpunkte getauscht. Danach kommt es noch zur Kontrolle der Versorgung durch die Fischer. Jeder von ihnen kann, sich selbst ausgenommen, vier weitere Personen mit Nahrung versorgen. Jede unterversorgte Person kostet einen Siegpunkt; sollte hingegen eine Überversorgung bestehen, bekommt man zwei Zusatzpunkte für jeden potenziell Versorgten, der real nicht existiert.

Wie gehabt werden alle Siegpunkte auf der Leiste festgehalten und miteinander verglichen. Derjenige mit den meisten Siegpunkten führt seinen Wikingerstamm schließlich zum Sieg.

_Die Fortgeschrittenen-Variante_

Eine etwas taktischere Variante offerieren die Zusatzregeln auf dem Beiblatt. Hier werden weitere alternative Spielideen angeboten, so zum Beispiel eine eigenständige Anordnung der Spielfiguren im Angebot sowie die Versteigerung der Startspieler-Figur. Im Gegensatz zum Standardspiel sind zudem die Möglichkeiten des Bootsmanns eingeschränkt. Durfte er zuvor noch eine komplette Farbgruppe oder von jeder Farbe eine Figur fortbewegen, muss nun jeder einzeln verschifft werden. Die größte Bereicherung stellen allerdings die Sonderplättchen dar. Pro Runde werden vier Plättchen offen ausgelegt und erweitern das Angebot. Jedes Mal, wenn nun ein Spieler die teuerste Kombination im Angebot erwirbt, darf er ein Sonderplättchen aus der Auslage an sich nehmen und von den zusätzlichen Möglichkeiten zehren. So gibt es möglicherweise zusätzliche Siegpunkte für verschiedene Gruppen von Handwerkern und Adligen, Unterstützung für den Bootsmann oder neue Bauwerke, die ihr ganzes Umfeld mit Siegpunkten bestücken. Auch ein besserer Wechselkurs des Golds in der Schlusswertung befindet sich im Angebot. Der grundsätzliche Mechanismus ändert sich weiterhin nicht; nach sechs Runden ist ebenfalls Schluss, und auch die Punkte werden nach dem gleichen Schema verteilt.

_Persönlicher Eindruck_

„Wikinger“ ist eines dieser Spiele, welche von der ersten Minute an vollends begeistern und immer wieder dazu animieren, die Schlacht unter den maximal vier Stämmen ein weiteres Mal auszutragen. Der neue Titel von Michael Kiesling bietet ein sehr schönes Spielsystem und sehr individuelle, abwechslungsreiche Aktionsmöglichkeiten, ist aber dennoch recht leicht verständlich und in Sachen Komplexität auf einem eher niedrigen Level anzusiedeln. Bereits der Aufbau ist wohl überlegt und spannend, wobei die Komponente Glück gerade im Standardspiel eine wesentliche Rolle spielt. Je nachdem, welche Position man beim Erwerb der Kombinationen am Drehrad einnimmt, ist man aufgrund ungünstiger Auslagen schon einmal schnell im Nachteil und bekommt eventuell Figuren und Inselteile vor der Nase weggeschnappt, ohne dies in irgendeiner Form beeinflussen zu können. Im Fortgeschrittenen-Spiel wird dies aber wieder durch die Ersteigerungsoption ausgehebelt. Taktik, Planungsvermögen und Intuition sind insgesamt aber die wesentlichen Spielkomponenten und entscheiden schon in den ersten Runden, inwiefern die Besiedlung der Inseln erfolgreich verlaufen wird. Man muss die Auswahl seiner Mitspieler sehr gut im Auge behalten, auch schon einmal einen destruktiven Zug spielen oder übermäßig viel Geld opfern, gleichzeitig aber auch jederzeit dafür sorgen, dass man brauchbare Figuren sammelt. Der unnötige Einsatz des Bootsmannes in den großen Wertungen kann nämlich letztendlich spielentscheidend sein. Jedoch ist unbestritten, dass gerade im Spiel zu viert dem jeweils Letzten im Bunde bei seinem Zug oftmals kaum Optionen bleiben und er ein wenig ins Hintertreffen gerät.

Derartige Defizite gleicht die Profi-Regel jedoch spielerisch aus; die Entscheidungsmöglichkeiten werden noch einmal potenziert, das Spiel in seiner gesamten Ausprägung indes fülliger. Außerdem wird das Glück alleine schon dadurch eingeschränkt, dass man auf jeglichen Verlauf und Aufbau größeren Einfluss hat, hierzu aber auch ein geschicktes Händchen bei der Durchführung riskanter Schritte beweisen muss. Dies wird jedoch dadurch erschwert, dass man irgendwann keinen exakten Überblick mehr über die bereits erzielten bzw. noch möglichen Siegpunkte hat, was letztendlich auch die einzige echte Schwäche von „Wikinger“ ist. Es fehlt ein wenig an Orientierung, so dass die Schlusswertung oftmals ein überraschendes, nicht ganz so genau kalkulierbares Element ist. Es geschieht nicht selten, dass zuvor weniger berücksichtigte Komponenten das Spiel drehen oder entscheiden, so zum Beispiel Anzahl der Inseln oder diverse Sonderplättchen, denen man beim Fokus auf den Aufbau seiner Inseln zunächst nur eine untergeordnete Bedeutung zuspricht. Erst mit ein wenig Übung bekommt man hierfür ein gewisses Gespür, das aber dennoch keine vorausschauende Übersicht gewährleistet. Andererseits scheint eine Eingrenzung der Wertungsaspekte widersinnig, da die Vielschichtigkeit des Spiels summa summarum erst den großen Reiz ausübt – begünstigt durch die mehrfach gelobten Mechanismen, die dem Spiel zugrunde liegen.

Schlussendlich besticht „Wikinger“ vor allem durch Individualität, Abwechslungsreichtum und einen tollen Aufbau, der einen früher oder später zur reizvollen Fortgeschrittenen-Version führen und dort fesseln wird. In diesem Sinne ist es schon höchst merkwürdig, dass der Titel bei der Vergabe der lukrativeren Auszeichnungen selten oben mitmischen durfte. Ein dritter Platz beim Deutschen Spielepreis erscheint in Relation zum anhaltenden Spielspaß ein wenig mager, was aber keinesfalls zu viel über den wahren Inhalt der Schachtel aussagen soll. Dieser ist nämlich bis auf die letzten Endes nahezu unbedeutenden, kleinen Abstriche fantastisch!

|Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten|

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Jackson, Steve / Kovalic, John – Super Munchkin

_Marvel oder Munchkin?_

Nach dem durchschlagenden Erfolg der nimmer endenden „Munchkin“-Reihe schien es nur eine Frage der Zeit, bis auch das allseits beliebte und gerne durch den Kakao gezogene Superhelden-Genre von Steve Jackson sein Fett wegbekommen würde. Pünktlich zur letztjährigen Messe war es schließlich soweit: Eine der unzähligen neuen Editionen des Spiels befasste sich mit denjenigen Helden, die vor allem durch das jüngste Comic-Hoch auch hierzulande wieder ein breiteres Publikum erhalten haben – oder vielmehr mit dem, was sich hier am bestem humoristisch verarbeiten ließ. „Super Munchkin“ versammelt all die zweifelhaften Helden, ihre beispiellos freakigen Kontrahenten und all das, was garantiert noch kein Starzeichner und –autor je zu Gesicht bekommen hat. Vorhang auf für Jacksons spielerisches Äquivalent zu Marvel, DC und Co.!

_Superhelden gleich Ideallösung_

Ja, ja, die Philosophien über das wohl beste, möglicherweise perfekte „Munchkin“-Spiel haben schon so manchen Freak einige hitzige Diskussionen beschert. Regelmodifikationen sind diesbezüglich sicher kein gültiger Maßstab mehr, da prinzipiell kaum mehr einbezogen, jedoch auch nach ca. 20 Publikationen der Rollenspiel-Persiflage auch nur noch von den wenigsten erwünscht. In „Munchkin“ geht es darum, wie themenbezogene Ideen zeichnerisch gestaltet und inhaltlich umgesetzt werden, und daher liegt der Fokus auch bei „Super Munchkin“ einzig und allein darauf, inwiefern sich der Spielautor in diesem Zusammenhang mit witzigen Ideen und umwerfend komischen Illustrationen profilieren darf. Und er darf …

Alleine die vielen zweifelhaften Helden, die der Mann in dieser Edition zum Leben erweckt hat, rechtfertigen schon einen genaueren Blick ins Schachtelinnere, orientieren sie sich doch zumeist an schon bestehenden Figuren und Persönlichkeiten, die wiederum in der zeichnerischen Nachahmung kaum mehr ernst genommen werden können. Institutionen wie der F.I.S.K.U.S und die Schleimschleuder messen sich mit pflanzlichen Mutanten wie Ent-setzlich (köstlich, Tolkien wird sich im Grabe umdrehen) oder Doktor Todeshauch, während der Held der ehemaligen Sowjetunion den Kommunismus mit aller Macht propagiert. Die Hilfsmittel sind hingegen größtenteils dem klassischen Superhelden-Repertoire entnommen. Ein Allzweckgürtel sowie die schießenden Stiefel kennt man nicht zuletzt aus Batmans Schatzkiste, der Strahlenring und die Lizenz zum Verwüsten kennt man ebenfalls aus den einschlägigen Waffenkammern der Bösewichte. Fast noch witziger ist die Wahl der Handlanger ausgefallen. Voila, hier kommt der Affe im gleichen Kostüm, vielleicht sogar die gelungenste Darstellung im ganzen Spiel, die den langsam nervigen Trend bekämpft, dass auf einen Original-Helden gleich ein Dutzend verwandte Nachahmer kommen. Und wenn diese Figuren dann auch noch Vorgeschichten wie ‚In mysteriösen Energien gebadet‘ oder ‚Von radioaktivem Chihuahua gebissen‘ erzählen können, kann im Grunde genommen nichts mehr anbrennen.

Ansonsten orientiert sich der Designer der „Munchkin“-Serie fast ausschließlich am Alltagsgeschehen der weltweit bekannten und populären Multiversen. Außergewöhnliche Waffen werden teilweise sogar eins-zu-eins aufgegriffen, um die Trivialität noch deutlich herauszustellen, und diesbezüglich noch einmal mit den üblichen, bissigen Kartentexten untermalt. Dies schien indes auch erforderlich, da eine zu krasse Abgrenzung letztendlich wahrscheinlich das Thema verfehlt hätte und zudem auch der Witz mitunter auf der Strecke geblieben wäre. In diesem Sinne hat Jackson ergo den richtigen Weg eingeschlagen, ihn mithilfe seines ständigen Sidekicks John Kovalic erneut farbenfroh inszeniert und mit begeisternd ulkigen Beispielen ausgemalt. Eben so, wie wir es von Dr. Munchkin kennen und lieben.

_Persönlicher Eindruck_

Ist „Super Munchkin“ nun also die ultimative Lösung? Nun, zumindest für diejenigen Interessenten, bei denen Superman und Co. tagtäglich gastieren, scheint dies definitiv der Fall zu sein. Dabei muss noch einmal betont werden, dass der Autor dieses Mal nicht ganz so frei agieren konnte und fast schon gezwungen war, populäre Charaktere in seine Spielinterpretation mit aufzunehmen. Schließlich wäre die Würze sicherlich abgeflaut, würde man diverse alte Bekannte in „Super Munchkin“ nicht wiedertreffen. Von einer befriedigenden Lösung dieses ‚Problems‘ zu reden, wäre letztendlich jedoch noch stark untertrieben, da es dem Spielentwickler vorzüglich gelungen ist, den Balanceakt zwischen themenbezogener Persiflage und seiner persönlichen künstlerischen Freiheit angemessen zu meistern. Zudem steigt der Humor bereits nach wenigen Minuten wieder gen Siedepunkt. Originelle Klassen (u. a. Techno), feine Anti-Helden und erneut einfallsreiche Begleiterscheinungen und Hilfsmittel bereichern das Spielprinzip um einen weiteren, herrlichen Kartenschatz und die Reihe um einen neuen erfrischenden Titel. Eine Fortsetzung ist mittlerweile auch schon auf dem Markt, bei der durchgehenden Klasse aber auch mehr als verständlich. „Super Munchkin“ gehört ganz klar zu den besten Beiträgen in der endlosen Kartenspiel-Reihe!

http://www.pegasus.de/

|Siehe ergänzend dazu:|

[„Munchkin“ 3628
[„Munchkin Impossible“ 3644
[„Star Munchkin“ 3827
[„Munchkin beißt!“ 3828
[„Munchkin Cthulhu“ 3884

Becker, Kirsten / Schliemann, Jens-Peter – 3..2..1..meins!

_Frecher Ideenklau_

3..2..1..meins! – na, klingelt’s? Kirsten Becker und Jens-Peter Schliemann haben sich bei der Idee zu ihrem neuen Bluff- und Versteigerungsspiel völlig bewusst am Werbeslogan eines renommierten Internetportals orientiert und auch das Spielprinzip teilweise nach dessen Vorgaben ausgerichtet. Wie die Damen und Herren bei eBay das wohl finden?

