Archiv der Kategorie: Historisches

Hillen, Hans Jürgen / Fink, Gerhard – Geschichte Roms, Die: Römische und griechische Historiker berichten

Wer kennt sie nicht, die Geschichte jenes Dorfes in Mittelitalien, welches zum Machtzentrum der westlichen antiken Welt aufstieg. Die Geschichte Roms wurde sehr oft erzählt, in all ihren Epochen und Facetten. Das vorliegende Buch ist allerdings im Rahmen dessen etwas Besonderes. Anhand von ausgewählten Quellentexten der Antike wird hier die wechselvolle Historie für den geneigten Leser lebendig aufbereitet. Die äußerst gelungene Quellenauswahl wurde von Hans Jürgen Hillen vorgenommen, während die einleitenden Texte von Gerhard Fink verfasst wurden.

Das Buch beginnt mit den Gründungsmythen um Aeneas und Romulus, die auf das Jahr 753 v. Chr. zurückdatiert werden, und endet mit dem Niedergang Roms unter Kaiser Romulus Augustulus. Dazwischen werden die berauschenden Siege und die erschütternden Niederlagen des Imperium Romanum nacherzählt. Wir begegnen den schon nahezu klassisch gewordenen Gestalten des Caesar, Hannibal, Nero und vielen andern. Zahlreiche Auszüge aus den Werken griechischer und römischer Historiker, wie z. B. Diodor, Plutarch, Sueton und Cicero, eröffnen dem Leser einen interessanten und originellen Blick auf gut 1200 Jahre römischer Geschichte.

Die Gesamtidee hinter diesem Buch ist absolut lobenswert, allerdings darf man auch einige Schönheitsfehler bei der Umsetzung nicht außer Acht lassen. Die Einführungstexte zu den einzelnen Kapiteln sind durchaus informativ und verständlich geschrieben, jedoch handelt es sich dabei um Texte mit extrem narrativem Charakter. Die wissenschaftlichen Kontroversen und etwaige Gegenthesen zu den einzelnen Themenbereichen werden nicht erwähnt. Es handelt sich bei diesem Buch eben um eine Lektüre, die offensichtlich ausschließlich für geschichtsinteressierte Laien konzipiert wurde. Dieser Eindruck erhärtet sich anhand diverser Beobachtungen. Zum einen sind die Quellen nur in der deutschen unkommentierten Übersetzung abgedruckt, was natürlich verhindert, dass sich der Leser gegebenenfalls eine eigene Meinungen zu kritischen Textpassagen des Originals bilden kann. Zum andern gibt es nur einen sehr spärlichen Anmerkungsapparat, der zudem noch an den Gesamttext angehängt wurde, was ein Nachschlagen unnötig kompliziert macht. Der damit einhergehende Verzicht auf Fußnoten mag das Buch zwar optisch schöner machen, aber er erschwert eine intensivere eigene Auseinandersetzung mit den Quellen. Darüber hinaus sind die Kapitelübersichten, die jeweils vor dem betreffenden Kapitel abgedruckt sind, äußerst lieblos gestaltet und zudem unübersichtlich, was ihren eigentlichen Sinn und Zweck ins Gegenteil umkehrt.

Alles in allem überwiegen bei diesem Buch jedoch die positiven Eindrücke. Die insgesamt knapp 500 Seiten sind sehr angemessen bebildert und die Begriffserklärungen im Anhang helfen dem Laien beim Verständnis der Texte. Zudem finden sich im Anhang noch recht umfangreiche und qualitativ hochwertige Literaturhinweise, die eine weiterführende und tiefergehende Beschäftigung mit den einzelnen Themenbereichen des Buches erleichtern. Dieses Buch ist also speziell für geschichtsinteressierte Laien und „Einsteiger“ äußerst geeignet. Die Idee, anhand einer Auswahl antiker Quellen die Geschichte Roms nachzuerzählen, ist sehr erfrischend und wurde in diesem Buch gut umgesetzt.

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Dunant, Sarah – Zeichen der Venus, Das

Florenz zum Ende des 15. Jahrhunderts, zur Zeit der Herrschaft der Medici: Die fünfzehnjährige Alessandra ist die Tochter eines reichen Tuchhändlers. Obwohl sie langsam zu einer jungen Frau heranwächst, benimmt sich Alessandra eher wie ein Junge. Das schlacksige Mädchen interessiert sich nicht für Männer, Bälle oder Kleider. Ihre große Leidenschaft gilt der Malerei. Zu gerne würde sie ihr Können verbessern, doch für eine Frau in dieser Zeit gibt es keine Chancen dafür. Während ihre ältere Schwester heiratet und bald ein Kind erwartet, sucht Alessandra nach jeder Gelegenheit, um sich heimlich neue Farben zum Üben zu besorgen.

Umso aufregender ist für das Mädchen, dass ihr Vater einen jungen Maler mit nach Hause bringt. Seine Aufgabe ist es, die Hauskapelle ihres Palazzos auszumalen. Alessandra erhofft sich, in dem hochbegabten Künstlern einen Lehrmeister zu finden und schleicht sich immer wieder zu seiner Behausung. Doch zu ihrer Enttäuschung verhält sich der junge Mann abweisend und reserviert. Zur gleichen Zeit gerät Florenz durch den Tod von Lorenzo de Medici in Aufruhr. Der erzkonservative Prediger Girolamo Savonarola prangert öffentlich den Verfall der Gesellschaft an. Die Medici werden aus der Stadt vertrieben und der französische König Karl VIII. hält Einzug.

Die florentinischen Bürger fürchten die strengen Gesetze, junge Frauen werden in aller Eile verheiratet oder ins KLoster gebracht. Auch Alessandra wird zu einer Hochzeit gedrängt. Ihr Gemahl ist der deutlich ältere Christoforos, ein undurchsichtiger, aber gelehrter Mann, der ihren Sinn für Kunst und Philosophie teilt. Noch ahnt Alessandra nicht, dass ihr Mann ein dunkles Geheimnis birgt, das sie beide bald in große Gefahr bringen wird. In all diesen Wirrungen kreuzt der geheimnisvolle Maler immer wieder ihren Weg. Wohin verschwindet er jede Nacht, warum benimmt er sich so abweisend? Was verbindet ihn mit den grausam ausgeweideten Leichen, die man in regelmäßigen Abständen in den Straßen findet? Alessandra sieht einem ungewissen Schicksal in einer unruhigen Zeit entgegen …

Das Florenz der Medici ist ein Paradeschauplatz für spannende Historienromane. Prunk und Grausamkeit, vollendete Kunstwerke und unmenschlicher Terror fließen zusammen an einem Ort. Vor diesem Hintergrund kreiert die Autorin ihren ersten historischen Roman, der trotz mancher Schwäche gut unterhält.

|Bunte Mischung an Charakteren|

Im Zentrum steht eindeutig die Ich-Erzählerin Alessandra. Zu Beginn ihres Berichtes ist sie knapp fünfzehn Jahre alt, die unbedarfte Tochter eines Tuchhändlers, die entweder im falschen Körper oder zur falschen Zeit geboren wurde, da ihre Interessen deutlich mehr in die männliche Richtung weisen. Malerei ist ihre Leidenschaft; für Kosmetik oder andere weibliche Gebiete fehlt ihr der Sinn. Als Kind wie als heranwachsende Frau kennzeichnen sie Ehrlichkeit und Offenheit sowie eine scharfe Intelligenz, die man von ihren Geschlechtsgenossinnen nicht gewohnt ist. Es ist nicht schwer, in Alessandra eine Sympathiefigur zu sehen, der man gerne Erfolg auf ihrem Lebensweg wünscht und deren Schicksal uns im weiteren Verlauf immer stärker berührt.

Auch andere Charaktere sind anschaulich und gelungen dargestellt; angefangen bei ihrer schwarzen Sklavin Erila, die für Alessandra eine enge Freundin und mütterliche Beschützerin bedeutet und die mit ihrer lockeren Zunge gerne für humorvolle Szenen sorgt; ihre älteren Brüder Luca und Tomaso, die ihr beide übel mitspielen, jeder auf seine Art – Luca als religiöser Eiferer und Tomaso als leichtlebiger Opportunist, der Alessandra später noch viel größeren Kummer bereiten wird, als sie je geahnt hätte; ihre ältere Schwester Plautilla, eine mollige, frauliche und familienorientierte junge Dame, die sich trotz gegenteiliger Einstellungen gut mit Alessandra versteht; der geheimnisvolle Maler, bei man lange Zeit nicht weiß, wie man ihn einzuordnen hat, und nicht zuletzt Alessandras Ehemann Christoforo, der mal ein sympathisches Wesen und mal Zwielichtigkeit ausstrahlt.

|Spannung auf mehreren Ebenen|

Dass die Autorin urspünglich als Kriminalschriftstellerin aktiv war, merkt man daran, dass eine durchgehende Spannung den Roman durchzieht. Gleich in mehrfacher Hinsicht wird der Leser gefesselt und verfolgt gebannt die Entwicklungen, die zudem nicht vorhersehbar sind:

Da ist zunächst natürlich Alessandras Zukunft als Ehefrau. Ihre Heirat geschieht aus purer Not und nicht aus Liebe, ihr Gemahl ist ein Fremder von fast fünfzig Jahren, über den selbst die Familie nur wenig zu berichten weiß, und bis auf die gemeinsame Liebe zur Kunst erkennt Alessandra keine Gemeinsamkeiten. Zwar ist die junge Frau einerseits erleichtert, dass ihr kein Leben im Kloster blüht, da sie um keinen Preis auf ihre Freiheit verzichten will. Doch vor allem ist sie unsicher und verängstigt, was sie in ihrer Ehe erwarten wird.

Alessandra ist komplett unwissend über Männer und die Aufgaben einer Ehefrau; eben noch ein burschikoses Kind, das die Eltern oft zur Verzweiflung brachte, muss sie nun einen Haushalt führen und einem älteren Mann eine treusorgende Ehefrau sein. Doch schon kurz nach der Hochzeit stellt sich heraus, welches dunkle Geheimnis ihr Mann gehütet hat. Für Alessandra ist es nicht nur in persönlicher Hinsicht schwer, mit dieser neuen Erfahrung umzugehen, sondern sie hat auch berechtigte Angst, dass dieses Geheimnis ihre Zukunft gefährdet in jener Zeit, in der die Gesetzeslage hart und unerbittlich ist.

Lange Zeit im Unklaren wird man auch über ihr Verhältnis zum schweigsamen Maler gelassen. Mal schwebt Sympathie zwischen ihnen, mal ist Alessandra voller Bewunderung für sein Können, doch die meiste Zeit über zieht er sich zurück, und ebensowenig wie Alessandra vermag der Leser seinen Charakter einzuschätzen. Im späteren Verlauf verfällt er in eine Krankheit, er verweigert die Nahrung und verletzt seine kostbaren Hände, und erst zu diesem Zeitpunkt gelingt es Alessandra, sein Schutzschild zu durchbrechen und zu seinem wahren Wesen durchzudringen. Obwohl sie ihn oft für Monate nicht zu Gesicht bekommt, streift er als verwandte Künstlerseele in ihren Gedanken umher.

