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Wellington, David – letzte Vampir, Der

Vampire sind alles andere als ein Mythos. Das muss auch Pennsylvania State Trooper Laura Caxton erkennen, als sie eines Nachts mit ihren Kollegen einen Wagen anhält, der neben einem Untoten auch drei übel zugerichtete Leichen enthält. Das Büro des Sheriffs informiert den Marshal Service, und so wird Special Deputy Arkeley in den Fall eingeschaltet, der einzige Mann, der jemals einen Vampir tötete.

Vor zwanzig Jahren vernichtete er den Blutsauger Piter Lares. Bei diesem Einsatz kam das gesamte Kommando ums Leben, bis auf Arkeley. Lares hatte mehrere alte Vampirmumien bei sich, die er mit Blut versorgte. Bei dem Feuer, das der Deputy legte, verbrannten alle Vampire. Nur einer überstand die Flammenhölle und wird seitdem in einem stillgelegten Sanatorium festgehalten, versorgt und erforscht.

Die Blutsaugerin Malvern hat es irgendwie geschafft, neue Vampire zu zeugen. Und schon bald stehen Caxton und Arkeley einem solchen gegenüber, der mehrere von Caxtons Kollegen brutal abschlachtet. Nur mit Mühe und viel Glück können sie die Bestie stellen und vernichten. Doch damit nimmt der Horror erst seinen Anfang, denn sie entdecken in einer nahegelegenen Jagdhütte menschliche Überreste und drei Särge. Arkeley weiß, dass noch mindestens zwei Blutsauger ihr Unwesen treiben und eine ganze Horde von halbtoten Hilfszombies unterwegs ist, um ihren Meistern Menschenblut zu beschaffen.

David Wellington ist in Deutschland noch ein recht unbeschriebenes Blatt, aber sein Roman „Der letzte Vampir“ wurde bereits groß angepriesen und unter anderem als „wichtigster Vampirroman der Gegenwart“ tituliert. Tatsächlich ist Wellingtons Vampir-Epos ein durch die Bank spannender und actionorientierter Horror-Trip, hart, kompromisslos und von Beginn an fesselnd. Der Autor beginnt seinen Roman nicht mit seitenfüllendem Vorgeplänkel, sondern entführt den Leser mitten ins Geschehen, wirft ihn sozusagen ins kalte Wasser.

Alles beginnt mit einer Tonbandaufnahme, auf der Arkeley seinen Kampf gegen den Untoten Piter Lares schildert, ebenso rasant und schonungslos wie der restliche Roman, der aus der Sicht von Caxton geschrieben wurde. Während sich Arkeley als ehrgeiziger, durch und durch fanatischer Jäger erweist, bleibt Caxton eine vollkommen normale Frau, die sich mit der Realität, dass es Vampire und lebende Tote gibt, arrangieren muss. Dass macht dem Leser die Identifizierung leichter, doch muss er sich den Schrecknissen ebenso stellen wie die Protagonistin selbst.

Wellingtons Vampire sind keine Schönlinge oder blassen Latino-Lover, sondern blutgierige, triebgesteuerte Monster, die ihre Opfer bisweilen buchstäblich in Stücke reißen. Übermenschliche Kräfte und die Immunität gegenüber herkömmlichen Waffen machen die Vampire zu unüberwindlichen Gegnern. Allein die vollständige Vernichtung des Herzens kann einen Blutsauger endgültig stoppen. Der fantasiebegabte Leser kann sich also ausmalen, wie es in diesem Roman zugeht, und damit spiegelt Wellingtons Buch den Zeitgeist der modernen Horror-Literatur wider. |Heyne| veröffentlicht Romane dieser härteren Gangart sogar in einer eigenen Reihe, den |Heyne Hardcore|-Büchern, und auch die meisten anderen neuen Bücher der Sparte Horror geizen nicht mit drastischen und blutigen Szenen. Dennoch liegt das Augenmerk des Romans keineswegs auf der Aneinanderreihung von Gewaltszenen. Der Autor legt vielmehr Wert auf das Verhältnis zwischen Caxton und Arkeley, und insbesondere die Verwirrung und Verzweiflung der jungen Polizistin wird anschaulich beschrieben, besonders, als sie von einem der Untoten quasi geistig vergewaltigt wird.

Wellington baut seinen eigenen Vampir-Mythos auf und spart auch nicht mit überraschenden Wendungen. Sobald man als Leser zu wissen meint, wie der Hase läuft, macht der Autor uns einen Strich durch die Rechnung, und selbst das Ende gestaltet sich vollkommen anders als erwartet. Dadurch, dass der Leser nie mehr weiß als Caxton selber, bleiben sämtliche Personen verdächtig, und man argwöhnt oft genug, ob nicht die vermeintlichen Verbündeten ebenfalls Dreck am Stecken haben.

Die Übersetzung von Andreas Decker lässt keine Mängel erkennen und auch das Lektorat des |Piper|-Verlags braucht sich nicht zu verstecken. Das Layout ist ideal gewählt worden, und auch wenn der Vampir wie ein klassischer Vertreter seiner Gattung aussieht, so passt die Cover-Illustration doch hervorragend zu Titel und Inhalt.

Fazit: Wer einen harten, schonungslosen Vampirroman mit einem überraschenden Finale sucht, der wird hier garantiert fündig. Gekonnt vermeidet Wellington gängige Klischees und überrascht den Leser immer wieder aufs Neue. „Der letzte Vampir“ ist genau richtig für all jene, die sich nicht vor drastischen Szenen fürchten und mal wieder einen richtig guten Vampirroman lesen möchten. Der Folgeband „Stadt der Untoten“ erscheint im Mai 2008.

http://www.piper-verlag.de

_Florian Hilleberg_

Heitz, Markus – Kinder des Judas

|Serbien, 17. Jahrhundert|

Jitka ist noch ein Kind als ihr die Mutter von einem türkischen Elitekrieger, einem Janitscharen, genommen wird. Ein Großbauer nimmt das Mädchen, welches eine unglaubliche Auffassungsgabe besitzt, in seine Obhut, bis sein Vater Karol eines Tages unvermittelt vor der Tür steht. Er nimmt Jitka mit sich in seine Mühle, in der schon lange kein Korn mehr gemahlen wird. Stattdessen hat sich Karol eine umfangreiche Bibliothek sowie ein Laboratorium in dem Gebäude geschaffen. Der charismatische Mann ist ein Forscher, der seine Tochter schnell an seinem Wissen teilhaben lässt, und Jitka ist äußerst wissbegierig.

Bald schon erkennt sie, wonach Karol forscht. Er untersucht das Wesen der Vampire und Untoten. Auch Jitka ist von diesem Thema fasziniert und bald schon legt sie ihren alten Namen ab und wird fortan nur noch Scylla genannt. Über die Jahre hinweg erlangt Scylla ein enormes Wissen und wird darüber hinaus von ihrem Vater im Kampf, vorrangig mit dem Dolch, unterrichtet. Eines Abends belauscht Scylla unerlaubt eine Zusammenkunft mehrerer Adliger in der Scheune neben der Mühle. Ihr Vater, Karol, ist der Gastgeber, und so erfährt Scylla viel früher als beabsichtigt von der geheimnisumwitterten |Cognatio|, einem Bund von Wissenschaftlern, die zum Wohle der Menschen forschen. Insgesamt gibt es zwölf Mitglieder, an deren Spitze der Ischariot steht, denn die Cognatio ist der festen Überzeugung, von Judas Ischariot abzustammen, den sie nicht als Verräter an Jesus ansehen, sondern als den eigentlichen Begründer des Christentums, denn ohne Judas wäre Jesus nicht in der Lage gewesen, die Bürde des Todes für die Menschheit auf sich zu nehmen und wieder aufzuerstehen.

Jedes Mitglied der Cognatio muss im Laufe seines Lebens einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin ausbilden. Diese müssen umfangreiche Tests bestehen, bevor sie aufgenommen werden. Karol hat aber viele Gegner in der Cognatio, und so wird Scylla zunächst ausgestoßen. Doch Scylla besitzt weitaus mehr Wissen als die restlichen Eleven und Elevinnen und wäre ein unschätzbares Mitglied. Aber die Cognatio ist der unumstößlichen Meinung, Karol könnte seine Tochter nicht ausreichend lenken. So übernimmt seine beste Freundin in der Cognatio, Baronin Lydia Metunova, die Fürsorge für die junge Frau.

Diese hat aber innerlich bereits mit der Cognatio gebrochen. Schließlich kommt es sogar zu Katastrophe, denn die Bewohner der umliegenden Dörfer sind der Ansicht, dass Karol und seine Tochter selber Blutsauger sind, auch wenn sie diese zu bekämpfen vorgeben. Und sie haben Recht, denn die Mitglieder der Cognatio sind Kinder des Judas. Mächtige Vampire, die ihren Blutdurst zwar zügeln können, aber wenn er durchbricht, gibt es fürchterliche Massaker. Karol kommt im Kampf mit den Dörflern um, und auch Scylla stirbt. Doch während ihr Vater seine untote Existenz aushaucht, stirbt Scylla als Mensch und wird als Vampirin, als Tochter des Judas, wiedergeboren. Rastlos lebt sie fortan in der Welt der Menschen und trinkt ungezügelt Menschenblut, vermählt sich mit reichen Geschäftsmännern und kommt zu einem nicht unbeträchtlichen Vermögen. Bis sie die Bekanntschaft mit ihrem Halbbruder Marek macht, der ebenfalls ein Judaskind ist und seine Schwester zurück in den Reigen der Cogantio führt. Doch Marek hat seine eigenen Pläne, für deren Ausführung er auch über Leichen gehen würde. Insbesondere über die Leiche von Scyllas großer Liebe Viktor, dem Vampirforscher aus Deutschland …

|Leipzig, 2007|

Als Theresia Sarkowitz lebt Scylla immer noch unter den Menschen. Hat aber dem Blut der Menschen abgeschworen, auf welches die Judaskinder nicht angewiesen sind, und arbeitet als Sterbebegleiterin in einem Krankenhaus, während sie nachts gefährliche Käfigkämpfe im Untergrund führt. Eines Abends holt sie ihre Vergangenheit wieder ein, als Marek erneut die Partnerschaft seiner Schwester einfordert. Da weiß Scylla, dass sie erst ihren Bruder endgültig vernichten muss, um Frieden zu finden …

_Meinung:_

|“Der zweibändige Ausflug in das Genre Dunkle Spannung wird nicht der letzte sein. Es gibt noch einiges zu erzählen. Und viele andere Wesen, die sowohl im Dunkel als auch im Licht lauern.“| So hieß es am Ende von „Sanctum“, dem zweiten Band des großen Werwolf-Zweiteilers aus der Feder von Markus Heitz. Nun ist es so weit und der Leser hält mit „Kinder des Judas“ wieder einen Horror-Action-Thriller der Superlative in Händen.

Dieses Mal nimmt sich Heitz |der| klassischen Gruselfiguren an: der Vampire. Der Klappentext gibt dabei nur die Spitze des Eisberges preis. Der Plot und zugleich der Reiz des gesamten Buches liegen in der zweiten Handlungsebene. Denn wie schon in „Ritus“ und „Sanctum“, hat Heitz auch dieses Buch in zwei Storylines aufgegliedert, die sich in unregelmäßigen Abständen ablösen. Der Großteil der Geschichte spielt zwischen den Jahren 1670 und 1732, und hier wird der Löwenanteil der Handlung in Serbien bestritten. Im Laufe der Geschichte treten die Geschehnisse der Gegenwart immer mehr in den Hintergrund, um am Ende wieder mit Macht in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken und den Leser mit einem dramatischen Finale zu bannen.

Wie schon in seinen Werwolf-Thrillern, hat Heitz auch hier für seinen historischen Part auf reale Ereignisse zurückgegriffen. Im Mittelpunkt stehen der osteuropäische Vampirglaube und diverse Exhumierungen, bei denen die unterschiedlichsten Arten der blutsaugenden Untoten gefunden wurden. In „Kinder des Judas“ sind Vampire nicht gleich Vampire, und abgesehen von den Judaskindern greift der Verfasser auf ‚reale‘ Mythen zurück. In seinem Roman wimmelt es von Upiren, Tenjacs (Aufhockern), Muronys, Nachzehrern und vielen anderen Untoten mehr.