Der freche Ideenklau scheint aber auch nur kurzzeitig interessant; das gleichnamige Brettspiel aus dem |Winning Moves|-Verlag verliert nämlich wesentlicher schneller seinen Reiz als die ungebremste Feilscherei im Auktionshaus – und ist mit einem Verbraucherpreis von stolzen 20 € bei eher minderwertigem Material außerdem noch indiskutabel teuer. 3..2..1..meins? Hm, nicht dringend …

_Spielidee_

Ähnlich wie im Internet bieten die Spieler in „3..2..1..meins!“ auf eine ganze Reihe exklusiver Waren und versuchen dabei gezielt, einige Schnäppchen zu machen. Die Waren sind in drei verschiedene Farbkategorien unterteilt und weisen einen unterschiedlichen Zustand und Verwendung auf. Ziel des Spieles ist es nun, als Erster drei Warenkarten einer gleichen Sorte zu erlangen, sei es nun nach Farbe, Zustand oder eben Verwendung sortiert. Allerdings haben alle Spieler nur begrenzte finanzielle Möglichkeiten, so dass man nicht wild an jeder Feilscherei teilnehmen kann. Wer nämlich sein Geld aufbraucht, bevor das Spielziel erreicht ist, scheidet leider vorzeitig aus.

Die Schwierigkeit besteht also darin, intuitiv vorzubeugen, seinen Mitspielern in entscheidenden Spielphasen einen Strich durch die Rechnung zu machen und auch selber dafür zu sorgen, dass man noch genügend Geld übrig behält, um sich mit den benötigten Waren zu versorgen. Und dies will in der Tat gelernt sein!

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 10 rote Blockade-Chips
• 5 Sichtschirme
• 90 Warenkarten
• Je 20 Spielgeldscheine und -münzen zu 50 €, 20 €, 10 €, 5 €, 2 € und 1 €
• 1 Spielregel

Die wirklich lieblos gestalteten Spielmittel sind im Prinzip schon der wesentliche Kritikpunkt an „3..2..1..meins!“. Die völlig billigen Spielgeldscheine sind in ihrer Haltbarkeit schon stark eingeschränkt und im Handling außerdem äußerst unpraktisch. Da nämlich jeder Spieler seine Gebote bei den Auktionen in die Faust nimmt, dauert es nicht lange, bis sich die ersten unfreiwilligen Eselsohren einschleichen. Und ohne diesbezüglich penibel zu sein: Das hemmt doch schon mal gewaltig den Spielspaß.

Aber auch die detailarme grafische Gestaltung des Materials trägt nicht gerade zur allgemeinen Heiterkeit bei. Der Spielplan ist zweckdienlich, aber grundsätzlich nur eine Bestätigung für die unambitionierte Arbeit an den Grundvoraussetzungen des Spiels, und die Warenkarten – nun, kurz gesagt: Wirklich toll ist es nicht, was dieses Spiel optisch zu bieten hat. Und dass sich dies früher oder später auf die Atmosphäre des Spiels niederschlägt, erklärt sich eigentlich schon von selbst.

_Vorbereitung_

Vor jedem Spiel wird der Stapel mit den Warenkarten gut durchgemischt und anschließend auf das Startfeld des Spielfelds gelegt. Dort befinden sich nun drei weitere Felder, in denen die einzelnen Gebotsschritte markiert sind, sowie das Feld ‚meins!‘, auf dem die Versteigerungen ausgetragen werden. Auf die Felder 1 und 3 legt man nun die obersten beiden Karten des Nachziehstapels offen aus und komplettiert somit die Startaufstellung. Als Letztes erhält jeder Spieler einen Sichtschirm, ein Startguthaben von 352 € (jeweils vier Exemplare jeder Geldeinheit) und zwei Blockadechips, die allesamt hinter dem Sichtschirm aufbewahrt werden. Anschließend kann das Spiel beginnen.

_Spielablauf_

In jeder Runde wählt der aktive Spieler nun, ob er eine Karte vom Nachziehstapel zieht und sie auf das nächste freie Feld legt, oder ob er eine der bereits ausliegenden Karten um ein Feld weiter schiebt. Dabei ist zu beachten, dass jede bewegte Karte immer auf das nächste freie Feld wandert; bereits belegte Felder werden also übersprungen, so dass eine Karte von der letzten Position auch womöglich sofort auf das Versteigerungsfeld gesetzt werden darf.

Sollte der aktive Spieler schließlich eine Karte auf jene Position gebracht haben, initiiert er eine Auktion; ansonsten ist auch schon der nächste Spieler an der Reihe.

Während einer Auktion wählt nun jeder Spieler geheim einen bestimmten Betrag, den er gerne einsetzen würde, um den angebotenen Gegenstand zu erwerben. Natürlich darf man in dieser Phase auch bluffen. Ganz egal, für welchen Betrag man sich entscheidet, nimmt man diesen nun geschlossen in die Faust und deckt ihn zeitgleich mit allen Mitspielern auf. Der Spieler mit dem höchsten Gebot gewinnt die Auktion, alle anderen Spieler müssen jedoch die Münze oder den Schein mit dem insgesamt größten Geldwert aus ihrem Gebot als Gebühr abgeben und haben somit möglicherweise einen unplanmäßigen Netto-Verlust.

Es besteht allerdings auch die Option, erst einmal abzuwarten, was die anderen Bieter einzusetzen bereit sind. Hierzu legt man einen Blockadechip in die Faust und verhindert somit eine direkte Versteigerung. Nun kann man beim Aufdecken den Einsatz der Mitspieler anschauen und nun entscheiden, welchen Betrag man selber bietet. Das endgültige Höchstgebot wird nun in einer zweiten Auktionsphase erörtert, in der schließlich das erste und das zweite Gebot aller Spieler addiert werden. Wie gehabt bekommt der Höchstbietende die Warenkarte und legt sie für alle sichtbar vor sich ab.

Das Spiel endet schließlich, sobald ein Spieler in einer der drei Kategorien insgesamt drei zusammengehörige Karten besitzt, also beispielsweise drei gelbe Karten, drei Waren in neuem Zustand oder drei Luxusartikel. Derjenige, dem dies als Erstem gelingt, gewinnt das Spiel.

_Persönlicher Eindruck_

Zugegeben, die ersten Eindrücke waren bereits bescheidener Natur, und die freche Abkupferung des Spieltitels sprach nicht gerade dafür, dass sich hier ein Top-Spiel ansagen würde. De facto ist die grundsätzliche Idee, die hinter „3..2..1..meins!“ steckt, allerdings gar nicht mal so schlecht, es fehlt lediglich eine liebevollere Umsetzung der Inhalte. Dies beginnt natürlich schon mit der biederen Gestaltung des Spielmaterials; dass man auf Spielgeld zurückgreift, ist ja prinzipiell in Ordnung, schließlich soll ja auch ein entsprechend authentischer Realitätsbezug gewahrt werden. In diesem Fall wären aber dennoch einige stabilere Plättchen oder dergleichen angebracht gewesen, um zumindest zu gewährleisten, dass die Scheine und Münzen auch langfristig alle Partien schadlos überstehen. Davon kann man aber bereits nach drei bis vier Runden nicht mehr ausgehen …

Doch auch auf anderen Ebenen wurden gute Chancen bzw. die konsequente Ausarbeitung der Ideen versäumt. Warum nicht mehrere Farben wählen oder die einzelnen Kategorien noch etwas aufstocken? Das Ziel ist einfach zu schnell und zu einfach erreicht, auch samt den finanziellen Begrenzungen, die den Spielern auferlegt werden. Aber auch hier wäre man ja flexibel. Fakt ist jedenfalls, dass zumindest eine weitere Auswahl pro Kategorietyp dem Spiel merklich gut getan hätte, ohne dabei das Tempo herauszunehmen.

Positiv ist hingegen besagte Limitation, letztendlich der Grundstein für ein dennoch überraschend strategisches Spiel. Man muss schon gut haushalten und kann nicht beliebig die Preislage bestimmter Artikel in die Höhe treiben. Jedes fehlgeschlagene Gebot ist nämlich an empfindliche Gebühren geknüpft, die einen gerade beim Einsatz höherer Scheine schmerzlich treffen können. Allerdings greift dieser Mechanismus erst ab mindestens vier aktiven Spielern und stellt sich besonders im Spiel zu zweit als ziemlich kontraproduktiv heraus. Letzteres ist indes sowieso nicht zu empfehlen, weil einfach kein Spielfluss entstehen will. Sobald beide Seiten ein höheres Gebot abgeben müssen und dabei schon in den dreistelligen Bereich gehen, ist die Brisanz des Spiels sofort erloschen. Der Höchstbietende ist nämlich ziemlich gekniffen, weil ihm auf diese Weise schon das Geld aus der Tasche gezogen wurde, hat jedoch situationsabhängig keine andere Wahl, um dem Gegenüber nicht den sofortigen Sieg zu gönnen. Sollte ein Spieler zum Beispiel schon zwei Artikel einer Kategorie besitzen, und es kommt der erforderliche dritte unter den Hammer, kann dieser Spieler nun sein gesamtes Hab und Gut setzen. Gewinnt er nicht, hat er nur verhältnismäßig geringen Schaden. Sein Mitspieler jedoch muss nun mindestens überbieten und verliert anschließend möglicherweise sein gesamtes Geld, so dass der Verlierer der Versteigerung indirekt doch profitiert, weil er ja nun anteilmäßig Gebühren zahlen muss – und fürs nächste Gebot schließlich alle finanziellen Trümpfe in der Hand hält.

Es sind so einige Ungereimtheiten, die auf einige undurchdachte Spielszenarien zurückzuführen sind und den Spielspaß immer wieder ausbremsen. Dabei könnte „3..2..1..meins!“ bei entsprechender Detailverliebtheit durchaus ein reizvolles Spiel sein und für Kurzweil sorgen. In der hier dargebrachten Form jedoch ist die Messeneuheit von Schliemann und Becker hingegen eher durchschnittlich, aufgrund des billigen Spielmaterials ist eigentlich sogar vom Kauf abzuraten. Bei einem Endpreis von unverschämten 20 € sollte sich die Diskussion um Pro und Kontra aber sowieso erledigt haben. Hier stehen Inhalt und Preisvorstellung nämlich in keiner vertretbaren Relation mehr zueinander!

http://www.winning-moves.de

Parzzival, S. H. A. – Blutkriege (TITAN-Sternenabenteuer 30)

_Story_

Während die gesamte Weltbevölkerung die Besatzung der TITAN bei ihrer Rückkehr feiert und sich dankbar für die Rettung vor den Emotionsrebellen zeigt, ist Shalyn Shan weiterhin damit beschäftigt, das Rätsel um ihre Geliebte Monja Anjetta zu lösen. Gemeinsam mit Wernher von Witzleben verfolgt sie eine heiße Spur, die sie bis nach Managua führt, wo sie Zeugin einiger grausamer Reality-Shows wird. Allerdings erweist sich die Fährte der selbsternannten Fledermaus als Trugschluss, da der verbliebene Drilling in einem interaktiven Killerspiel das Zeitliche segnen musste. Von Witzleben gibt jedoch nicht auf und verspricht sich von einem befreundeten Voodoo-Vampir Aufschluss über die jüngsten Ereignisse. Dieser wiederum verfügt über die Fähigkeit, ins Reich der Toten einzutauchen und dort Informationen über Monjas Herkunft zu erhalten. Allerdings ist der Preis unendlich groß …

Unterdessen dauert der kalte Krieg zwischen Michael Moses und der Weltregierung an; die World Police entsendet einen Agenten, um den Leiter des weltweit größten Wirtschaftsimperiums festzunehmen und für seine hinterhältigen Machenschaften zu bestrafen. Doch Moses kennt Mittel und Wege, sich solcher Schergen zu entledigen. Ebenso wie Wernher von Witzleben, dessen Verhalten im Beisein Shalyns immer kurioser wird. Doch scheinbar ist die Fledermaus auf endlich auf der richtigen Spur.

_Persönlicher Eindruck_

Nach einem vierteiligen Interludium wendet sich in den TITAN-Sternenabenteuern wieder das Blatt zugunsten der Suuranerin Shalyn Shan und ihrer Suche nach den Drahtziehern der jüngsten Anschläge sowie der Identität ihrer neuen Lebensgefährtin. Stammautor S. H. A. Parzzival nimmt den Faden aus „Krakentanz“ gekonnt auf und präsentiert in „Blutkriege“ seine bislang beste Arbeit innerhalb dieser Serie, festzumachen an einer temporeichen Handlung und einigen irrwitzigen Wendungen. Der Schritt zurück in die klassische Science-Fiction scheint also seine ersten Früchte zu tragen …

Die neue Geschichte beginnt schon äußerst brisant: Wernher von Witzleben, das Kuriosum schlechthin, bedroht den Sicherheitschef der CRC, Thomas Chaivelli, mit einer Waffe und zählt bereits dessen letzte Sekunden. Ohne lange Einleitung wird der Leser sofort vor den Kopf gestoßen, da eine derartige Konfrontation aus der bisherigen Vorgeschichte sicherlich nicht abzuleiten war. Was es indes damit auf sich hat, erfährt man anschließend in einem ausführlichen Rückblick auf den vorangegangenen Tag, dem vielleicht merkwürdigsten im Leben der Protagonistin Shalyn Shan. Zurück auf der Erde, erfährt sie von menschlichen Gräueln, mörderischem Live-Entertainment und der Existenz einer anderen Ebene des Daseins, in der einige Auserwählte mit den Toten kommunizieren können. Als wäre dies nicht genug, muss sich die verwirrte Dame mit einem völlig ausgeflippten Kollegen herumschlagen, der einerseits als rücksichtsloser Killer agiert, andererseits aber auch des Öfteren in die Rolle des ungeschickten Liebhabers schlüpft. Dementsprechend mangelt es der Story an keiner Stelle an Humor; die grundlegende Erzählung ist allgemein schon ziemlich verrückt und wagemutig, doch einzelne Passagen sprengen diesbezüglich noch einmal den Rahmen, so zum Beispiel, als Wernher von Witzleben plötzlich unbekleidet in Shalyns Schlafkabine steht und mit seinen ‚Reizen‘ prahlt. Ohne Worte, dank der außergewöhnlichen Beschreibung der individuellen Szenen aber jederzeit für ein anhaltendes Schmunzeln gut.