Zur gleichen Zeit sorgen die unheimlichen Morde in der Stadt für Unruhe, und Alessandra hat zu ihrem Entsetzen Grund zur Annahme, dass ihr verehrter Künstler in diese Ereignisse verwickelt ist. Auch hier darf man gespannt sein, welche Rolle er in diesen grausamen Entwicklungen spielt. Eine durchgängige Spannung besteht außerdem durch die äußeren Einflüsse. Alessandra lebt in einer Zeit des Umbruchs, in der niemand weiß, wer ihre Stadt am nächsten Tag regiert und welche neuen Gesetze erlassen werden. Sowohl in privater als auch in politischer Hinsicht lastet schwerer Druck auf der jungen Frau, die sich ein ums andere Mal gegen widrigste Umstände bewähren muss.

|Kleine Mankos|

Zu den Schwächen des Buches gehört die mangelnde Erfahrung der Autorin mit historischen Romanen. Obwohl die schillernde Gegensätzlichkeit des damaligen Florenz gut eingefangen wird, fehlt es an tiefer gehenden Informationen zur Geschichte. Gegen Ende werden die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ausführlicher geschildert, doch zu Beginn des Romans herrscht in dieser Hinsicht Mangelware vor. Wer nie zuvor ein Werk aus dieser Zeit gelesen oder sich mit den Hintergründen befasst hat, dürfte leicht überfordert werden von den Namen, die beim Leser vorausgesetzt werden. Verschiedene Vertreter der Medici-Familie, die Enstehung und Entwicklung der italienischen Kriege, die Hetzpredigten des Dominikanermönches Savonarola und seine Auseindersetzungen mit Papst Alexander VI. werden zu Beginn kaum erläutert, was es unter Umständen ein wenig schwer macht, sich ganz auf diese Epoche einzulassen.

Ein kleines Manko liegt auch in Alessandras Persönlichkeit. Zwar ist sie eindeutig eine sympathische Protagonistin, doch dafür wenig originell gezeichnet. Nur zu gerne verwenden Autoren in Historienromanen kluge und eher unweibliche Frauen als Hauptfiguren, die durch ihre männlichen Interessen in einer frauenfeindlichen Zeit diskriminiert werden und sich mühsam durchsetzen müssen. Glücklicherweise verfällt Sarah Dunant nicht in das Klischee, ihre Protagonistin als Mann zu verkleiden, aber auch die Figur der intellektuellen und jungenhaften Frau, die sich mehr auf ihre Griechischkenntnisse als auf Schönheitspflege konzentriert, kennt man aus zahlreichen anderen Romanen dieser Art. Ein wenig schade ist zudem, dass die eingeflochteten Serienmorde nicht so wichtig für die Handlung sind, wie es zeitweise suggeriert wird – auf keinen Fall darf der Leser nach der Erwähnung der ersten Morde auf eine kriminalistische Nebenhandlung warten, sonst wird er höchstwahrscheinlich enttäuscht.

_Insgesamt_ bietet sich hier vor allem weiblichen Lesern ein interessantes Porträt einer mutigen jungen Frau, die sich in einer gefährlichen Zeit bewähren muss, vor dem schillernden Hintergrund des Florenz der Renaissance. Trotz kleiner Schwächen, vor allem in Bezug auf die zu spärlichen Informationen zur Historie, eignet sich der Roman für unterhaltsamen und spannenden Lesegenuss.

_Die Autorin_ Sarah Dunant wurde 1950 in London geboren. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit war sie auch als Journalistin aktiv. Bisher verfasste sie Kriminalromane, seit kurzem auch Historienromane. Werke von ihr sind u. a.: „Der Baby-Pakt“, „Mit Haut und Haaren“, „Nachts sind alle Katzen grau“ und „Als Anna verschwand“.

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Robert Harris – Imperium

Nach seinem viel gepriesenen Roman „Pompeji“ setzt Robert Harris seine Linie konsequent fort. Mit „Imperium“ siedelt er die Handlung erneut im Römischen Reich an, um dort mittels einer bekannten historischen Figur einen Politik-Thriller zu konzipieren, dessen Brisanz ohne Weiteres auch auf die Gegenwart bezogen werden kann. Auch wenn viele Elemente der Handlung unter dem Schleier der Vergangenheit nicht mehr vollständig rekonstruiert werden konnten und daher von Harris dramaturgisch geschickt gefüllt wurden, stützt sich der Autor auf zahlreichen zeitgenössische Quellen. Sein Studium im Cambridge und seine langjährige journalistische Arbeit haben ihn mit akribischer, aber dafür fruchtbarer Recherche vertraut gemacht. Und sein Vorgehen zahlt sich aus, denn nach „Pompeji“ gelingt es dem Briten ein weiteres Mal, der römischen Epoche gerecht zu werden und zugleich einen spannenden Roman abzuliefern.

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Appelfield, Aharon – Geschichte eines Lebens

„Geschichte eines Lebens“ – welch bescheidener Titel für die fragmentierte Wiedergabe einer Biografie voller erlebter Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten. Der Autor, Erwin (Aharon) Appelfield, Jahrgang 1932, hat am eigenen Körper all die Gräuel des Kriegs erleben müssen, begonnen in seiner rumänischen Heimat, in der Marschall Antonescu als Adäquat zu Adolf Hitler den Holocaust vorantrieb, über seine schmerzvollen Reise in die Ukraine und die Zwischenstation Ghetto bis hin zu seiner Flucht ins Exil an die Adria und schließlich nach Palästina, wo Appelfield nach jahrelangem Überlebenskampf endlich den lang ersehnten Frieden gefunden hat.

Doch wie schreibt man eine solche Geschichte, ohne dabei Gefühle wie Hass und Verbitterung zu sehr an die Oberfläche dringen zu lassen? Wie kann eine quasi wertfreie Aufarbeitung stattfinden, quasi neutral und faktisch, aber nicht emotionsgeladen und aggressiv? Gar nicht möglich. Jedenfalls sollte man dies vermuten, wenn man sich zu Gemüte führt, was der junge Appelfield damals in der Ära des Krieges hat durchmachen müssen. Schon von Kindesbeinen an führte er ein Leben als Verfolgter, verlor dabei seine Mutter und seine Großeltern schon zu Beginn des Krieges, musste mit ansehen, wie sein Vater den Todesmarsch in die Ukraine mit seinem Leben bezahlte und wurde gleichzeitig noch dazu gezwungen, sich mit etlichen weiteren Menschenschicksalen auseinander zu setzen, während er gerade erst zum Knaben heranreifte. Es gibt wohl kaum Worte, um die Gefühle zu erfassen, die Appelfield nicht nur in dieser niederträchtigen Zeit, sondern auch in den Erinnerungen, die ihn auch heute noch plagen, hat durchleben müssen, doch man ist sich fast schon sicher, dass der Autor sein Leben aus einer sehr feindseligen Perspektive betrachten wird. Aber er tut es nicht, geht schon beinahe souverän mit den prägenden Abläufen um und ist mit sich und seiner Vergangenheit schon lange im Frieden.

Dabei ist es allzu erschreckend, was Appelfield in den vielen gesammelten Ausschnitten und Eindrücken verarbeitet, aber auch, wie emotionslos er die verschiedenen Gedanken aufarbeitet. Ja, es ist die Geschichte seines Lebens, und sie besteht oberflächlich betrachtet nun einmal ausschließlich aus Fakten, aber ist es eben nicht nur irgendeine Geschichte, sondern die eines gedemütigten Kriegsopfers. Appelfield berichtet dennoch relativ trocken (natürlich immer im Hinblick auf die Brutalität der Ereignisse) davon, wie er seine Heimat aufgeben musste, seine Familie verlor, wie er unschuldigen Menschen beim Sterben zusah und dies irgendwann als gegeben hinnahm, und wie er den Tod zu akzeptieren lernte, ohne jemals darauf vorbereitet zu werden. Es ist die Geschichte eines Jungen, der vor seinem eigentlichen Leben bereits aus diesem herausgerissen wurde, der im Alter von sieben Jahren bereits Entscheidungen treffen musste, die nicht einmal ein Erwachsener zu entscheiden imstande gewesen wäre, der aber auch mit der schrecklichen Situation abstumpfte und irgendwann nur noch für sich selber kämpfte – und überlebte.

Grotesk ist dabei, dass er selbst bei den grausamsten Erfahrungsberichten meist die positiven Dinge hervorhebt. Beginnend bei der Ankündigung der drohenden Veränderung, als er mit seiner Familie ganze Massen an Erdbeeren vertilgte, bis hin zu den Arbeiten bei einer Prostituierten, die ihn ausnutzte und missbrauchte, bei der Aharon aber dennoch hauptsächlich die guten Eigenschaften hervorhebt. „Geschichte eines Lebens“ ein optimistisches Buch zu nennen, läge mir zwar fern, doch der Autor zeigt im Grunde genommen sehr oft eine zuversichtliche Grundhaltung, wobei natürlich berücksichtigt werden muss, dass der Krieg für Appelfield ein versöhnliches (soweit man dies so sagen kann) Ende hatte.

Doch wo für den Autor die positiven Eindrücke eine tragende Rolle spielen, bleiben beim Leser fast ausschließlich die Gemeinheiten haften. Babys, die aus purer Lustbefriedigung Hunden zum Fraß vorgeworfen wurden, der brutale Marsch in die Ukraine, die erzählten Ausschnitte des Ghettolebens, und, und, und. Die Liste ist ewig lang und kann im Detail kaum noch wiedergegeben werden, derart massiv häufen sich die gedanklichen Schreckensbilder.

Daher keimt auch ständig die Frage auf, wie Appelfield es bewältigt hat, all diese Erlebnisse mit einer relativen Gelassenheit zu dokumentieren, wie es ihm gelungen ist, sich von den depressiv stimmenden Bildern adäquat zu distanzieren. Wenn man bedenkt, wie genau die Erinnerungen noch in ihm leben und wie detailgetreu er all dies wiedergeben kann, fällt es für den Außenstehenden schwer, überhaupt zu verstehen, aus welcher vergleichsweise neutralen Position er seine eigene Geschichte erzählt. Dies ist für mich persönlich der zentrale Punkt; nicht nur die Auseinandersetzung mit der zerrüttet dargestellten Biografie, sondern vor allem auch die fokussierte Betrachtung des Menschen, der sein erschütterndes Leben in einer nach außen durchweg wertfreien Dokumentation vorstellt. Es sind leider nur 200 Seiten, die einem hierzu Gelegenheit geben, aber die Schilderungen während dieser 20 Seiten sind so umfassend, dass sie Gedankenstoff für mehrere Wochen liefern. Was Appelfield hier beschreibt, lässt den Leser nicht mehr los, und das vor allem, weil er sich nicht auf eine spezifische Beschreibung des Lebens mit dem Holocaust beschränkt, sondern vermehrt die Entwicklung seiner Persönlichkeit in der Zeit des Antisemitismus beschreibt.

„Geschichte eines Lebens“ ist daher auch ein absolut empfehlenswertes Werk, das trotz seiner – und das soll man bitte immer in Relation zu vergleichbaren Schilderungen/Autoren dieser Zeit betrachten – nüchternen Erzählweise emotional zutiefst berührt. Mir fällt momentan kein weiterer Zeitzeuge ein, der die Betroffenen-Szenarien des Zweiten Weltkriegs derart bewegend beschrieben hat wie Aharaon Appelfield in diesem Buch.

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Dübell, Richard – Tuchhändler, Der

Im November des Jahres 1475 bereitet sich Landshut auf eine der bedeutendsten und prunkvollsten Hochzeiten des Mittelalters vor: Der Sohn des reichen Herzogs Ludwig von Landshut soll die Tochter des Königs Kasimir von Polen in der reichen Handelsstadt ehelichen. Die Unterbringung der zahlreichen hoch gestellten Gäste samt Hofstaat muss geplant, die Kirche für die Trauungszeremonie hergerichtet, die Versorgung mit den unterschiedlichsten Waren von Nahrungsmitteln bis hin zu Luxusgütern sicher gestellt werden. Sämtliche Beauftragte wie Stadtkämmerer, Baumeister und Richter haben alle Hände voll zu tun, den Termin fristgerecht einzuhalten, und die Entdeckung einer Leiche in der halbfertigen Kirche hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt passieren können.

Was aber schon schlimm genug sein könnte, endet in Entsetzen, als klar wird, wer die Ermordete ist: Die Gräfin Jagiello, die Nichte des polnischen Königs, wurde offensichtlich geschändet und erwürgt – eine Tat, die, sollte sie König Kasimir zu Ohren kommen, die Hochzeit zunichte machen und einen Krieg hervorrufen könnte.