Leider ist aber nicht alles Gold, was glänzt: Heitz‘ Protagonisten wirken leider häufig sehr distanziert und gefühllos. Scylla ist eine wunderschöne Frau, die nicht nur hochintelligent ist, sondern darüber hinaus auch eine perfekte Kämpferin – eine Charakterisierung wie aus einem Trivial-Roman. Dabei agiert sie teilweise so spröde und humorlos, dass sie geradezu depressiv wirkt. Gerade die Passagen in der Gegenwart, die von Scylla alias Theresia Sarkowitz aus der Ich-Perspektive geschildert werden, sind gefärbt von einer dunklen Melancholie. Bisweilen sind Scyllas Gedankengänge zu melodramatisch, so als ob sie das gesamte Leid der Menschheit auf sich nehmen müsste. Ihrer Figur fehlen der Schuss Ironie und eine Portion Humor, um wirklich überzeugen zu können. Umso authentischer und liebenswerter wirkt dagegen Viktor, der erst im Jahr 1731 in das Leben der Vampirin tritt und erstmals auf Seite 400 erwähnt wird. Eigentlich will der junge Deutsche nur in den Osten Europas, um die Erinnerungen an seine gestorbene Geliebte zu verwinden und Pelze zu erwerben, als ihm die Geschichten von den lebenden Toten zu Ohren kommen. Von da an ist er dem Bann der Blutsauger erlegen und forscht an der Seite einer Sippe von Zingaros (Zigeunern) nach den Vampiren. Nachdem er Scylla kennen und lieben gelernt hat, gerät er schneller, als ihm lieb ist, in das Visier der Judaskinder.

Viktor ist eindeutig der Sympathieträger in der zweiten Hälfte des Buches und dient, aufgrund seiner Liebenswürdigkeit und Schwächen, eher als Identifikationsfigur als Scylla selbst.
Seine Reisen mit den Zingaros durch Serbien gehören zu den spannendsten Abschnitten des Buches und hätten ruhig noch ausführlicher sein dürfen. Rückblickend betrachtet, hat die Zeitlinie in der Gegenwart auch eher gestört, lief sie doch nur auf das entscheidende Duell zwischen Scylla und Marek beziehungsweise den Kindern des Judas und den restlichen Vampiren hinaus. Dafür geht der Autor mit den Fakten der Vergangenheit sehr souverän um und entwickelt eine überaus interessante Storyline, die man mit sehr viel Freude lesen kann.

Die äußere Gestaltung des Buches ist ähnlich gehalten wie bei „Ritus“ und „Sanctum“, wirkt allerdings nicht ganz so edel. Dennoch hebt sich das Buch im Regal deutlich von anderen Publikationen sehr schön ab.

_Fazit:_

Markus Heitz‘ Ausflug in die Welt der Vampire ist nicht ganz so fesselnd und dramatisch wie sein Werwolf-Zweiteiler, aber immer noch ein literarisches Erlebnis, das einige Stunden Einsamkeit durchaus kurzweilig zu gestalten vermag. Die einseitige Charakterisierung der Heldin macht die Lektüre bisweilen jedoch ein wenig zäh. Auch die Handlungsebene in der Gegenwart wirkt gelegentlich zu konstruiert; die Geschichte hätte als rein historischer Gruselroman viel besser funktioniert. Gerade die Fakten und Recherchen des Autors kommen dem Buch zugute, und die Exhumierungen und Hinrichtungen der Untoten sind nichts für schwache Gemüter. Ein Buch, welches trotz seiner Mängel jedem Vampir-Interessierten wärmstens empfohlen sei.

|702 Seiten|
http://www.pakt-der-dunkelheit.de
http://www.knaur.de

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|Markus Heitz auf Buchwurm.info:|

[Interview mit Markus Heitz]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56
[„Schatten über Ulldart“ 381 (Die Dunkle Zeit 1)
[„Trügerischer Friede“ 1732 (Ulldart – Zeit des Neuen 1)
[„05:58“ 1056 (Shadowrun)
[„Die Zwerge“ 2823
[„Die Zwerge“ 2941 (Hörbuch)
[„Die Rache der Zwerge“ 1958
[„Der Krieg der Zwerge“ 3074
[„Die dritte Expedition“ 2098
[„Ritus“ 2351 (Buch)
[„Ritus“ 3245 (Hörbuch)
[„Sanctum“ 2875 (Buch)
[„Sanctum“ 4143 (Hörbuch)
[„Die Mächte des Feuers“ 2997

_Florian Hilleberg_

R. A. Salvatore – Drizzt – Der dritte Sohn (Die Saga vom Dunkelelf 1)

„Drizzt“ ist die Hörspielumsetzung der legendären Dunkelelf-Saga des Fantasy-Autors R. A. Salvatore (geb. 1959 in Massachusetts): Der Dunkelelf Drizzt wird als der dritte Sohn des Hauses Do’Urden geboren. Damit muss er als Opfer der Spinnengöttin dienen. Doch kurz vor der Niederkunft tötet Dinin Do’Urden, der Zweitgeborene, seinen Bruder, um Erstgeborener zu werden. Das rettet Drizzt das Leben, der als männlicher Drow (Dunkelelf) allerdings schwer unter seinen Schwestern zu leiden hat, die allesamt Hohepriesterinnen der Spinnengöttin und damit höhergestellt sind.

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Pratchett, Terry / Jean, Vadim – Schweinsgalopp. Das illustrierte Buch zum großen Film

Die finsteren Revisoren der Wirklichkeit wollen den Glauben der Menschheit vernichten und heuern einen Assassinen namens Kaffeetrinken an, damit dieser den Inbegriff des Glaubens, den Schneevater, beseitigt, der am Silvesterabend den Bewohnern der Scheibenwelt Geschenke bringt.

Doch wenn der Glaube an den Schneevater erlischt, wird am nächsten Morgen die Sonne nicht mehr aufgehen, und so schlüpft der TOD kurzerhand in das rote Gewand und verteilt mit seinem Gehilfen Alfred die Geschenke. Neben dem Schneevater ist TOD nämlich der Einzige, der an mehreren Orten zugleich sein kann. Doch um die Scheibenwelt zu retten, muss man das Übel an der Wurzel packen. So macht sich TODs Enkelin Susanne auf, um Kaffeetrinken zu stellen …

„Schweinsgalopp“ ist der erste Roman der Scheibenwelt, der kürzlich sehr aufwendig fürs Fernsehen verfilmt und in Deutschland als zweiteiliger TV-Film auf PRO 7 am ersten Weihnachtstag ausgestrahlt wurde. Mit diesem Bildband präsentiert der |Manhattan|-Verlag nun das optimale Begleitbuch zu diesem Ereignis. Reich bebildert mit Fotos aus dem dreistündigen Film und vielen Skizzen, ist der Band ein echter Augenschmaus.

Der Text hingegen ist lediglich die letzte Drehbuchfassung des Romans und daher wohl nur für echte Pratchett-Fans interessant oder jene, die von dem Film schlichtweg begeistert waren. Leider ist auf dem Schutzumschlag der deutschen Ausgabe kein Hinweis darauf zu lesen, dass nicht die komplette Geschichte erzählt wird. Für all jene also, die einfach das vollständige Abenteuer in gedruckter Form nachlesen wollen, ist die Taschenbuchausgabe des Romans empfehlenswerter und vor allem preisgünstiger. Dennoch macht es sehr viel Spaß, den Film anhand der Bilder und der Dialoge noch einmal Revue passieren zu lassen, und die Illustrationen sind von erstaunlich hoher Qualität. Darüber hinaus gibt es ein ausführliches Vorwort von Terry Pratchett selbst sowie von Drehbuchautor und Regisseur Vadim Jean.

Die Geschichte von „Schweinsgalopp“ ist recht originell und vor allem gespickt mit viel schwarzem Humor. Der TOD als Weihnachtsmann macht dabei eine urkomische und mehr als gute Figur und die Gags zünden selbst als rohe Drehbuch-Version glänzend. Ein Manko sind allerdings, wie schon im Film, die häufigen Szenenwechsel, die gerade das Lesen anstrengend gestalten. Auch für Nicht-Pratchett-Kenner ist das Buch aber verständlich und man hat sehr viel Freude an den skurrilen Ideen des Autors und seiner Scheibenwelt.

Die Aufmachung ist dem Verlag bestens gelungen. „Schweinsgalopp“ ist ein großformatiger Bildband, dessen Illustrationen auf dem edlen Hochglanzpapier bestens zur Geltung kommen. Und obwohl der Preis für ein derartiges Buch angemessen ist, dürften wohl nur echte Pratchett-Fans dafür so tief in die Tasche greifen.

Fazit: Ein liebevoll aufgemachter Bildband zum zweiteiligen Fernsehfilm mit vielen Farbfotos und einer Menge kunstvoller Skizzen der agierenden Personen. Leider gibt es als Text nur die letzte Drehbuchfassung, was nicht unbedingt für jedermann interessant ist. Hinzu kommt der stolze Preis, der allerdings für einen derart prunkvollen Band durchaus angemessen ist. Nichtsdestotrotz ist „Schweinsgalopp“ eine hervorragende und sehr humorvolle Parodie mit viel schwarzem Humor.

http://www.manhattan-verlag.de

_Florian Hilleberg_

Graeff, Alexander – Gedanken aus Schwerkraftland

Alexander Graeff hat ein schönes Büchlein mit kurzen Prosastücken vorgelegt, die leicht zu lesen sind und zugleich in die Tiefe gehen. Eine echte Bereicherung sind auch die Illustrationen von Guglielmo Manenti, bei deren Betrachtung sich ähnlich vielfältige Assoziationsräume öffnen wie beim Lesen der Texte.

Lesend und schauend tun sich Welten auf, die sonst unter der Alltagsoberfläche verborgen liegen oder gar ein noch heimlicheres Dasein in tieferen Schichten des Ichs führen. Alexander Graeff spielt mit Assoziationen und Erinnerungseinbrüchen, welche die „Realität“ für die Dauer der Geschichte an den Rand drängen, ohne jedoch das „Alltägliche“ gänzlich aus den Augen zu verlieren. Zuweilen erscheinen die geschilderten Begegnungen und Begebenheiten seltsam zeitlos, losgelöst von konkreten Orten und aktuellem Tagesgeschäft. Dann wieder liest man, leichthin eingestreut, von vertrauten Straßennamen, bekannten Plätzen, Café-Besuchen, U-Bahn-Fahrten und all jenen Dingen, die bei einem Spaziergang durch die Großstadt mit wachem Blick erfahrbar sind. Gerade dieses Wiedererkennen alltäglicher „Rituale“ trägt dazu bei, dass der Leser auch vor abstrakteren Gedankengängen nicht zurückschreckt.

Ein besonders gelungenes Beispiel für das locker verwobene Netz von Alltag und Transzendenz, Exotik und allzu Vertrautem stellt für mich die Geschichte „Die Kunstmaler“ dar: Ein Kaleidoskop an „Parallelwelten“ eröffnet sich, in dem die Bewohner einer Künstlerkolonie mit den Meistern, deren Werke sie kopieren, verschwimmen, der Erzähler sich von einem Unbekannten verfolgt glaubt und der verzweifelte Kinderwunsch eines jungen Paares in der Errichtung einer unheimlichen, halborganischen Skulptur gipfelt.

Nach dem Zuschlagen des Büchleins liegen unzählige Fragen auf der Zunge, hängen unzählige Bilder im Kopf.

Wie schon in den Worten zum Geleit dem Leser mitgegeben, sind die Texte essentiell „unabgeschlossen“, die Gedanken, die Alexander Graeff vor dem Leser ausbreitet, „in Schleifen gebettete Fragmente“. Darauf kann sich sicherlich nicht jede/r Leser/in in jeder Situation einlassen, trotz der Kürze der Texte. Mehr als intellektuelle Konzentration erfordert das Lesen eine beinahe meditative Herangehensweise. Wer sich die Zeit und Ruhe nimmt, sich auf die literarischen Kontrapunkt zur hektischen, reizüberfluteten Alltagswelt einzulassen, dem werden flüchtige Blicke hinüber in jene verschollenen „Parallelwelten“ gewährt, ähnlich jenen Erinnerungsfetzen aus der Kindheit, die überreich an Sinneseindrücken, aber aus jeglichem „vernünftigen“ Kontext gerissen, uns ein Leben lang begleiten. In diesen Erinnerungen gibt es kein klar voneinander abgegrenztes „Gut“ und „Böse“, sie sind intensiv und wunderschön und zugleich oftmals verstörend.

Mancher Leser wird sich von den hingestreuten Hinweisen, den aufgenommenen und wieder fallen gelassenen Fäden, den kurz geöffneten und wieder zugeschlagenen Falltüren sicherlich irritiert fühlen. Zu sehr sind wir darauf trainiert, Antworten auf unsere Fragen zu verlangen, und werden leicht ungehalten, wenn wir sie nicht unmittelbar und in mundgerechten Stücken serviert bekommen. Jedoch schafft es das Buch durch seine spielerische Leichtigkeit im Umgang auch mit philosophischen, metaphysischen Fragen, den Leser aus den alltäglichen Erwartungen herauszureißen und zum Versinken in eine andere Welt einzuladen.

