Geheimnisse und Verschwörungen des Vatikans erleben zurzeit eine wahre Hochkonjunktur. „Im Zeichen der Seraphim“ von John Sack spielt aber nicht in der Gegenwart, sondern der Autor schickt seine Protagonisten ins 13. Jahrhundert. Den Leser erwartet ein recht tiefgründiges und interessantes Thema, dafür geht es im Roman weniger rasant und actionreich zu.
_Die Story_
Vier Jahrzehnte nach dem Tod des Franziskus von Assisi bekommt der junge Eremit Conrad Besuch von einem noch sehr jungen Priester, der sich letztlich als eine junge Frau entpuppt. In einer kryptischen Botschaft wird ihm der Auftrag erteilt, die Wahrheit hinter den Legenden um den heiligen Mann aufzuspüren. Diese Recherchen schicken den jungen Priester Conrad auf eine beschwerliche Reise, wobei der Tod als ständiger unheimlicher Reisebegleiter dabei ist.
Der Legende nach trug Franz von Assisi die Wundmale Jesu, nachdem ihm ein Seraphim mit brennenden Flügeln erschienen ist. Aber wo ist der Leichnam des zum Heiligen erklärten Mannes? Diesen haben seine Anhänger in einer geheimen Aktion versteckt. Doch warum wird dieser vor der Kirche und seinen Anhängern verborgen? Gibt es etwas, das den Mythos in Frage stellen könnte? Conrad sucht in alten Büchern nach der Wahrheit und bezahlt wenig später seine Neugierde mit Folter und Einkerkerung.
Doch auch unter den Anhängern und Gläubigen gibt es zwei Lager, einmal die zurückgezogenen Spiritualen (Bettelmönche), zum anderen die Klosterbrüder, die manchmal ein recht ausschweifendes Leben führen. Conrad gerät mitten in diese immer wieder aufkeimenden Auseinandersetzungen. Es werden viele Jahre vergehen, bis Conrad die Wahrheit findet, und diese kommt überraschend – er muss sich nun entscheiden, ob er einen Mythos wissentlich zerstört und dabei tausende von Menschen enttäuscht, oder ob er es bei der Legende belassen wird …
_Mein Eindruck_
John Sack schildert seine Figuren recht realistisch und transparent. Zum Beispiel beschreibt er Conrads unschuldige Unfähigkeit in der mondänen Welt weit abseits seiner kläglichen Waldhütte atmosphärisch dicht. In der von Männern dominierten mittelalterlichen Gesellschaft schildert er ebenso glaubhaft die schwierige Rolle einer Frau in dieser Epoche. Und genau hier liegt die hervorzuhebende Stärke des Romans. Die Vielfalt historischer Details entwickelt die Geschichte interessant und spannend. „Im Zeichen der Seraphim“ ist John Sacks Debütroman, mit welchem dem Autor in sehr flüssigem Stil eine mitreißende und informative Geschichte über einen gefährlichen Mythos und Glaubenszwiespalt gelingt.
_Der Autor_
John Sack, 1938 in Ohio geboren, hat englische Literatur studiert und viele Jahre in der Computerbranche gearbeitet. Nach mehreren Sachbüchern und einem Jugendbuch hat er mit „Im Zeichen der Seraphim“ seinen ersten Roman veröffentlicht.
[Lübeck,]http://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%BCbeck weltbekannt durch das Marzipan von Niederegger und natürlich durch das alte Festungstor, auch Holstentor genannt – das eigentliche Wahrzeichen der damaligen „Königin der Hanse“, wie die Stadt stolz von sich sagen kann. Es gibt in Deutschland wenige so gut erhaltene Altstädte, in denen man noch einen Hauch von Mittelalter spürt, wenn man die kleinen Gassen betritt, durch die engen Gänge schleicht oder sich in einem wunderschönen Hof wiederfindet.
Gebäude, Straßennamen und die übrig gebliebenen Gänge und Höfe zeugen noch immer von der Macht und dem Wohlstand, den die Lübecker in ihrer für sie wichtigsten Zeit aufgebaut haben. Im 14. Jahrhundert war sie für den Seeverkehr im östlichen Raum um Brügge, London und Nowgorod das Zentrum für Handel, Kredite und die Macht der [Hanse.]http://de.wikipedia.org/wiki/Hanse Das Mittelalter war nicht nur eine dunkle Zeit; diese Epoche trug wesentlich dazu bei, den Wohlstand in den Städten und Gemeinden zu festigen. Berufe und ihre Zünfte, Handelsvereinigungen, die sich auch über die Grenzen Europas hinweg ausbreiteten, sowie Kunstwerke, Literatur und auch die Medizin hatten für den deutschsprachigen Raum in dieser Epoche ihren Nährboden.
Der in Berlin lebende Schriftsteller Derek Meister hat mit seinem Debütroman „Rungholts Ehre“ ein wundervolles Stück Mittelalter geschrieben, das in der damaligen [Hansestadt]http://de.wikipedia.org/wiki/Hansestadt Lübeck spielt.
_Story_
1390, Hansestadt Lübeck. Der Lübecker Kaufmann und Ratsherr Rungholt bereitet die Hochzeit seiner dritten Tochter Mirke vor. Mit ihren 13 Jahren soll sie den ehemaligen Bürgermeister und Kaufmann Attdorn ehelichen. Die Mitgift wurde ausgehandelt, der Vertrag aufgesetzt und liegt schon zur Unterschrift bereit, doch das junge Mädchen Mirke liebt jemanden anderen. Seit ihren frühen Kindheitstagen kennt sie den jungen Lehrling ihres Vaters, Daniel, der zwar wie ein Bruder für sie ist, aber inzwischen haben sie mehr als nur geschwisterliche Gefühle füreinander entwickelt, welche die ganze Situation nun etwas verkomplizieren.
Eines Tages, als sie sich heimlich an der [Trave]http://de.wikipedia.org/wiki/Trave treffen, entdecken dort beide eine übel zugerichtete Leiche, die auf dem Wasser treibt. Erschreckt und überrascht erkennt Daniel den Toten. Am Abend zuvor hat dieser doch mit ihm zusammen im Wirtshaus die Würfel rollen lassen; der Fremde hatte verloren und wollte seine Schuld nicht begleichen. Ein Prügelei entstand und der Fremde suchte das Weite …
Daniel verzweifelt, und voller Angst davor, dass man ihn nun für den Mörder halten wird, flüchtet er Hals über Kopf quer durch die ganze Innenstadt. Rungholt erfährt nur wenig später, dass Daniel festgenommen und damit für friedlos erklärt wurde. Rungholt, der sich in der Pflicht sieht, die Ehre seines Hauses wiederherzustellen, und der überhaupt nicht an die Schuld seines Schützlings und Lehrlings glaubt, erreicht einen Aufschub von zwei Tagen, bevor es zur Gerichtsverhandlung unter Leitung des jungen Richters Kerkings kommen kann. Die Zeit drängt und Rungholt beginnt zu ermitteln, stellt dabei aber schnell fest, dass Beweismittel verschwinden und man nicht wirklich ehrlich zu ihm ist, wenn er bohrende Fragen stellt und natürlich klärende Antworten erwartet.
Der Rat der Stadt Lübeck hat aber auch seine ganz eigenen Sorgen. Immer mehr Koggen der Hanse werden von den [Vitalienbrüdern]http://de.wikipedia.org/wiki/Vitalienbr%C3%BCder (Piraten) aufgebracht, geplündert und versenkt. Der ältere Ratsherr Winfried der Kahle will mit aller Macht gegen die Freibeuter vorgehen und versucht den Rat davon zu überzeugen, „Friedeschiffe“ bauen zu lassen, um diese bekämpfen zu können. Die beiden Hansestädte Wismar und Rostock hingegen gewähren den Freibeutern freien Zugang zu ihren Häfen, da diese auch dänische Schiffe aufbringen. Hieraus könnte ein gefährlicher Konflikt mit Mecklenburg entstehen, das eine Bekämpfung der Piraten als Unterstützung Dänemarks auffassen würde – eine politische Zwickmühle, und dazu noch eine sehr risikoreiche.
Den aufstrebenden Lübecker Kaufmann Hinrich Calve, der von den Vorkommnissen in seiner Heimatstadt nichts ahnt und sich wegen seiner Geschäfte in Stralsund aufhält, erreicht eine Hiobsbotschaft – sein ältester Sohn Egbert ist mit seinem Schiff ein Opfer der Piraten geworden und hat dabei den Tod gefunden. Sofort bricht Calve zusammen mit seinem jüngsten Sohn und einigen Söldnern auf, um die Heimreise anzutreten. Doch ihre Reise wird durch einen Überfall unterbrochen, Johannes wird von einer Armbrust schwer verletzt und die Räuber haben es scheinbar nicht auf die wertvolle Fracht abgesehen, sondern auf Calve selbst …
Rungholt findet trotz aller sich vor ihm auftuenden Schwierigkeiten erste Spuren und wird in Momentaufnahmen mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert, mit der er sich lieber nicht auseinandersetzen will und die er lieber bewusst verdrängt. Die Spuren führen zusammen und enden bei Hinrich Calve, der etwas von seinem Haus entfernt einen Keller gemietet hat, in dem der ermordete Fremde lebte und scheinbar studierte und forschte. Rungholt kann mit den für ihn fremden Zeichen und Berechnungen wenig anfangen, erkennt aber recht schnell, dass diese nicht europäischen Ursprungs sind.
Als Rungholt sich mit dem inzwischen in Lübeck eingetroffenen Kaufmann Calve treffen will, wird er Zeuge davon, wie dieser von einem unbekannten Mann erdolcht und ebenfalls in den Fluss geworfen wird … Bedeutet das nun einen Tag vor der Gerichtsverhandlung den Tod durch den Galgen für Daniel und für Rungholts Ehre eine tiefe Schmach? Zusammen mit seinem Kapitän Marek tritt er die Flucht nach vorne an und beginnt zu verstehen, dass nicht nur das Leben Daniels auf dem Spiel steht, sondern auch er selbst in größter Gefahr schwebt …
_Kritik_
Derek Meister hat dem Mittelalter der Hansezeit ein wertvolles Geschenk vermacht. Nicht nur, dass die Geschichte spannend erzählt und die Handlungsstränge ineinander verworren, aber gleichmäßig fesselnd zu Ende gedacht und beschrieben werden; ebenso erfährt der Leser eine Menge vom alltäglichen Leben des Mittelalters in einer Stadt der Hanse.
Die Atmosphäre eines historischen Romans ist für die Authentizität absolut wichtig, und bei „Rungholts Ehre“ meint man als Leser direkt am Geschehen teilzuhaben, man spürt das pulsierende Leben auf dem Marktplatz, im Rathaus oder in den finsteren und schmuddeligen Gassen des damaligen Lübecks. Besonders gut und überhaupt nicht verwirrend oder einschränkend fand ich die Entscheidung des Autors, dass verschiedene alltägliche Gegenstände und Gepflogenheiten ihre eigentümliche Begrifflichkeit nicht verloren haben, wie z. B. Misericord, Toslach, Trippe u. ä. Diese sind im Anhang detailliert aufgeführt und erklärt und tragen viel dazu bei, dass der historische Kriminalroman lebensecht wirkt.
Traditionen und Lebensart, Handel und Handwerk, das Leben und der Tod werden in dieser Geschichte abwechslungsreich und lehrreich geschildert. Wie nur wenige Autoren findet Derek Meister den richtigen Weg, um dem Leser ein farbenprächtiges Leben des Mittelalters zu vermitteln. Der Spannungsbogen entwickelt sich dabei ebenso immer weiter wie die Charaktere. Besonders die Person des Patriziers Rungholt wird mit all ihren guten wie auch schlechten Eigenschaften charakterisiert. Der Leser leidet förmlich mit, wenn der gutherzige, aber immer jähzornige und aufbrausende Kaufmann vor Zahnschmerzen nicht mehr ein noch aus weiß.
Das Schicksal seiner Vergangenheit hinterlässt deutliche Spuren in der Erzählung. Rungholts Eigenheit, immer mit dem Kopf voran durch die Wand rennen zu wollen und auch dabei mal schmerzlich abzuprallen, machen ihn sehr sympathisch, und er hat das Herz über seinem stattlichen Bauch am rechten Fleck. Er sorgt sich um die Seinen, übernimmt Verantwortung, wo andere vielleicht eher wegschauen würden, und handelt oftmals ohne Rücksicht auf Verluste. Seiner Tochter Mirke möchte Rungholt ein guter Vater sein, doch hinterfragt er sein Handeln und kommt nicht wenige Male selbstkritisch ins Nachdenken.
Im Laufe der Geschichte wird dem Leser schnell klar, dass Rungholt mit den Schatten seiner Vergangenheit leben muss und diese ihn immer wieder belasten. Wie ein roter Faden zieht sich dies durch den Roman, ohne aber letztlich erklärt zu werden. Das nimmt dem Roman jedoch nichts an Spannung, im Gegenteil, macht es doch gleich noch mehr Lust darauf, den Nachfolger „Rungholts Sünde“ lesen zu wollen. Auch bei den vielen Nebenfiguren gibt sich der Autor die größte Mühe, diese detailfreudig zu entwerfen, bis der Leser fast glaubt, es mit guten, alten Bekannten zu tun zu haben.
Es gibt nur wenige Kritikpunkte anzumerken, ansonsten ist dieses Erstlingswerk durchweg grandios. Am Ende der Geschichte verliert sie ein wenig an Wendigkeit und endet zwar konsequent und schlüssig, aber nicht überraschend. Die dramatische Liebesgeschichte von Mirke und Daniel wird pragmatisch zu Ende erzählt, es bleibt allerdings noch viel Stoff übrig, um diese konventionell in den nächsten Büchern weiterzuführen.
Der Autor nimmt sich viel Raum und Zeit, um dem Leser das Mittelalter vor Augen zu halten, und dabei liegt es auch nahe, dass er aus dramaturgischen Gründen ein wenig die historischen Gegebenheiten verändert hat. Es sei ihm verziehen, denn im Nachwort ist dies im Detail noch einmal kurz erklärt und ggf. mit echten Daten aufgeführt.
Lobenswert bleibt noch zu erwähnen, dass es im Buch noch eine kleine historische Stadtkarte von der Altstadt Lübecks des Jahres 1390 gibt, die uns Nicht-Lübeckern die Straßen, Plätze, Gänge und wichtigen Standorte aufzeigt. Allerdings hätte ich mir noch ein Personenregister gewünscht, wie es oftmals gerade in historischen Romanen bereitgestellt wird.
_Fazit_
„Rungholts Ehre“ von Derek Meister kann ich nur empfehlen. Eine historische Kriminalgeschichte vor den Kulissen einer wundervollen und bedeuteten Stadt Lübeck spielen zu lassen und beides solcherart gekonnt miteinander zu kombinieren, verdient Hochachtung. Zwar geht es nicht unbedingt blutig zur Sache, bleibt also gänzlich ohne Schlachten und Kriege, aber auch Rungholt hat die Gelegenheit, seinen Jähzorn mit dem Schwert auszutoben. Die Dialoge zwischen den Figuren sind nicht häufig humorvoll und bilden mitunter den Kern des Romans, das Gleichgewicht zwischen Dialog und etwas Action wirkt belebend und frisch, nicht einseitig oder übertrieben.
Dieser Roman wird nicht nur die Herzen der Liebhaber historischer Geschichten höher schlagen lassen, auch der Krimiinteressierte wird unter Garantie nicht zu kurz kommen und seine helle Freude an den spannenden Verwicklungen haben. Prädikat wertvoll, und das in vielerlei Hinsicht, und damit freue ich mich schon auf die nächsten Romane mit dem dickköpfigen und aufbrausenden, aber doch herzlichen Kaufmann und Ratsherr Rungholt.
_Der Autor_
Derek Meister wurde 1973 in Hannover geboren. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für das Geschichtenerzählen und den Film. So entstanden in den 1980er Jahren mit Freunden erste Spielfilme auf Super-8 im Wald hinter dem Haus.
Die frühen Versuche verschlugen ihn 1995 an die Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam/Babelsberg. Dort studierte er Film- und Fernsehdramaturgie. Schon während des Studiums wurden erste Drehbücher unter anderem vom ZDF realisiert. 2003 beendete Derek Meister sein Studium zum Film- und Fernsehdramaturgen mit Diplom.
Derek Meister schreibt für diverse Produktionsfirmen und Sender, darunter das |ZDF|, |RTL|, |Sat.1| und |Pro7|. Er entwickelte die Krimiserie „Mit Herz und Handschellen“ mit, die 2003 erfolgreich auf |Sat.1| lief, und wurde mit „Weg!“ für den FirstSteps-Preis nominiert. Außerdem gewann das Spiel „Wiggles“, für das er das Drehbuch verfasste, zahlreiche Branchenpreise.