Davon abgesehen hat es sich Parrzival mehr denn je zur Aufgabe gemacht, aktuelle politische Ereignisse in die Handlung aufzunehmen; die Kleinkriege zwischen Wirtschaftsunternehmen und Regierung sind zwar in diesem Sinne nicht außergewöhnlich, jedoch in der stringenten Erzählform durchaus authentisch dargebracht. Gleiches lässt sich für so manch kruden Fakt sagen, der hier mit unterschwelligen Sticheleien abgearbeitet wird, so zum Beispiel der extreme Querschläger in Richtung Reality-Shows, der in der überzogenen Form erst seine wahre Wirkung zeigt. Nicht schlecht gemacht!

Allgemein darf man für das 30. Sternenabenteuer der TITAN-Crew festhalten, dass der altgediente Plot nach einer ungefähr einjährigen Pause noch einmal so richtig aufgefrischt wurde und man dank des Verzichts auf die peinlichen Social-Fiction-Inhalte auch im Strang um Shalyn, Monja und Co. endlich wieder dort angelangt ist, von wo man mit dem Beginn der neuen Serie langsam aber sicher Abschied feierte. „Blutkriege“ ist ein durchweg spannender Science-Fiction-Roman und weckt großer Hoffnungen, dass die mit dem 32. Band abgeschlossene Serie doch noch alte Qualitätsstandards erreicht. Im Frühjahr 2008 wissen wir mehr …

http://www.blitz-verlag.de

Solomon, Eric – Black Box +

_Eine Brettspiel-Koryphäe kehrt zurück_

Eric Solomon gilt als einer der besten Underground-Spieldesigner der vergangenen Dekaden und hat im Laufe der Jahre einige Titel etablieren können, die auch hierzulande auf reichlich Beachtung stießen. Unter anderem geht auch das zuletzt noch unter dem Titel „Casablanca“ via |Amigo| aufgelegte „Sigma File“ auf die Rechnung des englischen Physikers und Mathematikers. Aber auch beim |Franjos|-Verlag erschienen in den letzten Jahren einige Spiele, die seiner Autorenfeder entstammen, so zum Beispiel „Entropy“ (heute als „Hyle 7“ bekannt) und „Billabong“.

Sein Meisterstück lieferte Solomon indes 1977 mit der „Black Box“ ab, einem Logiktrainer der ganz besonderen Art, der jedoch in den letzten Jahren im Zuge des starken Kommerzialisierung des Spielemarktes kaum mehr thematisiert wurde. Zum 30-jährigen Jubiläum hat sich der |Franjos|-Verlag nun dazu entschlossen, das Spiel ein weiteres Mal aufzulegen und es sogar noch um einen weiteren Spielplan zu erweitern. Das Resultat hört auf den Namen „Black Box +“, ist im Grunde genommen lediglich eine grafisch und materiell verbesserte Variante des Spiels, eröffnet aber durch das hexagonale Spielbrett völlig neue Möglichkeiten, die selbst Besitzer des Originals noch einmal an den Tresen locken sollten. Schön, dass man sich hier ein Herz genommen hat!

_Spielidee_

In „Black Box“ treten ein Molekülbauer und ein Forscher im Duell gegeneinander an, um ein atomares Rätsel zu entziffern bzw. dessen Entschlüsselung zu verhindern. Der Molekülbauer hat, so die Vorgeschichte, ein ganz besonderes Molekül entwickelt, welches aus vier unabhängig positionierten Atomen besteht und innerhalb der Black Box skizzenhaft angelegt wurde. Jene Black Box hingegen besteht aus einem acht mal acht Felder großen Quadrat, dessen äußere Felder jeweils mit einer Ziffer versehen wurden, die wiederum die konkrete Position der Atome bestimmen lässt. Die Aufgabe des Forschers ist es nun, das geheime Projekt des Molekülbauers aufzudecken und die Positionen der Atome genau zu bestimmen. Hierzu schießt er imaginäre Strahlen in die Black Box und beobachtet ganz genau, an welcher Stelle sie die Black Box wieder verlassen. Anhand der Absorptionen, Ablenkungen und Reflexionen dieser Strahlen erkennt er schließlich, wo genau die Atome verborgen sind und wie der Gesamtaufbau des Moleküls beschaffen ist. Ziel ist es letztendlich, dies schneller herauszufinden als das Gegenüber, denn in einer Partie des Spiels nehmen beide Spieler jeweils einmal die Rolle des Molekülbauers und des Forschers ein und messen darin ihr logisches und räumliches Denken im direkten Vergleich.

_Spielmaterial_

• 1 beidseitig bedruckter Spielplan
• 6 große Dreiviertelkugeln
• 42 bunte Markierungssteine aus Holz
• 1 Spielblock mit Black-Box-Diagrammen
• 1 Spielanleitung
• 1 Rätselheft mit Black-Box-Aufgaben

Bei den Spielmitteln setzt der Verlag bekanntermaßen auf Qualität, und das soll sich auch bei der Neuauflage von „Black Box“ nicht grundsätzlich ändern. Ganz im Gegenteil: Sowohl die Markierungssteine als auch die Atome sind aus massivem, bemalten Holz und gewähren ein optimales Handling. Der Spielblock indes limitiert das Spiel ein wenig, bietet aber mit ca. 50 Blatt genügend Potenzial für einige verplante Spielabende. Ergo: Lobenswert!

_Spielaufbau_

Der Spielablauf einer Partie „Black Box“ ist relativ simpel und prinzipiell sofort verständlich. Die Spieler einigen sich darauf, wer zunächst welche Rolle übernimmt, und verteilen entsprechend Markierungssteine und Atome an den Forscher sowie den Spielblock an den Molekülbauer. Letzterer zeichnet nun die genauen Positionen der Atome ein und wählt dabei eine beliebige, selbst bestimmte Anordnung. Sobald diese erstellt ist, darf der Forscher nun mit seiner Analyse beginnen. Hierzu nennt er eines der 32 nummerierten Randfelder des Spielplans und schießt dort beginnend einen imaginären Strahl durch die Black Box. Trifft dieser nun direkt auf ein Atom, wird er absorbiert, kommt er hingegen in den Einflusskreis eines Atoms, wird er rechtwinklig abgelenkt. Es kann dabei auch geschehen, dass ein Strahl mehrfach abgelenkt wird, je nachdem, wie viele Atome er auf seinem Weg antrifft. Eine weitere Möglichkeit ist die Reflexion, die genau dann stattfindet, wenn ein Strahl an zwei Atomen gleichzeitig abgelenkt wird. Trifft ein Strahl auf kein Atom, schießt er geradewegs durch die Black Box und gibt dem Forscher keine Informationen über die Position irgendeines Atoms – außer eben, dass in der betreffenden Reihe und rechts und links davon keines zu finden ist.

Der Molekülbauer teilt dem Forscher nun mit, an welcher Stelle der Strahl wieder austritt bzw. ob er absorbiert wurde. Nun nimmt der Forscher seine Markierungssteine und dokumentiert somit die Ein- und Austrittsstelle des Strahls. Sollten sich diese nicht gleichen, nimmt er zwei gleichfarbige Steine und hält das Resultat fest. Eine Absorption wird mit einem schwarzen, eine Reflexion, also ein Austritt an gleicher Stelle, mit einem weißen Stein markiert.

Dieses Procedere wird nun so lange wiederholt, bis der Forscher sich sicher ist, die genaue Position der Atome zu kennen. Er darf währenddessen die Atomsteine beliebig auf dem Spielfeld versetzen, um sich selber eine optische Hilfestellung zu geben. Glaubt er, die Lösung gefunden zu haben, nennt er sein Ergebnis und vergleicht es mit der Skizze des Molekülbauers auf dem Block. Nun wird gewertet. Jeder Markierungsstein, der eingesetzt wurde, bringt dem Molekülbauer einen Punkt, jedes falsch geratene Atom fünf weitere.

Der Molekülbauer notiert das Resultat und wechselt nun mit dem Forscher-Spieler die Rolle. Das Spiel läuft anschließend nach demselben Muster weiter, bis auch der zweite Forscher die Lösung parat hat. Die Punkte werden als Letztes miteinander verglichen; derjenige mit dem besten Ergebnis gewinnt natürlich.

_Das hexagonale Spiel_

Sobald man die ‚einfache‘ Black Box sicher beherrscht, geht es an die Fortgeschrittenen-Version, die zunächst wie ein Extrem-Puzzle für die totalen Freaks anmutet. Die Ablenkungswinkel wollen erst einmal beherrscht werden, da sie im Sechseck eben nicht ganz so linear verlaufen wie noch im vergleichsweise leicht zu überschauenden Quadrat. Doch auch durch die wachsende Zahl der Felder wird das Ganze noch einmal um ein großes Stück komplizierter und verschachtelter, so dass es definitiv einer längeren Eingewöhnungsarbeit bedarf, bis sich der Überblick in das neue Szenario gefestigt hat. Außerdem spielt man nun wahlweise mit fünf oder – Denksportler aufgepasst – sechs Atomen, was die Sache nicht weniger verzwickt macht. Allerdings ist der Lohn, sprich der Spielspaß, Entschädigung genug für so manch zermartertes Gehirn …

_Persönliches Fazit_

Die neue Variante der „Black Box“ dokumentiert richtig schön, dass sich in den Grundfesten des klassischen Strategiespiels innerhalb der letzten Jahrzehnte elementar nichts verändert hat. Das Spiel ist absolut zeitlos und fesselt regelrecht, gerade im neu hinzugekommenen Hexagonal-Bereich, der nun wirklich für jeden Tüftler das Nonplusultra darstellen sollte. Das Spiel mit sechs Atomen scheint manchmal sogar kaum lösbar, da die Strahlen teilweise drei- oder sogar vierfach abgelenkt werden und man irgendwann gar nicht mehr weiß, wie welche Konstruktion denn nun möglich ist. Das Gefühl der Resignation ist aber dennoch eine große Unbekannte, da man einfach um jeden Preis wissen will, was sich der gegnerische Molekülbauer ausgedacht hat, und man sich schlichtweg nicht aufs Glatteis führen lassen möchte. Der Spielreiz ist letzten Endes sogar so groß, dass man sich immer wieder bei der Wiederholungstat ertappt, die ja bei der konsumentenfreundlichen Kurzspielzeit von ungefähr zehn bis zwanzig Minuten pro Partie auch mehrfach möglich ist.

Aufgrund der erweiterten, nunmehr fast schon vollkommen unbegrenzten Möglichkeiten avanciert „Black Box +“ schließlich zum echten Dauerbrenner, so dass der Spielblock bereits nach einigen Wochen aufgebraucht sein sollte. Es empfiehlt sich also, rechtzeitig für Nachschub zu sorgen, da man einfach nicht von der kniffligen Tüftelei ablassen kann. Aus diesem Grund ist das Resümee auch sehr eindeutig. |Franjos| hat einem bereits existenten Spielklassiker durch eine effiziente Frischzellenkur neues Leben eingehaucht und das Spiel gerade durch das zusätzliche Spielfeld noch einmal enorm verbessert. Dieser Eindruck wird zusätzlich durch die tolle Bonus-Beilage bestärkt, einen Rätsel-Block im „Black Box“-Format, mithilfe dessen man auch solo mit dem System zu arbeiten lernt. Wer Denksport-Klassiker wie „Mastermind“ liebt und auch das Spielprinzip von „Schiffe versenken“ mag, für den wird die „Black Box +“ in jeglicher Hinsicht erfüllend sein. So einfach und doch so kompliziert kann sich dauerhafter Spielspaß gleichsam definieren!

http://www.franjos.de/

Everaert, Vincent – Exxit

_Black & White_

Mit „Exxit“ hat der französische Designer-Spielverlag |Jactalea| jüngst das erfolgreiche Konzept simpler, klassischer Zweimannspiele erfolgreich fortgesetzt und das edle Programm um ein weiteres Highlight angereichert. Autor Vincent Everaert entführt seine Interessenten in die Welt der Gegensätze, festgehalten in den beiden Spielfarben, die in „Exxit“ ins Duell treten. Materie gegen Anti-Materie, Gut gegen Böse, Ordnung gegen Chaos, Kälte gegen Wärme – man kann sicher viele Bezeichnungen für die scharfen Kontraste finden, die hier gegeneinander antreten; hier wird der Kampf indes Schwarz gegen Weiß ausgetragen, dies auf variablen, zweiseitigen Sechsecken, in deren Besitz die Spieler während einer Partie „Exxit“ gelangen müssen. Doch dies ist, so zeigt der Spielverlauf, selbst bei wachsender Erfahrung ein schwieriges Unterfangen und somit auch eine echte Herausforderung.

_Das Spielmaterial_

Der unscheinbare, schlicht aufgemachte Karton im größeren Taschenbuchformat beinhaltet neben einem tollen Ledereinband mehrere Bögen mit doppelseitig bedruckten Hexagonalen, insgesamt 39 an der Zahl. Des Weiteren sind jeweils acht weiße und schwarze runde Spielplättchen enthalten, die das aktive Spielmaterial der Partie darstellen.

