_West-China im späten 10. Jahrhundert._ Die junge Papiermacherin Li wird mit ihrem Vater Meister Wang und dem Gesellen Gao von Uiguren verschleppt. Die abenteuerliche Reise geht Richtung Westen und bald werden die Papiermacher nach Samarkand verkauft. Dort ist die Kunst der Papierschöpfer sehr gefragt. Li macht sich einen Namen, da sie es vollbringt feine Wasserzeichen in das Papier einzulegen, was dieses einzigartig und fälschungssicher macht. In Samarkand trifft Li den sächsischen Ritter Arnulf von Ellingen und kann diesen vor einem Anschlag bewahren. In einem belauschten Gespräch zwischen dem Händler Thorkilt Larson und dem Stadthalter Samarkands erfährt sie, dass der ihr noch unbekannte Ritter aufgrund seiner Mission sterben soll.
Arnulf von Ellingen kann, dank Lis Warnung, mit seinem Knappen und dem Mönch Fra Branaguorno fliehen.
Aber auch in der Papiermacherfamilie kehrt keine Ruhe ein, auch Meister Wang, Li und ihr Geselle Gao müssen Samarkand bald verlassen und die Reise führt sie nach Konstantinopel. Hier trifft Li wieder auf Arnulf von Welllingen und als erneut eine Intrige das Leben Arnulfs bedroht fliehen beide und eine abenteuerliche Reise über Venedig nach Magdeburg beginnt. Aber hat die entfachende Liebe zwischen dem Ritter Arnulf und der Papiermacherin Li eine Chance?
_Kritik_
Das Autorenduo Conny Walden alias Alfred und Silke Bekker hat mit „Die Papiermacherin“ seinen zweiten historischen Roman veröffentlicht.
Dem flüssigen und zeitgemäßen Erzählstil des Autorenduos kann mühelos gefolgt werden. Auch gelingt es den Autoren, ein lebendiges Bild der damaligen Zeit zu schaffen und so dem Leser diese Zeit nahezubringen und durch die fast greifbare Atmosphäre fühlt man sich fast in diese Zeit versetzt. Trotz einer manchmal leicht ins Klischee abfallenden Handlung wird der Leser doch gut und abwechslungsreich unterhalten.
Erzählt wird die ereignisreiche Geschichte aus der Perspektive eines Beobachters, der sich auf die beiden Charaktere Li und Arnulf konzentriert. Da die Figuren viele ihrer Abenteuer alleine bestehen müssen, wird so im Wechsel zwischen den beiden erzählt. Der Leser lernt beide Charaktere und ihren Hintergrund kennen.
Gleich zu Beginn des Romans wird der Leser direkt in das Spannung erregende Geschehen katapultiert. Der Spannungsbogen entwickelt sich gleichbleibend durch die Geschichte. Durch findige Intrigen, die den Protagonisten mitspielen, steigt der Spannungsbogen dann kurzzeitig an, um sich anschließend wieder einzupendeln.
Die Hauptdarsteller Li und Arnulf sind facettenreich und lebendig konzipiert und passen vom Denken und Handeln in ihre Zeit. Die weiten Protagonisten wirken dagegen leider oftmals recht eindimensional und haben so nicht die Chance lange in Erinnerung zu bleiben. Die Rand- und Nebenfiguren sind zumeist auf die interessante Handlung beschränkt, daher fehlt diesen die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Trotzdem wirken auch sie glaubwürdig, da sie zeitgemäß skizziert wurden.
Als Ausgleich lernt der Leser aber die beiden wichtigsten Persönlichkeiten sehr gut kennen und auch ihren Hintergrund zu verstehen. Li findet sich, besonders durch ihre genossene Erziehung, recht schnell mit den verschiedenen Begebenheiten ab und macht das Beste aus dem, was ihr Leben ihr bietet. Auch Arnulf ist kein Mensch, der sich leicht kleinkriegen lässt und stellt sich den Herausforderungen, die sich ihm in den Weg stellen.
Die Beziehungen unter den Protagonisten sind eindeutig, klar und authentisch dargestellt.