Derek Meister arbeitet seit 1999 als freier Autor in Berlin. Neben der „Rungholt“-Reihe schreibt Derek Meister zusammen mit seiner Frau die Reihe „Drachenhof Feuerfels“, die im |Loewe|-Verlag erschienen ist.
1348 erforscht ein spanischer Arzt die Pest und gerät dabei ins Visier der stets misstrauischen Inquisition. Sechseinhalb Jahrhunderte später stößt eine Forscherin auf seine Präparate und entfesselt ahnungslos eine neue, dieses Mal globale Pestwelle … – Interessante, gut recherchierte Mischung aus Historienroman und Wissenschaftsthriller, die aber unter Klischees leidet und sich in einer „Against-All-Odds“-Lovestory vertändelt, ohne deshalb jedoch zu Boden zu gehen.Ann Benson – Die siebte Geißel [Plague Tales 1] weiterlesen →
Teil 1: [„Der dunkle Spiegel“ 369
Teil 2: [„Das Werk der Teufelin“ 1764
_Die Geschichte:_
Köln, Weihnachten im Jahr 1376: Im Benediktinerkloster wird während der Christmesse ein Säugling gefunden. Dieser trägt ein Feuermal im Gesicht. Pater Ivo bringt das Kind zu den Beginen am Eigelstein, wo sich Almut darum kümmern soll.
Kurz darauf versuchen drei Männer in den Beginenkonvent einzubrechen; schnell wird Almut klar, dass sie es auf den Säugling abgesehen hatten. Doch wer sie beauftragte, bleibt im Dunkeln. Derweil findet sie heraus, dass eine junge Frau mit ihrem Baby im Gasthaus gewohnt und sich mit dem Prior des Klosters getroffen hat. In den Windeln des Babys findet die Begine ein Schreiben, das an einen unbekannten Helfer gerichtet ist. Wer ist dieser ominöse Helfer?
Eine kopflose Frauenleiche, die in der Kirche gefunden wird, verkompliziert die Ermittlungen, die Almut und Pater Ivo sowie ihre Freunde in Angriff nehmen. Und dann findet Pater Ivo den Kopf: Die Frau ist die Mutter des Babys und die Geliebte des Ritters, der sich seit einigen Tagen im Kloster aufhält, um – wie er sagt – seine vergangenen Sünden zu büßen. Inwieweit hat dieser Mann seine Hände im Spiel?
Brenzlig wird die Lage, als der Prior Pater Ivo im Keller des Klosters anketten und misshandeln lässt, angeblich weil er sündhaften Umgang mit den Beginen hegt. Was aber, wenn die junge Mutter beim Prior war und dieser in die mysteriöse Angelegenheit verwickelt ist? Almut nimmt die Forschungen alleine auf und bringt sich selbst mal wieder in Gefahr …
_Meine Meinung:_
Die Geschichte um Almut und Ivo geht in die dritte Runde, und ich muss gestehen, dass ich auch dieses Buch in wenigen Stunden ausgelesen hatte. Ich habe festgestellt, dass sich der Schreibstil der Autorin zwar nicht gravierend verbessert hat, allerdings sind mir die Figuren des Romans inzwischen so vertraut geworden, dass ich einfach extrem neugierig bin, wie es mit ihrem Leben weitergeht. Schaffen es Almut und Pater Ivo endlich, sich ihre Liebe einzugestehen? Hat ihre Liebe überhaupt eine Chance? Der neue Kriminalfall versackte dabei für mich fast zur Hintergrundgeschichte, wobei das natürlich genau anders herum sein sollte. Sei’s drum, mir war die Weiterentwicklung der Beziehung zwischen den beiden Protagonisten wichtiger. Da noch kein Ende der Serie in Sicht ist, werden diese Fragen natürlich immer noch nicht beantwortet, allerdings kommen die Gefühle verbal immer deutlicher zum Ausdruck, wenn auch aus Sicht der außenstehenden Nebencharaktere.
Zum Schreibstil sei angemerkt, dass Frau Schacht solides Handwerk abliefert, allerdings nur ganz, ganz wenige Stilraffinessen zu verzeichnen sind. Sie schreibt lebendig, unterhaltsam und sehr gut verständlich. Im letzten Teil hatte sie Zitate von Sirach verwendet, jetzt bedient sie sich des Heiligen Jakobus, um spritzige Diskussionen zwischen den Liebenden zu erzeugen. Manchmal etwas zu dick aufgetragen, meistens aber amüsant. Außerdem sammelt sie neue Freunde des „Paares“. Nun ist eine Köchin namens Franziska, die später den Wirt heiratet, hinzugekommen, während aber auch mein geliebter Meister Krudener sowie die taubstumme Trine ihre Auftritte haben dürfen. Ja, an die Figuren gewöhnt man sich schnell. Und auch sonst gibt es nicht viel zu meckern: Die Kriminalgeschichte ist spannend aufgebaut, die Auflösung plausibel, die Hintergründe nachvollziehbar.
_Fazit:_ Ein solider, guter Kriminalroman, dessen größtes Plus die Charaktere sind. Allerdings sollte man die beiden Vorgängerromane (s. o.) zuerst gelesen haben!
_Die Autorin:_ Andrea Schacht wurde 1956 geboren. Sie arbeitete als Wirtschaftsingenieurin in der Industrie und als Unternehmensberaterin. Sie lebt heute als freie Autorin mit ihrem Mann in Bad Godersberg.
|Die Ringtrilogie|
Der Siegelring (2003)
Der Bernsteinring (2004)
Der Lilienring (2004)
|Die Begine-Almut-Romane|
[Der dunkle Spiegel 369 (2003)
[Das Werk der Teufelin 1764 (2004)
Die Sünde aber gebiert den Tod (2005)
Die elfte Jungfrau (August 2007)
|Weitere Romane|
Rheines Gold (2005)
Die Lauscherin im Beichtstuhl (2006)
Kreuzblume (Februar 2007)
„Das Spiel der Könige“ ist die direkte Fortsetzung von „Die Hüter der Rose“, und somit der sechste historische Roman der deutschen Bestsellerautorin Rebecca Gablé (* 25.09.1964), die sich mit dem Roman „Das Lächeln der Fortuna“ und ihren weiteren historischen Werke einen Namen gemacht hat. Sie studierte nach mehrjähriger Berufstätigkeit als Bankkauffrau Anglistik und Germanistik mit Schwerpunkt auf Mediävistik, wobei ihr besonderes Interesse offenkundig den englischen Königshäusern galt, insbesondere dem Haus Lancaster.
Geld regiert die Welt – schlecht ist nur, wenn man keines hat, weil es nicht genügend Metall gibt, aus dem man die Münzen fertigen könnte. Der schottische John Law of Lauriston war seiner Zeit damals weit voraus, denn während England und Frankreich noch an ihrem Münzgeld festhielten, hatte er bereits die Vision einer Bank, die Geldnoten aus Papier verteilt und ihre Rücklagen über Grundstücke versichert. Doch obwohl einige europäische Länder am Anfang des 18. Jahrhunderts bereits Papiergeld verwendet haben, stieß er in besagten beiden Ländern mit seinen Ideen auf Granit. Diese wahre Geschichte ist es, die Claude Cueni in seinem großen Historienroman erzählt …
Zunächst begegnen wir Johns Vater William, der sich einer gefährlichen Operation unterziehen muss, bei der die Wahrscheinlichkeit erschreckend hoch ist, dass er diese nicht überleben wird. Und wirklich stirbt er bei dieser Operation und vermacht seinen Besitz seiner Frau und seinem ältesten Sohn – John. Doch William hat bereits vorausgeahnt, dass sein zu der Zeit zwölfjähriger Sohn noch nicht reif genug ist, um diese Verantwortung zu tragen, und hat deshalb testamentarisch veranlasst, dass John auf ein Internat geschickt wird, das ihm Zucht und Ordnung beibringen soll. Jedoch erfüllen sich Williams Hoffnungen nicht; zwar hat John zunächst keine Gelegenheit, sein Erbe zu verspielen, doch Zucht und Ordnung lernt er leider nicht. Ganz im Gegenteil: Im Internat macht er sich einen Todfeind – George -, mit dem er sich duelliert und gegen ihn gewinnt. Doch ist dieser Kampf noch nicht vorbei, George wird ihm immer folgen und sinnt in den nächsten Jahren weiterhin auf Rache.
Zurück auf seinem Anwesen, dem Schloss Lauriston, begegnet John seinem jüngeren Bruder William, der vom Neid geplagt wird. Er neidet seinem Bruder das Erbe, seinen Intellekt und auch seinen Erfolg bei Frauen, denn John ist nicht nur ein grandioser Glücksspieler, der blitzschnell alle Wahrscheinlichkeiten beim Kartenspiel berechnen kann, er ist darüber hinaus kultiviert und ein absoluter Frauenschwarm. Als John im Suff allerdings seinen Teil des Anwesens verspielt, hilft seine gebrochene Mutter ihm finanziell aus, schickt ihn aber fort.
In London angekommen, macht John sich neue Feinde. Bei allen Glücksspielen ist er dabei und darf auch die Bank führen. Er gewinnt und gewinnt, einmal Geld und einmal das Herz der schönsten Frauen. Doch sein Herz gehört (fast) allein Catherine Knollys, die zwar bereits verheiratet ist, John aber dennoch verfällt, weil ihr Gatte das Land und damit auch sie verlassen hat. Die beiden werden ein Paar, doch währt das Glück nicht lange. Eines Tages duelliert John sich auf Befehl des Königs, wie er meint, mit einem seiner Widersacher und ersticht ihn bei dem Duell. John wird direkt nach dem Duell gefasst und da auf das Duellieren die Todesstrafe steht, blüht ihm das Gefängnis und am Ende auch der Galgen. Aber John hat nicht nur viele Feinde, sondern auch einige Unterstützer, die ihm schließlich zur Flucht aus dem Gefängnis verhelfen. So versucht John sein Glück in Frankreich, während ihm in England weiterhin die Todesstrafe droht.
In Frankreich versucht er, sich in die vornehmen Kreise einzuschleusen, da er dem König seinen Plan mit der Bank vorstellen will, aber auch in Frankreich hat John Law zunächst wenig Glück, da er sich schneller neue Feinde machen kann, als er dem König näher kommt. So muss John wieder ins Ausland fliehen und dort auf seine Chance warten. Diese kommt, doch ahnt John noch nicht, dass ihm damit großes Unglück ins Haus steht …
Claude Cueni hat sich für seinen Historienschmöker eine beachtliche Figur herausgepickt, nämlich John Law of Lauriston, der nicht Cuenis Fantasie entsprungen ist, sondern tatsächlich Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts gelebt und gewirkt hat. John Law war ein brillanter Mathematiker, der seine Gabe am liebsten im Kartenspiel ausgenutzt hat. Da er allerdings meist gewonnen hat, gab es viele Zweifel, ob sein Kartenglück tatsächlich seinem blitzgescheiten Verstand zuzuschreiben war oder nicht doch eher einer gewitzten Betrügerei. So ist er immer wieder aus einem Land verjagt worden, um in einem neuen sein Glück zu versuchen. Law war seiner Zeit weit voraus. Zwar gab es in einigen europäischen Ländern bereits Geld aus Papier, doch ging seine Vision noch viel weiter; er wollte eine Bank erschaffen, die ihr Vermögen nicht nur auf Münzen aus Metall gründet, sondern auch Grundstücke als Deckung für die im Umlauf befindlichen Geldnoten verwendet. Seine Idee war grandios, doch leider hatte er bereits zu viele Feinde, als er schließlich die Chance bekommen hat, seine Idee in die Wirklichkeit umzusetzen. Seine Widersacher haben immer wieder versucht, ihm zu schaden. Der finale Schachzug gegen Law wurde dann allerdings von einem ganz anderen Mann geführt …
John Law steht im Zentrum der gesamten Geschichte. Als wir ihn das erste Mal treffen, vergnügt er sich als zwölfjähriger Junge gerade mit dem zwanzigjährigen Hausmädchen Janine im Turmzimmer. John hat viele Talente, doch weiß er sie nicht immer geschickt einzusetzen. In vielen Situationen ist er allen anderen überlegen, was er seine Mitmenschen auch nur zu gerne spüren lässt. So sammelt John Law nicht nur Sympathiepunkte, es gibt vielmehr das eine oder andere Duell, wo man ihm von Herzen wünscht, dass er endlich scheitern möge, damit er auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht wird. Doch zunächst wird der Wunsch des Lesers hier nicht erfüllt. Erst als sich praktisch die gesamte Handlung nur um ihn dreht und er zu Unrecht der Betrügerei beschuldigt wird, trifft er auf Feinde, die ihm die eine oder andere Niederlage beibringen können. Doch zu dieser Zeit ist John Law bereits so wichtig geworden, dass der Leser ihm schlussendlich doch Erfolg wünscht.
Claude Cueni zeichnet John Law of Lauriston mit viel Liebe zum Detail. Wir lernen viele seiner Eigenarten kennen, erleben ihn in schwachen wie in starken Momenten, erleben ihn bei Duellen mit seinen Feinden und in Stunden mit seiner Liebsten. Und nicht nur in der Finanzwelt war er seinen Mitmenschen voraus, auch als Kunstexperte hat er schon damals den Wert der großen Maler erkannt. Er wirkt fast schon fanatisch, denn nie lässt er sich von seinen Plänen abbringen, in Frankreich eine Bank zu gründen, immer hat er nur die Verwirklichung seiner Visionen im Sinn – koste es, was es wolle. Für die Umsetzung seiner Ideen geht er praktisch über Leichen, alles andere scheint ihm gleichgültig. Viele seiner Handlungen kann man deswegen nur schwer nachvollziehen, denn manchmal ist er einfach ein Trampeltier, das sich wie ein Elefant im Porzellanladen benimmt; etwas mehr Feingefühl hätte ihm sicher nicht geschadet. Nichtsdestotrotz ist Cueni die Zeichnung dieser historischen Figur blendend gelungen.
Umso blasser erscheinen allerdings Laws Widersacher, von denen es wirklich genügend gibt. Aber vor allem sein Jugendfeind George erscheint blass und auch ziemlich unmotiviert. Zwar treffen wir ihn im späteren Verlauf der Geschichte noch einige Male wieder, doch nie entfaltet er so viel Persönlichkeit, dass man ihm wirklich Erfolg wünschen würde. Er wird von Cueni zu einer Randfigur degradiert, was ich schade finde, da George bereits sehr früh auftaucht und sich zu einer wirklich gefährlichen Figur hätte entwickeln können.
Was Claude Cueni sehr gut gelingt, ist die Ausgestaltung der historischen Schauplätze. In wahrlich meisterhafter und fast schon ekelerregender Manier beschreibt er die Straßen der europäischen Hauptstädte zur Zeit des John Law. Damals gab es keine Kanalisation, sodass die Menschen ihre Notdurft in Nachttöpfen verrichtet und diese dann auf der Straße ausgekippt haben. Förmlich steigt einem der unglaubliche Mief beim Lesen in die Nase und auch am königlichen Hof war es nicht viel besser, wenn man bedenkt, dass die morgendliche Toilette des Königs ein großes Schauspiel war und ein naher Verwandter dafür Geld zahlen musste, dass er sich um den gefüllten Nachttopf des Monarchen kümmern durfte. Der historische Rahmen gefällt – auch wenn es einem oft genug schaudert bei Cuenis realistischen Ausführungen – ausgesprochen gut. Auch die Schauplätze der Handlung sind gut gewählt, wir reisen durch einige europäische Hauptstäde wie London, Edinburgh, Paris und Amsterdam und erleben diese Städte im ausklingenden 17. Jahrhundert bzw. im beginnenden 18. Jahrhundert; besonders die Zeichnung Paris‘ und Londons gelingt Claude Cueni so realistisch, sodass man sich in die damalige Zeit hineinversetzt fühlt.
Was mich nicht überzeugen konnte, ist der Aufbau der Geschichte. Zu viele Zeitsprünge durchkreuzen sie, manchmal ist es nur ein winziger Abschnitt, der sich einem bestimmten Jahr widmet, während Cueni gleich darauf wieder einige Jahre in die Zukunft springt. Dadurch muss man sich häufig neu zurechtfinden und mutmaßen, was wohl in der Zwischenzeit geschehen sein mag. Eventuell wäre es nicht schlecht gewesen, sich nur auf John Laws späte Jahre zu beschränken und auch dort eine gewisse Auswahl zu treffen; so hat es eher den Eindruck, dass Cueni zu jedem Jahr, zu dem er eine historische Quelle über John Law gefunden hat, auch etwas schreiben wollte. Die Erzählung wirkt dadurch aber ein wenig abgehackt und gestückelt. Schade, denn der historische Rahmen ist absolut grandios und auch die Figur des John Law of Lauriston gibt definitiv genug her für einen großen Historienschmöker. Etwas schwer nachzuvollziehen sind darüber hinaus manchmal John Laws Visionen, wenn man keine Grundkenntnisse seiner Theorie von Geld und Handel mitbringt. Manchmal muss man sich hier über längere Passagen hinweglesen, die etwas zu abgehoben sind, aber in Gründzügen kann man Claude Cuenis Gedankengängen schließlich doch stets folgen.
