Eine verschwundene Tiara ruft den Meisterdetektiv auf den Plan, denn ausgerechnet bei einer kurzen Aufbewahrung in einem ungesicherten Schreibtisch wird das wertvolle Schmuckstück gestohlen. Die Zahl derer, die das Versteck der Tiara kannten, erscheint auf den ersten Blick durchaus überschaubar. Ein Motiv hat indes nur eine der Personen. Holmes zweifelt jedoch daran, dass die Lösung des Falles so einfach ist… (Verlagsinfo) Doyle & MacNeile – Eine Frage des Teers (Sherlock Holmes Folge 39) weiterlesen
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Susan Cooper – Wintersonnenwende (Wintersonnenwende 2)

Der elfjährige Will Stanton hat eine Mission. Als letzter Kämpfer des Lichts muss er sich in der ewigen Schlacht zwischen Gut und Böse den Vertretern der Macht der Finsternis stellen. Im Kampf gegen das Böse überquert er die Grenzen von Raum und Zeit. Als ein todbringender Schneesturm über sein Heimatdorf hereinbricht, weiß Will, dass die Mächte der Finsternis zum finalen Schlag ausholen. Wird er diesen Kampf gewinnen können? Unerwartet auftauchende Helfer stellen sich an seine Seite.
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Frank Herbert – Der Herr des Wüstenplaneten (Dune 2)
Dieser Band erzählt vom Ende der Herrschaft Paul Muad’dibs. Die rückwärts gewandten oder negativen Aspekte der Geschichte überwiegen. Und wo sich die Dinge mal nach vorne entwickeln, scheint es sich um eine schier endlose Abfolge von Anschlägen auf das Leben des Herrschers Muad’dib zu handeln. Das mag ja spannend sein, endet aber traurig.
So verwundert es auch nicht, dass dieser Band bei den Lesern weniger gut ankam. Vor allem das pessimistische Ende fand ich zum Beispiel kaum akzeptabel. Aber es ist ein Naturgesetz, dass das Alte weichen muss, damit das Junge gedeihen kann. Ich sehe daher diesen Band als Übergang zu „Die Kinder des Wüstenplaneten“, der ein Riesenerfolg wurde.
Wenn es etwas definitiv Positives über diesen Band zu sagen gibt, so dies, dass er mit 300 Seiten der mit weitem Abstand kürzeste des gesamten Zyklus ist.
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C. J. Cherryh – Der Biss der Schlange

Die Region der Hydra ist ein verbotener Sektor der Galaxis. Er wird von den Majat, einer insektoiden Spezies, bewohnt, die intelligent, unberechenbar und aggressiv ist. Deswegen wurde die Region der „Wasserschlange“ für menschliche Siedler gesperrt und die Grenze gut bewacht.
Raen weiß, dass es diesseits wie jenseits der Grenze Kräfte gibt, denen das Tabu ein Dorn im Auge ist, weil sie sich an den Ressourcen der Region bereichern wollen. Als es erneut zu einem Kontakt kommt, geraten die Dinge dies- und jenseits der Grenze außer Kontrolle…
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Terry Pratchett – Kleine Freie Männer. Ein Märchen von der Scheibenwelt (Tiffany Weh 1)

Nachdem ein Wasserdämon fast ihren kleinen Bruder Willwoll entführt hat, wendet sich das Milchmädchen Tiffany Weh an eine professionelle Hexe. Miss Tick gibt ihr nach vielen neugierigen Fragen einen wertvollen Ratgeber: eine Kröte. Als ihr Bruder aber wirklich entführt wird, braucht Tiffany mächtigere Verbündete.
Da trifft es sich gut, dass die Wir-sind-die-Größten, kleine blauhäutige, saufende, stehlende und kämpfende Gnomen, eine Hexe suchen. Durch ihre Heldentat gegenüber dem Wasserunhold hat sich Tiffany eindeutig als solche qualifiziert und kriegt den Job. Zusammen nehmen sie es mit der grausamen Feenkönigin auf, deren Welt dabei ist, in unsere einzudringen, um Träume zu stehlen.
Der Autor
Terry Pratchett – Kleine Freie Männer. Ein Märchen von der Scheibenwelt (Tiffany Weh 1) weiterlesen
James Patterson – Der Zerberus-Faktor (Maximum Ride 2)

Die Tierärztin Frances O’Neill entdeckt eines Tages in Colorados Wäldern ein genmanipuliertes Wesen, das aussieht wie ein Mädchen mit Engelsflügeln. Tatsächlich kann Maximum, so nennt sich diese Kombination aus Mensch und Vogel, fliegen, wie man sich das von Engeln vorstellt. Der Haken dabei ist natürlich, dass es sich bei Max um das Ergebnis verbotener Experimente eines illegalen Genlabors handelt, das den Decknamen „Die Schule“ trägt. Und dass Max und ihresgleichen enorm wertvolle Organismen darstellen, die entsprechend gejagt werden. Frances gewährt Max und ihren Freunden Unterschlupf und Schutz, wodurch sie selbst in die Schusslinie gerät.
Das Pandora-Projekt:
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Eric Van Lustbader – First Daughter (Jack McClure 1)

ATF-Agent Jack McClure erhält einen Anruf vom designierten Präsidenten, einem alten Freund: Die Tochter von Edward Carson, Alli, wurde entführt. Sie war eine Freundin von Jacks tödlich verunglückter Tochter Emma, die am gleichen Internat studierte. Die alten Wunden brechen wieder auf, doch Jack stößt auf einen Killer, der Verbindung zu den höchsten Regierungskreisen hat. Wie soll an ihn herankommen? Er muss es rechtzeitig vor der Amtseinführung des neugewählten Präsidenten schaffen, sonst wird eine Katastrophe passieren.
Die 5 Jack McClure/Alli Carson Romane
First Daughter
Last Snow
Blood Trust
Father Night
Beloved Enemy
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Dunne, Patrick – Maya-Ritual, Das
_Arac Attack in Yucatán_
Amerikanische Bürger finden auf der mexikanischen Halbinsel in blutigen Ritualen den Tod. Was steckt dahinter? Es gibt zudem Hinweise auf eine schreckliche Seuche, deren Erreger von Öko-Terroristen nach Florida verfrachtet werden soll. Kann man sie rechtzeitig stoppen?
_Der Autor_
Patrick Dunne wurde in Dublin, Irland, geboren. Nach einem Literatur- und Philosophiestudium wollte er zunächst Musiker werden und führte mit seiner Band ein Musical über keltische Themen auf. Inzwischen blickt er auf 20 Jahre als Regisseur und Produzent beim irischen Rundfunk und Fernsehen zurück.
Bei uns wurde er erst 2000 mit seinem Keltenthriller [„Die Keltennadel“ 257 bekannt, der ebenfalls zuerst im |Limes|-Verlag erschien und dann als Taschenbuch bei |Bastei Lübbe|.
_Handlung_
Mexiko, Halbinsel Yucatán, Chitzen Itza: Die Meeresbiologin Jessica Madison, die in der Ich-Form von den Geschehnissen erzählt, und ihr Partner, der Tauchlehrer Ken Arnold, beginnen einen Abstieg in einen gefährlichen Großbrunnen, um dort unter Wasser nach einem makabren Objekt zu suchen: dem abgeschlagenen Kopf eines US-amerikanischen TV-Regisseurs namens Nick Goldberg.
Der Brunnen ist nicht irgendein „Zenote“, deren es auf Yucatán Tausende gibt. Es handelt sich vielmehr um DEN heiligen Brunnen der legendären Maya-Hauptstadt, in den menschliche Opfer gestoßen wurden, nachdem sie zuvor dem Gott Kukulcán (Quetzalcoatl) geweiht worden waren. Wurde Goldberg ebenfalls ein Opfer eines wieder aufgeflammten Maya-Nationalismus‘?