Als der Kaufmann Peter Bernward mitten in der Nacht zu dem Tatort gerufen wird, erwartet ihn sein alter Freund, der Stadtkämmerer Hanns Altdorfer, der ihn sogleich um die Aufklärung des Mordes bittet. In Altdorfers Begleitung befinden sich der Stadtoberrichter Meinhard Girigel, der Kanzler des Herzogs Doktor Mair und der Anführer der polnischen Vorausdelegation, Albert Moniwid. Bernward, ganz und gar nicht von seiner neuen Beschäftigung begeistert, muss sogleich erfahren, dass der Pole nur zu bereit ist, den Vorfall seinem König zu melden. Immerhin lässt sich der halsstarrige Herr dazu überreden, bis zur Ankunft seiner Prinzessin zu schweigen. Sollte bis dahin der Mörder nicht gefunden sein, würde er dem König Bericht erstatten. Zwei Wochen bleiben somit dem Kaufmann für die Aufklärung, der aufgrund seiner Tätigkeit als Untersuchungsbeamter im Dienst des verstorbenen Bischofs von Augsburg für diese Aufgabe ausgewählt wurde.

Ohne einen Anhaltspunkt auf den Mörder oder dessen Motiv versucht Bernward bei der polnischen Delegation Informationen über die Tote zu bekommen, und trifft stattdessen auf eine Frau, die vorgibt, die Zofe der Gräfin zu sein, und wiederum ihm Hinweise zu entlocken versucht. Ein leer stehendes Haus im Zentrum der Stadt erregt ebenso seine Aufmerksamkeit, denn irgendwer scheint sich dort unerlaubt einquartiert zu haben. Seine Beobachtungen bringen ihn selbst in Lebensgefahr, und zwei weitere Morde sowie Moniwids störrisches Verhalten setzen den Kaufmann gehörig unter Druck, den Fall schnellstens aufzuklären. Und doch kommt der entscheidende Hinweis erst wenige Tage vor Ablauf des Ultimatums – von einem Tuchhändler, der Bernward klar macht, dass der Mord irgendwie in direkter Verbindung zu den Ereignissen vom Landshuter Aufstand 60 Jahre zuvor steht und dass der Name des Mörders seinen Preis hat…

_Meine Meinung_

Richard Dübells Debüt ist ein spannender und mitreißender Krimi, der die mittelalterliche Welt wieder in all ihren Faszinationen auferleben lässt. In wenigen Tagen und trotz Zeitmangel habe ich die Geschichte um den sympathischen Kaufmann Peter Bernward in mich eingesaugt. Ein Mann, der unter dem Tod seiner Frau und seines vierten Kindes noch nach einigen Jahren erheblich leidet, und der nach einem traumatischen Erlebnis im Krieg mit Albträumen und Schuldvorwürfen kämpft.

Da der Autor die Ich-Perspektive für den Roman gewählt hat, erlebt der Leser jede Gefühlsregung des Charakters hautnah mit und identifiziert sich binnen kürzester Zeit mit der ausdrucksstarken Persönlichkeit des Kaufmanns. Dadurch entsteht eine sehr angenehme und kurzweilige Atmosphäre, welche die Story von der ersten Seiten an zur Begleitung eines guten Freundes werden lässt. Ich schlotterte innerlich vor Angst, als Bernward überfallen wurde, ich folgte ihm erschöpft nach Hause, wenn der Tag wieder keine weiteren Ergebnisse gebracht hatte, und ich spürte seine neue, langsam erwachende Liebe. Ich freute mich über das ebenso langsam erwachende Vertrauen gegenüber seinen Leuten und ich spürte einen Kloß im Hals, als die Erinnerung an sein Trauma ihn überwältigte.

Die Beobachtungen, die Bernward beschreibt, erwecken Bilder im Kopf des Lesers, die Stadt Landshut erhebt sich lebendig und greifbar aus dem schwarzweißen Muster, das die Buchstaben auf die Seiten zaubert. Der Autor schafft es, den Leser die Stadt – mit ihrem geschäftigen Treiben, ihren dunklen und schmalen Gassen, ihrem freudigen Stolz auf den Bau der Kirche und ihrem starken Ehrgeiz zur Gestaltung einer unvergessenen Hochzeit – mit Haut und Haaren erleben zu lassen, sie zu durchschreiten und zu bewundern. Die Schilderungen ließen in mir den Wunsch entstehen, das damalige Landshut in seinem Reichtum sehen zu dürfen und im heutigen Landshut die Spuren der Geschichte zu suchen.

Unauffällig mischt der Autor geschichtliche Fakten und schriftstellerische Freiheiten – nur Lesern, die sich mit dieser Hochzeit genau beschäftigt haben, werden die kleinen Schummeleien zugunsten der Story auffallen, aber ich denke, niemand würde sie dem Autor verübeln. In seinem Nachwort entschuldigt er sich selbst für seine Abweichungen vom korrekten historischen Pfad und gibt gleich noch zusätzliche interessante Informationen zur damaligen politischen Situation.

Auch sprachlich lässt der Autor keinen Zweifel zu, dass er sein Handwerk versteht. Detailbeschreibungen, die mir so manches Mal einen Roman vermiest haben, werden geschickt mit Dialogen oder Gedankengängen unterbrochen, der Leser lernt seine Umgebung sehr genau, aber nicht auf langweilige Art kennen. Er weiß bereits nach kurzer Zeit, wen der Kaufmann besucht, wenn der Name der Straße fällt. Das Ende eines jeden Kapitels ist der nahtlose Aufhänger des nächsten, und eine Lesepause einzulegen, fiel mir da extrem schwer. Dübell baut von Beginn an Spannung auf, die den Krimi nur selten in ruhige Gewässer fahren lässt, und seine Charaktere springen munter im Kreis herum, um die Fäden der Geschichte zu einem undurchsichtigen Knäuel zu verspinnen, damit die Hinweise auf den Mörder nicht voreilig zu einem bestimmten Namen führen können. Ich jedenfalls hatte bis zum Schluss keinen möglichen Täter gefunden.

Der Kaufmann wurde mein Freund und kaum ein Autor hat bisher so viel Empfinden für seinen Charakter in mir wecken können. Und wenn ich bedenke, dass „Der Tuchhändler“ Dübells Debüt ist, weiß ich wirklich nicht, wie sehr mir die nachfolgenden seiner Bücher an die Nieren gehen werden. Ich hoffe, mindestens genauso stark, denn das macht für mich Lesen aus: hineingezogen zu werden in die Haut einer anderen Person und durch ihre Augen eine neue Welt zu erfahren. Mehr als nur begeistert gebe ich eine glasklare Leseempfehlung ab, und für Fans des historischen Krimi ist dieser Roman so oder so ein zwingendes Muss!

Abschließend möchte ich die sehr sympathisch wirkende [Homepage]http://www.duebell.de von Richard Dübell erwähnen: liebevoll gestaltet, mit vielen Infos zu seiner Person, seiner Familie und seinen Büchern. Die Seite ist also auf jeden Fall einen Besuch wert!

Chelsea Quinn Yarbro – Hotel Transylvania

Bereits 1978 veröffentlichte Chelsea Quinn Yarbro „Hotel Transylvania“, den ersten Roman um den Vampir Saint-Germain. Ein ganzes Konglomerat an Fortsetzungen folgte. Trotzdem ist die Autorin in Deutschland (noch) weitgehend unbekannt. Vor drei Jahren hat sich dann der |Festa|-Verlag ihrer Bücher angenommen und zunächst „Hotel Transylvania“ auf deutsch veröffentlicht, gefolgt von „Palast der Vampire“ (2005).

„Hotel Transylvania“ spielt in Frankreich, genauer gesagt im Paris des Sonnenkönigs. Saint-Germain ist eine Lichtgestalt der Pariser Gesellschaft. Auf Partys ist er gern gesehen, als gut aussehendem Junggesellen laufen ihm die Debütantinnen scharenweise hinterher, und als Musiker begeistert er seine Zuhörer. Doch darüber hinaus gibt er der Gesellschaft auch genug Anlass zum Klatsch: Woher kommt Saint-Germain eigentlich? Warum sieht ihn nie jemand essen? Und woher nimmt er all die beeindruckenden Diamanten, mit denen er seine Garderobe aufpeppt?

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Clifton Adams – Zug der Verdammten

Ein einfacher Cowboy soll zwei Schwerverbrecher vor die Schranken des Gerichts zu bringen, wobei ihm Kopfgeldjäger, lynchwütige Vigilanten und eine heiratslustige Frau in die Quere kommen ¼ – Spannender, stimmungsvoller Abgesang auf den „wilden“ Westen, der vom Wandel eines Herumtreibers zum verantwortungsbewussten Mann als Prozess erzählt, für den ein bitterer Preis gezahlt werden muss.
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Alexander Kent – Zwölf Sekunden bis zum Untergang

Das geschieht:

1943 steht Nazideutschland auf der Höhe seiner Macht. Der Süden Großbritanniens steht unter Dauerfeuer. Aus der Luft greifen Bomber die Städte an, die Küsten werden von Kriegsschiffen und U-Booten abgeriegelt. Gefürchtet sind auch die deutschen Minen, die aus der Luft abgeworfen oder im Meer versenkt werden. Viele enden als Blindgänger, andere werden entdeckt, bevor sie explodieren können. Alle sind sie zu entschärfen – eine gefährliche Aufgabe, denn die Konstrukteure haben Todesfallen eingebaut. Zwölf Sekunden bleiben dem unglücklichen Entschärfer zu erkennen, dass er einen Fehler gemacht hat, bevor er in Stücke gerissen wird.

So hat der Vorgänger von Korvettenkapitän David Masters seinen Job verloren. Die Royal Navy ernennt den neuen Mann zum Kommandanten der Torpedo- und Versuchsanstalt „HMS Vernon“, wo man sich auf Sprengkörper aller Art spezialisiert hat. Auch Minenleger, -räumer und Entschärfer werden hier ausgebildet; der Bedarf ist groß … Die Angst ist ständiger Begleiter der Männer, die gleichzeitig fasziniert sind vom Kampf mit der Bombe, dem „Biest“, den sie stets ganz allein führen müssen. In der letzten Zeit sind die Verluste höher denn je, denn die Deutschen testen einen neuen Minentyp, der bei jedem Entschärfungsversuch bisher unweigerlich explodierte. Alexander Kent – Zwölf Sekunden bis zum Untergang weiterlesen

Müller, Titus – Todgeweihte, Die

Basel im Jahre 1348: Die Jüdin Saphira lebt mit ihrem Vater in Basel und arbeitet als Federhändlerin in einem eigenen Geschäft. Für ihre Liebe zu dem Christen Tam gibt sie all das auf und bricht mit ihrem Vater und ihrer Religion. Doch ihr und Tam stehen noch weit größere Gefahren bevor. Denn ihr Geliebter ist der Sohn Konrads von Bärenfels, dem wichtigsten Ritter des Psitticherbundes. Dieser trägt seit Jahren mit dem Ritterbund der Sterner seine Fehde um das Amt des Bürgermeisters von Basel aus. Doch diesmal will Konrad von Bärenfels sich seinen Platz als höchster Ritter der Stadt nicht mehr streitig machen lassen. Zudem müssen die leeren und hoch verschuldeten Stadtkassen dringend wieder aufgefüllt werden. Und so entwirft er einen teuflischen Plan.

Böse Gerüchte, Bestechungen, falsche Versprechen und die Angst vor der Pest verwandeln die Stadt innerhalb weniger Monate in einen Hexenkessel. Und wer kann schon beweisen, dass nicht die Juden schuld sind an der Pest und allen anderen Unheilen, die die Stadt bedrohen?!

