Alle Beiträge von Jürgen Pern

Geboren als Tutenchaton. Sohn des Amenophis iV, welcher später als Ketzterkönig Echnaoton in die Geschichte einging, und seiner Frau Nofretete. Im Alter von 19 Jahren aus machtpolitischen Motiven heraus hinterrücks ermordet.

Francis, H.G. (Adaption); Arthur, Robert (Autor) – Die drei ??? und die flüsternde Mumie (Folge 10)

Für gewöhnlich sind Mumien recht stumme Gesellen, was wohl maßgeblich an ihrem recht toten Zustand liegen dürfte. Diese hier will offenbar davon nichts wissen und bereitet den Junior-Detektiven Justus, Peter und Bob ziemliches Kopfzerbrechen. Eigentlich ist dies der zweite Fall der drei Fragezeichen und datiert zurück auf 1965, doch das Schicksal wollte es für den deutschen Markt etwas anders. Hierzulande rutschte das ägyptische Plappermaul einige Plätze nach hinten – zumindest was die Vertonung seitens der Hamburger EUROPA-Studios unter Federführung von „Perry Rhodan“ Autor H.G. Francis und Regisseurin Heikedine Körting anging. 1980 wurde das Hörspiel im Zuge der zweiten Tranche als Folge 10 veröffentlicht – der Rest ist längst Legende.

_ Zur Story_

Alfred Hitchcock schanzt den Dreien wieder mal einen Fall zu. Die drei Freunde führt dies zu seinem Bekannten Professor Yarborough, welcher seines Zeichens Archäologe und Spezialist auf dem Gebiet des alten Ägypten ist. Eine von ihm gefundene Mumie mit Namen Ra-Orkon flüstert unverständliche Dinge, jedoch nur, sobald er mit ihr alleine ist. Yarborough ist zu sehr Wissenschaftler, als dass er an einen Fluch glaubt, der über der Mumie liegen soll. Ganz anders sein Butler Wilkins, der ist felsenfest davon überzeugt, dass die seltsamen Zwischenfälle im Hause auf das Konto eines handfesten pharaonischen Fluches gehen, was er Just, Peter und Bob auch brühwarm erzählt, als sein Dienstherr gerade nicht hinhört.

Auch Justus glaubt nicht an Übersinnliches und bietet Professor Yarborough die Hilfe der drei Junior-Detektive an, sehr zum Leidwesen des wieder mal verängstigten Peter, der die Mumie besser Mumie sein lassen möchte und sich stattdessen lieber um das Auffinden eines auffälligen Katers von Mrs. Selby kümmern würde. Bestärkt in seinem Ansinnen wird Peter, als beim Begutachten des Sarkophags allerhand Mysteriöses passiert – zuerst kippt eine schwere Statue des Totengottes Anubis ohne ersichtlichen Grund um und danach rauscht eine Totenmaske einfach so von der Wand. Kein Erdbeben. Kein Wind. Also doch der Fluch des Ra-Orkon?

Da Peter sich nun noch mehr sträubt, aber Justus natürlich weiter an diesem rätselhaften Fall arbeiten möchte, beschließt der erste Detektiv, dass man auch zwei Fälle gleichzeitig bearbeiten kann. Ohne zu diesem Zeitpunkt jedoch zu wissen, dass beide zusammenhängen, geht man scheinbar getrennten Vorfällen nach. Justus „überlistet“ die Mumie kurz darauf in einer Verkleidung als Prof. Yarborough und bewaffnet mit einem Aufzeichnungsgerät, woraufhin der alte Bandagen-Fuzzi tatsächlich geheimnisvoll zu flüstern beginnt. Was die olle Mumie erzählt und was eine verschwundene Abessiner-Katze mit dem Ganzen zu tun hat, sind nur zwei der Rätsel, welche es zu lösen gilt.

_Eindrücke_

Im Großen und Ganzen eine solide Folge, was die Leistung der Sprecher und die Atmosphäre angeht – unterstützt wird die Szenerie von orientalischer Musik, die das Mumienflair noch weiter unterstreicht. Die Musik auf der CD ist für altgediente Fans unter Umständen allerdings erstmal gewöhnungsbedürftig, zumindest wenn man eventuell noch die alte LP/MC-Version kennt. Diese sind tonal anders. Grund sind erste Querelen in Sachen Lizenzen, was später schon fast zum Treppenwitz der Serie werden soll. Hier sind es bislang „nur“ Probleme mit den bisherigen Musikern gewesen, die – nachdem eine Einigung offenbar nicht zustande kam – eine komplette Neuabmischung aller bis 2001 erschienenen ???-Hörspiele nötig machte.

Immerhin blieb die „flüsternde Mumie“ von inhaltlichen Änderungen verschont und bekam lediglich einen neuen Soundtrack verpasst. Die Story, für welche Fragezeichen-Erfinder Robert Arthur noch höchstpersönlich verantwortlich zeichnet, ist interessant und ziemlich spannend aufgezogen. Neben dem Mystery-Feeling, das sie verbreitet, gesellt sich auch eine Portion Action in Form von Quasi-Entführung, Täuschung und Verfolgungsjagd hinzu. Ziemlich nervig ist lediglich die Figur des lybischen Jungen Hamid (exzellent gesprochen von Alexander Körting) geworden. Dem frechen Blag sollte man seiner rotzigen Art wegen mal ein paar Semester in einem Erziehungsheim empfehlen. Die Figur ist höchst unsympathisch geraten, obwohl dies durchaus gut in den Kontext der Story passt.

_SPOILERWARNUNG_

Ein paar kleinere logische Fehler haben sich auch eingeschlichen. Zum Teil wegen der Änderungen dem Buch gegenüber. So ist es beispielsweise ziemlicher Humbug, Professor Yarborough den Mitschnitt des Geflüsters vor zu spielen und ihn zu fragen, was die Mumie da von sich gibt – er hat das Flüstern ja schon mehrere Male gehört und konnte sich dort schon keinen Reim darauf machen, als er das Gesprochene klar und deutlich hatte verstehen können (deswegen sind die drei ??? ja schließlich in seinen Diensten). Daher wäre es sinniger gewesen, sofort mit dem Band zu Professor Freeman zu gehen (Nachbar Yarboroughs und Sprachwissenschaftler), anstatt das Unvermögen Yarboroughs, eine Übersetzung zu liefern, allein an der schlechten Aufnahmequalität festzumachen und erst dann den Experten nebenan aufzusuchen – das ist in höchstem Maße unlogisch.

_Fazit_

Man kann die „flüsternde Mumie“ mit Fug und Recht als einen Klassiker der Serie einstufen. Allerdings heißt das nicht unbedingt, dass sie auch rundum gelungen ist. Sie hat zweifellos ihre Glanzmomente, aber gerade die Hörspielfassung krankt ganz arg an der noch sehr beschränkten Laufzeit der damals zur Verfügung stehenden Medien, d.h. durch (notwendige) Kürzungen an der Vorlage ging zu viel verloren, so dass aus der an sich guten Story ein ziemlich hektischer Flickenteppich wurde, der es selten schafft, eine angemessene Atmosphäre aufzubauen. Dennoch ist die kultige Folge eine Empfehlung wert, auch wenn sie nicht über Mittelmaß hinausgeht.

_Die Hörspieldaten auf einen Blick:_

Titel: „Die drei ??? und die flüsternde Mumie“ (Folge 10)
Erzählt von Robert Arthur, Random House 1965
EUROPA (Sony BMG), 1980
Lauflänge: ca. 50 Minuten (CD 2001)
Drehbuch: H.G. Francis
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: J. F. Conrad
Cover Design: Aiga Rasch

|Die Figuren und ihre Sprecher:|
Erzähler alias Alfred Hitchcock: Peter Pasetti
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Tante Mathilda: Karin Lieneweg
Patrick: Wolfgang Kubach
Professor Yarborough: Karl Walter Diess
Butler Wilkins: Ulrich Matschoss
Professor Freeman: Viktor Bramer (Klaus Stieringer)*
Achmed: Ali Branowitch (Joachim Wolff)*
Hamid: Alexander Körting
Harry: Peter Buchholz
Joe: Reiner Brönneke
Uhrmacher: Gernot Endemann **

*) Pseudonym
**) Nicht im Booklet aufgeführt

Die drei ??? – Die Höhle des Grauens (Band 109)

Schon seit einiger Zeit erscheinen die aktuellen „Drei ???“ Bücher ohne den berühmten, aber sachlich eigentlich falschen Zusatz „Alfred Hitchcock“. Auch Reprints älterer Geschichten kommen zukünftig ohne ihn aus, wie etwa das 2003 erschienene „Höhle des Grauens“ aus der Feder von Ben Nevis. Der Weg in die Moderne hat lange gedauert. Genauer gesagt seit Band 70 befinden wir uns in der so genannten „Neuen Ära“. Hier sind die drei Detektive gegenüber den alten, klassischen Fällen bereits neuzeitlicher ausgestattet: Autos, Handy, Computer und Internetnutzung sind nun häufig in ihren Geschichten anzutreffen. Tonbandgerät und Walkie Talkies haben ausgedient, auch die Themen sind moderner ausgerichtet. Ihr 111. Fall führt das Trio raus aus Rocky Beach, hinein in die Welt des Erlebnistourismus.

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Marx, André – Die drei ??? – Das Auge des Drachen

Legt man die Chronologie der Hörspielreihe zugrunde, handelt es sich bei „Das Auge des Drachen“ von André Marx um den 113. Fall des Jungdetektivtrios, welches schon seit 1962 die Jugendliteraturlandschaft bereichert. Mittlerweile bezeichnen sich bereits mehrere Generationen als Fans und man wartet meist sehnsüchtig auf neue Buchpublikationen aus dem Stammverlag |Franckh-Kosmos| oder die entsprechenden Vertonungen aus den EUROPA Studios, welche für gewöhnlich kurz danach veröffentlicht werden. Auch hier verhielt es sich nicht anders: beide Versionen debütierten 2003.