Mehr als die Tür einen Spalt weit aufstoßen kann der Autor nicht tun. Hindurchgehen muss jeder Leser allein.

http://www.alexander-graeff.de/

_Anja Kümmel_

Ketchum, Jack – Beutezeit

Die junge Lektorin Carla hat sich in die Einsamkeit der Wälder von Maine zurückgezogen, um einmal richtig auszuspannen. Zu diesem Zweck lädt sie zugleich ihren Geliebten Jim ein sowie ihre Schwester Marjie mit deren Freund Dan und ihren Ex-Freund Nick mit dessen Geliebten Laura. Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich, bis die Katastrophe über die sechs Menschen hereinbricht. Eine Familie verwilderter, degenerierter Kannibalen macht seit Jahren die Gegend unsicher und hat sich ausgerechnet jene Wälder als Jagdrevier auserkoren. Carla und ihre Freunde sind für die Menschenfresser die ideale Beute, und so beginnt eine Nacht des Grauens für die jungen Leute …

Der Roman ist bereits über 25 Jahre alt und erinnert wohl nicht ganz zufällig an Filme wie [„The Hills Have Eyes“]http://www.powermetal.de/video/review-911.html oder „Wrong Turn“. Mittlerweile ist man als Freund des härteren Horrors an solche Szenarien gewöhnt, und dennoch ist dieses Buch verstörend und grausam. Das Unterbewusstsein des Lesers ist zu einer viel eindringlicheren Auseinandersetzung mit der Thematik gezwungen, als es bei einem Film möglich ist, der nach gut 100 Minuten in der Regel vorbei ist. Vor einem Vierteljahrhundert waren derartige Storys jedoch noch eine echte Rarität, und so verwundert es nicht, dass Ketchum sein Manuskript ein wenig entschärfen musste. Die vorliegende Version ist jedoch die unzensierte Fassung des Romans und wird vom Verlag nicht zu Unrecht in der Reihe |Heyne Hardcore| publiziert.

Der Roman beginnt mit einer Hetzjagd, bei der eine Frau von einer Horde wilder Kinder gejagt und wirklich nur in letzter Sekunde gerettet wird, indem sie sich über die Klippen ins Meer stürzt, wo sie völlig verstört und schwerverletzt geborgen wird. Eine Szene, die durch ihren brutalen Charakter sehr real und bedrohlich wirkt, aber auch in anderen Werken gut darin vorkommen könnte. Auch auf den nächsten hundert Seiten, auf denen die Personen vorgestellt werden und man einen ersten Einblick in die Gesellschaftsstruktur der Wilden bekommt, sind noch nicht sonderlich hart und gewalttätig, so dass man sich unweigerlich fragt, wieso dieses Buch in der Reihe |Heyne Hardcore| erscheint und Psycho-Autor Robert Bloch sogar mit dem Satz zitiert wird: „Eines der erschreckendsten Bücher, die ich je gelesen habe.“

Bis dahin ist das Buch zwar auch spannend und kurzweilig geschrieben und man muss sich nicht durch zähe Einleitungskapitel quälen, aber der angepriesene Hardcore-Schrecken beginnt erst im dritten Teil – und zwar richtig. Der Terror bricht schlagartig und ohne Vorwarnung über die Menschen herein, und selbst der Leser, obwohl er das nahende Unglück bereits hautnah miterlebte, wird überrascht davon, wie schnell und brutal die Kannibalen zuschlagen. Was dann folgt, ist eine Belagerung der Überlebenden, die nicht ohne Grund an George A. Romeros Kultfilm „Die Nacht der lebenden Toten“ erinnert. Im Nachwort schreibt Ketchum, dass dieser Vergleich durchaus gewollt war, nur dass seine Opfer eben nicht durch Untote bedroht werden, sondern durch Menschen, die sämtlicher Zivilisiertheit beraubt nur noch instinktgetriebene Bestien sind. Und hier liegt auch das Erschreckende, Verstörende des Romans verborgen. Das Grauen ist real und der Schrecken kein aus dem Grab auferstandener Toter, kein blutgieriger Vampir aus Transsylvanien und auch kein zottiger Werwolf, sondern eine Bande Zurückgebliebener, die ihre Leidenschaft für menschliches Fleisch entdeckt hat. Wer vermag zu sagen, was in der Einsamkeit riesiger Wälder alles auf den Menschen wartet?

Die Folterungen und Gräueltaten sind realistisch und schonungslos, und der entsetzte Leser weiß, dass außerhalb seines Bettes, seiner Badewanne oder seines Wohnzimmers, wo immer er auch gerade dieses Buch liest, Menschen solche Qualen durchaus erlitten haben und erleiden werden. Und warum eigentlich immer die anderen? Was sollte einen selbst vor einem solchen Schicksal bewahren? Und wie würde man selbst in einer solchen Situation reagieren? All diese Fragen beschäftigen bei der Lektüre des Romans.

In einem Buch, welches seine Figuren und Charaktere so lebensecht nahebringt, wie Ketchum dies gelingt, ist es unumgänglich, dass man sich mit der einen oder anderen Person identifiziert, und dann hat man das Problem, sich mit dem auseinanderzusetzen, was diese Leute im Roman erdulden müssen oder wozu sie gezwungen werden. Und für all diejenigen, die meinen zu wissen, wie es ausgeht, sei an dieser Stelle verraten, dass es sicherlich ganz anders enden wird. Ketchum zeigt, wie das Leben spielt, für Hollywood-Phantasien ist dabei kein Platz. Menschen reagieren hier menschlich; das gilt selbst für den zurückgebliebenen, kannibalischen Aggressor.

Der Leser wird nach diesem Horror-Trip glücklicherweise von einem Nachwort des Autors aufgefangen, so dass er mit seinen Gedanken und Emotionen nicht allein gelassen wird und erfährt, wieso und weshalb der Autor diese und jene Formulierung wählte und was er damit versucht hat auszusagen. Im Vorwort berichtet Douglas E. Winter über den Roman, darüber, was er empfand, als er ihn las, und was sich hinter einer so grausamen, ja menschenverachtenden, Geschichte verbirgt.

Das Cover ist fast schon gediegen, zeigt lediglich den muskulösen Arm eines Mannes mit einem blutigen Jagdmesser in der Hand. Doch die riesigen blutroten Lettern des Titels schleudern dem Betrachter ihre Botschaft mitten ins Gesicht: Jetzt ist „Beutezeit“, und wie die Opfer im Roman wird der Leser zur Beute der unerträglichen Spannung, bis zuletzt muss man weiterlesen, selbst wenn man die Gewaltdarstellungen nicht gutheißen will, aber man muss einfach wissen, ob die fiesen Menschenfresser am Ende nicht das erhalten, was sie verdienen.

_Fazit:_ Ein verstörender, gewalttätiger Horror-Roman, der einen echten und durchaus denkbaren Schrecken für den Leser bereithält. Ein Buch, welches zu Recht in der Reihe |Heyne Hardcore| erschienen ist und zeigt, wie dünn die Fassade der Zivilisation wirklich ist.

|Originaltitel: Off Season
Übersetzer: Friedrich Mader
285 Seiten|

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http://www.heyne-hardcore.de

_Florian Hilleberg_

Whitfield, Kit – Wolfsspur

Die Bevölkerung unserer Erde besteht zu über neunzig Prozent aus Werwölfen, den so genannten Lykos. Die Nicht-Lykos, die „Nons“, werden abschätzig als Glatthäute bezeichnet und als Missgeburten angesehen. Sämtliche Nicht-Werwölfe müssen später bei der ASÜLA arbeiten, dem Amt zur ständigen Überwachung lykanthropischer Aktivitäten.

Zu dieser Behörde gehört auch Lola Galley, die als Anwältin und Fängerin bei ASÜLA tätig ist. Jetzt muss sie die Verteidigung eines gewissen Ellaway übernehmen, der es als Werwolf angeblich nicht mehr schaffte, bei Einbruch der Vollmondnacht einen geeigneten Schutzbunker aufzusuchen. Als Lyko überfiel er Lolas Partner Johnny Marco und biss ihm eine Hand ab. Doch der Fall erhält eine völlig neue tragische Dimension, als Johnny plötzlich erschossen wird – mit einer silbernen Kugel! Bricht hier der schon lange unterschwellig gärende Hass der Lykos gegen die Minderheit der Nons an die Oberfläche?

Kurz darauf wird bei einem Fängereinsatz, bei dem in Vollmondnächten streunende Werwölfe aufgriffen werden, auch Lolas neuer Partner, ein Praktikant, schwer verwundet. Der Täter Seligmann wird von Lola und einem weiteren Auszubildenden verhört. Wenig später wird auch dieser Azubi mit einer Silberkugel erschossen.

Lola Galley verstrickt sich nicht nur in den Machenschaften ihres eigenen Amtes, sondern muss auch die innere Kluft zwischen Nons und Lykos überwinden, um den Fall zu lösen. Dass sie sich in den Lyko Paul Kelsey, einen Sozialarbeiter, verliebt, scheint ihr zunächst dabei zu helfen. Doch dann gehört Paul plötzlich zu den Hauptverdächtigen und Lolas Welt bricht endgültig zusammen …

Eine höchst interessante alternative Realität hat Kit Whitfield hier in ihrem Debütroman entworfen, der am ehesten zur Social-Fantasy gerechnet werden muss. Die Handlung spielt in einer Großstadt in der Gegenwart, in welcher alles so ist, wie wir es kennen, nur mit dem Unterschied, dass die meisten Menschen Lykanthropen sind.

Einfühlsam versteht es Whitfield, die Kluft zwischen den Werwölfen und den „Nons“ herauszuarbeiten, und benutzt die Lykanthropie als gelungene Metapher auf unsere eigene Gesellschaft, nur dass bei Whitfield die „normalen“ Menschen die Minderheit bilden. Wurde der Werwolf bislang in der phantastischen Literatur meistens als Einzelgänger oder Verfluchter dargestellt, so dreht die Autorin dieses Mal den Spieß um und zeigt dem Leser eine Welt, in der es von Nachteil ist, ein gewöhnlicher Mensch zu sein. Wobei diese Normalität gänzlich im Auge des Betrachters liegt und in Whitfields Vision eben darin besteht, die Gabe der Metamorphose zu besitzen. Allerdings können die Werwölfe ihre Verwandlung nicht steuern, sondern sind gänzlich dem Mondzyklus ausgeliefert.

Gekonnt zeigt die Schriftstellerin auf, wie paradox eine Gesellschaft auf Andersartigkeit reagieren kann. Obwohl die „Nons“ verpönt und geächtet werden, sind sie ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Systems. Damit sich die Lykanthropen während der Vollmondnächte nicht gegenseitig zerfleischen oder Nons anfallen, müssen sie sich bei Vollmond in Schutzbunker flüchten, wo sie sich in Ruhe austoben können. Vereinzelte Streuner werden von Angehörigen der ASÜLA eingefangen. Gerade deshalb ist die Minderheit der Nicht-Werwölfe für eine Gesellschaft, die sich bei Vollmond fast komplett in eine Horde wilder Tiere verwandelt, von unermesslichem Wert. Hier zeigt die Schriftstellerin realitätsnah die Schizophrenie dieser Gesellschaft. Da die Mehrheit sich in Werwölfe verwandelt, wird abschätzig auf jene hinabgeschaut, die diese Fähigkeit nicht besitzen und somit unnormal sein müssen. Verhaltensweisen, die auch auf unsere Lebensgemeinschaft durchaus zutreffend sind und immer wieder beobachtet werden können.

Die Protagonistin des Romans, Lola Galley, ist eine solche „Non“ und bei der ASÜLA als Anwältin und Fängerin beschäftigt. Als Nicht-Werwölfin hat sie wie alle Nons keine leichte Kindheit gehabt, und auch in ihrem Berufsleben leidet sie unter ihrer Andersartigkeit. Whitfield hat es hervorragend verstanden, den zynisch-depressiven Charakter von Lola glaubhaft herauszuarbeiten. Lola berichtet ihre Erlebnisse aus der Ich-Perspektive, was die Suche nach dem Täter spannender gestaltet, da der Leser genauso im Dunkeln tappt wie die Protagonistin selbst, dafür wird er aber auch mit den düsteren und schwermütigen Gedanken Lolas hautnah konfrontiert. Das macht die Lektüre bisweilen ein wenig langatmig und trostlos, denn Optimismus gehört nicht zu den Eigenschaften von Whitfields Hauptfigur.

Wer aufgrund von Titel, Cover oder auch dem Klappentext einen reißenden Werwolf-Schocker im Stil von „Der Mr.-Hyde-Effekt“ oder „Underworld“ erwartet, wird sicherlich enttäuscht sein. Dieses Buch lotet das gesamte Spektrum der Möglichkeiten aus, die ein solches alternatives Szenario zu bieten hat, und vermeidet die simple Darstellung von Gewalt und Action. Der Roman ist stellenweise sehr beklemmend, wenn die Verhörmethoden der ASÜLA geschildert werden, die stellenweise starken Gestapo-Charakter aufweisen. Auch hier wird die Ohnmächtigkeit der Minderheit der Nons gegenüber der Mehrheit der Werwölfe deutlich. Die Angehörigen der ASÜLA nutzen die Verhöre oftmals, um Frust und Hilflosigkeit abzubauen. Der Leser wird direkt mit der dunklen Seite der menschlichen Seele konfrontiert, wenn sich selbst die Ich-Erzählerin Lola solcher Methoden bedient, auch wenn sie mit Gewissensbissen zu kämpfen hat.