Titus Müller wurde 1977 in Leipzig geboren und studierte Neuere deutsche Literatur, Mittelalterliche Geschichte und Publizistik in Berlin. Er ist Mitbegründer von „Quo Vadis, Arbeitskreis Historischer Roman“ und trat zuletzt als Herausgeber des vor kurzem erschienen Gemeinschaftsromans „Der zwölfte Tag“ auf. Einige seiner Werke sind „Der Kaligraph des Bischofs“(2002), „Die Priestertochter“(2003), und [„Die Brillenmacherin“ 1236 (2005). Sein Roman „Die Todgeweihte“ entstand auf der Grundlage des Musicals „Basileia“ von Bruno Waldvogel-Frei und Stefan Mens, welches anlässlich des 650. Gedenkjahres zum großen Erdbeben in Basel am 17. Oktober 2006 im Basler Volkshaus uraufgeführt wird.

„Die Todgeweihte“ ist ein spannender, 400 Seiten langer Roman, der auf einer wahren Begebenheit basiert. Er beschreibt die dunklen Jahre der Stadt Basel, die Zeit der Pest, der Judenverfolgung und der großen Erdbeben. Eingeflochten in diese historischen Hintergründe ist die bewegende Geschichte der verbotenen Liebe zwischen Saphira und Tam. Der Autor bedient sich eines klassischen Motivs, indem er mit Tam den Sohn und Erben einer hoch angesehenen Familie beschreibt, der sich in die jüdische Tochter eines Geldverleihers verliebt, die nicht nur unter seinem Rang steht, sondern auch einer religiösen Minderheit angehört, die allseits wenig geschätzt wird. Die Erzählung wirkt jedoch trotz dieses altbekannten Themas keinesfalls langweilig und verläuft auch nicht selten genau entgegen den Erwartungen des Lesers. Titus Müller schafft es, nicht zuletzt durch zahlreiche Nebenhandlungen, den Spannungsbogen über die gesamte Länge des Romans aufrecht zu erhalten.

Der Autor schafft mit seinen Worten eine dichte Atmosphäre, die es dem Leser ermöglicht, sich in die Gedanken und Emotionen der Figuren einzufühlen und deren Glück, Zorn, Verwirrung und Trauer mitzuerleben. Nicht nur die Hauptfiguren werden von ihm überzeugend und schlüssig charakterisiert, auch bei vielen Nebenfiguren zeichnet T. Müller Persönlichkeiten, mit denen der Leser sich identifizieren kann. Diese detaillierte Beschreibung von Einzelschicksalen, die früher oder später ihren Einfluss auf den Verlauf der Geschichte nehmen, zeichnet ein vielschichtiges Bild vom Leben im damaligen Basel. Durch einen ständigen Wechsel der Schauplätze und Situationen bleibt die ganze Erzählung lebendig und man bekommt das Gefühl, überall zugleich dabei zu sein.

Ein gutes Beispiel hierfür ist die Beziehung zwischen Tam und seinem besten Freund Christian Münch, die trotz der Rivalitäten ihrer Väter und vieler harter Bewährungsproben einander treu bleiben. Die Rolle des Christian als Draufgänger und Frauenheld wird von Titus Müller überzeugend charakterisiert, wenngleich sein plötzlicher, durch den Tod des Vaters ausgelöster Sinneswandel vom Rebell zum Klosterbruder schwer nachvollziehbar ist. Allgemein würde ich bemängeln, dass der Autor zeitweise etwas zu sparsam mit den Informationen über die Gedanken und Empfindungen seiner Charaktere umgeht. An anderen Stellen werden die inneren Zustände der Figuren jedoch sehr detailliert beschrieben.

Titus Müller wählte für seinen Roman eine sehr einfache und klare Sprache, sodass die Geschichte zu Beginn ein Jugendbuch vermuten lässt. Dieser Eindruck wird jedoch durch die Thematik des Buches widerlegt. Der Autor verzichtet auf allzu lange Sätze, Fremdwörter oder komplizierte Formulierungen. Lediglich im Zusammenhang mit den Bräuchen des Judentums wählt er die entsprechenden Fachwörter, die dann im weiteren Verlauf der Erzählung oder des Dialogs erklärt werden. Dadurch lernt der Leser nebenbei auch einiges über die jüdische Kultur.

Insgesamt ist „Die Todgeweihte“ ein unterhaltsames, leicht verständliches und spannendes Buch, das allerdings eher als Liebesgeschichte denn als historischer Roman angesehen werden sollte.

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Joann Crispi – Roxane und Alexander

Das Leben des großen Feldherren Alexander ist ja schon in vielen historischen Romanen aufgearbeitet worden, in denen der junge König meistens mehr schlecht als recht weggekommen ist. Vom ersten echten Pascha war da mal die Rede, an anderer Stelle aber auch vom klugen Kriegsstrategen. Es ist eben die Frage, aus welcher Sicht man Alexander betrachtet, als Menschen oder als Herrscher. Joann Crispi hat sich zum Beispiel in ihrem Roman „Roxane und Alexander“ vorwiegend auf den erstgenannten Teil konzentriert und diesbezüglich speziell die Beziehung zwischen Alexander und seiner Gattin Roxane analysiert – und dies aus Sicht der zunächst unfreiwillig Vermählten, die nach dem Tode ihres Mannes im Alter von gerade mal zweiunddreißig Jahren die Geschichte ihres gemeinsamen Lebensabschnitts niederschreibt.

Story

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Cowell, Stephanie – Welche Wonne, dich zu finden

Es gibt wohl kaum einen anderen Musiker aus dem 18. Jahrhundert, den man auch so lange nach seinem Ableben noch in jenem Maße verehrt, wie es bei Wolfgang Amadeus Mozart der Fall ist. Auch über zwei Jahrhunderte nach seinem Ableben 1791 ist seine Musik noch allenorts präsent und wird derzeit noch immer nicht weniger scharfsinnig analysiert als meinethalben die Werke derzeit aktueller Komponisten, die sich dem Stil von Klassik und anderweitiger „E-Musik“ verschrieben haben. So unumstritten seine musikalischen Leistungen sind, so zwiegespalten sind die Meinungen zu Mozarts Lebensstil. Wunderkind, Genie, Chaot, Nervenbündel, psychisch Kranker – mit dem österreichischen Tausendsassa verbindet man vieles, wobei es natürlich im Auge des Betrachters liegt, ob der Weg, den Mozart gegangen ist, positiv oder negativ aufgefasst werden soll.

Stephanie Cowell ist ganz klar den ersten Weg gegangen; die amerikanische Schriftstellerin und Sopranistin hat in ihrem aktuellen Roman „Welche Wonne, dich zu finden“ eine indirekte Liebeserklärung an das Schaffen bzw. die Person Mozarts verfasst und den Musikus passend zum Mozart-Jahr 2006 von einer gänzlich anderen Seite beschrieben. Die Autorin geht nämlich nicht den typischen Weg der Biografie oder dergleichen, sondern nähert sich dem Thema aus der Sicht einer wichtigen Begleiterin, nämlich Sophie Weber. Aus ihrem Blickwinkel sowie jenem der berühmten Musiker-Familie Weber, die neben Sophie auch noch drei andere Töchter hervorgebracht hat, werden die ersten Kontakte mit Mozarts Familie und dessen Entwicklung als Musiker und Mensch beschrieben und in gewisser Hinsicht auch analysiert. Und dies auf eine Weise, die dem allzu kitschigen, fast schon abweisenden Titel Gott sei Dank nicht gerecht wird …

_Story_

Mannheim 1777: Im Hause Weber findet einmal in der Woche ein großes Fest statt. Musiker aus den verschiedensten Regionen präsentieren dann ihre neuesten Stücke und bitten die Anwesenden, darunter die vier Töchter des Hauses, Josepha, Aloisia, Constanze und Sophie, zum Tanz. Auch wenn das Geld bei den Webers stets knapp ist, wird an dieser Tradition festgehalten, schließlich erhofft sich die Mutter, ihre vier Töchter in reicherem Elternhause unterzubringen und mit geeigneten Kandidaten unter den vielen Gästen zu vermählen.

Als eines Tages der junge Österreicher Wolfgang Amadeus Mozart den musikalischen Abend im Hause mit seinem Beitrag veredelt, tritt Sophies Mutter dem gefeierten Musikus sehr skeptisch gegenüber. Seine lockere Zunge und überhaupt sein ganzes Auftreten stoßen bei ihr zunächst auf Missmut, obwohl Vater Fridolin sehr angetan ist von dem mittlerweile sehr verarmten, inzwischen 21 Jahre alten Komponisten.
Und tatsächlich spielen alle Schwestern in Mozarts Leben eine Rolle. Während er für Josephas Altstimme mehrere Werke komponiert und ihr auch den Titel „Königin der Nacht“ widmet, verliebt sich Mozart in deren Schwester Aloisia. Die beiden planen Großes und verloben sich auch, jedoch findet ihre Beziehung ein jähes Ende, als Mozart seine Angetraute zu lange auf die erhoffte Hochzeit warten lässt. Die Enttäuschung ist auf beiden Seiten groß, doch Mozart bleibt der Familie Weber treu, besonders als Hausherr Fridolin frühzeitig stirbt. Seine verwitwete Frau, besorgt um den weiteren Unterhalt, sieht im zunächst verachteten Mozart die letzte Hoffnung und möchte ihn mit Sophie verkuppeln. Doch diese hat eine ganz andere Idee, und nach langem Hoffen gerät schließlich die junge Constanze ins Blickfeld des Komponisten …

_Meine Meinung_

Welchen Input kann einem ein Mozart-Roman noch geben, wenn man durch exzessive Recherche ohnehin schon sehr bewandert in diesem Themengebiet ist? Diese sicherlich berechtigte Frage kam auch mir in den Sinn, bevor ich mich mit dem aktuellen Werk von Stephanie Cowell auseinander setzte. Zunächst konnte ich mir kaum vorstellen, dass die Autorin oder überhaupt ein Buch über den verehrten Komponisten noch wesentlich Neues liefern kann. Und genau dies ist durchaus auch der Fall; rein historisch betrachtet, ist „Welche Wonne, dich zu finden“ ziemlich unspektakulär.

Was an diesem Roman indes so gut gefällt, ist der etwas eigenwillige Ansatz. Das Buch hat zwar den Beititel „Mozart-Roman“, lässt den vermuteten Protagonisten aber nicht zwingend zur Hauptfigur werden. Vielmehr beschäftigt sich Cowell nämlich mit dem Leben der ebenfalls recht armen Familie Weber und dem Einfluss, den der irgendwann dahergereiste Österreicher auf deren weiteren Weg hatte. Und genau hier wird „Welche Wonne, dich zu finden“ plötzlich ausgesprochen interessant! Es geht nämlich nicht mehr alleine um den so oft zitierten Musiker, sondern in erster Linie um das oft nur oberflächlich betrachtete Umfeld.

Gut, wirklich tief greifend ist die sinnliche Beschreibung der Weber-Familie nun auch nicht, schließlich befasst sich Cowell vordergründig mit den Beziehungsgeflechten zwischen den Schwestern des Hauses und dem etwas vorlauten Mozart. Es ist tatsächlich die von Cowell angedeutete, hier Schrift gewordene Liebeserklärung, die im Roman mit den Augen der eher unbeteiligten Sophie Weber betrachtet wird. Sie beschreibt vor allem die gescheiterte Beziehung zwischen Aloisia und dem von Mutter Weber als Hallodri bezeichneten Wolfgang und die sich daraufhin bietende Chance, sich selber mit dem enttäuschten und beleidigten Musiker einzulassen. Doch Sophie hat das Geschehen in den vergangenen Monaten ausführlich beobachtet und die ihrer Meinung nach klügere Entscheidung getroffen, den Musiker ihrer anderen Schwester Constanze zu überlassen.