Jessica findet zwar den grässlich zugerichteten Kopf, aber ihr Freund Ken erleidet eine rätselhafte Infektion, die ihn binnen drei Tagen dahinrafft. Dafür, dass die ganze Aktion im Auftrag der mexikanischen Bundespolizei stattfand, hätte man sie auch vor solchen Gefahren warnen können, findet Jessica empört (wenn auch etwas spät).
In dem einheimischen Professor de Valdivia findet Jessica einen kenntnisreichen Ratgeber. Als einheimischer Maya-Abkömmling verfügt er über eine ihrer heiligen Schriften, die über tausend Jahre alt ist. Offenbar kehrt alle zweihundert Jahre eine schreckliche Seuche wieder, die nicht nur die Maya-Kultur binnen kurzem verschwinden ließ. Nun ist es mal wieder an der Zeit, dass die Seuche ausbricht. Ihre Erreger befinden sich nicht nur im heiligen Zenote von Chitzen Itza, sondern in allen Brunnen der Halbinsel. Und Spinnen spielen auch eine Rolle …
Doch nicht genug damit: Die Maya-Nationalisten machen sich diese Tatsache zunutze, um die Tourismusindustrie in Cancún und Cozumel zu vernichten. Ihr nächstes Ziel: die amerikanische Küste und Disneyworld …
_Mein Eindruck_
Die ersten 80 Seiten sind wirklich gut gelungen: ein effektiver Einstieg in das, was ein mitreißender, aktueller Thriller über modernen Ökoterrorismus hätte werden können. Das Finale auf den letzten 50 Seiten ist dann auch wieder recht packend und platzt fast vor intelligent aufgezogener Action.
Leider zieht es der Autor vor, uns zwischen diesen beiden Polen mit diversen Unwichtigkeiten zu langweilen. Man mag die schleppende Entfaltung der Geschichte ja unter dem Aspekt des Realismus akzeptieren, aber das muss nicht bedeuten, den Leser zu langweilen.
So erfahren wir also, geführt von der etwas ahnungslosen Jessica, dass es a) Maya-Nationalisten gibt, die amerikanische Bürger tödlichen Ritualen unterziehen; es b) ehemalige Greenpeace-Mitglieder gibt, die der Menschheit den Garaus machen wollen (Stichwort: Ökoterrorismus) und dass zu „guter“ Letzt Mexiko und die USA kurz vorm Krieg stehen, dank der Internetpropaganda der Maya-Nationalisten.
Dies alles ist nicht so wahnsinnig interessant und wird von Jessica in eher gemächlicher Form erzählt. Das kann man sympathisch finden, verwirrend oder eben langweilig. Jedenfalls geht es weit über einen üblichen Thriller hinaus.
_Unterm Strich_
„Das Maya-Ritual“ ist eine Kombination aus Öko-, Medizin- und Polit-Thriller, die am Anfang und am Schluss mit ordentlicher Action und Spannung aufwartet, aber dazwischen muss man einen langen Durchhänger überwinden, während ein Gewirr von rätselhaften Zusammenhängen aufzuklären ist. Sympathisch ist vor allem die Erzählerin und Hauptfigur, die vor keinem Mysterium zurückschreckt und keinem Befehl gehorcht.
|Originaltitel: The Skull Rack, 2001
Aus dem Englischen übersetzt von Fred Kinzel|
Philip Roth – Der menschliche Makel (Hörspiel)

Die inzwischen erfolgte Verfilmung des Romans von Philip Roth wird von der Kritik hoch gelobt. Auch die Hörspielfassung des Romans vermittelt die Tragik und Komik des Falles Coleman Silk: Ein Literaturprofessor wird des Rassismus angeklagt und verliert Job, Gattin und Kinder. Parallelen zum Fall des US-Präsidenten Bill Clinton werden sichtbar, als Silk eine Affäre mit einer Putzfrau anfängt und dafür ebenfalls an den Pranger gestellt wird.
„Der menschliche Makel“ ist Band 3 der „Amerikanischen Trilogie“. Band 1 ist „Amerikanisches Idyll“, Band 2 „Mein Mann, der Kommunist“.
Patterson, James – Wer sich umdreht oder lacht
_Versteckspiel mit dem Leser: Wo ist der Thrill?_
Eine berühmte US-Sängerin steht vor Gericht: Maggie Bradford. Wieder einmal. Ihre drei Ehemänner starben allesamt eines unnatürlichen Todes. Und ob sie am Tode des dritten unschuldig ist, wie sie beteuert, darf doch daher stark bezweifelt werden. Das meint zumindest der Staatsanwalt. Doch er wiederum verbirgt ein dunkles Geheimnis.
_Der Autor_
James Patterson ist der Autor von zahlreichen Nummer-1-Bestsellern. Allerdings sind es vor allem seine Alex-Cross-Thriller, die den Leser berühren. Folglich war Alex Cross bereits zweimal im Film zu sehen: „Im Netz der Spinne“ und „… denn zum Küssen sind sie da“ wurden beide erfolgreich mit Morgan Freeman in der Hauptrolle verfilmt.
Patterson ist extrem fleißig. Seine letzten Romane nach „3rd Degree“ waren „Sam’s Letters to Jennifer“, „London Bridges“, „Honeymoon“, „Maximum Ride“ und „4th of July“ (die Fortsetzung dieser Reihe). Im Juli 2005 erschien „Lifeguard“.
Nähere Infos finden sich unter www.twbookmark.com und www.jamespatterson.com. Regelmäßig wird aus dem Buch auch ein Audiobook oder E-Book gemacht: Patterson kann überall dabei sein.
_Handlung_
Maggie Bradford steht vor Gericht. Die (fiktive) berühmte US-Sängerin soll ihren dritten Ehemann mit einer Schrotflinte erschossen haben, behauptet zumindest der selbstgefällige Staatsanwalt. Selbst wenn Maggie unschuldig ist, wer könnte es ihm verdenken angesichts Maggies Liste von „Opfern“?
Das Buch besteht zum Teil aus Maggies in Romanform gebrachtem Tagebuch. Sie will darin beweisen, wie es wirklich war, wie ihre Ehemänner wirklich zu Tode kamen und dass sie daran unschuldig war. Na ja, zumindest bei ihrem ersten, Philip, benutzte sie eine Waffe. Aber da handelte sie in Notwehr. Denn Phil war ein prügelnder Soldat und Säufer.
Nach seinem Tod und ihrem Freispruch versucht sie wieder auf die Beine zu kommen, zieht ihre Tochter Jennie auf und von Ort zu Ort. Um ihre Albträume und Schuldgefühle zu verarbeiten, schreibt sie Lieder, die sie mutig eines Tages Barry Kahn anbietet, einem Produzenten, der sie zunächst abweist, später aber ihr bester Freund wird.
Nachdem sie es „geschafft“ hat, lernt sie in Bedford, Connecticut, Patrick Malley kennen. Der Hotelbesitzer in den Fünzigern ist Witwer, seit er seine geliebte Cornelia durch eine Krankheit verloren hat. Er baut gerade an seinem neuesten New Yorker Hotel, das natürlich „The Cornelia“ heißen soll, als er Maggie kennen lernt, ihr Vertrauen gewinnt – und schließlich ihre Hand.
Doch als man die beiden nach einem Sturm auf seiner Jacht findet, ist er tot und sie liegt über ihm. Was ist passiert?
Der andere Teil des Romans wird von der Lebensgeschichte Will Shepherds bestritten. Will verliert in England Vater und Mutter und wächst bei seinen Tanten auf, von denen ihm Vanessa nicht nur geistig zugeneigt ist, sondern auch körperlich. Von dieser Zeit an weiß Will, welche Macht er mit seinem guten Aussehen über Frauen hat, ja, dass er absolut jede haben – und benutzen – kann.
