Alle Beiträge von Jürgen Pern

Geboren als Tutenchaton. Sohn des Amenophis iV, welcher später als Ketzterkönig Echnaoton in die Geschichte einging, und seiner Frau Nofretete. Im Alter von 19 Jahren aus machtpolitischen Motiven heraus hinterrücks ermordet.

von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Die Vollstrecker (Weltraumpartisanen – Band 6)

_Mark Brandis:_

Band 1: [Bordbuch Delta VII]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 2: [Verrat auf der Venus]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6539
Band 3: [Unternehmen Delphin]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6536
Band 4: [Aufstand der Roboter]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6618
Band 5: [Vorstoß zum Uranus]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6630

Band 6: _Die Vollstrecker_

Als der Herder-Verlag Anfang der Siebziger eine kleine Jugend-SciFi-Reihe von drei bis vier Bänden bei Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) in Auftrag gab, war der Erfolg keineswegs absehbar. Von Michalewsky brachte unter seinem Pseudonym „Mark Brandis“ bis 1987 insgesamt 31 Bände der
Weltraum-Abenteuerserie mit dem gleichnamigen Helden unters begeisterte Volk. Lange Zeit war es danach still um die deutsche Kult-Serie geworden. |Bertelsmann| machte sich zwischenzeitlich zwar immer wieder an einen Aufguss mit Doppelbänden, welche teils über den hauseigenen Buchclub vertrieben wurden, stellte die Versuche aber im Jahr 2000 endgültig ein. 2008 nahm sich der |Wurdack|-Verlag dem Kleinod mit dem gebührenden Ernst an und präsentiert seither jedes Quartal je zwei Bände als broschierte Sammlerausgabe mit frischer Aufmachung.

_Zur Story_

Nach den Bürgerkriegswirren von 2069 bis 2072 stabilisiert sich die Lage für die Union Europas, Amerikas und Afrikas (EAAU) weiter. Der diktatorische General Smith ist Geschichte, die Demokratie reinstalliert (siehe Band 1 – 4). Die Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik (VEGA) unternimmt wieder den zivilen Auftrag der Erforschung des Weltalls und das Testen neuer Raumschiffe, wobei man kürzlich erst die bisherigen Grenzen im Sol-System überschritt und bis zum Uranus vorstieß (Band 5). Das zarte außenpolitische Pflänzchen der Entspannung zu den Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) gedeiht offensichtlich ebenfalls langsam aber stetig. Jetzt im Jahre 2074 scheint es tatsächlich so, als wäre ein Riesenschritt in Richtung Frieden möglich.

Die beiden letzten irdischen Machtblöcke aus West und Ost sind einem Abrüstungsabkommen ganz nah. Auf der Raumstation „Interplanar XII“ sollen die Gespräche vertieft und sogar ein diesbezüglicher Vertrag abgeschlossen werden. Dazu kommt es aber erst gar nicht, da die VOR-Delegation noch beim Landeanflug einem hinterhältigen Anschlag zum Opfer fällt. Die terroristische Vereinigung „Die Vollstrecker“ zeichnet sich dafür verantwortlich. Die setzt in letzter Zeit alles daran, die Beziehungen zwischen EAAU und VOR permanent und vollkommen skrupellos zu torpedieren. Man will dadurch einen globalen Krieg anzetteln, an dessen Ende die Menschheit einen kompletten Neuanfang in eine strahlende Zukunft starten soll – natürlich nach den verschrobenen Idealen der „Vollstrecker“, versteht sich.

Diese bemächtigen sich kurz darauf eines kampfstarken Prototypen. Schuld daran soll Robert Monnier haben, der das brutale Shipnapping als einziger überlebt hat und an dessen Darstellung erhebliche Zweifel bestehen. Ausgerechnet sein Freund Mark Brandis soll nun vor Gericht die Position der Anklage vertreten. Die Verteidigung übernimmt VEGA-Chef Harris höchstpersönlich – niemand weiß, dass genau diese Konstellation dazu dient, Monnier raus zu pauken. Noch während des Verfahrens muss Brandis ausrücken, das gekaperte Schiff zu zerstören, bevor es nämlich genau das mit einem zivilen VOR-Außenposten tut. Brandis fordert Monnier für dieses Himmelfahrtskommando als Piloten an, wohl wissend, dass damit auch der letzte Unschuldsbeweis an Bord vernichtet wird. Alte Feindseligkeiten flammen wieder auf. Es soll aber noch viel dicker kommen.

_Eindrücke_

Es scheint, als hätte Nikolai von Michalewsky, der die NS-Zeit und den zweiten Weltkrieg noch bewusst miterlebt hat, diese Erfahrungen zunächst in den ersten vier Bänden der Serie verarbeitet. Dort ging es um ein totalitäres, faschistisches System, welches deutliche Parallelen zur Hitler-Diktatur aufwies. Band 5 zeigte sich dagegen als eher klassisch gestrickte Search and Rescue Mission, in welcher gemeinhin bekannte deutsche Tugenden wie Besonnenheit, Pflichtbewusstsein und Ehrenhaftigkeit gepflegt werden. Eben dies zieht sich übrigens durch die komplette Reihe und wird auch immer wieder gern hervorgehoben.

Immerhin ist sein Alter-Ego im Roman deutscher Abstammung und, ebenso wie von Michalewsky selbst, in der Mark Brandenburg geboren. Davon leitet sich übrigens auch das Pseudonym Mark Brandis ab, welcher quasi seine Memoiren aus der Ich-Perspektive darlegt. Michalewsky schrieb in seinen Romanen stets über das, was ihn grade bewegte. In der Regel sind es irgendwie immer politische und sozialkritische Themen wie Macht (und deren Missbrauch), sehr häufig Angriffe auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung (davor scheint er sich am meisten gefürchtet zu haben), Rassismus und oft genug geht es gleichzeitig gegen militaristisch-dogmatische Betonköpfe. Auch diesmal.

Dabei zeigt sich hier besonders deutlich, dass die Reihe in den Siebzigern und Achtzigern, also zu absoluten Hochzeiten des Kalten Krieges, entstand. Die Welt stand stets mit einem Bein am Rande des Dritten Weltkriegs. Auch bei Brandis existieren zwei Machtblöcke, welche sich in Ost und West aufspalten und die sich mit nahezu identischen Methoden belauern und bedrohen, wie es die USA/Nato und UdSSR/Warschauer Pakt zu dieser Zeit ebenfalls taten. Eine recht neue Komponente hierbei ist nun der generalstabsmäßig durchgezogene, kompromisslose Terrorismus, welcher den Zweck hat, die Supermächte gegeneinander aufzuwiegeln. Damit bewies von Michalewsky ein erstaunliches Maß an Weitsicht – in unseren Tagen hat die Realität die damalige Fiktion fast eingeholt.

Das gilt auch für die Technik. Vieles hat die Serie heute sogar bereits überflügelt. Technologie ist bei Brandis jedoch nie Selbstzweck – wie übrigens auch der Einsatz von Gewalt als letztes, aber von ihm stets ungewolltes Mittel. Von Michalewsky behauptete von sich kein richtiger SciFi-Autor zu sein (siehe dazu auch das Essay am Ende des Buches). Das stimmt insofern, als dass er das futuristische Umfeld als Kulisse für seine Geschichten nutzte, es aber nie zu einem Götzen erhob, wie andere Serien dies praktizieren. Verschwurbeltes Techno-Gebabbel gibts hier nicht. Die Menschen waren ihm stets wichtiger und daher kann man sich mit seinen Geschichten auch so gut identifizieren. Ein Umstand, den die verwendete Ich-Form sicherlich noch verstärkt.

Allerdings wünscht man sich doch manchmal, er hätte so manche Idee – speziell was das Science in Science Fiction angeht – noch etwas weiter ausgefeilt. Physikalisch-technisch ist ihm nicht immer alles wirklich schlüssig geraten. Allerdings muss man dazu sagen, dass sich die Lage in diesem Punkt fast schon von Band zu Band bessert. Anscheinend hat er sich langsam warm geschrieben und wirklich grobe Schnitzer in Sachen Plausibilität unterlaufen ihm nun seltener. Ein alter und treuer Wegbegleiter bleiben aber seine stets wiederholten Lieblingsmetaphern und -phrasen. Doch damit kann man, eingedenk der spannend-temporeichen Geschichte, gut leben und überliest sie irgendwann im Laufe der fortschreitenden Serie gar. Naja, fast.

Eine Besonderheit weist – der storymäßig etwas kürzer als gewohnt ausfallende – Band 6 am Ende zusätzlich auf: Journalist Alexander Seibold äußert sich in seinem sehr lesenswerten 12-seitigen Essay mit dem Titel „Mark Brandis und sein Zwilling Nikolai von Michalewsky“ über den im Jahr 2000 verstorbene Autor und dessen wohl größtes Werk. Dabei lässt er nicht nur diesen selbst zu Wort kommen, sondern präsentiert auch Zitate von Fans der Serie, die darlegen, warum sie Mark Brandis so schätzen. Den meisten dürften diese Kommentare aus der Seele sprechen.

_Fazit_

„Die Vollstrecker“ ist wieder einmal eine gesellschaftskritische Parabel und dringender Appell für den Weltfrieden. Die Geschichte ist flott präsentiert und spricht das Mitgefühl für die Figuren stark an, lässt aber wirklich innovative oder überraschende Entwicklungen vermissen. Irgendwelche durchgedrehten Putschisten, Mark Brandis in der Zwickmühle und Ruth O’Hara als Faustpfand kennt man jetzt auch schon zur Genüge. Insgesamt betrachtet aber solide Brandis-Kost mit bekannten Zutaten, die auch dem Quereinsteiger gut munden dürfte. Sofern ein bisschen Moralin kein Sodbrennen verursacht.

|ISBN: 978-3-938065-52-5
190 Seiten, Broschur|

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http://www.markbrandis.blogspot.com

von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Vorstoß zum Uranus (Weltraumpartisanen – Band 5)

_Mark Brandis:_

Band 1: [Bordbuch Delta VII]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 2: [Verrat auf der Venus]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6539
Band 3: [Unternehmen Delphin]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6536
Band 4: [Aufstand der Roboter]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6618

Band 5: _Vorstoß zum Uranus_

Als der Herder-Verlag Anfang der Siebziger eine kleine Jugend-SciFi-Reihe von drei bis vier Bänden bei Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) in Auftrag gab, war der Erfolg keineswegs absehbar. Dieser brachte unter seinem Pseudonym „Mark Brandis“ bis 1987 insgesamt 31 Bände der Weltraum-Abenteuerserie mit dem gleichnamigen Helden unters begeisterte Volk. Lange Zeit war es danach still um die deutsche Kult-Serie geworden. |Bertelsmann| machte sich zwischenzeitlich zwar immer wieder an einen Aufguss mit Doppelbänden, welche teils über den hauseigenen Buchclub vertrieben wurden, stellte die Versuche aber im Jahr 2000 endgültig ein. 2008 nahm sich der |Wurdack|-Verlag des Kleinods mit dem gebührenden Ernst an und präsentiert seither jedes Quartal je zwei Bände als broschierte Sammlerausgabe mit frischer Aufmachung.

_Zur Story_

Normalität ist seit der Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit in der EAAU (Europa-Amerika-Afrika-Union) halbwegs wieder eingekehrt. John Harris hat nach dem unsäglichen, durch den texanischen General Smith angezettelten Bürgerkrieg (vgl. Band 1 – 4) sein Amt als Interimspräsident niedergelegt und die Leitung der Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik (VEGA) übernommen. Die VEGA ist nun endlich wieder eine zivile Institution und kümmert sich um ihr Kerngeschäft: Die Erprobung neuer Raumschiffe und die gleichzeitige Erforschung des Weltraums. Die „Delta VII“, welche unter Commander Mark Brandis im Partisanenkampf gegen den Diktator Smith eine entscheidende Rolle spielte, ist inzwischen außer Dienst gestellt. Längst wurde diese Baureihe zur Delta IX weiter entwickelt – und genau da drückt der Schuh.

Brandis kommandiert derweil den neuesten Prototyp der EAAU: Die „Hermes“. Das erste Schiff mit revolutionärem Protonenantrieb, welcher Geschwindigkeiten im prozentualen Bereich der Lichtgeschwindigkeit ermöglicht. Seine mittlerweile erweiterte Crew und er werden ausgesandt, um die auf dem weit entfernten Uranus gestrandete „Delta IX“ unter Commander Scott entweder zu reparieren oder zu vernichten, damit dieser Technologieträger den VOR (den Vereinigten Orientalischen Republiken) nicht in die Hände fällt – diese haben Geheimdienstberichten zu Folge nämlich bereits Wind von der Havarie bekommen und ein kampfstarkes Schiff in Marsch gesetzt. Der Funkkontakt zur Delta IX ist zu allem Übel abgebrochen. Die „Hermes“ ist noch nicht vollkommen erprobt. Zudem ist ein bislang ungeklärtes Problem mit einer Art spontanen Teleportation gegeben.

Dennoch ist die „Hermes“ der einzige Raumer, welcher den Uranus rechtzeitig erreichen kann. Zumal, wenn der Commander Brandis heißt. Scott hingegen ist ein richtiger Kotzbrocken und ehemaliger Rivale um die Gunst seiner Verlobten. Die beiden können sich dementsprechend nicht sonderlich riechen, was seine Begeisterung für diese „freiwillige“, nicht ganz ungefährliche Rettungsmission in überschaubaren Grenzen hält. Der Uranus ist bisher unerforschtes und unwirtliches Neuland, für die meisten konventionellen Schiffe sogar unerreichbar. Commander Scott und seine Crew haben dies nach ihrer Bruchlandung schmerzlich erfahren müssen. Zwei Besatzungsmitglieder versuchen unter Einsatz ihres Lebens die Funkverbindung zur Heimat wieder herzustellen, während an Bord ein lebenserhaltenes Aggregat nach dem anderen den Geist aufgibt.

_Eindrücke_

Nach dem Partisanenkrieg der ersten vier Bände ist Band 5 ein geradezu klassischer Fall eines SAR-Kommandos. Natürlich gibt es als zusätzliches Bonbon einen Wettlauf mit der Zeit – genau genommen sogar mehrere, um die Spannung für den Leser aufrecht zu halten. Außerdem erfüllt die Geschichte die Aufgabe, die runderneuerte und personell aufgestockte Crew um Commander Brandis vorzustellen und einzuführen, welche ihn zum Teil auch die nächsten Bände hindurch auf seinen Flügen in unterschiedlichen Raumschiffen treu zur Seite stehen und begleiten wird. Lediglich Navigator Iwan Stroganow ist von der alten Garnitur noch übrig. Wie üblich ist auch diese Mannschaft wieder bunt zusammen gewürfelt, was die ethnische Herkunft bzw. Nationalität angeht und somit beinahe unweigerlich zu kleinen Reibereien an Bord führt.