_Zur Story_

Die drei Fragezeichen genießen einen entspannten Sommertag in freier Natur. Der Wald nahe Rocky Beach ist ideal zum Relaxen, wenn man ausnahmsweise mal keinen Fall zu bearbeiten hat. Doch dieser Zustand ausgelassener Ferienstimmung, welche in einer zünftigen Schlammschlacht gipfelt, währt nicht lang: Ein seltsamer Ruf, ein dunkler Schemen, welcher in den Baumwipfeln verschwindet und der Schrei eines Mädchens alarmieren die drei Detektive innerhalb weniger Augenblicke. Aus einigen Kratzern blutend finden sie die kleine Emily auf, die steif und fest behauptet von einem Drache angegriffen worden zu sein, als sie „Zauberblumen für die Elfenkönigin“ sammelte. In Anbetracht ihres dreckstarrenden Äußeren müssen die Fragezeichen jedoch erst einmal glaubhaft versichern, dass sie keine Trolle seien.

Justus, Peter und Bob haben auch etwas gesehen und gehört – nur was, das wissen sie noch nicht so genau. Zunächst gilt es aber die Kleine zu verpflastern und wohlbehalten Zuhause bei ihrer Mutter abzuliefern. Sie bieten ihre Dienste an, herauszufinden, was es mit den wundersamen Geschichten von Fabelwesen und selbstverständlich in erster Linie dem ominösen Angriff aus der Luft auf sich hat. Die Sechsjährige ist mit einer überaus lebhaften Fantasie ausgestattet, doch irgendetwas hat sie schließlich attackiert, das ist keine Einbildung gewesen, sondern Tatsache. Mrs Silverstone willigt ein, kennt sie die Phantastereien ihrer Tochter doch zu gut und sieht es überdies gar nicht so gerne, wenn sie alleine durch den Wald streift und ihren Lieblingsort aufsucht.

Dabei handelt es sich um eine geheimnisvolle Skulptur der kürzlich verstorbenen exzentrischen Künstlerin Martha Lake: „Das Auge des Drachen“. Auf ihrem Weg zurück in den Wald begegnen die Fragezeichen dem vermeintlichen Drachen (welcher sich als „Kea“ erweist – einem seltenen neuseeländischen Vogel) und machen am Ende ihrer ziemlich erfolglosen Verfolgungsjagd später sogar noch Bekanntschaft mit der leibhaftigen „Elfenkönigin“. Bei ihren weiteren Ermittlungen stoßen sie auf viele interessante Puzzleteile, die auf eine verschwundene Erbschaft hinweisen – zudem entdecken sie immer mehr Parallelen zwischen Martha Lake und der kleinen Emily; was fehlt, ist das Bindeglied der beiden zueinander. Genau dieses bleibt den Augen der meisten Menschen auf ewig verborgen. Und das ist wörtlich zu verstehen.

_Eindrücke_

Ein nach dem oft erfolgreichen Strickmuster der Serie aufgebauter Plot mit einer ordentlichen Portion Mystery. Dass André Marx ein wenig beim „lachenden Schatten“ und einmal auch bei „gefährliche Erbschaft“ räubert, tut der gut durchdachten und rasant erzählten Geschichte keinen Abbruch. Auch als die Zusammenhänge nach Bereinigung aller Nebelkerzen endlich aufgeklärt werden, ist die Kuh noch lange nicht vom Eis. Der Fiesling schreckt vor nichts zurück. Endlich mal wieder eine Story, bei der auch der Gegenspieler glaubhaft böse und verschlagen ist. Selten waren die Finale bei den drei Fragezeichen in letzter Zeit so packend und die Auflösung des Rätsels so originell. Gut, die Figuren sind nicht bis ins letzte Detail ausgestaltet, das bemerkt man wohl, aber erst, wenn man „Das Auge des Drachen“ eventuell ein zweites Mal – vielleicht etwas genauer – liest.

Das gute Stück geriet aufgrund des süffigen Stils im Übrigen angenehm fluffig. Spannung ist stets genügend vorhanden und die Story plausibel. So genannte Plotholes, die gefürchteten Löcher in der Logik, sucht man vergeblich. Die üblichen 128 Seiten ist man innerhalb kürzester Zeit durch und fühlt sich gut unterhalten sowie intellektuell durchaus gefordert. Wenngleich die Auflösung aus eigener Kraft im Prinzip eigentlich nicht möglich ist. Die Idee, Tetrachromie zum Thema zu machen, ist tatsächlich mal etwas Neues. Aus der Luft gegriffen ist diese besondere Fähigkeit des Sehens auch nicht, es gibt tatsächlich sehr wenige Menschen, die aufgrund eines seltenen Gendefekts diese Fähigkeit besitzen. Mehr sei an dieser Stelle aufgrund des Spannungserhalts dann auch nicht verraten. Es ist ohnehin schwer genug dieses Buch zu rezensieren, ohne jederzeit Gefahr zu laufen, zu viel vorweg zu nehmen.

_Fazit_

André Marx gelang hier ein unterhaltsamer Pageturner, der so ziemlich alle Tugenden der Serie in sich vereint: Mystery, Spannung und gut dosierter Humor gepaart mit einer ziemlich ausgefallenen Grundidee dahinter. „Das Auge des Drachen“ ist somit einer der Lichtblicke jenseits der Hunderter-Marke und muss sich selbst hinter kultigen Glanzfolgen alter Prägung nicht verstecken. Natürlich handelt es sich um Jugendliteratur, doch egal ob alt oder jung, alle Leserschichten dürfen bedenkenlos zugreifen. Auch Quereinsteiger. Wer nicht so die Leseratte ist, mag auch gerne auf die Hörspielvariante ausweichen. Diese ist – obwohl naturgegeben etwas eingekürzt – genauso empfehlenswert wie die originelle Buchvorlage.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

„Die drei ??? – Das Auge des Drachen“
Basierend auf Figuren von Robert Arthur
Erzählt von André Marx
Franckh-Kosmos, 2003
128 Seiten Hardcover
Cover Illustration: Silvia Christoph
Redaktion: Martina Zierold
ISBN-10: 3-440-09659-9
ISBN-13: 978-3-440-09659-8

Wachlin, Oliver G. (Roman); Pflüger, Andreas (Drehbuch) – TATORT: Blinder Glaube

Den TATORT kennt heute selbst jedes Kind. Kaum ein Format kann auf eine längere und erfolgreichere Geschichte im deutschen Fernsehen zurückblicken als die legendäre Krimiserie der ARD. Nun zündete man eine weitere Stufe der Vermarktung. Die beliebtesten Kommissare bzw. Ermittlungsteams gehen nun auch in Buchform auf Verbrecherjagd. Als Vorlage dienen bereits im TV ausgestrahlte Fälle. Derzeit sind es deren Sechs, mit den Mordkommissionen aus Köln, Saarbrücken, Berlin, Bremen, Leipzig und München. Die jeweils 160 bzw 176 Seiten starken Bücher erscheinen seit Ende September 2009 als Broschur bei |Emons| und kosten 8,95 Euro pro Band. Wegen des großen Erfolges ist bereits eine zweite Tranche für Anfang 2010 angekündigt.

_Zur Story_

Ein etwas peinlicher „Arbeitsunfall“ führt die Hauptkommissare Felix Stark und Till Ritter in die Berliner Uni-Augenklinik. Dort treffen sie flüchtig auf eine blinde Patientin, die ebenso wie die Klinik selbst bald Teil ihrer Ermittlungsarbeit werden soll. Die Frau bekommt an diesem Tag, quasi als freiwilliges Versuchskaninchen, einen neuartigen Chip implantiert, der ihr das Sehen wieder ermöglichen soll. Das hoffen alle am prestigeschwangeren „Phydra“-Forschungsprojekt Involvierten jedenfalls. Es wäre eine medizinische Sensation und selbstverständlich ein lukratives Geschäft gleichermaßen. Allerdings erscheint die Chefärztin Dr. Katja Manteuffel nicht zum OP-Termin, weswegen ihre Assistenzärztin Dr. Andresen den anspruchsvollen Eingriff letztendlich vornimmt.

Katja Manteuffel wird zwei Tage später von einigen Jugendlichen tot im Kofferraum ihres Wagens entdeckt. Erschlagen. Bei ihren Nachforschungen treffen Stark und Ritter auf ein wahres Dickicht von Verwandtschaftsverhältnissen, Affären und teils alten Seilschaften zwischen den Doktoren, Firmenrepräsentanten der Cordea AG und dem Forschungsministerium. Diese ganzen Querverbindungen machen es den beiden nicht leichter, überhaupt das Motiv zu finden. Beziehungstat, gekränkte Eitelkeit und Rache – oder wusste Frau Doktor einfach zu viel? Wenn ja: Was? Alles scheint möglich. Zudem mauern alle Beteiligten und machen sich dadurch natürlich erst recht verdächtig. Der Schlüssel zum Rätsel scheint aber der revolutionäre Chip-Prototyp zu sein.

_Eindrücke_

Die vom RBB produzierte TV-Fassung wurde im August 2008 erstmals ausgestrahlt und erweist sich damit als ein recht aktueller Fall mit ebensolcher Thematik. Passend dazu präsentiert sich der moderne Schreibstil, mit welchem Oliver G. Wachlin das Originaldrehbuch von Andreas Pflüger in die Romanform transformiert. Das ist für sich genommen schon keine leichte Aufgabe, da immer die Gefahr besteht, mit den auf dem Bildschirm bereits fest etablierten Filmcharakteren zu kollidieren. Das Ermittlergespann funktioniert in dieser Form immerhin schon seit 2001. Und das sehr erfolgreich. Ein „Aufbohren“ von Drehbüchern ist also eine diffizile Angelegenheit.