Der Clou des Ganzen ist, dass alle Spielmittel aus Schaumstoff sind und gerade im Handling ein sehr angenehmes Feeling vermitteln. Zwar ist deshalb auch Obacht geboten, da vor allem die weißen Seiten der einzelnen Steine recht schnell verschmutzen, jedoch überwiegt letztendlich der positive Eindruck der innovativen Gestaltung. Fraglich ist nur, inwiefern dazu die Ledermatte erforderlich ist, da sie nach dem ersten Ausstanzen der Plättchen keinen adäquaten Aufbewahrungsbehälter mehr darstellt. Diesbezüglich wurde wohl eine Kleinigkeit nicht bedacht, andernfalls wäre das äußere Erscheinungsbild sicherlich noch ein ganzes Stück edler gewesen.

_Der Wettstreit_

In „Exxit“ geht es darum, möglichst viele Hexagonale in seiner Spielfarbe aufzudecken und diese nach Möglichkeit zusammenhängend nebeneinander zu platzieren. In der Endabrechnung gibt es nämlich zwei Punkte für jeden Spielstein des größten zusammengehörigen Sechseck-Feldes, für die übrigen Sechsecke in der eigenen Spielfarbe aber immerhin auch noch einen Punkt. Dies bedeute gleichzeitig, dass nicht zwangsläufig derjenige gewonnen hat, der die meisten Hexagonale aufgedeckt hat.

Zu Beginn des Spiels werden vier Sechsecke gegenüberliegend ausgelegt und bildend das Startfeld. Jeder Spieler erhält in seiner Farbe seine Spielplättchen, wobei Weiß immer den ersten Zug hat. Der Spielaufbau gliedert sich nun wie folgt: Zunächst legt der erste Spieler einen Spielstein auf ein beliebiges Feld. Nun tut es ihm der zweite Spieler gleich. Anschließend verfährt man nach den üblichen vier Schritten des Spiels:

1.) Sofern man nicht imstande ist, einen Sprung über ein anderes Plättchen zu vollführen, legt man erneut einen Stein auf ein freies Sechseck.

2.) Wer indes über ein anderes Plättchen springen kann, ist verpflichtet, diese Aktion auch durchzuführen. Springen kann man, sobald ein Plättchenstapel (im späteren Verlauf liegen oft mehrere Plättchen gleicher und unterschiedlicher Farben aufeinander) mit einem eigenen Plättchen zuoberst in Reichweite zu einem höchstens gleich hohen Stapel mit einem gegnerischen Plättchen an oberster Stelle platziert ist. Dies hört sich komplizierter an, als es letztendlich ist. Eine weitere Bedingung ist, dass der ‚feindliche‘ Stapel auf einer geraden Linie zum eigenen Stapel liegt und vor allem durch einen Sprung erreicht werden kann.

Der Sprung sieht nun folgendermaßen aus: Das oberste (also das eigene) Plättchen wird auf das Nachbarfeld gesetzt, das nächste Plättchen genau ein Feld weiter, etc. Wichtig ist, dass der letzte Stein zumindest auf den anvisierten Stapel des Gegners oder sogar weiter bewegt werden kann. Eine genauere Übersicht über diese Aktion findet sich in den englischen [Spielregeln,]http://www.jactalea.com/rules/exxit__uk.pdf die leider ein wenig kompliziert aufgebaut sind und das Verständnis erst über das Spiel selbst vermitteln. Doch wie gesagt, letztendlich ist der Ablauf des Springens ganz leicht, allerdings mit zunehmender Spieldauer eine strategische Herausforderung sondergleichen.

3.) Sobald man mit einem Sprung irgendein Plättchen über die Begrenzung des Spielfelds hinausbugsiert hat, wird dieses Plättchen in die daran anschließende Lücke gelegt. Sollten in dieser Lücke schon zwei weitere Sechsecken angrenzen, darf man nun seinen Spielstein durch ein Sechseck ergänzen und es auf seine Farbe drehen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass bereits mehrere Plättchen dort ausliegen, bis dato aber noch nicht verbaut werden konnten. Der Spieler, der nun sein Plättchen ‚hinausschießt‘ und dieses folgerichtig auf das schon ausliegende Plättchen legt, kann nun möglicherweise doppelt profitieren und auch noch ein zweites und drittes Sechseck in seiner Farbe hinzufügen. Infolgedessen wächst der Spielplan schließlich immer weiter, bis schließlich das letzte Sechseck ausgelegt wurde.

4.) Für den seltenen Fall, dass nun überhaupt keine Aktion oder Bewegung möglich ist, muss der Spieler passen und übergibt den nächsten Zug wieder an seinen Konkurrenten.

Das Spiel ist sofort zu Ende, wenn alle Hexagonale an das wachsende Spielfeld angelegt wurden. Den Zeitpunkt kann man vorab durch die Festlegung der verwendeten Spielsteine ein wenig eingrenzen. Gerade in den ersten Partien empfiehlt es sich, weniger Sechsecke zu benutzen, damit sich der Spielmechanismus erst einmal manifestiert. 19 oder später 29 Steine scheint in dem Falle eine angebrachte Interimslösung.

Im Anschluss an das Spielende folgt die Wertung nach dem eben benannten Prinzip. Die Steine der größten eigenen ‚Insel‘ werden mit jeweils zwei Punkten gewertet, alle anderen Steine in der eigenen Farbe mit einem Punkt. Die Summen der beiden Farben werden verglichen und somit der Sieger ermittelt.

_Persönlicher Eindruck_

„Exxit“ gehört zu jenen Spielen, bei denen man schon resignieren möchte, bevor man die erste Partie begonnen hat. Leider Gottes ist die Spielanleitung nämlich ein wenig kompliziert aufgebaut und trotz unzähliger Beispiele nicht schlüssig. Dies erscheint insofern seltsam, als der generelle Mechanismus mit wenigen Worten erklärt ist, man sich aber durch die umständlich formulierten Aktionsmöglichkeiten schnell verunsichert fühlt und irgendwann gar nicht mehr begreifen kann, dass das Spiel eigentlich ziemlich rasch erlernt ist.

Letzteres ist aber nicht damit gleichzusetzen, dass es „Exxit“ an Tiefe mangelt. Wie sich nämlich schon nach den ersten Runde herausstellt, hat Vincent Everaert hier einen echten Taktik-Klassiker konzipiert, der besonders mit wachsender Spieldauer bzw. zum Ende einer jeden Partie zu einem raffinierten Schlagabtausch avanciert, in dem jeder einzelne Schritt gut überlegt werden will. Wer hier Parallelen zu Schach zieht, liegt grundsätzlich gar nicht mal so falsch, denn letzten Endes wird man bei „Exxit“ vornehmlich für seine Leichtsinnsfehler bestraft, während man aufgrund der gleichen Startbedingungen eigentlich alle Geschicke selber in der Hand hat – eben ganz so, wie es sich für einen klassischen Zweimann-Wettstreit gehört.

Etwas abschreckend ist indes der hohe Anschaffungspreis; 35 €uro für ein paar Schaumstoffsteinchen und eine letztendlich eher überflüssige Spielmatte sind gelinde gesagt eine Frechheit und abschreckend genug, sich erst gar nicht mit dem Titel zu beschäftigen. Woher die Berechtigung für derlei Forderungen kommt, ist mir dementsprechend auch schleierhaft; man sollte jedoch bedenken, dass potenziell Interessierte sich bei Kenntnisnahme dessen wieder von „Exxit“ abwenden werden – was wiederum schade für dieses richtig tolle, spannungsreiche Spiel wäre. Ergo: Spiel hui, Preis pfui!

http://www.jactalea.com/

Hand, Stephen – Fury of Dracula

_Draculas stilles Comeback_

Wir schreiben das Jahr 1898; acht Jahre sind mittlerweile ins Land gezogen, seit der vampirische Graf Dracula London in sein Reich der Finsternis verwandeln wollte, dabei jedoch letztendlich scheiterte. Dracula wurde vertrieben, manche sprachen sogar vom endgültigen Dahinscheiden des transsilvanischen Fürsten, der einst Europa zu unterjochen versuchte. Nun jedoch kehrt Dracula wieder erstarkt zurück. In „Fury of Dracula“ feiert der mächtige Graf ein triumphales Comeback und ist dieses Mal entschlossener denn je, seine düsteren Pläne durchzusetzen. Acht Jahre lang hat er sich entscheidendes Wissen aneignen und ein Heer aus treuen, blutrünstigen Dienern zusammenstellen können – und in diesen acht Jahren ist in ihm der Gedanke gereift, die gesamte Welt unter die Herrschaft seiner Vampire zu bringen.

Nur eine elitäre Auswahl pflichtbewusster Jäger ist nun noch imstande, den Grafen bei seinem Vorhaben zu stoppen. Jener jedoch reist inkognito über das europäische Festland, treibt sein Unwesen auf See und ist seinen Häschern meist einen Schritt voraus. Werden Lord Godalming, Dr. Seward, Van Helsing und Mina Harker dennoch die Welt vor dem drohenden Unheil retten können? Dies gilt es in diesem fulminanten, opulent aufgearbeiteten Brettspiel von Stephen Hand jedes Mal aufs Neue zu ermitteln.

_Spielidee_

„Fury of Dracula“ knüpft an das klassische Hase-und-Igel-Spiel in einer weitaus komplexeren Form wieder an. Eine stete gleich bleibende Anzahl unterschiedlich beschaffener Jäger verfolgt den Grafen durch ganz Europa und erhält immer nur kurze Hinweise über seinen aktuellen Standort. Ähnlich wie beim legendären Klassiker „Scotland Yard“ gibt der Graf sich nämlich nur selten zu erkennen, dies zumeist, nachdem eine Ereigniskarte gezogen wurde. Das Ziel der Spieler ist es also, Dracula auf der Europakarte immer deutlicher einzukreisen und ihn schließlich im Kampf zu stellen. Allerdings ist ihre Zeit begrenzt, denn schon nach sechs abgeschlossenen Tagen ist Draculas Macht so groß, dass der Lord aller Vampire samt seinen Dienern unbesiegbar geworden ist und somit auch das Spiel gewinnt. Sollte es ihm indes gelingen, einen neuen Vampir zu beschwören oder sogar einen Jäger im Kampf zu vernichten, tickt die Uhr für die Jäger noch schneller.

Einen entscheidenden Vorteil haben die Jäger jedoch. Die einzelnen Spielrunden gliedern sich in die unterschiedlichen Tagesphasen. Dementsprechend muss Dracula auch in der ungeliebten Mittagshitze agieren und bietet dabei die beste Angriffsfläche für eine gezielte Attacke. Sollte es ihnen dabei gelingen, Draculas Blutvorrat im Kampf bis zum Nullwert zu dezimieren, bevor Draculas Siegbedingungen eingetreten sind, gewinnen die vier Jäger.

_Spielmaterial_

• 1 Regelheft
• 1 Spielbrett
• 5 Plastikminiaturen
• 1 Dracula-Charakterbogen
• 1 Dracula-Referenzkarte
• 4 Jäger-Charakterbögen
• 2 weiße Jäger-Würfel
• 1 schwarzer Dracula-Würfel
• 1 roter Bahn-Würfel
• 75 Ereigniskarten
• 70 Dracula-Ortskarten
• 40 Ausrüstungskarten
• 5 Referenzkarten
• 12 Jäger-Taktikkarten
• 8 Dracula-Taktikkarten
• 5 Lakaien-Taktikkarten
• 5 Dracula-Machtkarten
• 45 Begegnungsmarker
• 15 Blutstropfen
• 4 Gesundheits-Marker
• 4 ‚Gebissen‘-Marker
• 3 Gesegnete Hostien-Marker
• 1 Geweihter Boden-Marker
• 3 Fortsetzen-Marker
• 2 Zeit-Marker
• 1 Straßensperre-Marker
• 1 Entschlossenheits-Marker
• 1 Vampir-Marker
• 1 Tag-/Nacht-Marker

Hinsichtlich des Spielmaterials ist „Fury of Dracula“ bewährte |Fantasy Flight|-Kost. Diese nüchterne Betrachtung soll aber keinesfalls die Qualitäten der vielfältigen Spielmittel unterbuttern, sondern prinzipiell nur darstellen, dass auch bei dieser spielerischen Spätadaption des Bram-Stoker-Klassikers keine Kosten und Mühen gescheut wurden, um dem Spiel ein umfassendes Setting zu ermöglichen bzw. die Vielschichtigkeit auch abseits des opulenten Spielaufbaus zu gewährleisten. Aber auch die grafische Aufarbeitung ist absolut klasse und sorgt für eine authentische, beeindruckende Atmosphäre, die den Spieler geradewegs in das viktorianische England zurückversetzt. Sehr gute Arbeit, die man aber von einem erprobten Horror-Tüftler wie Stephen Hand (u. a. [„The Texas Chainsaw Massacre“) 1380 auch in dieser exquisiten Form erwarten durfte.

_Vorbereitung_

Zur Vorbereitung eines |Fantasy Flight|-Games gehört natürlich auch erst einmal die ausführliche Regelstudie, die auch dieses Mal wieder zumindest eine geschlagene Stunde verschlingt, bis alle Details des Spiels aufgesogen wurden. Da die Spielregel aber wirklich auf alle Nuancen des Spiels eingeht und darüber hinaus auch schon bevorstehende Fragen vorab beantwortet, nimmt man diesen gehörigen Zeitaufwand natürlich gerne in Kauf.