Wenn es also – wie bei Brandis/Michalewsky eigentlich üblich – eine sozialkritische Komponente in der Geschichte gibt, so sind es hier sicher Rassenkonflikte und Altruismus. Der neue Bordingenieur Xuma ist ein schwarzer Südafrikaner, der Pilot van Kerk gehört zum weißen Teil der Bevölkerung aus der gleichen Gegend. Er betrachtet und bezeichnet den Farbigen als minderwertigen Nigger. Doch auch der darob höchst empörte Commander Brandis hat indes Grund, sich an die eigene Nase zu fassen und seine eigenen Vorurteile abzubauen: Die zur Unterstützung mitreisende Astrophysikerin stört, entgegen seiner Befürchtungen, das Bordleben überhaupt nicht – auch wenn eine chauvinistische Raumfahrer-Grundregel besagt, dass Frauen an Bord stets Ärger bringen.

Man sieht schon, dass es in dieser Search-and-Rescue-Mission zwar turbolent aber doch etwas gemächlicher zugeht als in den voran gegangenen vier Bänden. Die Serie gönnt ihrem Publikum eine kurze Verschnaufpause und gibt ihm die Möglichkeit, die Figuren sacken zu lassen, technische Neuerungen zu verdauen und die VOR wieder ein Stück mehr zu entdämonisieren. Gleichzeitig wird Brandis Dank seiner urdeutschen Tugenden wie Disziplin und Pflichtbewusstsein um eine weitere Stufe erhöht, gerade im Vergleich zum selbstherrlichen Ekelpaket Scott. Brandis ist der Geschichte nach – ebenso wie sein geistiger Vater und Über-Ich Nikolai von Michalewsky – nämlich in der Mark Brandenburg geboren, was unter Anderem zur Namensgebung der Figur führte, die durchaus nicht wenige autobiographische Züge aufweist.

Er ist in seinem bewegten Leben einer Menge zum Teil recht ungewöhnlicher Tätigkeiten nachgegangen, diese immense Lebenserfahrung liest man deutlich heraus. Allerdings – und das hat er von sich selbst behauptet – sah er sich nie als „richtiger“ SciFi-Autor. Diesen Umstand merkt man leider oft. Die angebotene Erklärung für die sporadischen Teleportationen der „Hermes“ passt physikalisch entweder auf ein Schwarzes oder besser noch auf ein Wurmloch, jedoch nicht auf einen Pulsar. Wenig Science, viel Fiction also. Haarspalterei? Vielleicht. Auf jeden Fall ein Zeichen für mangelnde Recherche, eventuell weil in der (Jugend-)SciFi damals ja fast alles möglich schien. Auch, dass die beiden Crewmitglieder einen Rucksack mit Verpflegung auf den atmosphärenlosen Uranus mitnehmen – wie sollen sie diese zu sich nehmen, ohne die Raumanzüge zu öffnen?

Solche nicht immer ganz fertig durchdachten Elemente würde man anderen Serien sicherlich in Bausch und Bogen ankreiden oder umständlich hochtechnisiert zu erklären versuchen. Bei Perry Rhodan, Star Trek und Co. wären solche Nachlässigkeiten nahezu undenkbar. Zudem darf man nicht vergessen, dass etwa bei Rhodan (welcher ja um die gleiche Zeit herum entstand – sogar sieben Jahre früher) sich unter Anderem (Atom-)Physiker als Autoren tummelten. Deren Anspruch an ein wissenschaftlich wasserdichtes und plausibles Setup ist sicher ein anderer, doch bei Mark Brandis tritt der ganze Technik-Kladderadatsch sowieso eher in den Hintergrund und ist nur futuristische Kulisse. Es ist die Geschichte, welche hier zählt – alles andere hat sich ihr unter zu ordnen. Und tatsächlich überliest man solche kleineren Stolpersteine in der Logik irgendwann ebenso, wie die häufig in der Serie verwendeten Standardphrasen von Michalewsky.

_Fazit_

Der „Vorstoß zum Uranus“ ist nach den turbulenten politischen Ereignissen der ersten vier Bände eine kleine Erholungsphase für die Leserschaft – und auch ein Neustart. Nämlich: neues Schiff, (teils) neue Crew und neue Rahmenbedingungen. Das Tempo ist dennoch flott, die Geschichte mit der Rettungsmission an sich jedoch nichts weltbewegend Neues. Trotzdem wird auch hier wieder an einigen Stellschrauben für den späteren Serienverlauf gedreht. Und das betrifft nicht nur die neu zusammen gesetzte Mannschaft, sondern beispielsweise auch den Umgang mit den VOR. Alles in Allem ein kurzweiliges Brandis-Abenteuer, welches erstmals auch für Quereinsteiger geeignet ist.

|ISBN: 978-3-938065-50-1
190 Seiten, Broschur|

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von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Aufstand der Roboter (Weltraumpartisanen – Band 4)

_Mark Brandis:_

Band 1: [Bordbuch Delta VII]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 2: [Verrat auf der Venus]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6539
Band 3: [Unternehmen Delphin]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6536
Band 4: _Aufstand der Roboter_

Mit dem Namen Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) kann kaum ein Uneingeweihter etwas anfangen, bei dessen Pseudonym „Mark Brandis“ klingelts bei einigen dann doch. Zumindest wenn sie dereinst Science-Fiction-Infizierte waren. Zwischen 1970 und 1987 verfasste er 31 Bände Weltraumabenteuer mit der gleichnamigen Titelfigur. „Mark Brandis“ gilt damit neben dem Mammutprojekt „Perry Rhodan“ als eine der erfolgreichsten deutschen SciFi-Serien. Leider waren die |Herder|-Bücher lange Zeit nur noch im Antiquariat aufzutreiben, und von einem letzten halbherzigen Versuch bei |Bertelsmann| im Jahr 2000 einmal abgesehen geriet die Serie in Vergessenheit. Bis der |Wurdack|-Verlag 2008 begann, den Schleier ernsthaft zu lichten und diese Klassiker Stück für Stück wieder zu veröffentlichen: Derzeit erscheinen zwei Bände pro Quartal in neuem Glanz.

_Zur Story_

Das Weltall im Jahr 2072 – Bereits ein Jahr sind Commander Mark Brandis und seine Crew mit der „Delta VII“ auf der Flucht vor den Schergen der „Reinigenden Flamme“, jener faschistoiden Bewegung, welche unter Führung des texanischen Generals Gordon B. Smith die freiheitlich-demokratische Union der Kontinente Europa, Amerika und Afrika (kurz: EAAU) in eine grausige Militär-Diktatur stürzte. Das war 2069. Seither haben Widerstandsgruppen sogar unter Mitwirkung des ehemaligen Erzfeindes VOR (der Vereinigten Orientalischen Republiken) ihm immer wieder empfindliche Schlappen beibringen und seine totale Herrschaft über das gesamte Sonnensystem vereiteln können. Bisher jedenfalls. Doch Smith bastelt mit Vehemenz weiter an seiner Allmacht.

Welche neue Teufelei er ausgeheckt hat, erfährt die Besatzung der „Delta VII“ zufällig und aus einer Notlage heraus. Das Schiff hat es Dank seiner überragenden Geschwindigkeit stets geschafft, seinen Häschern und somit der sicheren Vernichtung zu entgehen, doch ein viel banaleres Problem könnte sie zur Strecke bringen: Hunger. Der Proviant ist aufgebraucht, die tapfere Mannschaft mittlerweile vollkommen entkräftet und Lieutenant Ibaka leidet plötzlich am gefürchteten Raumfieber. Für einen halb Verhungerten ist diese ansonsten eigentlich nie tödliche Krankheit ein Todesurteil. Pilot Captain Monnier hat eine verzweifelte Idee. Eine schwache Hoffnung ist aber besser, als spätestens in einigen Tagen sang- und klanglos zu verrecken.

Der Strohhalm ist eine kleine aufgegebene Raumstation, welche offiziell längst als verglüht gilt. Aus seinen Zeiten bei der Strategischen Raumflotte weiß er aber um das Gerücht, dass die alte „ASTROSTAT“ sehr wohl noch einsam und fast vergessen ihre Bahn durchs Sonnensystem zieht. Da sie recht hastig verlassen wurde, dürften dort die nahezu unendlich haltbaren Verpflegungsrationen vorhanden sein. Tatsächlich findet die Delta VII den ehemaligen Außenposten, der sich sogar in verdächtig gutem Zustand präsentiert. Die Aussicht auf etwas zu Essen macht blind für die lauernde Gefahr. Brandis und seine Kameraden sehen sich auf der Station plötzlich einer „Homo Faktus“-Einheit des Generals gegenüber – Soldaten aus der Retorte.

_Eindrücke_

Showtime. Das Thema: Genmanipulation bzw. Eugenik – in diesem Fall die Zucht des perfekten, gewissenlosen und loyalen Kriegers. Dabei dient Michalewsky das Ideal des seinerzeit von der NSDAP propagierten Ariers als Vorlage. Blond, blauäugig und muskulös sind die Klone, welche – sachlich nicht korrekt – mitunter als (menschliche) Roboter bezeichnet werden, wovon sich auch der Titel ableitet. Dieser verrät eigentlich schon, was passieren wird und auch das Wie kristallisiert sich recht rasch heraus, wenn man auch nur gering fantasiebegabt ist. Fantasie ist übrigens ein Stichwort. Diese braucht man nämlich reichlich, wenn man sich den Plot physikalisch-technisch einmal genauer ansieht. Gerade „Aufstand der Roboter“ hält, bei aller Spannung und Pace, auch so manche Unglaubwürdigkeit parat.

Eine davon kommt beinahe in allen Brandis-Büchern vor: Das Überlisten des Gegners durch Anflug mit der Sonne im Rücken. Die Taktik mag bei Kampffliegern im 2. Weltkrieg gute Dienste geleistet haben, ist jedoch bereits mit real existierenden Radarsystemen im Entstehungsjahr der Serie 1970 ziemlich witzlos und im fiktiven 2072 dann wohl erst recht. Richtig strapaziert wird des Lesers Sinn für Realismus allerdings, wenn den Retortenmenschen mittels einer Art zermahlenem Hirnpulvers die Erfahrungen anderer Individuen injiziert werden. Michalewsky behauptete stets von sich, kein SciFi-Autor zu sein. Obwohl die Serie durchaus etwas anderes beweist, ist man bei derart weit hergeholten Ideen gelegentlich geneigt, dem zuzustimmen.

Doch um Technik und futuristische Elemente zum Selbstzweck geht es ja bei Brandis grundsätzlich auch nie. Man kann über die unbestreitbar vorhandenen kleinen – aber sympathischen – Schrullen hinweg sehen und sie unter „Charakter“ verbuchen. Im Mittelpunkt stehen vielmehr immer die Menschen, allen voran Brandis als Alter-Ego des Autors, der sich mit gesellschaftlichen Themen auseinandersetzt bzw. oft genug bis zur Schirmmütze im Schlamassel sitzt. Dabei spart er nicht mit Selbstkritik und -zweifeln, ob das, was er sich und seinen Untergebenen im Namen der Freiheit abverlangt, auch wirklich richtig ist. Die dafür gewählte Ich-Form tut ihr Übriges, das Identifikationspotenzial mit der Figur vollkommen auszureizen. Und weil das so gut klappt, wird innerhalb der Reihe auch nur ganz selten mal von dieser Erzählstruktur abgewichen.

_Fazit_

Die Guerillazeiten der „Delta VII“ sind vorbei. Band 4 schließt den „General-Smith-Zyklus“ mit Friede, Freude, (geklonten) Eierköppen und im Finale vielleicht etwas dick aufgetragenem Pathos ab. Es hätte das Ende sein können. Tatsächlich hatte der Herder-Verlag damals lediglich eine kleine Jugend-SciFi-Serie bei Nikolai von Michalewsky in Auftrag gegeben, welche aus drei bis vier Bänden bestehen sollte. Doch Mark Brandis sprach (und spricht) mit seinen sozialkritischen Themen alle Altersklassen dermaßen an, dass auf Grund des großen Erfolges dann noch 27 weitere Bücher folgten. Den Beinamen „Weltraumpartisanen“ hat man beibehalten, wiewohl dieser sich auf die ersten vier Bände bezog. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass die untrennbar miteinander verbunden und somit einzeln für Quereinsteiger ungeeignet sind.

|ISBN: 9-783-93806-548-8
190 Seiten, Broschur|

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Schüller, Martin – TATORT: Tempelräuber

Begeisterte die TATORT-Serie über Jahrzehnte hinweg ein Millionenpublikum vor dem Fernseher, läutete der |Emons|-Verlag eine neue Ära ein: Die beliebteste deutsche Krimiserie schaffte im Herbst 2009 auch den Sprung in die Literatur. Basierend auf Drehbüchern bereits gesendeter Folgen werden seither eine ganze Reihe Fälle ausgewählter und beliebter Ermittler auch als Roman angeboten. Erfolgreich. Der ersten Welle von Veröffentlichungen folgten unlängst weitere. Mittlerweile hat sich lediglich das Cover Design etwas geändert.

_Zur Story_

Hauptkommissar Frank Thiel hat es nun wahrlich nicht leicht. Das bekennende Heidenkind vom Hamburger Kiez lebt und arbeitet nunmehr seit einiger Zeit mitten im erzkatholischen Münster. Als wäre das noch nicht genug, erwischt es einen hohen Geistlichen auf offener Straße. Regens Mühlenberg wird mehrfach überrollt – pikantes Detail: mit dem Taxi von Thiels Hippie-Vater Herbert. Doch auch das reicht noch nicht: Der Gerichtsmediziner, hochmütige Dauernervensäge und penetranter Hobby-Einmischer (überdies auch noch sein Nachbar sowie Vermieter in Personalunion) Professor Karl-Friedrich „Ka-Eff“ Boerne wird zufällig Zeuge der Tat und erleidet beim Rettungsversuch selbst einige üble Frakturen, welche ihn – nicht nur arbeitsmedizinisch – eigentlich außer Gefecht setzen müssten. Eigentlich.

Boerne türmt aus der Obhut seiner Ärztekollegen im Krankenhaus und begibt sich – beidseitig vom Handgelenk bis zu den Schultern in Gips gepackt – unverzüglich an den Obduktionstisch. Die Sache nimmt er persönlich, obwohl er praktisch immobilisiert ist. Assistentin „Alberich“ wird’s schon richten. Und seinen Haushalt kann ja Thiel nebenher erledigen, wozu hat man schließlich Nachbarn. Der hat indes Besseres zu tun, als sich um solche Kindereien zu kümmern – zumal die Staatsanwältin ihm im Nacken sitzt, da „ein toter Geistlicher in Münster soviel zählt wie drei tote Bürgermeister“. Die Spur führt zu einem Priesterseminar, bei dem wohl nicht alle immer mit dem Hardliner Mühlenberg konform gingen. Irgendwie hängt in den heiligen Hallen der Haussegen ziemlich schief. Doch reicht das für einen Mord?

_Eindrücke_

Zweifellos gehören die Münsteraner zu den absoluten Publikumslieblingen. Selbst sonst eingefleischte Tatort-Verweigerer vermögen sie vor den Bildschirm zu locken. Zu köstlich sind die Reibereien zwischen Thiel und Boerne, sowie den ebenfalls bemerkenswert verschrobenen Randfiguren. Als da wären: Staatsanwältin Wilhelmine Klemm oder Herbert „Vaddern“ Thiel. Kommissar Thiels tüchtige Assistentin Nadeshda Krusenstern (welche er im Buch unverständlicherweise gelegentlich duzt) und die kleinwüchsige Gerichtsmedizinerin Silke „Alberich“ Haller scheinen die einzig halbwegs „normalen“ Figuren zu sein. Sieht man von Thiel selbst einmal ab: Der ist zwar häufig muffig, aber weit davon entfernt exzentrisch zu sein. Seinen überaus wachen Verstand versteckt er gut unter seinem manchmal leicht ungepflegt wirkenden Äußeren.