Ein Roman erfordert andere Erzählstrukturen und Mittel als die Schauspielerei – und umgekehrt. Die Umsetzung funktioniert hier nicht immer ganz reibungslos. Zwar harmonieren die Figuren recht gut mit ihren Fernsehvorbildern, es herrscht aber ein leichtes Ungleichgewicht zu Gunsten des ewig blanken Möchtegern-Playboys Till Ritter. Dessen Figurenzeichnung fällt wesentlich detaillierter aus als bei seinem stilleren Partner. Der interessantere Typ ist in der Fernsehserie aber eigentlich der ausgeglichene Felix Stark, was er (bzw. Boris Aljinovic) zu einem Gutteil allein mit Gestik und Mimik erzeugt. Das ist etwas, was – im Gegensatz zu Ritters (Dominic Raacke) doch plakativerem Gehabe – im Roman nur sehr schwer abzubilden ist.

Die Story an sich krankt ein wenig am fehlenden Actionanteil und verliert sich aber zuweilen in prinzipiell unnötigen Berliner (Rand-)Geschichtchen. Vielleicht ist es auch nicht unbedingt der am besten geeignete Fall, das ansonsten dynamischere Hauptstadtduo in die Literatur zu entlassen. Eigentlich ist es sogar ein Trio, denn der Oberkommissar Weber (in der Serie: Ernst Georg Schwill) darf logischerweise nicht fehlen. Der kauzige Kriminaltechniker mit der Schiebermütze berlinert sich auch hier bissig-respektlos durch die Ermittlungen und sorgt somit für die nötige Portion Lokalkolorit mit einer Prise Humor. Der kommt im Übrigen auch so nicht zu kurz. Die Schreibe ist insgesamt locker und überaus angenehm zu lesen.

_Fazit_

Steigerungsfähig. Handwerklich ist dem Buch nichts anzulasten, im Gegenteil, es wertet die Vorlage sogar noch auf. Über mehr als solides Mittelmaß kommt „Blinder Glaube“ trotz der durchaus redlichen Bemühungen bei der Umsetzung zum Roman aber nicht hinaus. Er bleibt leichte und schnell verdauliche Krimikost für mal eben zwischendurch, welche natürlich in erster Linie Tatort-Junkies anspricht, grundsätzlich jedoch nicht allein auf diesen Kreis beschränkt ist. Die haben allerdings den tröstlichen Vorteil zu wissen, dass es weitaus bessere Fälle des Berliner Teams gibt, die noch der potentiellen Transformation harren. Der Anfang ist aber gemacht.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

Oliver G. Wachlin: „Blinder Glaube“
Begleitbuch zur gleichnamigen ARD-Serie „Tatort-Berlin“
Nach einem Drehbuch von Andreas Pflüger
[Emons-Verlag]http://www.emons-verlag.de/ , September 2009
ISBN-10: 3897056607
ISBN-13: 978-3-89705-660-2
160 Seiten, Broschur

Die drei ??? – Stimmen aus dem Nichts (Folge 76)

Als die Jugendserie sich um die Jahrtausendwende von ihrem etwa 40 Folgen dauernden Leistungstief wieder berappelte, galt die EUROPA Hörspiel-Adaption aus dem Jahre 1997 rückblickend als eine derjenigen, die in dieser schwierigen Zeit (etwa von Folge 50 bis 90) die Fahne im Positiven oben gehalten hat. Die moderneren, jetzt ausschließlich in Deutschland ersonnenen Fälle krankten nämlich zuweilen am Innovationswillen der Autoren bzw. dem Zwang, unbedingt frische Impulse (Freundinnen, Autos, Computer/Internet etc.) mit den traditionellen Werten der Serie in Einklang zu bringen. Nicht immer klappte diese Gratwanderung zwischen Mystery und dem Besetzten des Plots mit aktueller Thematik – in diesem Fall der Psychotherapie – so gut wie hier.

Zur Story

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Die drei ??? – Botschaft von Geisterhand (Folge 95)

Ende der Neunzigerjahre erholte sich die Jugendserie langsam von einem leichten Formtief, in welches man fiel, kurz nachdem sich die drei Fragezeichen von ihren amerikanischen Wurzeln trennten bzw. trennen mussten. Man war mittlerweile am Scheideweg zur Moderne angelangt und es schien, als müsse man erst den richtigen Dreh wieder finden. So sind insbesondere unter den Folgen 50 bis hinauf zu 90 überproportional viele bestenfalls mittelmäßige und sogar die wirklich unbestritten schlechtesten Geschichten der drei Fragezeichen überhaupt anzutreffen. Stichwort: „Todesflug“. Wie dem auch sei, um die Jahrtausendwende herum war man wieder im Aufwärtstrend – Folge 95 von 2001 passt ganz gut in die Reihe solider Produktionen.

Zur Story

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Marx, André – Die drei ??? – Botschaft von Geisterhand

Die drei Fragezeichen gingen zu Beginn der Neunzigerjahre komplett in deutsche Hand, nachdem die Originalserie „The three Investigators“ in ihrem Ursprungsland Amerika eingestellt wurde, sich hier jedoch weiterhin so großer Beliebtheit erfreute, dass sich der Franckh-Kosmos Verlag die exklusiven Fortführungsrechte sicherte. Die „Botschaft von Geisterhand“ wird erzählt von André Marx, stammt aus dem Jahr 2000 und gehört zur so genannten „Neuen Ära“, welche bis dato anhält. Obwohl es eigentlich gar keine Nummerierung gibt, ist es der 95. Fall des Trios, legt man die Chronologie der bei EUROPA erscheinenden Hörspiele zugrunde, welche ganz maßgeblich zum großen Erfolg der Serie beigetragen haben.

_Zur Story_

Derzeit herrscht Flaute bei den drei Detektiven. Das heißt, Justus triezt Peter mit kniffligen Denksportaufgaben. Ein Unterfangen, welches bestenfalls als schwierig zu bezeichnen ist, wenn man den zuweilen geistig etwas schwerfälligen zweiten Detektiv kennt. Der Müßiggang findet ein jähes Ende, als ein geheimnisvoller Brief eintrudelt. Weder Umschlag noch das leere Blatt Papier in seinem Inneren, das selbstverständlich allen gängigen Geheimschrift-Tests unterzogen wird, weisen auf den Absender hin. Während die drei sich noch den Kopf zerbrechen, klärt das Telefon das Rätsel. Ihre „alte Freundin“ Jelena Charkova eröffnet ihnen – nicht ohne eine gute Portion Häme und Hochnäsigkeit – , dass sie längst auf die drei Jungs warte, das würde aus dem Brief doch hervorgehen. Dieser sei mit einer neuen Geheimtinte aus ihrer Chemie-Giftküche geschrieben.

Allen Animositäten zum Trotz sollen die Jungs antanzen, denn sie habe einen Fall. Sie habe zufällig in einem fehlgeleiteten Telefongespräch mitbekommen, dass ein wertvolles und geheimnisvolles Buch – das „Popol Vuh“ – gestohlen werden soll. Es handelt sich genau genommen um eine sehr alte Übersetzung ins Spanische und nicht das Original selbst. Der Aufbwahrungsort des guten Stücks war aber leider nicht zu entnehmen gewesen, jedoch hat Jelena bereits herausgefunden, wem das Buch seit einer kürzlich statt gefundenen Auktion gehört. Die Zeit drängt, denn der geplante Diebstahl steht unmittelbar am nächsten Tag bevor. Dr. Arroway ist die derzeitige Besitzerin des Buches und ihres Zeichens Spezialistin für die Kultur der Quiche-Maya. Sie ist dank Jelenas Vorarbeit leicht zu finden, und so erreichen die vier ihr Haus Just-In-Time, um sie zu warnen.

Doch Dr. Arroway denkt gar nicht daran, dass Buch weg zu schließen, sie will die Gelegenheit nutzen und Palmer Dixon, einen ihrer hartnäckigsten Konkurrenten auf diversen Auktionen, den sie übrigens auch für den mutmaßlichen Dieb hält, auf frischer Tat ertappen und ihn so endlich los werden. Daher beschließt man, für den nächsten Tag eine Falle zu stellen. Doch Erstens kommt es oft anders und Zweitens, als man denkt. Noch am gleichen Abend verschwindet das Buch einen Tag vor dem eigentlichen Termin spurlos aus dem Arbeitszimmer. War Dixon wirklich der Täter? Wenn ja, warum hat er früher als geplant zugeschlagen? Welches Geheimnis birgt diese alte Übersetzung des Popol Vuh? Diesmal sind die Detektive sogar zu Viert, um die mysteriösen Umstände zu klären. Kleine Rivalitäten beleben dabei das Geschäft ungemein.

_Eindrücke_

Wie alle neuzeitlichen Fälle kennzeichnet auch diesen eine Fülle von Modernisierungen gegenüber der Originalserie. Nicht nur dass die Jungs mittlerweile motorisiert sind, auch ihre ehemals versteckte Zentrale und Rückzugsort – etwa vor der Arbeitsverteilung Tante Mathildas – auf dem Schrottplatz ist längst kein Geheimnis mehr. Der alte Campinganhänger hat zwar damit auch seine obsolet gewordenen Geheimgänge eingebüßt, weist jedoch neben dem altbekannten Labor und der Telefonanlage nun mittlerweile auch Computertechnik auf. Ein Umstand, welchem bei dieser Story sogar besondere Bedeutung zukommt, denn ein Teil der Ermittlungen ist das Ausspähen einer IP-Adresse. Unter technischen Gesichtspunkten hier nicht ganz schlüssig erklärt und ziemlich konstruiert wirkend, aber durchaus spannend inszeniert.