Die Eingliederung in ein Genre war selten so schwer wie bei diesem Werk, und die oben erwähnte „Social-Fantasy“ wird diesem Buch nicht ganz gerecht. Es ist kein Horror-Roman, keine Kriminalgeschichte und auch keine „Fantasy“. Es steckt sowohl ein Liebesroman als auch eine gelungene Gesellschafsstudie in diesem Werk. Ein hochaktueller und sehr brisanter Roman, der mit Sicherheit nicht verfilmt werden wird.

Die Aufmachung ist dem Verlag hervorragend gelungen. Als Relief erhebt sich der Titel unter einem vollen, strahlenden Mond, über den sich die blutigen Kratzer eines wilden Prankenhiebs erstrecken. Hier wird dem Leser vielleicht eine gänzlich andere Story suggeriert, aber im Nachhinein ist das Motiv dennoch passend ausgewählt worden und funktioniert als Gleichnis zur angeschlagenen Seele einer Nicht-Werwölfin.

_Fazit:_ Ein faszinierender Erstling aus der Feder von Kit Whitfield. Die alternative Realität, in der die meisten Menschen in den Vollmondnächten zu Werwölfen mutieren, wird hier als gelungene Metapher auf die heutige Gesellschaft und ihre Reaktion auf Minderheiten angewendet. Wolfsspur ist kein Horror-Roman, sondern vereint vielmehr die Hauptgenres der Literatur zu einem düsteren, pessimistischen Werk voller Gefühl und Spannung. Dem innerlich zerrissenen Charakter der Protagonistin wird dabei viel Aufmerksamkeit geschenkt.

„Wolfsspur“ ist ein Buch für Freunde anspruchsvoller Fantasy- und Horrorliteratur; Fans von Kriminal- und Liebesgeschichten kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Allerdings hat der Roman auch seine Längen, und der Zynismus und Pessimismus der Hauptfigur bleiben nicht ohne Wirkung auf den Leser.

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_Florian Hilleberg_

Gerber, Rip – Pharma

Im brasilianischen Regenwald werden zwei Touristinnen von einer riesigen Venusfliegenfalle angegriffen und beinahe getötet. Auch die Forscherin Susan Plotkin muss sich einer höchst aggressiven Aya-Ranke erwehren, die sie nur dadurch vernichten kann, indem sie den Jeep, in welchem sie die Pflanze transportierte, in die Luft jagt. Susan und ihr Kollege Ben Maxwell sehen in der Entdeckung die unglaubliche Chance, die Schließung ihres Labors im Regenwald zu verhindern.

Ursprünglich sollte die Einrichtung, welche die Firma ChemGen finanziert, der Entdeckung eines Medikaments gegen Progerie dienen. Doch diverse Experimente schlugen fehl, und als ein Indianermädchen, an dem das Arzneimittel getestet wurde, starb, wurde das Projekt beendet. Nun stehen die Arbeitsplätze der Wissenschaftler auf dem Spiel. Doch das ist nur das geringste Problem von Susan und ihren Mitarbeitern, denn der fanatische und stinkreiche Urwaldschützer Hopkins hat Wind von den killenden Riesenpflanzen bekommen und schickt sich an, das Geheimnis des Gigantismus zu ergründen, notfalls auch mit Gewalt durch hiesige Söldner …

Rip Gerbers Debütroman wird direkt mit folgendem Werbeslogan angepriesen: „Ein rasanter Wissenschafts-Thriller von erschreckender Aktualität“. So oder ähnlich werden allerdings zahllose Romane dieses Genres beschrieben, aber im Gegensatz zu vielen anderen Werken beschäftigt sich das vorliegende Buch nicht mit Viren oder mutierten Tieren, sondern rückt erstmals die Welt der Pflanzen in den Mittelpunkt des Geschehens. Dass dabei riesige Venusfliegenfallen Menschen angreifen, hört sich im ersten Moment sehr plakativ und trashig an – und ist es letztendlich auch. In erster Linie interessiert den Autor mit Sicherheit der Unterhaltungswert seines Buches und weniger die Glaubwürdigkeit oder Authentizität. Auch wenn auf der sehr anschaulich gestalteten [Internet-Seite]http://www.pharmathriller.de einige interessante Fakten zu den Pflanzen des Regenwaldes und den genetischen Versuchen, die mit ihnen gemacht werden, stehen, so ist der größte Teil der Geschichte reine Fiktion.

Bei den Charakteren bedient sich Gerber kräftig bei den üblichen Klischees und kreiert nicht nur die taffe, attraktive Forscherin Susan, sondern auch den etwas heruntergekommenen, aber dafür umso brillanteren Wissenschaftler Ben Maxwell, der neben dem ganzen Trubel um Firmenverschwörung und Killerpflanzen auch noch sein verkorkstes Familienleben auf Vordermann bringt. Leider ließ es sich der Schriftsteller auch nicht nehmen, ebenfalls einen dieser klugscheißenden und über die Maßen hinaus mutigen Jugendlichen in den Roman einzubauen, der dank seiner genialen Computerkenntnisse selbstverständlich einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Falles leistet. Als der knapp 14-jährige Bengel aber dann auch noch einen Hubschrauber steuert, dessen Handhabung er allenfalls aus diversen Computersimulationen her kennt, verlässt der Autor endgültig die Ebene der Glaubwürdigkeit. Der habgierige Geschäftsmann Hopkins weist zunächst noch überraschend differenzierte Charakterzüge auf, wird aber zum Ende hin ein genauso wahnsinniger wie bösartiger Gegenpart zu den oben erwähnten Gutmenschen, wie man ihn aus unzähligen Geschichten solcherlei Art her kennt.

So hervorragend Gerber in Sachen Botanik und Chemie recherchiert haben mag, was an sonstigen Fakten dem Leser geboten wird, ist gelinde gesagt haarsträubend für einen Wissenschaftsthriller. Susan Plotkin jagt ihren Jeep nebst Monsterpflanze allein dadurch in die Luft, dass sie eine Kugel in den Tank schießt. Ein Motorrad, welches aus einigen Metern zu Boden stürzt, fängt ebenfalls sofort Feuer, und als Vater und Sohn den Urwald erkunden, finden sie zufällig eine zehn Meter lange Anakonda im Wipfel eines Baumes, wo die Riesenschlange einen Hirsch (!) verschlingt und blitzschnell die Flucht ergreift, als der Junge einen Stein nach ihr wirft. Abgesehen davon, dass man Anakondas auch im Regenwald Amazoniens nicht an jeder Ecke sieht, ist ein Exemplar von zehn Metern Länge eine echte Seltenheit. Eine Schlange von diesen Ausmaßen ist aber auch derart schwer, dass sie meistens im Wasser jagt und kaum in der Lage ist, einen Baum zu erklimmen, schon gar nicht mit einem Hirsch in den Fängen. Hinzu kommt, dass eine Riesenschlange beim Fressen und anschließend beim Verdauen kaum in der Lage ist, irgendwohin zu kriechen bzw. die Flucht zu ergreifen. Hier hat sich der Autor sein Wissen wohl in schlechten Filmen angeeignet.

Der Storyaufbau ist allerdings wirklich rasant und der Schreibstil sehr flüssig, so dass man das Buch recht zügig durchlesen kann, zumal die einzelnen Kapitel auch nicht sonderlich lang sind. Der Spannungsbogen wird trotz aller Mängel konstant gehalten. Wer es mit den Fakten nicht so genau nimmt und sich einfach für ein paar Stunden unbeschwert unterhalten möchte, der kann bei diesem Schmöker getrost zugreifen.

Die Aufmachung des Romans ist ebenso schlicht wie wirkungsvoll. Der Titel wurde in erhaben blutroten Lettern auf den Einband gedruckt und der schwarze Hintergrund mit dem grünen Fangblatt einer Venusfliegenfalle macht dem potenziellen Leser sofort klar, worum es in dem Buch geht. Für die Innenseiten des Bandes hat sich der Verlag auch eine originellere Lösung als die langweilige weiße Pappe einfallen lassen. Wenn man das Buch aufklappt, sieht man unter der vergrößerten Abbildung des Fangblattes vom Cover ein Foto des Autors. Auf der Innenseite des Klappentextes hat der Verlag die Chance für ein wenig Eigenwerbung ergriffen und präsentiert aktuelle Wissenschafts-Thriller in farbigen Abbildungen.

Fazit: Ein flüssig geschriebener Thriller über die Abgründe moderner Pharmazeutikunternehmen. Wer auf anspruchsvolle Unterhaltung hofft, wird bei diesem Buch sicherlich enttäuscht werden. Wer sich allerdings nur die Zeit mit einer kleinen Horror-Story à la Hollywood vertreiben will und nicht viel Wert auf Charakterzeichnung legt, der kann sich den Roman bedenkenlos zulegen.

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_Florian Hilleberg_

McGraup, Per / Gruppe, Marc – Hexenfluch, Der (Gruselkabinett 21)

Der Hexenjäger Junker Harper verbrennt im Jahre 1662 die angeblich der Hexerei überführte Katrina van Kampen öffentlich auf einem Scheiterhaufen. Vor ihrem grausigen Tod stößt sie einen schrecklichen Fluch aus. Am Abend vor Allerheiligen würde sie zurückkehren und Rache an ihrem Peiniger nehmen, ebenso wie an seinen Nachkommen.

300 Jahre später jährt sich abermals die Halloween-Nacht. Mittlerweile sind nur noch zwei Nachkommen Junker Harpers am Leben, die Schwestern Emily und Abigail Harper. Während sich Erstere wie jedes Jahr zu Tode fürchtet, ist die Letztgenannte von der Geschichte eher amüsiert und von der albernen Furcht ihrer Schwester schon ziemlich genervt.

Dieses Jahr spielen beide wie so oft die Babysitter für Charlotte Andrews, während die Eltern eine Party besuchen. Da klingelt das Telefon und eine Stimme verkündet Emily Harper den Tod …

Die 21. |Gruselkabinett|-Folge kommt mit einer fast schon trivialen Story daher. Die Geschichte vom Hexenfluch ist beinahe so alt wie das Gruselgenre selbst. Klassischer als dieses Hörspiel kann eine solche Handlung nicht beginnen und Klaus-Dieter Klebsch ist ein idealer Erzähler, der es mit seiner sonoren, kräftigen Stimme schafft, dem Hörer die Szenerie plastisch vor Augen zu rufen. Bekannt ist der Sprecher beispielsweise als Stimme von Alec Baldwin, Gabriel Byrne oder „Dr. House“.

Im Laufe der Geschichte betritt das Hörspiel regelrecht Neuland, was die Reihe „Gruselkabinett“ betrifft, denn bislang spielten die ersten 20 Hörspiele weit in der Vergangenheit, im 17., 18. oder 19. Jahrhundert. „Der Hexenfluch“ von Per McGraup beginnt zwar im Jahr 1662, der Großteil der Handlung aber spielt 1962, gerade mal 45 Jahre vor unserer Zeit und die böse Hexe kann sich sogar eines Telefons bedienen. Neben dem Zweiteiler [„Spuk in Hill House“ 1866 ist dies auch die einzige Folge, in der Autos eine Rolle spielen. Die beiden alten Damen erinnern zunächst frappant an die skurrilen Hauptdarstellerinnen des Hörspiels „Tödliche Begegnung mit dem Werwolf“ aus |Europas| legendärer Gruselserie von H. G. Francis. Bei näherer Betrachtung hinkt der Vergleich allerdings gewaltig. Die beiden Damen im vorliegenden Hörspiel sind zwar ebenfalls Schwestern, aber während die eine fest an den Fluch glaubt, tut die andere ihn als Spinnerei ab und setzt ihn sogar für eigenen Zwecke ein.

Gesprochen werden die beiden Protagonistinnen übrigens von Marianne Wischmann und Edith Schneider. Erstere ist mit ihrer markanten Stimme in erster Linie den Comedy-Fans ein Begriff. In der Kultserie „ALF“ lieh sie ihre Stimme der tratschenden Nachbarin Rachel Ochmonek. Edith Schneider hat unter anderem Doris Day synchronisiert. Beide Sprecherinnen waren im „Gruselkabinett“ zuerst in [„Dracula“ 3489 mit dabei. Die Hexe Katrina van Kampen wird sehr leidenschaftlich und dämonisch von Cathlen Gawlich dargestellt, so dass man ein wenig betrübt darüber ist, dass sie relativ wenig Text bekommen hat.

Effekte und Musik sind wieder erstklassig, wenn auch nicht überragend. Vor allem der Soundtrack wurde dem Zeitgeist angepasst und gerade die Musik zu Beginn des dritten Tracks erinnert stark an die ersten |John Sinclair|-Hörspiele aus dem Tonstudio Braun.