Vergleiche mit ähnlich gelagerten Romanen ergeben sich hingegen durch die auch hier sehr gekonnt in Szene gesetzte Dramaturgie. „Welche Wonne, dich zu finden“ ist traurig, melancholisch, euphorisch und gefühlvoll in einem Atemzug; ein stetiges Wechselbad der Gefühle, verursacht durch den widersprüchlichen Charakter Mozarts, der durch seinen Drang, der musikalischen Perfektion nahe zu kommen, die Menschen um sich herum fast ganz vergaß, andererseits aber ohne sie nicht sein wollte. Das zerstreute Genie ist auch hier präsent, und die eindeutige Betrachtungsweise des Musikers lässt auch keine Zweifel an dessen Können zu. Nur eben wird hier nicht der Musiker Mozart beschrieben, sondern das Empfinden des Menschen Mozart aus der Sichtweise einer Person, die ihn ohne wirkliche Annäherung sehr gut kennen gelernt hat und daher auch ein sehr gutes Bild von all seinen Wesenszügen hat zeichnen können. Und dies ist – ich erwähnte es bereits – unheimlich interessant geschildert.

Zwei wichtige Voraussetzungen gilt es also vor dem Öffnen der Buchklappe erst einmal zu überdenken: Zum einen ist der Roman trotz Kitschtitel und romantischem Inhalt kein reines Frauenbuch, und zum anderen ist „Welche Wonne, dich zu finden“ kein weiteres Standard-Werk über den Musiker, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird. Kann man sich davon freimachen, bekommt man von Stephanie Cowell ein etwas andersartiges, indes sehr lesenswertes Portrait des damals in seiner Blüte stehenden Komponisten offenbart, mit dem sich Anhänger Mozarts auf jeden Fall mal beschäftigen sollten – zumal die dezent eingeflochtenen fiktiven Ansätze auch noch eine nicht zu verachtende Spannung hineinbringen. Gute, kurzweilige Unterhaltung ist also auf jeden Fall garantiert!

Barbara Büchner – Der Pestarzt

Wien, 1898. Gründerzeit, Aufbruchzeit. Die Pest gilt in Mitteleuropa als Schrecken der Vergangenheit, lange noch nicht besiegt, aber doch zurückgedrängt in weniger zivilisierte Länder. Aus einem dieser fernen Länder jedoch, aus Indien, bringt ein ehrgeiziges Ärzte-Team den Pesterreger mit nach Wien, um ihn dort zu erforschen. Doch nicht nur die Information über das brisante Unterfangen sickert nach außen, auch der Erreger lässt sich nicht vollständig isolieren. Die Pest bricht aus. Mitten in Wien.

Dr. Müller, der Pestspezialist, ein furchtloser und gläubiger Arzt, fühlt sich immun gegen die Seuche und pflegt aufopfernd seine Patienten. Ein äußerst spannendes Buch, mit viel Zeit- und Lokalkolorit. Das Denkmal für den tatsächlich gelebten Dr. Hermann Müller ist in Wien zu besichtigen.

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Rainer M. Schröder – Das geheime Wissen des Alchimisten

Köln im Oktober 1705: Die fünfzehnjährige Johanna hat ein hartes Leben. Nach dem Unfalltod ihres Vaters vor sieben Jahren hat ihre Mutter aus Angst vor Armut den Irrenhausbesitzer Heinrich Hackenbroich geheiratet. Der brutale Stiefvater führt dort ein strenges Regiment und behandelt Johanna nicht besser als eine Magd; ihre Mutter ertränkt ihren Kummer im Alkohol. Zudem muss Johanna sich vor den ständigen Übergriffen seines jungen Gehilfen Frieder erwehren.

Eines Abends geschieht etwas, das ihr bisheriges Leben auf den Kopf stellt: Ein schwer verletzter Mann auf der Flucht vor Verfolgern bittet sie um ihre Hilfe und verspricht ihr, sie dafür reichlich zu entlohnen. Zögernd versteckt Johanna den Fremden auf ihrem Wagen. Der Verfolger entpuppt sich als vornehmer Mann mit einer grässlichen Entstellung auf einer Gesichtsseite. Johanna lockt ihn und seine Begleiter auf eine falsche Fährte. Anschließend bringt sie den Fremden zu sich nach Hause.

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Winter, Maren – Stundensammler, Der

Mit „Der Stundensammler“ legt Maren Winter ihren zweiten Roman vor, dessen Handlung wie ihr Debüt erneut in ein historisches Gewand verpackt ist. Beschrieb sie in „Das Erbe des Puppenspielers“ die schicksalhafte Reise eines Puppenspielers, der in die Intrigen und Verschwörungen zu Zeiten Karl des Großen verwickelt wird, so verlegt sie in ihrem Zweitwerk die Geschichte gut 700 Jahren nach vorne. Genau genommen in das Jahr 1492, zu Hochzeiten der Renaissance.

„Der Stundensammler“ wurde wie ihr Erstling erneut bei |Heyne| veröffentlicht und erschien dort als Taschenbuchausgabe in der Reihe |Heyne Original|. Auf den knapp 500 Seiten lassen sich neben der Romanhandlung zwei Karten sowie einige Anhänge finden. Die Karten stellen Nürnberg sowie das Nürnberger Umland dar und sind mit für den Plot wichtigen Ortschaften gekennzeichnet. Für das Nachvollziehen der Handlungsstränge wären sie zwar nicht notwendig gewesen, als nette Beigabe taugen sie aber allemal. Die Anhänge beschäftigen sich mit dem historischen Hintergrund und listen detailliert die wichtigsten Fachausdrücke mit prägnanten Erläuterungen sowie die Protagonisten der Handlung und deren Bezug zur historischen Realität auf. Wer tiefer gehende Informationen sucht, kann sich anhand der gelieferten Hinweise so um weitere Literatur bemühen.

Während Maren Winter mit „Das Erbe des Puppenspielers“ auf sicherem Terrain agierte – immerhin schloss die 1961 geborene Autorin eine Ausbildung zur Puppenspielerin ab und gründete mit ihrem Mann ein Figurentheater -, wagt sie sich in „Der Stundensammler“ auf ein zumindest aus ihrer Biographie nicht ersichtliches, neues Gebiet vor. Zentraler Aspekt in ihrem Roman ist die Erfindung der Taschenuhr, um den sie die Lebensgeschichte der fiktiv ausgestalteten Hauptfigur Severin und den damit verbundenen Plot anlegt:

Severin wird als Findelkind von seiner leiblichen Mutter in die Familie des Bauern Georg Geiss gegeben, in der er mit seinen neuen Geschwistern eine harte Kindheit erlebt – unbedacht von seiner tatsächlichen Herkunft. Er muss schuften und hart arbeiten, doch die Anerkennung in seiner Familie bekommt er nicht. Als er eines Tages die Schafe hüten muss und nicht verhindern kann, dass eines von ihnen im Fluss ertrinkt, hat er sich seine letzten Sympathiepunkte verspielt. Die Strafe, das Schaf durch noch härtere Arbeit abzugelten, trifft ihn hart.

Die Geschehnisse nehmen ihren Lauf, als die Familie ins Dorf Affalterbach zieht, um dort auf dem kleinen Markt ihre Waren feilzubieten. Denn während die Bauern noch unbedacht handeln, zieht der Markgräfliche Erbprinz gen Nürnberg und schlachtet auf seinem Weg die schutzlosen und völlig überraschten Bauern regelrecht ab. Zwar kann das Heer vor Nürnberg aufgehalten und schließlich vertrieben werden, doch Severin verliert seine gesamte Adoptivfamilie, während sich der Junge im Kirchturm versteckt hält. Denn den Angriff verschläft der Junge schlicht und ergreifend unter der über ihm tickenden Kirchenuhr. Alles, was er danach noch vorfindet, ist ein Feld voller Leichen.

Dieses Ereignis prägte ihn so sehr, dass die Zeit, und vor allem das Wissen über die Zeit, sein künftiges Leben fortwährend begleitet. Anfangs noch unbewusst, später im Verlaufe der Handlung immer drängender, wird ihm klar, dass es nur eine Lösung gibt: eine Taschenuhr, die jeder mit sich herumtragen kann. Erst dann hätten die Menschen die Kontrolle über die Zeit …

Maren Winter schafft es leider nicht, gleich zu Beginn eine fesselnde Atmosphäre aufzubauen. Zwar wird schnell klar, dass sich die Autorin auf dem historischen Gebiet auskennt und weiß, wovon sie schreibt, doch der Funke will zunächst nicht überspringen. Das mittelalterliche Bild, das sie aufzubauen versucht, setzt sich einfach nicht plastisch im Gedächtnis fest, als dass darauf aufbauend die Handlung wirklich mitreißen könnte.

Dies scheint an mehreren Faktoren zu liegen. Zunächst wirken die Figuren anfänglich äußerst platt, auch wenn der Hauptcharakter Severin und die Heinlein-Brüder, unten denen der Junge später dient, hier angenehm herausstechen. Die meisten Nebenfiguren bleiben recht blass und leblos. Die Bauernfamilie etwa, die auf den ersten Seiten beschrieben wird, kommt einerseits klischeeartig tumb, voreingenommen und rüde daher, anderseits werden den Bauern dann aber Dialoge in den Mund gelegt, die äußerst unpassend erscheinen. Wenn sie in einigen Szenen plötzlich auf die politische Situation und die kriegerischen Konflikte zu sprechen kommen und mit erstaunlichem Hintergrundwissen argumentieren, entsteht der Eindruck, dass an dieser Stelle recht gezwungen der Plot vorangetrieben werden soll. Auch Severins Motivation, durch das Verschlafen des Gemetzels unter der Kirchenuhr die Zeit kontrollieren zu können, damit ihm solch ein Missgeschick kein weiteres Mal passiert, kann nicht so recht überzeugen.

Der Leser wird also auf eine harte Probe gestellt, wenn er sich der Romanhandlung hingeben möchte, aber immer wieder bemerken muss, dass diese sich nicht von alleine entfaltet, sondern von der Autorin mal mehr, mal weniger auffällig in die gewünschte Richtung vorangetrieben wird. Schade, denn dadurch kann sich auch die mittelalterliche Szenerie nicht festsetzen. Durchaus verständlich, wenn der Leser hier frustriert aufgibt – doch durchzuhalten lohnt sich.

Denn in dem Moment, als Severin auf die Bettlerin Barb trifft, die sich seiner annimmt und nach Nürnberg bringt, gewinnt „Der Stundensammler“ an Fahrt. Plötzlich kann sich der Leser mit der Hauptfigur identifizieren, kämpft seinen täglichen Kampf ums Überleben mit und freut sich für ihn, während er sich langsam vom Bettler über den Tagelöhner zum Gesellen hocharbeitet. Nürnberg, in dem sich die weitere Handlung abspielt, wird plastisch. Es gewinnt an Facetten ebenso wie an Leben, wenn immer mehr einflussreiche Leute in Severins Leben treten, die ihm helfen, seinen Traum von der Kontrolle der Zeit zu realisieren und ihn beim Bau einer Taschenuhr unterstützen. Dass sein Ziel schlussendlich Wirklichkeit wird, er seinen wahren Vater trifft und auch in der Liebe fündig wird, rundet den Roman würdig ab. Alles andere als ein Happy-End hätte man nach diesem Aufbau auch nicht erwartet.

Wer tapfer ist und durchhält, bekommt schließlich mit „Der Stundensammler“ einen ordentlichen Roman geboten, der zwar keine Lorbeeren gewinnt, aber durchaus unterhalten kann. Das historische Gewand um die Erfindung der Taschenuhr ist überzeugend, die schriftstellerische Aufarbeitung dessen aber ausbaufähig.