Dabei muss man auch noch bedenken, dass zur Zeit der Entstehung der Geschichte solche EDV- bzw. Internet-Begriffe längst noch nicht so weit verbreitet im Gebrauch waren, wie sie es heute sind. Die drei Fragezeichen greifen damit mal wieder moderne und ungewöhnliche Themen auf. Das gilt auch für die Grundstory als solche. Das Popol Vuh ist tatsächlich existent und so etwas ähnliches wie das „Amduat“, das berühmte ägyptische Totenbuch, nur eben das der südamerikanischen Maya. Kurios ist in diesem Zusammenhang, dass auf dem Cover ein Buch abgebildet ist, welches allerdings ein aztekisches Symbol ziert. Ein Volk, welches aber erst lange nach den Maya auf der geschichtlichen Bühne auftauchte. Das muss man aber nicht wissen, Coverdesignerin Sivia Christoph wusste es augenscheinlich auch nicht.

Im Gegensatz zum zusammengekürzten Hörspiel hat man im Buch natürlich wesentlich mehr Möglichkeiten, mit größerer Detailtreue zu arbeiten. So ist es nicht verwunderlich, dass die kleinen Schönheits- und Logikfehler, die sich das gleichnamige Hörspiel leistet, in der Buchversion nicht – oder fast nicht – anzutreffen sind. Mit einer Ausnahme, nämlich der Frage der Täterschaft. Diese wird aufmerksamen Lesern schon recht früh offenbar. Zu früh. Lediglich das Warum ist zunächst unklar. Dennoch erhält sich die Geschichte einen gewissen Spannungsbogen, nicht zuletzt weil Jelena Charkova (nach ihrem Debüt in der Folge „Musik des Teufels“) wieder kräftig mitmischt und Justus dabei ziemlich alt aussehen lässt. Im Prinzip hat sie das Rätsel bereits lange vor den drei Jungs gelöst. Und das auch noch weniger umständlich als der voreingenommene erste Detektiv.

_Fazit_

Eine unterhaltsame und in sich runde Geschichte, wobei auch der weniger aufmerksame Leser sehr früh die Lösung des Rätsels ahnt. Hier hätte André Marx lieber etwas mehr Sand in die Leseraugen streuen können, statt sich mit IT-Halbwahrheiten zu verzetteln. Übrigens die einzig wirkliche „Schwäche“ des Falles, der ansonsten aufgrund seiner abwechslungsreichen Handlungsstränge gegenüber dem stark gekürzten Hörspiel fleißig Zusatzpunkte sammeln kann – allein schon wegen der ausgedehnteren, amüsanten Scharmützel von Justus und Jelena. Summa summarum eine durchaus gefällige Episode der drei Fragezeichen und auch für den Quereinstieg in die Serie geeignet.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

„Die drei ??? – Botschaft von Geisterhand“
Basierend auf Figuren von Robert Arthur
Erzählt von André Marx
Franckh-Kosmos, 2000
128 Seiten Hardcover
Cover Illustration: Silvia Christoph
ISBN-10: 3-440-08023-4
ISBN-13: 978-3-440-08023-8

Die drei ??? – Master of Chess (Live & Unplugged)

Man durfte sich bei der stets ausverkauften Live-Tour glücklich schätzen sagen zu können: „Ich war dabei!“ Damals. Genau genommen war’s am 9.12. 2002 in Bonn / Bad Godesberg. Für die begehrte Karte waren 20 € fällig. Nicht viel, doch trotzdem schwer zu bekommen. Ein hoch geschätztes Mitglied einer berüchtigten Meinungsplattform mit C hatte tatsächlich noch welche auftreiben können. Hier war es auch, wo sich auch erstmals größere Fangruppen zusammen rotteten und ???-Berichte konzentiert veröffentlichten. Lange ist’s her. Die meisten der Clique sind leider längst nicht mehr aktiv. Doch wenn die Doppel-DVD gelegentlich mal wieder einlegt wird, dann kommen die Erinnerungen wieder.

Die Handlung

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Minninger, André (Adaption); Henkel-Waidhofer, Brigitte J.) – Die drei ??? und der Schatz im Bergsee (Folge 68)

Fall Nummer 68 bildet den Abschluss einer kleinen Reihe von vier lose verbundenen Folgen, welche alle in Europa spielen. Hintergrund ist eine Urlaubsreise der Jungs aus Kalifornien in unsere Gefilde. Natürlich nicht ohne Ermittlungen, denn wer die drei Juniorschnüffler kennt, weiß, dass sie ohne Rätsel und Geheimnisse nicht leben können. So legten sie in England zum Auftakt Diamantenschmugglern das Handwerk, lösten in Deutschland im Vorbeigehen das Geheimnis um ein paar Särge, ärgerten sich später in Italien mit mafiosen Dunkelmännern herum und sind nun unterwegs in der Schweiz. Hier erwartet die amerikanischen Eidgenossen der Kriminalistik die Welt der Geheimdienste. Jedes der Hörspiele ist eigenständig und unabhängig von den anderen. Man muss zum Verständnis nicht unbedingt alle Vier dieser Miniserie (65 – 68) kennen, dennoch gehören sie irgendwie zusammen.

_Zur Story_

Die drei Junior-Detektive machen einen Rundflug mit einer 2-motorigen Propellermaschine in den Schweizer Alpen. Nahe des Genfer Sees im schweizerischen Kanton Wallis kommt es zum Ausfall zuerst des einen Motors, danach gibt auch der andere seinen Geist auf. Wenn’s einmal schief geht, dann auch bitte richtig. Der Pilot sagt noch durch, dass er eine Notlandung versucht, als die Maschine kurz darauf unsanft aufprallt, sprich: abstürzt. Justus und Bob erlangen das Bewusstsein wieder und stellen fest, dass, wo eben noch Peter saß, die Bordwand fehlt. Peter ist verschwunden! Benommen krauchen sie durchs Flugzeugwrack und versuchen zu rekonstruieren, was vorgefallen ist. Hatte Peter nicht kurz vor dem Crash nach vorne ins Cockpit gelangen wollen?

Sie wissen es nicht mehr so genau. Nachdem sie das Wrack kurzzeitig verlassen haben und sich sicher sind, dass die Maschine nicht an einem Abgrund, sondern auf einer Wiese zum Liegen kam, betreten sie auf der Suche nach dem zweiten Detektiv das Flugzeug wieder. Dort angelangt finden sie jedoch nur den offenbar schwerer verletzten und bewusstlosen Piloten Jerzey im Cockpit – von Peter weiterhin keine Spur. Mit vereinten Kräften und langsam aufklarendem Geist schaffen sie den Piloten und einige nützliche Gegenstände aus der zerstörten Maschine. Draußen angelangt betten sie Jerzey, der immer noch ohnmächtig ist, in eine Decke und versuchen herauszufinden, wo zum Teufel sie sich befinden und wo ihr Freund Peter abgeblieben ist.

Wurde er aus dem Flugzeug geschleudert und ist vermutlich gar tot? Die Berglandschaft, wo sie niedergegangen sind, ist ihnen ohne Kartenmaterial vollkommen fremd, doch als sie die Gegend weiter erkunden, finden sie Peter in einem Waldstück. Er lebt – ist aber leicht beduselt und weiß nicht, wie er dort hingekommen ist. Erst allmählich erinnert er sich, dass er orientierungslos aus dem Loch in der Bordwand gestiegen ist und schließlich im Wald zusammenbrach. Nun hoffen die drei, dass die Bergrettung alsbald auftauchen muss, um sie zu retten und tatsächlich: als Bob allein zurück zum Wrack geht, um dem immer noch nicht ganz klaren Peter eine Decke zu holen, taucht ein Hubschrauber auf, doch die Froschmänner, die dort bewaffnet herausspringen, sind ganz sicher eins nicht: Die Bergrettung.

_Eindrücke_

Die Story wirkt ziemlich hanebüchen und gekünstelt. Da tummeln sich die Flugzeugmafia, eine ominöse polnische Geheimagentin und ein undurchsichtiger Pilot in den Schweizer Alpen herum, um einen höchst seltsamen Schatz aus einem Bergsee zu fischen – hiermit ist sicher nicht zu viel verraten, schließlich ist das ja auch der Titel der Folge. Die Dialoge sind teilweise so was von behämmert und die Story – vor allem gegen Ende – so wirr, dass man sich fragt: Was soll das? Neben einigen Ungereimtheiten kurz nach dem Absturz klemmt’s auch im weiteren Verlauf oftmals und gerät zur Gähn-Geschichte. Die Frage, wie ein Mini-U-Boot in einen Bergsee kommt, bleibt letztlich ungeklärt, mit der Begründung à la: „Betriebsgeheimnis des polnischen Geheimdienstes“. So, so. Vom generell vollkommen unglaubwürdigen Strickmuster des Falles mal ganz zu schweigen.

Kurios bis nervig sind einige Sprüche Peters, mit denen er wohl in die zu großen Fußstapfen von McGyver und A-Team zu treten gedenkt: „Ich kann aus den Fahrwerksteilen und ein paar Decken eine Trage bauen“ oder „Ich hab das Funkgerät wieder repariert“. Nuja, man ist ja schließlich in der Schweiz, da mutiert Schisser Shaw (der sicher nicht der Hellste der drei ist) zum personifizierten Offiziersmesser. Die Sprecherleistung ist gerade noch OK, die drei Detektive sind trotz der oft an Dämlichkeit nicht zu toppenden Dialoge handwerklich fast über jeden Zweifel erhaben. Doch wundere ich mich schon manchmal, wie scheinbar gleichgültig Just und Bob teilweise mit dem Verschwinden des zweiten Detektivs umgehen.