Anschließend geht es an die Präparation des Spielfelds bzw. an die Verteilung der Spielmaterialien. Zunächst jedoch müssen sich die beteiligten Spieler darauf einigen, wer die Person des Draculas und wer einen oder mehrere Jäger spielt. Unabhängig von der Spielerzahl sind nämlich jederzeit alle Jäger im Spiel. Nach dieser Aufteilung positioniert man alle Figuren an den entsprechenden Seiten des Spielbretts; dies heißt gleichzeitig, dass die Jäger in einer festgelegten Reihenfolge auftreten, so dass zuerst Lord Godalming, dann Dr. Seward und Van Helsing und als Letztes Mina Harker ihren Zug vollführen. Eine Abweichung dessen sieht die Spielregel nicht vor, was aber – so stellt sich im Spielverlauf heraus – auch sinnig ist.

Der Dracula-Spieler erhält nun eine Dracula-Referenzkarte, seine Spielfigur, einen schwarzen Würfel sowie alle Orts- und Taktikkarten für die Dracula-Figur. Des Weiteren nimmt er seine Machtkarte mit den 15 Blutstropfen an sich und legt die Begegnungsmarker bereit. Fünf Begenungsmarker zieht er nun aus dieser Auswahl heraus, die restlichen legt er als Nachziehstapel verdeckt ab.

Die Jäger erhalten ihre Charakterkarte(n), einen Gesundheitsmarker, um die aktuelle medizinische Beschaffenheit zu markieren, ihre Spielfigur(en) und jeweils einen Satz mit den drei Anfangs-Taktikkarten. Die Ausrüstungs- und Taktikkarten werden nun separat gemischt, wobei sowohl Draculas als auch die Ereigniskarten der Jäger in einen Stapel gemischt werden. Sobald alle Vorkehrungen getroffen sind, beginnt die erste Spielrunde mit Draculas Zug.

_Spielablauf_

Eine Spielrunde besteht aus insgesamt fünf Phasen, die jeweils die Züge der einzelnen Beteiligten dokumentieren. Zuerst führt immer der Vampir-Spieler seinen Zug aus, anschließend schreiten die Jäger in der vorgeschriebenen Reihenfolge zur Tat. Draculas Zug gliedert sich dabei noch einmal in drei aufeinander folgende Etappen:

|a) Zeitkontrollphase|

Zu Beginn von Draculas Zug schiebt er den Tag-/Nacht-Marker auf dem Spielbrett um ein weiteres Feld vorwärts und verrückt somit die Tageszeit gen Abend. Der Tag in „Fury of Dracula“ besteht aus insgesamt sechs Abschnitten, jeweils drei zur Tages- und drei zur Nachtzeit. Nach sechs Runden, also sechs Bewegungen in diesem Bereich, endet ein Tag und ermöglicht Dracula, seinen Machtbereich um einen weiteren Punkt aufzuwerten. Bei insgesamt sechs Punkten ist das Spiel zu Ende und Dracula der Sieger. In diesem Fall steigt aber auch die Entschlossenheit auf der entsprechenden Leiste der Jäger und ermöglicht diesen eine besondere Aktion.

Im Sonderfall, dass der Vampir sich auf hoher See befindet, bleibt die Tageszeit bestehen; es ist also so oder so nicht ratsam, Dracula aufs Wasser zu bewegen, da somit ein Fortschritt in der Zeitkontrollphase nicht möglich ist und zweitens die Seereisen auch an seinem Blutvorrat zehren.

|b) Bewegungsphase|

Dracula bewegt sich geheim über Europas Landkarte und kann hierzu Straßen und Schiffe nutzen. Im Gegensatz zu den Jägern sind die Zugstrecken für ihn tabu, da ihm seine stolze aristokratische Tradition verbietet, die Bahn zu benutzen. Kult! Damit die übrigen Mitspieler nicht sehen, welche Wege Dracula nimmt, wählt er eine seiner Ortskarten und legt diese verdeckt auf die Leiste ‚Draculas Spur‘ auf dem Spielplan. Diese Karte dokumentiert nun Draculas aktuellen Aufenthaltsort. Da für jeden Ort auf dem Spielplan nur eine Karte verfügbar ist, kann Dracula sich nicht beliebig hin und her bewegen. Jedes Mal nämlich, wenn er einen Ort weiter zieht, werden auch die Ortskarten auf der Leiste um ein Feld weiterbewegt, das heißt, sie verbleiben dort zumindest sechs Runden. Innerhalb dieser sechs Runden muss Dracula also auch sechs verschiedene Standorte aufsuchen.

Um sich ein wenig vor den Angriffen der Jäger zu schützen, stattet der Dracula-Spieler alle Ortskarten mit Begegnungsmarkern aus, die individuell ganz verschiedene Folgen für die Jäger haben können. Landet ein Jäger nun auf einem der Orte, der Draculas Spur folgt, muss er sich dieser Begegnung stellen und eventuell auch die Konsequenzen tragen. Die Ortskarten werden nun Runde für Runde weiter nach rechts geschoben, bis sie quasi wieder an der anderen Seite ‚herausfallen‘. Nun sind sie für den Dracula-Spieler wieder verfügbar, es sei denn, er entschließt sich, die Karten in seinen Katakomben zu platzieren. Dort ist Raum für bis zu drei Ortskarten und einen weiteren Begegnungsmarker; sollten die Jäger nun einen dieser Orte betreten, müssen sie sich gleich doppelt warm anziehen, da diese durch die Begegnungen in den Katakomben gleich doppeltes Leid befürchten müssen.

Schädlich ist indes Draculas Bewegung auf See; sobald Dracula in See sticht, kostet ihn das einen Blutstropfen; jeder zweite Schritt auf der Seereise erfordert weiteres Blut; außerdem unterscheiden sich die Ortskarten der See von denen an Land, was dazu führt, dass Draculas Position mitunter leichter zu bestimmen ist. Da auch die Tageszeitanzeige auf See nicht fortschreitet, sollte Dracula diesen Weg nur in äußerster Bedrängnis oder natürlich als Bluff durchführen.

Bei allen Bewegungen kann Dracula auch eine seiner Machtkarten ausspielen, die ebenfalls dazu dienen, die Kontrahenten zu täuschen.

|c) Aktionsphase|

Falls Dracula sich nicht gerade auf See befindet, kann er eine von zwei möglichen Aktionen durchführen; entweder greift er einen oder mehrere Jäger an, die sich im selben Ort wie er befinden, oder aber er platziert auf seinem momentanen Aufenthaltsort eine Begegnung. Des Weiteren kann er eine Begegnung, die auf einer gerade ‚hinausgestoßenen‘ Ortskarte abgelegt war, reifen lassen und eventuell eine damit verbundene Zusatzaktion durchführen. Dann jedoch darf die Karte nicht mehr in die Katakomben gelegt werden.

Nach der aktiven Aktionsphase zieht Dracula wieder neue Begegnungsmarker, bis er wieder fünf in der Hand hält. Nun ist sein Zug beendet.

Nach Draculas Zug sind die Jäger nacheinander an der Reihe. Beginnend mit Lord Godalming verläuft ihr Spielzug in zwei Phasen:

|a) Bewegungsphase|

Ähnlich wie auch Dracula bewegen sich die Spieler um ein Straßen- oder Seefeld auf der Karte fort. Zusätzlich können sie auch die Bahnstrecken Europas nutzen, wobei die Reichweite ihres Zuges mit einem speziellen Würfel ermittelt wird. Es kann dabei passieren, dass eine Fortbewegung verwehrt wird, möglich ist aber auch, dass man gleich mehrere Felder ziehen kann. Prekär dabei: Das Schienennetz in Osteuropa ist schlechter ausgebaut, daher sind dort längere Bewegungen nicht möglich.

|b) Aktionsphase|

Sollte sich am aktuellen Aufenthaltsort des Jägers eine Begegnung befinden, muss er sich dieser stellen. Wenn sogar Dracula selber dort zugegen ist, kommt es zu Kampf. In diesem Fall spielen die Jäger ihre Taktikkarten plus mögliche Ausrüstungsgegenstände aus und messen sich auf diesem Wege mit Dracula. Dies ist besonders am Tage lukrativ, da Dracula hier nur eine begrenzte Zahl seiner Waffen einsetzen kann und dementsprechend leichter verwundbar ist. Jeder Kampf endet, sobald eine Seite geflohen oder vernichtet ist.

Wenn jedoch keine Begegnungen vorhanden sind, dürfen die Spieler wählen, ob sie sich ausruhen, ausrüsten oder Gegenstände miteinander tauschen wollen. Beim Ausruhen zieht der Spieler zwei Ereigniskarten und legt sie ab. Sollte dabei jedoch eine Dracula-Ereigniskarte gezogen werden, geht sie an den Dracula-Spieler, der nun die entsprechende Aktion ausführen darf. Anschließend erhält der gerade aktive Jäger zwei Gesundheitspunkte.

Inwiefern man sich ausrüsten kann, hängt von der Größe des Aufenthaltsortes ab. Dort kann man individuell verschiedene Ausrüstungs- und Ereigniskarten ziehen. Letztere werden immer unterhalb des Nachziehstapels gezogen, damit niemand vorher einsehen kann, ob es sich dabei um eine Jäger- oder doch um eine unerwünschte Dracula-Karte handelt.

Ein Tausch ist besonders dann wichtig, wenn eine Person merklich geschwächt ist und dringend vor dem Tod geschützt werden muss. Allerdings kann man nur tauschen, wenn man sich in der gleichen Stadt wie der Tauschpartner befindet.

Im weiteren Verlauf jagen und hetzen die Häscher nun den Grafen und führen einen harten Wettstreit mit der Zeit. Beide Seiten haben dabei die Möglichkeit der Rekreation, wobei dies natürlich auch alles eine Frage der Zeit ist. Sobald Dracula sich jedoch regeneriert, muss er sich seinen Kontrahenten zeigen, so dass auch diese Option bedenklich sein kann.

Das Spiel endet schließlich, sobald eine Seite die Siegbedingungen erfüllt hat. Die Jäger müssen Dracula aufstöbern und vernichten, der Vampir hingegen muss auf seiner Machtanzeige sechs Punkte erzielen, die er bei jedem verstreichenden Tag sowie in doppelter Ausführung immer dann erhält, wenn ein neuer Vampir gereift ist oder ein Mitspieler getötet wurde. In der Regel handelt es sich hierbei aber um ein echtes Kopf-an-Kopf-Rennen …

_Persönlicher Eindruck_

Wie generell bei allen Titeln aus dem Hause |Fantasy Flight Games| war die Euphorie vor der ersten Partie zu „Fury of Dracula“ kaum mehr zu bremsen, nicht zuletzt wegen der tollen optischen Aufmachung, die das Spiel unzweifelhaft auszeichnet. Stephen Hand hat sich bei der Gestaltung von Spielplan und Kartenmaterial einiges einfallen lassen, um ein durchweg homogenes, darüber hinaus sehr authentisches Erscheinungsbild zu gewährleisten, das schließlich durch das spürbare Horror-Flair auch blitzschnell die Spieler befällt. Die Grundvoraussetzungen sind also, wie gehabt, bestens.

Das Spielsystem steht dem im Grunde genommen in nichts nach, da es zum einen äußerst vielschichtig aufgebaut ist und zum anderen gerade für den Strategie-Tüftler (speziell in der Rolle des Dracula) unheimlich viele Variationen offenhält. Zwar wird es zum Beispiel dem Gejagten kaum gelingen, sich über die volle Spielzeit komplett vor den Jägern zu verstecken und sie mehrfach in die Irre zu führen, doch dank der verschiedenen Spezialaktionen und Täuschungsmanöver ist für ein durchweg spannendes, individuell stets andersartiges Spiel gesorgt. Dabei lässt sich natürlich nicht leugnen, dass der Spieldesigner wesentliche Elemente von „Scotland Yard“ aufgreift, diese jedoch mitsamt der komplexeren Zusatzmechanismen noch einmal gehörig verschärft. In diesem Zusammenhang gefällte Zitate wie „Scotland Yard für Fortgeschrittene“ sind dementsprechend nicht aus der Luft gegriffen, andererseits aber auch ein gewisses Qualitätssiegel, welches sicherlich den einen oder anderen Interessenten früher oder später zu „Fury of Dracula“ führen wird. Die eben erwähnte Vielschichtigkeit bedingt aber nicht sogleich auch eine übergeordnete Komplexität, soll heißen, dass das Spielprinzip eigentlich leicht verständlich ist, durch die unzähligen Handlungsstrategien aber zu keiner Zeit einen vorab transparenten Spielverlauf verheißt. So zum Beispiel ist ein entscheidender Punkt, inwiefern die Jäger auch tatsächlich zusammenarbeiten bzw. wie viel Risikofreude das verfolgende Team aufbringt, was andererseits wiederum bedeutet, dass der Ablauf einer jeden Partie komplett anders sein kann, obwohl man grundsätzlich gleiche Taktiken verfolgt.

Eine Einschränkung besteht lediglich für das 2-Spieler-Duell, das zwar prinzipiell möglich ist, in Sachen Spielreiz aber sicherlich nicht so überzeugend ist wie die ausgedehnte Variante im vollständig ausgeschöpften Spielerkreis. Wer also in den wahren Genuss dieses überraschend kommunikativen Spiels kommen möchte, der sollte diesbezüglich die entsprechenden Vorkehrungen treffen und den Tisch füllen.

Dies wäre jedoch auch schon der einzige, eigentlich schon fast wieder unwichtige Kritikpunkt eines rundum gelungenen, visuell sogar genialen Strategiespiels, dessen Langzeitpotenzial sich durchaus mit der Konkurrenz des eigenen Verlags messen kann, und das sich folgerichtig auch sehr schön in die Liste der fantastischen deutschsprachigen Adaptionen des |Heidelberger Spieleverlags| einreiht. Beide Daumen hoch für diese erstklassige Umsetzung!