_Fazit_
„Die Papierhändlerin“ von Conny Walden besticht durch einen dem Mittelalter angepassten Stil, der andere, kleinere Fehler schnell vergessen macht. Mit einer spannenden Handlung und zwei authentischen Protagonisten unterhält „Die Papiermacherin“ den Leser mit feinen Intrigen und einer abenteuerlichen Reise, die in China ihren Anfang nimmt und schließlich in Magdeburg endet.
Trotz kleiner Schwächen ist dem Autorenduo Conny Walden ein ereignisreicher und lesenswerter Roman gelungen, der bei seiner Zielgruppe, den Lesern historischer Romane, durchaus Anklang finden wird.
_Autor(en)_
Conny Walden ist das Pseudonym für das Autorenduo Alfred und Silke Bekker. Alfred Bekker schreibt Fantasy, historische Romane, Kinder- und Jugendbücher. Seine Frau Silke Bekker veröffentlicht vor allem Humoresken und Erzählungen. Unter dem Pseudonym Conny Walden schreiben sie gemeinsam historische Romane. Weitere historische Romane des Autorenduos sind bei Goldmann in Vorbereitung.
|Taschenbuch: 416 Seiten
ISBN-13: 978-3442473151|
_Conny Walden bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Bernsteinhändlerin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6521
Seit ihrem Erfolgsdebüt „Der Duft der Kaffeeblüte“ ist Ana Veloso den Freundinnen eines guten Romantikschmökers ein Begriff. Veloso entführt ihre Leserinnen – ihr Zielpublikum ist nun einmal eindeutig weiblich – in exotische Länder und erzählt in mitunter epischer Breite eine immer wieder romantische und herzzerreißende Geschichte. So auch bei ihrem neuesten Roman „Der indigoblaue Schleier“.
_Verschleierte Lebensgeschichte_
Im Jahr 1616 spielt ein kleines Mädchen im Garten ihres Elternhauses, als ihr drei Frangipani-Blüten vor die Füße fallen. Sie spielt mit den Blüten, steckt sich eine ins Haar und schmückt mit einer weiteren den Zopf ihrer Puppe. Kurz darauf ruft die strenge Stimme ihrer Kinderfrau sie ins Haus zurück. Ihr Vater will Bhavani sehen. Doch dieses Mal ist er nicht in Spiellaune und sehr kurz angebunden. Er erklärt seiner Tochter, dass sie auf ihren jüngeren Bruder aufpassen solle, wenn fremde Männer ihn abholen kommen. Nur knapp schafft er es, Bhavani ein kleines Bündel in die Hand zu drücken, als ihn ein lautes Klirren aufschreckt und tatsächlich fremde Männer das Haus stürmen und Bhavanis Vater gefangen nehmen. Bhavani muss um ihr Leben rennen …
12 Jahre später treffen wir Miguel Ribeiro Cruz, einen jungen Portugiesen, der auf Drängen seiner Eltern ins ferne Goa reist, um ein Auge auf das erfolgreiche Geschäft seines Vaters zu haben. Nicht ganz freiwillig hat Miguel diese Reise angetreten, doch in Portugal hat ihn ein Mädchen bezichtigt, ihm ein Kind angehängt und dann im Stich gelassen zu haben. Miguel ist zwar ein Schwerenöter, doch ausgerechnet in diesem Falle ist er unschuldig. Zähneknirschend macht er sich auf nach Goa und trifft schon an Bord des Schiffes einen Reisegefährten – Carlos Alberto -, der noch eine wichtige Rolle in Miguels Leben spielen wird.
Angekommen in Goa lernt Miguel zunächst Fernando Furtado kennen, den Prokuristen, der in Goa die Geschäfte von Miguels Vater leitet. Gegenseitiges Misstrauen überschattet das Kennenlernen der beiden, denn Miguel soll ein Auge auf das Geschäft seines Vaters haben, da auf dem Weg nach Lissabon unzählige Säcke Pfeffer und anderer Waren verloren gehen. Gleichzeitig möchte Miguel auch selbst Handel treiben, um seinem Vater zu beweisen, dass er ebenfalls den richtigen Riecher für ein erfolgreiches Geschäft hat.