Serno, Wolf – Balsamträger, Der

Wolf Serno wurde in den letzten Jahren vor allem durch seine Geschichten um den Wanderchirurgen bekannt und in manchen Publikationen sogar als die deutsche Antwort auf Umberto Eco bezeichnet. Seine Fähigkeit, historisch Korrektes mit spannender Fiktion zu verknüpfen, ist hierzulande fast schon einzigartig und verdient immer wieder großes Lob. Während ich selber noch immer sehr begeistert an sein zuletzt von mir gelesenes Buch „Hexenkammer“ zurückdenke, veröffentlichte Serno dieser Tage auch schon wieder einen neuen Roman unter dem Titel „Der Balsamträger“. Die Vorfreude war groß, aber leider bleibt der Autor in seinem Ende 2005 erschienenes Werk ein Stück weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Warum, wieso, weshalb kann man im Anschluss an die folgende Inhaltsangabe lesen.

_Story_

1780 im Thüringer Wald. Der kleine Tagedieb Listig ist als Bettler nicht sonderlich erfolgreich. Eines Tages entdeckt er jedoch eine Masche, mit der er die Leute auf dem Markt übers Ohr hauen kann. Und seine Raffinesse wird immer ausgefeilter; so gelingt es ihm tatsächlich, den berüchtigten, wertvollen Antonius-Splitter aus der Kirche zu entwenden, als eine Räuberbande diese in Brand setzt. Als er diesen in einem Wirtshaus gegen eine Mahlzeit tauschen kann, kommt dem jungen Listig eine Idee; er schnitzt sich seine eigenen Splitter, verkauft die Duplikate und bereichert sich mit dieser üblen Gaunerei. Im selben Ort trifft Listig auch auf einen Zahnbrecher, mit dem er fortan von Dorf zu Dorf zieht, bis Listig das Opfer eines Unfalls wir: Mitten im Wald wird der betrunkene Ganove von einer Kutsche angefahren und verliert dabei beide Beine. Aus dem Mann, der seinem Namen alle Ehre macht, wird ein hilfloser Krüppel.

Pausback ist ein recht einfältiger, ziemlich naiver Hüne, der nach dem Tod seines Vaters dessen Geschäft übernehmen muss. Weil dieser jedoch stets auf Reisen war, um seine heilenden Medikamente zu verkaufen, muss sich der Riese von seiner geliebten Mutter trennen und verliert trotz seines bärigen Äußeren jegliche Obhut. So kann ihm auch niemand zur Hilfe eilen, als seine Kunden den neuen Buckelapotheker immer wieder übers Ohr hauen und ihm die angepriesenen Salben quasi gratis entwenden. Der jedoch merkt vom Schwindel zunächst nichts und wandert seine Route stetig weiter – bis er in Pennewitz auf einen Mann ohne Beine trifft.

Von dort an reisen Pausback und Listig gemeinsam durch die Lande und wandern entlang der Apothekenstrecke bis nach Hamburg. Das heißt, Pausback läuft, während er neben seinen Kräutern auch noch den neuen Freund auf den Schultern trägt. Als Lohn für die Erleichterung der Fortbewegung unterstützt Listig Pausback bei seinen Geschäften und vermeidet, dass dieser in den Ruin hineinrennt. Der neue Friede wird aber schnell getrübt, als die beiden dank Listigs lockerer Zunge in das Lager der Räuberhauptmanns Galantho gelangen. Und dort müssen sie um ihr Leben bangen. Doch dies ist nicht die einzige Situation, in der die Freundschaft der beiden auf eine harte Probe gestellt wird. Auch die spätere Bekanntschaft mit der hübschen Eva, in die sich beide prompt verlieben, wird zur Zerreißprobe, in der Listig erneut auf alte Qualitäten zurückgreift …

_Meine Meinung_

Das 18.Jahrhundert ist das neue Steckenpferd von Serno und wird in „Der Balsamträger“ von der Atmosphäre und den kulturellen Bräuchen her mal wieder fantastisch beschrieben. Die Personen, die Schauplätze der Geschichte und auch die Gepflogenheiten der Charaktere, all dies lässt auf eine verstärkte Vorliebe für diese Ära schließen, bei der Serno mal wieder eine makellose Figur abgibt. Woran es aber bei „Der Balsamträger“ im Vergleich zu früheren Romanen mangelt, ist die Spannung. Der Autor verbringt lange Zeit damit, die einzelnen Hauptpersonen genauer vorzustellen, was im Falle von Listig sicher auch nötig ist, schließlich ist der Mann mit allen Wassern gewaschen, und seine zahlreichen Eigenschaften sollen sich ja auch im späteren Verlauf immer wieder zeigen. Trotzdem dauert es einfach viel zu lange, bis die ganze Geschichte mal in Schwung kommt, denn richtig interessant und in diesem Sinne auch halbwegs spannend wird es erst ab dem Moment, in dem Pausback und Listig aufeinander treffen und gemeinsam ihre Abenteuer erleben.

Zudem hat Wolf Serno es irgendwie verpasst, die einzelnen Handlungsstränge fließender ineinander übergehen zu lassen. Die Verbindung des Amtsmannes Röther, der seine Magd (und Geliebte) Eva dazu bringt, die eigene Frau umzubringen, zur übrigen Geschichte wird zwar später deutlich, aber die diesbezügliche Darstellung ist eher unzufrieden stellend. Lediglich die tatsächliche Rolle der Eva bzw. das Mysterium um die junge Giftmischerin ist ein Punkt, um den herum sich eine gewisse Spannung aufbaut, die auch bis zum Ende durchhält.

Ansonsten scheint der Autor bei „Der Balsamträger“ mehr darauf bedacht zu sein, seinen Humor mit einzubringen. Alleine schon die Darstellung des ziemlich dummen (wenn auch klischeehaft eingeleiteten) Buckelapothekers Pausback lockert so manches Mal die Lachmuskeln, und auch das Bild, das der flinke Listig abgibt, fördert einem ab und an ein Grinsen zutage. Leider aber sind es im Endeffekt auch seine Sprüche und Streiche, die nach einiger Zeit langweilig werden und dem Buch diese vermeidbaren Längen in den ersten beiden Dritteln verpassen. Wie heißt es so schön: Weniger ist manchmal mehr, und genau das trifft hier zu. Serno lässt bisweilen die Zielstrebigkeit beim Kreieren des Plots vermissen, und infolge dessen verrent er sich einfach zu oft in Teilhandlungen, die für die grundlegende Story absolut keine Bedeutung haben. Zu Beginn liest sich das noch alles schön und locker, auf Dauer aber nimmt es der Geschichte den Fluss.

Zum Schluss offenbart Serno dann aber glücklicherweise wieder alte Qualitäten. Die einzelnen Nebenstränge werden zusammengefügt, und es ergibt sich ein gutes, zufrieden stellendes Ende und dann auch das Resümee, dass der Roman trotz der genannten Kritikpunkte immer noch Spaß bereitet hat. Hier scheidet sich nämlich die Spreu vom Weizen: Serno bringt selbst einen durchschnittlich beginnenden Roman noch halbwegs sauber ins Ziel; bei manch anderem Autor hätte man zwischendurch – wohl wissend, dass der Schuss nach hinten losgeht – schon längst aufgegeben.

Jan van Aken – Das Geständnis des Mönchs

Der Autor

Jan van Aken schrieb für verschiedene Zeitschriften und arbeitete für ein Amsterdamer Kulturzentrum. Sein erster Roman „Het oog van de Basilisk“ fand 2000 in seiner niederländischen Heimat begeisterte Leser und Kritiken. Das Manuskript zu „Das Geständnis des Mönchs“ darf man getrost als sein Lebenswerk bezeichnen; zehn Jahre verbrachte van Aken mit der Fertigstellung der Geschichte um den umherreisenden Mönch Hroswith.

Story

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Mondfeld, Wolfram zu / Wertheim, Barbara zu – Schule der Gladiatoren, Die

Freunde des Bestsellers [Der Meister des siebten Siegels 54 dürfen sich auf Nachschub freuen: Wolfram zu Mondfeld, Co-Autor des Meisterwerks rund um das abenteuerliche Leben des Adam Dreyling, legt diesmal jedoch einen im alten Rom spielenden Roman vor. Anstelle von Johannes K. Soyener teilte er sich dieses Mal die Arbeit mit seiner Frau, Barbara zu Wertheim.

Zu Zeiten des Kaisers Nero wird der junge Germane Eppor in die Sklaverei verkauft. Doch das Schicksal meint es gut mit ihm: Gladius Felix, ehemaliger Gladiator und Besitzer der Gladiatura „Felix Felix“, kauft ihn und bildet ihn auf seinem italienischen Landgut nahe Puteolis zum Netzkämpfer aus.

Als „Scorpio“ gewinnt er den Respekt des Pöbels in den Arenen des Imperiums und wird zum Adoptivsohn von Gladius Felix. Doch das Leben eines Gladiators ist reich an Gefahren … und nicht nur in der Arena droht das Verderben. Scorpio wird den Ausbruch des Vesuvs, den Brand von Rom unter der Herrschaft Neros sowie das blutige Dreikaiserjahr und den folgenden Aufstieg der legendären Kaiser Vespasian und Titus aus der flavischen Dynastie nicht nur miterleben, sondern sogar daran beteiligt sein.

Das abenteuerliche Leben Scorpios bildet die Rahmenhandlung, aus seiner Perspektive wird die Geschichte auch erzählt. Gründliche Recherche römischer Sitten und Gebräuche rundet das Bild ab, die Einbindung bekannter historischer Figuren erinnert ebenfalls an das erfolgreiche Muster des Vorgängers „Der Meister des siebten Siegels“, an dem sich Wolfram zu Mondfeld sichtlich orientiert.

Neu ist der Familiengedanke: Die Gladiatura „Felix Felix“ macht ihrem Namen alle Ehre: eine schrecklich nette Familie mit zahlreichen illustren Mitgliedern. Hier ist wahrlich nichts historisch oder glaubwürdig, eine Extraportion heile Gladiatorenwelt, die jedem Humanisten Tränen der Rührung in die Augen treiben würde. Wer sich an den sehr modernen und mehr als aufgeklärten Waringhams von Rebecca Gablé bereits störte, wird erleben, dass man das durchaus noch steigern kann; leider wirkt dies sowohl im Mittelalter als auch im alten Rom unglaubwürdig und aufgesetzt.

Während der Beschreibung der klassischen Gladiatorentypen wie Murmillo, Thraex oder Retiarius (Scorpio ist ein solcher Netzkämpfer mit Dreizack) viel Platz eingeräumt wird – teilweise wiederholt sich der Autor hierbei -, nimmt sich die Beschreibung der Kämpfe in der Arena bescheiden aus. Hier fehlt es dem Autor ein wenig an Fantasie, auch fällt negativ auf, wie selbst bei Kämpfen, die mit dem Tod eines Gladiatoren der Schule Felix Felix enden, der Heile-Welt-Charakter des Buches überwiegt und kein echtes Bedauern beim Leser aufkommen kann.

Für Abwechslung steht auch die bunt gemischte Gladiatorentruppe: Das rothaarige britonische „Ungeheuer“ Fulmina, die wohlgeformte und ihre Rundungen im Kampf mitunter als tödliche Ablenkung einsetzende lesbische Speerkämpferin Leoparda, das etwas rundliche und kleine, aber trickreiche „Schweinchen“ Purpureus sowie der stets sorglose und optimistische pechschwarze Nigeralbus, Sohn des Trainers Amaranthus und seiner germanischen Gattin Freia, sorgen für ein betont harmonisches Umfeld, zu dem bestenfalls der etwas knauserige Verwalter und einige gierige Geldverleiher sowie dem Wahnsinn verfallende römische Kaiser einen leider ebenso einseitigen Kontrast darstellen.