Das wäre ja noch ganz okay, doch entwickelt Will auch eine ungesunde Vorliebe für die Macht, die das Zufügen von Schmerzen und das Austeilen von Tod bedeuten. Er tötet seinen Lieblingshund. Später, da ist er schon ein Weltklasse-Fußballspieler, tötet er auch eine hübsche Brasilianerin, die ihn über seine größte Niederlage hinwegtrösten will. Will ist nicht mehr nur „der blonde Pfeil“ als Fußballspieler, sondern als Liebhaber auch der „Werwolf von …“ welcher Stadt, in der er gerade wohnt.
Unweigerlich kreuzt sein Lebensweg den von Maggie Bradford. Schon früher, in England, hat er sie bei einer Party kennen gelernt. Total zugekokst, wollte er sie damals abschleppen, wie er alle seine Schnepfen abschleppte. Sie verpasste ihm eine und verschwand. Doch sobald er eines ihrer wunderbaren Lieder voll Schmerz und Wahrheit hört, muss er an sie denken.
Nun aber hat er sie in Bedford, Connecticut, aufgestöbert: eine Millionenerbin mit einem kleinen Sohn von Mr. Malley – und einer sehr hübschen fünfzehnjährigen Tochter namens Jennie. Das Unheil nimmt seinen Lauf.
_Mein Eindruck_
Ich hatte zum ersten Mal Mühe mit einem Roman von James Patterson und ließ das Taschenbuch mehrere Monate liegen, um interessanteres Material zu goutieren. Beim Lesen hatte ich nämlich des Öfteren den Eindruck, das Buch sei nicht von Patterson, sondern von jemand ganz anderem geschrieben worden, vielleicht sogar von einem seiner beiden Ko-Autoren Andrew Gross und Peter de Jonge.
Über einige Strecken hinweg dachte ich sogar an Harold Robbins, der ständig über die oberen Zehntausend und ihre ach so verruchte Welt erzählte. Das Halbfinale (es gibt mal wieder, wie so oft bei Patterson, zwei Finali) mit Maggies Prozess erinnerte zudem fatal an so manches Courtroom-TV-Drama und war nicht weit entfernt von einer Seifenoper. Das Buch schien nicht 1996 veröffentlicht worden zu sein, sondern schon zehn Jahre früher, in der vergoldeten Ära der Reaganomics.
Die einzigen Merkmale, die Patterson mittlerweile zu seinem Markenzeichen ausgebaut hat, sind die superkurzen Kapitel von maximal je vier Seiten sowie die überraschenden Wendungen, ja, sogar 180°-Drehungen der Story. Das zumindest hat mir gut gefallen. Wer liest schon gerne einen Krimi, dessen Ende er schon nach 20 Seiten vorausberechnen kann?
|Arbeiterkinder in der dünnen Luft der haute volée|
Die Figuren, die Patterson erfunden hat, stellt er einander direkt gegenüber. Die Welt, in der er sie auftreten lässt, kennt er offensichtlich – als Chef einer Werbeagentur in New York City – selbst aus eigener Anschauung. Entsprechend exklusiv sind die diversen Örtlichkeiten. Das heißt aber nicht, dass dort auch schöne, moralisch begrüßenswerte Dinge ablaufen. Ganz im Gegenteil, wenn ich das mal verraten darf. Diese Welt des Geldes, des Ruhms und der moralischen Abgründe dient nur als Zuspitzung der allgemeinen Zustände in der Welt der „normalen“ Bürger. Dementsprechend sind hier auch die Konflikte bis zur Kenntlichkeit zugespitzt.
Sowohl Maggie als auch Will stammen aus der Arbeiterklasse, schaffen es aber über den Ruhm – sie als Sängerin, er als Fußballspieler und Schauspieler – bis in die oberen Zehntausend. Doch im Gegensatz zu Will nützt Maggie das nicht zu egoistischen und tödlichen Machtspielchen (s. o.) aus, sondern sie will eigentlich nur ihren geliebten Kindern ein optimales Zuhause bieten. Und da sie einen liebenden Vater brauchen und Will sein durchtriebenes Spiel treibt, vertraut sie ihm. Dem Falschen. Diese beiden Hauptfiguren dienen also nur dazu zu illustrieren, was bei gleichen Voraussetzungen Ruhm, Macht und Geld aus einem Menschen machen können: ein offensichtliches Moralstück.
|Die Hand eines Gottes, leider allzu sichtbar|
Als wäre der Plot nicht nur banal, sondern auch einer mit erhobenem Zeigefinger, stellt der Autor den beiden Hauptfiguren auch noch entsprechende Nebenfiguren zur Seite. Und als es darauf ankommt, Maggie vor Gericht das Lebensglück – wenn schon nicht das Leben selbst – zu retten, erweist sich doch prompt eine dieser Figuren als Angehöriger der Gegenseite. Es ist schon fast eine Art Schachspiel, allerdings mit einigen Figuren im Dunkeln.
Doch ein Plotgeschehen, in dem man die Hand des Autors sehen kann, wie er seine Figuren hin und her schiebt, macht absolut keinen Spaß. Der Grund dafür ist der, dass der Leser das grundlegende Bedürfnis – und Recht – hat, dass die Geschichte seinen Unglauben aufhebt (suspension of disbelief) und er sie plausibel findet: „Ja, so könnte es gewesen sein“, soll der Leser sich sagen.
Doch das kann einem Autor wie Patterson gar nicht recht sein: Wo käme er denn hin, wenn er die Wahrscheinlichkeitsgesetze beachten würde? Da könnte er ja gleich ein Physikbuch* schreiben. Ihm ist es daher darum zu tun, ein Geschehen zu inszenieren, das der Wahrscheinlichkeit – und somit der Plausibilität – widerspricht. Daher auch die vielen überraschenden Wendungen. Leider entsteht diese neue Unwahrscheinlichkeit nicht aus dem Inneren der Figuren selbst, sondern nur aufgrund seines Eingreifens. Das ist ganz einfach schlechter Stil und erzählerisches Unvermögen.
Andererseits: Vielleicht hätte ich einfach nicht die Lektüre so lange unterbrechen dürfen. Ich konnte mich weder mit Maggie identifizieren, da ich zufällig keine Frau bin, noch mit Will Shepherd, da ich kein solcher Mistkerl sein will. Entsprechend groß war der emotionale Abstand zur Geschichte.
|Guter Abschluss|
Gut war lediglich der Schluss der Hauptgeschichte, der nach allen Regeln der Kunst serviert wird und sein Geheimnis erst ganz am Ende preisgibt. Das ist wirklich gekonnt. Und dann gibt’s einen netten Nachschlag, dass einem die Spucke wegbleibt: das zweite Finale.
_Unterm Strich_
„Wer sich umdreht oder lacht“ – auch wieder so ein blödsinniger Spiellied-Titel – ist ein Patterson, der noch viel Ballast von Autoren und Themen der siebziger (Harold Robbins, Danielle Steel) und achtziger Jahre (die frühen Grishams) mit sich herumschleppt, so dass er gar nicht so recht in die Neunziger zu passen scheint. Die Erzählkonstruktion ist ebenfalls nicht sonderlich geglückt. Die Zeitsprünge am Anfang werfen den Zuschauer immer wieder aus der Bahn und zerstören den Spannungsbogen. Daher kommt richtiges Vergnügen erst in der zweiten Hälfte auf, wenn alle diese Konstruktionsarbeiten erledigt sind und der Plot Fahrt aufnimmt. Endlich. Und der geduldige Leser wird mit gleich zwei relativ verblüffenden Finali belohnt. Das Vergnügen hätte aber meiner Meinung nach schon wesentlich früher einsetzen können.