Die Figur des Jerzey ist hart an der Grenze zur Glaubwürdigkeit. Puppenlustig plaudert er alles aus, immerhin gegenüber drei wildfremden Jungs – dabei hat dort ein Geheimdienst seine Finger im Spiel, mit dessen Agentin Jerzey in Kontakt steht. Häh? Also, so geheim kann das alles nicht sein. Viele Sprecher sind nicht vertreten, wie man am Line-Up im Steckbrief bereits ersehen kann. Da hätte man auf Qualität der Geschichte und Dialoge mehr achten können und natürlich auch müssen. Das obligatorische Gelächter am Ende der Folge ist wegen des absolut flachen und unkomischen Spruches nicht nachvollziehbar und wirkt so dermaßen aufgesetzt, dass es einem graust. Das Highlight ist der „neue“ Erzähler Matthias Fuchs, der in exzellenter Tradition die Fackel des leider zu früh verstorbenen Peter Pasetti weiter trägt.

Auch die Musik geht noch in Ordnung. Eine mittlere Katastrophe ist aber die Abmischung der CD, welche oftmals zu dünn und leise in den Gesprächen und Effekten daherkommt, jedoch bei der Musik unangenehm laut und dominant wird. Das verwundert um so mehr, als das alle bis dato erschienene Folgen wegen Lizenzproblemen mit der Musik im Jahre 2001 eh noch einmal neu abgemischt werden mussten. Auch diese gehört dazu. Da hätte man diese Unart eigentlich gleich beseitigen können. Die Effekte sind immerhin angemessen, reißen einen aber nicht wirklich vom Stuhl. Da gibt’s wesentlich bessere (auch ältere) Folgen. Ein Glück, dass das „Abenteuer Europa“ hiermit sein Ende findet, alle vier Folgen dieser losen Reihe waren insgesamt betrachtet nicht der Bringer. Bis auf die vorangegangene Nummer 67 „Schattenmänner“, die geriet noch akzeptabel.

_Fazit_

Der Schatz im Bergsee dümpelt langatmig-mittelmäßig vor sich hin und nimmt erst gegen Ende etwas Fahrt auf, was aber in einem absolut unglaubwürdigen Finale gipfelt. Schon vorher ist die Geschichte ziemlich an den Haaren herbei gezerrt und unglaubwürdig. Somit kann man nur ausgesprochenen und sehr hart gesottenen Fans zu dieser Folge eine bedingte Empfehlung aussprechen. Alle Anderen, die vielleicht nur sporadisch die Abenteuer der drei sympathischen Junioren aus Rocky Beach verfolgen, greifen hier besser nicht zu und weichen auf andere Fälle der Serie aus. Eindeutig nur: „Ausreichend“ mit Tendenz zu „Mangelhaft“.

_Die Hörspieldaten auf einen Blick:_

Titel: „Die drei ??? und der Schatz im Bergsee“ (Folge 68)
Buchvorlage: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer, Franckh-Kosmos 1996
Ersterscheinung: April 1996, EUROPA (Sony BMG)
Laufzeit: ca. 60 Minuten
Cover: Aiga Rasch
Buch & Redaktion: André Minninger
Produktion & Regie: Heikedine Körting

|Die Figuren und ihre Sprecher:|
Erzähler – Alfred Hitchcock: Matthias Fuchs
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Jerzey: Michael Bideller
Mariana: Antje Roosch
Bergwacht – 1. Mann: Nico König
Bergwacht – 2. Mann: Lutz Schnell

Henkel-Waidhofer, Brigitte J. (Autor); Minninger, André (Adaption) – Die drei ??? – Geisterstadt (Hörspiel – Folge 64)

Folge 64 der erfolgreichen Jugendhörspielserie nimmt unter Fans eine kleine Sonderstellung ein, denn es ist zum Einen die letzte EUROPA-Produktion, bei der Peter Pasetti als Erzähler, respektive „Alfred Hitchcock“ fungiert. Er verstarb im Mai 1996 und wurde ab Folge 65 von Matthias Fuchs ersetzt. Aber auch inhaltlich stand man zu dieser Zeit am Scheideweg: Die Einstellung der Serie in ihrem Stammland Amerika sorgte für eine Übernahme der Rechte durch den Franckh-Kosmos Verlag und dadurch eine deutliche Anpassung bzw. Verschiebung des zukünftigen Stils. „Geisterstadt“ fällt genau in diese Zeit der neuen Identitätsfindung und gilt als eine der wenigen positiven Ausnahmen der sonst eher mau beginnenden ???-Ära unter deutscher Federführung.

_Zur Story_

Tante Mathilda soll für ihre verunfallte Freundin Emily als Haushälterin einspringen. Dieser Job ist nicht irgendeiner, denn Emily arbeitet beim berühmten und stinkreichen Spieleerfinder Michael Oames. In dessen Ferienhaus am Lake Tahoe will Mathilda nun für Ordnung sorgen, bis ihre Freundin wieder fit ist. Es kommt noch besser: Die Drei Detektive sind mit von der Partie, denn Mathilda hätte es ganz gerne, wenn Justus in den Ferien ein wenig abspeckt, und Lake Tahoe ist ein exzellentes Skigebiet. Da Peter und Bob eh nicht von Justus Seite weichen, sorgt sie auch gleich dafür, dass die beiden ebenfalls mit dürfen. Der ganze Tross macht sich – chauffiert von Morton – auf zum feudalen Feriendomizil. Dort angelangt staunen sie nicht schlecht: Eine Riesenvilla und für jeden ein eigenes Zimmer im separat stehenden Gästehaus, eigentlich alles ganz toll, wenn auch merkwürdig still.

Als sie auf eigene Faust ein wenig auf Entdeckungsreise gehen und von einer Anhöhe des mächtigen Grundstücks auf das Haupthaus hinunter blicken, stellen sie eine große Anzahl an Polizeiwagen fest, die eben noch nicht dort waren. So langsam kommt hier wohl doch noch Leben in die Bude, denn der alte Oames ist entführt worden. Die Entführer verlangen telefonisch eine Million Dollar Lösegeld. Sein Sohn und dessen Frau entpuppen sich als herrische, arrogante Zeitgenossen, die nicht nur die Jungs anblaffen, sondern auch die anwesenden Polizisten meinen herumkommandieren zu können. Irgendwas scheint hier faul zu sein – und als dann auch noch eine ominöse Frau in einem roten Chevrolet auftaucht, die in „bester“ Oames-Manier vom Hof gejagt wird, steht für die drei ??? fest: Sie befinden sich nicht einfach mehr nur in den Skiferien, sondern mitten in einem höchst undurchsichtigen Fall.

_Eindrücke_

Der Titel ist unpassend, denn die Geisterstadt kommt nur am Rande in der Geschichte vor und hat auch nichts Großartiges zur Atmosphäre oder gar der Lösung des Falles beizutragen. Dennoch ist diese Kleinigkeit beinahe das einzige Manko, denn wie man allein an der verhältnismäßig üppigen Sprecherliste sehen kann, darf man auf jede Menge Interaktion und Wendungen in der Story hoffen – dem ist auch tatsächlich so. Zwar fehlt der Folge der Mystery-Faktor, doch zum Ausgleich gibt es eine durchdachte und prima erzählte Entführungsgeschichte mit ordentlichen Charakteren. Sprecher, Geräusche und Musik sind exzellent und stimmig, besonders Schauspieler-Urgestein Edith Hancke weiß zu gefallen. Mit ihrer markanten Stimme ist sie eine sehr gute Wahl für die unsympathische Figur der Sylvie.

Ungeklärt bleibt, warum der Sprecher des alten Oames (Günter Jerschke) nicht im Booklet vermerkt ist. Auffällig sind die verschiedenen Aussprachen von „Lake Tahoe“, da hätte die Regie vielleicht darauf achten sollen, dass alle Sprecher wenigstens einheitlich diesen Ortsnamen gebrauchen. Kritikpunkt ist auch wieder einmal die AAD-Abmischung auf der CD, gerade leise Passagen und geflüsterte Worte sind häufig unverständlich, bis man die Lautstärke sehr weit hoch dreht – immerhin hält sich das aber in Grenzen und ist längst nicht so technisch mies umgesetzt wie bei einigen anderen Folgen, welche 2001 im Zuge von Lizenzstreitigkeiten neu abgemischt wurden bzw. werden mussten.

Die Lösung des Falles ist aus eigener Kraft kaum zu erarbeiten und allenfalls zu erahnen, da die Story sich zwischendurch auch noch mal wendet, eine nicht leicht zu knackende Nuss. Eine gröbere Macke ist beispielsweise das „Verhör“ der drei Detektive durch Inspector Capistrano. Hierbei gibt der Inspector bereitwillig und ungefragt (!) aus heiterem Himmel wichtige Informationen an die Jungs weiter, obwohl er sie ja eigentlich vernehmen sollte. Mal abgesehen davon, dass die drei ihm vollkommen fremd sind und potentielle Verdächtige darstellen, es wäre in der Realität ziemlich dumm, wenn sich die ermittelnden Beamten so leutselig geben würden, wie er es tut.

_Fazit_

Mit etwas über einer Stunde Laufzeit eine der längeren Folgen, die trotz des fehlenden Mystery-Einschlags doch gut gelungen und nicht langweilig geraten ist, uns jedoch im Unklaren lässt, wie zum Geier „Lake Tahoe“ nun wirklich ausgesprochen wird. Der Titel ist, wie bereits erwähnt, nicht besonders glücklich gewählt und ein wenig irreführend, was der eigentlich zugrunde liegenden Entführungsgeschichte aber keinen Abbruch tut. Dass es nur kleinere Patzer und die recht dumpfe AAD-Abmischung der CD zu bemeckern gibt, veranlasst mich nicht, die volle Punktzahl für diese ansonsten solide Folge zu vergeben. Mit 4 Sternchen und dem daraus resultierenden „Gut“ braucht sie sich jedoch nicht gramvoll zu verstecken.