Leider will das im Roman alles nicht so recht ziehen. Es stellt sich auch nicht die Frage, ob es nur am Fall selbst liegt, der sicherlich nicht zu den besten seiner Art gehört. Auch die Fernsehfolge war nicht grade ein Glanzstück gewesen. Das Problem liegt hauptsächlich darin, dass bei der Transformation ganz wichtige Elemente auf der Strecke blieben. Ja, zwangsläufig bleiben mussten: Gestik, Mimik und Tonfall und somit das Gros der markanten Situationskomik zum Beispiel. Ein gewichtiger Teil des Erfolges des Münsteraner Tatorts geht eben halt auf dieses Konto. Sprich: Nicht nur das Was ist wichtig, sondern auch wie etwas nonverbal ausgedrückt wird, ist – gerade dort – faktisch unabdingbarer Bestandteil der Handlung. Das kann man nicht so ohne Weiteres in einen Roman übertragen. Da kann Martin Schüller sich noch so redlich bemühen.

_Fazit_

Thiel und Boerne als Roman – kann das gut gehen? Jein. Das Buch ist der Fernsehfassung gegenüber grandios im Nachteil und schafft es eher selten den richtigen Ton der Kult-Ermittler zu treffen. Das liegt in der Natur der Sache: Speziell diese Tatorte muss man sehen und hören, damit ihre Figuren die volle Wirkung entfalten. Solche Mittel stehen in der Literatur aber nicht zur Verfügung und man kann nur versuchen, das Beste raus zu holen – und das ist bei diesem ohnehin mittelmäßigen Fall sehr schwer. Man bekommt hier einen immerhin leidlich unterhaltsamen Krimi mit gesellschaftskritischem Thema in die Hand, welcher mal eben zwischendurch gelesen und verdaut ist. Als Appetizer (oder wahlweise Gedächtnisstütze) bis zur nächsten TV-Ausstrahlung.

|Begleitbuch zur gleichnamigen ARD-Serie „Tatort“
Nach einem Drehbuch von Magnus Vattrodt
ISBN: 978-3-89705-733-3
156 Seiten, Broschur|
www.emons-verlag.de

_TATORT beim Buchwurm:_
[Blinder Glaube]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5914
[Todesstrafe]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6346
[Strahlende Zukunft]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5956
[Aus der Traum]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6547

Conrath, Martin – TATORT: Aus der Traum

Den TATORT kennt heute selbst jedes Kind. Kaum ein Format kann auf eine längere und erfolgreichere Geschichte im deutschen Fernsehen zurück blicken als die legendäre Krimi-Serie der ARD. Nun zündete man eine weitere Stufe der Vermarktung. Die beliebtesten Kommissare bzw. Ermittlungsteams gehen nun auch in Buchform auf Verbrecherjagd. Als Vorlage dienen – derzeit zumindest – bereits im TV ausgestrahlte Fälle. Die jeweils etwa 160 Seiten starken Bücher erscheinen seit Ende September 2009 als Broschur bei |Emons| und kosten 8,95 Euro pro Band. „Aus der Traum“ ist der erste gemeinsame Fall des neuen Saarbrücker Duos Kappl/Deininger und gehört zur ersten Tranche der Veröffentlichungen.

_ Zur Story_

Nach dem Ausscheiden von Max Palu hofft Stefan Deininger, die Rolle der ewigen zweiten Geige abzulegen und aus dem Schatten seines alten Chefs treten zu können. Endlich als Hauptkommissar die Leitung der Saarbrücker Mordkommission, das „K1“, übernehmen – die diesbezügliche Ernennung scheint nur reine Formsache. Deininger weiß schließlich, wie die Dinge an der Saar immer gehandhabt werden. Doch was er nicht ahnt: Die Planstelle wurde bereits an jemand anderen vergeben. HK Franz Kappl nämlich, der sich von Bayern hierher hat versetzen lassen, platzt auch passender Weise gleich in die Geburtstagsfeier, bei welcher auch auf Deiningers vermeintlichen Beförderung und Amtsübernahme angestoßen werden soll. Pustekuchen.

Der sonst eher phlegmatische „Stefansche“ schäumt. Ausgerechnet ein Bayer! Als dann Kollegin Kathi, auf die er ein Auge geworfen hat, von drei Kugeln tödlich getroffen in ihrer Wohnung aufgefunden wird, scheint sich endgültig alles gegen ihn verschworen zu haben. Zumal sich recht schnell herausstellt, dass die junge Polizistin zwei Gesichter hatte. Kappl bemüht sich derweil, die Eiszeit zwischen ihnen abzumildern, stößt aber zumeist auf Nickeligkeit und Starrsinn. Außer mit Deininger kämpft er nicht minder mit der hiesigen Mentalität und Gepflogenheiten. Überhaupt scheint das gesamte Saarbrücker K1 seinen Ansichten bezüglich moderner Ermittlungsmethoden gegenüber grundsätzlich erst einmal skeptisch eingestellt zu sein. Ein leichter Start sieht sicher anders aus.

_Eindrücke_

Der Saarbrücker Tatort war schon immer etwas – nennen wir es mal wertungsfrei „eigenwillig“. An der Figur, welche ihm bis dato genau dieses Gesicht verschafft hat, schieden sich Geister, die einen mochten den zuweilen schrägen Vogel Max Palu (übrigens: zwar gesprochen „Palü“, jedoch – wie im Roman mehrfach irrtümlich – ohne Umlaut geschrieben). Nun ist jener allerdings raus aus dem Polizeidienst und sein langjähriger, stets etwas pennälerhaft wirkender Assistent steht parat, die Fackel weiter zu tragen. Kein leichtes Erbe. Und doch: Endlich gewinnt der sonst so farblose Deininger wesentlich mehr Kontur und Biss. Im TV wird das allein schon mit geänderter Haar- und Barttracht signalisiert.

Im Buch geht das aus nachvollziehbaren Gründen natürlich schlecht. Da muss das geschriebene Wort visuelle Eindrücke sowie Gestik und Mimik kompensieren. Das haut hier auch ganz gut hin. Es werden die Begleitumstände humorig kurz angerissen und verdeutlicht, was Deininger so antreibt und in welchem Dilemma er steckt. Humor ist ein gutes Stichwort. Hüben wie drüben lebt der „neue“ Saarbrücker Tatort in erster Linie von der selbstironischen Darstellung der saarländischen Lebensart, Kultur und Sprache – wobei der weltoffene, Tuba spielende Bayer mit seinen amerikanischen Ermittlungsmethoden logischerweise das volle Kontrastprogramm bietet.

Herzerfrischend sind dann die zunächst großen, dann aber immer kleiner werdenden Hahnenkämpfe der beiden MoKo-Leithammel. Dazwischen stehen die Figuren, welche man zum Teil ebenfalls – und glücklicherweise – mitgenommen hat: Spurensicherer Horst Jordan und Innendienst-Urgestein Gerda Braun. Erfüllte sie unter Palu noch fast ausschließlich den Part des mundartlichen comical-relief, so bekommt sie neuerdings wesentlich mehr aktive Funktionen zugesprochen. Ebenfalls neu dabei ist die junge Gerichtsmedizinerin Dr. Resa Singh, auf welche Kappl sofort ein Auge geworfen hat. Diese Sympathie wird auch erwidert, selbstredend wiederum erst einmal zum Leidwesen Deiningers.

Bei soviel Charakteraufbau und Figurenmodifikation für’s neue Team gerät der eigentliche Fall schon fast zur Nebensache. Wobei dieser durchaus nicht leicht zu knacken ist, einige dubiose Gestalten, unerwartete Wendungen und Querverbindungen parat hält, mit denen man so nicht gerechnet hat. Und hinterher war’s vielleicht doch jemand ganz anderes? Es bleibt auf jeden Fall bis zum Ende hin spannend. Das Einzige, was man nicht ganz vom Drehbuch in die Textform retten konnte, ist die versöhnliche Schluss-Pointe. Während diese den Zuschauer im Fernsehen recht unerwartet trifft, kündigt sie sich hier schon vorher an bzw. hat eine leicht alterierende Grundstimmung. Nicht immer ist ein Buch der Verfilmung überlegen.

_Fazit_

Wer die Saarbrücker Tatorte bislang nicht mochte, wird überrascht sein. Das neue, zumeist junge Team ist gefällig, hat selbstironischen Witz und versprüht Esprit. „Eigenwillig“ ist man immer noch, nun aber definitiv im positiven Sinne. Martin Conrath hat die Umsetzung zum Roman in nahezu allen Disziplinen exzellent hinbekommen – die Story macht sicher auch Leuten Freude, welche die TV-Folge (noch) nicht kennen. Man darf hoffen, dass das unterhaltsame Duo Kappl/Deininger, nach einigen sehr sehenswerten Episoden im Fernsehen, bald auch vermehrt den Weg in die Bücherregale finden wird.

|Begleitbuch zur gleichnamigen ARD-Serie „Tatort“
Nach einem Drehbuch von Fred und Léonie-Claire Breinersdorfer
ISBN: 978-3-89705-661-9
176 Seiten, Broschur|
http://www.emons-verlag.de/

_TATORT beim Buchwurm:_
[Todesstrafe]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6346
[Blinder Glaube]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5914
[Strahlende Zukunft]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5956

von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Unternehmen Delphin (Weltraumpartisanen – Band 3)

_Mark Brandis:_

Band 1: [Bordbuch Delta VII]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 2: [Verrat auf der Venus]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6539
Band 3: _Unternehmen Delphin_

Mit dem Namen Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) kann kaum ein Uneingeweihter etwas anfangen; bei dessen Pseudonym „Mark Brandis“ klingelts bei einigen dann doch. Zumindest wenn sie dereinst Science-Fiction-Infizierte waren. Zwischen 1970 und 1987 verfasste er 31 Bände Weltraumabenteuer mit der gleichnamigen Titelfigur. „Mark Brandis“ gilt damit neben dem Mammutprojekt „Perry Rhodan“ als eine der erfolgreichsten deutschen SciFi-Serien. Leider waren die |Herder|-Bücher lange Zeit nur noch im Antiquariat aufzutreiben und von einem halbherzigen Versuch bei |Bertelsmann| im Jahr 2000 einmal abgesehen, geriet die Serie in Vergessenheit. Bis der |Wurdack|-Verlag 2008 begann den Schleier ernsthaft zu lichten und diese Klassiker Stück für Stück wieder zu veröffentlichen: Derzeit erscheinen zwei Bände pro Quartal in neuem Glanz.

_Zur Story_

Rien ne vas plus. Nix geht mehr. Oder fast nichts. Wenigstens gilt das für Raumschiff „Delta VII“ nur in geringem Maße. Das derzeit modernste Schiff des bekannten Weltraums und glänzendes Beispiel menschlicher Ingenieurskunst funktioniert noch. Ein paar Beschädigungen hat sich das wackere Schiff im Namen der Freiheit zwar eingefangen, aber auch seit seinem Ausbau zum schweren Kreuzer hat es seiner Mannschaft zuverlässig gedient. Nun sogar als Zuhause. Mark Brandis und seine Crew sind heimatlos. Gejagte Outlaws, Banditen oder auch Partisanen des Alls. Die Invasion der letzten freien Republik Venus fand nicht mittels militärischem Schlag statt, sondern heimlich, still und leise – durch Verrat an höchster Stelle der Regierung.

Colonel Larriard hat General Smith und seiner „Reinigenden Flamme“ Tür und Tor geöffnet. Als letzten Gruß hat Brandis das Zentralbüro seines ehemaligen Arbeitgebers VEGA mit den Bordwaffen pulverisiert (siehe: „Mark Brandis: Verrat auf der Venus“) und die Flucht in den Weltraum angetreten. Vorläufiges Ziel: Raumstation „Interplanar XII“, wo sich ein letztes Widerstandsnest ehemaliger politischer Gefangener befindet, die sich aber nach außen hin als Regime treues Reparaturdock präsentieren. Die |Delta VII| wird in ein Raumgefecht verwickelt und bringt zufällig in Erfahrung, dass General Smith akut vorhat die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR), dem großen asiatischen Machtblock der Erde, mit einem Blitzkrieg zu überziehen. Die Folgen wären verheerend. Auf allen Seiten.

Smith scheut sich offenbar nicht, selbst von geächteten Massenvernichtungswaffen Gebrauch zu machen. Brandis sieht als einzige Chance die Kontaktaufnahme mit den VOR. Dem ehemaligen Erzfeind der westlichen Welt. Brandis passt ein Kurierschiff der VOR ab und lässt sich nach Peking bringen, um mit Beweisdokumenten im Gepäck bei deren Verteidigungsminister vor zu sprechen. Beinahe endet seine Mission vor einem Erschießungskommando der Asiaten – deren Geheimpolizei glaubt ihm natürlich nicht. Erst in letzter Sekunde schenkt man ihm doch Gehör. Mehr noch: Der Verteidigungsminister zeigt sich äußerst kooperativ. Allerdings wird die Zeit knapp. Der Angriff ist nicht mehr fern und wenn man es nicht schafft, ihn rechtzeitig zu stoppen, wird die VOR 24 Stunden vor Ablauf der Frist präventiv zuschlagen. „Unternehmen Delphin“ läuft an …

_Eindrücke_

Der dritte Band des „Weltraumpartisanen“-Zyklus weist eine Besonderheit auf. Zwar ist er weiterhin hauptsächlich in der Ich-Form geschrieben, allerdings übergibt Brandis bereits im Vorwort den Bericht an seinen Piloten Robert „Rob“ Monnier. Dieser schildert nun die turbulenten Ereignisse dieser spannenden, schicksalsträchtigen Geschichte aus seiner Sicht. Hatte der Leser die ersten beiden Bände es immer mit einem an sich zweifelnden und manchmal innerlich hin und her gerissenen Mark Brandis zu tun, bekommt man er nun einen Eindruck davon, wie der Commander auf seine Crew wirkt. Nämlich ganz anders, als Brandis meint wahrgenommen zu werden. Die Kapitel, in denen Brandis von der Crew getrennt ist, wurden – auch das ist ein Novum – in der dritten Person geschrieben.

Natürlich ist das ein Taschenspielertrick seitens Nikolai von Michalewsky, sein Alter-Ego (man darf annehmen, dass in Brandis eine ganze Menge Autobiographisches steckt) etwas zu erhöhen, wenn er ausgerechnet Monnier quasi vorschiebt, die Feindschaft zur Hauptfigur ab- und stattdessen Respekt aufzubauen. Diese Entwicklung der Charaktere war durchaus vorhersehbar. Das gilt (leider) für nahezu alle Figuren, die diesmal generell ein wenig schablonenhaft daherkommen. Auch die Handlung ist weitgehend überraschungsfrei, zumindest was die Grundrichtung angeht. Ein paar kleine unerwartete Wendungen sind dann doch zu verzeichnen.