*: gemeint ist die Newton’sche Physik, nicht die Einsteinsche.
|Originaltitel: Hide and seek, 1996|
_James Patterson auf |Buchwurm.info|:_
[„Das Pandora-Projekt“ 3905 (Maximum Ride 1)
[„Der Zerberus-Faktor“ 4026 (Maximum Ride 2)
[„Das Ikarus-Gen“ 2389
[„Honeymoon“ 3919
[„Ave Maria“ 2398
[„Wer hat Angst vorm Schattenmann“ 1683
[„Mauer des Schweigens“ 1394
[„Stunde der Rache“ 1392
[„Wenn er fällt, dann stirbt er“ 1391
[„Wer sich umdreht oder lacht“ 1390
[„Die Rache des Kreuzfahrers“ 1149
[„Vor aller Augen“ 1087
[„Tagebuch für Nikolas“ 854
[„Sonne, Mord und Sterne“ 537
[„Rosenrot Mausetot“ 429
[„Die Wiege des Bösen“ 47
[„Der 1. Mord“ 1361
[„Die 2. Chance“ 1362
[„Der 3. Grad“ 1370
[„4th of July“ 1565
[„Die 5. Plage“ 3915
Kathy Lette – Zu gut für diese Welt. Frauen-Satire

Lizzie nähert sich unaufhaltsam ihrem Verfallsdatum: der schrecklichen 40. Kann es ein Leben danach geben? Ihre Schwester sagt nein, ihr Gatte nimmt sich eine Jüngere, und Lizzie verliert ihren Job. Das Urteil der Welt ist also eindeutig. Warum nur will sich Lizzie nicht mit ihrem unausweichlichen Schicksal abfinden, dass sie mit Erreichen der 40 zu einem weiblichen Nichts schrumpfen wird? Antwort: Weil sie mehr Hirn und Bildung hat als alle Busenwunder der Welt zusammengenommen.
Das Buch ist geeignet für LeserInnen ab 16 Jahren.
Die Autorin
Kathy Lette – Zu gut für diese Welt. Frauen-Satire weiterlesen
Fiona Giles (Hrsg.) – Mann für einen Tag. Erzählungen

Was würden Frauen tun, wenn sie für einen einzigen Tag (nicht länger!) mit dem „besten Freund“ eines Mannes ausgestattet wären? Zu diesem verführerischen Gedanken befragte die australische Autorin und Journalistin Fiona Giles in erster Linie amerikanische Schriftstellerinnen wie Jane Yolen, Künstlerinnen wie Jenny Holzer, Lesbierinnen, Karikaturistinnen und andere.
Ihre Ideen, Gedichte, Geschichten und Bilder zum Thema „Selberhaben – Selbermachen“ finden sich in diesem recht unterschiedlichen Lesebuch, das aber meistens Vergnügen bereitet (auch einem Mann). Nicht immer ist die Antwort auf obige Frage vorhersehbar. Doch eines ist klar: Freud irrte. Frauen fehlt keineswegs ein bestimmtes Teil des männlichen Universums – sie können mit und ohne…
Fiona Giles (Hrsg.) – Mann für einen Tag. Erzählungen weiterlesen
Douglas Adams & Terry Jones – Raumschiff Titanic (Hörspiel)

An alle Passagiere: „Herzlich willkommen an Bord der Titanic, des größten Luxusraumschiffs aller Äonen. Während Sie bisher per Anhalter durch die Galaxis reisen mußten, lassen Sie sich nun im kybernautischen Meisterwerk des genialen Leovinus verwöhnen. Eventuelle Gerüchte über Sabotageakte vor der feierlichen Schiffstaufe sind als Propaganda feindlich gesinnter Planentenvölker zurückzuweisen.
Der Fehlstart vor den Augen von fünfzig Millionen grünlippigen Blerotinern, der höchstentwickelten Spezies diesseits und jenseits der Milchstraße, wird binnen Sekunden korrigiert. Und die Zwischenlandung im Wintergarten eines alten Pfarrhauses auf einem bisher als unbewohnbar geltenden Provinzplaneten namens Erde ist ohne Bedeutung. Auch die drei Erdlinge, die uns seither als blinde Passagiere begleiten, werden vom unvergleichbaren Flair der Titanic bezaubert sein …“ (Verlagsinfo)
Douglas Adams & Terry Jones – Raumschiff Titanic (Hörspiel) weiterlesen
Juan Muntaner – Scharlachrote Nächte. Erotische Erzählungen

Anne und Cathérine, Sylvia und Véronique, Hilda und Lucile sind die leidenschaftlichen geschöpfe dieser phantastischen Erzählungen. Angetrieben von der rätselhaften Macht des Blutes sind sie auf der Suche nach dem einzigen, alles verzehrenden Genuss, der ihren überreizten Sinnen Erfüllung schenken soll und Frieden.“ (Verlagsinfo)
Der Autor
Der Verlag informiert nicht über den Autor Juan Muntaner, und auch das Internet gibt nichts her – außer einen Fußballspieler. Der Familienname Muntaner scheint katalanischen oder mallorquinischen Ursprungs zu sein. Sowohl Mallorca als auch die Pyrenäen spielen eine Rolle im vorliegenden Buch.
Juan Muntaner – Scharlachrote Nächte. Erotische Erzählungen weiterlesen
John Harvey – Der Kinderfänger. Ein Fall für Charlie Resnick

Ein neuer Krimi aus der Serie, mit der sich John Harvey an die Spitze der britischen Kriminalliteratur geschrieben hat. Als die 6-jährige Emily Morrison an einem ruhigen Sonntagnachmittag aus dem Garten ihrer Eltern verschwindet, befürchtet ihr Vater Michael das Schlimmste. Erst kurz zuvor wurde die in einen Müllsack verpackte Leiche eines gleichaltrigen Mädchens in einem verlassenen Lagerhaus gefunden. Keine leichte Situation für Detective Inspector Charlie Resnick: Die Öffentlichkeit ist alarmiert und ein Kindermörder auf freiem Fuß, der jederzeit ein drittes Mal zuschlagen kann … (Verlagsinfo)
John Harvey – Der Kinderfänger. Ein Fall für Charlie Resnick weiterlesen
Algis Budrys – Das verlorene Raumschiff. SF-Roman

In einer Oase um einen dornartigen Turm, der ihnen Atemluft und Wasser liefert, leben Menschen in einer kleinen Gemeinschaft aus Bauern und Jägern. Die Wüste ringsum wird von feindseligen Amsiren durchstreift, seltsamen geflügelten Geschöpfen, die den Menschen als Nahrung dienen. …
Als der weiße Jackson seinen ersten Amsir erlegt, macht er eine bestürzende Entdeckung. Und bei seiner nächsten Begegnung mit einem der drachenähnlichen Wesen begibt er sich in dessen Gewalt und gelangt in die Siedlung der Amsire, wo Jackson zu seiner Verblüffung ebenfalls einen dornartigen Turm vorfindet…
Aber das Rätsel der Existenz von Menschen und Amsiren auf dem seltsamen Wüstenplaneten ist größer als allgemein erwartet. Das Geheimnis wird nur Stück für Stück im Verlauf der aktionsreichen und dramatischen Erzählung entschleiert. (Verlagsinfo)
Algis Budrys – Das verlorene Raumschiff. SF-Roman weiterlesen
Paasilinna, Arto – Nördlich des Weltuntergangs
_Asterix lebt: Kleinbonum liegt am Polarkreis_
Eine globale Krise erschüttert die Welt. Das Wohl der Menschheit ist bedroht – überall! Wirklich überall? Nein, in einem kleinen Dorf – nein, nicht in Gallien, sondern in Nordfinnland freuen sich ein paar lustige Finnen ihres Lebens und bleiben von allen Katastrophen wie etwa dem Dritten Weltkrieg verschont. Aber warum? (abgewandelte Verlagsinfo)
_Der Autor_
Der 1942 geborene Lappe Arto Paasilinna hat bisher nahezu vierzig Bücher veröffentlicht, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde, u. a. in Frankreich und Italien. Einige davon wurden bereits verfilmt. Paasilinnas Spezialität ist die humorvolle Parodie, die bestimmte Charakterzüge der Finnen und umgebenden Völkerschaften ironisch thematisiert.