Die Illustration, erneut von Firuz Askin, ist von gewohnt hoher Qualität, auch wenn die Hexenjäger im Hintergrund schon recht grob aussehen, fast wie einem Comic entliehen.

Fazit: Das Gruselkabinett wartet in der 21. Folge mit einer etwas anderen Story auf, deren Plot aber schon so alt wie die Inquisition selbst ist. Die Handlung erinnert ein wenig an einen Gruselheftroman, vermag einen regnerischen Oktoberabend aber dennoch gekonnt zu versüßen. Die Besetzungsliste strotzt vor lauter neuen Namen, so dass die Folge auch in sprachlicher Hinsicht frisch und unverbraucht klingt.

Home – Atmosphärische Hörspiele


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_Das |Gruselkabinett| auf |Buchwurm.info|:_

[„Carmilla, der Vampir“ 993 (Gruselkabinett 1)
[„Das Amulett der Mumie“ 1148 (Gruselkabinett 2)
[„Die Familie des Vampirs“ 1026 (Gruselkabinett 3)
[„Das Phantom der Oper“ 1798 (Gruselkabinett 4)
[„Die Unschuldsengel“ 1383 (Gruselkabinett 5)
[„Das verfluchte Haus“ 1810 (Gruselkabinett 6)
[„Die Totenbraut“ 1854 (Gruselkabinett 7)
[„Spuk in Hill House“ 1866 (Gruselkabinett 8 & 9)
[„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349 (Gruselkabinett 10)
[„Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11)
[„Frankenstein. Teil 1 von 2“ 2960 (Gruselkabinett 12)
[„Frankenstein. Teil 2 von 2“ 2965 (Gruselkabinett 13)
[„Frankenstein. Teil 1 und 2“ 3132 (Gruselkabinett 12 & 13)
[„Die Blutbaronin“ 3032 (Gruselkabinett 14)
[„Der Freischütz“ 3038 (Gruselkabinett 15)
[„Dracula“ 3489 (Gruselkabinett 16-19)
[„Der Werwolf“ 4316 (Gruselkabinett 20)
[„Der Hexenfluch“ 4332 (Gruselkabinett 21)
[„Der fliegende Holländer“ 4358 (Gruselkabinett 22)
[„Die Bilder der Ahnen“ 4366 (Gruselkabinett 23)
[„Der Fall Charles Dexter Ward“ 4851 (Gruselkabinett 24/25)
[„Die liebende Tote“ 5021 (Gruselkabinett 26)
[„Der Leichendieb“ 5166 (Gruselkabinett 27)

_Florian Hilleberg_

Laymon, Richard – Nacht

Eigentlich wollte Alice nur das luxuriöse Haus ihrer Freunde nahe dem Wald hüten, solange seine Bewohner verreist sind. Als kurz nach Mitternacht ein Fremder aus dem Wald kommt, sie beobachtet und provoziert, beginnt für Alice allerdings ein mörderischer Albtraum. Ein junger, hilfsbereiter Mann, der sich verwählt hat und Alice vor dem sonderbaren Fremden retten will, endet mit einem Säbel im Schädel. Nun muss die junge Frau die Konsequenzen aus ihrer folgenschweren Verwechslung ziehen. Die Polizei zu verständigen, kommt für Alice mit ihrer bewegten Vergangenheit schon mal gar nicht in Frage, und so will sie den Toten spurlos und sicher entsorgen. Dazu muss sie aber nicht nur die Leiche loswerden, sondern auch das Telefon des toten Mannes finden, auf dem ihre Nummer mit Hilfe der Wahlwiederholung einwandfrei festzustellen ist. Und damit kommt eine Lawine ins Rollen, in welcher Alice nicht nur ihre eigenen Kaltblütigkeit bis an die Grenzen belasten, sondern sich darüber hinaus auch eines Kannibalen und eines Psychopathen erwehren muss …

Seit Kurzem wird Richard Laymon als neuer Stern am Horror-Himmel gefeiert und seine Bücher werden in der Reihe |Heyne Hardcore| auch dem deutschen Publikum zugänglich gemacht. |“Es wäre ein Fehler, Richard Laymon nicht zu lesen!“|, meint beispielsweise Stephen King, und Dean Koontz behauptet angeblich sogar: |“Richard Laymon hat einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. So schreiben kann niemand!“| Der vorliegende Roman ist zweifelsohne ganz gut geschrieben worden. Solcherlei Lobhudeleien sind allerdings weit von der Wahrheit entfernt und übertreiben maßlos.

Häufig werden die Romane Laymons als Horror-Geschichten eingeordnet. Tatsächlich sind es eher Psycho-Thriller, die vornehmlich durch exzessive Beschreibungen von Gewalt und Sex die Leserschaft zu schocken versuchen. Im vorliegenden Roman erzählt eine junge Frau namens Alice von zwei Nächten voller absonderlicher, ja geradezu grotesker Erlebnisse, die sonst keinem Menschen widerfahren würden.

Der Stil ist dabei locker, flüssig und beinahe schon satirisch zu nennen. Mit viel Witz und Ironie, bisweilen auch ein wenig Zynismus, berichtet Alice von einem unabsichtlichen Mord und ihrem Versuch, diesen zu vertuschen. Die Originalität des Romans basiert vor allem auf der Tatsache, dass Alice selbst eine völlig skrupellose und kaltschnäuzige Psychopathin ist. Kleine Nebensätze und Berichte aus ihrer Vergangenheit sollen dem Leser unmissverständlich klarmachen, dass die Protagonistin aber im Gegensatz zu ihrem Gegenspieler, einem Spaßkiller, ein Opfer der Gesellschaft ist, beziehungsweise dasjenige einiger echt kranker Individuen.

Die Veröffentlichung innerhalb der Reihe |Heyne Hardcore| sagt es bereits aus, dass diese Lektüre nicht für Leser unter 18 Jahren geeignet ist; einige Beschreibungen von Sex und Gewalt sind wirklich schwere Kost, wenngleich nicht ganz so pervers wie in [„American Psycho“. 764 Ob man allerdings gewillt ist, sich mit Alice zu identifizieren, muss jeder für sich entscheiden. Erstaunlich ist jedenfalls, mit welcher Zufälligkeit die Heldin des Romans innerhalb von 48 Stunden von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt und nur auf Menschen trifft, welche es mit geradezu stoischer Ruhe hinnehmen, wenn in ihrer Nähe jemand ermordet oder aufgefressen wird, wenn sie nicht gerade selbst die Mörder sind.

Die Glaubwürdigkeit des Romans bleibt also zunächst dahingestellt und nach dem „Genuss“ dieser Geschichte kann man leicht dem Irrglauben erliegen, die Welt bestünde nur aus total irren Lustmördern und Kannibalen. Selbst im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wo auch die Schattenseiten der menschlichen Natur ihre Existenzberechtigung haben, steckt nicht jeder einsam gelegene Wald voller pervers veranlagter Killer.

Ein wenig irreführend ist allerdings der Klappentext, der beschreibt, dass Alice von einem mysteriösen Anrufer terrorisiert wird. Der arme Tony bietet ihr aber nur seine Hilfe an, als er bemerkt, dass er sich verwählt hat. Der Terror geht eindeutig von dem seltsamen Fremden aus, der mitten in der Nacht nackt im Swiming Pool planscht, um sich anschließend vor Alice‘ Augen an der Terrassentür zu verlustieren. Die Aufmachung des Buches ist ansonsten schlicht und dennoch ansprechend. Titel und |Heyne-Hardcore|-Logo sind leicht erhaben auf den Umschlag gedruckt worden und verleihen dem Taschenbuch eine edle Note.

_Fazit:_ Gut lesbarer, manchmal etwas überzogener und dadurch schon satirisch angehauchter Horror-Trip, der zum Teil jenseits des guten Geschmacks liegt. Potenzielle Käufer sollten eine hohe Toleranzschwelle besitzen und dürfen nicht gerade zimperlich sein. Aber in Zeiten, in denen Folterungen à la „Saw“ und „Hostel“ in brutalen Einzelheiten im Kino vorgeführt werden, ist das, was der Leser in diesem Buch geboten bekommt, geradezu unerheblich.

http://www.heyne-hardcore.de/
http://www.ains.net.au/~gerlach/rlaymon2.htm

_Richard Laymon auf |Buchwurm.info|:_

[„Das Spiel“ 3491
[„Die Insel“ 2720
[„Rache“ 2507
[„Vampirjäger“ 1138

_Florian Hilleberg_

Dumas, Alexandre / Gruppe, Marc – Werwolf, Der (Gruselkabinett 20)

Frankreich 1779. Der junge Holzschuhmacher Thibaut, vom Baron Jean de Vez gegängelt und zu arm, um die schöne Agnelette zu ehelichen, will endlich reich und mächtig sein. Eines Nachts rettet er einem großen Wolf das Leben, der sich in seinem Stall in einen Menschen verwandelt. Dieser macht dem jungen Mann ein verlockendes Angebot: Er kann sich jeden Wunsch erfüllen. Doch bei seinem ersten Wunsch würde ihm ein neues Haar wachsen, beim zweiten Wunsch ein zweites und beim dritten vier Haare. Anschließend würde sich bei jedem Wunsch die Zahl der Haare verdoppeln. Eigentlich ein geringer Preis für eine derartige Macht, aber schon bald muss Thibaut erkennen, welch teuflische Absicht hinter diesem Plan steckt …

Nach der fulminanten [Hörspiel-Adaption 3489 des Romans „Dracula“ liefert |Titania Medien| dieses Mal die Vertonung einer Kurzgeschichte des französischen Schriftstellers Alexandre Dumas ab, der vor allem durch seine Musketier-Romane bekannt wurde.

Mit „Der Werwolf“ hält nun neben dem Vampir eine weitere klassische Gruselgestalt Einzug in das Gruselkabinett. Allerdings gestaltet sich die Story eher wie die klassische Faust-Geschichte denn als ein typisches Werwolf-Märchen, aber das kann man von einer Novelle des 18. Jahrhunderts auch nicht erwarten. Daher ist der Plot auch nicht unähnlich jenem aus dem Gruselkabinett-Hörspiel 15 [„Der Freischütz“, 3038 worin der Teufel in anderer Gestalt seine Gunst an einen unglücklich Verliebten vergibt. Dennoch gestaltet sich der Verlauf der Handlung natürlich gänzlich anders, dafür sind die beiden Hauptfiguren zu verschieden charakterisiert. Thibaut ist viel abgeklärter und egozentrischer als der Amtschreiber Wilhelm aus Apels „Freischütz“.

Dargestellt wird der Holzschuhmacher von Thomas Nero Wolff, der in jüngster Zeit vor allem als Synchronstimme von Hugh Jackman zu hören war. Als Hörspielmime ist er aber nicht minder talentiert. Seine Stimme ist angenehm und ausdrucksstark und kann die Emotionen Thibauts hervorragend wiedergeben. Die weibliche Hauptrolle hat dieses Mal Uschi Hugo, die sonst für Neve Campbell hinter dem Mikro steht und ebenfalls eine so ausgeprägte Fantasie besitzt, dass sie auch ohne die bewegten Bilder leidenschaftlich zu sprechen versteht.

Als Neuzugang bei |Titania Medien| verkörpert Lutz Riedel den großen Wolf. Bekannt ist der erfahrene Sprecher nicht nur als Synchronstimme von Richard Gere und vielen anderen oder als Sprecher zahlreicher Dokumentationen, sondern auch als Kommissar Will Mallmann in der Hörspielserie „John Sinclair“ von |WortArt|. Auch in dieser Produktion macht Riedel eine mehr als gute Figur. Erwähnt werde sollte an dieser Stelle noch Marco Kröger als Baron de Vez, der die Hinterhältigkeit und Skrupellosigkeit des Charakters sehr lebensecht zu spielen vermag.

Am eindrucksvollsten ist aber mit Abstand die Musik, die den Hörer die ganzen 78 Minuten Spielzeit begleitet, und zwar in einer Qualität, wie sie nur äußerst selten in einem Hörspiel zu bewundern ist. Klassisch, dramatisch und immer genau der gerade dargestellten Situation angemessen. Wieder einmal ein Soundtrack, der sich hinter keiner Komposition für einen Hollywood-Streifen zu verstecken braucht.

Die oben erwähnte Dauer dieser Vertonung reizt das Medium CD bis zur Gänze aus und bietet dem Hörer Ohrkino fast in Spielfilmlänge, wo allenfalls die Trackanzahl stört. Hier sollte das Label ruhig einmal von seinen obligatorischen 13 Kapiteln abweichen.

Das Cover von Firuz Askin ist schlichtweg genial. Klassischer und eindringlicher könnte man eine derartige Szene nicht festhalten. Eines der besten Cover, die auf einem Hörspiel zu finden sind.

_Fazit:_ |Titania Medien| hält weiterhin in Sachen Qualität die Stange hoch. „Der Werwolf“ wartet nicht nur mit einer grandiosen Besetzungsliste auf, angeführt von Thomas Nero Wolff, sondern hat auch einen pompösen, erstklassigen Soundtrack zu bieten. Eine ideale Literatur-Vertonung für den Hörspiel-Herbst 2007.