Brandis ist bei nüchterner Betrachtung selbstredend nie in wirklicher Gefahr, weder beim Erschießungs-, noch beim finalen Himmelfahrtskommando – schließlich handelt es sich ja bei der Serie um seine Memoiren. Folglich hat er den ganzen Sermon logischerweise überlebt und ist in der Lage, ihn für die fiktive Nachwelt – also uns Leser – aufzuzeichnen. Dabei fällt wieder einmal auf, dass von Michalewsky/Brandis einige Lieblings-Phrasen, wie schon bei den beiden ersten Bänden zu beobachten, wiederholt drischt. Die „tastenden Lichtfinger“ begegnen uns genau wie auch die „10500 Tonnen Schubkraft“ und die „samtene Schwärze“ erneut häufiger. Wenn die Bücher irgendwann noch einmal überarbeitet und lektoriert werden sollten, dann wäre hier der dringendste Ansatzpunkt: Nämlich eine kreativere Wortwahl.

_Fazit_

Das Kreuz mit Serien ist oft, dass man ohne die Vorgänger beinahe aufgeschmissen ist. Das ist hier natürlich nicht anders. Quereinsteigern kann man Band 3 der kultigen SciFi-Reihe somit nicht wirklich empfehlen. Die Geschichte mag handlungs- sowie figurentechnisch zwar etwas vorhersehbar, vielleicht hie‘ und da einen Tick zu heroisch, stellenweise auch moralin-sauer sein, aber alles in allem doch eine würdige und lesenswerte Episode der Weltraumpartisanen. Besonders Freunde von Action respektive Raumgefechten werden sicherlich nicht enttäuscht. Man ist zudem gespannt, wie es weitergeht, denn eins haben Fortsetzungsgeschichten ebenfalls meist gemein: Den Cliff-Hanger am Ende.

|ISBN: 9-7839-38065-45-7
190 Seiten, Broschur|

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Sonnleitner, Marco – Die drei ??? – Stadt der Vampire

Mittlerweile hat die bekannte Jugendserie des |Franckh-Kosmos|-Verlags die 150er Schallmauer locker durchbrochen. „Stadt der Vampire“ als Band 140 liegt von der Veröffentlichung her hingegen schon etwas zurück. Genauer gesagt datiert dieser Fall ins Jahr 2008, gehört aber somit ohne Frage zur „Neuen Ära“ unter komplett deutscher Federführung. Mystery-Spezialist Marco Sonnleitner zeichnet sich für die Geschichte verantwortlich und er scheucht das Jugend-Detektivtrio zur zünftigen Vampirjagd in die Rocky Mountains.

_Zur Story_

Justus, Peter und Bob haben sich zu einem Kurztrip ins Hinterland von Santa Monica aufgemacht. Sie wollen abseits von Schule und Detektivarbeit mal wieder ein wenig ausspannen und neue Kraft tanken. Ein bisschen Wandern und Campen in freier Natur, die Seele baumeln lassen halt. Zufällig entdecken sie von einem Hochplateau aus ein abgeschiedenes Dorf. „Yonderwood“ verrät Bobs Karte und man beschließt dort hin einen Abstecher zu unternehmen, vielleicht um einen Happen zu Essen oder wenigstens die eigenen Vorräte aufzustocken – zudem braut sich in den Rocky Mountains gerade eine mächtige Gewitterfront auf. Rechtzeitig mit Beginn des Unwetters erreichen sie die ersten Häuser der kleinen Siedlung.

Den drei Fragezeichen stehen selbige im Gesicht, als sich heraus stellt, dass diese alle verlassen sind. Erst in der Dorfkneipe treffen sie eine Hand voll Bewohner. Wie es scheint, so ziemlich der komplette Rest der Verbliebenen. Der Empfang ist äußerst frostig, der Wirt offenbar nicht sonderlich an Gästen interessiert und auch die Schankraumdekoration verdient mindestens das Prädikat „recht seltsam“: Lauter Kreuze und Knoblauchkränze. Griesgrämig verweist man die drei offensichtlich unerwünschten Besucher an das Drugstore gegenüber, als sie fast schon aus reiner Verlegenheit fragen, wo man hier denn noch etwas einkaufen könne. Dort ist man bzw. frau erfreulicherweise ungleich freundlicher.

Josi, die den Laden mit ihrer Großmutter zusammen betreibt, wirkt sehr aufgeschlossen und ist auf Anhieb sympathisch. Als sie vorsichtig nach haken was das ganze Brimborium soll und warum so viele Gebäude leer stehen, mauert auch sie zunächst. Erst nach einigem Bohren erfahren sie, dass seit einigen Monaten ein Vampir umgehen soll. Schon mehrere Menschen wachten morgens in einer Blutlache auf, können sich an rein gar nichts erinnern, weisen aber an ihren Hälsen die charakteristischen Male auf. Eine mannshohe Fledermausgestalt wurde unlängst des Nächtens gesichtet. Will sich der Stadtgründer nach 100 Jahren rächen? Der stammt aus einer berühmt-berüchtigten Gegend und benannte das Örtchen gleich nach seiner alten Heimat: „Yonderwood“ lässt sich treffend mit „Transylvanien“ übersetzen.

_Eindrücke_

Der Beginn ähnelt zunächst dem Fall „Nebelberg“. Ausgebrannte Junior-Detektive, Ausflug in die Rocky Mountains, plötzliche Wetterverschlechterung – der fing beinahe genauso an. Alsbald schlägt aber nicht nur die Witterung, sondern gleichwohl auch der Plot in eine etwas andere Richtung um. Er bleibt aber, der Titel legt darüber bereits beredt Zeugnis ab, satt im Bereich der Mystery. Wenn es um die übersinnlich-gruselig angehauchten Fälle der „neuen Ära“ geht, hat oft Marco Sonnleitner seine Finger im Spiel. Die liegen ihm offenbar besonders. Hier darf er sich mal wieder so richtig austoben und einen wahren Klassiker unter den Nachtmahren von der Kette – pardon: aus der vermeintlichen Totenkiste – lassen.

Vampire sind für gewöhnlich überaus (licht-)scheue Gesellen und vielleicht auch deswegen in der Serie recht seltene Gäste. Daher ist diese Thematik dann noch nicht so ausgelutscht, wie etwa Drachen oder Piraten, deren Auftreten ja als geradezu inflationär zu bezeichnen ist. Die temporeiche Geschichte ist durchweg spannend aufgezogen und die schlapp 128 Seiten im Nu durchgezogen. Erst bei genauerem Hinsehen fallen ein paar Kleinigkeiten auf, die man pedantischerweise bemäkeln könnte. Dabei sind es nicht einmal die üblichen Serien-Klischees und sattsam bekannten Elemente, die es bei einem Fall der drei ??? pflichtgemäß immer zu bedienen gibt. Das geschieht mit einem selbstironischen Unterton und auch ansonsten findet sich erfrischend viel Humor.

Es ist eher das Setup als solches, welches nicht vollkommen überzeugen kann. Nüchtern betrachtet ist nicht nachvollziehbar, warum der Übeltäter überhaupt einen solchen Zinnober veranstaltet. Die ganze Vampir-Inszenierung schadet ihm im Endeffekt eigentlich nur, da es (zwangsläufig) viel zu viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Er hätte mit seinem (exklusiven) Informationsstand bequem und ohne Zeitdruck im Verborgenen operieren können. Er wäre dadurch vielleicht etwas langsamer zum Ziel gekommen, jedoch ohne Gefahr, jemals aufzufliegen. Niemand hatte auch nur die geringste Ahnung, worum es ging. Nun ja, so ist es für den Leser natürlich wesentlich unterhaltsamer.

_Fazit_

Nach einigen in letzter Zeit eher mittelmäßigen Fällen aus der Feder Marco Sonnleitners, stimmt „Stadt der Vampire“ mehr als versöhnlich. Er kann es immer noch. Gute, spannende Geschichten schreiben nämlich. Dass einige Dinge nicht so ganz schlüssig sind, verzeiht man dem temporeichen und flotten Buch gerne. Die positiven Aspekte überwiegen deutlich. Klare Leseempfehlung auch für Neueinsteiger in die Serie.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_
„Die drei ???: Stadt der Vampire“, Band 140
Basierend auf den Figuren von Robert Arthur
Erzählt von Marco Sonnleitner
http://www.kosmos.de
Redaktion: Martina Zierold
128 Seiten Hardcover
ISBN 978-3-440-11707-1

von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Verrat auf der Venus (Weltraumpartisanen – Band 2)

_Mark Brandis:_

Band 1: [Bordbuch Delta VII]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 2: _Verrat auf der Venus_

Mit dem Namen Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) kann kaum ein Uneingeweihter etwas anfangen; bei dessen Pseudonym „Mark Brandis“ klingelts bei einigen dann doch. Zumindest wenn sie dereinst Science-Fiction-Infizierte waren. Zwischen 1970 und 1987 verfasste er 31 Bände Weltraumabenteuer mit der gleichnamigen Titelfigur. „Mark Brandis“ gilt damit neben dem Mammutprojekt „Perry Rhodan“ als eine der erfolgreichsten deutschen SciFi-Serien. Leider waren die |Herder|-Bücher lange Zeit nur noch im Antiquariat aufzutreiben und von einem halbherzigen Versuch bei |Bertelsmann| im Jahr 2000 einmal abgesehen, geriet die Serie in Vergessenheit. Bis der |Wurdack|-Verlag 2008 begann, den Schleier ernsthaft zu lichten und diese Klassiker Stück für Stück wieder zu veröffentlichen: Derzeit erscheinen zwei Bände pro Quartal in neuem Glanz.

_Zur Story_

Venus im Jahre 2070. Seit General Smith mit seiner fanatisierten Bewegung „Reinigende Flamme“ einen Staatsstreich durchzog und damit die Union der Kontinente Europa, Amerika und Afrika (kurz: EAAU) ursurpierte und sich selbst zum Regenten seines Militärregimes einsetzte, ist die Venus der letzte freiheitliche Zufluchtsort. Kurz nach seiner Machtübernahme rief sich die kleine Kolonie zur autonomen demokratischen Republik aus. Bislang hält die strategische Raumflotte unter dem Kommando Colonels Larriand die Invasionskräfte des Generals offensichtlich in Schach. Außer Drohungen und gelegentlicher Scheinangriffe passierte nichts. Noch nicht. Man ist sich sicher, dass der General irgendwann nach dem abtrünnigen Planeten der Widerständler greifen wird. Nur wann?

Nach einer beispiellosen Rettungsaktion schaffte es die Besatzung des Prototyps |Delta VII| den letzten rechtmäßigen Präsidenten Samuel Hirschmann aus einem Konzentrationslager der Geheimpolizei zu befreien (siehe: [„Mark Brandis: Bordbuch Delta VII“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535 ). Dabei verlor man Commander Harris, und Pilot Mark Brandis führt seither das Kommando auf dem schnellsten Raumschiff der Menschheit. Dies gehört immer noch zur zivilen Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik (VEGA), allerdings sagen er und seine Besatzung nicht Nein, als sie von der Venus-Regierung gebeten werden, zum Wohle der Freiheit einen Agenten zu einem konspirativen Treffen zu bringen. Die |Delta VII| ist eben das beste Pferd im Stall. Zuvor gilt es jedoch die Crew aufzustocken.

Da Brandis nach einem von ihm verursachten Unfall mit Todesfolge vor einigen Jahren degradiert wurde, freut es ihn nicht so hundertprozentig, seinen alten Rang als Commander wieder zu bekommen. Er ist immer noch traumatisiert. Die alte Wunde bricht vollends auf, als man ihm Captain Robert Monnier als neuen Piloten andient. Der wurde bei besagtem Vorfall schwer verletzt und entstellt. Zurecht gibt er Brandis dafür die Schuld. Die frühere Freundschaft der beiden ist offenbar erloschen und ständigem Gerangel gewichen. Aber: Monnier ist ein verdammt guter Pilot. Doch nicht nur seine, sondern die Fähigkeiten aller werden bald dringend benötigt. Beim angeblich geheimen Treffen auf der Rückseite des Mondes gerät die |Delta VII| in einen Hinterhalt und entkommt nur knapp. Die Hinweise erlauben nur einen Schluss: Verrat.

_Eindrücke_

Auch Band 2 ist in der Ich-Form und somit aus der Sicht von Commander Mark Brandis verfasst. Dementsprechend vertraut ist der Leser mit seiner oft widersprüchlichen Gefühlswelt – das schafft Nähe zur Hauptfigur und birgt, mehr noch als Beschreibungen aus der dritten Person heraus, deutlich erhöhtes Identifikationspotenzial. Das fällt ohnehin nicht schwer, die Figuren sind – wie die Geschichte selbst – leicht zugänglich, wenn auch die Kenntnis des ersten Bandes „Bordbuch Delta VII“ dringend anzuraten ist. Allein schon der Vollständigkeit halber, aber auch weil dort einfach eine gute, zeitlose Story erzählt wird, die hier ihre Fortsetzung findet. Dieser Abschnitt mit dem Konflikt zwischen den Partisanen und den Schergen des Generals legte den Grundstein für den späteren Erfolg – auch wenn die nachfolgenden Stories ab Band 6 eine etwas andere Richtung einschlagen sollten.

Die futuristische Technik ist bei „Mark Brandis“ durchgängig nur Kulisse und tritt gegenüber den handelnden Menschen eher in den Hintergrund. Sie ist lediglich Mittel zum Zweck. Beiwerk. Nicht mehr, nicht weniger. Technisch-überladene Wortungetüme oder dröge Beschreibungen wie irgendeine Gerätschaft funktioniert, sucht man vergeblich. Das gefürchtete „Kalte Licht“ etwa, das ab diesem Band bis zum Ende der Serie immer wieder auftauchen wird: Eine grausame, absolut tödliche Waffe. Physikalische Natur und exakte Funktionsweise bleiben unbekannt und irgendwie abstrakt. Es gibt sie. Sie ist geächtet. Punkt. Des Weiteren herrscht generell Minimalismus: Kein Überlichtflug, keine Energieschilde wie bei Star Trek, Perry Rhodan & Co.

Die Bühne ist das heimische Sol-System und die Raumschiffe sind vergleichsweise zerbrechlich. Sie sind wegen der begrenzten körperlichen Belastungsfähigkeit ihrer Crews auch nicht x-beliebig manövrierfähig. Vektoren sind das A und O. Das verleiht Raumgefechten etwas archaisches und ist dem Breitseitenaustausch segelbewährter Kriegsschiffe ähnlicher als dem modernen Luftkampf. Wiewohl neben Laserbatterien auch selbststeuernde Raketen Anwendung finden. Das Thema Technik ist ohnehin oft ein wenig paradox: Zum Einen muss der Navigator dem Piloten einen „Ausdruck“ für den Kurs reichen, statt ihm die Daten direkt auf seine Konsole zu übermitteln (wiewohl es der Kampfcomputer schafft, ein Gefecht nahezu selbstständig zu führen), zum Anderen ist man in der Lage ein menschliches Gehirn zu manipulieren, ja sogar zu transplantieren. Das passt irgendwie nicht zusammen.