Erschienen sind bisher:
– Der heulende Müller
– Die Giftköchin
– Der Sohn des Donnergottes
– Im Wald der gehenkten Füchse
– Der Sommer der lachenden Kühe
– Das Jahr des Hasen
– Die Rache des glücklichen Mannes
– Der wunderbare Massenselbstmord
– Nördlich des Weltuntergangs
– [Vorstandssitzung im Paradies 637
– [Im Jenseits ist die Hölle los 640
_Handlung_
Alles beginnt damit, dass der alte Asser Toropainen, der alte Kirchenbrandstifter, im Sterben liegt und einen letzten Wunsch hat. Und dieser Wunsch ist ziemlich merkwürdig für einen ehemaligen Sozi: Er möchte, dass sein Geld in eine Stiftung eingebracht wird, mit der man eine Kirche errichten soll. Aus dem Brandstifter ist ein Kirchenstifter geworden? Die Leute, die ihn kennen, fassen sich an den Kopf. Doch Assers Enkel Eemeli verspricht dem Sterbenden, seinen letzten Wunsch zu erfüllen.
Gesagt, getan. Eemeli findet in den hinterletzten Wäldern Finnlands, wo noch Wölfe umherstreifen, einen wunderschönen See, auf dessen Steilufer er eine Kirche zu errichten beschließt. Nachdem er das Vorbild ausgewählt, die Handwerker zusammengeholt und die Baugenehmigung beantragt hat, legt er schon mal los mit dem Bauen.
Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Die Baubehörde verweigert die Genehmigung mit der Begründung, nicht jeder könne einfach so mir nichts dir nichts eine Kirche in die Botanik stellen. Was würde da die Amtskirche dazu sagen? Doch Eemelis Bau ist schon zu weit gediehen, als dass er willens wäre, sich seine Konstruktion wieder abreißen zu lassen. Und so gibt es gegen den Widerstand der Baubehörde, der Polizei und des Pfarrers ein schönes Richtfest. Prost!
Es findet sich sogar eine streitbare weibliche Feldgeistliche, die dem Bischof und seinen chauvinistischen Schergen ordentlich Kontra gibt. Um die Kirche sammeln sich immer mehr Leute, siedeln sich an, bringen sich ein, sogar eine Kolonie der Grünen entsteht, die – wie könnte es anders sein – „Grünberg“ heißt. Nach einer Weile sieht sich Eemeli sogar gezwungen, eine „Partisanentruppe“ unter dem Kommando eines alten Veteranen aufzustellen, um russischen und anderen Eindringlingen Einhalt zu gebieten. Eemelis Weizen blüht.
Doch die größten Prüfungen stehen der kleinen Kolonie Ukonjärvi erst noch bevor. Denn erst geht Europa vor die Hunde, dann der Rest der Welt. Der Kampf um die letzten Öl- und Nahrungsreserven mündet in den Dritten Weltkrieg: exakt 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten. In dessen Verlauf stürzt sogar ein arabischer (!) Bomber mit einer H-Bombe an Bord unweit von Ukonjärvi ab. Die Bombe lässt sich auf beschwerliche Weise entfernen und halbwegs sicher deponieren, doch als an Ukonjärvis Grenzen ein Frauenkreuzzug mit rund 40.000 Frauen und Kinder und Alten auftaucht, trägt die Erwähnung der H-Bombe dazu bei, die drohende Invasion abzulenken. Statt der Männer des kleinen Ukonjärvi werden auf Anraten Eemelis die Männer des ausgedehnten Ostbottniens im Süden beglückt.
Als der mehrjährige Krieg vorbei ist, wird das Ausmaß der Verwüstungen erkennbar. Der mittlerweile achtzigjährige Eemeli braucht eine Herzoperation, doch die Zustände im Gesundheitswesen des fernen Helsinki sind so niederschmetternd, dass er lieber das Angebot seines Feldarztes Seppo Sorjonen annimmt. Der hat auch inzwischen an einem zugelaufenen Braunbären seine Technik der Herzchirurgie vervollkommnet und nimmt sich nur allzu gern seines Freundes an.
_Mein Eindruck_
Nein, Ukonjärvi ist nicht Kleinbonum, und es tritt auch kein Julius Caesar auf, der seine Legionen gegen die Palisaden des letzten freien Dorfes in Gallien, pardon: Finnland führt. Das ist auch gar nicht nötig, denn Ukonjärvi hat nie seine Unabhängigkeit von Finnland erklärt. Allein seine unglaublich abgeschiedene Lage im äußersten Nordosten des Landes, kurz vor der russischen Grenze, schützt es vor allzu zudringlichen Zugriffen der finnischen Staatsgewalt.
Dass es mit dieser Zentralgewalt nicht mehr allzu weit her ist, wird sukzessive an deren hilflosen Aktionen demonstriert. Da ist natürlich erst einmal der Vertreter der Amtskirche. Er wird schnell als armes Würstchen und williger Erfüllungsgehilfe der Regierungsbehörden entlarvt. Ja, am Schluss wird die Amtskirche als ebenso volksverdummend bloßgestellt wie die Zensurbehörden: Nein, der große Komet, der da schnurstracks auf die Erde zufliegt, sei nur eine Sinnestäuschung und die Leute hätten keinerlei Anlass zur Panik. Ukonjärvi weiß es besser und bereitet sich vor.
Wo aber die Parallele zum „Gallischen Krieg“ und den Asterix-Comics stimmt, das ist der Widerstand gegen eine europäische Zentralgewalt, die von den Bedürfnissen ihrer äußeren Provinzen, namentlich Ukonjärvi, keinen blassen Schimmer hat. Das muss Eemeli, als er das Post-War-Helsinki besucht, am eigenen Leib erfahren. Eemeli ist unser Asterix, der sich mit finnischem Starrsinn gegen die sinnlosen Erlasse aus Brüssel, Helsinki und irgendwelchen Provinzstädtchen zur Wehr setzt. Er weiß eben, was gut für ihn und seine braven Mitbürger ist, beraten von Taina, seiner loyalen Gattin, und der braven Feldgeistlichen.
Dass es den Nachkriegsrussen mit ihrer eigenen Bürokratie kein Deut besser geht, muss der ausgesandte Spion Severi Horttanainen erfahren. Ebenso wie das unglückliche New York City ist auch St. Petersburg in seinem eigenen Müll erstickt und ersoffen – die Newa musste sich einen neuen Durchfluss suchen. Spionierend irrt Severi in der fast völlig verlassenen Stadt umher, bis er die berühmte Peter-und-Paul-Festung erreicht, wo einst die Staatsfeinde der Bolschewisten etc. eingebuchtet wurden. Da er weder Papiere noch einen glaubwürdigen Grund für seine Anwesenheit vorweisen kann, steckt man ihn kurzerhand in die Zellen zu den anderen armen Irren. Nur mit viel Glück gelingt es dem fast Achtzigjährigen zu überleben und zu entkommen, um seine Geschichte in Ukonjärvi zu erzählen.
Der Autor benutzt alle Tricks in seiner Kiste, um die Chronik Ukonjärvis als strahlendes Gegenbeispiel zur Europäischen Union aufzubauen. In Brüssel herrschen bürokratische Inkompetenz, in Ukonjärvi Bürgersinn, lokales Know-how und Unternehmergeist – mit 80 unternimmt Eemeli noch eine Expedition! Und das alles wegen einer illegal gebauten Kirche und einer Stiftung.
Eemeli und Co. sind nicht ohne Fehl und Tadel, sicher. Dass Ukonjärvi gerne auch einmal dem Alkohol zuspricht und die Gesetzgebung und Rechtsprechung auf seine unkonventionelle Art erledigt, geht jedoch für den Autor völlig in Ordnung. Hier, janz weit draußen, hat das Leben offenbar andere Gesetze. Und diese sichern Ukonjärvi das Überleben. Ja, ganz am Schluss wird dieses Kunststück sogar noch belohnt – dem Kometen sei Dank.