Kurz nach seiner Ankunft in Goa erblickt er in der Stadt eine verschleierte Frau – die geheimnisvolle Dona Amba, die nur selten in die Stadt kommt und ihr Gesicht stets hinter einem Schleier verbirgt. Miguel ist sofort fasziniert von der Frau und ahnt, dass sich hinter dem Schleier eine Schönheit verbergen muss. Amba allerdings hat Angst, dass der junge Portugiese in seiner Hartnäckigkeit hinter ihr Geheimnis kommt und ihre Tarnung auffliegen lässt. Doch nach und nach fühlt auch sie sich zu dem jungen gutaussehenden Portugiesen hingezogen.
_Schicksale_
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Miguel Ribeiro Cruz und Dona Amba, die sich nur auf Umwegen näher kommen. Miguel wird von zuhause fortgeschickt, da niemand an seine Unschuld glaubt und er als jüngerer Sohn ohnehin nicht die Geschäfte seines Vaters übernehmen wird. So sucht Miguel zwangsläufig in Goa sein Glück. Allerdings macht er sich dort früh Feinde: Sein Reisegefährte Carlos Alberto plant zwielichtigen Handel mit gefälschten Reliquien und benötigt Miguels Geld und seinen guten Namen als Startkapital. Als Miguel ihm beides verweigert, macht er sich damit einen Feind fürs Leben, der zu Miguels Leidwesen bald als rechte Hand des Inquisitors in Goa sein Unwesen treibt und Rache an dem ehemaligen Freund üben möchte.
Doch Miguels erste Sorge gilt immer wieder Dona Amba, die ihn fasziniert, obwohl er nie ihr Gesicht gesehen hat und er befürchten muss, dass sie bereits verheiratet ist. Als Miguel eines Tages durch Zufall hinter Ambas Schleier blicken kann, ist er ihr endgültig verfallen. In Portugal haben seine Eltern allerdings bereits eine Verlobte für ihren jüngeren Sohn auserkoren und sie kurzerhand auf ein Schiff nach Goa gesetzt. Dort kommt sie für Miguel zu einem ausgesprochen heiklen Zeitpunkt an und bringt den jungen Mann in höchste Erklärungsnot.
Die zweite Hauptfigur ist die geheimnisvolle Dona Amba, die offensichtlich etwas zu verbergen hat. Der Leser vermutet in ihr natürlich bereits die keine Bhavani aus dem Vorspann, doch wie aus dem jungen Mädchen mit der Frangipani-Blüte im Haar die verschleierte Dame werden konnte, verrät uns Ana Veloso nur scheibchenweise, sodass wir uns lange gedulden müssen, bis wir Ambas Geheimnis erfahren. Amba muss immer um ihr Leben fürchten, da zwei Männer sie jagen und ein hohes Kopfgeld auf sie ausgesetzt haben. Wer trachtet ihr bloß nach dem Leben? Und kann Amba ihren Widersachern entkommen?
Auf rund 700 Seiten lesen wir Ambas Lebensgeschichte, erleben, wie Miguel und sie sich allmählich näher kommen, nur um sich immer weiter voneinander zu entfernen. Wir erleben, wie Miguel aufdeckt, wohin die Pfeffersäcke seines Vaters verschwinden, wie er mit seiner Verlobten gemeinsame Sache macht und sich mit der Inquisition herumschlägt.
_Buntes Treiben_
Ana Veloso hat ihre Geschichte in ein exotisches Land verfrachtet und lässt sie zu einer Zeit spielen, als Inquisition und Cholera gleichermaßen durch Goa wüten und das Leben dort gehörig durcheinanderwirbeln. Recht ausschweifend entführt sie uns an diesen exotischen Ort und beschreibt sehr detailreich, wie Portugiesen und Inder dort nebeneinander gelebt haben, wie sich ihre Kulturen unterschieden, welche Kleidung sie bevorzugten, welche schmackhaften Tees man zu der Zeit getrunken hat und welche leckeren Speisen zu der Zeit auf den Tisch gekommen sind. Durch Velosos blumigen und ausschmückenden Schreibstil bekommt man als Leser alles bildhaft vor Augen geführt und kann sich dadurch alles wunderbar vorstellen und sich in alle Situationen hineinversetzen.