Natürlich ist es vorherzusehen gewesen, dass die Dämonen der Vergangenheit Mark Brandis wieder einholen werden. Zu sehr und oft ist Michalewsky schon in Band 1 auf den Umständen der Degradierung herum geritten. Jetzt ist es schon soweit. Es überrascht dann auch nicht wirklich, dass der Verlauf der Zwistigkeiten zwischen Brandis und Monnier gegen Ende abflacht, die Feindseligkeiten fast zum Erliegen kommen und der gegenseitige Respekt voreinander wächst – immerhin gilt es, einen gemeinsamen Gegner zu bekämpfen bzw. aus einer lebensbedrohenden Gefahr zu entkommen. Das eint. Das Ganze ist nur ein Stück zu klischeehaft und vorhersehbar, des Weiteren geht der Versöhnungsprozess bei einem angeblich so tief sitzenden Groll, ja Hass seitens Monniers einen ganzen Tacken zu schnell. Frieden schließen die beiden aber erst später.

_Fazit_

Bei Band 2 überwiegt die Konsolidierung der Charaktere bei gleichzeitiger Verschärfung der Rahmenbedingungen. Eine überaus wichtige Funktion nicht nur für den weiteren Verlauf der Serie, was sich aber so richtig erst im nächsten Band entlädt. Die (kleine) Ruhe vor dem (nächsten) Sturm also. Über mangelnde Action und Spannung kann man sich dennoch nicht beklagen, vielleicht dafür mehr über die Plausibilitätslücken bei der Technologie und der etwas vorhersehbaren Figurenentwicklung bei gleichzeitig manchmal zu dick aufgetragenem Gutmenschentum. Offensichtlich kratzt der moderne Lesegeschmack doch hier und da ein bisschen am vierzigjährigen Lack des Klassikers – aber nicht soviel, um den Spaß daran zu verderben.

|ISBN: 978-3-938065-41-9
190 Seiten, Broschur|

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von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Bordbuch Delta VII (Weltraumpartisanen – Band 1)

Mit dem Namen Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) kann kaum ein Uneingeweihter etwas anfangen; bei dessen Pseudonym „Mark Brandis“ klingelts bei einigen dann doch. Zumindest wenn sie dereinst Science-Fiction-Infizierte waren. Zwischen 1970 und 1987 verfasste er 31 Bände Weltraumabenteuer mit der gleichnamigen Titelfigur. „Mark Brandis“ gilt damit neben dem Mammutprojekt „Perry Rhodan“ als eine der erfolgreichsten deutschen SciFi-Serien. Leider waren die |Herder|-Bücher lange Zeit nur noch im Antiquariat aufzutreiben und von einem halbherzigen Versuch bei |Bertelsmann| im Jahr 2000 einmal abgesehen, geriet die Serie in Vergessenheit. Bis der |Wurdack|-Verlag 2008 begann, den Schleier ernsthaft zu lichten und diese Klassiker Stück für Stück wieder zu veröffentlichen: Derzeit erscheinen zwei Bände pro Quartal in neuem Glanz.

_Zur Story_

Anno 2069: Längst ist der Nahbereich des Weltalls besiedelt und wird dementsprechend bereist. Kleine Kolonien befinden sich etwa auf der Venus und dem Mars. Politisch ist der Mutterplanet Erde in zwei Machtblöcke gespalten. Auf der einen Seite die EAAU, die Union der Kontinente Europa, Afrika und Amerika, auf der anderen die VOR – Die Vereinigten Orientalischen Republiken. Man stand vor Kurzem noch am Rande eines globalen Krieges, welcher vom machtgierigen EAAU-General Bordon B. Smith beinahe vom Zaun gebrochen wurde. Das konnte soeben verhindert werden und man steckt ihn in die Verbannung, statt ihn der Gerichtsbarkeit der VOR auszuliefern. Ein folgenschwerer Fehler. Der General hat noch genügend Unterstützer, putscht sich an die Macht und errichtet seine totalitäre, faschistoide Herrschaft.

Von den düsteren Wolken am politischen Himmel bekommt die vierköpfige Besatzung des Prototyps „Delta VII“ während ihres zweimonatigen Testfluges nichts mit. Sie arbeiten für die Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik (VEGA), einem großen Forschungs- und Rüstungskonzern der EAAU. Commander John Harris, Pilot Mark Brandis, Bordingenieur Antoine Ibaka sowie Navigator Iwan Stroganow werden unfreiwillig in den Strudel militärischer Gewalt gesogen. Sie sehen sich alsbald in der Hand der neuen Regierung und mit deren Auffassung von Rechtstaatlichkeit konfrontiert. Das Regime ist scharf auf die Geheimnisse des derzeit schnellsten und höchstentwickelten Raumschiffes und die Geheimpolizei schreckt dabei auch vor Folter nicht zurück. Durch ein Husarenstück gelingt die Flucht mit „Delta VII“ zur Venus, der letzten freiheitlichen Bastion im Sonnensystem.

_Eindrücke_

Mark Brandis erzählt die Geschichte zumeist in der Ich-Form, was eine größere Nähe zur Figur schafft als die Schilderung in der dritten Person. Gelegentlich werden Kapitel aber auch von anderen Handelnden erzählt. Aufgezogen ist das Ganze als ein Tatsachenbericht, bei welchem der damalige Mittdreißer seine turbulente Laufbahn als Raumpilot rekapituliert. Diese Retrospektive hat allerdings auch manchmal ihre Tücken, recht häufig nehmen Formulierungen wie „Es sollte das letzte Mal sein, dass…“ oder dergleichen ein wenig die Fahrt aus dem Plot, verraten sie doch mehr als einmal andeutungsweise zukünftige Ereignisse, die zum Spannungserhalt vielleicht besser noch im Dunkeln verblieben wären. Das ist allerdings Geschmacksache – so mancher mag solcherlei Teaser-Einschübe als eventuelle Motivationshilfe zum Weiterlesen mögen.

Nötig wäre es indes nicht. Die Story an sich besteht zwar aus klassischen Elementen und teils Klischees, wo ein zunächst halbwegs Unbeteiligter zum (Anti-)Helden aufsteigt. Das war schon in den Siebzigern nicht besonders neu und durchaus gängige Ausgangsbasis. Die Geschichte ist aber trotz ihrer nunmehr 40 Jahre auf dem Rücken interessant, zeitlos und streckenweise sogar immer noch topaktuell. Manches davon ist bereits eingetroffen, einige (besonders technische) Entwicklungen haben sie aber dafür auch längst überholt. „Tonbandaufzeichnungen“, weitgehend unvernetzte Computer, archaisch-hölzern anmutende Funkdialoge und dergleichen sorgen, zumindest bei heutigen Lesern, vermutlich für Schmunzeln, das offen zur Schau getragene Rauchen und der Alkoholgenuss dagegen wohl eher für Empörung.

Natürlich spiegelt die Geschichte den Zeitpunkt ihrer Entstehung wider. Deutlich merkt man Michalewsky an, dass er noch zur Weltkriegsgeneration gehört und sich der kalte Krieg in der heißen Phase befand. Das Thema Unterdrückung durch eine faschistische Militärdiktatur und Big-Brother-artige Überwachung der Bevölkerung ist allgegenwärtig. Was die Machtblöcke angeht bewies er ein gutes Näschen, denn in der Realität haben sich die asiatischen Staaten in der Tat zum stärksten Gegenpol der demokratisch-westlichen Welt gemausert. Eine Entwicklung, die man damals so sicherlich noch nicht absehen konnte. Allerdings pflegte man schon Jahre früher – im Rhodan-Universum – auch schon ein ganz ähnliches (Feind-)Bild.

Apropos: Brandis ist übrigens keine Konkurrenz zu Rhodan und absolut eigenständig. Das ganze Umfeld ist im Übrigen generell nicht so übertechnisiert – dementsprechend angenehm ist das fast vollständige Fehlen von unverständlichem Techno-Gefasel. Die Raumschiffe werden noch mit Flüssigtreibstoff (Ausnahme die |Delta VII| mit ihrem neuartigen Atomantrieb) befeuert, sind allesamt Vertikalstarter bzw. -lander. Ihre Bewaffnung besteht maximal aus Laser-Batterien sowie konventionellen Raketenwerfern. Energetische Schutzschilde und anderer hochgezüchteter Schnickschnack? Fehlanzeige. Sie schaffen nicht einmal annähernd Lichtgeschwindigkeit und bewegen sich ausnahmslos im heimatlichen Sol-System. Gleichwohl wird fälschlicherweise dafür wiederholt der Begriff „Galaxis“ verwendet.

Auffällig sind zudem einige offensichtliche Lieblingsphrasen des Autors, welche einem immer wieder begegnen: „samtene Schwärze“ (das Weltall), „5300 Tonnen“ (das Gewicht der Delta VII), „nach Schwachstellen tastende Lichtfinger“ (Laserbeschuss) oder auch „10500 Tonnen Schubkraft“ (das Beschleunigungsvermögen der Delta VII). Abgesehen davon, dass dort zwischenzeitlich durchaus abwechslungsreichere Begriffe und Formulierungen hätten gefunden werden können, und einem stets mitschwingenden, leicht moralisierenden Unterton, ist die Schreibe flott, flüssig und – wie man an diesen Beispielen sieht – sehr bildhaft. Nebenbei bemerkt handelt es sich bei der Neuauflage inhaltlich um die Originaltexte – somit folgt sie konsequenterweise auch noch der alten Rechtschreibung, was für manchen jüngeren Leser vielleicht zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig sein dürfte. Dem Lesespaß tut dies indes keinen Abbruch.

_Fazit_

Auch nach vier Jahrzehnten hat diese Perle deutscher SciFi-Literatur kaum etwas von ihrer Faszination verloren. Natürlich wirken manche Dinge heute grundlegend überholt, auch der Lesegeschmack und Anspruch der Leserschaft haben sich sicherlich gewandelt. Dass die Serie auch heute dennoch gut funktioniert, liegt zu einem Gutteil daran, dass die Story zwar vor einem futuristischen Hintergrund spielt, hauptsächlich aber von den Menschen handelt, die versuchen zu überleben und gegen einen Unrechtsstaat aufstehen. Die technologische Komponente ist zwar wichtig, aber nicht überbewertet. Da sieht man über kleine Macken gern hinweg. „Bordbuch Delta VII“ ist der Auftakt zu einem wahren Serien-Klassiker – Schön, dass er endlich wieder erhältlich ist.

|ISBN: 978-3-938065-39-6
190 Seiten, Broschur|

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Die drei ??? – Soccer Trap (American English)

Die Zeiten ändern sich. Wurden früher die Geschichten der drei Fragezeichen vom Englischen ins Deutsche übersetzt, geschieht dies heute umgekehrt. Allerdings nicht etwa zum Zwecke der Veröffentlichung im angloamerikanischen Sprachraum: Auch diese Varianten einiger ausgewählter Stories sind für den deutschen Markt bestimmt. Es sind bereits eine ganze Reihe Fälle diesen Weg gegangen – seit April 2010 gesellt sich nunmehr auch „Fussballfalle“ (jetzt unter dem Titel „Soccer Trap“) hinzu. Der |KOSMOS|-Verlag leistet damit seinen Beitrag, der lernwilligen Zielgruppe lebendiges Alltagsenglisch in Form des beliebten Jugend-Detektiv-Trios näher zu bringen.

Zur Story

Die drei ??? – Soccer Trap (American English) weiterlesen

Vollenbruch, Astrid – Die drei ??? – Geisterbucht

Schon wieder ein Jubiläum. Nach über 40 Jahren ihrer nicht immer unturbulenten Existenz feierte man beim |KOSMOS-Verlag| dieses Jahr den 150. Fall des Jugend-Detektivtrios. Wie es sich dort mittlerweile für einen solchen Festakt geziemt, wieder einmal mit einer besonders opulenten Story. Nach André Marx‘ „Toteninsel“ und „Feuermond“ durfte sich nun Astrid Vollenbruch im bislang dritten Dreierband in der Geschichte der drei ??? austoben. Wie schon bei seinen Vorgängern ergeben auch hier die drei Einzelcover, aus dem Schuber genommen und nebeneinander gelegt, ein größeres Gesamtbild. Ein so genanntes „Tryptichon“. Für das zeichnet sich – wie üblich und buchstäblich – Sylvia Christoph verantwortlich.

_Zur Story_

Justus, Peter und Bob gehen unter die Erben. Allerdings haben die drei Jungs keinen blassen Schimmer, warum Harry Shreber, ein jüngst verstorbener Pokerkumpan von Peters Opa, ausgerechnet die drei ??? in seinem Testament bedenkt. Scheinbar hat Grandpa von ihrer Vorliebe für Geheimnisse, ihre beeindruckenden Ermittlungserfolge und ihren untrüblichen Gerechtigkeitssinn geschwärmt. Anders ist es wohl nicht zu erklären, warum Mr Shreber ihnen ein knackiges Rätsel hinterlässt, dessen Lösung seine offensichtlich angeknackste Ehre wohl posthum zumindest partiell wiederherstellen soll. Was das sein könnte, weiß niemand so recht – auch Mr Mason, bis zuletzt sein privater Sekretär, nicht.

Die Spur führt 30 Jahre zurück in die Vergangenheit und die drei Jungs sind beileibe nicht die Einzigen, die sich plötzlich für den Nachlass des Sonderlings interessieren. Das vergammelte Flugzeug im verwilderten Garten des Ex-Navy-Fliegers scheint besonders wichtige Informationen zu bergen. Kurzerhand überredet Justus, unter dem Vorwand den Flieger für den Verkauf restaurieren zu wollen, seinen Onkel Titus, das gute Stück auf den Schrottplatz zu verfrachten. Dort ist es vor verdächtigem Gelichter vermeintlich sicherer als auf dem Grundstück Shrebers und kann zudem natürlich von den drei Detektiven viel bequemer untersucht werden. Sie finden tatsächlich erste Hinweise, die auf irgendwelche dunklen Ereignisse in seiner Militärzeit in Indien hindeuten.

Allerdings passen die unzähligen und teils widersprüchlichen Puzzleteile vorne und hinten nicht – und was hat Herman Mellvilles Roman „Moby Dick“ mit dem Ganzen zu tun? Begriffe und Namen daraus begegnen den drei ??? immer und immer wieder. Ebenso wie der (Deck-)Name „Rashura“. Ist dies eine Einzelperson oder eine ganze Organisation? Auf jeden Fall ist Rashura in der Wahl seiner Methoden nicht grade zimperlich. Einbrüche, Entführungen, Gift- und Brandananschläge sowie ganz offene, massive Drohungen sind ein Kaliber, welches den Jungs in solcher Konzentration und Rücksichtslosigkeit bislang nicht unterkamen. Mehr als einmal schlittern sie in lebensbedrohliche Situationen und können sich gelegentlich nur mit purem Glück herauswinden.

_Eindrücke_

Warum es ausgerechnet ein Dreierband sein musste statt einem einzelnen mit größerem (Seiten-)Umfang, sei der Weisheit der Marketingabteilung überlassen. Zumal die drei Bücher losgelöst voneinander keinerlei Sinn machen. Mal abgesehen von einem umfangreicheren Titelbild. Das kann sich allerdings sehen lassen und veranschaulicht treffend, worum es in der Geschichte – zumindest grob – geht. Das ist durchaus nicht immer so. Daran, dass der Buchtitel mit dem Inhalt eventuell nur sehr wenig zu tun haben muss, hat sich die Lesergemeinde mittlerweile sicherlich schon fast gewöhnt. Zwar kommt die Namen gebende „Geisterbucht“ tatsächlich vor, spielt aber eigentlich keine so zentrale Rolle. Sie ist nur einer von vielen Schauplätzen, auf denen sich der verzwickte und nicht ungefährliche Fall abspielt.