Was der Autor schon im Jahr 1992 mit seinem Buch fertigbringt, ist eine humorvolle, aber offenbar ernst gemeinte Kritik an einem möglichen EU-Beitritt seines Landes. Dass es sich um eine Satire pro EU-Beitritt handeln könnte, wird dadurch widerlegt, dass Ukonjärvi nicht als Hort von Schildbürgern dargestellt wird, sondern als Insel der Vernunft in einem Meer des Wahnsinns. QED: Während im Rest der Welt der Atomkrieg tobt, herrschen in Ukonjärvi eitel Friede und relativer Wohlstand. Weder H-Bombe noch Komet können dieser Insel etwas anhaben. Hauptsache, die Sauna funktioniert.
|Schwächen|
Warum der deutsche Verlag diese EU-Kritik NACH dem EU-Beitritt Finnlands veröffentlichte, bleibt ein Rätsel. Aber: There’s no business like showbusiness. Und so lässt sich auch dieser unterhaltsame Roman als „skurriler Spaß“ verkaufen. Das Problem mit dem Roman liegt ganz woanders: Er hat keine Handlung. Schließlich erzählt hier der Autor als Chronist verschiedene Begebenheiten im Leben seiner Helden. Ein Drama in fünf Akten lässt sich daraus ebenso wenig stricken wie eine Komödie in drei Akten. Eine Soap-Opera kommt der Struktur schon näher: Eine Episode reiht sich an die nächste, und ab und zu wird die Zeit auch mal gerafft. Spannend ist lediglich die Frage in jeder Episode, ob die Probe, auf die Ukonjärvis Existenz diesmal gestellt wird, bestanden wird. Das kann ja auch ganz nett sein.
|Die Übersetzung|
Die Übertragung ins Deutsche war sicher nicht einfach, denn es finden sich doch unwahrscheinlich viele antiquierte Ausdrücke aus der Jagd, Landwirtschaft und Fischerei, sodass die Übersetzerin wohl erst eine Weile nach den deutschen Fachausdrücken suchen musste. Ich weiß selbst jetzt noch nicht, was eine Trampe und eine Simme sind. Immerhin hab ich schon gelernt, was man unter Stubben und Schwenden versteht. Es findet sich keine einzige Fußnote im Buch, die solche Ausdrücke erläutern würde.
Gleiches gilt auch für die zahlreichen Insiderwitze. Diese sind nur für eingeborene Finnen zu verstehen, ganz besonders, wenn sie aus den Gegend des erfundenen Ukonjärvi stammen. Hier geht der Witz beim deutschen Leser ins Leere, und das ist weniger schön. Die Übersetzerin hätte sich die Mühe machen sollen, die Pointe per Fußnote zu erklären. Gut möglich, dass uns so eine weitere Bedeutungsebene vorenthalten worden ist.
_Unterm Strich_
Eine Chronik über den finnischen Asterix kann auch ganz lustig sein, beweist dieser Roman aus dem Jahr 1992. Die Hauptstadt der europäischen Bürokratie füllt die Rolle des alten Roms unter Cäsar mustergültig aus, mit sämtlichen Narreteien und tragischen Folgen. Doch Ukonjärvi, das finnische Kleinbonum, überlebt und wehrt alle Anfechtungen souverän mit gesundem Menschenverstand ab. Auch andere Geheimwaffen gelangen zum Einsatz, als da wären Schinken, Kräuterschnaps und Sauna, massenhaft Sauna (schließlich verfügt jedes achtbare Haus über eine).
Aber auch die Burgmentalität liegt den Bewohnern Ukonjärvis nicht im Blut: Sie unternehmen Expeditionen, Rettungs- und Bergungsaktionen, nehmen Bedürftige auf und gründen eine Kolonie. Sicher, die Invasion von 40.000 indischen und pakistanischen Frauen und Kindern muss abgewehrt werden, aber hey, dafür haben andere Männer etwas davon, oder?
Hätte der Roman einen anderen Aufbau als den einer Chronik, so wäre er noch einmal so spannend und unterhaltsam. So aber lässt sich die Lektüre der Episoden jederzeit und für unbegrenzte Zeit unterbrechen, ohne allzuviel an Unterhaltungswert einzubüßen. Seinen eigentlichen und vielleicht sogar geheimen Zweck hat das Buch nicht erfüllt: den EU-Beitritt Finnlands zu verhindern. Macht nix. Dafür haben wir heute fast alle Nokia-Handys.
|Originaltitel: Maailman Paras Kylä, 1992
Aus dem Finnischen übersetzt von Regine Pirschel|
Philip K. Dick – Minority Report. SF-Erzählungen
Philip K. Dick (1928-82) ist in Hollywood angesagt: Der letzte Höhepunkt der Verfilmungen seiner Werke besteht in Steven Spielbergs Actionkrimi „Minority Report“ – daher auch der Titel dieser Sammlung. Aber die Verfilmungen begannen schon 1980 mit Ridley Scotts „Blade Runner“, und das ist nun ein wahrer Kultfilm geworden. Aber auch die Filme befassen sich zwangsläufig mit den Grundthemen in Dicks Werk: Was ist menschlich? Und was ist die Wirklichkeit? Früher oder später dürfte wohl jeder Leser ebenfalls auf diese zwei Fragen stoßen. Dick liefert dazu eine Menge Anregungen und unterhaltsame Ideen.
Philip Kindred Dick (1928-1982) war einer der wichtigsten und zugleich ärmsten Science-Fiction-Schriftsteller seiner Zeit. Obwohl er fast 30 Jahre lang veröffentlichte (1953-1981), wurde ihm zu Lebzeiten nur geringe Anerkennung zuteil. Oder von der falschen Seite: Das FBI ließ einmal seine Wohnung nach dem Manuskript von „Flow my tears, the policeman said“ (dt. als „Die andere Welt“ bei Heyne) durchsuchen. Okay, das war unter Nixon. Er war mehrmals verheiratet und wieder geschieden, philosophisch, literarisch und musikologisch gebildet, gab sich aber wegen des Schreibstresses durchaus dem Konsum von Medikamenten und Rauschdrogen wie LSD hin – wohl nicht nur auf Erkenntnissuche wie 1967.
Er erlebte noch, wie Ridley Scott 1980 seinen Roman „Do androids dream of electric sheep?“ zu „Blade Runner“ umsetzte und ist kurz in einer Szene in „Total Recall“ (1982) zu sehen (auf der Marsschienenbahn). „Minority Report“ und „Impostor“ sind nicht die letzten Storys, die Hollywood neben der „Matrix“-Idee verfilmt hat. Ben Affleck soll in naher Zukunft in einem Film namens „Paycheck“ auftreten, der auf der gleichnamigen Dick-Story aus dem Jahr 1953 beruht. An einem Skript zu Dicks Roman „Der dunkle Schirm“ wird seit Jahren gebastelt. Und vom Roman „UBIK“ hat Dick selbst ein Skript erstellt (das in der Heyne-Ausgabe vom 11/2003 enthalten ist), das aber noch keine Umsetzung gefunden hat.
Die Storys (* = verfilmt):
1) *Der Minderheiten-Bericht („Minority Report“)
Man stelle sich die Handlung von Steven Spielbergs Film etliche Nummern kleiner vor und wird sich so ungefähr der Dimension der Story annähern. John Anderton, der Polizist beim Projekt „Pre-Crime“, verhindert Verbrechen, noch bevor sie begangen werden. Der Grund: Die drei Präkognitiven (Pre-Cogs) von Pre-Crime haben das Verbrechen vorausgesehen. Doch eines Tages treffen zwei merkwürdige Umstände ein: Es wird eine Verbrechenswarnung über Anderton selbst ausgegeben – dieser kennt sein angebliches Opfer noch gar nicht. Und es gibt dazu einen Minderheitenbericht: Einer der Pre-Cogs äußerte eine davon abweichende „Meinung“. Es wird eng für John Anderton, als ihn seine früheren Kollegen zu verfolgen beginnen…
Wer soll die Wächter bewachen? Diese alte römische Frage stellt Dick auch diesmal wieder. Die Folgen bei Spielberg: Drama & Action, bei Dick einige interessante Dialoge und Gedankenspiele. Auf jeden Fall lesenswert.