So bleibt am Ende ein positiver Eindruck zurück. Claude Cueni widmet sich in seinem farbenreichen und schillernden Historienroman einer faszinierenden historischen Persönlichkeit, nämlich John Law of Lauriston, der damals das europäische Finanzwesen revolutionieren wollte. Ganz nebenbei trifft er auf andere bekannte Figuren wie Daniel Defoe, über den es hier noch einige interessante Details zu erfahren gibt, oder auch den Sonnenkönig, den Law von seinen Ideen überzeugen wollte. So entfaltet „Das große Spiel“ eine unglaubliche Faszination und unterhält über weite Strecken ausgesprochen gut, nur die vielen Zeitsprünge trüben ein klein wenig den Lesegenuss.
Die 15-jährige englische Adlige Julie Dearsley wird mit dem zwanzig Jahre älteren Frederik Glenstair, dem Earl of Eastington, verheiratet. Das Mädchen ist noch zu unerfahren, um die Lieblosigkeit ihres Ehemannes erklären zu können, doch ihr wird schnell deutlich gemacht, dass Frederik nur eines von ihr will: einen Sohn, um seinen Bruder John als Erben von Eastington abzusetzen. Kurz darauf melden sich John und seine Frau Henriett zu Besuch an, und Julie erfährt von „seltsamen“ Neigungen ihres Mannes. Neugierig sucht sie die Aussprache mit Frederik, doch diese endet in einer Nacht der Vergewaltigung.
Julie flieht in den nahe gelegenen Wald, um sich im Weiher von der Demütigung rein zu waschen. Erschöpft schläft sie kurz darauf am Ufer ein, um von einem Fremden verführerisch geweckt zu werden. Sie vergisst die zuvor erlebte Grausamkeit und ihre Leidenschaft erwacht unter den Händen des Franzosen, ebenso bekommt ihr unbändiger Lebenswille neue Nahrung. Sie verlässt den Unbekannten am Morgen und beschließt, mit Frederik einen Neuanfang zu wagen. Kurz darauf weiß sie um ihre Schwangerschaft. Als sie ihrem Mann die freudige Nachricht überbringen will, erwischt sie diesen in leidenschaftlicher Umarmung mit seinem Leibdiener. Frederik zieht nach London um und stirbt noch vor der Geburt des Sohnes an der Pest.
Julie ist nun die Herrin von Eastington und ihr Sohn Thibault ihr einziger Lebensinhalt. Doch John lässt sich das Erbe nicht so leicht wegnehmen, er empfiehlt seine junge Schwägerin dem ersten Minister Englands, dem Herzog of Buckingham. Dieser stiehlt ihr das Kind und erpresst sie damit. Sie muss die Hochadlige Marie de Chevreuse als Spionin nach Frankreich begleiten. Nur wenn sie dem Minister Informationen über die politische Gesinnung Frankreichs bringt, wird sie ihr Kind wiederbekommen.
In Frankreich angekommen, trifft sie ihren Verführer wieder: Francois de Tallevende, der Comte de Fontes-Villaray, ist ausgerechnet der Liebhaber und Vertraute von Marie de Chevreuse, ihrer Erpresserin. Julie hatte alle Hoffnungen in den wirklichen Vater ihres Sohnes gelegt, doch nun muss sie mit ansehen, wie dieser gegen sie arbeitet. Zu allem Übel begehrt sie den jungen Adligen auch noch und verliebt sich sogar in ihn. Ohne zu ahnen, dass Francois ein Spitzel des französischen Ministers, des Herzogs de Richelieu, ist, beginnt sie, um ihn zu kämpfen. Doch skrupellose Politiker beider Länder machen den beiden das Leben zur Hölle. Und Francois will sowieso alles andere als eine feste Bindung …
_Meine Meinung:_
Dieser Roman hat 722 Seiten und lässt sich dennoch in wenigen Tagen auslesen: Eine verflucht spannende Geschichte!
Doch von vorne:
Julie heiratet Frederik. Der Leser ahnt von Beginn an, dass mit Frederik etwas nicht stimmt. Der Mann ist kalt wie ein Eisblock, hegt unheilbaren Hass auf seinen Bruder, reitet wie der schwarze Teufel durch die Wälder und „besteigt“ Julie wie ein Pferd, eine Ware. Kein Gefühl, keine Liebe.
Julie trifft Francois. Hier allerdings weiß der Leser sofort, dass der junge Waldverführer eine tragende Rolle im Leben unserer Heldin innehaben wird. Er ist sanft, liebevoll. Er gibt Julie durch eine Liebesnacht neuen Mut. Er ist in dieser Situation ihr Retter, ihr Prinz, ihr unbekannter Liebhaber.
Julie bekommt Thibault. Ja, ihr Sohn taucht zwar nur am Anfang und am Ende des Romans auf, spielt für die Charakterentwicklung Julies aber eine wichtige Rolle. Sie wird zur verbissenen Kämpferin, wenn es um den Kleinen geht. Sie steht die gefährliche Zeit in Frankreich durch, sie gibt Francois nicht auf – alles für ihren Kleinen, oder? Nein, nicht ganz. Francois will sie für sich und für ihren Sohn.
Julie ist in Frankreich. Und trifft Francois wieder – doch der entpuppt sich als Feind. Er arbeitet mit ihren Erpressern Hand in Hand – wo ist der Verführer? Ihr Prinz? Ihr Held? Unser Held? Er bleibt es, denn Liebe lässt sich rational nicht erklären. Und siehe da, Francois steht in Wahrheit auf einer ganz anderen, aber deshalb nicht ungefährlicheren Seite: auf der des Kardinals Richelieu, des mächtigsten Mannes von Frankreich. Und auch Richelieu hat es in sich, nachdem er erstmal auf Julie aufmerksam geworden ist. Der Kardinal schafft es, Julie und Francois auseinanderzutreiben, als sie sich endlich gefunden haben. Dass Robert, Julies Page, seinen Anteil dazu beitrug, sei einmal beiseite geschoben. Der Kardinal hat die Macht inne, und er nutzt sie nicht nur für sein Land, sondern auch für sich selbst. Besonders, nachdem des Königs Bruder Gaston Interesse an der englischen Lady bekundet, weiß Richelieu, was gut für sich, den König, Francois und Julie ist.
Ach, ich könnte hier noch so viel dazu schreiben, doch soll die Neugier auf diesen zauberhaften Roman erhalten bleiben. Deshalb wende ich mich nun den stilistischen Elementen des Buches zu: Die Kapitel sind recht lang gehalten, auf 722 Seiten gibt es nur 19 davon. Diese sind aber wiederum durch Absätze unterbrochen, die in der Regel auch einen Szenenwechsel mit sich bringen. Das hält die Spannung aufrecht. Natürlich hat das Buch nicht 722 actiongeladene Seiten, aber die Spannung zieht sich tatsächlich von der ersten bis zur letzten Seite durch. Zwischendurch darf der Leser mal Luft oder Kaffee holen, um das Zubettgehen noch lange zugunsten des Buches hinauszuzögern. Die Autorin schreibt in jeder Zeile lebendig, klar und mitreißend. Selbst Beschreibungen über Städte, Kleidung, Personen standen mir lebendig vor Augen. Eine perfekte Mischung aus Beschreibungen (Stillstand der Handlung) und Dialogen (Vorantreiben der Handlung) bietet Lesevergnügen ohne Ende. Der dicke Wälzer liest sich federleicht; ich war zu jeder Sekunde tief in der Geschichte gefangen.
Tania Douglas muss viel recherchiert haben. Der Hochadel Frankreichs ersteht hier neu auf, die Dekadenz, die Ignoranz, die Intrigen, die Liebeleien – alles ist da, was ein Hof braucht, um unterzugehen. Kein Wunder, dass wir heute keinen königlichen Hof mehr haben. Auch der Krieg zwischen Frankreich und England, zwischen Richelieu und Buckingham, besticht durch Detailbeschreibungen und gute Information der damaligen Auseinandersetzung. Die Autorin zeigt uns drei Jahre Geschichte in fesselnder Art und Weise auf und baut darin eine herzergreifende Liebesgeschichte ein, anhand derer jegliche politische Gesinnung scheitern muss.
Die Charaktere sind natürlich ebenso fesselnd. Julie ist bestens geeignet, um sich als Leserin mit ihr in jeder Lage identifizieren zu können: Sie macht alle Gefühle in den drei Jahren durch, die Liebe und Grausamkeit mit sich bringen. Und sie ist nicht immer stark. Sie bricht vollends zusammen, als ihre Liebe sie ablehnt. Sie ist natürlich auf eine eigene Art schön, zweifelt jedoch an sich selbst oft genug. Sie gibt viel Liebe, starke Liebe, aber sie kann sie auch annehmen. Sie ist Mutter, kämpft um ihr Kind wie eine Löwin, erkennt aber auch Unmögliches. Sie ist Adlige, weiß am Hof zu bestehen, ohne tatsächlich dazuzugehören. Julie ist ein Mädchen, alles erweckt ihre Neugierde, sie ist naiv, neugierig und besitzt über eine Unbedarftheit, die oftmals verwundert.
Ihr Auserwählter ist Francois – ebenfalls adlig, ebenfalls nicht wirklich an den Hof gehörend. Ein Weiberheld, ein Abenteurer, ein unbeständiger Geist, der sich nur schwer festhalten lässt. Er liebt seine Freiheit und dafür kämpft er. Und ausgerechnet er steht im Dienste des mächtigen Kardinals und übermittelt ihm Informationen sowohl aus England als auch aus dem eigenen Reihen. Man (und Frau erst recht) kann Julies Faszination zu diesem Mann verstehen.
Es gibt natürlich Sexszenen. Doch halten diese sich auf ein normales Maß zurück, soll heißen, es gibt keine ausgedehnten Verführungsszenen, keine pornographischen Ausschweifungen. Der Begriff ‚Liebe machen‘ passt hier gut. Sex findet nur zwischen Julie und Francois per Buchstaben statt – und meistens ist es liebevoll und berührend beschrieben. Es gehört halt dazu und erfüllt hier seinen Sinn: Julie und Francois sollen zueinander finden. Ob sie das auch schaffen, das müsst ihr schon selbst herausfinden. Vieles spricht dagegen …
_Die Autorin:_
Tania Douglas wurde 1969 bei Koblenz geboren. Als sie fünf Jahre alt war, zog sie mit ihrer Mutter und ihrem neuen Stiefvater nach Frankreich. Sie machte dort ihr Abitur und studierte Touristik. 1990 kehrte sie nach Deutschland zurück und arbeitete als Flugbegleiterin. Nach ihrer Hochzeit gab sie ihren Beruf auf und begann mit dem Schreiben. „Tanz der Wasserläufer“ ist ihr erster Roman.
Leben, ‚Laufbahn‘ und Ende des legendären Banditen Jesse James (1847-1882) werden in diesem Tatsachenroman beschrieben, wobei die Darstellung der historischen Fakten durch erzählende Einschübe aufgelockert wird. Für die Entstehungszeit sachlich und mit psychologischen Untertönen wird die Realität von der Legende getrennt: ein gelungener Versuch, der sich heute noch spannend liest. Will Henry: Die James-Bande weiterlesen →
Neapel, um 1488: Die zwölfjährige Sancha von Aragon ist die Enkeltochter von König Ferrante. Während sie ihrem Vater, dem Herzog von Kalabrien, feindselig gegenübersteht, liebt sie ihre Mutter und vor allem ihren jüngeren Bruder Alfonso, den das energische Mädchen für seinen Sanftmut bewundert. Als Sancha sechzehn Jahre alt ist, stirbt der alte König. Aus politischem Kalkül wird ihre glückliche Verlobung mit Graf Otoranto gelöst und sie stattdessen zur Heirat mit einem Mitglied der mächtigen Borgia-Familie gezwungen, die für Machtgier und Skrupellosigkeit berühmt ist. Jofre de Borgia, zweiter Sohn von Papst Alexander VI., wird ihr Ehemann. Ein schlimmes Schicksal für Sancha, denn Jofre ist mit zwölf Jahren fast noch ein Kind und sie muss ihre geliebte Heimat Neapel verlassen.
Nicht nur das Heimweh und die mangelnden Gemeinsamkeiten mit Jofre setzen Sancha zu, sondern auch die politischen Wirrungen. Als die Ordnung endlich wieder hergestellt scheint, ruft Papst Alexander VI. seinen Sohn Jofre und Sancha zu sich. Von nun an ist Sancha Teil der legendären Borgia-Familie und erlebt die Ausschweifungen und Grausamkeiten Roms. Sie muss sich gegen Zudringlichkeiten des lüsternen Papstes und dessen grausamen Sohn Juan wehren. Dafür verliebt sie sich unsterblich in den dritten Sohn, den schönen und charmanten Cesare, und nach anfänglichem Misstrauen freundet sie sich auch mit der raffinierten Papst-Tochter Lukrezia an.
Viel zu spät realisiert Sancha, dass sich auch hinter Cesares Fassade eisige Kälte verbirgt und er vor nichts zurückschreckt. Aus der leidenschaftlichen Liebe wird gefährlicher Hass – und Sancha kämpft verzweifelt gegen mächtige Intrigen und um ihr Leben …
Das Zeitalter der Renaissance ist ein sehr dankbarerer Hintergrund für historische Romane. Das farbenprächtige Italien, die Machtkämpfe innerhalb Europas und der Kirche und die schillernden Charaktere der Borgia-Familie bilden den Ausgangspunkt für dieses Werk.
|Überzeugende Charaktere|
Im Mittelpunkt steht die Ich-Erzählerin Sancha von Aragon, zu Beginn fast noch ein Kind, später eine erwachsene Frau, aber von Anfang an ein stolzer und starker Charakter. Sancha ist nicht so sanftmütig wie ihr geliebter Bruder, doch gerade ihre Schwächen machen sie sympathisch. Entgegen aller Vernunft schlägt sie die Warnungen über die Borgias in den Wind, um sich mit Cesare auf eine fatale Affäre einzulassen, die von nun an ihr Leben bestimmen wird. Sancha ist impulsiv und kaltblütig in ihrem Hass gegenüber denen, die ihren Nächsten schaden wollen. Bezeichnenderweise ist sie keine Heldin, die immer den richtigen Weg wählt, sondern muss Niederlagen und falsche Entscheidungen hinnehmen – doch egal wie schlimm ihr mitgespielt wird, sie gibt nicht auf.