Der beginnt recht viel versprechend, wiewohl das Grundgerüst (Verblichene hinterlassen der Nachwelt willentlich ein durch Rätsel gesichertes Vermächtnis) innerhalb der Serie bereits sattsam bekannt ist. Man denke da, stellvertretend für eine ganze Reihe weiterer Fälle, exemplarisch an „Gefährliche Erbschaft“ oder „Fluch des Rubins“. Zu Letzterem hat „Geisterbucht“ sogar die deutlichsten Parallelen aufzuweisen und könnte schon fast als leicht alterierte, aufgebohrte Version dieses Klassikers durchgehen. Fast. Es gibt einen Edelstein, auf dem ein Fluch lasten soll und mehrere Gestalten verschiedener Fraktionen auf den Plan ruft, die aus offensichtlich ganz unterschiedlichen Gründen scharf darauf sind ihn in die Finger zu bekommen. Natürlich sind sowohl die grundlegende Thematik als auch der generelle Erzählstil wesentlich moderner, als auch die verwendeten Elemente anders. Dennoch ist der Plot recht ähnlich.

Es stecken auch einige Ungereimtheiten drin, seien sie physikalisch-technischer oder auch logischer Natur. Exemplarisch dafür etwa der – bei genauerem Hinsehen – ziemlich absurde Abschnitt mit dem Flugzeugträger. Diesen als künstliches Riff einzusetzen, ist dabei prinzipiell gar nicht abwegig. So etwas wird mit abgewrackten Schiffen tatsächlich gerne gemacht. Allerdings steht zu bezweifeln, dass „35 Meter“ Wassertiefe ausreichen, einen ausgewachsenen Carrier komplett unterzutauchen und erst recht nicht, wenn er angeblich aufrecht stehen soll. Bei der Versenkung „mit Sprengladungen“ ist ein Kentern übrigens viel wahrscheinlicher, was bedeutet, dass das Wrack entweder kopfüber oder seitlich auf dem Meeresgrund zu Liegen kommt.

Ganz zu schweigen davon, dass man ein solches Vorhaben wohl nicht in der Nähe dicht befahrener Küstengewässer durchführt. Erst recht nicht mit einem (Ex-)Kriegsschiff. Dass ihr bis dato undurchsichtiger Helfer dann auch noch genau weiß, dass eins der Sprenglöcher sich zufällig nahe der Stelle befindet, welche für die drei Jungs interessant ist, erweist sich als äußerst praktisch – nur leider wenig glaubhaft. Das überstürzte Tauchen ist überdies widersinnig, ihre Gegenspieler wissen nicht genau, as und vor allem wo es zu suchen ist, die drei Fragezeichen aber schon. Man könnte sich mit diesem Wissensvorsprung also durchaus einen geeigneteren Zeitpunkt aussuchen, zumal sie sich im Klaren sind, dass sie definitiv grade im Moment belauert werden. Da ist es kein Wunder, dass das Wrack beinahe zur Todesfalle wird.

Selbstverständlich werden auch sonst wieder einige sorgsam gepflegte Klischees der Reihe bedient: Der Schrottplatz bzw. Onkel Titus und Tante Mathilda, Morton, Inspector Cotta, sogar die Bibliothek – respektive Miss Bennett – wird mal wieder aktiviert, obwohl die Jungs inzwischen durchaus das Internet nutzen. Der erste Teil beginnt sowohl rasant als auch interessant und kann sowohl das Tempo als auch den Spannungsbogen bis zum Schluss gut halten. Einen so renitenten Gegner wie Rashura hatten die drei Fragezeichen bislang eher selten. Teil zwei knickt hingegen schon etwas ein und im dritten Buch flacht die Kurve zum ziemlich unplausiblen, lustlosen Hopplahopp-Ende hin soweit ab, dass nicht mal ein wirklicher Showdown zustande kommt. Schon gar kein packender.

_Fazit_

Vordergründig protzt dieser Fall mit Action und Spannung, allein schon deswegen, da der Gegner diesmal nicht sehr zimperlich vorgeht. Doch die Pace ist offensichtlich nicht über die volle Länge aufrecht zu erhalten, bis zum Schluss bedauerlicherweise endgültig die Luft ganz raus ist, sodass insbesondere das Finale vergleichsweise schludrig und unglaubwürdig ausfällt. Schade, das vermasselt einer grundsätzlich gar nicht mal so schlechten Geschichte dann die Tour in letzter Instanz ziemlich schmerzhaft. Unterhaltsam ist der Jubiläumsband über weite Strecken dennoch, wenngleich er den erneuten Beweis erbringt, dass Qualität nicht an die Quantität gekoppelt ist.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

|“Die drei ???: Geisterbucht“ – (Jubiläums-)Band 150
Teil 1 – „Rashuras Schatz“
Teil 2 – „Flammendes Wasser“
Teil 3 – „Der brennende Kristall“
Basierend auf den Figuren von Robert Arthur
Erzählt von Astrid Vollenbruch
Redaktion: Martina Dold, Martina Zierold
Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart, © 2010
3 Bände á 128 Seiten, Hardcover im Schuber
ISBN 978-3-440-12144-3|

Wachlin, Oliver G. – TATORT: Todesstrafe

Der TATORT begeistert seit 1970 ein Millionenpublikum, kaum ein Tag vergeht an dem nicht mindestens eine Folge entweder in der ARD oder einem der dritten Programme gesendet wird. An solchen Tagen oder bei Gelegenheiten, an denen man keinen Zugriff auf ein Fernsehgerät hat, werden Tatort-Jünger offenbar häufig von Entzugserscheinungen geschüttelt. Der |Emons-Verlag| dealt daher seit Ende September 2009 erfolgreich mit Ersatzdrogen in Form von Buchversionen auf Basis bereits ausgestrahlter Fälle mit besonders beliebten Ermittlern. Das Duo Saalfeld/Keppler übernimmt seit 2009 das Erbe vom Erfolgsgespann Ehrlicher/Kain, welche ihre langjährige TATORT-Laufbahn bei der Leipziger Mordkommission im Jahre 2008 endgültig quittierten.

_Zur Story_

Hans Freytag engagiert sich in der alten „Fabrik“ für Jugendliche seines Viertels, indem er mit ihnen zusammen ein altes Boot aufmöbelt. Der ehemalige Skipper ist allerdings in der Nachbarschaft nicht wohl gelitten, seit seine (Noch-)Ehefrau Sybille ihn des Missbrauchs an der gemeinsamen Tochter bezichtigte. Man hält ihn für einen Kinderschänder, der zudem verantwortlich für zwei ungeklärte Kindermorde sein soll. Es formt sich gar eine Art Bürgerwehr, deren fast alltägliche Übergriffe in Form von Prügeln und Schmierereien Freytag mittlerweile beinahe stoisch erträgt. Diesmal jedoch scheint offenbar jemand die auf dem neuesten Flyer des „Bürgervereins“ geforderte – und dort einzig als gerecht gehaltene – Sühne für Kindermörder in die Tat umgesetzt zu haben: Freytag wird erstochen vor dem Boot aufgefunden. „Todesstrafe“ prangt in großen roten Lettern auf dem Rumpf.

Hauptkommissarin Eva Saalfeld hat lange ringen müssen, bis in Leipzig eine zweite Mordkommission eingerichtet wurde – unter ihrer Leitung. Allerdings war daran auch eine Bedingung geknüpft, nämlich die, ihren Ex-Partner und -Mann Andreas Keppler in den Stab zu holen. Erstaunlicherweise sagt dieser tatsächlich zu, sich in den Osten versetzen zu lassen. Keppler genießt einen legendären Ruf als effektiver Ermittler, gilt aber auch als äußerst sperriger und spröder Charakter. Eva kann ein Lied davon singen, sie waren das Dreamteam in Wiesbaden und noch dazu drei Jahre lang verheiratet. Zehn Jahre ist das her und nun traut sich Keppler erstmals in Evas Heimatstadt. Seine schrullige Art hat er nicht abgelegt und eckt damit erst einmal im Kollegium an. Eva kennt ihren Pappenheimer und muss gelegentlich die Wogen glätten, was aber nicht heißt, dass sie alle seine eigenwilligen Marotten toleriert. Viele davon bringen sie auch nach all der Zeit immer noch auf die Palme.

_Eindrücke_

Die Modernisierung des TATORT schreitet unaufhaltsam voran. Vorbei die Zeiten, in denen ein Mord von öde-stereotypen Kommissaren beinahe keimfrei aufgeklärt wurden. Heute muss man schon einiges mehr bieten, um das Publikum – in diesem Falle auch die Leserschaft – bei Laune zu halten. Einprägsame, mitunter auch schräge Charaktere sind dabei heute schon Pflichtprogramm. Diesen Part hat man hier speziell Keppler vorbestimmt, der stets mit seinem Nachnamen angesprochen wird und wohl auch werden will – selbst von seiner Ex. Die ist burschikos, selbstbewusst und verkörpert das moderne emanzipierte Frauenbild. Im allerbesten Sinne. Keppler hingegen umgibt das Flair des intuitiv-kriminalistischen Genies, dem die Spur eines „Profilers“ anhaftet, jenen Experten, die aufgrund von kleinsten Indizien komplexe Täterprofile abzuleiten vermögen.

Es ist dadurch sicherlich die interessanteste und bislang vielschichtigste Figur der neuen Leipziger Riege, wenn auch in der gesamten Reihe ohne Alleinstellungsmerkmal: Mit Kommissar Klaus Borowski aus Kiel teilt er sich einige elementare Wesenszüge. Obschon er viel sensibler scheint als das Nordlicht. Die Masche, geschlechtsgemischte Ermittlerteams auf das Publikum los zu lassen, ist in der Welt des TATORT nicht neu, sondern ein mittlerweile sehr erfolgreiches und erprobtes Rezept. Man denke an Blum/Perlmann (Konstanz), Lürsen/Stedefreund (Bremen), Odenthal/Kopper (Ludwigshafen) und den schon vorgenannten Borowski. Das Ganze funktioniert natürlich auch hier wieder trefflich – vor allem eben wegen jenes exzentrischen Keppler.

Im TV wird den Kommissaren hauptsächlich von den Drehbuchschreibern Mario Giordano und Andreas Schlüter sowie den Schauspielern Simone Thomalla und Martin Wudtke Leben eingehaucht. Bei der Romanadaption erledigt das Oliver G. Wachlin, welcher übrigens auch für die Novellisierung des Berliner Ermittlerteams Ritter/Stark (z.B. „Blinder Glaube“) verantwortlich zeichnet. Er schlägt sich dabei achtbar. Selbstverständlich gelten im Buch ganz andere erzählerische Spielregeln als auf dem Bildschirm. Gestik und Mimik fallen in diesem Medium naturgemäß flach, der Schreiber muss den Figuren verbal Kontur verschaffen. Leider ist das auch ein zweischneidiges Schwert.

Einerseits erhält man dadurch meist ein detailliertes Bild der Charaktere, andererseits läuft man schnell Gefahr, zu viel preis zu geben. Genau das passiert hier streckenweise. Im Fernsehen lebt das neue Leipziger Duo – anfangs jedenfalls – zum Teil von der zunächst nur leicht angedeuteten Vergangenheit der beiden und besonders von Kepplers geheimnisvollen, ja geradezu unnahbaren Aura. Das geht in der Adaption leider zu oft flöten, da der Leser bereits in diesem ersten Fall vergleichsweise früh recht tiefe Einblicke in die wahre Gefühls- und Gedankenwelt der beiden Hauptakteure erhält, was diese quasi entzaubert. Das beißt sich mit dem aus dem TV gewohnten Ambiente etwas, lässt sich aber anders kaum bewerkstelligen. Wie bereits erwähnt gelten im Buch schließlich andere erzählerische Gesetzmäßigkeiten.

_Fazit_

Ein kurzweiliger, moderner Krimi, der unter der Novellisierung allerdings ein wenig leidet, da er die interessante Atmosphäre und die leichten Verspannungen der beiden Kommissare aus der Fernsehserie nicht 1:1 herüber retten kann. Ansonsten bietet „Todesstrafe“ durchaus solide Kost und eignet sich gut, um das neue Leipziger Team auch Fernsehmuffeln ein gutes Stück näher zu bringen. Die Figuren sind – auch literarisch betrachtet – ausbaufähig und bergen eine Menge Potential für zukünftige Fälle.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

Oliver G. Wachlin: „Todesstrafe“
Begleitbuch zur gleichnamigen ARD-Serie „Tatort“
Nach einem Drehbuch von Mario Giordano und Andreas Schlüter
Emons-Verlag, Dezember 2009
ISBN: 978-3-89705-665-7
176 Seiten, Broschur

_TATORT beim Buchwurm:_
[Blinder Glaube]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5914
[Strahlende Zukunft]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5956

Marx, André – Die drei ??? – Der Fluch des Drachen

André Marx gehört mittlerweile sicherlich zu den Urgesteinen der Serie, seit sie sich fest in deutscher Hand befindet. „Der Fluch des Drachen“ gehört zu den aktuelleren Beiträgen der so genannten „Neuen Ära“ und ist insgesamt der 130. Fall des Junior-Detektivtrios. Die Erstveröffentlichung aus dem Hause |Franckh-Kosmos| datiert bereits auf das Jahr 2006 zurück. Die frischere Neuauflage von 2008 ist Änderungen bei der Lizensierung geschuldet, was sich hauptsächlich im leicht geänderten Cover bzw. im Cooperate Design wider spiegelt. Inhaltlich ist der Band (wie auch alle anderen davon betroffenen Bücher) selbstverständlich mit der Urfassung identisch.

_Zur Story_

Ein junger Mann namens Johnson taucht mit einer außergewöhnlichen Bitte in Onkel Titus‘ Gebrauchtwarencenter auf: Er möchte eine chinesische Vase dort deponieren, auf dass seine Verlobte sie dann dort am nächsten Tag „zufällig“ aufspürt. Sie sei nicht sonderlich wertvoll, aber dennoch trotzdem etwas Besonderes, denn sie zeigt einen weißen Drachen auf blauem Hintergrund – normal ist es immer umgekehrt. Seine Verlobte sei schon lange auf der Suche nach einem derartigen Motiv und sie sei nicht nur Sammlerin sondern vor allem auch eine begeisterte Jägerin von kuriosen Stücken. Das Finden macht ihr fast mehr Spaß als der eigentliche Besitz, daher plane er diese kleine Inszenierung zu ihrem Geburtstag. Einfach nur Schenken läuft bei ihr wohl nicht. Familie Jonas willigt ein, ihm diesen Gefallen zu tun.

Als Justus seinen beiden Freunden die Geschichte erzählt und ihnen die Vase zeigen will, passiert das Unglück. Sie fällt vom Regal und zerbirst. Völlig verzweifelt setzt Justus alles daran, bis zum Eintreffen von Mr Johnson und seiner Verlobten irgendwie Ersatz herbei zu schaffen und das Malheur insbesondere vor Tante Mathilda geheim zu halten. Das gestaltet sich höchst schwierig, ja scheint gar unmöglich, denn das Motiv auf der Vase ist tatsächlich nicht nur selten, es verdichten sich bei der panikgleichen Recherche die Hinweise, dass es sich beim fraglichen Stück durchaus um eine sündhaft teure Ming-Vase handeln könnte. Noch dazu eine, welche kürzlich aus der Sammlung einer bekannten Schauspielerin entwendet wurde. Einige kuriose Gestalten interessieren sich zudem plötzlich für den Schrottplatz, darunter auch ihr alter Erzfeind Skinny Norris.