2) Kriegsspiel (War game)
Generäle spielen Kriegsspiele, das weiß jeder. Aber in einer von Krieg und Militarismus beherrschten Nation (wie etwa der amerikanischen) spielen auch Kinder Kriegsspiele. Buchstäblich. Und diese muss ja jemand testen. Die Tester von der Importkontrolle erhalten Spielprototypen von einem mysteriösen Hersteller, der auf dem Jupitermond Ganymed herstellen lässt. Und die Ganymedianer sind ja bekanntlich ziemlich hinterlistige Burschen. Den Testern ist nicht ganz klar, um wen es sich bei den Ganymedianern genau handelt, aber das Spiel ist interessant, geradezu realistisch – und didaktisch. Die Tester werden trainiert, ohne es zu merken. Aber wenn die Hersteller nun Aliens wären, die die Abwehrbereitschaft der Erde prüfen wollten?
„Kriegsspiel“ ist eine unterhaltsame und augenzwinkernde Satire auf Militär und Geheimdienst, die es in sich hat.
3) Was die Toten sagen (What the dead men say)
Diese Erzählung von 1964 bildet eine Vorstufe zu Dicks Roman „UBIK“ (1969). Im Kälteschlaf-Institut von Herbert Schönheit von Vogelsang können Menschen im Kältepack dennoch für gewisse Zeit – das „Halbleben“ – mit ihrer Umwelt kommunizieren, etwa um Ratschläge zu erteilen und Anteil an bestimmten Entwicklungen zu nehmen. Doch Louis Sarapis, der mächtigste Industriemagnat des Sonnensystems, reagiert nicht auf Versuche, ihn im Halbleben zu reaktivieren. Statt dessen meldet er sich plötzlich aus einer Lichtwoche Entfernung aus dem Weltall. Hintergrund dieses Phänomens ist wohl, dass Sarapis‘ Erbin die Stimme aus dem All vorgetäuscht hat. Der Protagonist der Story, Gordon Barefood, bricht auf, um die Frau auszuschalten, wiewohl er sich in sie verliebt hat.
Wenngleich der Autor eine logische Erklärung für die Vorgänge findet, haftet der Geschichte über weite Strecken ein starkes Gefühl der Verfremdung und des Unbehagens an. Motto: Die Welt ist aus den Fugen geraten, doch Dicks Helden geben niemals den Versuch auf, die Rätsel aufzuklären. Dick hat hier das Potenzial verschenkt, die Aspekte des Halblebens im Kältepack auszuloten. Das hat er 1969 in „UBIK“ nachgeholt.
4) Ach, als Blobel hat man’s schwer! (Oh, to be a blobel!)
Auch in dieser Farce wird wieder der Geheimdienst auf die Schippe genommen. – George Munster geht zu einem Automaten-Psychiater, denn er hat ein Problem. Dr. Jones, der mit oberbayerischem Dialekt zu sprechen anhebt, verfällt sogleich in Hochdeutsch. Munsters Problem besteht darin, dass er als Militäragent bei den Blobels leben muss und, um sie zu infiltrieren, deren wabbelige Gestalt annehmen musste. Das tut seinem Geschlechtsleben überhaupt nicht gut, und so heiratet er eine von den Blobels. Er hat sogar Kinder, die teils gänzlich Mensch oder Blobel, zum Teil aber auch gemischt sind. Dr. Jones tut sich schwer mit seinem Rat…
5) *Erinnerungen en gros („Total Recall“)
Die Handlung verläuft ein wenig anders als in der von Paul Verhoeven inszenierten Action-Brutalo-Oper „Total Recall“ mit Arnold Schwarzenegger als Douglas Quail. Quail wünschte sich in der reglementierten Realität der Erde schon immer, einen aufregenden Job zu haben, zum Beispiel auf dem Mars. Seine bodenständige Frau Kirsten spottet ihn aus.
Und so geht Dougie zur Endsinn AG (von ‚entsinnen‘, sich erinnern; im Original „We can remember it for you wholesale“). Dort erhebt sich die Frage: Verfügt Douglas Quail über vom Militärgeheimdienst implantierte Erinnerungen, ein Agent auf dem Mars zu sein, oder ist er wirklich einer? In jedem Fall ist die Antwort sowohl interessant als auch verblüffend. Das Ersatzprogramm erweist sich als Desaster…
Die Story ist eine Extrapolation der Gehirnwäsche, die das Militär und dessen Geheimdienst an seinen Mitgliedern vornehmen könnte. (Nix Genaues weiß man nich.) In die gleiche Kerbe schlug übrigens 1968 John Brunner mit seinem Mega-SF-Roman „Morgenwelt“ („Stand On Zanzibar“), in dem ein harmloser Knowledge Worker, Donald Hogan, vom Militär zu einem paranoiden Superkiller umgekrempelt wird.
6) Glaube unserer Väter (Faith of our fathers, 1967)
Dick verknüpft in einer seiner anstoßerregendsten Visionen den Sieg des Kommunismus über die westlichen USA, halluzinogene Drogen, Sex und Theologie. Dennoch ist die Story von A bis Z völlig verständlich geschrieben und wirkt keineswegs abgehoben. Sie erschien zuerst 1967 in der berühmten SF-Anthologie „Dangerous Visions“.
Hauptfigur ist der kleine Parteifunktionär Tung Chien, der in einem Schmalspurministerium in Hanoi (Nord-Vietnam) Dienst tut. Von einem Straßenhändler bekommt er ein Anti-Halluzinogen, das, wie ihm eine hübsche junge Frau namens Tanya Lee mitteilt, die Realität, wie sie wirklich ist, zeigt. Die Partei füge nämlich dem Leitungswasser täglich und überall Halluzinogene bei.
Und so kommt es, dass Tung Chien die persönliche Fernsehansprache, die der Unumschränkte Wohltäter als oberster Parteivorsitzender an ihn richtet, auf völlig andere Weise wahrnimmt als gedacht: nämlich als einen rasselnden Mechanismus, aus dem Scheinfüßchen hervorwachsen. Tanya Lee vom Untergrund hat etwas ähnlich Furchterregendes gesehen.
Nachdem Tanya ihm geholfen hat, eine dogmatische Prüfung durch Parteibonzen zu bestehen, wird Tung zur dekadenten Villa des Unumschränkten Wohltäters eingeladen, der sich vor Ort „Thomas Fletcher“ nennen lässt. Doch Tung sieht sein Erscheinen unter dem Einfluss des Anti-Halluzinogens ganz anders: als gottähnlichen, substanzlosen, aber kannibalischen Alien. Und dieser hat ein Wörtchen mit Tung zu reden…
Allein schon die Vorstellung, die Chinesen könnten einen Krieg gegen die USA gewinnen und diese zur Hälfte (der Rest leistet noch Widerstand) unter ihr kommunistisches „Joch“ gezwungen haben, muss so manche Leser des Jahres 1967, während der Vietnamkrieg tobte, in Weißglut versetzt haben. Vaterlandsverrat
Dass Dick obendrein auch noch die Natur (eines/des) Gottes erörterte und den christlichen Glauben in Zweifel zog, war geradezu Blasphemie. Außerdem gab es in seiner Story noch Drogenkonsum und Sex, also all das, was die Hippies praktizierten und ihre Eltern schockierte. Für uns heute ist die Story v.a. hinsichtlich der theologischen Erörterung interessant, da sich alle anderen Streitpunkte inzwischen erledigt oder relativiert haben.