Home – Atmosphärische Hörspiele

_Das |Gruselkabinett| auf |Buchwurm.info|:_

[„Carmilla, der Vampir“ 993 (Gruselkabinett 1)
[„Das Amulett der Mumie“ 1148 (Gruselkabinett 2)
[„Die Familie des Vampirs“ 1026 (Gruselkabinett 3)
[„Das Phantom der Oper“ 1798 (Gruselkabinett 4)
[„Die Unschuldsengel“ 1383 (Gruselkabinett 5)
[„Das verfluchte Haus“ 1810 (Gruselkabinett 6)
[„Die Totenbraut“ 1854 (Gruselkabinett 7)
[„Spuk in Hill House“ 1866 (Gruselkabinett 8 & 9)
[„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349 (Gruselkabinett 10)
[„Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11)
[„Frankenstein. Teil 1 von 2“ 2960 (Gruselkabinett 12)
[„Frankenstein. Teil 2 von 2“ 2965 (Gruselkabinett 13)
[„Frankenstein. Teil 1 und 2“ 3132 (Gruselkabinett 12 & 13)
[„Die Blutbaronin“ 3032 (Gruselkabinett 14)
[„Der Freischütz“ 3038 (Gruselkabinett 15)
[„Dracula“ 3489 (Gruselkabinett 16-19)
[„Der Werwolf“ 4316 (Gruselkabinett 20)
[„Der Hexenfluch“ 4332 (Gruselkabinett 21)
[„Der fliegende Holländer“ 4358 (Gruselkabinett 22)
[„Die Bilder der Ahnen“ 4366 (Gruselkabinett 23)
[„Der Fall Charles Dexter Ward“ 4851 (Gruselkabinett 24/25)
[„Die liebende Tote“ 5021 (Gruselkabinett 26)
[„Der Leichendieb“ 5166 (Gruselkabinett 27)

_Florian Hilleberg_

Butcher, Jim – Grabesruhe (Die dunklen Fälle des Harry Dresden 3)

Band 1: [„Sturmnacht“ 3168

Der Magier Harry Dresden und sein Freund Michael Carpenter, ein Angehöriger der „Ritter vom Kreuz“, müssen sich immer mehr Übergriffen von Geistern aus dem Niemandsland erwehren. Scheinbar wird die Grenze zwischen dem Geisterreich und der realen Welt immer durchlässiger. Zudem bekommt Harry mächtigen Ärger mit seiner Patentante Lea, einer bösen Fee aus dem Niemandsland, die der Magier einst austrickste. Doch das sind noch die geringsten Probleme von Dresden, denn die Geisterangriffe sind nichts mehr als Folgeerscheinung.

Der Geist eines vor ein paar Wochen von Harry und Michael getöteten Dämons sinnt auf Rache und bedroht alle, die an der Aktion beteiligt waren. Plötzlich schweben Harry Dresden und seine Freunde in tödlicher Gefahr, denn ihr Gegner kommt in der Nacht und während des Schlafs, ist überaus mächtig und äußerst böse. Darüber hinaus tritt er auch noch dem hiesigen Vampir-Clan auf die Füße und sieht sich alsbald einer wirklich wütenden Armee hungriger Blutsauger gegenüber …

Harry Dresdens drittes Abenteuer ist im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern weitaus komplexer und actionbetonter ausgefallen. Zu den Horror-Elementen kommt nun auch ein nicht unbeträchtlicher Teil Fantasy hinzu. Darüber hinaus wird der Leser auch mit einigen neuen Charakteren konfrontiert, die allerdings nicht langsam eingeführt, sondern sofort ins Geschehen integriert werden. So steht Harry nun ein treuer Freund namens Michael zur Seite, der nicht nur sehr gläubig ist, sondern darüber hinaus zu einem Ritterorden gehört und ein magisches Schwert besitzt, mit dem er gegen Geister und Dämonen kämpft. Michael ist allerdings auch ein liebender Familienvater und seine Frau Charity ist alles andere als angetan von den Ausflügen, die ihr Mann mit Harry Dresden unternimmt. Harry selbst bekommt mehrfach unangenehmen Besuch von seiner Patentante Lea, einer bösen Fee aus dem Niemandsland, die noch für viel Wirbel sorgen wird. Die Rolle von Murphy und ihren Kollegen ist dagegen recht spärlich ausgefallen. Dafür aber gibt es ein Wiederlesen mit der Vampirin Bianca, welche bereits im ersten Band „Sturmnacht“ eine Rolle spielte und nun zu einer Hauptperson avanciert, welche dem Magier Dresden einigen Ärger bereitet. Doch nicht alle Vampire wollen Harry an die Gurgel. Thomas vom weißen Hof der Blutsauger stellt sich sogar auf die Seite des Magiers, wenn auch nicht ganz uneigennützig.

Der Roman ist äußerst temporeich, humorvoll und dennoch dramatisch geschrieben worden. Wieder berichtet Dresden aus der Ich-Perspektive seinen Kampf gegen die finsteren Mächte. Dabei kommen er und seine Freunde nicht ohne Blessuren davon und in diesem Roman werden bereits einige Weichen für die nächsten Geschichten gestellt, die immer mehr ineinander greifen werden. Allerdings bewegt sich das Buch in Hinsicht auf Harrys Nehmerqualitäten oftmals zu sehr am Rande der Glaubwürdigkeit. Wie bereits bei „Wolfsjagd“ muss Dresden auch in diesem Roman einiges einstecken, hat aber kaum Gelegenheit dazu, sich wirklich auszuruhen. Das führt dazu, dass er sich mit Hilfe seiner magischen Kräfte und einiger übermenschlicher Anstrengungen seiner Gegner erwehren muss. Doch Magie und Willenskraft sind nicht schier unerschöpflich. Ab und zu sollte sich der Schriftsteller ein wenig zügeln. Weniger ist häufig mehr, und bei zu viel Action kommt dann oft die Atmosphäre zu kurz, die aber im vorliegenden Buch dank einiger sehr eindringlicher Szenen, wie dem Kampf auf dem Friedhof und dem Fest der Vampire, trotzdem vorhanden ist.

Bewundernswert ist auf jeden Fall die Gratwanderung Butchers zwischen den einzelnen Genres. „Grabesruhe“ ist Horror-Roman, Fantasy-Geschichte und Komödie gleichermaßen, wobei die Elemente der letztgenannten Gattung wohldosiert eingesetzt wurden und die Story niemals ins Lächerlich ziehen.

Die Aufmachung ist dem Verlag wieder grandios gelungen und die Gestaltung der einzelnen Bücher in jeweils einer anderen Farbe eine sehr originelle Idee. Dieses Mal wurde das Cover in einem düsteren Blau gehalten und zeigt eine unheilschwangere Wolkenwand, vor der sich die Silhouetten zweier Grabkreuze drohend erheben. Wirklich sehr stimmungsvoll und treffend.

_Fazit:_ Dramatisch-kurzweiliger Fall für Harry Dresden, der dem Magier im wahrsten Sinn des Wortes alles abverlangt. Die Handlung wird immer verschachtelter und in dem vorliegenden Roman geschehen entscheidende Dinge, welche für die nächsten Bücher von großer Bedeutung sein werden. Wer Horror-Storys mit einem gehörigen Schuss Ironie und Humor zu schätzen weiß, sollte sich die dunklen Fälle des Harry Dresden nicht entgehen lassen.

http://www.knaur.de
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_Florian Hilleberg_

Bionda, Alisha / Kleudgen, Jörg – Vampir von Düsseldorf, Der (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 9)

Band 1: „Der ewig dunkle Traum“
Band 2: „Kuss der Verdammnis“
Band 3: „Die Kinder der fünften Sonne“
Band 4: „Blutopfer“
Band 5: „Der Schattenkelch“

Das Covermotiv (von Mark Freier) des neunten Bandes der „Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik“ zeigt zwei Gesichter: ein attraktives kantiges ‚männliches‘ Gesicht, dem man Willenskraft und Ausstrahlung buchstäblich ansieht und ein anderes etwas verschwommen im Hintergrund eingeblendet: breiter, leicht depressiv wirkend, schattenhafter. Es handelt sich bei einem von beiden mit einiger Sicherheit um Peter Kürten, Vampir von Düsseldorf.

Ganz deutlich wird: Auch die Namen haben Aussagekraft. Peter Kürten klingt nach Durchschnitt, Unauffälligkeit, Mick Bondye deutet auf eine starke exzentrische Persönlichkeit. Und genau dies bestätigt sich im Verlauf der Handlung. Peter Kürten ist der unscheinbare, hilfsbereite Nachbar im mausgrauen Anzug, also ein Herr Jedermann. Das wäre an und für sich nicht unbedingt von Nachteil – wenn dieser Peter Kürten mit einem Dasein als Kleinbürger einverstanden gewesen wäre. Aber das ist er nicht. Er kann sich nicht sehen, und zwar im wörtlichen Sinn: Wenn gesagt wird, er vermeide es, in den Spiegel zu sehen: „Er drehte sich weg.“ (S. 49), so ist dies eine charakteristische Geste. Er will sein Gesicht nicht sehen. Er leidet an der Bedeutungslosigkeit, an der muffigen Enge, an der Dominanz seiner Frau, die er nicht begehrt, von der er es aber kaum erträgt, als Versager bezeichnet zu werden. Da war bereits in der Kindheit niemand, der ihn ‚aufgebaut‘ hätte, Armut und ein gewalttätiger Vater haben Spuren hinterlassen.

Leitmotivisch wiederholt sich das Gefühl der Demütigung. Verletzung, Demütigung, Aggressivität, ein Teufelskreis, aus dem schwer herauszukommen ist. Verletzung, Demütigung erfährt Peter Kürten vor allem immer dann, wenn er sich einer schönen Frau nähert, die ihn nicht beachtet oder allenfalls von oben herab ansieht. Eine letzte Steigerung von Demütigung dieser Art ergibt sich, als er 1929 – noch als Mensch – den grünen Augen Dilaras begegnet. Sie bezeichnet ihn im Vorbeigehen als komischen kleinen Mann. Die Stigmatisierung ist nun endgültig: Er hasst sich, er hasst die ganze Menschheit. Und er wird zum berüchtigten Mörder Düsseldorfs Ende der zwanziger Jahre. Am 2. Juli 1931 wird er hingerichtet. Aber er erfährt den ‚Kuss der Verdammnis‘ und existiert als Vampir weiter.

Der Autorin Alisha Bionda, der man den Erzählteil um Peter Kürten wohl zuordnen muss, ist es gelungen, das Profil eines Psychopathen zu entwickeln, dem man innerhalb der Schattenchronik eine Sonderstellung zugestehen muss. Peter Kürten mordet nicht nur, weil er die vampirübliche Nahrung und den vampirüblichen Genuss sucht. Er mordet aus Selbsthass und aus ungerichtetem irrationalem Rachegefühl. Diese Rache wird auffälligerweise nicht an denen verübt, die Ursache der Verletzungen sind. Ziele seiner irrationalen Exzesse sind ‚Unschuldige‘, Frauen, Kinder …

Anders als bei den bisher bekannten Vampiren der Schattenchronik liegt der Schwerpunkt auf der Darstellung der Erlebniswelt Kürtens während seines Menschseins. Als Vampir setzt er lediglich fort, was er vorher angefangen hatte: Nach wie vor ist das Mordmotiv Hass. Die zweite Begegnung mit Dilara, nun als Vampir, im Jahr 2007, ist letztendlich eine Wiederholung der ersten. Wieder bezeichnet sie ihn als komischen, kleinen Mann. Wieder ist er hilflos der Demütigung ausgesetzt, wieder erfährt eine Frau – nicht Dilara selbst – die Auswirkungen seines Hasses.

Überraschend gut gelingt die Einbindung der Kürten-Handlung in die allgemeine Dilara-Handlung. Peter Kürten wird zum wesentlichen Baustein des Chinesen Lee Khan, der als Todfeind der westlichen Clans insbesondere Dilara und ihre Anhänger verfolgt. Er glaubt, den Hass Peter Kürtens nutzen zu können, um ihn zum Mörder an Dilara werden zu lassen. Aber dieser Plan gelingt ebenso wenig wie der Versuch, Dilara und ihren Partner Calvin mittels des ‚Seelentors‘ unschädlich zu machen. Peter Kürten reagiert völlig anders, als vom Leser und von Lee Khan erwartet …

Die Kürten-Handlung endet mit dem 9. Band. Nicht so die Kämpfe um die Vorherrschaft unter den Vampiren nach dem Tod von Antediluvian, dem Fürsten der Nosferati. Sie werden sich auch im folgenden Band fortsetzen. Die Freilassung des Blutsaugers Demiurgos lässt Unheil erwarten. Auch die unmotivierte Verstimmung zwischen Dilara und Calvin, nachdem sie gemeinsam einer gefährliche Situation ausgesetzt waren, weist auf eine Fortsetzung hin. Eine Macht ist – vielleicht – im Spiel, die in der Lage ist, Gefühle zu beeinflussen. So ist die Handlung um den Vampir von Düsseldorf eingebunden in die ‚Chronik‘ der Vampirgruppe Nosferati.