_Eindrücke_

Der erste Detektiv quasi als eigener Klient, das kommt nicht alle Tage vor in der Junior Detektei. Dabei gilt es zunächst einmal fest zu halten, dass im gesamten Buch nicht ein einziger Fluch, geschweige denn der eines Drachen, existiert. Diese kleinen Übertreibungen im Titel ist man mittlerweile gewohnt, es verkauft sich halt besser, wenn’s ein wenig reißerischer klingt als es in Wahrheit ist. Wobei „Die drei ??? und der weiße Drache“ sicherlich auch attraktiv und zudem wesentlich näher an der eigentlichen Geschichte gewesen wäre. Doch verlassen wir die verschlungenen Pfade des Marketing und beenden die ermüdenden Gedanken, wie oft in der nun ziemlich genau 50jährigen Geschichte der Serie wohl schon irgendein „Fluch“ auf dem Cover prangte – und das auch noch fälschlich.

André Marx ist einer der Routiniers unter den ???-Autoren und genauso souverän schaukelt er die schon recht ungewöhnlich beginnende Story nach Hause. Dazu bedient er sich erfreulicherweise nicht so sehr an ollen Kamellen aus der Klischee-Kiste. Ein paar können/dürfen/müssen aber dennoch sein, sonst wäre es kein Fall der drei Fragezeichen. Auffällig ist bei den letzten Veröffentlichungen das vermehrte Auftreten von Tunichtgut Skinny Norris und auch Rubbish George ist langsam aber sicher ein Dauergast – allerdings hat er diesmal wirklich nur eine minimale Gastrolle. Peter darf mal wieder ein paar Dollar berappen und selbstverständlich den Sportler raus hängen lassen, während Bob wie üblich eifrig recherchiert und Justus ausnahmsweise mal nicht nur kombiniert, sondern auch vor Regressangst ausgiebig transpiriert.

Die Auflösung des temporeich und humorvoll präsentierten Falles ist übrigens so ohne Weiteres nicht aus eigener Kraft zu bewältigen, allerhöchsten vielleicht zu erahnen. Marx wirft viele Nebelkerzen und installiert einige zwielichtige Figuren, um die Täterschaft sowie die entsprechenden Motive bis zum Ende effektiv zu verschleiern. Das gelingt ihm auch, wenngleich die Spannungskurve auf Grund der vergleichsweise eher unspektakulären Thematik grundsätzlich nicht sonderlich hoch angesiedelt ist. Der Plot lebt halt von Justus‘ Dilemma und wie er versucht den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Natürlich klärt sich am Schluss alles auf und er überlebt sein persönliches Waterloo, soviel darf verraten werden, ohne von Tante Mathilda einen Kopf kürzer gemacht worden zu sein. Man weiß schließlich, was man seiner Leserschaft pädagogisch wie moralisch schuldig ist. Außerdem muss die Reihe ja weiter gehen – mit Justus.

_Fazit_

Der irreführende Titel verspricht mehr, als die Geschichte hergibt. Dennoch liegt der Fall selbst über dem üblichen Serien-Durchschnitt, da die Grundidee recht originell ausfällt, die Story gradlinig sowie plausibel abläuft und auf übermäßigen Gebrauch von Versatzstücken aus früheren Abenteuern verzichtet wurde. Ein paar Ähnlichkeiten und Überschneidungen bei nunmehr 150 Bänden lassen sich aber auch hier kaum verhindern. Der Stil ist modern, die Story flott und humorvoll präsentiert, allerdings eben bei genauerer Betrachtung auch ziemlich überraschungsfrei – zumindest aus der Sicht eines Erwachsenen, die eigentliche Zielgruppe mag das vielleicht anders sehen.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

„Die drei ??? – Der Fluch des Drachen“
Basierend auf Figuren von Robert Arthur
Erzählt von André Marx
Redaktion: Martina Zierold
(c) 2006/2008 Franckh-Kosmos, Stuttgart
128 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3440-11698-2

Die drei ??? – Fels der Dämonen (Folge 133)

Das Hörspiel zum Buch von Marco Sonnleitner, erschienen im Februar 2007 beim |Franckh-Kosmos|-Verlag, wurde von EUROPA im Oktober 2009 zeitgleich mit dem Fall „Der tote Mönch“ veröffentlicht und trägt die Nummer 133. Sonnleitner, der sonst eher immer das Mystery-Klientel der Serie bedient, wandelt hier einmal auf für ihn eher untypischen Pfaden. Die drei Fragezeichen jagen Dr. No – oder so ähnlich. Das wäre jedenfalls ein wesentlich passenderer Titel als der „Fels der Dämonen“, welcher nun nicht den geringsten Bezug zum Inhalt hat. Doch immer hübsch der Reihe nach.

Zur Story

Die drei Detektive unternehmen einen kleinen Campingausflug. Bobs Käfer ist bis unters Dach voll gepackt mit allem, was man für ein zünftiges Wochenende in einer schön abgelegenen und einsamen Bucht an der Westküste braucht. Kurz vor dem Ziel überfahren die Fragezeichen fast den jungen Eddy Reardon, der ihnen vors Auto springt und darum bittet, möglichst schnell und möglichst weit weg von der fraglichen Bucht gebracht zu werden. Er und sein Kumpel treiben sich wohl öfter gerne hier herum und als dieser schon heim geradelt sei, habe er oben auf den Felsen soeben eine Begegnung mit einem leibhaftigen in Lumpen gehüllten „Zwerg“ gehabt. Dieser sei so plötzlich verschwunden, wie er auftauchte.

Während Bob den Part übernimmt, den völlig verstörten Zehnjährigen nach Hause zu fahren, schlagen sich Justus und Peter mit einem Teil ihrer Ausrüstung schon mal durchs Dickicht zum Strand. Das Zelt ist rasch aufgebaut und bald darauf trifft auch Bob wieder bei seinen Freunden ein. Von irgendwelchen Zwergen weit und breit keine Spur. Peter beschließt die Gunst der Stunde noch zu nutzen und eben mal schnell eine der zahlreichen, zünftigen Wellen abzusurfen. Dabei kollidiert er plötzlich mit etwas, was die beiden anderen vom Strand aus für einen Hai halten. Dementsprechend panisch reagieren Justus und Bob, als es ihren „Zweiten“ vom Brett fegt. Die Wahrheit scheint in der Tat aber noch unglaublicher: Peter behauptet, nachdem er das Ufer erreicht hat, er wäre mit einem U-Boot zusammen gestoßen.

Eindrücke

Die Geschichte geht in Richtung Thriller mit gewissen Anleihen bei James Bond, wobei das Gefährlichkeitspotential und die Skrupellosigkeit der Bösewichte ungewöhnlich hoch ist. Allerdings verwässert das Hörspiel den Umstand ein wenig, das Buch ist da detaillierter, was die rauen Methoden bei der regelrechten Treibjagd auf die drei Fragezeichen angeht. Wenn auch nicht wirklich logischer. Denn hier liegt, neben einiger anderer Makel, die allergrößte Crux der Folge: Fehlende Glaubwürdigkeit. Irgendwie will der gesamte, zudem vollkommen überzogene Plot von Anfang an partout nicht so recht einleuchten. Ein offenbar modernst ausgestattetes Schmugglernest in einem weitläufigen Höhlensystem mit Elektrik, Geheimtüren, einem Anlegeplatz mitsamt Mini U-Boot und einem Schimpansen als Schoßtier der Gangster (warum auch immer), das kann man heute auch keinem Kind mehr als nachvollziehbar verkaufen.

Erkennungsmelodie, Zwischenmusiken und die Soundeffekte haben seit Folge 125 „Feuermond“ eine Frischzellenkur erfahren. Daran haben sich selbst altgediente Fans jetzt nach mittlerweile 8 weiteren Folgen sicherlich gewöhnt. Technisch gesehen ist das Hörspiel recht sauber produziert, wiewohl Bobs VW Käfer immer noch nicht nach Boxer-Motor klingt. Von dieser Warte aus gibt es auch kaum etwas zu bemängeln. Rein Subjektiv vermeint man jedoch eine gewisse Lustlosigkeit bei den Sprechern wahrnehmen zu können. Ganz so, als ob ihnen der hanebüchene Stoff, aus dem die Mär gestrickt ist, ebenfalls nicht schmeckt. Dabei ist das Hörspiel ihnen da noch gnädig, da einige der wildesten Handlungsstränge entfielen bzw. angepasst wurden. Besonders nervig ist aber dafür der einschläfernde Schlussdialog, der erst aufgrund der Kürzungen zu Stande kommen musste, da sonst für manches lose Ende keine Erklärung vorhanden wäre.

Die Figuren und ihre Sprecher:
Erzähler: Thomas Fritsch
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Sergeant Ludlow: Dietmar Mues
Bandenchef: Eberhard Haar
Eddy Reardon: Lukas Sperber
Spanier: Eric Schaeffler
Italiener: Lutz Harder
Jack: Fabian Harloff
Gauner: Sven Dahlem
Gehilfe: Gerhart Hinze
Polizist: Bertram Hiese

Fazit

Der Etikettenschwindel mit dem reißerischen Titel (was natürlich auch das Buch gleichermaßen betrifft) ist noch die lässlichste aller Sünden. Die viel zu dick aufgetragene Geschichte halbwegs plausibel zu vertonen war sowohl undankbar als auch ziemlich unmöglich. Der für die Adaption zuständige André Minninger ist um seinen Job manchmal nicht zu beneiden. Dieser Fall darf somit getrost in Ablage P wandern und die Anschaffung lohnt sich nur, wenn sich durch das Fehlen der CD/MC eine hässliche Lücke im Regal des Sammlers auftut. Alle anderen lassen besser die Finger davon – es gibt viele wesentlich bessere, aber nur wenige schlechtere Folgen.

Die Hörspieldaten auf einen Blick:

Titel: „Die drei ??? – Fels der Dämonen“ – Folge 133
EUROPA (Sony BMG), Oktober 2009
Laufzeit: ca. 67 Minuten
Buchvorlage: Marco Sonnleitner
Hörspieladaption: André Minninger
Redaktion: Wanda Osten
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: Hagitte & Bertling, George, Stahlberg, Heinemeyer, Holcomb
Cover: Sylvia Christoph

Die drei ??? – Der tote Mönch (Folge 134)

Folge 134 gehört mit zu den zu den letzten „Drei ???“-Vertonungen des Jahres 2009 aus den EUROPA-Studios. Damit hängen die Hörspiele der Jugendbuchreihe aus dem |Franckh-Kosmos|-Verlag derzeit – „nur noch“ ist man versucht zu sagen – gut 15 Fälle hinterher. Dort ist man nach ziemlich genau 50 Jahren, die es die Serie gibt, zusätzlich an noch einem weiteren Jubiläum angelangt: Für Anfang 2010 steht Fall Nummer 150 („Die Geisterbucht“ von Astrid Vollenbruch) ins Haus. Die Vorlage zu „Der tote Mönch“ liegt indes schon etwas zurück und stammt aus der Feder von Marco Sonnleitner, welcher für gewöhnlich immer für einen Schuss Mystery zu haben ist. Man durfte also gespannt sein, was das Team um André Minninger und Heikedine Körting daraus macht.

_Zur Story_

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Die drei ??? und die feurige Flut (Band 148)

So langsam nähert sich die beliebte Jugendserie einem weiteren Jubiläum. Der 150. Fall der drei Detektive kündigt sich für Anfang 2010 an. Vor einigen Bänden stieß Kari Erlhoff als Neuzugang hinzu und erweitert somit den Kreis der derzeit aktiven ???-Autoren von Vier (Marx, Nevis, Sonnleitner, Vollenbruch) auf nunmehr Fünf. Der im September 2009 erstmals veröffentlichte Band „feurige Flut“ ist, folgt man der in Fankreisen mittlerweile etablierten Chronologie der EUROPA-Hörspiele, die Nummer 148 – Die Bücher aus dem Hause |Franckh-Kosmos| besitzen nämlich keinerlei Nummerierung, das war schon in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts so. Als weitere Remineszenz an diese Zeiten darf auch das neuerliche Auftauchen einer alten Bekannten gelten, welche den Jungs seinerzeit fast den letzten Nerv raubte.

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Marx, André – Die drei ??? und das versunkene Dorf

Die Erstveröffentlichung des 136. Falles des pfiffigen Detektiv-Trios aus dem fiktiven Rocky Beach in Kalifornien fiel im Februar 2007 ziemlich genau in das nahe Ende der Lizenzstreitigkeiten zwischen dem deutschen Stammverlag |Franckh-Kosmos| und den amerikanischen Rechteinhabern. Sehr zur Freude der treuen Leserschaft konnten die Stuttgarter die Zukunft der beliebten Serie retten und sich die Rechte sichern. Es gab daraufhin gottlob nur geringfügige Änderungen, wie das ® hinter „Die drei ???“ sowie ein kaum merklich abgeändertes Cover-Erscheinungsbild. Das macht die 2007er Erstausgaben fast schon zu Sammlerstücken, diese folgen nämlich noch dem alten Design, welches ab 2008 endgültig Geschichte ist – auch für spätere Auflagen der alten Bände.

_Zur Story_

Darren Duffs hat schon viel von den drei Fragezeichen gehört. Man könnte sogar behaupten, er ist ein glühender Verehrer. Umso aufregender für ihn, dass er einen potenziellen Fall für Justus, Peter und Bob anzubieten hat. Schließlich kann man vom kleinen, beschaulichen Kaff Ridgelake im Bundesstaat Oregon nicht gerade behaupten, es wäre eine vor Abenteuer sprühende Metropole. Doch ein nächtens geheimnisvoll leuchtender Bergsee? Das ist doch schon mal was. Interessant genug, um die Drei die beeindruckende Distanz von 700 Meilen auf sich nehmen zu lassen. Prompt verfransen sich die Detektive auf dem Weg ins Dorf und werden sogleich Zeuge davon, dass Darren nicht gesponnen hat. Mehr noch: Sie retten einen alten, verwirrten Mann aus dem eiskalten Wasser.

Statt Dankbarkeit schlägt dem Trio im Dorf aber Misstrauen entgegen. Die schrulligen Bewohner Ridgelakes, insbesondere der feindselige Wirt Joe Wilcox, mögen keine Fremden – das schließt auch Darren mit ein, obwohl er der Großneffe des Bürgermeisters ist. Bei diesem wohnen die Jungs auch, wobei Darren seinem Großonkel Cedric wohlweislich nichts von deren Detektivtätigkeit erzählt. Bei ihren Recherchen finden sie dann heraus, dass das „alte“ Ridgelake seinerzeit aufgegeben wurde, das Dorf aber immer noch existiert: Auf dem Grund des nahen Stausees. Den gesamten Ort scheint seither ein düsteres Geheimnis zu umgeben, welches auch das Leben in der neuen Siedlung beeinträchtigt. Um Klarheit zu bekommen muss man zuweilen tief tauchen … Gelegentlich auch mal in der Vergangenheit.