Eine der wichtigsten Nebenfiguren des Romans stellt der rätselhafte, geheimnisumwitterte Stargladiator „Tarquinius“ dar. Stets tritt er in einer schwarz-silbernen Rüstung in seinen Kämpfen „sine missio“ (bis zum Tod ohne Begnadigung) an und hat wenig übrig für das Töten, kämpft nur gegen als Schlächter verrufene Gladiatoren, begeistert mit seinem Schwertspiel, Geschick und Persönlichkeit aber dennoch das „Pöblikum“. Eine sehr begeisterte Hommage an Ridley Scotts „Gladiator“ Maximus. Als an einer Christin interessierter Mithraspriester ist Tarquinius jedoch vielschichtiger, an einem Kampf vor dem großen Cäsar – wenn auch nicht gegen ihn – kommt aber auch er nicht vorbei.

Zwiespältig ist die Schilderung einiger historischer Begebenheiten zu sehen: Erste Vorbeben in Pompeji einschließlich des späteren vernichtenden Ausbruchs des Vesuvs, der Brand in Rom sowie die Beschreibung der zur „Naumarchie“ umgebauten Arena, in der die Seeschlacht von Actium nachgestellt werden sollte, konnten mich nicht begeistern. Zu flüchtig und zwanghaft wirkten sie in die Handlung eingefügt, während einige banale und durchschaubare Handlungsstränge zu viel Raum einnahmen. Hier zollt der Autor der Erzählweise leider Tribut, Scorpios Leben hangelt sich oft gezwungen von Ereignis zu Ereignis.

Dieser Malus stellt zusammen mit der kitschigen Idylle der Gladiatorenschule Felix Felix die Hauptkritikpunkte dar. Positiv zu werten ist der gefällige und flüssige Schreibstil, auch kann man sich dem Charme der sympathischen Charaktere nur schwer entziehen. Leider erreicht Wolfram zu Mondfeld nicht ganz die beeindruckende Informationsdichte und den Abwechslungsreichtum des „Meisters“, zudem ist der Handlungsverlauf wesentlich vorhersehbarer, größere Überraschungen oder Wendungen gibt es keine.

Ein guter Roman, der jedoch nicht an die Klasse des „Meisters des siebten Siegels“ anknüpfen kann. Trotz einiger kritischer Anmerkungen aus moderner Warte, die seltsam anmuten, wenn der Autor sie dem Gladiator Scorpio in den Mund legt, vergällte mir die übermäßig ausgeprägte romantisierende Schönfärberei den Genuss und schadete dem Roman.

Henke, Sandra / Dirks, Kerstin – Begierde des Blutes. Erotischer Vampir-Roman

Tamara Malt ist eine typische Karrierefrau. Sie arbeitet in London als Werbetexterin und geht völlig in ihrem Job auf. Für Privates – und schon gar für Männer – bleibt da keine Zeit. Sie kuschelt sich lieber abends mit ihrem Kater Grey ins Bett, eine Ikone für alle Singlefrauen. Überhaupt findet sie sich für romantische Abenteuer zu schüchtern und kalt und belässt es dabei, vom berühmten Mr. Right zu träumen, anstatt ihn zu suchen.

Doch das Schicksal meint es gut mit ihr. Eines Tages findet sie die Memoiren einer gewissen Sophie Langsdale in ihrer Post. Im 18. Jahrhundert lebte diese in Westminster und verliebte sich unsterblich in den Vampir Jeremy. Dies bringt natürlich einige Komplikationen mit sich. Zunächst einmal ist ihr Vater alles andere als begeistert, dass sie sich mit einem Blutsauger eingelassen hat und dann bewohnen auch noch zwei finstere Gestalten das elterliche Gasthaus, die sich später (wenig überraschend) als Vampirjäger herausstellen sollen. Doch Sophie ist fest entschlossen, sich ihren Jeremy nicht nehmen zu lassen. Aber kann sie auch gegen Intrigen und Erpressung ankämpfen?

Tamara ist fasziniert, ihre Neugierde geweckt. Vampire sollen wirklich existieren? So richtig kann sie das nicht glauben, und doch sieht das Manuskript authentisch aus. Als Sophie den Wohnsitz ihres untoten Liebhabers erwähnt, macht sich Tamara auf den Weg, herauszufinden, ob dieses Haus noch existiert.

Sie soll fündig werden, auf jede erdenkliche Art und Weise. Als sie nämlich in das verlassene Haus einbricht, wird sie von dem jetzigen Besitzer, Dorian, gestellt. Es kommt, wie es kommen muss. Zwischen beiden knistert es gewaltig, und wenn sich daraus zunächst auch keine Liebesgeschichte entwickelt, so doch zumindest eine Reihe wilder Sexabenteuer. Als Tamara Dorians Namen dann in Sophies Memoiren entdeckt, steckt sie schon viel zu tief in der Tinte, als dass sie noch auf Rettung hoffen könnte …

„Begierde des Blutes“ ist untertitelt als „Erotischer Vampir-Roman“. Da das genüssliche Beißen in schlanke Frauenhälse schon immer einen erotischen Unterton hatte, liegt es nahe, beides explizit zu verbinden. Andere Autoren haben dieses Potenzial ebenfalls erkannt, doch das Autorenduo Sandra Henke und Kerstin Dirks ist wohl in der Darstellung bisher am deutlichsten. Denn hier geht es durchaus zur Sache, der Roman ist gespickt mit wohl dosierten Sexszenen, eingebettet in die beiden Handlungsstränge um Sophie und Tamara.

Zunächst zu den gelungenen Passagen: Der vampirische Hintergrund ist durchaus interessant, wenn auch nicht besonders originell. Die verschiedenen Vampirlogen böten viel Erzählstoff. Leider wird dieser historische Hintergrund im Keim erstickt und zugunsten von Liebesschwüren und Sexkapaden schnell aufgegeben. Da es sich bei „Begierde des Blutes“ um den ersten Teil einer Trilogie handelt, bleibt abzuwarten, inwiefern sich die Autorinnen überraschende Enthüllungen für die Fortsetzungen aufgespart haben.

Zugebenen, wichtiger als die eigentliche Handlung sind wohl die Sexszenen. Die Autorinnen haben sich hier für leicht verruchte Settings entschieden, um Tamaras verschüttete Abenteuerlust zu wecken. Da hängt die Arme auch schonmal mit nacktem Oberkörper aus dem Fenster, während Dorian weiter unten zur Sache kommt. Auch leichte Fesselspielchen und ein Hauch Voyeurismus kommen vor. Die Sprache ist da leider nicht so wagemutig. Anstatt die Dinge beim Namen zu nennen, entscheiden sich Henke & Dirks für so blumige Umschreibungen wie „Honigtopf“ oder „Liebesfrucht“. Bei solchen Fantasiewörtern stellt sich statt dem erotischen Kribbeln bei der geneigten Leserin eher ein herzhaftes Lachen ein.

Auch Handlung und Charaktere können nicht völlig überzeugen. Henke & Dirks, die beide bisher Heftromane geschrieben haben, bleiben hier in Stereotypen stecken und können ihren Charakteren kaum Tiefe oder gar Charme verleihen. Während Sophie und Jeremy noch einigermaßen glaubhaft beim Leser ankommen, bleiben Tamara und Dorian besonders schablonenhaft. Gerade die überraschende Wendung am Schluss und Dorians Erklärung seiner Motive wirkt konstruiert und kaum überzeugend. Die Schwächen in der Handlung sind ebenfalls auffällig, wenn ein verrückt gewordener mörderischer Vampir nur als Kunstgriff eingeführt wird, um die Beziehung zwischen Sophie und Jeremy voranzutreiben. Eine gute Idee, deren Potenzial leider total verspielt wird, da selbiger Vampir auf wenigen Seiten abgehandelt wird.

„Begierde des Blutes“ ist für 16,90 € beim |Plaisir d’Amour|-Verlag erschienen – ein stolzer Preis für ein 202 Seiten starkes Taschenbuch. Der Roman ist nur etwas für eingefleischte Fans, und auch die sollten sich vielleicht eher an die viel günstigere eBook-Version halten, die auf der Homepage des Verlags zu erwerben ist.

[Plaisir d’Amour-Verlagshomepage]http://www.plaisirdamourbooks.com/

Riebe, Brigitte – Hüterin der Quelle, Die

Die Autorin Brigitte Riebe, vollständig Dr. Brigitte Leierseder-Riebe, wurde 1953 in München geboren, wo sie auch heute noch als freie Schriftstellerin lebt. Sie ist promovierte Historikerin, war zunächst als Museumspädagogin tätig und hat später lange Jahre als Verlagslektorin gearbeitet, bevor sie selbst begann, Romane zu schreiben. Unter ihrem Pseudonym Lara Stern veröffentliche sie u.a. die Sina-Teufel-Romane, mit denen sie auch bekannt wurde.

„Die Hüterin der Quelle“ erschien im März 2005 und entführt den Leser ins Bamberg des Jahres 1626, in das Jahr, in dem die zweite große Hexenprozesswelle begann. Im Mittelpunkt des Geschehens steht die Familie des Krippenschnitzers Veit Sternen, der nach dem Tod seiner ersten Frau zusammen mit Sohn Simon und Tochter Selina aus Italien zurückgekehrt ist und Marie, die Tochter des Braumeisters und Ratsherrn Pankraz Haller, geehelicht hat. Doch so sehr sich Marie eine traute Zweisamkeit mit ihrem Mann und glückliche Stunden mit der ganzen Familie gewünscht hat, so bleibt ihr doch die Untreue Veits und die Ablehnung der tauben Selina nicht erspart – genauso wenig wie das Unverständnis ihres Vaters für diese Ehe. Einzig mit Simon gelingt ihr ein recht harmonisches Zusammenleben.

Veit hingegen widmet sich lieber anderen Frauen und seiner Arbeit, denn der Fürstbischof Fuchs von Dornheim persönlich hat ihm und seinem Sohn den Auftrag gegeben, für seine Kirche die schönste und prächtigste Krippe zu schnitzen. Doch ist dieser Herr sehr launisch, und so flüchtet sich der smarte Veit in die Arme der geheimnisvollen Otterfrau Ava, die mit einem Otter, Reka getauft, abseits der Stadt wohnt und sich mit Fischverkäufen übers Wasser hält. Was er dabei vergisst, ist seine abgeschobene Geliebte Agnes Pacher, die Frau des Holzhändlers, die alles andere als geneigt ist, ihren leidenschaftlichen Geliebten gehen zu lassen.

In der Stadt Bamberg beginnt es zu brodeln, und nicht nur familiäre Streitigkeiten oder persönlicher Groll sind die Auslöser. Der Weihbischof Friedrich Förner ist geübt darin, Zweifel zu säen. Zweifel an der Christlichkeit der Bürger, Zweifel an der Sicherheit der rechtschaffenen Einwohner. Hexen, Druten, Teufelspack sind seine auserkorenen Lieblingsthemen und die Menschen hören ihm zu; immer mehr strömen in seine Kirche und Unruhe und Angst beginnen sich auszubreiten. Die Otterfrau und die alte Hümlin stehen auf der Liste. Ava, weil sie geheimes Wissen über Kräuter und Tränke besitzt, die Hümlin, weil ihre Mutter schon als Hexe verbrannt wurde.

Doch dem Weihbischof gegenüber steht fest der Kanzler Kilian Haag und etwas wackliger der Fürstbischof selbst, der allerdings befürchtet, das Wohl des Volkes zu verlieren, wenn er Förner nicht gibt, was dieser verlangt. Doch sieht er die Rettung in dem Jesuitenmönch Adam Thies, der bereits seit Jahren recht erfolgreich gegen den Hexenwahn ankämpft. Aber leider weiß nur sein alter Lehrer Grün, wo der Mönch verweilt, und dieser hat geschworen, es nicht zu verraten. Und auch Marie denkt oft an den Jungen des Nachbarn Thies, der einst ihre große und erste Liebe war.