[www.hds-fantasy.de]http://www.hds-fantasy.de
[www.heidelberger-spieleverlag.de]http://www.heidelberger-spieleverlag.de
[www.fantasyflightgames.com]http://www.fantasyflightgames.com/edge__minisite.asp?eidm=40&enmi=Fury%20Of%20Dracula

Way, Daniel / Saltares, Javier – Ghost Rider 2 – Die Legende von Sleepy Hollow

_Story_

In einem verschlafenen Örtchen in der Nähe Chicagos versetzt ein wahnsinniger Mörder die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Ein junger Knabe namens Cameron wurde unter anderem beim Versuch, seine neue Liebe zu vergewaltigen, von dessen unbarmherzigem Feuer heimgesucht, und auch einige weitere Leichen gehen auf das Konto des Unbekannten. Der Sheriff ist sich indes sicher, die Identität des Täters aufgedeckt zu haben, als ein verwahrloster Gammler in der direkten Umgebung entdeckt wird. Jener gibt sich als Johnny Blaze aus und beweist ihm auf allzu schmerzliche Weise, dass er mit den Morden nichts zu tun hat. Allerdings ist der Ghost Rider kompromissbereit und stellt sich mit dem Gesetzeshüter gegen die neue maskierte Bedrohung in Sleepy Hollow.

_Persönlicher Eindruck_

Nach dem eher durchwachsenen [Auftakt 3724 der neuen „Ghost Rider“-Serie geloben Daniel Way und Javier Saltares im zweiten Band der Marvel-Horror-Reihe nun deutliche Besserung. Zwar basiert ihr feuriger Tie-in zum Crossover-Epos „Civil War“ auf einer allzu bekannten cineastischen Vorlage, bewegt sich darin jedoch sehr frei und spannungsgeladen, so dass der etwaige Vergleich letztendlich fast nur noch im Titel eine vollständige Berechtigung findet. Ansonsten ist der Aufhänger „Sleepy Hollow“ lediglich ein geringfügiger, letztendlich aber kaum mehr relevanter Orientierungspunkt für das Publikum des Ghost Rider.

Die Story indes ist als Verknüpfung zu besagtem Mega-Event angedacht, erstellt diesbezüglich jedoch keine echte Verbindungslinie, so dass sie schließlich doch als unabhängiges Element agieren muss. Johnny Blaze muss sich erneut seinem schärfsten Widersacher Luzifer stellen und ihn in einem diabolischen Kleinkrieg aus Sleepy Hollow vertreiben. Außerdem beteiligt er sich währenddessen daran, den Urheber einer Mordserie dingfest zu machen, der jedoch unter derselben feurigen Kürbismaske steckt wie der aufs Neue personifizierte Höllenfürst.

Die Story schreitet schließlich zügig voran und setzt vorrangig auf die äußerst lebendige Action, die von den beiden kontrahierenden Flammenköpfen getragen wird. Gleich mehrfach kommt es zu gravierenden Auseinandersetzungen zwischen den beiden Ausgeburten der Hölle, verstärkt durch den Rachefeldzug des Sheriffs, der einzig und alleine danach sinnt, Vergeltung für seinen verstorbenen Sohn Cameron zu üben. Dies alles verläuft weitestgehend stringent und bestimmt, hat jedoch den Nachteil, dass die Geschichte kaum Überraschungspunkte offenbart und alles in allem doch recht durchschaubar bleibt. Auch der groß erwähnte Zusammenhang zum „Civil War“ ist abgesehen von einigen wenigen Szenen äußerst dürftig, prinzipiell aber kaum präsent, was insofern absurd ist, als die Geschichte auch ohne Namedropping und dergleichen ganz gut funktioniert und derartig werbeträchtige Darstellungen insgesamt eher unnötig sind.

Damit wären die Kritikpunkte des zweiten Bandes der neuen Saga aber auch schon auf den Punkt gebracht und im Vergleich zur schwachen Auftaktstory schon merklich reduziert. Der Verfechter der innovativen Komponenten mag zwar noch bemängeln, dass sich Way und Saltares bisweilen zu sehr auf bewährten Klischees ausruhen und dem Image des Ghost Rider keinen erfrischenden Stempel aufdrücken, allerdings muss man dies vor dem Hintergrund wiederum relativieren, dass die beiden Autoren diesbezüglich definitiv in erster Linie die Erwartungen der konservativeren Leserschaft berücksichtigen, die elementare Veränderungen im Bezug auf ihre Heldenfigur nicht sofort akzeptieren würde.

Schlussendlich darf man also bis auf weiteres mit der Umsetzung von „Die Legende von Sleepy Hollow“ zufrieden sein, da ein Großteil der vorherigen Schwächen schon ausgemerzt und die Story darüber hinaus tatsächlich spannend und abwechslungsreich gestaltet wurde. Sollte sich dieser Aufwärtstrend in den nächsten Ausgaben weiterhin bestätigen – und das wollen wir ja wohl hoffen –, sollte der „Ghost Rider“ sich schon bald wieder dort einpendeln, wo er eigentlich hingehört, nämlich an die Spitze eines kompletten Genres. Für den Anfang ist „Die Legende von Sleepy Hollow“ ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung und sicherlich mehr, als man zuletzt noch erhoffen durfte.

http://www.paninicomics.de/ghost-rider-s10473.html

Kelly, Joe / Sable, Marc – Supergirl – Enthüllungen (100% DC Bd.10)

_Story_

Supergirl sucht vehement ihren Platz im Superhelden-Kosmos der Erde, findet jedoch aufgrund ihrer Vergangenheit keinen echten Anschluss. Bei den Outsiders wird sie lediglich geduldet, vollführt an ihrer Seite jedoch einen schwierigen Einsatz, der auch das Interesse Powerboys weckt, der sich sofort in die junge Superheldin verliebt und ihr auf Schritt und Tritt folgt. Tatsächlich gewinnt der verwegene Schönling ihr Herz und schenkt Supergirl die lange Zeit vermisste Geborgenheit. Als ihr alter Gefährte Boomer jedoch in Schwierigkeiten gerät und ihrer Hilfe bedarf, zeigt Powerboy sein wahres Gesicht und seine kranke Identität.

Derweil wird Kara Zor-El ständig von Visionen ihrer Vergangenheit auf Krypton geplagt. Ihr Vater fordert nach wie vor von ihr, Superman zu töten, weil dieser für die damaligen Eingriffe aus der Phantomzone des Planeten verantwortlich scheint. Supergirl ist hin- und hergerissen zwischen Pflichtgefühl und Emotionen, steht jedoch unter dem Druck, alsbald eine endgültige Entscheidung zu treffen – bevor diese ihr von anderer Seite abgenommen wird …

_Persönlicher Eindruck_

Bereits zum dritten Mal beschäftigt sich die Sonderreihe \“100% DC\“ mit der jungen Superheldin aus dem direkten Umfeld Supermans und erzählt dabei kontinuierlich die Geschichte der gleichnamigen US-Serie chronologisch fort. Der zehnte Band dieser Paperback-Reihe enthält dabei jedoch keine lückenlose Zusammenstellung, sondern die Hefte 11 und 13 bis 17, was ein wenig seltsam anmutet, da dieser Sprung zwischen den Kapiteln zu Beginn der Story auch tatsächlich einige Verständnis- und Orientierungsprobleme hervorruft.

Davon abgesehen ist \“Enthüllungen\“ auch inhaltlich keine durchweg überzeugende Geschichte, wobei gerade die etwas naiv beschriebenen Liebschaften zwischen Supergirl und Powerboy bisweilen säuerlich aufstoßen. Speziell in den diesbezüglichen Episoden innerhalb dieses Sammelbandes bewegt sich Autor Joe Kelly auf echtem Teenie-Niveau, was zwar der adäquaten Altersklasse der Titelheldin entspricht, sprachlich und auch auf die Handlung bezogen indes aber eher peinlich wirkt. Kein Wunder also, dass die Freude groß ist, sobald Supergirl ihren zwischenzeitlichen Herzbuben wieder abschießt und Platz für die eher spannende Geschichte um ihre persönliche Vergangenheitsbewältigung schafft.

Andererseits sind die Aufarbeitung der Kindheitstragödie sowie ihr momentanes Schicksal unnötig komplex geraten; eine Ausnahmeerscheinung im Vergleich zu der simpel gestrickten Handlung in den ersten Kapiteln des Bandes, die nur schwer in Harmonie zu bringen ist. Jedoch wird erst hier der Nährboden für eine actionreiche, grundlegend tiefe Story ausgelegt, deren wahres Potenzial sich aber wohl erst in der Fortsetzung zeigen wird. Nach einigen durchschnittlichen Momenten zu Beginn und dem beachtlichen Finale auf den letzten Seiten hat der Autor in Verbund mit seinem Sidekick Marc Sable nämlich einen verblüffenden Cliffhanger inszeniert, der zu guter Letzt überraschenderweise doch noch Lust auf mehr macht. Rein inhaltlich war an dergleichen nämlich kurzzeitig gar nicht mehr zu denken.

Unterdessen sind die Charakterzeichnungen konträr zur ermüdenden Anfangshandlung ein echtes Prunkstück, wenngleich sich Kelly ebenfalls recht schwertut, Supergirl eine Art Bad-Girl-Image zu verpassen und sie somit in die Reihe derjenigen DC-Figuren einzuordnen, die ebenfalls keiner klaren Seite zugehören. Ob Kara Zor-El jedoch überhaupt dorthin hineingepresst werden kann, muss die Zukunft zeigen; bislang herrscht in dieser Beziehung noch eine gewisse, undurchdringliche Ambivalenz. Zeichnerisch ist \“Enthüllungen\“ überdies ebenfalls makellos, gerade hinsichtlich des Wechsels zwischen Aktualität und der schweren Vergangenheit auf Krypton, der hier sehr stimmungsvoll eingefangen wurde. Schade, dass die Story hier nicht ganzzeitig mithalten kann.

Die zehnte Edition von \“100% DC\“ ist dementsprechend ein ziemlich zwiespältiges Unterfangen, welches sowohl handlungsbezogen in zwei völlig konträre Ebenen gespalten werden muss als auch im Vergleich zwischen illustrativer und geschriebener Kunst eine klare Zweiteilung erfährt. So ist inhaltlich eine Entwicklung zu spüren, die sich erst mit dem rasanten Schlussspurt in befriedigende Gefilde flüchtet, wohingegen der Kontrast zwischen einfacher, gewöhnlicher Sprache und erstklassigen Zeichnungen diesen qualitativen Sprung noch einmal nachhaltig festhält. In den letzten Szenen eröffnet sich aber dennoch das kaum noch vermutete Potenzial der Erzählung und mündet in eine überzeugende Endsequenz, die unverhofft doch noch die Lust auf eine Fortsetzung weckt. In \“Enthüllungen\“ ist ergo zwar bestimmt nicht alles Gold, was glänzt, aber alles in allem erhält der geneigte Leser und Fan wider erster Erwartungen eine ganz ordentliche Geschichte mit interessanten Wendungen und gut ausgeprägten Charakterzeichnungen – mehr, als man nach den einleitenden Kapiteln erwarten durfte!

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Pauchon, Sébastien – Yspahan

_Und wieder ein neues Y …_

Nach dem durchschlagenden Erfolg sowie den vermehrten Auszeichnungen für den Ystari-Erfolgstitel „Caylus“ stand der französische Kleinverlag auf der letztjährigen Messe gehörig unter Druck. Wahre Geniestreiche wurden erwartet, schließlich stand der Aufstieg in den Strategiespiel-Mainstream unmittelbar bevor. Mit „Yspahan“ legte man schließlich auch genau jenes Schwergewicht nach, das von Publikum und Kritikern gleichermaßen herbeigesehnt wurde, nämlich ein erstklassiger, angehender Klassiker, der ganz in der Tradition seiner Vorgänger „Caylus“ und [„Ys“ 4270 steht. Ergo: Operation gelungen, Patient quicklebendig!

_Hintergrund_

Im Jahre 1598 wuchs Yspahan zur Hauptstadt des persischen Reichs heran. Wirtschaftlich und kulturell erlebte man eine gewaltige Blütezeit und avancierte langsam aber sicher zum Zentrum der hiesigen Welt. Die Dörfer und Städte in der Umgebung wollten davon natürlich auch profitieren und machten sich mit Karawanen voller Edelsteine und angesagter Waren durch die Wüste in Hoffnung auf eine Zukunft in Reichtum und Ruhm. Auch die Spieler des gleichnamigen Brettspiels sind diesbezüglich voller Hoffnung und schlüpfen in die Rolle von Kaufleuten, die mit Yspahan direkten Handel betreiben. Sie bringen ihre Waren in die unterschiedlichsten Läden der vier Stadtviertel, errichten dort Gebäude und komplettieren ihre Basare, um dadurch wichtige Punkte zu ergattern. Jedoch ist Obacht geboten, denn der Aufseher des Schahs wandert durch die Straßen und prüft die Waren und Lizenzen auf Richtigkeit und Originalität – und wer seinen scharfen Augen nicht widerstehen kann, muss wertvolle Gebäude opfern und seinen Basar ruckartig dezimieren.

Über drei Wochen blüht der Handel mit Yspahan, und zum Abschluss jedes einzelnen 7-Tage-Zyklus erfolgt eine Wertung, in der die Spieler ihre bisherigen Resultate präsentieren und Punkte für ihre Bauten erlangen. Wer schließlich nach drei Wertungsrunden die Nase vorn hat, gewinnt das Spiel und darf sich selbst als bester Kaufmann Yspahans krönen.