In seiner Original-Nachbemerkung zu seiner eigenen Story (ein seltener Fall!) dementierte der Autor 1967, irgendeine der vorgebrachten Ansichten oder Thesen selbst zu vertreten. Aber er findet den Zusammenhang zwischen Drogenkonsum und theologischer Erkenntnis interessant. Herausgeber Harlan Ellison bemerkte dazu in seiner Story-Einleitung, dass sich auch dieser Aspekt inzwischen sehr relativiert habe: Nichts als heiße Luft. Wie auch immer: Dick schrieb Ende der 70er Jahre seine VALIS-Trilogie, inder er ein gottähnliches Wesen, eben VALIS, auftreten lässt.
7) Die elektrische Ameise (The electric ant, 1969)
Garson Poole, Geschäftsführer von Tri-Plant im New York des Jahres 1992, hält sich für einen Menschen, findet aber nach einem Unfall die Wahrheit heraus: Er ist ein Roboter. Doch was lässt ihn ticken? Es ist ein Lochstreifen mit einem Programm darauf. Durch einen Supercomputer erfährt er, worin das Programm besteht: Es steuert seine gesamte Realitätswahrnehmung.
Poole manipuliert in mehreren Tests den durchlaufenden Lochstreifen und somit seine eigene Programmierung: „Wenn ich den Streifen [des Programms] kontrolliere, dann kontrolliere ich die Realität. Zumindest soweit sie mich betrifft. Meine subjektive Realität… aber eine andere gibt es ohnehin nicht. Objektive Realität ist ein synthetisches Konstrukt, das Resultat einer hypothetischen Universalisierung einer Vielzahl subjektiver Realitäten.“ (s. 687)
Doch der Roboter Poole täuscht sich ebenso wie seine menschliche Umgebung: Der „idios kosmos“, seine eigene Wirklichkeit, die mit seinem Tode – nach dem Kappen des Lochstreifens – erlöschen wird, entpuppt sich als der „koinos kosmos“, die geteilte Wirklichkeit allen Seins. Als die elektrische Ameise ihre vermeintliche ureigene Realität vernichtet, annihiliert sie zugleich das gesamte Universum. Für jeden Menschen gibt es letzten Endes nur eine Wirklichkeit: die eigene. Aber sie ist Teil eines größeren Ganzen. Dieser Schluss ist metaphysisch und sogar solipsistisch: Das Ich ist das Universum, folglich muss der Tod des Ichs auch den des Universums nach sich ziehen.
8) *Variante zwei (Second Variety; „Screamers“)
Diese grimmige Geschichte von 1953 wurde unter dem Titel „Screamers“ mit Rutger Hauer in einer der Hauptrollen verfilmt.
Im 3. Weltkrieg setzen die verfeindeten Parteien statt Menschen Androiden ein, die feindliche Soldaten liquidieren sollen und zu diesem Zweck als kleine, hilflose Kinder oder verletzte Kameraden getarnt sind. Gesteigert wird diese Perversion der Verhältnisse, als diese Androiden außer Kontrolle geraten und nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden.
Der amerikanische Major Hendricks begegnet einer Gruppe russischer Überlebender, die ihm von den verschiedenen Androidenvarianten berichten. Doch inzwischen gibt es eine „zweite Variante“. Hendricks hat mit einer jungen Frau geschlafen, bei der es sich um eine Androidin der zweiten Variante handelt. Er verhilft ihr nichtsahnend zur Flucht auf den Mond, dem letzten Rückzugsgebiet der Menschheit. Die Folgen sind furchtbar: Schlussendlich werden die Androiden auch die letzten menschlichen Überlebenden auslöschen.
Wie der Autor die Kriegsverhältnisse beschreibt, ist eindrucksvoll, aber hart (genau wie im Film). Die Pointe der Geschichte ist nur als grausam zu bezeichnen und somit sehr wirkungsvoll. Wieder einmal hat Dick die Unterschiede zwischen Mensch und (Androiden-)Maschine ausgelotet. Die Intelligenz des Menschen kommt dabei nicht besonders gut weg.
9) *Hochstapler („Impostor“)
Diese Story wurde mit Gary Sinise („Forrest Gump“) in der Hauptrolle verfilmt, allerdings nicht sonderlich erfolgreich: Der Streifen kam nie in unsere Kinos.
Spence Olham arbeitet seit Jahr und Tag unbescholten an einem geheimen Projekt der Regierung mit, das eine Waffe entwickelt, mit der sich die feindlichen Aliens vernichten lassen, die die Erde belagern. Die Erde wird nur durch eine Blase geschützt, deren Natur nicht weiter beschrieben wird. Eines Tages wird Spence auf der Fahrt zur Arbeit vom Sicherheitsdienst verhaftet und sofort zum Mond geflogen. Die Anklage: Er sei ein Hochstapler, ein Alien-Agent, der sich als Spence Olham ausgebe, mit dessen Aussehen und Erinnerungen, doch mit einer Bombe in seinem Roboterkörper, um das Projekt zu vernichten.
Olham kann dem Sicherheitspolizisten Peters und seinem Tod in letzter Sekunde entkommen und rast zur Erde, um seine Unschuld zu beweisen, denn er kann sich nicht erinnern, jemals etwas anders gewesen zu sein als eben der Mensch Spence Olham, verheiratet mit Mary Olham. Marys Gesichtsausdruck verrät ihm zu Hause rechtzeitig, dass die Polizei ihn bereits erwartet, und er kann entkommen. Da fällt ihm ein, wo das Raumschiff seines Doppelgängers abgestürzt sein könnte. Dort entscheidet sich sein Schicksal. Leider erleben er und seine Verfolger eine böse Überraschung, „die man noch bis zum Alpha Centauri sehen kann“…
Dick beschreibt hier auf brillante Weise eine vermeintliche Paranoia, die sich zur Realitätssuche auswächst: Kurze Zeit gibt es Hoffnung für Spence Olham, denn er kann immer neue Beweise für seine Identität aufbieten. Doch die harte Pointe enthüllt die Wahrheit.
Mein Eindruck
Diese Sammlung enthält in der Tat, wie es der Original-Untertitel „Classic Stories“ verspricht, eine Reihe „klassischer Storys“ Philip K. Dicks. Sie veranschaulichen demjenigen, der sich Dicks Werk erschließen möchte, Zugang zu einigen zentralen Themen darin: Die Auslotung der Unterschiede zwischen Mensch und Maschine (= Android) sowie die Untersuchung der Natur der Wirklichkeit. Zu letzterer gehören etliche Paranoia-Stories, von denen hier nur wenige gesammelt sind. In Geschichten wie „Impostor“ finden beide Themen zueinander.
Wem die Ideen Dicks durchaus interessant und verdaubar erscheinen, sollte sich eine Stufe weiter wagen und sich den einen oder anderen der Romane vornehmen. Sie wurden bei Heyne in einer kommentierten und sprachlich überarbeiteten Form herausgegeben. Natürlich ist auch ein so bekannter Roman wie „Blade Runner“ darunter. Aber auch „Marsianischer Zeitsturz“ und „Die drei Stigmata des Palmer Eldritch“ verdienen Aufmerksamkeit. Sie gehören zum Besten, was Dick je geschrieben hat. Und das war eine ganze Menge.
Hinweis:
Von Dick-Experte Uwe Anton, einem bekannten Übersetzer und Autor, ist 1993 im Thomas-Tilsner-Verlag, Bad Tölz, eine sehr gute und hilfreiche Monografie erschienen: „Philip K. Dick – Entropie und Hoffnung“ (ISBN 3-910079-01-6, ca. 17,40 €). Allein die Bibliografie ist mit rund 50 engbedruckten Seiten eine der umfangreichsten zu Philip K. Dick im deutschen Sprachraum.
Der Autor vergibt: 



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