Über die Borgias existieren zahllose Bücher und die verschiedensten Ansichten. Sehr positiv ist hervorzuheben, dass die Familie in diesem Werk nicht auf den Ruf als grausame Giftmischer beschränkt wird. Lukrezia erscheint zunächst als eifersüchtige Schwägerin, die Inzucht mit ihrem Vater stößt Sancha zusätzlich ab. Aber im weiteren Verlauf entsteht eine enge Freundschaft zwischen den Frauen und Lukrezia erscheint mehr als schwaches Opfer denn als die |femme fatale|, als die sie gern verkörpert wird. Papst Alexander erhält eine negativere Darstellung; er vergreift sich an Sancha, hält sich junge Gespielinnen, verhindert nicht die Mordlust seiner Söhne. Immer wieder allerdings blitzen Momente auf, in denen er nur als alter Mann gezeigt wird, der aus fehlgeleiteter Liebe zum Spielball der Ränke seiner Kinder geworden ist. Letztlich ist sogar Cesare als zwiespältiger Charakter geschildert. Auch nachdem Sancha erkannt hat, dass er ein Mörder ist, der vor fast nichts zurückschreckt, flammt immer wieder in ihr das alte Begehren auf, für das sie sich schämt – und es gibt sogar Anzeichen, dass selbst Cesare, der Sanchas Leben systematisch zu zerstören versucht, diese Gefühle erwidert. Die meisten Figuren besitzen sowohl schwarze als auch weiße Schattierungen, was sie glaubwürdig macht und dazu beiträgt, dass man mitgerissen wird.
|Spannung bis zum Schluss|
Das Leben der Borgias und ihr Schicksal sind keine Geheimnisse, dennoch gelingt es der Autorin, den Roman beständig spannend zu halten. Das liegt vor allem daran, dass es zwar viele Vermutungen über bestimmte Aspekte der Borgias gibt, aber nicht immer gesicherte Erkenntnisse. Der grobe Rahmen ist somit zwar historisch festgelegt, doch über einzelne Ereignisse wie Todesfälle und die wahren Charaktere wird nach wie vor spekuliert – genug Spielraum also, um Fantasie walten zu lassen, wer wen ermordet hat und wer an welcher Verschwörung beteiligt war. Mehrmals erlebt man, wie liebgewonnene Figuren in Gefahr geraten oder sogar sterben, sodass man kaum Gewissheit hat, mit wem es welches Ende nimmt. Auch das wechselnde Verhalten der Charaktere sorgt für gebanntes Lesevergnügen. So wie Sancha oft nicht weiß, wem sie trauen darf, kann auch der Leser nicht alle Vorhaben der Personen abschätzen. Man darf sich fragen, ob Lukrezia wirklich die treue Freundin ist, zu der sie sich scheinbar entwickelt hat, ob der wankelmütige, junge Jofre seiner Frau Schaden zufügen wird, welche Intrigen der Papst, Juan und Cesare womöglich planen und auf welche Weise Sancha ihre Rache nehmen wird …
Der historische Hintergrund wird auch für Nichtkundige der Renaissancezeit gut miteingebracht, bleibt dabei immer dezent, ohne trockene Faktenaufzählung. Der Leser spürt das bezaubernde Flair von Sanchas geliebter Heimat Neapel ebenso wie den atemberaubenden Prunk Roms. Die Zustände der damaligen Zeit sind schonungslos und realistisch geschildert, sodass empfindliche Gemüter gewarnt sein sollten – es wird geschändet und gemordet, dass es das Borgia-Herz entzückt. Erfreulicherweise wird jedoch bis auf einmal keine ausufernde Liebeszene erzählt, die sich sonst gerne in historische Romane einschleichen. Dafür begegnet man am Rande auch anderen historischen Gestalten der Zeit, etwa dem kirchenkritischen Prediger Savonarola, dem umstrittenen Philosoph und Politiker Machiavelli und dem gealterten Leonardo da Vinci.
|Kaum Schwächen|
Der Roman braucht ein paar Seiten Anlaufzeit, ehe man richtig in der Handlung Platz genommen hat. Dafür sind hauptsächlich die detaillierten Beschreibungen verantwortlich, die den Beginn etwas zu statisch gestalten. Der Leser erfährt, wer mit wem verwandt ist, wie die einzelnen Personen aussehen und wie die Umgebung gestaltet ist, was sich als etwas ungünstiger Einstieg herausstellt. Ein kleiner Widerspruch taucht auf, als Sancha ihren Halbbruder Ferrandino bei seiner Krönung als hochmütig bezeichnet, denn bei seiner ersten Erwähnung beschreibt sie ihn nur als offen und warmherzig, und da er in der Zeit dazwischen kaum eine Rolle spielt, irritiert dieser plötzliche Umschwung. Etwas unrealistisch wird es, als Juan von der Affäre zwischen seinem Bruder Cesare und Sancha erfahren hat und Gerüchte darüber in Umlauf sind, Sanchas Ehemann Jofre aber nichts davon ahnt. Zu guter Letzt wünscht man sich, man hätte nach Sanchas Umzug nach Rom noch mehr vom Verbleib ihrer übrigen Familie und dem Schicksal der einzelnen Mitglieder erfahren.
_Als Fazit_ bleibt ein faszinierender Historienschmöker aus der Renaissancezeit über das berüchtigte Leben der Borgias. Fantasie und Historie werden gekonnt miteinander verknüpft, die Charaktere überzeugen durch Vielschichtigkeit und die Ich-Erzählerin lädt zum Mitfiebern ein. Bis zum Schluss bleibt der Roman durch individuelle Sichtweisen und Details spannend, selbst wenn man über den geschichtlichen Verlauf bereits informiert ist. Die sehr kleinen Schwächen können den hervorragenden Gesamteindruck nicht trüben.
_Die Autorin_ Jeanne Kalogridis, geboren 1954 in Floria, studierte russische Literatur und Linguistik und unterrichtete acht Jahre lang an der Universität von Washington, ehe sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie ist spezialisiert auf historische Romane. Ihr Debütwerk war „Die Seherin von Avignon“, zuletzt erschien [„Leonardos Geheimnis“. 3959
Die Mona Lisa, die zurzeit im Louvre in der französischen Hauptstadt Paris ausgestellt ist, ist wohl auch das bekannteste Werk Leonardo da Vincis. Immer noch ranken sich Theorien um das wohl berühmteste Gemälde der Welt. Das magische Lächeln der Porträtierten ist unergründlich, fast schon mystisch. Leonardo da Vincis Feingefühl für sanfte Übergänge in den Farbregionen ist meisterhaft und für diese Zeit einmalig. Genauso verhält es sich mit dem Spiel von Licht und Schatten, das sich durch die Kleidung der jungen dargestellten Frau zeigt.
Wer war diese junge Frau? Es gibt verschiedene Spekulationen. War das Modell gar keine lebende Person, sondern nur den Phantasien des Meisters entsprungen? Welche Rolle spielte diese geheimnisvolle Frau mit ihrem sanften aber doch scheinbar humorvollen Blick im Leben des Künstlers? Leonardo da Vinci hat dieses Gemälde bei seinem zweiten Aufenthalt in Florenz gemalt (1503 – 1506) – ist diese Frau eine sehr bekannte Dame des florentinischen Adels?! Da Vinci hat dieses Geheimnis mit ins Grab genommen, Abschriften oder Erklärungen existieren zwar zur Genüge vom genialen Meister, aber nichts davon erklärt die Figur der Mona Lisa.
Eines ist jedenfalls sicher: Das Lächeln der Mona Lisa nahm Leonardo da Vinci auf all seinen späteren Reisen mit. Eine stumme Geliebte, eine treue Gefährtin und ein Angelpunkt in seinem künstlerischen Schaffen, doch eine Frage stellt sich immer wieder: Wer war diese unergründliche Frau?
„Leonardos Geheimnis“ von Jeanne Kalogridis erzählt die Lebensgeschichte der Mona Lisa und von ihrem geheimnisvollen Bezug zum größten Genie seiner Zeit – Leonardo da Vinci.
_Die Geschichte_
Florenz im 15. Jahrhundert. Die Stadt wird regiert von der Familie Medici und ist dadurch ein wichtiger kultureller, wirtschaftlicher und politischer Standort geworden.
Ein Jahr vor der Geburt der Mona Lisa wird Giuliano di Medici Opfer einer Verschwörung der Familie der Pazzi. Ein Attentat bereitet seinem Leben ein vorzeitiges Ende. Lisa di Antonio Gherardini Giocondo, genannt Mona Lisa, bekommt zu ihrem zwölften Geburtstag ein Medaillon von ihrer Mutter geschenkt, auf dem ebendieser Mord dargestellt ist. Damit verändert sich das Leben der wohlbehüteten Tochter eines Florentiner Wollhändlers. Der Bruder des Ermordeten schwört Rache, denn ein Verschwörer und Mörder ist nach der Tat entkommen. Zeuge dieser Tat ist der inzwischen schon berühmte Künstler Leonardo da Vinci, den Mona Lisa schon seit ihrer Kindheit kennt.
In den folgenden Jahren begegnet sie da Vinci immer wieder und eine tiefe Freundschaft beginnt. Mona Lisa verliebt sich in einen Medici, den Neffen des toten Giuliano, und gerät mitten in die politischen Auseinandersetzungen. Sie erlebt die Verbannung der Familie aus Florenz, Krieg und Seuchen sowie den traurigen Tod ihres einzigen Kindes. Leonardo begleitet sie als treuer Freund durch die harten Zeiten.
Er arbeitet unablässig an ihrem Portrait, ein perfektes Abbild ihrer Person. Ein dunkles und großes Geheimnis vertraut er seinem Modell an. Nicht nur die Hintergründe des Mordes werden aufgeklärt, sondern dieses Geheimnis wird das Leben der Mona Lisa auf immer verändern.
_Kritik_
Die Autorin Jeanne Kalogrids geht einer der zahlreichen Theorie um die berühmte Gestalt Mona Lisas nach. Seit dem frühen 16. Jahrhunderts versuchen viele Kunstliebhaber, das berühmteste Lächeln der Welt zu analysieren. Ebenso verhält es sich mit der historischen Person der jungen Frau. Die Identität und die Umstände, unter denen sie gemalt wurde, bleiben ein Geheimnis.
Die wahrscheinlichste Kandidatin unter den Anwärterinnen auf die Person Mona Lisas ist wohl die Protagonistin dieses Buches, Lisa di Antonio Gheradini, Tochter eines wohlhabenden Seidenhändlers. Als junges Mädchen wird Lisa in den luxuriösen Haushalt der Medici eingeführt und lernt die mächtigste Familie Florenz kennen. In den politischen Verwirrungen und dem Niedergang der Familie verliebt sie sie in den jüngsten der drei Söhne des Familienoberhauptes Lorenzo de Medici, Giuliano. In der gleichen Zeit tritt auch Leonardo da Vinci in ihr Leben, der ein geförderter Wissenschaftler der kunstbegeisterten Familie ist.
Nach dem Tode Lorenzo de Medicis erlebt Lisa die Vertreibung seiner Nachkommen aus dem toskanischen Florenz. Leonardo da Vinci erhält kurz vor dem Tode seines Förderers Lorenzo de Medici den Auftrag, heimlich ein Portrait von Mona Lisa zu erschaffen …
Jeanne Kalogridis Roman lebt einzig und allein von seiner Perspektive und der ihrer Protagonistin Lisa de Gheradini. Ihre Entwicklung vom unschuldigen, naiven Mädchen zur starken und leidenschaftlichen Frau ist der rote Faden der Erzählung. Ihre Erlebnisse um und mit der Familie der Medici eröffnen dem Roman eine ungeahnte Tiefe. Inwieweit diese Person noch über eine historische Genauigkeit verfügt, sei dabei erst einmal dahingestellt. Mona Lisa ist eine der wenigen geschichtlichen Gestalten, deren Bildnis die meisten Leser vor Augen haben. Gleichzeitig ist über diese Figur zu wenig bekannt, und die Geheimnisse laden die Autorin geradezu ein, eine Theorie zu entwerfen.
So dicht, wie sie ihre Protagonistin beschreibt, lenkt sie die Aufmerksamkeit, die man den anderen Persönlichkeiten widmen sollte, leider ab. Viele Beschreibungen der Nebencharaktere fallen dadurch viel zu simpel und unglaubwürdig aus. Einzig und allein die erzählerische Gestalt Leonardo da Vincis ist interessant und vielseitig. Seine Loyalität und seine geheimnisumwitterte Persönlichkeit verleihen dem Roman eine spannungsvolle Struktur. Allerdings birgt der erste Teil von „Leonardos Geheimnis“ ziemliche Längen, da dieser nicht aus Lisas Sicht geschildert ist. Die Waage zwischen Lisas Entwicklung und der politischen Situation balanciert die Autorin jedoch geschickt aus.
Jeanne Kalogridis verleiht dem historischen Florenz zur Zeit der Renaissance ein vielfältiges Bild mitsamt der politischen und künstlerischen Aufgeschlossenheit und zugleich dem schon frühzeitigen religiösen Fanatismus. Die Autorin nimmt sich jedoch für einen historischen Roman allzu viele Freiheiten heraus und verfälscht damit die Genauigkeit der recherchierten Gegebenheiten. Historischen Quellen nach zu urteilen, gab beispielsweise nicht Lorenzo de Medici da Vinci den Auftrag, sondern dies geschah auf Wunsch ihres Ehemannes.
Zwar gibt die Autorin interessant die verschiedenen Legenden um die Identität der Mona Lisa wider und schafft damit das Sinnbild einer perfekten Frau, aber alles in allem gelingt es Kalogridis nicht, wahre Lesefreude zu wecken. Zu unglaubwürdig und schwammig sind ihre Theorien mit den Fakten verknüpft.
„Leonardos Geheimnis“ ist ein historischer Frauenroman mit wenig wirklich historischem Hintergrund. Für Leser, die einen unterhaltsamen Roman mit einer starken „Frau“ lesen möchten, ist dieser Roman zu empfehlen. Wer allerdings etwas über das Leben und Wirken Leonardo da Vincis erfahren möchte und sich auch für das Gemälde der Mona Lisa interessiert, dem ist hier eher abzuraten.
Dieses Standardwerk zum Thema Okkultismus beinhaltet eine umfassende Materialsammlung, die mysteriöse Zusammenhänge aufzeigt und erklärt, ohne deuten zu wollen. Mit Hilfe zahlreicher Zitate und Quellen werden rätselhafte Phänomene wie Hexerei, Liebeszauber, Teufelsglaube und Teufelsaustreibung, Telepathie oder Vampirismus erläutert, die den Leser verblüffen und viel Raum für Spekulationen bieten. Zeugnisse des Okkulten, die bereits Jahrtausende zurückreichen, sind jedoch kein ausschließliches Phänomen der Vergangenheit. Zu allen Zeilen und überall auf der Welt gab und gibt es solche unerklärlichen Erscheinungen, auf die selbst die modernen Wissenschaften und die Parapsychologie bis heute keine Antwort gefunden haben. Prophezeiungen, Wahrsagen, Gedankenübertragung, Kartenlegen, die Erscheinung von Toten sowie allgemeiner Aberglaube sind auch heute immer noch Themen, die Menschen in ihren Bann ziehen.
Diese Neuausgabe wurde vom Erfolgsautor Hermann Schreiber aktualisiert sowie mit neuer Bebilderung und einem neuen Vorwort versehen. Der österreichische Privatgelehrte und Schriftsteller (Jahrgang 1920) gelangte erstmals 1961 mit seinem Sachbuch „Land im Osten“ auf die Bestsellerlisten. Er verfasste zahlreiche weitere Sachbücher zu geschichtlichen Themen, Städtemonographien, Biographien und Anthologien, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden.
_Vorwort_
Unter den aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge von Johannes Paul II. befand sich der Erzbischof der Stadt Wien, Christoph Kardinal Schönborn, aus der böhmischen Linie des alten Grafengeschlechts und erheblich jünger als der spätere Benedikt XVI. Als Kind hatte er die Vertreibung aus der Tschechoslowakei erlebt, aus einem Land, das seine Vorfahren mit anderen Standesgenossen zu einem Kulturland gemacht hatten; als Student in Köln, Wien und Paris hatte er Europa kennengelernt, und als Dominikaner war er in jenen Orden eingetreten, der hart und konsequent wie kein anderer Irrlehren und Aberglauben verfolgt hatte. Diese kurze Vorgeschichte gibt den Worten Gewicht, mit denen Kardinal Schönborn sich gegenüber einer großen deutschen Tageszeitung gegen die Alleinherrschaft des naturwissenschaftlichen Weltbildes verwahrte. Die praktische Bedeutung der Technik im täglichen Leben und im Leben menschlicher Gemeinwesen dürfe nicht zu dem Trugschluß verführen, man könne mit naturwissenschaftlichem Wissen auskommen und der Religion nicht mehr bedürfen.
Der Kirchenfürst, der diese Ermahnung in die Welt hinausgehen ließ, ist kein weltferner Eremit, kein fanatischer Bußprediger, kein in dörflichem Frieden gealtertes Pfäfflein, sondern ein Gelehrter auf der Höhe der Zeit. Er erlöste mit diesen Worten, wo immer sie bekannt wurden, die große Schar der Unsicheren, Unzufriedenen und von Schulen und Lehrmeinungen enttäuschten Christen. Sie hatten Erklärungen gesucht, wenn sie ahnten, ohne zu verstehen, sie hatten Antworten erhofft, wenn aus dem Dunkel der Zeit Fragen auftauchten. Sie hatten weltweit vor ihren Bildschirmen Flugzeuge in die stolzen Twin Towers von New York rasen und diese hochragenden, von Menschenhand selbstbewußt ausgeführten Gebäude in Rauch- und Staubwolken über dreitausend Menschen zusammenbrechen sehen an einem Septembertag, der begonnen hatte wie jeder andere.
Diese zwei Seiten sind vermutlich das letzte Vorwort, das ich schreibe:
Wenn dieses Buch erscheint, bin ich sechsundachtzig Jahre alt und blicke auf mehr als hundert Bücher zurück, von denen ich indes nicht sprechen werde, sondern von den Leserbriefen, die sie mir eingebracht haben, Briefe, die pralle Ordner füllen. In ihnen spiegelt sich neben der Erwartung, ein Buchschreiber wisse vielleicht etwas mehr als andere Menschen, die Hoffnung, durch eine Antwort Klarheit, Ruhe, Sicherheit und Befreiung von Ängsten zu gewinnen.