_Spielmaterial_

• 1 Stadtplan
• 1 Würfel-Tableau
• 1- Karawanen-Tableau
• 4 Spielertafeln
• 100 Steine in vier Farben
• 2 weiße Steine (Tages- und Wochenmarker)
• 1 weiße Aufseher-Figur
• 1 schwarze Startspieler-Figur
• 25 Kamele
• 25 Goldmünzen
• 9 weiße Würfel
• 3 gelbe Würfel
• 18 Karten
• 1 Spielübersicht
• 1 Regelheft

Beim Spielmaterial sticht zuallererst die blendende Optik des Spielplans sowie der Tableaus und Spielübersichten ins Auge. Wieder einmal haben die Brüder Arnaud und Cyril Demaegd hier ihre Fantasie spielen lassen und ein stimmiges, atmosphärisch perfekt auf das Spielthema zugeschnittenes Szenario geschaffen, das außerdem sehr schön mit den bisherigen Ystari-Spielen harmoniert. Eine gewisse Homogenität ist also auch hier maßgebend, wenngleich die hierdurch ermöglichten Mechanismen mal wieder völlig neuartig und innovativ sind.

Davon abgesehen ist die Gestaltung der aktiven Materialien sehr liebevoll, vor allem demonstriert in den feinen hölzernen Kamelen und dem gewohnt tollen Holzmaterial. Stabilität und angenehmes Handling wurden groß geschrieben und legen zusammen mit der sehr guten Übersichtlichkeit den Nährboden für lang anhaltenden Spielspaß aus. Mit anderen Worten: Hier gibt’s wirklich nichts auszusetzen!

_Der Stadtplan und die Tableaus_

Zum besseren Verständnis sollte sich zunächst jeder einmal genauer mit dem Stadtplan und der Funktion der einzelnen Tableaus auseinandersetzen. Auf dem Spielfeld sind die Stadt Yspahan und ihre vier individuellen Stadtviertel abgebildet, wobei jedes Viertel mit einem bestimmten Symbol markiert ist. Abgegrenzt werden diese vier Abschnitte durch eine Straße, die kreuzartig verläuft und noch einmal in einzelne Felder unterteilt ist, die jeweils die Schritte des Aufsehers markieren. Jedes Stadtviertel ist unterschiedlich groß, was damit zusammenhängt, dass manche Gebiete in Yspahan für den Handel lukrativer sind, es jedoch auch schwieriger ist, dort seinen Basar zu errichten.

Um dies zu ermitteln, bemüht man das Würfeltableau, welches jeweils im ersten Zug jeder Runde verwendet wird. Die Spieler würfeln mit neun bis zwölf Würfeln und sortieren anschließend die einzelnen Würfel nach Augensumme. Das heißt, dass beispielsweise alle 3er, alle 5er, etc. zusammengelegt werden. Das Würfeltableau zeigt nun am untersten Rand ein Kamel, am obersten Rand ein Feld für Gold und dazwischen jeweils Flächen mit den Symbolen der einzelnen Stadtviertel. Nach dem Würfeln wird nun der kleinste Zahlenwert nach unten (also zu den Kamelen), der größte nach oben (zum Gold) und anschließend von unten an aufsteigend die übrigen Werten platziert. Dies bedeutet, dass möglicherweise manche Stadtviertel gar nicht abgedeckt werden, wenn zum Beispiel nicht alle Zahlen von eins bis sechs erwürfelt werden.

Das Würfeltableau offiert den Spielern nun verschiedene Möglichkeit; pro Runde bzw. pro Tag darf beginnend mit dem Startspieler jeder einen Satz Würfel von einem dieser sechs Felder wegnehmen und die dort angebotene Aktion ausführen. Entscheidet er sich für eines der Stadtviertel, kann er nun dort abhängig von der Anzahl der dort entnommenen Würfel Gebäude errichten. Außerdem bietet sich die Möglichkeit, eine Karte zu ziehen oder den Aufseher zu verrücken. Auf den Kamel- und Goldfeldern darf man indes so viele Kamele/Gold entnehmen, wie Würfel abgelegt wurden. Damit ist also klar, dass die Wahrscheinlichkeit, lukrative Stadtviertel zu besetzen, verhältnismäßig gering ist, und daher auch die dort zu erzielenden Punkte entsprechend viel höher sind.

Das zweite Tableau zeigt eine Kamel-Karawane mit verschiedenen Waren. Diese Karawane ist genau dann relevant, wenn der Aufseher zugeschlagen und seine Pflicht in einem der Stadtviertel abgeleistet hat. Jedes Mal nämlich, wenn der Aufseher an einer Gebäudegruppe anhält, muss der betroffene Spieler einen seiner Gebäudesteine entfernen, es sei denn, er besitzt ein Kamel und kann dieses stattdessen entrichten. Für diesen Fall wird nun das Kamel abgegeben und ein Gebäudestein auf den Anfang der Karawane gesetzt. Hierfür gibt es individuell auch Siegpunkte. Es ist auch möglich, dass eine Kartenaktion diese Alternative anbietet, was insofern vorteilhaft ist, dass man kein Kamel abgeben muss. Siegpunkte in der Karawane sind besonders wertvoll, da sie auch in jeder Wertung noch einmal abgerechnet und teilweise sogar verdoppelt und verdreifacht werden.

Als Letztes wären da noch die Spielertafeln, auf denen verschiedene Extraaktionen abgebildet sind, die man käuflich durch die Entrichtung von Gold und Kamelen erwerben kann. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, sich mit zusätzlichen Kamelen und Extra-Gold zu versorgen, den Aufseher etwas freizügiger zu verschieben, zusätzliche Karten bei einer Karawanen-Aktion zu nehmen, Bonus-Punkte in den Wertungen abzukassieren oder effizienter beim Ausbau des Basars zu agieren. Alles hat jedoch seinen Preis und ist erst nach und nach möglich. Allerdings sollte man hier nicht geizen, da es ab der dritten gekauften Zusatzaktion weitere Siegpunkte gibt.

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie werden die Tableaus und das Spielbrett auf dem Tisch ausgelegt. Der Aufseher steht an der Mitte der Straßenkreuzung, die Tages- und Wochenmarker werden jeweils auf das Feld mit der 1 gestellt. Würfel, Kamele und Gold werden bereitgelegt, wobei jeder Spieler ein Startkapital von zwei Goldmünzen erhält. Außerdem bekommt jeder die Gebäudesteine und die Spielertafel in der ausgewählten Farbe. Anschließend wird der älteste Spieler zum Startspieler gekürt und darf mit dem ersten Tag beginnen.

_Spielablauf_

Wie bereits angesprochen, verläuft das Spiel über drei Wochen, in denen jener einzelne Tag nach einem vorgegebenen Schema ausgespielt wird.
Zunächst entscheidet der Spieler, mit wie vielen Würfeln er agieren möchte. Neun weiße Basiswürfel werden jedes Mal verwendet; es besteht jedoch die Möglichkeit, sich mit einer Goldmünze einen weiteren gelben Würfel zusätzlich zu beschaffen. Insgesamt stehen hier bis zu drei gelbe Zusatzwürfel zur Verfügung, die auch nur für den Startspieler gelten und nach dessen Aktion aus dem Spiel gehen.

Nun wird gewürfelt bzw. anschließend die einzelnen Werte sortiert auf dem Würfel-Tableau verteilt. Alle Würfel mit dem niedrigsten Wert gehen in das untere Kamel-Feld, die Würfel mit dem höchsten Wert werden auf das Gold-Feld gelegt, die übrigen Werte werden von unten aufsteigend auf die Felder der einzelnen Stadtviertel gelegt.

Jetzt beginnt der aktive Teil des Spiels: Der Startspieler wählt ein Feld auf dem Würfeltableau und führt eine der drei dort aufgeführten Aktionen durch. Man darf entweder den Aufseher verschieben (und zwar um die zahl der Würfelaugen) und so möglicherweise einen Gebäudestein eines oder zweier Gegner entfernen (sofern diese sich nicht mit einem Kamel verteidigen können), eine Karte vom Nachziehstapel ziehen oder aber in dem Stadtviertel, in dem man die Würfel auf dem Tableau entnommen hat, so viele Gebäude errichten, wie Würfel vorhanden sind. Allerdings gibt es hier bestimmte Bauregeln. Die einzelnen Basare sind farblich getrennt, und man muss immer zuerst einen Basar komplett errichten, bevor man mit dem nächsten beginnt. Wer allerdings ein Gebäude erbaut hat, kann aus dem zugehörigen Basar auch nicht mehr verdrängt werden, es sei denn, der Aufseher wird dort vorstellig. Man sollte des weiteren abwägen, welchen der Basare man nun baut und erweitert, da am Ende nur komplette Basare gewertet werden und man nicht immer abschätzen kann, ob man in diesem Stadtviertel innerhalb der laufenden Woche noch einmal bauen kann. Wer sich indes für die Gold- oder Kamel-Felder entscheidet, kann statt der Bauaktion entsprechend Kamele oder Gold an sich nehmen.

Diejenigen Spieler, die nun eine Karte gezogen haben, können diese jederzeit während des Spiels ausspielen und sich hierdurch individuelle Vorteile verschaffen. In bestimmten Fällen muss man sogar eine Karte ziehen, weil keine weiteren Würfelgruppen mehr verfügbar sind.

Unterdessen kann man auch die Gebäude auf der Spielertafel jederzeit erbauen, sobald man die nötigen Materialien, sprich Gold und Kamele, zum Ausbau besitzt. Um den Bau zu markieren, setzt man auf die jeweiligen Gebäude einen Stein und darf nun die Zusatzaktionen immer nutzen, wenn sie gefragt sind.

Sobald jeder Spieler eine Würfelgruppe entnommen hat und die entsprechende Aktion durchgeführt wurde, endet ein Tag; der Marker wird um ein Feld nach vorne geschoben, die Startspieler-Figur an den linken Nachbarn übergeben und das Spiel nach dem gleichen Muster fortgesetzt.

_Die Wertungen_

Nach jeder abgeschlossenen Woche kommt es zu einer Zwischenwertung. Die Spieler erhalten nun für alle komplett errichteten Basare die zugehörige Punktzahl (und eventuell zwei Zusatzpunkte wenn sie den Markt auf ihrer Spielertafel fertiggestellt haben). Außerdem wird die Karawane gewertet. Je nachdem, in welcher Reihe der Karawane man eigene Steine platziert hat, wird die resultierende Punktzahl sogar verdoppelt oder verdreifacht.

Anschließend werden die Gebäudesteine wieder vom Stadtplan entfernt. Eine neue Woche beginnt, und alle Spieler haben nun wieder die Möglichkeit, auf den freigewordenen Basaren von Yspahan ihre Gebäudesteine unterzubringen.

Nach der dritten Woche erfolgt die Schlusswertung. Erneut werden Karawane und Stadtviertel gewertet; hinzu kommt nun aber noch die Wertung auf der Spielertafel. Die Summe aller Siegpunkte wird schließlich auf der Leiste am Rand des Spielplans markiert. Derjenige mit den meisten Punkten hat das Spiel gewonnen.

_Persönlicher Eindruck_

Zum vierten Male wurden |Ystari| nun mit einem neuen Strategiewerk vorstellig, und zum vierten Mal kann man kein anderes Resümee ziehen, als dass der französische Qualitäts-Verlag mal wieder einen echten Kracher auf das Publikum losgelassen hat. In „Yspahan“ ist die strategische Komponente zwar nicht ganz so ausgeprägt wie bei seinen direkten Vorgängern, jedoch lässt sich dies durch die enorme Spielvielfalt locker wieder ausgleichen und lässt dem Faktor Glück nur recht wenige durchschlagende Möglichkeiten.

Der gesamte Spielablauf ist dabei fast schon revolutionär; ein prinzipiell simpler, doch letztendlich innovativer Mechanismus entscheidet bereits vor der eigentlichen Aktion über den weiteren Verlauf des Spiels und markiert das einzige glückliche Element des Spiels. Nun mag jeder denken, dass die Würfelei ausschließlich auf Glück basiert, jedoch lässt sich hierzu sagen, dass nicht automatisch derjenige, der den Wurf ausführt und nun auch als Erster entscheiden darf, dringend einen Vorteil hat. Letztendlich muss er doch nach seinen Möglichkeiten handeln und überlegen, inwiefern er etwas riskiert, wo er am besten ausbaut oder ob er doch lieber auf lukrative Gebäude verzichtet, um lieber eine ganze Reihe Kamele oder Gold einzustreichen. Oft ist die Entscheidungsfindung nämlich ein verzwicktes, weil spielentscheidendes Unterfangen, bei dem man nie so recht sagen kann, ob man nun tatsächlich den richtigen Schritt gewählt hat. Die größte Auswahl bedeutet nämlich nicht zwangsläufig auch die größte Kontrolle – und das wird man im Laufe der 21 Spieltage immer wieder erfahren. Um dem übrigens ein wenig entgegenzuwirken, hat man die einzelnen Aktionskarten teilweise mit unheimlich wertvollen Handlungsalternativen ausgestattet. Zusätzliche Siegpunkte im Tausch gegen Gold und Kamele zum Beispiel können kurz vor Schluss ein wertvolles Überraschungselement sein, um das Blatt urplötzlich und unverhofft für die Kontrahenten zu wenden. Des Weiteren kommt man hier manchmal kostengünstig an wertvolle Materialien, kann beim Ausbau der Gebäude Kosten sparen oder freizügig in einem der Stadtviertel Gebäudesteine einsetzen, obwohl die üblichen Voraussetzungen gar nicht geschaffen sind. Daher sollte man mit dem Begriff ‚Glück‘ im Zusammenhang mit der Würfelaktion immer vorsichtig umgehen.