_Die Hörspieldaten auf einen Blick:_

Titel: „Die drei ??? – Geisterstadt“ – Folge 64
EUROPA (Sony BMG), 1995
Laufzeit: ca. 66 Minuten
Buchvorlage: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer nach Robert Arthur
Drehuch & Redaktion: André Minninger
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: Conrad, Morgenstern
Cover: Aiga Rasch

|Die Figuren und ihre Sprecher:|
Erzähler – Alfred Hitchcock: Peter Pasetti
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Tante Mathilda: Karin Lieneweg
Morton: Andreas von der Meden
Inspector Capistrano: Hans Sievers
Sergeant Hawthrone: Jürgen Kopp
Simon Oames: Peter Kirchberger
Silvie Oames: Edith Hancke
Michael Julius Oames: Günter Jerschke (nicht aufgeführt)
Mandy Taylor: Micaela Kreißler
Deborah Street: Astrid Kollex
Greenwater: Norman Messer

Die drei ??? und der Schatz der Mönche (Folge 107)

Schon Mitte 2002 angekündigt, aber erst Januar 2003 veröffentlicht ist Folge 107 „Der Schatz der Mönche“ ein Vorbote auf die schon zu dieser Zeit schwelenden Lizenzstreitigkeiten gewesen. Die Fans waren entsprechend gespannt, was EUROPA aus dem Hut zaubern würde, sprich: Ob die Motivation, neue Hörspiele zu produzieren, gelitten haben würde. Wer Titel und Cover sieht, der denkt unwillkürlich an Martial-Arts und erwartet vielleicht deftige, fernöstliche Handkanten-Action, bedeutungsschwere Weisheiten von Lao Tse oder Konfuzius zu gebrochener Sprache und Kieferknochen. Dass dies bei einem Fall der drei Fragezeichen eher nicht vorkommt, kann man sich denken. Dass daraus eine sehr gesetzte Folge wird, weniger. Zumal wenn man das Buch kennt überrascht der etwas andere Grundton des Hörspiels.

Zur Story

Die drei ??? und der Schatz der Mönche (Folge 107) weiterlesen

Minninger, André (Adaption); Sonnleitner, Marco (Buch) – Die drei ??? – Gefährliches Quiz (Folge 109)

Für gewöhnlich ist man als Fan ja geneigt, mit der rosa Brille über manche Unzulänglichkeit generös hinwegzusehen. Allerdings gibt es manchmal auch Fälle, wo die Brille nicht rosa genug sein kann. Auch bei den drei Fragezeichen reibt man sich gelegentlich mal die Augen respektive Ohren. Besonders auffällig – im negativen Sinne – sind bei der sonst zurecht beliebten Serie die Nummern im Bereich um die Hundert herum. Sie markieren wie keine anderen einen Tiefpunkt im Schaffen des EUROPA-Studios. Miese Sprecherleistungen, krude Storys und unterirdischer Schlendrian bei der Produktion machten sich breit. Glücklicherweise hat man sich inzwischen gefangen und produziert seit geraumer Zeit wieder ansprechende Fälle der drei Detektive.

_Zur Story_

Schlaumeier und Ober-Besserwisser Justus gewinnt diesmal zwar mit seiner Intelligenz keinen Blumenpott, dafür aber einen Auftritt bei einer hoch angesagten Quiz-Show namens „Wer knackt die Nuss?“. Diese Ehre wird ihm zuteil, da er ein sauschweres Kreuzworträtsel der „Los Angeles Post“ gelöst hat und am damit verbundenen Preisausschreiben teilnahm. Das Los hat entschieden; Er und zwei Begleitpersonen (logischerweise Peter und Bob) dürfen schon zwei Tage nach Erhalt der Benachrichtigung per Brief zum Sender dackeln. Justus wird in der Maske vorbereitet, während Peter und Bob schon mal auf der Zuschauertribüne Platz nehmen. Kurz vor Beginn der Show schneit dann der etwas nervös-spleenige Quizmaster Nobel in Justus’ Garderobe herein, um die obligatorischen Infos zum Ablauf der Sendung loszuwerden.

Nobel ist zunächst äußerst ungehalten und nicht erbaut, einen so jungen Kandidaten zu haben, irgendwer hat zu allem Überfluss seine Tochter entführt, daher wird diese Show etwas anders ablaufen als gewohnt. Statt der üblichen drei Lösungsvorschläge zu jeder Frage werden die Entführer (die sich online in den Computer des Senders eingehackt haben) während der Sendung durch Nobel Rätselfragen stellen, die Justus ohne jegliche Auswahlantworten live aus dem Stegreif beantworten soll. Das Leben von Nobels Tochter Clarissa hängt von der Richtigkeit seiner Antworten ab. Die Show ist endlich vorbei, doch die Entführer nicht zufrieden mit den Antworten – die drei ??? haben einen neuen Fall und noch dazu ein Ultimatum von 24 Stunden am Hals, um Licht ins mysteriöse Dunkel zu bringen.

_Eindrücke_

Das Fiasko fängt bereits früh an und liegt in der Story selbst: Durch ein Kreuzworträtsel intelligente Menschen zum Knacken eines vertrackten Rätsels zu suchen geht noch in Ordnung, doch den geplanten Betrug dann auch noch quasi dank der Fernsehshow öffentlich zu machen und so dilettantisch, wie in dieser Geschichte, das nimmt man keinem ach-so-durchtriebenem Ganoven (und schon gar nicht den Machern dieses grausamen Drehbuchs) ab. Jeder halbwegs vernünftig denkende Mensch hätte (zumindest nachdem er feststellt, dass die Jungs ein recht erfolgreiches Detektiv-Unternehmen führen) die Strategie sofort geändert und wäre auf diskretere „Verhörmethoden“ umgeschwenkt.

Halten wir ganz einfach fest, dass die Handlung nicht nur hanebüchen, sondern sogar vollkommen haarsträubend ist. Hier alle logischen und stilistischen Fehler auch nur ansatzweise zu erwähnen, wäre eine Beleidigung der Tastatur. Des Weiteren ist das Ende ein kruder Mischmasch aus „Der Phantomsee“, „Der rote Pirat“ und „Geisterschiff“, dabei ist es aber weder so pfiffig noch erreicht es auch nur annähernd die Klasse der drei Vorgenannten. Und das, obwohl Nebel (wieder mal) eine Rolle spielt. Das Auftauchen von Nebel jeglicher Art kennzeichnet sonst immer die besseren Folgen. Hier reißt auch der Nebel nichts mehr heraus. Wobei wenigstens die Soundeffekte noch ein wenig zur Ehrenrettung beitragen und immerhin passabel ausfallen.

Schreiten wir voran zu den Sprecherrollen, die machen ein Hörspiel ja in besonderem Maße aus und entscheiden über Wohl oder Wehe. Ilja „Licht aus, Spot an!“ Richter (genau, der Typ mit der Quäk-Stimme aus der 70er Jahre-Musiksendung „Disko“) stottert sich gar grässlich und unbeholfen durch seinen Text, wie Kermit der Frosch mit einer mittelschweren Halsentzündung, wobei nicht klar ist, ob die Regie das so vorgeschrieben hat oder ob man sich nicht bewusst war, dass er es einfach nicht besser kann. So wenig Tiefe und so viel Nerv-Faktor hat kaum je ein Sprecher bei den drei ??? gewagt abzuliefern. Doch allein sein Verschulden kann das irgendwie nicht sein, denn warum färbt seine Lustlosigkeit auch auf die Top-Sprecher wie Oliver Rohrbeck & Konsorten ab?

_Fazit_

Das „gefährliche Quiz“ markiert einen der Tiefpunkte der Serie, was nicht allein von den miesen Sprecherleistungen – diesmal sogar der Stammsprecher – herrührt. Die ganze Geschichte ist so unglaubwürdig konstruiert, dass man nur froh sein kann, dass die nachfolgenden, neueren Folgen wieder langsam besser werden. Na ja, schlimmer konnte es ja eigentlich auch kaum kommen. Selbst hart gesottene Fans dürften das Teil nach einmaligem Hören allein der Vollständigkeit der Sammlung halber im Rack verschwinden lassen und fürderhin zeitlebens mit stoischer Nichtachtung strafen. Einsteiger sollten tunlichst die Finger von Folge 109 lassen, sie ist für die Serie – glücklicherweise – nicht repräsentativ.

_Die Hörspieldaten auf einen Blick:_

Titel: „Die drei ??? – Gefährliches Quiz“ – Folge 109
EUROPA (Sony BMG), 2003
Laufzeit: ca. 67 Minuten
Buch und Effekte: André Minninger
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: J. F. Conrad, Morgenstern
Cover-Illustration: Silvia Christoph

|Die Figuren und ihre Sprecher:|
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrzceck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Nick Nobel: Ilja Richter
Clarissa: Theresa Underberg
Mike Pherson: Wolf-Dietrich Berg
Assistent: Martin Meyer
Sekretärin: Traudel Sperber
Sandy: Micaela Kreissler
Bill: Achim Schülke
Veronica: Saskia Weckler
Joe: Jan-David Rönfeldt

Minninger, André (Adaption); Marx, André (Buch) – Die drei ??? – Spur des Raben (Folge 75)

Eigentlich gelten landläufig ja eher die artverwandten Elstern als das diebischere Gesindel unter den Federviechern und spätestens, wenn sich herausstellt, dass dieser klauwütige Rabe normalerweise der Gattung Homo Sapiens angehört – der für gewöhnlich per pedes unterwegs ist – treibt man jeden Ornithologen in den Wahnsinn. Die Rede ist natürlich wieder von einem Hörspiel der drei Fragezeichen, in welchem sich die drei detektivisch veranlagten Jungs diesmal aus ihrem gewohnten Territorium um Rocky Beach entfernen und statt dessen Los Angeles unsicher machen, sehr zum Leidwesen eines gewissen kriminellen Subjekts, welches sich für eine Art |Batman für Arme| hält.