Während Simon sich auf den Weg in das ferne Italien begibt, um Stoffe für die Krippenfiguren zu besorgen, findet Selina zu einer Bande Straßenkinder, die ebenfalls engere Verbindung zu der Otterfrau hegt. Als sie beobachtet, dass ihr Vater und Ava ein Verhältnis haben, glaubt sie, in dem kleinen Straßenkind Lenchen ihre Halbschwester zu sehen. Wut und Hass bestürmen sie.

Und Förner wettert immer heftiger gegen das Drutenvolk, bis die Wogen überschäumen und Bamberg in den Hexenwahn fällt. Förner will Flammen sehen, die reinigen Kräfte des Feuers sollen die Stadt wieder befreien.

Brigitte Riebe ist mit „Die Hüterin der Quelle“ einmal mehr ein großartiger Roman über die Zeit im Mittelalter gelungen. Nicht die Folter oder die Hinrichtungen selber stellt sie in den Mittelpunkt, stattdessen verfolgt sie die Entwicklung von dem ersten Säen des Aberglaubens bis zum Eskalieren des Horrors. Anhand der Familie Sternen zeichnet sie das wahrscheinlich ganz normale Leben in einer Stadt der damaligen Zeit, lässt den Leser die Hoffnungen und Ängste, Glücksmomente und Albträume erleben, bis das Normale nicht mehr zu halten ist und das Kartenhäuschen mit lautem Getöse einkracht.

Das Band zwischen den Charakteren ist fest und gekonnt gespannt. Jeder hat seine Aufgabe in diesem Schauspiel der Grausamkeit und Tragödie zu leisten, und jeder erfüllt sie mit einer Glaubhaftigkeit, welche die Figuren dem Leser ans Herz wachsen lassen. Marie, die sich verzweifelt ein Kind wünscht, deren Bauch aber flach und hart bleibt. Veit, der seine Frau zwar liebt, aber trotzdem immer wissen möchte, wie die andere denn riecht und wie sich ihre Haut anfühlt. Simon, der es satt hat, im Schatten des Vaters zu stehen und mit Adam endlich seine Freiheit erreicht. Selina, das taube Mädchen, das sich so sehr in einen der Straßenjungen verliebt hat, dass es so gut wie alles für ihn tun würde. Das Mädchen, das ihrem Vater den Betrug mit der Otterfrau und mit Lenchen nicht verzeihen kann, denn noch eine Tochter braucht der Vater doch nicht. Ava, die ihre Freiheit nicht aufgeben möchte, sich aber selbst in ihrem Leben einsperrt. Hin- und hergerissen zwischen ihren Gefühlen für Veit und ihren Gefühlen für den zweiten Geliebten Mathis, dem Wilderer. Die Otterfrau genannt, von den Frauen der Stadt gefürchtet, aber immer befragt, wenn es schmerzt oder um die Verhinderung oder das Einsetzen einer Schwangerschaft geht. Und nicht zuletzt Förner, den seine eigenen Dämonen hetzen, die ihn jagen und ihn so wild machen, dass nur Hexen als Ursache des Übels in Frage kommen.

Nachvollziehbar und fast schon verständnisvoll erzählt die Autorin vom Beginn des Desasters, und der Leser empfindet Trauer und Melancholie, als wäre sowieso nichts zu ändern gewesen. Es bedarf keiner ausschweifenden Folterbeschreibungen oder letzten Schwüre auf dem Scheiterhaufen, um das Grauen jener Epoche zu erwecken. Riebe hat gezeigt, dass die Entfaltung des Wahnsinns ein spannendes und ergiebiges Thema für einen Roman erster Güte darstellt. Fazit: Allemal lesenwert!

Homepage der Autorin: http://www.brigitteriebe.de

Rutherfurd, Edward – Prinzen von Irland, Die (Die große Dublin-Saga, Band 1)

Wer einmal für ein paar Tage die idyllische Natur der irischen Landschaft erlebt hat (und dabei ausnahmsweise auch mal Glück mit dem Wetter hatte), der wird in diesem Land höchstwahrscheinlich sein Herz gelassen haben. Die immergrünen Wiesen, die einfache Lebensart des irischen Volkes und natürlich die Spezialitäten der irischen Braukunst, all das wird man für ewig in Erinnerung behalten, mit dem Wunsch, eines Tages wieder hierhin zurückkehren zu wollen.

Nein, das sind nicht die einleitenden Worte zu einem Reiseführer über die ‚grüne Insel‘, sondern kurz zusammengefasst die Eindrücke, die dieses wunderschöne Land bei mir hinterlassen hat. Doch Irland hat auch eine umfassende Historie, die nicht weniger spannend ist als die Geschichte Englands, oftmals aber hinten anstehen muss, wenn es darum geht, die Entwicklung des Lebens auf den benachbarten Inseln zu schildern.

Edward Rutherford hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, die Geschichte dieses Landes einmal komplett neu aufzurollen und vor einiger Zeit damit begonnen, die Entstehung der Republik seit dem 5. Jahrhundert zu dokumentieren. Wichtig war ihm hierbei, dass er keine reine Dokumentation verfasst, sondern stattdessen einen fiktiven Roman, in dem man die wichtigsten Eckpunkte der irischen Geschichte wiederfinden kann, der aber gleichzeitig aufgrund seiner durchgängigen Spannung nicht die Funktion eines Berichtes erfüllen soll. Das Ergebnis seiner Arbeit trägt den Titel „Die Prinzen von Irland“ und ist der Anfang einer zweiteiligen Saga, in der Rutherford ganze sechzehn Jahrhunderte irischer Geschichte näher beleuchtet, angefangen beim keltischen Krieger Conall, der 430 n. Chr. die Macht der Druiden herausforderte, bis hin zur Jetztzeit.

_Story_

Im 5. Jahrhundert ist Dubh Linn (»dunkler Teich«) kaum mehr als eine Furt im Marschland mit einer Wassermühle und ein paar Bauernhöfen. Hier herrscht Fergus, der Viehhändler und Clanhäuptling. Er achtet die keltische Tradition, bis er miterleben muss, dass deren Hüter, die Druiden, seiner Tochter Deirdre und seinem Schwiegersohn ein übermenschliches Opfer abverlangen. Erst am Ende seines langen Lebens wird Fergus Zeuge, wie die Macht der Druiden gebrochen wird: Der ebenso charismatische wie gerissene Patrick, ein früherer Sklave, bekehrt immer mehr Menschen zum Christentum, auch Deirdres Sohn.

Nach der Invasion der Wikinger wird Dublin 841 eine bedeutende Hafenstadt. Fergus‘ Nachfahren müssen zwischen den Besatzern und den alteingesessenen Familien lavieren, um ihren Besitz in stürmischen Zeiten zu wahren. Nur zögernd schließen sie sich dem großen irischen Fürsten Brian Boru an, der die Wikinger 1014 in der dramatischen Schlacht von Clontarf endgültig besiegt. Aber Dublins Unabhängigkeit ist schon bald aufs Neue gefährdet: Die englischen Tudorkönige haben die Bedeutung der Stadt an der Liffey-Mündung erkannt und versuchen sie zu erobern.

_Meine Meinung_

Rutherford bewegt sich auf gefährlichem Terrain, indem er die Geschichte von Irland, oder besser gesagt von Dublin und Umgebung anhand eines Romans erzählt; schließlich muss der Autor fast ein komplettes Jahrtausend abdecken, und damit geht auch einher, dass mehrere Generationen die Hauptrollen in der Geschichte einnehmen. Hierbei besteht dann die Gefahr, dass das Buch doch eher zu einem unterhaltsamen Bericht avanciert und die Spannung, welche die irische Geschichte ja durch ihre vielen Fehden und Konflikte liefert, am Ende völlig untergeht.

Doch Rutherford hat die Aufgabe geschickt gelöst. Ausgehend von der Verteidigung der keltischen Kultur gegen die Druiden durch Fergus erzählt der Autor die breite Historie am Beispiel einer Familie, deren Werdegang eng mit der Geschichte Dublins verknüpft ist. Das Schicksal der heutigen Hauptstadt ist auch ihr Schicksal, und dadurch findet Rutherford auch immer wieder Ansatzpunkte, um die Nachfahren von Fergus, dessen Tochter Deirde usw. sowohl in die Rahmenhandlung als auch in die momentane politische Situation einzubeziehen.

Der Autor orientiert sich beim Aufbau der Geschichte aber auch sehr eng an den umfassenden Konfliktpunkten der irischen Vergangenheit und lässt eigentlich keine Details aus. Der Kampf gegen die Wikinger und gegen die Besatzng der Engländer wird ebenso eingeflochten wie der Konflikt mit dem Vatikan, und dies trotz des fiktiven Erzählstrangs, der wegen dieser vorgegebenen Linie keinesfalls an Spannung verliert. Einzig und alleine die Überleitungen zwischen den verschiedenen Epochen ruckeln manchmal, und so manche Verbindung zwischen den direkten und indirekten Erben von Dubh Linns Clanführer Fergus erscheint doch recht seltsam und kommt dann auch meistens eher zufällig zustande. Diese Aufgabe war aber mitunter auch die schwerste, denn es scheint beinahe unmöglich, die Entwicklung des Landes an einem einzigen Familienstamm festzumachen, und deswegen waren solche Zufälle wohl auch von Nöten.

Das Buch endet schließlich im 16. Jahrhundert an dem Punkt, als die Aufstände gegen die feindlichen Engländer voll im Gange sind, und auch wenn das Buch bis hierhin schon ganze 650 Seiten zählt, kann man dennoch nicht genug von Rutherfords Darstellungen bekommen. Er hat es wirklich wunderbar arrangiert, die faszinierende Geschichte der kleinen Inselrepublik erneut zum Leben zu erwecken. Im Gegensatz zu manch anderer historischen Aufarbeitung wirkt der Inhalt von „Die Prinzen von Irland“ trotz des enormen Zeitraums, der hier beleuchtet wird, unheimlich erfrischend, zumal die dramatischen Wesenszüge der eingeführten Charaktere im Zusammenhang mit der Entstehung der heutigen Republik einen repräsentativen Wert für die Schilderung der jeweiligen Epoche haben.

Nach der eigentlichen Erzählung legt der Autor in einem Nachwort dar, inwieweit Familiennamen, Orte und historische Ereignisse mit den tatsächlich Begebenheiten in Einklang zu bringen sind bzw. welche Darstellungen im Laufe der Geschichte frei erfunden sind. Auch wenn der Roman schon vorher abgeschlossen wird, sollte man diese wenigen Seiten auf jeden Fall noch durchlesen, denn erst danach darf man sich selber als „Experten“ im Hinblick auf die Geschichte der Insel bezeichnen.

Edward Rutherford hat mit „Die Prinzen von Irland“ ein mitreißendes Epos verfasst, dem es weder an Fakten noch an Dramaturgie mangelt. Selbst diejenigen, die glauben, alles über die Geschichte des Landes zu wissen, werden hier mit Sicherheit noch Wissenswertes entdecken, das ihnen bis dato nicht bekannt war. In erster Linie handelt es sich bei diesem Buch um einen spannenden Episoden-Roman, an dem man sicherlich auch Gefallen finden wird, wenn die Liebe zu Irland noch nicht so weit fortgeschritten ist.

Wer allerdings ohnehin schon der ‚grünen Insel‘ verfallen ist und sich auch nicht vor der Lektüre eines recht langen Romans scheut, wird keine Ausrede finden können, um sich diesem Buch zu verweigern. Für diese Zielgruppe ist „Die Prinzen von Irland“ Pflichtlektüre, und die Übrigen sollten sich kurz ins Gedächtnis rufen, dass bislang alle Bücher von Rutherford internationale Bestseller sind bzw. waren, und das aus gutem Grund. Fesselnder und lebendiger als in diesem wunderschön aufgemachten ersten Teil der Saga kann man Geschichte jedenfalls kaum darstellen.