Ich weiß, welche deutschen Landschaften unter den Briefschreibern besonders stark vertreten sind, möchte es aber lieber für mich behalten. Was ich sagen kann, ist, daß die Absender sich ziemlich gleichmäßig auf alle sozialen Schichten unseres deutschen Sprachraums verteilen. Den längsten Brief schrieb mit elf Seiten ein Gymnasiast, die älteste Briefschreiberin war ein Kindermädchen, das das hundertste Lebensjahr erreicht und es geschafft hatte, daß ihre Söhne studieren konnten. Es waren alter Adel vertreten und junge Wirtschaftsintelligenz, etwas mehr Frauen als Männer, aber alle von der einen Erwartung erfüllt, daß ich ihnen jenen alten, viel zu oft zitierten Shakespeare-Satz bestätige, der im Hamlet (Folioausgabe von 1623) so lautet:
|There are more things in heaven and earth, Horatio
than are dreamt of in our philosophy|
Es gibt mehr Ding‘ im Himmel und auf Erden
als unsre Schulweisheit sich träumen läßt
Von all diesen vielen Dingen, Erscheinungen, Vorfällen und Ereignissen spricht erzählend und nur gelegentlich deutend dieses Handbuch; es bemüht sich, ein breites Feld abzudecken, nicht nur, weil Goethes Theaterdirektor im Vorspiel zu Faust I ganz richtig sagt „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“, sondern weil eine Welt auszuschreiten ist, deren Dimensionen wir nicht abzustecken wagen: Für unsere Materialien, unsere Funde gilt, was Paul Celan über seinen Nachlaß schrieb – „Mikrolithen sind’s, Steinchen“.
|München, im Januar 2006
Prof. Dr. Hermann Schreiber|
_Rezension_
Dieses Handbuch bietet ein informatives Sammelsurium rätselhafter Phänomene – ob wirklich alles dem Breich des Okkultismus zuzuordnen ist, bleibt dahingestellt. Mancher, der sich hier vielleicht Einblick in okkulte Praktiken verspricht – sozusagen ein |Handbuch|, um real in Grenzbereiche vorzudringen -, wird enttäuscht sein, anderen aber, die an „Fallbeispielen“ in Sachen „Magie“, „Prophetie“, „Hexerei“, „Liebeszauber“, Okkultismus und Verbrechen“, „Teufelsglaube und Teufelsaustreibung“, „Die Vampire“, „Die Wiedergänger“, „Telepathie“, „Magnetismus“ und „Aberglaube im Alltag“ interessiert sind, wird es umso mehr gefallen.
Die Beispiele und Informationen, die in diesem Werke zusammengefasst wurden, können sich jedenfalls sehen und lesen lassen. Zeitzeugen werden zitiert, amtliche Dokumente herbeigezogen, Historisches verwoben. Man kann zu Fug und Recht sagen: Die Mischung macht’s in diesem Band. Eine, die auch für den Leser aufschlussreich ist, der nicht zu direkt am Okkulten interessiert ist.
Ob nun über „Cäsars Schutzgeister“, „Nostradamus und die Riesenvögel“, „Goethe und die Halsbandaffäre“, „Gerhart Hauptmann und die Titanic“ oder „Der Hexenritt“, „Die Sepharden von Odessa“ – die Bandbreite der Texte ist wirklich beachtlich. Manches entlockte auch ein Schmunzeln, so z. B. der Bericht über die „Wiederherstellung verlorener Manneskraft“.
Kommen wir zur Aufmachung des Werkes, das sich wirklich sehen lassen kann. Der mit einem schönen Covermotiv versehene Band bietet einen ordentlichen Satz mit schönen Szenentrennern und hochwertigen Abbildungen aus dem Archiv Helmut Werner im Innenteil. Somit eignet sich das „Handbuch des Okkultismus“ auch als Geschenkband unter Gleichgesinnten.
Für mich stimmt an dem Band einfach alles – insbesondere das Preisleistungsverhältnis.
|Erw. Neuausg. April 2006
407 Seiten mit 50 S/w-Abbildungen
gebunden, matt laminiert|
http://www.area-verlag.de
Der kleine Georg Johannes Faust sieht mit seinen blauen Augen und dem blonden Haar zwar aus wie ein Engel, doch um seine Empfängnis rankt sich ein düsteres Geheimnis. Der rohe Küfer, unter dessen Dach er lebt, hält ihn und seine Mutter wie Gefangene, und die Übrigen in Haus und Werkstatt beschimpfen ihn als Teufelsbrut! Gleichzeitig jedoch findet der aufgeweckte Bub heraus, dass der Abt des nahen Klosters Maulbronn offenbar schützend die Hand über ihn hält. Das gibt dem Jungen eine Menge Rätsel auf, die zu lösen er fest entschlossen ist. Doch erst mit fast dreizehn Jahren erfährt er im Kloster Maulbronn die Wahrheit über seine Herkunft.
Um seine Mutter zu schützen und seine Seele zu retten, verspricht er dem Abt Johannes Burrus zu Maulbronn sowie dem Abt Paulus Nigrethius aus Spornstein, ihnen in allem zu gehorchen, was sie von ihm verlangen. Zunächst ist er begeistert von all den Büchern, die er nun studieren darf. Allmählich jedoch erkennt er, dass er sich damit in Teufels Küche gebracht hat – im wahrsten Sinne des Wortes!
Das Buch gliedert sich in drei Teile. Der erste umfasst Fausts Kinder- und Jugendjahre. Der zweite beginnt bei Fausts erstem Zusammentreffen mit seiner späteren Geliebten Adele, der dritte an dem Punkt, an dem Faust anfängt, im Land umherzureisen.
Gößlings Protagonist ist ein außergewöhnlicher Mensch. Bereits als Kind zeigt sich seine Fähigkeit, Menschen nach seinem Willen zu beeinflussen. Die Macht, die in dem Jungen schlummert, wird von ihm zwar wahrgenommen, aber zunächst nicht verstanden. Am deutlichsten zeigt sie sich, wenn der Junge seine selbstgebastelten Marionetten tanzen lässt. In großer Bedrängnis, vor allem dann, wenn er versucht, seine Mutter oder auch seinen Hund zu schützen, greift er mehr oder weniger bewusst auf das kalte Feuer zurück, das seinen Augen einen so bedrohlichen Ausdruck verleiht, dass alle um ihn herum kuschen.
Mit zunehmendem Alter wird ihm allerdings bewusst, dass er nicht nur gegen seine feindliche Umwelt zu kämpfen hat. Das kalte Feuer in ihm bemächtigt sich seiner Lenden, und der junge Mann ist machtlos dagegen. Wenn er bei seiner Geliebten Adele liegt, stellen sich wüste Visionen ein, die sich später als wahr herausstellen. Faust ist gefangen in Irrungen und Wirrungen von Wähnen und Wollen. Wie eine in einem Netz gefangene Wildkatze kämpft er gegen die Verstrickungen an, die ihn gefangen halten, bis er nach langem Kampf endlich die Oberhand über sein Selbst zurückgewinnt.
Doch der Kampf gegen den Rest der Welt ist damit nicht beendet. Obwohl sich sein Ruf als Magier und Wunderheiler bereits im ganzen Land verbreitet hat und die Menschen ihm nur so zuströmen, ist er in keiner Stadt gern gesehen. Die ortsansässigen Ärzte fürchten um ihre Kundschaft, die Obrigkeit fürchtet die Folgen seines Puppenspiels. Immer wieder wird Faust der Stadttore verwiesen, muss Bußgelder zahlen. Und auch die beiden Äbte Burrus und Nigrethius lassen nicht locker …
Burrus und Nigrethius haben jeweils ein äußerst teures Steckenpferd. Der Abt von Maulbronn hat sich in den Kopf gesetzt, das gesamte Kloster neu zu errichten, und zwar im neuen gotischen Stil. So leicht und luftig wie Schneeflocken sollen seine Gebäude wirken, und sein Baumeister hat alle Mühe, ihn auf den Boden der Statik zurückzuholen. Abgesehen davon jedoch kosten all diese Neubauten Unsummen, die das Kloster eigentlich nicht aufbringen kann. So versucht der Abt, Geld beim Fürsten der Kurpfalz locker zu machen, was allerdings einen Preis hat, der dem Herzog von Württemberg überhaupt nicht gefällt. Aus den Bauern und Leibeigenen des Klosters ist kaum mehr herauszupressen. Also muss das Gold anderweitig beschafft werden …
Der Abt aus Spornstein dagegen hat ein Faible für teure Bücher. Aber Gold ist nicht der eigentliche Grund, warum er sich mit Johannes Burrus zusammengetan hat. Nigrethius will Ansehen und vor allem Macht. Um ihretwillen schreibt er Bücher über nicht existente Kirchenväter, fälscht Urkunden, und um ihretwillen hat er auch den Faust ausgebildet. Er soll ihm Satan persönlich dienstbar machen! Natürlich alles nur zum höheren Ruhme der Kirche. Und wie praktisch, dass man damit seine eigene Seele nicht im Geringsten in Gefahr bringt. Denn es ist ja der Faust, der den Teufel beschwören und ihm seine Seele verkaufen wird!
Obwohl Burrus und Nigrethius neben Faust eine wichtige Rolle spielen, liegt der Schwerpunkt massiv bei Faust. Nach eigener Aussage ging es dem Autor Andreas Gößling darum, in seinem Buch den „Faust als mögliche historische Gestalt lebendig werden zu lassen“. Das ist ihm auf eindrucksvolle Weise gelungen. Die Figur des Faust ist sehr intensiv geschildert, nachvollziehbar und glaubwürdig. Natürlich ist es fraglich, ob der Faust seine außergewöhnlichen Gaben – wie zum Beispiel die Fähigkeit, durch Handauflegung Krankheiten zu erkennen – tatsächlich daher hatte, dass ein Dämon ihn gezeugt hat. Andererseits sind die historischen Quellen zu dieser Person ohnehin äußerst spärlich, und für den Roman ergab diese Vorgabe eine gute Grundlage.
Die Handlung selbst beschränkt sich auf einen relativ engen Rahmen. Fast alles spielt sich in Maulbronn oder Knittling ab. Die Ereignisse auf Fausts Reisen, von denen es im Grunde nur eine kurze und zwei längere gibt, sind relativ knapp gehalten. Und auch die diversen Angriffe auf Faust im Haus des Küfers oder die Hexenverbrennungen in Speyer werden mit relativ wenig Details erzählt. Immer liegt das Hauptaugenmerk darauf, wie Faust mit all diesen Erlebnissen und Erfahrungen umgeht. Darauf geht der Autor umso genauer ein und lässt sich dabei viel Zeit. So viel Zeit, dass es gelegentlich doch zu Längen geführt hat.
Das mag auch daran liegen, dass Gößling sein Buch mit einem Prolog über eine durchaus verzwickte Situation beginnt, die zu einer recht späten Zeit in Fausts Leben gehört. Die ganze Zeit über will der Leser wissen, wie sich diese Situation auflösen wird, muss damit aber bis zum Epilog warten. Das wurde dann irgendwann doch zu einer gewissen Geduldsprobe.
Die Tatsache, dass es in dem Buch massiv um schwarze Kunst geht, führt natürlich auch zu einigem Kopfschütteln. Die damaligen Vorstellungen von Teufelswerken haben einige absonderliche Blüten getrieben, so zum Beispiel die von der weggehexten Mannheit, die als Vögelchen irgendwo in einem Nest hockt. Und auch die Tatsache, dass sogar ein Hund, der das Kind seines Herrn beschützte und durch ein Missverständnis von diesem getötet wurde, als Heiliger verehrt wurde, scheint uns heute ziemlich verrückt, zumal diese Verehrung auf eine Weise erfolgte, die schon wieder hart an der Grenze zur schwarzen Kunst vorbeischrammt.
Was mir mit der Zeit ein wenig auf die Nerven ging, waren die vielen Sexszenen, vor allem in der Zeit, in der Faust verzweifelt versucht, die Herrschaft über seinen eigenen Willen zurückzugewinnen. Zugegebenermaßen waren sie – so wie der Autor seinen Faust und dessen Situation entworfen hat – unvermeidlich. Trotzdem fand ich es irgendwann lästig.
Sprachlich hat mir das Buch sehr gut gefallen. Andreas Gößling schreibt in einem etwas antiquierten Stil, sowohl was Satzbau als auch Vokabular betrifft, ohne dabei gekünstelt oder gezwungen zu wirken. Gewöhnungsbedürftig, aber sehr passend. Das hervorragende Lektorat sorgte dafür, dass der Leser zu keiner Zeit aus diesem ungewöhnlichen Sprachuniversum herausgerissen wird.
Insgesamt fand ich das Buch durchaus sehr interessant. Es wirft einen recht konkreten Blick auf die damalige Chemie, deren erklärtes Ziel die Erlangung des Steins der Weisen war, und streift historische Ereignisse wie die Pest, den Streit zwischen Pfalz und Württemberg und den Unabhängigkeitskampf der Schweizer. Die schwarze Magie verleiht dem Roman einen Hauch von Mystik. Aber vor allem die Darstellung des Faust als Mensch, der sein Leben lang an allen Fronten gegen Hass und Bosheit kämpfen muss, hat mir gut gefallen. Im Hinblick auf diese gelungene Figur und die ungewöhnliche sprachliche Gestaltung seien die gelegentlichen Längen im Handlungsverlauf gern verziehen.
Andreas Gößling ist promovierter Literatur- und Kommunikationswissenschaftler und äußerst bewandert in Mythen und Kulturgeschichte. Außer diversen Sachbüchern in diesem Bereich hat er auch einige Romane geschrieben, die nicht nur in unseren Breiten spielen wie „Faust der Magier“ oder „Der Alchimist von Krumau“, sondern auch in Südamerika, wie „Die Mayapriesterin“ oder „Im Tempel des Regengottes“. Auch Kinder- und Jugendbücher stammen aus seiner Feder, darunter „Tzapalil – Im Bann des Jaguars“ oder „Timmy im Finsterwald“.
Beate Sauer wurde 1966 in Aschaffenburg geboren. Sie studierte Philosophie und katholische Theologie in Würzburg und Frankfurt am Main. Seit 1997 lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Köln. „Die Buchmalerin“ ist ihr zweiter Roman nach „Der Heilige in deiner Mitte“ (1999). Im Februar 2007 erschien bei |Grafit| ihr aktueller Historienkrimi „Der Geschmack der Tollkirsche“.
_Die Geschichte_
Als Junge verkleidet, befindet sich Donata mitten in heftigsten Winterstürmen auf dem Weg von Burgund nach Köln. Sie will dort Arbeit als Schreiber finden und sich gleichzeitig vor der Inquisition verstecken. Vor dieser ist sie aus Burgund geflohen, weil sie zwei Ketzer nicht verraten wollte.
Schwach und mehr als durchgefroren, sucht sie Schutz in der verlassenen Ruine einer alten Kirche und kriecht dort in den hohlen Altar. In der Nacht wird sie Zeuge eines Mordes. Vier Männer befinden sich in der Ruine: ein Dominikaner, ein Adliger, ein Diener und ein weiterer, von Donata nicht einzuordnender Mann. Und genau dieser stößt dem Dominikaner das Messer in den Leib. Nach Abzug der Männer verlässt die junge Frau fluchtartig den Ort des Verbrechens, um kurz darauf dem Diener in die Arme zu laufen. Doch dieser begreift erst später, dass dieser Junge zu dieser Zeit der Ruine zu nahe war und ein Risiko darstellte. Im Auftrag seines Herrn beginnt die Jagd nach dem vermutlichen Zeugen des Mordes …
Inzwischen hat der Kaiser Friedrich einen Kundschafter auf seinen Sohn, den König Heinrich, und den Kardinal von Trient angesetzt. Der Kaiser wittert eine Verschwörung der beiden mächtigen Männer gegen ihn und den Papst. Doch der Kundschafter Roger ist den beiden dicht auf den Fersen. Bei seinen Beschattungen stößt er ebenfalls auf Donata, die inzwischen bei den Beginen in Köln Unterschlupf gefunden hat. Als der Kardinal in die Stadt einzieht, wird ihr klar, dass dieser der Mörder des Dominikaners war und dass der Dominikaner der Inquisitor Gisbert war – ein treuer Anhänger des Papstes.
Ihr gelingt erneut die Flucht vor dem hohen Geistlichen, doch die Beginen und auch die Benedikterinnen müssen einen hohen Preis für ihre Hilfe bezahlen: Der Kardinal sucht unter ihnen den potenziellen Mörder des Inquisitors, dessen Leiche nun auch noch aufgetaucht ist und somit seine Pläne durcheinander bringt.
Als Donata und Roger aufeinander treffen, verbünden sie sich zwangsweise und machen sich auf die Suche nach dem zweiten Zeugen, jenem adligen Mann aus der Kirchenruine. Der weite Weg quer durchs Land beginnt und hält so manche gefährliche Situationen für die beiden bereit …
_Die Hauptcharaktere_
|Donata|
Sie ist bei Albigensern aufgewachsen, bevor deren Glauben als Ketzerei deklariert wurde. Sie hat Lesen und Schreiben gelernt und verfügt über das Talent des Malens – und zwar des naturgetreuen Malens, das zu dieser Zeit nicht gern von der Kirche gesehen wurde.