_Zur Story_

In Los Angeles findet die Filmpreisverleihung des „Goldenen Raben“ statt, weswegen sich sämtliche Stars und Sternchen zu Dutzenden in dieser kalifornischen Metropole tummeln. Mit von der Partie sind auch die drei Jungs aus Rocky Beach, denn Bobs Vater – bekanntlich der Chefredakteur der „Los Angeles Post“ – schickt die Jungs mit Kameras bewaffnet zu diesem Event, weil er dringend Bildmaterial für seinen Artikel braucht. Diese Gelegenheit lassen sich die nun zu Paparazzi transformierten Detektive natürlich nicht entgehen und werden abends vor einem Hotel Zeugen einer seltsamen Erscheinung. Peter entdeckt eine Gestalt, die sich hoch über dem Boden scheinbar fliegend zum Dach des Hotels bewegt. Nachdem der zweite Detektiv einen schnellen Schnappschuss von dem Unbekannten macht, stürmt das Trio ins Hotel.

Sie ahnen bereits, dass hier etwas Illegales im Busch ist. Auf dem Dach können sie die Gestalt im Kostüm eines Raben beinahe stellen, unter schauerlichem Gekrächze kann der Unhold jedoch nach einem kleinen Handgemenge Batman-like über die Balustrade verschwinden und an einem gespannten Stahlseil zum gegenüberliegenden Gebäude entkommen. Lediglich eine einzelne Schwarze Feder bleibt zurück. Bei dem Gerangel ist nicht nur Bobs Kamera zu Bruch gegangen, erschreckt stellt er fest, dass seine Brieftasche ebenfalls fort ist. Die drei halten es für angebracht, zunächst die örtliche Polizei aufzusuchen und dann Bobs Dad die kaputte Kamera zu beichten – um das zu erwartende Donnerwetter abzumildern, wollen sie ihm das von Peter geschossene Exklusiv-Foto des Raben anbieten.

Als erstes zeigen sie es allerdings Detective Gregson vom LAPD, dem die Masche nicht unbekannt ist. Scheinbar war der beobachtete Raubzug nicht der erste des Flattermanns in LA. Am nächsten Tag in ihrem Hotel angekommen, erwartet Justus, Peter und Bob die nächste Überraschung an der Rezeption: Irgendjemand hat ein Päckchen für sie hinterlegt, in welchem sich Bobs Brieftasche (ohne Geld, aber ansonsten vollständig), eine schwarze Rabenfeder und eine Cassette befindet. Als die drei die Cassette abhören, erklingt die krächzende Stimme des Raben, der ihnen per Reim eine Rätselaufgabe stellt und sie damit heiß auf seine Spur macht. Wenn sie ihn fangen und den nächsten Tatort herausfinden wollen. Klar, dass die drei Fragezeichen zu dieser Herausforderung nicht Nein sagen.

_Eindrücke_

Positiv fällt auf, dass die Ermittlungen zu beinahe gleichen Teilen untereinander aufgeteilt werden und das Ganze nicht zu einer reinen Justus-Geschichte mutiert. Des Weiteren spielt Nummer 75 mal endlich wieder außerhalb von Rocky Beach in einer Großstadt, was auch mit den entsprechenden Geräuschen gut unterlegt ist. Straßenmusikanten, Verkehrsgetümmel und Andrang vor den Hotels der Stars. All das schafft vom Start weg eine gute und glaubwürdige Atmosphäre. Die Figur des Kriminellen im Rabenkostüm bekommt durch das charakteristische Krächzen einen spannenden Touch und einige Schock-Momente; wenn das „Kraaa-Kraaaa“ unerwartet auftaucht, schreckt man schon ein wenig zusammen. So richtig gruselig ist das aber nicht, dennoch verleiht es dem Auftritt des diesmaligen Gegenspielers den nötigen und gebührenden Pepp, den man bei einem ???-Hörspiel erwartet.

Die Geschichte an sich ist spannend und interessant aufgebaut, es gibt mal wieder einen ordentlich gereimten Rätselspruch zu lösen. Ein stilistisches Element, das sicher die eingefleischten Fans gerade der älteren Folgen zu schätzen wissen werden. Bei der Aufbereitung des Plots hat man sich wirklich Mühe gegeben, der Figur des Raben eine angemessene Tiefe zu verleihen und die Lösung des Falles bis zum Schluss zu verschleiern. Die Wahl der Sprecher auch abseits der üblichen Protagonisten ist nicht zu bemängeln, ja selbst Betonungsfehler sind nicht zu verzeichnen – besonders gut sind die markanten Stimmen von Beate Hasenau (u.a.: „Ameisenmensch“, „Stimmen aus dem Nichts“) und die von Jörg Gillner, welcher hier allerdings seinen bisher einzigen Einsatz in der Serie hat. Regisseurin Heikedine Körting gibt sich seit langem auch mal wieder in einer Sprechrolle die Ehre.

Der sonst so oft anzutreffende Lerneffekt beschränkt sich in dieser Folge auf das Herstellen eines Lautsprechers mittels eines Weinglases und Ohrstöppseln für einen Walkman und auf Beethovens „Neunte“ respektive dem Leitsatz „Ode an die Freude“. Die übrige Begleitmusik besteht aus den üblichen verschiedenen Samples, die häufig während der Serie verwendet werden: unspektakulär, aber durchaus passend zur Thematik. Reinrassiges Mystery- oder Gruselflair kommt hingegen nicht unbedingt auf, allenfalls das scheinbare „Fliegen“ des Raben, das Hinterlassen einer schwarzen Feder und das bereits erwähnte Krächzen verpassen der Folge den leicht rätselhaften Beigeschmack. Wieder eine Folge, die auch jüngere und/oder zartbesaitete Hörer durchaus nachts genießen können, ohne eine Herzattacke zu riskieren. Logikpatzer sind überraschenderweise keine ohrenfällig geworden.

_Fazit_

Zwar ist dies eine reine Kriminalfolge ohne übernatürliche Einschläge, doch eine gut durchdachte und vor allem gelungene Story mit einem ebenbürtigen Gegner machen das mehr als wett. Das Ende ist nicht vorherzusehen, es sei denn man hat hellseherische Fähigkeiten. Wie bereits angeklungen lebt die Spur des Raben zu einem nicht geringen Teil von dem guten, alten Teamwork der drei Detektive, wo jeder von ihnen etwas zur Klärung beizutragen hat. Keine Selbstverständlichkeit in einer Zeit, in welcher die Serie etwas schwächelte und erst jenseits der Nummer 80 wieder allmählich an Qualität gewann. „Spur des Raben“ ist ein löblicher Ausbrecher aus der Riege der mittelmäßigen Fälle in den Neunzigern. Klare Hörempfehlung auch für Neueinsteiger!

_Die Hörspieldaten auf einen Blick:_

Titel : „Die drei ??? und die Spur des Raben“ – Folge 75
Buchvorlage: André Marx, Franckh-Kosmos 1996
Adaption: 1997, EUROPA (Sony BMG)
Lauflänge: ca. 56 Minuten
Buch und Effekte: André Minninger
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: Conrad, Stahlberg, Zeiberts
Cover-Illustration: Aiga Rasch

|Die Figuren und ihre Sprecher:|
Erzähler – Alfred Hitchcock: Matthias Fuchs
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Mrs. Shaw: Heikedine Körting
Armanda Black: Beate Hasenau
Detective Gregson: Wolf-Dietrich Berg
Nora Sethons: Ursula Sieg
Mrs. Atson: Joyceline Schmidt
Mr. Krieger: Jörg Gillner
Lisa Manninger: Katja Stichel

Die drei ??? und das Hexen-Handy (Folge 101)

Nach der Triple-Jubiläumsfolge 100 handelt es sich beim „Hexen-Handy“ mit der Nummer 101 schon wieder um einen „stinknormalen“ Fall – quasi Business as usual bei den drei Detektiven. Seit die Serie ausschließlich im deutschsprachigen Raum weiter geführt wird, sind auch die Umgebungsvariablen sowie die Geschichten sukzessive immer mehr in Richtung Moderne verschoben worden. Handy, Computer und Internet haben schon länger bei den drei Fragezeichen Einzug gehalten. Im Jahre 2001 fühlte man sich berufen, die Problematik von Mobilfunk im Verbund mit speziell auf Kinder bzw. Jugendliche zugeschnittenem Zielgruppenmarketing zu thematisieren. Ob dieser warnende Finger tatsächlich Beachtung fand, ist nicht überliefert.

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Die drei ??? und der tanzende Teufel (Folge 21)

Nach dem unerwartet großen Erfolg, den die Serie bei ihrem Start 1979 hinlegte, beeilte man sich bei EUROPA, rasch weitere Vorlagen der amerikanischen Jugendbuchreihe als Hörspiel zu adaptieren. Ein Jahr später, im Oktober 1980, hatte man mit dem „tanzenden Teufel“ bereits den 21. Fall der drei Fragezeichen im Kasten und veröffentlicht. 2001 musste sich dieser Klassiker einer kleinen, nicht ganz freiwilligen Frischzellenkur unterziehen lassen, denn Streitigkeiten zwangen das Studio, die alte Originalmusik aller bisher erschienenen Hörspiele der Reihe gegen eine andere auszutauschen. Ansonsten blieb diese Folge inhaltlich unangetastet – ein Fall übrigens, welcher auch heute noch große Beliebtheit bei den Fans genießt.