_Eindrücke_

André Marx gehört seit den Neunzigerjahren fest zum Establishment der so genannten „Neuen Ära“ der Serie, wobei er ein breites, wenn nicht sogar das bislang breiteste Themenspektrum in seinen Büchern aufzubieten hat. Sozusagen die Allzweckwaffe unter den ???-Autoren. Nicht alle seine Stories stoßen auf Begeisterungsstürme bei den Fans, was auch ziemlich unmöglich sein dürfte, im Großen und Ganzen liefert er jedoch stets zumindest solide Geschichten ab. Und auch nicht wenige Glanzlichter. Dazu gehört der Fall des versunkenen Dorfes ebenfalls. Die Zutaten sind zwar allesamt ziemlich bekannt und auf die eine oder andere Art sicher auch schon einmal verwendet worden. Doch wie so oft im Leben ist das jeweils eine Frage der richtigen Mischung.

Sieht man davon ab, dass es sicher recht unwahrscheinlich sein dürfte, ob die drei Jungs wirklich 700 Meilen mal eben so aus Jux und Dollerei für einen nicht mal sicheren Fall zurücklegen würden, ist die Geschichte stimmig und atmosphärisch dicht. Tragendes Element ist hierbei das versunkene Dorf selbst sowie das quasi unvermeidliche Tauchen dorthin, welches im Sinne des Spannungsbogens selbstverständlich nicht komplikationslos verlaufen kann und darf. Solcherlei Dinge regen naturgemäß die Fantasie an und sorgen auch für ein leichtes Schaudern. Dabei geht es aber nicht um reine Effekthascherei, das alles passt sich nahtlos in die intelligente und teilweise anrührende Rahmengeschichte ein, die am Schluss sogar noch mit einer recht unerwarteten Wendung auftrumpfen kann.

_Fazit_

Es ist alles vorhanden, was Fans – und solche, die es vielleicht werden wollen – gerne lesen: Ein spannendes Setup mit Action und Witz, eingebettet in ein wohldurchdachtes, schlüssiges Gesamtbild. Dass dabei natürlich auch so manches lieb gewonnene ???-Klischee bedient wird, gehört logischerweise dazu. Der routiniert verfasste, rasch verschlungene Band hat das Zeug dazu, ein moderner Klassiker zu werden und liefert einmal mehr den Beweis, dass auch heute nach nahezu 50 Jahren immer noch gute Bücher der Serie erscheinen.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

„Die drei ??? und das versunkene Dorf“ – Band 136
Basierend auf Figuren von Robert Arthur
Erzählt von André Marx
Franckh-Kosmos, 2007/2008
Cover Illustration: Silvia Christoph
Redaktion: Martina Zierold
|128 Seiten Hardcover
ISBN-13: 978-3-440-11705-7|

Sonnleitner, Marco – Die drei ??? – Der tote Mönch

Gut 140 Fälle hat das fiktive Juniordetektiv-Trio seit den Sechzigerjahren gelöst und immer noch erscheinen weitere Bände der beliebten Serie. Diese ist mittlerweile fest in deutscher Hand. Nach vielen und langjährigen Querelen hat der |Franckh-Kosmos| Verlag sehr zur Freude des Fandoms die Lizenzerechte erworben. Seither veröffentlicht man dort mit schöner Regelmäßigkeit neue Titel der Jugendbuchreihe. Der vorliegende Band „Der tote Mönch“ von Marco Sonnleitner gehört zu den aktuelleren Büchern und stammt aus dem Jahr 2008. Die Hörspielfassung wurde übrigens unlängst – wie üblich von |EUROPA| – vertont und steht seit Herbst 2009 ebenfalls in den Händlerregalen.

_Zur Story_

Ein ganz normaler Badetag am Strand von Rocky Beach beschert den drei Detektiven unverhofft einen neuen Fall. Auf dem Weg nach Hause werden sie Zeuge eines Beinaheunfalls auf der Küstenschnellstraße. Ein schwerer Truck hätte um ein Haar einen Mann überfahren, der geistesabwesend und unvermittelt die Fahrbahn betrat. Lo Wang – ein Chinese, wie man anhand des Namens unschwer erkennen kann – arbeitet und wohnt als Gärtner bei einer recht bekannten Bildhauerin des Ortes: Christine Harkinson. So viel können die drei Fragezeichen aus ihm heraus bekommen. Justus, Peter und Bob beschließen ihn aufgrund seines sichtlich angeschlagenen Nervenzustands persönlich bei Miss Harkinson abzuliefern.

Diese ist entsetzt. Lo Wang scheint aber in letzter Zeit permanent neben der Kappe zu sein. Er hat eine Heidanangst – nur wovor, das verrät er nicht. Die drei Detektive bieten ihr ihre Hilfe an und stoßen bei ihrer Observation des Gärtners ziemlich rasch auf die bewegte Vergangenheit des Grundstücks. Einst stand hier eine christliche Mission, von deren Ruinen sogar immer noch einige im Garten Christine Harkinsons zu sehen sind. Irgend jemand hat nun dem abergläubischen Lo Wang eingetrichtert, dass dort böse Geister wohnen – gerade auf dem alten Friedhof soll ein ganz besonders renitenter Spuk wandeln. Tatsächlich alarmiert Christine die drei Fragezeichen spät abends höchst besorgt, als sie unheimliche Geräusche unter ihrem Haus wahrnimmt. Das hat nämlich gar keinen Keller.

_Eindrücke_

Marco Sonnleitner ist immer gut für eine Gruselgeschichte. In seinem Portofolio für die Serie finden sich fast ausnahmslos Stories mit Mystery-Einschlag. „Der tote Mönch“ gehört zweifellos dazu, verschenkt aber ungewöhnlich viel Potenzial. Irgendwie will in den ersten zwei Dritteln des Buches keine rechte Atmosphäre aufkommen, wenngleich die Zutaten dafür durchaus zahlreich vorhanden sind. So vergeht zunächst Seite um Seite mit vergleichsweise ödem, detektivischem Klein-Klein. Zwar gewürzt mit einer Prise Humor, doch prinzipiell ziemlich spannungsarm. Erst zum Showdown hin zieht die Spannungskurve deutlich an, dann taucht erst der namensgebende Unhold auf und macht den Protagonisten das Leben schwer.

Diese Figur hätte schon wesentlich früher im Plot gelegentlich mal durchblitzen sollen, damit die Leserschaft wach und bei der Stange bleibt. So konzentriert sich der interessante Teil der, übrigens nicht immer ganz so plausiblen, Geschichte im letzten Drittel. Dabei hat sie unter anderem auch mit der begrenzten Anzahl an Mitwirkenden zu leiden, denn einer von denen muss schließlich der Bösewicht sein. Die Auflösung des Ganzen ist, auch ohne viel kriminologische Fantasie, recht nahe liegend und weder neu noch sonderlich originell – nach mittlerweile fast 150 Fällen ist es sicher auch schwer, stets ein unverbrauchtes Kaninchen aus dem Hut zu ziehen. Da sind Parallelen mit bereits vorhandenen Bänden kaum zu verhindern.

_Fazit_

Titel, Titelbild und Covertext versprechen mehr, als dieser Jugendroman der berühmten Serie tatsächlich halten kann. Immerhin handelt es sich beim 134. Fall des Trios dennoch um gesunde Mittelklasse, wobei der rasante Schluss und der gut dosierte Humor für den über weite Strecken stark zusammenkonstruiert wirkenden und lahmen Rest noch ein paar Punkte retten können. Schade, denn gerade atmosphärisch wäre weitaus mehr drin gewesen. Alles in allem ein Band, für dessen Besitz und offene Zurschaustellung im heimischen Regal man sich jedoch nicht schämen muss.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

„Die drei ??? – Der tote Mönch“ – Band 134
Basierend auf Figuren von Robert Arthur
Erzählt von Marco Sonnleitner
Franckh-Kosmos, 2007/2008
Cover Illustration: Silvia Christoph
Redaktion: Martina Zierold
128 Seiten Hardcover
ISBN-13: 978-3-440-11703-3

Ernst, Cristoph (Roman); Jeltsch, Christian (Drehbuch) – TATORT: Strahlende Zukunft

Der TATORT begeistert seit 1970 ein Millionenpublikum, kaum ein Tag vergeht, an dem nicht mindestens eine Folge entweder in der ARD oder einem der dritten Programme gesendet wird. An solchen Tagen oder bei Gelegenheiten, an denen man keinen Zugriff auf ein Fernsehgerät hat, werden Tatort-Jünger offenbar häufig von Entzugserscheinungen geschüttelt. Der |Emons-Verlag| dealt daher seit Ende September 2009 erfolgreich mit Ersatzdrogen in Form von Buchversionen auf Basis bereits ausgestrahlter Fälle mit besonders beliebten Ermittlern. Die ersten Sechs zum Preis von je 8,95 € sind dabei so erfolgreich gestartet, dass bereits eine zweite Lage für das Frühjahr 2010 fest angekündigt wurde.

_Zur Story_

Sandra Vegener sieht keinen anderen Ausweg: Sie überfährt gezielt den Richter, der sie damals in die Psychatrie steckte und richtet sich danach selbst. Nicht jedoch, ohne der Nachwelt ein Vermächtnis zu hinterlassen. Ein Teil davon ist Hauptkommissarin Inga Lürsen, welche sie damals abwies, da sie sich für die abstrus klingende Geschichte über gefährliche Machenschaften des Mobilfunkbetreibers „2wave“ nicht recht zuständig fühlte. Die renitente Aktivistin machte die Firma unter Anderem für die tödliche Leukämieerkrankung ihrer Tochter verantwortlich und ließ keine Gelegenheit aus, gegen den Provider vorzugehen. Sie behauptete, absichtlich mit Strahlen bombardiert worden zu sein – und landete schlussendlich in der Klapsmühle. Der Fall, der eigentlich ja gar keiner ist, scheint demnach klar: Geisteskranke Amokläuferin.

Allerdings wundert Inga, dass eine Reihe der Beteiligten vom Statsanwalt bis zur Gerichtsmedizinerin simple Routinefragen allzu brüsk abschmettern und versuchen, die Sache möglichst schnell zu den Akten zu legen. Inga vertraut ihrer Intuition und stochert zusammen mit ihrem Kollegen Nils Stedefreund in den alten Geschichten herum und fördert dabei ebenso erschreckende wie erstaunliche Dinge zu Tage. Etwa ein großer Betrag, der von „2wave“ an Vegeners Ehemann Luis floss. Dazu einige brisante Querverbindungen zwischen Gutachter und Staatsanwaltschaft sowie dem Provider – bis hoch zum Bremer Senat. Richtig prekär wird die Lage aber erst, nachdem Vegeners neunzehnjähriger Sohn sich Lürsens Waffe bemächtigen kann und seinen persönlichen Rachfeldzug beginnt. Jetzt bekommen die Geheimniskrämer plötzlich arges Fracksausen.

_Eindrücke_

„Spannend von der ersten bis zur letzten Seite“ ist eine (zu) oft bemühte und abgedroschene Werbe-Platitüde. Hier trifft sie jedoch beinahe wörtlich zu, auch wenn sich nirgendwo derartiges PR-Brustgetrommel findet. Schon der anderthalbseitige Prolog ist spannend erzählt und macht somit neugierig auf die weiteren Geschehnisse auf den folgenden fast 160 Seiten. Die brechen auch mit Rasanz über das beliebte norddeutsche Ermittlerduo Lürsen/Stedefreund herein. Dabei gelingt es Christoph Ernst bei seiner Novellisierung des Drehbuchs von Christian Jeltsch, die Figuren akkurat einzufangen und darzustellen. Mit leichter Übervorteilung von Inga Lürsen, doch das ist zumindest dem kundigen Fernsehzuschauer nicht fremd. Lürsen ist nun einmal generell die Hauptfigur im Bremer Tatort – und beim Fall „Strahlende Zukunft“ (Erstausstrahlung: NDR, 2008) ganz besonders.

Nils Stedefreund ist allerdings keine plumpe Staffage, sondern eine ernst zu nehmende „supporting role“. Kurioserweise spendierte man ihm seitens des Verlags auf dem Cover keinen Vornamen. Das aber nur am Rande. Er hat Dank guter Connections einen wichtigen Beitrag zu leisten und der Leser erhält – anders als im TV – dabei auch noch einen klareren Blick in seine Gefühlswelt sowie seine Motivationen. Für Lürsen gilt dies natürlich ebenso, wenn nicht sogar ausgeprägter. Die Geschichte an sich behandelt, wie fast alle neueren Tatorte, ein aktuelles und, auch dem Wortsinne nach „heißes“ Thema: Elektromagnetische Strahlung. Darum dreht sich – aufgrund des Spannungserhalts nur grob umrissen – diese Schnitzeljagd nämlich hauptsächlich. Der Wettlauf mit dem Todesschützen in spe hält noch so manche Wendung bereit und nichts ist ganz so, wie es anfänglich scheint. Das Ende bleibt überraschend offen und könnte auch als Cliff-Hanger durchgehen.

_Fazit_

Diesen interessanten Fall in Romanform zu gießen war eine sehr gute Wahl. Eine spannend präsentierte Story mit Aktualitätsbezug, undurchsichtigen Figuren, Action und einem ziemlich unvorhersehbaren Final-Twist, das sind die Zutaten, mit welchen dieser Thriller prinzipiell sogar auch ohne das sicherlich verkaufsfördernde Tatort-Label funktionieren würde. Dass Lürsen und Stedefreund sich dann auch noch literarisch wohltransformiert die Ehre geben, wertet die Sache noch weiter auf. Zumindest für treue Fans der Serie, natürlich. Aber: Auch Neueinsteiger mit Appetit auf anständige Krimikost, welche die Figuren nicht aus dem Fernsehen kennen, dürfen gern zu diesem lesenswerten Tatort aus Bremen greifen.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

Christoph Ernst: „Strahlende Zukunft“
Begleitbuch zur gleichnamigen ARD-Serie „Tatort“
Nach einem Drehbuch von Christian Jeltsch
Emons-Verlag, September 2009
ISBN-13: 978-3-89705-666-4
160 Seiten, Broschur

Paul Pietsch (Hrsg.) – Kawasaki GPZ 500 S ab Baujahr 1986 – Reparaturanleitung (Band 5136)

Das Bikerleben besteht nicht immer nur aus ungetrübter Freude am Fahren – es gibt Situationen, wo der Hobel streikt oder einfach nur regelmäßig gewartet werden muss. Wohl dem, dessen Bankkonto für solche Fälle stets einen Werkstattaufenthalt möglicherweise sogar beim Vertragshändler verkraftet. Wenn nicht, spart Selbermachen den einen oder anderen Euro. Andere wiederum genießen die trauten Stunden mit dem mechanischen Ross bei ellenlangen Bastel- und Wartungssessions, bis die Maschine wunschgemäß aufgepeppt den eigenen Wünschen und Ansprüchen gerecht wird und/oder sämtliche Wehwehchen liebevoll ausgemerzt wurden.

Paul Pietsch (Hrsg.) – Kawasaki GPZ 500 S ab Baujahr 1986 – Reparaturanleitung (Band 5136) weiterlesen