Donata ist eine junge Frau Anfang zwanzig. Sie ist gezeichnet durch Zähheit und Widerspenstigkeit gegenüber Schicksalsschlägen, aber genauso durch Mitgefühl, Verantwortungsbewusstsein für ihre Umwelt und innere Zerrissenheit. Sie hat Angst vor der Inquisition, geht aber mutig ihren Weg.
Dieser Charakter ist am stärksten ausgearbeitet, und die Autorin lüftet geschickt erst nach und nach die Geheimnisse der jungen Frau. Wie schön – das schafft Spannung!
|Roger|
Der Kundschafter Friedrichs wird dem Leser sehr früh in seinen Aufgaben vorgestellt. Er bleibt als Person sehr lange undurchsichtig und kommt stellenweise blass rüber. Roger wurde von Kaiser als Waisenkind aufgenommen und unterrichtet. Seine Leidenschaft gilt der Medizin – eine vortreffliche Tarnung für einen Spitzel. Als Arzt verdient er sich schnell das Vertrauen der Leser, doch als Donatas Begleiter bleiben Zweifel ob seiner Ehrlichkeit. Erst beim Finale klärt uns die Autorin endgültig auf.
|Der Kardinal und Legat|
Himmel, was für ein Mann! Ich weiß, er ist ein Mörder, aber dieser Charakter strahlt eine Anziehungskraft aus, die es mir unmöglich macht, ihn nicht zu bewundern. Ehrgeiz, Skrupellosigkeit und Intelligenz paaren sich zu einem Bündel an Energie und, ja, irgendwie auch sinnlicher Ausstrahlung, dass ich mir wünschte, einem solchen Mann begegnen zu können. Nun gut, ich hatte immer eine Schwäche für Bösewichte, aber dieser hier scheint schon ein Prachtexemplar zu sein. Extrem gut ausgearbeitet, Frau Sauer! Ich bin begeistert.
_Meine Meinung_
Die Charaktere verdienen also insgesamt Lob. Übrigens: Das Gleiche gilt für die Nebencharaktere, die ich aber nicht im Einzelnen auseinanderklabüsern möchte. Doch wie ist nun die Story aufgebaut? In einem Wort: Megaspannend! Der Spannungsbogen wird von den ersten Seiten an aufgebaut, steigt kontinuierlich leicht an, endet in einen kleinen Höhepunkt, flacht sachte ab und steuert den nächsten Höhepunkt an. Der Leser hängt an der Angel und muss der Strömung des Erzählflusses folgen, den die Autorin doch sehr geschickt mal hierhin, mal dorthin lenkt. Die Stränge nähern sich der saftigen, kolossalen Verschmelzung und dann …
… kommt das Ende. Mein Gott, wie kann man solch eine Spannung aufbauen, um dem Finale, dem eigentlichen Kern der Sache, so wenig Raum zu schenken? Das darf doch nicht wahr sein! Klar, rein inhaltlich ist das Ende sehr befriedigend, aber das hätte die Autorin doch noch viel gewaltiger inszenieren können. Nein, wirklich, ich bin entsetzt! Am liebsten würde ich den Stift nehmen und alles umschreiben.
Das Ende ist also nicht wie gewünscht, doch der Schreibstil ist wunderbar zu lesen. Zwar ist die Sprache der Protagonisten der heutigen Zeit angepasst, aber das empfinde ich nicht als schlimm. Beate Sauer nimmt sich die Zeit, dem Leser die Umgebung vorzustellen, erweckt damit die klirrende Kälte des Winters zum Leben und verleiht ihrem Roman damit eine lebendige und nachvollziehbare Atmosphäre.
Ein weiteres Plus ist das Tempo der Geschichte. Das Buch umfasst über 500 Seiten, aber selten kehrt Ruhe ein, die die Charaktere dann auch bitter nötig haben. In diesen seltenen Momenten erfahren wir auch die Vergangenheit der beiden Flüchtigen und die ganze Hintertriebenheit des Kardinals. Nähe und Verbundenheit werden aufgebaut, Kontakte geknüpft und der Leser in den nächsten Schachzug der Handlungsträger geschickt. Ja, das ist schon gelungen!
Zum Schluss: Sauer hat in ihrem Nachwort die fiktiven und historischen Charaktere und Geschehnisse auseinandergezwirbelt. Wie zu erwarten war, hat der Kardinal nie existiert, doch die versuchte Rebellion des Königs Heinrich gegen seinen Vater hat stattgefunden. Wann was genau geschah, könnt ihr im Nachwort selbst nachlesen.
Gaius Iulius Caesar (100 – 44 v. Chr.) war ein undurchsichtiger Charakter. Viele sehen in ihm einen Tyrannen, der das Ende der Römischen Republik herbeigeführt hat, andere hingegen sehen es eher so, dass er seinem Volk eine neue römische Ordnung und eine gewisse Stabilität gebracht hat.
Unumstritten war „Julius Cäsar“ aber ein perfekter Feldherr, der seine Soldaten zu äußerster Loyalität und Höchstleistung anspornen konnte. Auch die ägyptische Königin Kleopatra wird Caesar in den Geschichten immer begleiten und hatte Film und Literatur schon immer einen festen Platz an seiner Seite.
Als eine sehr beeindruckende Figur in der Antike wurde Cäsar in zahlreichen Werken der Weltliteratur verewigt. William Shakespeare verfasste das Drama „Cäsar“ im Jahre 1559 und George Bernard Shaw 1901 „Cäsar und Kleopatra“. In der Belletristik wurde der Roman „Die Iden des März“ (1948) von Thornton Wilder veröffentlicht, und schließlich versuchte sich auch Berthold Brecht mit dem Romanfragment „Die Geschäfte des Herrn Julius Cäsar“ (1937-1939).
Nun hat Gisbert Haefs mit „Caesar“ ein farbenprächtiges, historisches Werk rund um diese bedeutende Persönlichkeit verfasst, das im Frühjahrsprogram des |Heyne|-Verlages erschienen ist.
_Die Geschichte_
Die Republik Rom wird von politischen Morden, Verrat und Intrigen erschüttert. Im Winter 53/52 v. Chr. nimmt das Ende der Römischen Republik seinen Anfang. Senatoren und römische Aristokratie entfernen sich immer mehr vom Volk, das nach Stabilität und Frieden ruft.
Der römische Feldherr Gaius Iulius Caesar wird nach seinem erfolgreichen Gallischen Krieg immer mächtiger und zudem reicher, sein Einfluss immer diktatorischer. In den Augen des Senats ist Caesar mit seiner Macht inzwischen eine lästige |Persona non grata| geworden. Verschiedene Politiker gruppieren sich rund um Cicero und zwingen den ehemaligen Legionär Quintus Aurelius, der lange Jahre direkt unter Caesar gedient hat, als Spion tätig zu werden, um Caesars direktes Umfeld zu unterwandern und den Senat zu informieren.
Quintus Aurelius führte nach seiner Dienstzeit ein recht ruhiges Leben und betreibt mit einigen alten Kameraden eine kleine Wirtschaft. In dieser Abgeschiedenheit hofft er, der Politik mit all ihren Umwälzungen aus dem Weg gehen zu können. Aurelius fügt sich den erpresserischen Worten Ciceros und reist ins ferne Gallien, um sich Caesars Stab anzuschließen. Er offenbart sich aber, genießt bald das Vertrauen des angehenden Diktators und folgt diesem auf seinem Weg zur alleinigen politischen Vormacht.
Auf seinen Reisen lernt er die geheimnisvolle, gebildete wie auch gerissene Hetäre Kalypso kennen, mit der ihn bald eine bittersüße Liebe verbinden wird.
Die Machtkämpfe in der römischen Republik beginnen zu eskalieren, es wird mit allen politischen Mitteln um die Macht gekämpft. Das Ziel Caesars ist es, das Römische Reich auf seine Art und Weise zu befrieden, indem er sich zum Diktator auf Lebenszeit ausrufen lässt. Damit wäre die Macht des Senats so gut wie beendet und auch die Vorteile der einzelnen Senatoren, die schwerfällig und allzu selbstgerecht ebenfalls nach der Macht gieren und ihren jetzigen Einfluss gefährdet sehen.
Aurelius und Kalypso fragen sich, was die eigentlichen Ziele des Caesars sind, und ganz gleich, wie diese aussehen mögen, wäre ein Bürgerkrieg keine Alternative zum jetzigen unerbittlichen Todeskampf der Republik …
_Kritik_
Gisbert Haefs ist ein Garant für detailgetreue historische Romane. Seine Werke „Hannibal“, „Alexander“ und auch „Troja“ sind Klassiker und in ihrem Genre sehr gelungen. In „Caesar“ hat sich Haefs einen etwas anderen Stil zugewandt.
In geschlossenen Kapiteln erzählt er die Geschichte aus der Sicht des Quintus Aurelius. Dabei kommen die biografischen Details vieler historischer Persönlichkeiten zum Vorschein und werden innerhalb der Geschichte gut ausgebaut und weitergeführt. Stück für Stück bekommt der Leser einen Eindruck davon vermittelt, in welcher schwierigen und gefährlichen politischen Lage sich das Weltreich Rom in dieser Zeit befand. Und genau dieser Stil lässt „Caesar“ zugleich schwerfällig wirken. In sehr nüchterner und teilnahmslos wirkender Sprache abgefasst, lässt der Roman keine Emotionen von Leserseite zu. Der Spannungsbogen innerhalb der Kapitel kann nicht überzeugen, da die historischen Fakten, die sich nach und nach dem Leser präsentieren, kalt und unpersönlich dargebracht werden.
Die Hauptfigur des Quintus Aurelius entwickelt sich leider auch nicht mit der Erzählung weiter, fade und absolut voraussehbar, gibt es hier keinen Lichtblick. Die Nebencharaktere sind dagegen besser und lebendiger beschrieben worden. Eine Unterscheidung, die sich fatal auswirkt, wenn die Figuren aus dem Umfeld Aurelius‘ mit all ihren Schwächen und Stärken sympathischer und menschlicher wirken.
_Fazit_
„Caesar“ wird historisch korrekt und wissensreich wiedergegeben. Der Leser lernt viel über die tragische Gestalt des Gaius Iulius Caesar und seinen Platz in der Geschichte des Römischen Reiches. Allerdings habe ich selten einen so nüchternen und farblosen Roman wie diesen gelesen.
Gerade das Szenario des drohenden Bürgerkrieges im Imperium Rom hätte für den Leser anschaulicher und vor allem spannender ausgemalt werden können. Die biografischen Daten der politischen Charaktere sind sehr sorgfältig beschrieben worden, aber letztlich hat mich der Roman im Ganzen und als solcher nicht überzeugen können.
„Caesar“ ist ein durchschnittlich guter historischer Roman mit vielen Längen und einer blassen Hauptfigur. Der geschichtsinteressierte Leser, der sich schon mit der Gestalt des Caesar befasst hat, wird nicht viel Neues entdecken, und für Neulinge ist die Story schlicht zu nüchtern erzählt worden.
Mara Volkers ist das Pseudonym von Iny Lorentz. Iny Lorenz ist wiederum das Pseudonym eines Autorenehepaars namens Iny und Elmar. Lorenz hieß Elmars Vater, daher der Nachname Lorentz. Mara stammt vom Namen Elmar ab und Volker hieß Inys Vater, deswegen Mara Volkers. Auch eine Methode, um an ein Pseudonym zu kommen.
„Die Reliquie“ ist bisher das einzige Buch, das unter dem Namen Mara Volkers erschien, während als Iny Lorentz zahlreiche historische Romane wie z. B. [„Die Kastratin“, 980 „Die Wanderhure“, „Die Kastellanin“ oder „Die Tatarin“ erfolgreich veröffentlicht wurden.
_Die Story:_
Im Jahre des Herrn 1268: Der Graf Walther von Eisenstein regiert sein Land brutal und gewissenlos, denn er ist sich seines Einzuges ins Paradies gewiss. Dank eines Holzsplitters vom Kreuze Jesu Christus, den einst einer seiner Vorfahren im Kampf um das Heilige Land mit nach Hause brachte, sind die Seelen seiner Sippe auf alle Ewigkeit gerettet. Für ihn ein Grund, nach Lust und Laune zu morden, zu vergewaltigen und zu rauben. Dabei hat er es vor allem auf das Land seiner Nachbarn und Freibauern abgesehen.
So kommt es eines Tages, dass er den Freibauernhof von Otto und Anna überfällt, den Bauern zusammenschlagen und die Frau mehrfach vergewaltigen lässt. Er lässt die beiden als Hörige in eine Kate bringen und beschlagnahmt sowohl das Land als auch die Tochter Elisabeth, die er als Geliebte mit auf seine Burg nimmt. Die jüngere Tochter Bärbel wird ebenfalls eingesackt, allerdings als hörige Arbeitskraft im Stall, in der Küche oder wo man sie sonst brauchen kann.
Derweil kümmert sich der Meister Ardani um die Kräuterfrau Usch, die von Rache an dem Grafen träumt. Der Zauberer ist sich Bärbels Wert sehr bewusst, durch ihre Verwandtschaft dritten Grades mit dem Grafen ist sie die Einzige, die die Reliquie an sich bringen und damit den Segen von dem Tyrannen nehmen kann. Also befiehlt er der Kräuterfrau, das Mädchen unter ihre Fittiche zu nehmen, dafür zu sorgen, dass das Kind rein und unschuldig bleibt. Usch verwandelt daraufhin die Kleine in einen sogenannten Waldschrat, ein schmutziges, unförmiges Ding, das alle anderen für verrückt halten. Und es wirkt, Bärbels Unschuld bleibt unberührt …
Bleibt also nur noch, die Reliquie zu entwenden und allem Bösen den Garaus zu machen …
_Meine Meinung:_
Dieses Buch beinhaltet historischen Roman, Fantasy-Story und Märchen in einem. Zauberer, Geister, Dämonen und Engel bestimmen die Handlung genauso konsequent wie Grafen, Hörige, Mönche und Eremiten. Hier findet der Leser alles: Krieg und Liebe, Gewalt und Romanze, Intrigen und Verbündungen, Habgier und Freundschaft.
Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet und verströmen eine gewisse Lebendigkeit, die die Seiten schnell vorbeifliegen lässt. Insbesondere der Graf Walther besticht durch eine eiskalte Intelligenz und Bösartigkeit, zieht mordend und plündernd durch sein Land, und was er nicht mit Gewalt erreicht, besorgt er sich mit hinterhältiger Betrügerei.
Dem gegenüber steht das Kind Bärbel, das durch den Zauberer auf sein Erbe erst hingewiesen werden muss und damit nicht wirklich umzugehen weiß. Sie verlässt sich auf ihre Freundin Usch, die allerdings wiederum unter dem Einfluss des Meisters steht, und auf ihre Intuition, die ihr doch immer wieder aus unangenehmen Situationen helfen kann.
Ihre Schwester ist das Betthupferl des Grafen und trägt alsbald dessen Kind unter ihrer Brust. In der Hoffnung, ihr Sohn werde der nächste Graf, lässt Elisabeth ihr Schwesternding gnadenlos fallen und widmet sich nur noch ihrer neuen Karriere. Auch Bärbels Eltern nehmen im Anblick einer neuen Aufstiegsmöglichkeit Abschied von ihrem zweiten Kind, wollen eigentlich nur noch Nachrichten über die „richtige“ Tochter erfahren. Bärbel steht ziemlich allein, bis ein alter Eremit auf der Burg auftaucht und ihr ebenfalls den Auftrag gibt, den Kreuzessplitter zu stehlen.
Selbst die Nebencharaktere sind dicht konstruiert, soll heißen, füllen ihre Rollen mit Realitätssinn und eigenem Stil voll und ganz aus. So ist z. B. des Grafen Haushaltsvorsteherin in diesen verliebt und geifert nach der Ehre, in seinem Bett liegen zu dürfen. In einem Anfall von Wahnsinn will sie ihn mit Hexentrunk verführen und zeigt dabei ihr wahres Gesicht: Durch jahrelangem Verzicht ist sie gelb vor Neid und gemein gegenüber allen weiblichen Wesen in Gegenwart des Grafen. Kurzerhand lässt der Graf sie von allen verfügbaren Knappen und Knechten vergewaltigen.