Fazit: Besonders beeindruckend ist für mich das Psychogramm der Titelgestalt. Mögen die Szenen um die ‚Alten‘, der Aufenthalt Dilaras und Calvins im „Seelentor“ spannend- anschauliche Abschnitte enthalten, sie bleiben für mich neben der Handlung um Peter Kürten Randerscheinung. Eine derart ausführliche Berücksichtigung psychosozialer Momente bringt eine neue Tonart in die Serie, der man auf jeden Fall eine Fortsetzung wünschen würde.

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[Marlies Eifert]http://home.rhein-zeitung.de/~meifert/index.html

Bionda, Alisha (Hg.) / Borlik, Michael (Hg.) – Wellensang

_Autoren:_

Christel Scheja
Irene Salzmann
Barbara Jung
Alisha Bionda
Barbara Büchner
Marlies Eifert
Armin Rößler
Heike Reiter
Solveig Perner
Frank W. Haubold
Michael Borlik
Andrea Tillmanns
Linda Budinger
Arthur Gordon Wolf
Eddie M. Angerhuber
Dominik Irtenkauf
Ines Haberkorn
Lutz Schafstädt
Stefanie Bense

Alisha Bionda und Michael Borlik haben sich die Arbeit gemacht und aus über 200 Texten die 18 besten ausgewählt und eine Anthologie herausgebracht, die so in ihrer Form und Aufmachung wohl einzigartig ist. Nicht zuletzt, weil mit Patrick Hachfeld ein Künstler gewonnen werden konnte, der jede Geschichte mit einer extra angefertigten Illustration versehen hat. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit liegt dem Leser nun als „Wellensang“ vor und versteht es bereits von der ersten Seite an, den Leser zu fesseln, zu begeistern und die Fantasie schweifen zu lassen.

18 Autoren und Autorinnen haben ihrer Kreativität freien Lauf gelassen und Kurzgeschichten verfasst, die fast sämtliche Spielarten der Fantasy-Literatur umfassen. Mal gefühlvoll wie in der titelgebenden Story „Wellensang“ von Linda Budinger oder in „Welt zwischen den Zeilen“ von Alisha Bionda, mal geheimnisvoll und mysteriös wie in „Das Lied der Krähe“ von Christel Scheja. Dass Fantasy nicht immer realitätsfremd und abgehoben sein muss, beweist unter anderem Arthur Gordon Wolf in seiner Geschichte „Von Zähnen, Sternen und Feen“. Dabei reicht die Palette von bekannten Namen der modernen deutschen Literatur bis hin zu unbekannten, aber ungemein talentierten Newcomern. Auffallend ist dabei, dass es eben nur deutsche Autoren sind, die den Beweis dafür antreten, dass anspruchsvolle Fantasy nicht immer von englischsprachigen Schriftstellern verfasst werden und auch nicht unbedingt in Hunderte von Seiten zählende Wälzer ausarten muss.

Die Autoren schöpfen sämtliche Möglichkeiten dieser Literatur-Gattung aus und bieten dem Leser eine abwechslungsreiche Mischung von Kurzgeschichten. Dass dabei nicht jede Story den eigenen Geschmack trifft, muss man akzeptieren und ist bei dieser Fülle an Storys unumgänglich.

Den Abschluss der Anthologie bildet Stefanie Bense, die mit ihrem Artikel „Fantasy im Dickicht der Definitionen“ ein wenig Struktur und Klarheit in das Genre bringt, welches selbst für Kenner oftmals eine unübersichtliche Zahl an Subgenres beinhaltet.

Fazit: Phantastisches Lesebuch mit märchenhaften Illustrationen und Geschichten voller Einfallsreichtum und Kreativität.

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_Florian Hilleberg_

Schröter, Andreas (Hrsg.) – Futter für die Bestie

Nicht weniger als 24 deutsche Autoren haben sich für diese Anthologie an die Schreibmaschine respektive an den Computer gesetzt, um den Leser das Gruseln zu lehren. Die Aufmachung der Anthologie kommt zunächst einmal sehr gediegen daher. Ein dezentes Blau, welches einen Wald darstellt, mit der Silhouette einer jungen Frau davor und einem tiefschwarzen Nachthimmel samt Vollmond darüber lassen den Leser bereits erahnen, welcherart die Geschichten sind, die in diesem Buch gesammelt wurden.

Für alle Zweifler prangt der Begriff „Bestie“ aus dem Titel in einem hellen, blutigen Rot auf dem Umschlag. Keine billige Effekthascherei und schreiend-bunten Motive, sondern düstere Formen und Schatten vermitteln dem Leser, was die Storys letztendlich bieten. Echtes Gruselgefühl mit nervenzerrender Spannung, fernab übertriebener Gewalt und ekliger Monster.

Der Klappentext hat es schon verraten: Es müssen nicht immer Vampire aus den Särgen steigen und Schreie über das Moor gellen. Hier jagen keine Werwölfe ihre Beute und es knarren auch keine alten Türen in vermoderten Schlössern. Hier bricht der Horror oftmals in ganz alltäglichen Situationen über ganz normale Menschen herein.

Von der satirisch-humoristischen Seite aus betrachten Birgit Erwin und Leona Iscara die Thematik in ihren Kurzgeschichten „Ketchup“ und „Acht Augen“. Skurril umschreibt wohl am ehesten in einem Wort die Idee von Philipp Bobrowski, die er in „Saubere Wäsche“ zu Papier brachte. Alisha Bionda, Barbara Büchner und Barbara Jung schrieben historische Gruselgeschichten mit unheimlich viel Atmosphäre. Die beiden Erstgenannten legten ihren Storys sogar wahre Begebenheiten zu Grunde.

Jede einzelne Geschichte ist ein literarischer Hochgenuss und lässt keine Langeweile aufkommen, denn auch für Abwechslung ist gesorgt. Keine Pointe, keine Thematik gleicht der anderen. Eine derart ausgewogene Mischung qualitativ hochwertiger Erzählungen in einem Band findet man selten auf dem Buchmarkt. Umso schmerzlicher vermisst man als verwöhnter Leser die Innenillustrationen, wie sie Pat Hachfeld beispielsweise für die Anthologie [„Wellensang“ 279 zeichnete, die ebenfalls im |Schreiblust|-Verlag erschienen ist.

Dass sich im Inhaltsverzeichnis ausnahmslos deutsche Autoren wiederfinden, kommt dem Buch mit Sicherheit nur zugute, findet man unter den amerikanischen Schreibern doch allzu häufig Autoren, welche Spannung und Horror durch geschmacklose und überzogene Brutalität oder aufgesetzt wirkenden Sex erzeugen wollen. Die Ideen der 24 Geschichten sind durchgängig originell und wohl einzigartig. Autorenporträts der Schriftsteller vervollständigen das Werk.

Fazit: Gruselige Achterbahnfahrt, in der jede Story ein Volltreffer ist.

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_Florian Hilleberg_

UndPunkt (Hrsg.) – Dingerchen und andere bittere Köstlichkeiten. Geschichten für den kleinen Horror zwischendurch

Die sechs Frauen der Dortmunder Autorengruppe „UndPunkt“ haben mit diesem kleinen, perfekt aufgemachten Bändchen eine Sammlung bitterböser Kurzgeschichten zusammengestellt, die den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in ihren Bann zieht.

Angereichert mit einer ordentlichen Portion schwarzen Humors erzählt Isolde Schröder in ihrer Erzählung „Stadthaus“ zum Beispiel von einer Sanktion ganz perfider Art, Susanne Posse von einer „Kaffeefahrt“ in ein Krematorium und Silvana Richter unter anderem von einem neuen Mitbewohner, der Opfer eines makabren Missverständnisses wird. Die Titelstory „Dingerchen“ stammt von Ursula Posse-Kleinmann und berichtet von einem Menschen, der eine Vorliebe für ganz besondere Cocktails hegt. Monstermäßig gut ist Eva Enckes Geschichte „Haustiere“, in der es um eine geradezu gigantische Schneckenplage geht, und Heike Wulf erzählt in „Memento Mori“ von einer mörderischen Trennung.

Dies beschreibt aber nur eine geringe Auswahl der zahlreichen Texte, die in diesem Buch zusammengekommen sind und von denen jede einzelne einen Volltreffer darstellt. Teils skurril, teils makaber, aber auch humorvoll oder schonungslos offen präsentieren die Autorinnen ihre Kurzgeschichten vom ganz alltäglichen Horror.

Die Kürze der Texte machte dieses Buch auch für Lesemuffel interessant und ist ideal für die Fünf-Minuten-Pause. Eine echte Alternative zum Rauchen und ein Gewinn für das Raucher-Entwöhnungsprogramm! Allzu Zartbesaitete sollten das Büchlein allerdings nicht vor dem Schlafengehen zur Hand nehmen.

Papierqualität und Verarbeitung des Taschenbuchs sind von sehr hoher Qualität, so dass das Buch auch häufiges Lesen unbeschadet übersteht – eine Anforderung, die der Band auch unbedingt erfüllen muss. Die Umschlaggestaltung von Frank Hoese ist schlichtweg genial gibt dieser faszinierenden Story-Sammlung ein passendes Gesicht.

Fazit: Unterhaltsam, kurzweilig und abwechslungsreich. Ein exzellent gestaltetes Lesebuch für den „kleinen Horror zwischendurch“.

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_Florian Hilleberg_

Wallon, Alfred – Methusalem-Projekt, Das (Larry Brent, Band 110)

_Kurzbeschreibung:_

In Marburg verschwinden immer mehr Menschen. Auch der Student Jens Bauer wird vermisst und taucht unerwartet als Leiche wieder auf. Doch der Tote scheint stark gealtert zu sein. Ob sein Chef, der Chemiker Dr. Hoffmann, damit zu tun hat, den Jens Bauer erpressen wollte?

Jens‘ Mutter und seine Freundin Tina setzen einen Privatdetektiv auf den Wissenschaftler an. Und tatsächlich findet Frank Gerber heraus, dass Dr. Hoffmann etwas zu verbergen hat und nicht ganz der honorige Wissenschaftler ist, als den man ihn kennt. Scheinbar arbeitet Hoffmann für eine geheimnisvolle Organisation, die sich |Graue Instanz| nennt und auch Profikiller beschäftigt. Frank Gerber gerät selber ins Kreuzfeuer der Gangster.

Weil auch das BKA nicht weiterkommt, schaltet sich die PSA ein und schickt ihren besten Mann: Spezial-Agent Larry Brent. Der bekommt es bald nicht nur mit einem wahnsinnigen Wissenschaftlern und eiskalten Mördern zu tun, sondern auch mit einem Heer von Ratten, die von einer perversen Mutation gelenkt werden. Denn eines der fehlgeschlagenen Experimente Hoffmans ist außer Kontrolle geraten und droht Marburg ins Chaos zu stürzen …

_Beurteilung:_

Auf diesen Roman habe ich mich richtig gefreut. Zum einen ist Marburg nicht allzu weit von meinem derzeitigen Wohnort entfernt und andererseits versprach der Klappentext einen spannenden Tierhorrorroman, wie auch das Cover eindrucksvoll suggerierte. Für Ortskundige ist dieser Roman auch sicherlich ein Highlight, und wenn man keinen Roman der Serie Larry Brent in Händen halten würde, gäbe es auch nicht so viel daran auszusetzen. Aber auf dem Cover steht eben eindeutig LARRY BRENT, und so erwartet man auch einen Roman, in dem der PSA-Agent eine der Hauptrollen spielt.

Doch während David Gallun seinen ersten Auftritt auf Seite 43 hat, darf Larry erst auf Seite 93 leibhaftig und namentlich in Erscheinung treten, während er davor nur zweimal andeutungsweise auftauchte. Für ein Buch, das es auf 167 Seiten bringt, ist das mehr als dürftig. Die Protagonisten sind hierbei eindeutig Frank Gerber und Dr. Hoffmann, und so wäre der Romane eher etwas für die |Magic Edition| gewesen. Den Auftritt von Iwan Kunaritschew hätte sich der Autor vollends sparen können. Dafür sind die Passagen mit den Ratten extrem spannend ausgefallen, da kann es einem zartbesaiteten Gemüt schon mal kalt den Rücken herunterlaufen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass Al Wallon etwas mehr auf die Mutation des Rattenkönigs eingegangen wäre. Zuerst mutierte ja das Bündel mit den Schwänzen verknoteter Ratten, später wird aber nur von |einer| riesigen Ratte berichtet.