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Die drei ??? – Fluch des Piraten (Band 132)

Die beliebte Jugendbuchserie hat nach einigen Ups und Downs in ihrer bewegten Geschichte mittlerweile die 150-Fall-Marke satt überschritten. Schon seit den Neunzigern fand eine mehr oder weniger schleichende Abnabelung von Amerika statt und die Geschichten der drei Fragezeichen wurden ausschließlich von deutschen Autoren weitergeführt. 2007/2008 schien es mal wieder so, als gäbe es keine Einigung mit den Lizenzgebern. So kam es, dass Neuveröffentlichungen zwischen Mitte 2006 und Anfang 2008 eher schleppend stattfanden, bis die Situation bereinigt wurde. Seither hat der Output wieder auf Normalmaß angezogen, der vorliegende Band 135 „Fluch des Piraten“ von Ben Nevis, stellt jedoch noch eine ???-Veröffentlichung aus jener turbolenten Ära dar.

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Die drei ??? und der Nebelberg (Band 103)

Nach einigen mehr oder weniger ausgedehnten Schwächephasen in der Serie, erlebten die drei Fragezeichen um die Jubiläumsausgabe Nummer 100 herum wieder einmal eine Renaissance. Es dürfte ungefähr schon der dritte oder vierte Frühling sein und er hält weiter an. Daran konnten auch die jüngst erst beigelegten Lizenzstreitigkeiten nichts ändern. Beim „Nebelberg“ von André Marx handelt es sich um einen der neueren Fälle aus dem Jahr 2002. Der Einfachheit halber sei ihm die entsprechende Nummer (105) der gleichnamigen EUROPA-Hörspielserie verliehen. Die Bücher sind weder nummeriert, noch folgen sie – außer in wenigen Ausnahmefällen – einer festgelegten chronologischen Abfolge.

_Zur Story_

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Die drei ??? – Panik im Park (Folge 110)

Als Vertreter der nicht überall geliebten Ü-100-Fraktion hatte Fall Nummer 110 bereits bei Veröffentlichung 2003 einen schweren Stand bei treuen Hörern. Statt mit Vorschusslorbeeren wurde die Folge mit Murren und Knurren belegt. Das lag zum einen an dem verspäteten Release, zum anderen sah das Fandom genau das als schlechtes Omen. Um es vorwegzunehmen: „Panik im Park“ ist kein Überflieger geworden, doch die schlimmsten Befürchtungen, eine weitere katastrophale Folge von |EUROPA| präsentiert zu bekommen, bewahrheiteten sich auch nicht vollständig. Gleichwohl spaltet sie das Fandom: Die einen mögen sie, die anderen verdammen sie fast in den 110. Kreis der Hölle.

Zur Story

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Michael Baigent – Das Rätsel der Sphinx

Zusammen mit seinen Co-Autoren Henry Lincoln („Der heilige Gral und seine Erben“ – 1982) und Richard Leigh („Verschlusssache Jesus“ – 1991) landete Michael Baigent mit seinen populärwissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Religion und Altertumsforschung bereits auf den Bestsellerlisten. 1998 folgte mit „Ancient Traces“, welches in der deutschen Fassung ziemlich unpassend mit „Das Rätsel der Sphinx“ betitelt wurde, ein Soloprojekt, bei welchem sich der in England lebende Autor diesmal noch weiter in die Vergangenheit begibt, um die Frage zu klären, ob die verbreitete Lehrmeinung bezüglich der Einordnung signifikanter Daten und archäologischer Funde der Erdgeschichte nicht kolossal danebenliegt.

_Zum Inhalt_

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Baigent, Michael / Lincoln, Henry / Leigh, Richard – heilige Gral und seine Erben, Der

Bei ihren Recherchen zu einer BBC-Dokumentation über eine geheimnisvolle Katharer-Festung in den französischen Pyrenäen stoßen die Autoren Lincoln, Baigent und Leigh im Jahr 1982 auf Spuren, welche nicht nur die Gralslehre in einem neuen Licht erscheinen lassen, sondern sogar die Grundfeste des Christentums erschüttern könnten. Das Buch gilt gemeinhin als populärwissenschaftliches Standardwerk zur alternativen Deutung der Gralsgeschichte und wird mittlerweile von mehreren Verlagen als günstiger (und überarbeiteter) Reprint angeboten. Übrigens adelte Erfolgsautor Dan Brown den Stoff unlängst dadurch, als dass er ihn als beinahe perfekte Blaupause für seinen Bestseller „The da Vinci Code“ (dt.: [„Sakrileg“) 1897 verwendete.

_Zum Inhalt_

Hauptsächlich geht es darin um das geheime Wissen und angebliche Ziele des geheimniskrämerischen und elitären Ordens Prieuré de Sion. Bei den Recherchen wurden dem Trio einige brisante Aufzeichnungen in die Hände gespielt: die so genannten „Prieuré-Dokumente“. Darin sind eine große Menge ordensinterne Daten zu finden, welche ursprünglich wohl offenbar nicht für öffentliche Augen bestimmt gewesen sein dürften und von Gründung im frühen Mittelalter bis in die späten Siebziger des vergangenen Jahrhunderts reichen. Sie umfassen somit gut 1000 Jahre. Die Herkunft dieser Dokumente und ihre Authentizität sind bis heute nicht ganz geklärt, doch scheinen sie sich wenigstens in vielen Teilen mit der belegbar und allgemein anerkannten Geschichtsschreibung zu decken. Jedoch nicht immer.

Der ominöse Bund, dem man nachsagt er wolle die ausgestorben geglaubte Merowinger-Dynastie wieder an die Macht bringen, ist ein moderner Mythos und ein Kuriosum. Er „firmiert“ – zumindest laut dem offiziellen französischen Vereinsregister – nicht nur unter falscher (Briefkasten-)Adresse, sondern ist, den Autoren zufolge, sogar eine komplett anders gelagerte Organisation, als sie nach außen vorgibt zu sein. Dabei gehörten der, ähnlich einer Freimaurer-Loge, pyramidisch strukturierten Gemeinschaft einige illustre und bekannte Persönlichkeiten an. So bekleideten unter anderem Leonardo da Vinci oder Sir Isaac Newton, also alles andere als esoterisch verbrämte Spinner, den Posten eines „Großmeisters“. Auch mannigfaltige Berührungspunkte zu den Templern, den Deutschrittern und insbesondere den Rosenkreuzern werden unter Zuhilfenahme diverser Quellen hergestellt.

Das alles liest sich, übrigens nicht nur für den Laien, höchst verwirrend, und die Lektüre zieht sich auch ganz schön zäh in die Länge. Ständiges Springen in den Appendix tut sein Übriges. Wenn die ganzen Personen, Begebenheiten und deren Querverbindungen (und das auch noch oft chronologisch zunächst nicht erkennbar zusammenhängend) über dreiviertel des Buches permanent auf einen einprasseln, beschleicht den Leser doch mehr als einmal das Gefühl, irgendwie im falschen Film gelandet zu sein, denn was soll das mit dem Gral zu tun haben? Dennoch benötigt man nicht wenige dieser Informationen, um den Autoren im letzten Abschnitt einigermaßen folgen zu können, wo sie ihre Hypothese zum Gesamtbild zusammenklöppeln. Selbstverständlich widmen sie sich spätestens dann auch den überlieferten Gralserzählungen von Eschenbach & Co.

Allerdings ziehen sie aus den bislang eher mythologisch gedeuteten Erzählungen und den nachweislich handfesten Bestrebungen der Prieuré de Sion ganz andere, höchst erstaunliche Schlüsse, und die haben viel mit Genealogie zu tun. Die angeführte Indizienkette reicht bis in biblische Vorzeit zurück, genauer gesagt bis zum Stamme Davids, welchem übrigens auch Jesus in direkter Linie angehört. Mit dem Mysterium der Auferstehung, dessen tatsächlichen Hergang die Autoren wesentlich anders rekonstruieren als die Version, welche die Bibel präsentiert, wurden einige sehr kuriose Vorgänge angestoßen – mal ganz abgesehen von der Entstehung einer (Welt-)Religion. Später, während der Kreuzzüge, formierten sich angeblich die Kreuzritter/Templer, um fürderhin als Gralshüter zu fungieren. Man nimmt an, dass der Auslöser dafür ebenfalls mit dem Gral zusammenhängt.

_Fazit_

Ein Körnchen Wahrheit steckt in diesen Nachforschungen sicherlich. Heutzutage haben sich die drei Autoren von einigen ihrer damaligen Quellen und den daraus resultierenden Schlüssen, zumindest in Teilen, wieder distanziert. Dennoch enthält „Der heilige Gral und seine Erben“ einige hochinteressante Informationen und Thesen, die man nicht pauschal als Unfug abtun sollte. Man muss sich allerdings darauf einlassen, Geduld und Hartnäckigkeit mitbringen, denn das zuweilen wirre Geflecht aus Namen, Orten und Begebenheiten ist für den nicht vorbelasteten Leser oft nur schwer zu durchschauen und zeitweise sogar richtiggehend ermüdend. Wesentlich unterhaltsamer lassen sich die Kernaussagen, wie eingangs bereits erwähnt, in Dan Browns „Sakrileg“ nachlesen.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

OT: „The Holy Blood and the Holy Grail“
Jonathan Cape Ltd, London – 1982
Deutsche Ausgabe: Lübbe, Bergisch Gladbach – 1984
Übersetzung: Hans E. Hausner
487 Seiten, Hardcover
ISBN: 3-572-01314-3 (Reprint, Orbis – 2002)
auch in anderen Auflagen und Bindungen erhältlich
Preis: ab 9,95 €, Lübbe-Taschenbuch 5 €