Der Roman besticht nicht nur durch eine gute Geschichte, sondern ebenfalls durch einen flüssigen und schönen Schreibstil. Häufiger Szenenwechsel hält die Spannung aufrecht und die Detailbeschreibungen sind meiner Meinung nach im richtigen Maß: nicht zu viel, dass es langweilte, und nicht zu wenig, dass man sich nichts vorstellen könnte. Es ist natürlich Unterhaltungsliteratur und dementsprechend gibt es keinerlei Leseschwierigkeiten im Schreibstil. Angenehm und sehr fließend gleiten die Wörter dahin und lassen die passenden Bilder vor dem geistigen Auge entstehen. Allerdings sind die Gewaltszenen doch schon recht deutlich geschildert, und was fehlt, entsteht im Kopf des Lesers sowieso noch dazu. Das ergibt zwischendurch immer mal wieder leichtes Entsetzen, zeigt aber auch sehr nüchtern, wie grausam das Leben in der damaligen Zeit halt war.
Was mich inhaltlich etwas irritierte, war der deutliche Anstieg der fantastischen Elemente zum Schluss des Buches. Auf einmal wimmelte es nur so von Geistern, Engeln und Dämonen. So hatte ich das nicht erwartet, als ich den Roman zu lesen begann. Doch irgendwie passt diese Entwicklung ins Gesamtbild hinein, und deshalb habe ich das Buch bis hin zum Happy-End-Finale auch weiter verschlungen!
Im Großen und Ganzen kann ich diesen Roman allen empfehlen, die Mittelalter-, Fantasy- oder Märchen-Vorlieben besitzen. Es ist sehr gut und leicht zu lesen und die Story unterhält von Anfang bis Ende!
Für den November 2007 ist bei |Bastei Lübbe| der Roman „Die Braut des Magiers“ unter dem Pseudonym Mara Volkers angekündigt.
Homepage von Iny Lorentz: http://www.iny-lorentz.de
http://www.bastei-luebbe.de
Religionsunruhen gehören zu den Dingen auf dieser Welt, die immer wieder die Nachrichten füllen. Allerdings denkt man beim Wort „Religionsunruhen“ heutzutage eher an den Islam. Dabei ist die Weste der Christen auch nicht gerade weiß.
Micaela Jarys historischer Roman „Die geheime Königin“ spielt im 16. Jahrhundert zur Zeit der großen französischen Unruhen zwischen Protestanten und Katholiken.
Die junge Protestantin Isabelle gehört zum Hofstaat von Diane de Poitiers, der Mätresse von König Henri, die er seit Jahren vergöttert und mehr an seinen Regierungsgeschäften beteiligt als Königin Catherine de Médicis. Es weiß allerdings niemand von der religiösen Gesinnung Isabelles, denn sie ist nicht die, die sie vorzugeben scheint. Als Spionin für die Protestanten versucht sie, Diane, die geheime Königin, auszuhorchen und verfolgt dabei noch einen eigenen Rachefeldzug. Schloss Chenonceau, wo Diane residiert, gehörte früher Isabelles Familie, die das Schloss durch einen intriganten Prozess an die Mätresse verlor.
Doch Isabelles Pläne zur Rache an Diane werden gestört, als sie den Hauptmann Gabriel de Montgommery kennen lernt und dem jungen, geschmeidigen Charmeur verfällt. Hin- und hergerissen zwischen ihrem Auftrag und ihrer Religion, versucht sie, ihm aus dem Weg zu gehen, doch er kommt ihr auf die Schliche …
Jarys Roman basiert auf realen historischen Ereignissen, allerdings hat sich die Autorin die Freiheit herausgenommen, diese an einigen Stellen etwas zu ändern. Gabriel de Montgommery zum Beispiel war in Wirklichkeit ein verheirateter Familienvater, doch Jary benutzt ihn als jungen, schneidigen Kavalier.
Gegen dieses Vorgehen ist an und für sich von Laienseite (ein Historiker mag das vielleicht anders sehen) aus nichts zu sagen. Trotzdem ist es kein Freibrief, um die Charaktere übertrieben schwülstig darzustellen, wie in diesem Fall geschehen. Der Klappentextzusatz „Ein packendes Liebesepos …“ wird dezent übererfüllt. Besonders die Figur der Isabelle trieft auf manchen Seiten geradezu vor Pathetik und romantischem Gehabe. Die Art und Weise, wie sie Gabriel verfällt, erinnert stellenweise stark an einen Groschenroman, und das trägt nicht gerade dazu bei, dass „Die geheime Königin“ sehr realistisch wirkt. Außerdem fragt man sich als Leser, wieso ausgerechnet diese junge Dame als Spionin ausgewählt wurde, wo sie doch in schöner Regelmäßigkeit in Ohnmacht fällt oder sich gefährlich verhaspelt. Warum sie trotzdem nicht entdeckt wird, ist wirklich ein Wunder.
Die historischen Tatsachen werden nicht nur anhand der Zeittabelle im Anhang aufgeführt, sondern direkt in die Geschichte eingebunden. Da Isabelle als Spionin arbeitet, hat sie ein eigenes Interesse an den Ereignissen, wie zum Beispiel der Verhaftung eines hohen Protestanten. Man kann also durchaus noch etwas lernen, wenn man „Die geheime Königin“ liest.
Die Handlung hat ohne Frage ihre Momente, besonders wenn nicht sicher ist, auf welcher Seite Gabriel de Montgommery nun eigentlich steht, aber genauso hat sie auch ihre Längen. Insgesamt fehlt es dem gesamten Roman an Spannung. Isabelles Seelenleben gibt leider auch nicht genug her, um diesen Makel auszugleichen. Die knapp 450 Seiten Buch werden dadurch stellenweise zu Quälerei, denn neben der Handlung und den Charakteren hat auch der Schreibstil nicht viel zu bieten.
„Die geheime Königin“ liest sich wie jeder andere durchschnittliche Historienroman auch. Trocken, ohne großartige Stilmittel, aber dafür mit einer Menge schwülstig-archaischer Ausdrücke, die das Lesen mehr verkomplizieren als es plastisch zu gestalten. Der Schreibstil sorgt insgesamt nicht für einen reibungslosen Verlauf der Geschichte, sondern ist im Gegenteil oft schuld daran, dass die Handlung sich zieht.
„Die geheime Königin“ ist ein wenig angestaubt, ein wenig langweilig und ein wenig schwülstig – also nicht gerade die beste Leseempfehlung.
Filme wie „Tiger & Dragon“ oder „Hero“ haben es vorgemacht: China ist immer ein guter Schauplatz für eine Geschichte.
In „Die Drachenkaiserin“ von Alma Alexander dreht sich alles um eine fiktive Schwesternschaft, die Jin Shei, wobei es sich dabei nicht um einen Orden oder ähnliches handelt. Jin-Shei-Schwester zu sein, bedeutet einfach, dass man mehr als eine bloße Freundin ist und immer für den anderen da sein sollte.
Die Schwesternbündnisse, von denen im Buch die Rede ist, entwickeln sich schon in junger Kindheit und umspannen sowohl die Arbeiter Chinas als auch den Kaiserhof. Die junge Schneiderstochter Tai schließt Freundschaft mit der Prinzessin Antian, und die beiden sind ein Herz und eine Seele, bis eines Tages etwas Schreckliches passiert.
Ein Erdbeben begräbt den Sommerpalast unter sich und die einzige Thronfolgerin, die jetzt noch vorhanden ist, ist Liudan. Das junge Mädchen, dessen Vater zwar der Kaiser, die Mutter aber eine in Ungnade gefallene Konkubine war, weigert sich, die Marionette ihres machtgierigen Hofes zu sein, und beschließt, selbst zu regieren. Damit bringt sie das ganze chinesische Reich in Aufruhr. Nicht alle ihre Entscheidungen sind durchdacht, aber mit der Schwesternschaft an der Seite gelingt es ihr, das Reich zusammenhalten. Bis sie eines Tages die Nachricht erreicht, dass es noch eine weitere Tochter des Kaisers gibt, und diese ist älter als sie und damit die eigentliche Thronfolgerin …
Alma Alexanders Roman ist ein kleines Universum. Sie erzählt aus verschiedenen Sichten zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Bevölkerungsgruppen, wodurch ein abgerundetes Gesamtbild des chinesischen Reiches entsteht. Manche Perspektiven wären vielleicht gar nicht so wichtig, aber sie runden das Buch wunderbar ab und sind so lebendig und mit Liebe gestaltet, dass sie nicht stören.
Sowohl die Welt, in der die Geschichte spielt, als auch die einzelnen Charaktere sind mit sehr viel Herzenswärme gestaltet und beschrieben. Besonders wenn die Mädchen jünger sind, liest sich „Die Drachenkaiserin“ beinahe wie ein Kinderbuch, wenn auch nicht ganz so simpel. Das ist allerdings kein Negativpunkt, denn diese Niedlichkeit macht den Charme des Buchs aus. Charme hat „Die Drachenkaiserin“ nämlich auf jeden Fall, und das ist gut so.
Der Charme ist es auch, der das Spannungsnetz, das Alma Alexander webt, zusammenhält. Die Autorin setzt nicht direkt auf eine ansteigende Spannungskurve, sondern vielmehr auf ein dichtes, verwobenes Netz. Dies hat seinen Ursprung in den vielen verschiedenen Perspektiven, die teilweise einen unterschiedlichen Wissensstand über den Lauf der Dinge offenbaren. Dadurch entstehen Konflikte, von denen der Leser meist mehr weiß als die Charaktere, was wiederum die unterschwellige Spannung ausmacht.
Der einzige Kritikpunkt, den man anbringen kann, ist, dass die Masse an Figuren am Anfang verwirrend ist. Alexander führt die verschiedenen Personen ziemlich schnell hintereinander ein, ohne dass bereits erkennbar ist, was sie eigentlich für einen Nutzen für die Geschichte haben. Nach einigen Seiten, wenn die Personen sich in ihren Rollen verfestigen konnten, ist die Verwirrung wieder vorbei. Trotzdem stellt sich die Frage, ob dieses Vorgehen den Leser am Anfang nicht ein wenig überfordert.
Alma Alexanders historischer Roman „Die Drachenkaiserin“ ist ein leises, unauffälliges, aber magisches Buch. Personen und Schauplätze sind lebendig und mit Liebe gestaltet und die Handlung beinhaltet zwar keine Spannungskurve, dafür aber ein dichtes Netz an zwischenmenschlichen Beziehungen mit Konfliktpotenzial. Der charmante Schreibstil trägt noch zusätzlich dazu bei, dass „Die Drachenkaiserin“ wunderbar zu lesen ist.
Mitte des 12. Jahrhunderts: Es ist eine unruhige Zeit, die Bevölkerung lebt in Angst. Juden werden verfolgt, Zisterziensermönche bemühen sich um Schlichtung, der Kreuzzugsgedanke wird verherrlicht. Der junge Welfe Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen, und sein älterer Vetter Friedrich, Herzog von Schwaben, sind Freunde, trotz aller Gegensätze. Während Heinrich darunter leidet, dass sein Anspruch auf Bayern von König Konrad nicht anerkannt wird, glaubt Friedrich an die Einheitlich eines deutschen Reiches, im damaligen Sinne Karls des Großen. Heinrich, der als Kind dem Älteren die Treue geschworen hat, ist zu einem aufbrausenden jungen Mann geworden, der sich zuweilen am spöttischen Auftreten Friedrichs stört.
Im Jahr 1147 ruft König Konrad zu einem zweiten Kreuzzug in Jerusalem auf. Die Stadt Edessa soll von den Ungläubigen befreit werden, mehr als 20.000 Männer wollen teilnehmen. Doch statt wie Friedrich dem Zug zu folgen, kämpfen Heinrich und die Sachsen in einem parallelen Krieg gegen die Slawen zwischen Elbe und Oder und bekehren sie zum Christentum; der Kreuzzug in Jerusalem hingegen gerät zu einem Desaster. Nach seiner Rückkehr heiratet Heinrich Clementia von Zähringen, weitet mit dieser strategisch günstigen Ehe seinen Machtanspruch aus und behauptet sich gegen Angriffe Konrads, der bald darauf stirbt.
Friedrich wird zu seinem Nachfolger gewählt und zieht zur Kaiserkrönung nach Italien. Als Belohnung für seine Begleitung bekommt Heinrich von ihm endlich das lang ersehnte Bayern zugesprochen und Friedrich erhält seinen Beinamen „Barbarossa“. Noch immer unterstützen sie einander, aber sie spüren eine Entfremdung. Friedrich fürchtet, dass das neue Herzogtum die Einheit seines Reiches gefährdet. Heinrich beobachtet eifersüchtig, wie Erzbischof Rainald von Dassel zum engsten Vertrauten des Kaisers wird. Die spielerische Rivalität aus Jugendtagen wird immer ernster …
|Der Rotbart und der Löwe|
Es ist ein großes Unterfangen, das Autor Paul Barz sich vorgenommen hat. Mit Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen hat er sich zweier der schillerndsten und populärsten Gestalten des Mittelalters angenommen, von denen jeder ein eigenes Epos verdient hätte. Beiden Figuren wird etwa gleich viel Aufmerksamkeit gewidmet, was zwangsläufig dazu führt, dass ihre Darstellung etwas oberflächlich ausfallen muss. Unterm Strich ist es Heinrich der Löwe, der dem Leser deutlicher vor Augen erscheint.
Schon in der Jugend zeichnet sich ab, dass er der düstere Charakter von beiden ist. Zwar hat auch er seine unbeschwerten Momente, doch oft verfällt er in tiefes Grübeln. An ihm nagt der Schmerz, dass er viele Jahre kämpfen muss, ehe er endlich das lang ersehnte Bayern als Herzogtum anerkannt bekommt. Aber auch damit ist er nicht glücklich. Die Interessen des neuen Kaisers Barbarossa überschneiden sich immer weniger mit den seinen. Erschwerend kommen Augenblicke hinzu, in denen er die blutjunge Frau von Friedrich, Beatrix, begehrt.
Friedrich dagegen ist ein Träumer, humorvoller und jungenhafter, obgleich er der Ältere von beiden ist. Die Freundschaft zu Heinrich ist ihm wichtig, doch ebenso sind es seine Interessen als Kaiser, die er wahren und verteidigen muss. Heinrichs trotziges Verhalten führt schließlich zu einer Eskalation, welche die Ächtung als Folge mit sich bringt.
Immer wieder kreuzen sich die politischen und privaten Wege der beiden, die selbst im gesetzten Alter noch an ihre Jugendfreundschaft zurückdenken und trotz aller Widrigkeiten diese Zeit nicht vergessen haben.
|Buntes Mittelalterbild|
Deutschland steht im Mittelpunkt der Schauplätze, doch auch Italien, das Barbarossa so sehr liebt, wird mehrfach besucht. Dem geächteten Heinrich folgt der Leser nach England, an den Hof von Heinrich II., wo man unter anderem dem jungen Richard Löwenherz begegnet. In kurzen Szenen tauchen prominente Zeitgenossen wie Königin Eleonor von Aquitanien und der Zisterzienserprediger Bernhard von Clairvaux auf. Man erlebt Beratungsszenen, private Momente, aber auch blutige Schlachten, Folterungen und wüste Feiern.
Das Mittelalter wird in all seiner Derbheit präsentiert, vom einfachen Bauern bis zum hochangesehenen Adligen benutzen die Personen bisweilen eine primitive Sprache und lassen ihren sexuellen Gelüsten ungehemmt freien Lauf. Das mag manchen Leser irritieren und ist tatsächlich eine Spur zu dick aufgetragen, trägt aber auch zur Authentizität der Epoche bei. Ebenso wird bei den Schlachten nichts beschönigt; es kommen zwar keine ausführlichen Details zum Tragen, aber es wird gequält, verhöhnt, es werden Glieder ausgerissen und Kinder geschändet.
Es ist kein edles Bild, das hier vom Mittelalter gezeichnet wird, es ist finster, unverblümt, ausgelassen und auch das Denken und Handeln der beiden Hauptfiguren verzichtet auf idealisierte Züge. Hin und wieder wird die Atmosphäre durch kleine humorvolle Einlagen aufgelockert, etwa wenn die Figuren untereinander Scherze treiben und damit ein freundliches Licht in die angespannten Situationen bringen.
|Viele Karten und Zeittafeln, aber auch Ungenauigkeiten|
Bei der historischen Genauigkeit gibt es Licht und Schatten. Auf der einen Seite folgt jedem Abschnitt eine Zeittafel, die im Schnelldurchlauf die wichtigsten vorangegangenen Ereignisse in kürzester Form zusammenfasst, sodass man nicht Gefahr läuft, bei all den verschiedenen Schlachten und Schauplätzen den Überblick zu verlieren. Im Anhang befindet sich ein hilfreiches Register, das die vorkommenden Namen aufführt und die Seitenzahlen, auf denen sie auftauchen. Es gibt mehrere Karten, die die Aufteilungen des Reiches demonstrieren und Stammbäume der Welfen und der Staufer.