Davon abgesehen ist die Vielschichtigkeit von „Yspahan“ der wesentliche Garant für den lang anhaltenden Spielspaß. Das Spiel verfügt über eine unheimliche Tiefe, lässt durch den schier unbegrenzten Aktionsradius keine durchschaubaren Spielverlauf zu und ermöglicht selbst den vermeintlich schwächer positionierten Spielern kurz vor Schluss noch die Chance, eine komplette Wende herbeizurufen und den gesamten Verlauf auf den Kopf zustellen. Nicht selten ist es vorgekommen, dass einzelne Aktionskarten eine sichere Führung noch zerstört haben. Damit inbegriffen sind auch die zahlreichen Strategien, die in Pauchons angehendem Klassiker zum Sieg führen können. Dabei setzt das Spiel in jeder Runde auf Individualität und Schlagfertigkeit; Pläne müssen kurzfristig über den Haufen geworfen werden, neue Situationen fordern eine zielgerichtete Reaktion, und während man noch frustriert seinen Mitspielern dabei zusieht, wie sie einem die besten Aktionen vor der Nase wegschnappen, sucht man bereits nach geschickten Auswegen, um demnächst selber den ersten Schritt machen zu können.

Insgesamt ist „Yspahan“ ein durchweg begeisternder Titel und zu Recht auch ein Anwärter auf die „Spiel des Jahres“-Auszeichnung gewesen. In Sachen Langzeitspaß und Abwechslungsreichtum deckt sich das Spiel weitestgehend mit den übrigen ‚Kollegen‘ aus dem Hause |Ystari| und setzt in Sachen Spielmechanismus sogar völlig neue Akzente. Für Tüftler, Taktik- und Strategieliebhaber hat Sébastien Pauchon hier ein echtes Highlight konzipiert, welches in keiner, aber wirklich keiner gut sortierten Strategiespielesammlung fehlen sollte!

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Ellis, Warren / Deodato, M. – Thunderbolts 1: Vertrauen in Monster

_Story_

Nach dem offiziellen Ende des |Civil War| versuchen Tony Stark und seine Gefolgsleute händeringend, den Gesetzesentwurf mit Nachdruck durchzusetzen und all diejenigen, die eine Registrierung ablehnen, kompromisslos zu jagen. Mit den Thunderbolts unter der Führung des skrupellosen Norman Osborn rückt dabei auch eine zweifelhafte Truppe auf die Seite des Gesetzes, um alte Schuld auszumerzen und die neuen \’Verbrecher\‘ zu inhaftieren. Einstige Schurken wie Venom, Bullseye, Radioactive Man, Moonstone und Songbird haben den Krieg zwischen den beiden Helden-Fronten für ihre Zwecke genutzt und stehen nun als Hüter des Gesetzes in der Gunst der ahnungslosen Bevölkerung, die gar nicht erst mitbekommt, mit welch grausamen Methoden die neue Einsatztruppe unregistrierte Superhelden in die Knie zwingt. Doch während sich die Thunderbolts selbst vor laufenden Kameras niederträchtige Showdowns liefern, taucht eine kleine Schar standhafter maskierter Helden auf, um der radikalen Vereinigung den Kampf anzusagen und den Leuten die Augen zu öffnen. Doch der schizophrene Osborn findet auch hierfür eine bedenkliche Lösung …

_Persönlicher Eindruck_

Die \“Thunderbolts\“ galten bereits zu Debützeiten 1997 als eine der revolutionärsten Truppen des |Marvel|-Universums und feierten vor allem unter der Initiative von Kurt Busieck zu jener Zeit beachtliche Erfolge. Innerhalb der letzten Dekade tauchte das Team immer wieder in brisanten Crossover-Storys auf, behielt aber auch eine eigene Serie bei, die in den Staaten längst in den dreistelligen Veröffentlichungsbereich aufgestiegen ist. Im Zuge des jüngst abgeschlossenen Epos \“Civil War\“ sind Moonstone, Songbird und Co. nun wieder ins Rampenlicht getreten. Als ehemalige Vereinigung miesester Bösewichte hat man die Gunst der Stunde genutzt und sich mit zweifelhaften, eher unlauteren Mitteln an die Spitze des Stark\’schen Machtgefüges gesetzt. Kein Wunder also, dass dieser neue Aufschwung in den Staaten große Beachtung fand und endlich auch hierzulande die Basis für eine autonome Serie lieferte. Band 1 dokumentiert nun die direkten Ereignisse nach dem \“Civil War\“ sowie eine der besten und vielversprechendsten Storys der letzten Monate.

Im ersten unabhängigen Sonderband \“Vertrauen in Monster\“ schildert niemand Geringerer als Star-Autor Warren Ellis, inwiefern die Thunderbolts die Geschicke bereits dominieren. Der rücksichtslose Norman Osborn hat einen Deal mit Iron Man Tony Stark abgeschlossen, der ihm das Direktorat über die Spezialtruppe überlässt, die wiederum als Sonderdelegation des neuen Gesetzes für Recht und Ordnung unter den maskierten Einheiten sorgen soll. Die einzige Bedingung: Es darf niemand bewusst getötet werden, was angesichts der brutalen Gestalten unter den Thunderbolts schon eine ganz besondere Herausforderung, in diesem Sinne jedoch auch Starks Absicherung für sein Geschäft mit Osborn ist.

Dennoch genießt Osborn geradezu Narrenfreiheit und zwingt seine Untergebenen zu vollem Gehorsam, indem er ihnen individuell mit ganz unterschiedlich verheerenden Konsequenzen droht. Infolge dessen gelingt es der Mannschaft auch nicht, zur Einheit zusammenzuwachsen, weshalb ihr erster Einsatz direkt zum Desaster wird. Vor laufenden Kameras werden die Thunderbolts blamiert und als Aggressoren bloßgestellt. Allerdings fällt der geblendeten Bevölkerung die Manipulation nicht auf; lediglich eine kleine Abordnung idealistischer Freiheitskämpfer, darunter B-Helden wie Steel Spider, stellen sich dem Kampf gegen das unmoralische Team, müssen jedoch auch tatenlos mit ansehen, wie sich die Thunderbolts mit äußerster Gewalt zur Wehr setzen und selbst mörderische Absichten alsbald in die Tat umsetzen. All dies verändert sich jedoch, als der erste von ihnen, Bullseye, sich Osborns Kontrolle entzieht und den Zwiespalt im Team öffentlich macht. Denn so unberechenbar wie dieser Comic, so unberechenbar sind vor allem seine Charaktere.

Ellis liefert folgerichtig einen brillanten Einstieg in die neue Reihe und etabliert seine zweifelhaften Helden sofort als unkonventionelle Streitmacht eines brüchigen Staates. Die Konsequenzen des Civil War scheinen knallhart, werden auch vehement durchgesetzt, bieten aber vor allem ihren Verfechtern zahlreiche Möglichkeiten, die neuen Gesetze zum eigenen Vorteil auszunutzen. Und diese Tatsache liefert letztendlich den Nährboden für eine knallharte, besonders in der zweiten Hälfte enorm actionreiche Story mit einer ganzen Riege eigenartiger, innovativ hervorgehobener Charaktere, die den revolutionären Akt des vorangegangenen Crossovers als lebendige Sinnbilder dokumentieren und deren fulminantes Auftreten lediglich ein sehr deutliches Fazit zulässt: \“Thunderbolts\“ ist eine durch und durch außergewöhnliche, illustrativ und inhaltlich betrachtet bemerkenswert starke Serie, deren Auftakt mit \“Vertrauen in Monster\“ kaum besser hätte sein können. Hoffentlich gelingt es dem Dream-Team |Marvel/Panini|, diese andersartigen Figuren bzw. dieses eigenartige Team hierzulande möglichst rasch zu etablieren!

http://www.paninicomics.de/thunderbolts-neu-s10522.html

Hartley, Welles / Harrison, Mick / Wheatley, Doug – Star Wars 64: Dark Times 3 (von 5) – Der Weg ins Nichts

[Band 1 3853
[Band 2 4031

_Inhalt_

|“Der Weg ins Nichts“|

Dass Jenir und Bomo Greenmark erfahren in den Verliesen des Sklavenplaneten Orvax, dass Frau und Tochter Bomos in einer Auseinandersetzung mit ihren Häschern verwickelt waren, infolge derer Mesa ihr Leben ließ und Resa verschleppt wurde. Völlig außer sich vor Wut und Trauer schöpft Bomo zumindest noch die geringfügige Hoffnung, seine Tochter wieder retten zu können, jedoch lässt Dass ihm keine Wahl und bittet ihn, sich selber schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen. Jenir jedoch folgt den Spuren der Sklavenhändler und entdeckt Seiten an sich, die er bislang immer unterdrücken musste. Der Hass auf die Schreckenstaten an den Nosauriern hat Besitz von ihm ergriffen und scheint ihn nachhaltig zu verändern …

|“Rebellion“|

Wyl Tarson steht nach wie vor unter dem Einfluss des verbrecherischen Raze, der ihm jüngst eine Bombe ins Gehirn pflanzte und ihn nun zur Erfüllung grausamster Aufträge erpresst. Auf Geheiß des hinterhältigen Fürsten soll er nach Ahakista reisen, um dort in den Krieg der Rebellen gegen seine ehemaligen Gefährten einzugreifen. Als wäre dies nicht schon bitter genug, verlangt Raze von seinem mentalen Sklaven, dass er seine unwissenden Freunde an Bord blindlings in den Tod stürzen soll …

_Persönlicher Eindruck_

Irgendwie ist die Masche, Geschichten künstlich auszudehnen und vorab festgelegte Kapitelunterteilungen nachträglich zu verändern nicht nur ziemlich unverschämt, sondern nach unzähligen Wiederholungen auch mächtig abgegriffen. Ähnliches widerfährt dem treuen „Star Wars“-Fan aber dennoch im neuesten Comic-Magazin, in dem eigentlich der letzte Part der Serie „Dark Times“ stehen sollte, welches jedoch nun doch erst der Vorbote zum Grande Finale sein darf. Statt drei geplanten Episoden – man kennt’s zur Genüge – gibt’s jetzt also wieder vier.

Andererseits mag man ob der beiden fantastischen Geschichten, die hier fortgesetzt werden, auch nicht meckern, schließlich sind sowohl Dass Jenirs ehrenhafte Mission als auch die etwas komplexere Geschichte um den versklavten Wyl Tarson ein echter Genuss fernab der üblichen Sternenkrieg-Heldenriege. Besonders der erste Plot, gleichzeitig auch die Titelgeschichte, kommt nun in die brisante Phase und wirft ihren Helden in einen verheerenden Zwiespalt. Dass Jenir muss sich entscheiden, ob er seinen Tugenden als Jedi treu bleiben mag, oder ob er es zulässt, dass sein Hass auf die niederträchtigen Methoden des Imperiums überhand nimmt und seine Sinne künftig kontrollieren wird. Die Story folgt einigen effizienten Wendungen hin zu einem starken Cliffhanger, der in die entscheidende Phase überleitet, welche wiederum in der nächsten Ausgabe endgültig in Kraft tritt. Hier darf man wirklich auf den Weg des Jedi – den Weg ins Nichts? – gespannt sein.

Die zweite Erzählung will sich indes nicht sogleich erschließen und benötigt aufgrund der zunächst etwas verwirrenden Sprünge etwas mehr Anlaufzeit, zumal auch einige neue Figuren mit einem Mal in die Handlung integriert werden. Überdies ist die Motivation einiger davon nicht sofort schlüssig, was den Komplexitätsgrad kurzzeitig aufs Maximum hebt und auch bis zum überraschenden Schluss aufrechterhält. Doch ohne jetzt zu viele Details preiszugeben: Auch hier bahnt sich ein fulminantes Ende einer richtig starken Mini-Serie an!

Insofern darf man mit der 64. Ausgabe der „Star Wars“-Comics absolut zufrieden sein. Die beiden zuletzt eröffneten Stränge werden konsequent weiterentwickelt und gleichsam auf ein spektakuläres Schlussszenario vorbereitet, welches dann wohl die Nr. 65 bieten wird. Selbst die eingangs erwähnte Kritik zur unplanmäßigen Ausdehnung wird da gerne vergessen, wenn der Inhalt so stimmig und überzeugend ist. „Dark Times“ ist definitiv ein Highlight in der Comic-Geschichte um die beiden Seiten der Macht!

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TKKG – Erpresser fahren Achterbahn (Folge 156)

Ein schweres Erbe

Im März dieses Jahres hatten die eingefleischten TKKG-Fans harte Zeiten durchzustehen. Erfinder und Ideengeber Rolf Kalmuczak alias Stefan Wolf erlag im Alter von 68 Jahren den Folgen einer langwierigen Krankheit und hinterließ damit das vielleicht größte Fundament der deutschen Hörspiel-Geschichte. Sowohl für den Verlag als auch für Stammregisseurin Heikedine Körting stand indes fest, dass damit nicht das Ende der populären Detektiv-Reihe besiegelt ist. Auf ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen wird es auch künftig neue Geschichten aus der Welt von TKKG geben, wenngleich die grundlegenden Themen stets im Rahmen des Wolf’schen Ideebereichs konstituiert bleiben.

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