Was mir noch aufgefallen ist, ist die Vorliebe des Autors für Klammern, in denen er seine Nebensätze verpackt und die bisweilen den Lesefluss doch sehr stören. Wenn auf jeder zweiten Seite ein Satz in Klammern gesetzt wird, ist das eindeutig zu viel. Außerdem hat sich mir der Eindruck aufgedrängt, als ob dieser Roman schon sehr viel eher erscheinen sollte, aber aus irgendwelchen Gründen zurückgehalten wurde, denn Larry erinnert sich an frühere Fälle, was ich persönlich sehr begrüße, allerdings hieß es dort, dass der Fall „Das Kind der Toten“ erst ein Jahr her ist, obwohl der Roman bereits vor sieben oder acht Jahren erschien. Die letzte Begegnung mit Iwan Kunaritschew war angeblich in dem Buch „Der Blutengel von Tschernobyl“. Bis jetzt gab es aber schon drei weitere Bücher, in denen Larry und Iwan gemeinsam ermittelten. Ein wenig mehr Chronologie wäre hier wünschenswert gewesen. Zudem sollte man die Angabe von Datum und Uhrzeit konsequent durchführen und nicht nur die ersten zwei oder drei Kapitel damit versehen. Später kommt man schnell durcheinander, wenn man nur mit Uhrzeiten bombardiert und noch nicht mal informiert wird, welcher Wochentag gerade ist; da hätte man sich den Rest auch sparen können. Insgesamt ein kurzweiliger, spannender Tierhorrorroman, er wäre aber um einiges besser, wenn es kein Larry-Brent-Roman geworden wäre.

Die Innen-Illustrationen von Pat Hachfeld geben die Atmosphäre des Romans gut wieder, auch wenn mir das zweite Bild nicht ganz so gut gefällt, da es zu sehr nach Comic aussieht. Zum Titelbild: Ein super Cover; dadurch, dass die ganze Szenerie in einem blutigen Rot gehalten wird, bekommt die Ratte, die allein schon durch ihre Größe bedrohlich wirkt, noch nachhaltig etwas Angsteinflößendes.

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_Florian Hilleberg_

Carisi, Brian / Merlau, Günter – Caine – Todesengel (Folge 2)

Steven Caine wird beherrscht vom Penumbra, jenem geheimnisvollen Artefakt, das den Geist des außerirdischen Schlächters Kartaan birgt. Nun soll Caine den Mafioso Moretti töten, der für die dämonischen Aganoi arbeitet, das Alienvolk, welches ebenso wie die Kyan’Kor die Weltherrschaft anstrebt. Caine aktiviert seine Kontakte, die er als Profikiller gepflegt hat, und holt sich Unterstützung beim chinesischen Gangsterboss Tang. Der erste Übergriff schlägt fehl. Doch bald erhält Caine eine zweite Chance. Die Organisation des Collin Drake hilft dem Auftragsmörder bei seinem Einsatz. Doch die Aganoi haben einen mächtigen Dämon entfesselt, der nur eines im Sinn hat: Töten …

Nach der Pilotfolge, in der die Person des Profikillers vorgestellt und das Grundgerüst für die Storyline aufgebaut wurde, werden in dieser Episode die Fronten abgesteckt. Alles bleibt zunächst noch recht bodenständig und entwickelt sich hier zu einer handfesten Gangsterfehde, bei der durchaus mit harten Bandagen gekämpft wird. Die Aliens bleiben als Drahtzieher im Hintergrund, lassen den Hörer allerdings die Bedrohung, die von ihnen ausgeht, schon deutlich spüren. Caine dagegen ist vollauf damit beschäftigt, seinen dunklen Widerpart namens Kartaan zu zügeln und seine Feuerprobe im Kampf gegen einen reinrassigen Dämon zu bestehen!

Hinzu kommt eine Prise deftigen, staubtrockenen Humors, der insbesondere von der markanten Stimme Torsten Michaelis‘ getragen wird. Aber auch die restlichen Sprecher sind nicht zu unterschätzen. Angefangen bei Kaspar Eichel, der hier den Mafioso Moretti spricht, bis hin zu Karl Schulz alias Sergeant Kilkenny sind alle Mitwirkenden Profis, die ihren Job ausgezeichnet machen. Man hört den Sprechern deutlich an, dass sie mit viel Spaß und Engagement bei der Sache sind.

Untermalt wird die gesamte Szenerie von einem hollywoodreifen Soundtrack und fantastischen Effekten, die dem Hörer die Ereignisse plastisch vor Augen führen. Gewarnt seien nur all diejenigen, die sich ein ruhiges Hörspiel zum Einschlafen wünschen, denn Ruhe findet man bei dieser CD sicherlich nicht; nur erstklassigen Hörspaß mit jeder Menge Action, coolen Sprüchen, einer echt abgefahrenen Story und einem Heavy-Metal-Soundtrack, der auf dem deutschen Hörspielmarkt einzigartig ist.

Das Cover zeigt in dem typischen Caine-Design das Gesicht des Killers und die Silhouette des Dämons im Vordergrund, dieses Mal in einem satten Grün gehalten. Auch die CD an sich ist exorbitant in ihrer Aufmachung. Das Antlitz von Caine mit einem dämonisch glühenden Auge, knapp unterbrochen von dem Loch in der Mitte des Silberlings.

Fazit: Grandiose Fortsetzung der Abenteuer des unglückseligen Auftragskillers Steven Caine. Der Hörer erhält einen ersten Einblick in die Komplexität der Story, die sich hier zunächst noch viel mit der Psyche des Killers auseinandersetzt.

|57:39 Minuten auf 1 CD|
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_Florian Hilleberg_

Merlau, Günter – Böses Erwachen (Die Schwarze Sonne 2)

Ein Jahr nach den Ereignissen in Derbyshire verschlägt es Adam Salton und Nathnaile de Salis nach Frankreich. Dort treffen sie auf einen alten Freund von de Salis: Den Schriftsteller und Visionär Jules Verne. Doch die Wiedersehensfreude währt nur kurz, denn auf Verne wird ein Attentat verübt. Sein eigener, hochverschuldeter Sohn schießt auf seinen Vater. Adam kann eine der Kugeln abfangen und wird schwer verletzt, während Verne „nur“ einen Schuss ins Bein abbekommt. Kurz darauf wird Adam dann von Unbekannten entführt und de Salis trifft einen alten Gegenspieler wieder, der gemeinsam mit seiner Organisation nach Macht strebt. Auch die geheimnisvolle Arabella March, die Adam und Nathaniel bei ihrer Ankunft in Frankreich kennenlernten, scheint in die grauenvollen Geschehnisse verwickelt zu sein …

Im Gegensatz zu der ersten Folge basiert das vorliegende Hörspiel auf keiner direkten literarischen Vorlage, dafür aber auf historischen Ereignissen, denn tatsächlich wurde auf Verne im Jahr 1886 ein Attentat verübt. Das Mitwirken von historischen Persönlichkeiten ist aber nur ein Reiz dieser Serie und vor allem die düstere, undurchsichtige Story sowie die hervorragenden Sprecher machen die CD zu einem echten Hörvergnügen. Neben den perfekt besetzten Hauptrollen darf sich der Hörer auf Konrad Halver als Jules Verne und Reinhild Schneider als Arabella March freuen. Beide Darsteller sind Hörspiel-Fans keine Unbekannten mehr und haben bereits in Dutzenden von Produktionen mitgewirkt. Halver war unter anderem in den Winnetou-Hörspielen von |Europa| zu hören.

In dieser Folge taucht außerdem eine Figur auf, die genau wie Salton und de Salis von Bram Stoker erfunden wurde und ebenfalls in dem Roman [„Das Schloss der Schlange“ 2987 mitspielte: Arabella March. In diesem Fall steckt auch hinter dieser Figur eine Person, die in der Geschichte Berühmtheit erlangte, wenn auch auf ungleich traurigere Weise, als Verne.

War die erste Folge noch eine allein für sich stehende Geschichte, so bildet sich in diesem Hörspiel mehr und mehr der Seriencharakter heraus. Etwas störend, wenn auch nicht spannungslos gestalten sich Adams Visionen aus seiner Kindheit in Australien. Der Hörer bekommt darüber hinaus Hinweise darauf, dass Adams Vater etwas in Australien entdeckte, das für die weitere Entwicklung der Serie noch von Bedeutung sein könnte. Zudem weisen die Zeichen auf einen Konflikt von biblischen Ausmaßen zwischen den Mächten des Bösen und denen des Guten hin. Während Adam Salton in einem Dämmerschlaf vor sich hinsiecht, muss sein Freund Nathaniel alles daran setzen, um seinen jungen Gefährten aus den Fängen seiner Feinde zu befreien; dabei wird offenbart, dass auch hinter der Figur des de Salis mehr zu stecken scheint als ein Freimaurer und Detektiv.

Diese grandiose Handlung wird untermalt von einer hervorragenden orchestralen Musik. Das Cover ist wieder einmal sehr gediegen, sieht aber ein wenig zu eintönig aus und animiert nicht gerade zum Kauf, insbesondere, wenn man die Serie nicht kennt.

Fazit: Das Label |Lausch| beweist, dass es sich auf Abwechslung versteht. Neben der Fantasy-Saga [„Drizzt“ 3082 und dem Dark-Fantasy-Spektakel „Caine“, welches mit Heavy-Metal-Musik und einer rasanten Handlung den Hörer unterhält, kommt |Die Schwarze Sonne| sehr mysteriös, fast poetisch daher und begeistert vor allem mit einer gut durchdachten Handlung und einer schlichtweg genialen Besetzung.

|70 Minuten auf 1 CD|
http://www.die-schwarze-sonne.de/
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_Florian Hilleberg_

Merlau, Günter – Schloss der Schlange, Das (Die Schwarze Sonne, Folge 1)

Als der junge Adam Salton nach Derbyshire in England zu seinem Onkel zurückkehrt, wird er sofort in merkwürdige Ereignisse verwickelt. Unheimliche Visionen plagen den jungen Mann, dessen Eltern erst kürzlich verstorben sind. Dann wird ein Toter entdeckt, der scheinbar das Opfer einer gigantischen Schlange wurde.

Adam Salton und der ebenfalls bei dessen Onkel weilende Arzt Nathaniel de Salis wollen dem Mysterium auf den Grund gehen, stoßen jedoch sowohl bei den Dorfbewohnern als auch bei Adams Onkel auf offene Ablehnung. Doch schon bald gibt es weitere Tote, und auch die Begegnung mit dem Gutsbesitzer Edgar Caswall gipfelt in offener Feindschaft. In einem dämonischen Ritus will der tyrannische Götzendiener Adams Freundin Mimi Watford einer gigantischen, weißen Schlange opfern …

Mit diesem Hörspiel beginnt |LAUSCH| ein neues ungewöhnliches Projekt: Mystery-Thriller mit historischem Hintergrund. Bei der ersten Folge orientierte sich der Autor Günter Merlau an einem Roman von Bram Stoker, dem Schöpfer des berühmten Vampirs Dracula. „Das Schloss der Schlange“ handelt von einem heidnischen Schlangenkult, dem immer noch Opfer dargebracht werden. Die Figuren Adam Salton und Nathaniel de Salis sind ebenfalls diesem Werk entliehen und dienen auch in weiteren Folgen als Protagonisten.

Was beim ersten Hören sofort auffällt, ist die professionelle Machart des Hörspiels. Das Zusammenspiel von Effekten, Musik und Sprechern wirkt sehr harmonisch und hört sich wie die Tonspule eines millionenschweren Hollywood-Projektes an. Abgerundet wird das Hörerlebnis durch eine undurchsichtige Gruselgeschichte mit Krimi-Elementen. Den Charakteren wurden lebhafte, anspruchsvolle Dialoge in den Mund gelegt, welche die Sprecher mit Inbrunst zum Besten geben.

Allen voran glänzen Christian Stark als Adam Salton und Harald Halgardt als Nathaniel de Salis in den Hauptrollen. Ebenso lebhaft wird Edgar Caswell von Michael Prelle verkörpert, dessen markante Stimme vor allem in der Vision Saltons zu Beginn der Geschichte besonders gut zur Geltung kommt. Verena Unbehaun als Mimi Watford sprüht geradezu vor Lebensfreude und auch Peter Weis als John Watford wirkt überaus real und spielt seine Rolle mit Hingabe.

Der Spannungsbogen baut sich kontinuierlich auf und gipfelt in einem infernalischen Showdown, alles untermalt von einem perfekt komponierten Soundtrack. Die Aufmachung wurde ebenfalls sehr mysteriös und unheimlich gehalten. Die Negativbelichtung verstärkt den Eindruck des Bizarren, ebenso wie das Serien-Logo mit dem krakeligen Schriftzug.

Fazit: Meisterhaftes Hörspiel mit hochmotivierten, professionellen Sprechern und einer filmreifen Musik. Die Besetzung stimmt bis zur kleinsten Nebenrolle und die anspruchsvolle Handlung verspricht beste Gruselunterhaltung bis zum Schluss.

http://www.merlausch.de

_Florian Hilleberg_