Das alles lässt auf pingelige Genauigkeit schließen. Dennoch weicht der Autor bei der Darstellung einer Nebenfigur, Heinrichs Onkel Welf VI., von den populären Ansichten ab. Im Roman wird Welf als Todfeind präsentiert. Selbst in seiner Hochzeitsnacht hängt Heinrich dunklen Gedanken über ihn nach, er wird als „schlimmster Feind von allen“ bezeichnet und betont, dass Heinrich ihn nie gemocht hat. In der einschlägigen Literatur wird jedoch darauf hingewiesen, dass Welf sich durchaus für die Rückgabe Bayerns an Heinrich einsetzte und von einer immerwährenden Feindschaft nicht die Rede sein kann. Eventuell wurde das Verhältnis aus dramaturgischen Gründen schlechter dargestellt als nötig, was ungünstig ist für Leser, die kein Hintergrundwissen besitzen.
An anderer Stelle wiederum wird es mit der historischen Korrektheit zu Ungunsten der Spannung übertrieben. Gleich mehrfach wird bei diversen Charakteren ihr Schicksal bereits vorausgenommen. Bei Friedrichs erstem Sohn etwa wird auf der Zwischen-Zeittafel nicht nur seine Geburt, sondern auch sein früher Tod in den kommenden Jahren vermerkt und der Handlung vorweggenommen. Auch bei Heinrichs erster Frau Clementia wird kurz nach der Scheidung verraten, dass sie danach nur noch wenige Jahre zu leben hatte. So geschieht es mit mehreren Figuren, was in einem rein informativen Sachbuch angebracht wäre, nicht aber in einem Roman.
_Als Fazit_ bleibt ein anschaulicher und nicht zu komplizierter historischer Roman über zwei bedeutende Figuren des Mittelalters und ihr spannungsgeladenes Verhältnis zueinander. Viele Schaubilder und Zeittafeln untermauern das Geschehen, allerdings ersetzt der Roman kein Sachbuch, da nicht alle Details bis ins Letzte stimmig sind. Als alleiniges Informationswerk über Friedrich Barbarossa und Heinrich den Löwen zu oberflächlich, für Mittelalterinteressierte aber eine unterhaltsame Ergänzung.
_Der Autor_ Paul Barz, Jahrgang 1943, arbeitete nach dem Abitur als Redakteur, seit 1981 auch als freier Schriftsteller. Zunächst veröffentlichte er Sachbücher und Biographien, später wurde auch als Bühnen- und Romanautor aktiv. Werke von ihm sind unter anderem: „Heinrich der Löwe“, „Christoph Columbus“, „Theodor Storm“ und „Mozart“.
Mehr über ihn auf seiner Homepage: http://www.paul-barz.de.
Band 1: [„Der Tribun“ 3536
Band 2: [„Die Schwerter des Tiberius“ 3539
Als Varus zusammen mit drei Legionen vom Verräter und Vertrauten Arminius vollständig vernichtet wurde, ging ein Klagen durch Rom. Verloren waren nicht nur 18.000 Legionäre (mit Hilfstruppen 25.000) sondern auch die Symbole der drei bis auf den letzten Mann verlorenen Legionen.
Germanicus, ein Römer und Freund des Varus, schwört, den Feind und Verräter zu besiegen und die Wahrzeichen der drei vernichteten Legionen heim ins römische Reich zu bringen. Germanien wird überzogen von der Erhebung neuer Truppen, die aus Einheimischen rekrutiert werden. Viele Stämme haben Rom die Treue geschworen; deren Tribut und Treue wird nun eingefordert.
Für die zivile Bevölkerung wird dieser Krieg schrecklich werden. Die römische Armee kennt nur Verbündete oder Feinde, nur Krieg oder Frieden. Ein Schrecken überfällt Germanien und es beginnt die Jagd nach dem Verräter Arminius.
Die Schlachtfelder werden von den Legionen unter Germanicus aufgesucht. Ein erschreckender Anblick eröffnet sich den Heeren des römischen Reiches und dessen Verbündeten. Die Pferde und Fußsoldaten waten in den Knochen der gefallenen Freunde, Verwandten und Soldaten. Sie betreten Opferhaine, in denen die Soldaten zum Tribut und Wohlgefallen der heimischen Götter blutig geopfert wurden. Zeugnis davon künden die menschlichen Knochen und Schädel, welche die Altäre der Germanen zieren.
Brutal und rücksichtslos entbrennt ein Rachefeldzug der Römer. Dörfer der Germanen werden vollständig vernichtet. Gefangene werden kaum gemacht. Der Hass und die Vergeltung überwiegen.
Im dritten Teil der Trilogie von Iris Kammerer, „Wolf und Adler“, geht es primär um den rücksichtslosen Rachefeldzug des römischen Oberbefehlshabers Germanicus, der ehrgeizig und manchmal entgegen jeglicher Vernunft handelt.
_Die Geschichte_
Gaius Cinna, der ein ganzes Jahr lang Geisel eines cheruskischen Fürsten inmitten von Germanien gewesen ist und nach seiner Rückkehr alle Titel und Vorzüge seines väterlichen Namens verloren hat, findet sich als Werkzeug des Germanicus in einem Rachefeldzug gegen die Aufständischen wieder.
Als erfahrener Unterhändler und ehemals Gefangener in der Provinz Germanien ist dieser mit den Bräuchen, der Kultur und der Taktik des Feindes vertraut. Als Kommandeur einer Einheit von einheimischen Truppen steht er zwischen zwei Welten. Verheiratet mit einer Fürstentochter und Vater ihrer Kinder, beißen ihn Gewissensbisse, welche die Einheit und die Liebe zu seiner Frau auf eine harte Probe stellen.
Einerseits strebt Cinna nach Vergeltung für die Schmach und die Schande, die er in dem Jahr der Gefangenschaft erleiden musste, andererseits erkennt er durch genau dieses Wissen, dass der Krieg gegen die germanischen Stämme nicht zu einem endgültigen Sieg führen kann. Zu groß sind die Verluste der Römer und ihrer Verbündeten. Genauso großes Leid erfahren die Zivilisten im germanischen Reich, deren Söhne entweder auf dem Schlachtfeld zum Ruhme Roms fallen oder gar nicht erst wiederkehren.
Cinna verspricht sich von der Teilnahme des Feldzuges die Chance sein Erbe, seine Titel, ja seines Vaters Besitz wieder antreten zu können, aber ist dies der Mühe und Entsagung wert? Seine Frau, verheiratet mit einem römischen Offizier, aber Tochter eines germanischen Fürsten, setzt ihn unwissentlich unter Druck. Für welche Welt, für welche Zukunft kann er sich entscheiden, ohne seine Pflichten gegenüber Rom und Familie zu verletzen oder gar zu brechen?
_Meine Meinung_
Der dritte und letzte Teil der Trilogie rund um den Offizier Gaius Cinna ist sicherlich eine Steigerung gegenüber dem zweiten. In „Wolf und Adler“ beweist Iris Kammerer sie sehr gekonnt ihr Wissen um die römische Besatzung Germaniens und die Kriege, welche diese Region erschütterten.
War der erste Teil durch Einführung und Entwicklung der Hauptperson getrieben, der zweite durch die Festigung der Handlung, so bildet der dritte Teil einen krönenden Abschluss der Erzählkunst rund um Cinna und seine Familie.
Der Krieg in Germanien und Rachefeldzug des Germanicus brachte viel Leid in die Lande der einheimischen Stämme. Bruder gegen Bruder, Vater gegen Vater – die Zustände in einem fast schon bürgerkriegsähnlichen Szenario sind grausam und für beide Seiten vernichtend; nicht nur auf dem Felde, sondern auch in den Herzen der Menschen, der Bevölkerung – durch Vorurteile und vielleicht Entscheidungen, die nur zum Guten des eigenen Stammes getroffen worden sind, bleiben die Prinzipien und die Ehre auf dem Schlachtfeld. Die Einfachen des Volkes sind die eigentlichen Opfer des Krieges und der Gewalt, genauso wie das persönliche Empfinden und das Gewissen.
Iris Kammerer hat sich nach dem für mich eher enttäuschenden zweiten Teil erzählerisch selbst übertroffen. Die Handlung ist plausibel und mitreißend von der ersten Seite an. Nicht nur Kampf und Gewalt sind Bestandteil der Geschichte, sondern vielmehr tragen die Gespräche zwischen den Protagonisten positiv zum Abschluss der Geschichte bei.
Cinnas Konflikte zwischen Vernunft und Gefühl, zwischen Ehre und Gewissen sind einfühlsam und nachvollziehbar beschrieben und fügen der gesamten Handlung einen wichtigen Aspekt hinzu. Seine Zerrissenheit und seine Motivation, seiner Frau jeglichen Wunsch zu erfüllen, bilden den Handlungsrahmen. Iris Kammerer bezieht sich historisch auf viele konkrete Fakten und bringt uns dazu, darüber nachzudenken, wie weit wir persönlich selbst gehen würden, sollten wir uns in einer ähnlichen Position befinden.
_Fazit_
Ein höchst gelungener Abschluss der Geschichte, die sich über drei Bände erstreckt. Zum Schluss bleiben jedoch einige Fragen offen, und fast wünsche ich mir einen vierten Band um den römischen Offizier Gaius Cinna.
Zwar hat sich die Autorin im zweiten Teil „Die Schwerter des Tiberius“ ein wenig in der Historie verrannt, jedoch hat sie es verstanden, in „Wolf und Adler“ Geschichte und Unterhaltung perfekt zu kombinieren.
Der atmosphärisch dichte Roman lässt wenige Fragen offen, und vor dem geistigen Auge läuft die Handlung ab wie bei einem sehr guten Film. Unterhaltung, Information und das Mitfiebern mit der Hauptperson sind perfekt inszeniert.
Bei der Schlacht zwischen Römern und Germanen im Teutoburger Wald in der Nähe von Kalkriese im Osnabrücker Umland gehen die Archäologen und Geschichtsforscher derzeit davon aus, dass bis zu 25.000 Menschen allein auf römischer Seite ihr Leben lassen mussten.
Drei ganze Legionen des römischen Senators und Statthalters wurden vernichtet, und die römische Besatzung zog sich nach dieser Niederlage zurück. Cäsar Augustus war bestürzt über diese Niederlage und verlangte umgehende Aufklärung und Stabilisierung der Grenzen nach Germanien. Höchste Priorität hatte auch die Ergreifung des germanischen Offiziers und Verräters Arminius, der in den Hilfstruppen der Legionen diente. Ein Fürstensohn der Cherusker, der sich der römischen Herrschaft unterworfen hatte und perfekt militärisch ausgebildet wurde.
Dieser Arminius einigte mit falschen Versprechen einige wichtige Stämme in Germanien und lockte Varus, der ihm vertraute, mitsamt seinen Legionen in eine tödliche Falle, aus der es kein Entkommen gab.
Augustus war es ein Gräuel und eine Schande, seine Truppen zurückziehen zu müssen und die Gefallenen auf dem Schlachtfeld zu wissen. Er ist nicht gewillt, die Provinz Germanien ihrem Schicksal zu überlassen und beauftragt seinen Oberbefehlshaber damit, den Verräter Arminius zu fangen und dem Volk und Senat von Rom zu übergeben.
_Die Geschichte_
In „Die Schwerter des Tiberius“, dem zweiten Teil der historischen |Tribun|-Trilogie von Iris Kammerer, bilden genau diese theoretischen Pläne des Kaisers die Grundlage des Romans.
„Die Schwerter des Tiberius“ knüpft logisch genau in der Handlung dort an, wo „Der Tribun“ endete. Ein Jahr war der ehemals römische Tribun Gaius Cinna die Geisel eines germanischen Fürsten. Als die Situation sich zuspitzte und Cinna Gefahr lief, Arminius ausgeliefert zu werden, setzten sich seine Bewacher für ihn ein und retteten ihm somit das Leben. In den letzten Monaten der Gefangenschaft wurde Gaius Cinna mehr Freund als Geisel, mehr Lehrer und Verbündeter. Als die Situation zwischen den uneinigen Stämmen eskalierte, nutzte Cinna zusammen mit Sunja, der Tochter des germanischen Fürsten, die Chance und flüchtete zu den weit entfernten Vorposten der römischen Legionen.
Doch nach seiner Rückkehr muss sich Cinna im römischen Heer völlig neu behaupten. Er wurde in seiner Abwesenheit für tot erklärt, sein Vater, der dem Kaiser nicht unbedingt die Treue geschworen hat, starb und hinterließ keinen Erben. Somit konnte Cinna keinen Titel, keinen Besitz und keinen ehrbaren Namen direkt in Anspruch nehmen, da der Besitz seines Vaters nach dessen Tode automatisch auf den Kaiser überging.
Mittellos und ehrlos, zudem noch in den römischen Augen mit einer Barbarin verheiratet, ist er ganz allein auf die Gnade des römischen Oberbefehlshaber Tiberius angewiesen. Tiberius zwingt Cinna, ihm als Unterhändler zu dienen, denn alleine mit seinem Wissen um die Kultur und die Denk- und Lebensweise der Germanen ist dieser dem römischen Heer eine große Hilfe.
_Meine Meinung_
Im zweiten Roman von Iris Kammerer steht der römische Offizier wieder im Mittelpunkt der Handlung und stellt die logische Verbindung zu „Der Tribun“ her. Zweifellos überzeugt „Die Schwerter des Tiberius“ mit seiner auf Fakten beruhenden Erzählung von den Vergeltungsplänen der Römer. Wie auch schon im ersten Teil, muss man Iris Kammerers Gespür für die historische Genauigkeit Respekt schulden. Schauplätze und Regionen, Städte und Kultur, Militär und Leben der damaligen Bevölkerung, egal ob es nun die Römer oder die Germanen sind – all diese Details wurden perfekt in die Handlungsstränge mit aufgenommen und dem Leser verständlich erklärt.
Die Spannung allerdings hat spürbar im Gegensatz zum ersten Teil nachgelassen. Die Handlungsorte wechseln meiner Meinung nach zu stark, so dass die Einzelschicksale der Charaktere nicht vollständig zur Geltung kommen. Iris Kammerer hat es sicherlich nur gut gemeint, aber oftmals hatte ich den Eindruck, sie verrenne sich in viel zu viel geschichtlichen Details und in der Politik der damaligen Zeit. Ein Spannungsbogen, der sich langsam entwickelt, war für mich in diesem Roman leider nicht erkennbar.
Das Familienleben und die Schwierigkeiten mit der daraus resultierenden Situation sind ein immer wiederkehrendes Thema in diesem zweiten Band. Hier hätte es gut getan, sich wesentlich mehr für den Schauplatz der politischen Lage zu entscheiden als sich mit Familienfehden und Streitigkeiten zu befassen. Besondere und positive Aufmerksamkeit wurde den Pläne des Tiberius gewidmet; diese Gespräche zwischen den römischen Offizieren und dem Oberbefehlshaber in Germanien selbst waren höchst interessant und spannend erzählt.
Sicherlich ist die Geschichte des Volkshelden Arminius literarisch schon öfter ausgearbeitet worden, sei es nun in Form eines Romans oder in geschichtlichen Abhandlungen. Und meistens wurde die Person des Befreiers Arminius als durchweg positiv geschildert. Iris Kammerer ist es gelungen, die Persönlichkeit des Arminius zwar historisch belegt korrekt zu beschreiben, doch verzichtet sie auf das genreübliche Klischee von Gut und Böse in der Studie der Charaktere. Ein Jeder muss sich ein eigenes Urteil über diesen Cherusker-Fürsten bilden; für den einen eine Art von Freiheitsheld, der das germanische Volk vom Joch der römischen Tyrannei befreit hat, für den anderen ist er wohl nur ein meineidiger Verräter, der keinem Volk wohl wirklich uneigennützig gedient hat, sondern nur seinem persönlichen Ehrgeiz. Und genau diese Charakterstudien bilden die absoluten Pluspunkte in diesem Band.
_Fazit_
Seien wir gespannt auf den dritten und letzten Teil der Trilogie. Der erste Roman von Iris Kammerer, „Der Tribun“, war insgesamt spannender und überzeugte mich mehr. „Die Schwerter des Tiberius“ ist sicherlich kein schlechter Roman, kein uninteressanter Nachfolger einer erfolgreichen Geschichte, obwohl ich häufiger den Eindruck hatte, die Autorin verrenne sich und finde den roten Faden nicht wieder. Historisch ungemein sauber und fesselnd geschrieben, ist der zweite Band also durchaus zu empfehlen und macht neugierig darauf, wie es weitergeht, nicht nur mit der Figur des Gaius Cinna, sondern auch mit seinem Widersacher und Erzfeind Arminius.
Originalausgabe
Taschenbuch, ca. 560 Seiten
http://www.heyne.de
http://www.iris-kammerer.de/
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