Geschickt fesselt Ana Veloso dabei ihre Leserinnen, indem sie sich lange Zeit damit lässt, Dona Ambas Geheimnis preiszugeben und indem sie die Passagen aus Ambas Vergangenheit nur sehr rar in ihre Geschichte einbaut. Die Fragen, ob Miguel und Amba zueinanderfinden, die Cholera überleben und sich vor der Inquisition retten können, sind es, die einen 700 Seiten lang an das Buch fesseln. Ana Veloso steht für gute Unterhaltung und diesem Anspruch wird sie auch mit ihrem neuesten Buch vollauf gerecht. Wer allerdings „echten Anspruch“ sucht, ist hier natürlich an der falschen Stelle, denn „Der indigoblaue Schleier“ ist ein romantischer Historienschmöker, bei dem man gut abschalten und die Welt um sich herum vergessen kann – nicht mehr und nicht weniger.
_Ana Veloso bei |Buchwurm.info|:_
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„Was bist du bereit, für deine große Liebe zu geben – und welcher Preis ist so hoch, dass er nicht bezahlt werden darf?“ Auch in ihrem aktuellen Roman „Im Schatten der Königin“ macht Tanja Kinkel sich über eine beeindruckende Frauengestalt und das ewig aktuelle Thema der „Liebe“ her; dieses Mal über Elisabeth I. von England, das Ganze verpackt in eine Kriminalgeschichte.
Die Frau eines engen Vertrauten der Königin wird tot am Fuße einer Treppe aufgefunden, und sofort munkelt das Reich, dass ihr Mann Robert Dudley oder gar die junge Königin Elisabeth etwas mit diesem Tod zu tun haben könnten. Für Elisabeth steht der Verlust des Thrones auf dem Spiel; für ihren Freund und Günstling Robert Dudley gar das eigene Leben. So weit die Fakten, dann setzt Tanja Kinkel ein, die nach umfangreichen Recherchen mit „Im Schatten der Königin“ ihre eigene Version der historisch verbürgten Begebenheit vorstellt. Roberts bester Freund Tom Blount übernimmt darin das schwierige Amt, den Fall zu untersuchen und ihn, obwohl auch er sich der Unschuld seines Freundes manchmal nicht ganz sicher ist, aufzuklären. Zwielichtige Gestalten behindern den Aufklärungsprozess, denn obwohl er fernab vom Hof ermittelt, sieht sich Tom Blount schnell in die Machtspielchen des Hofes verstrickt.
Wie immer verwebt Tanja Kinkel in sehr elegantem sprachlich hervorragendem Stil historische Fakten mit dem Schicksal von Menschen, die sie dem Leser nahebringen will. Sie sind gefangen in den Zwängen ihrer Zeit und Stellung, aber in ihrem Handeln doch so frei, dass sie die psychologisch gut ausgearbeiteten Probleme lösen können. Blount beispielsweise wird durch seine Ermittlungsarbeit gezwungen, immer wieder sein eigenes Leben mit dem seines Freundes zu vergleichen. Er erkennt, dass er seine Ehe vernachlässigt und seine Frau beinahe so behandelt, wie er es bei seinem Freund und in dessen Ehe kritisiert. Elisabeths Leben als Prinzessin und Königin wird durch die Konfrontation mit und aus Sicht der sehr lebendigen Gestalt ihrer Amme für den Leser nachvollziehbar als Gratwanderung zwischen höchster Macht und absoluter Machtlosigkeit geschildert.
Dennoch erscheint die Kriminalgeschichte eher spannungsarm, weil die Aufklärung des Falles immer wieder von der Schilderung der für den Kriminalfall unwichtigen Einzelschicksale von Nebenfiguren unterbrochen wird. Tom Blount bleibt bis auf den Fakt, dass es mit seiner Ehe nicht zum Besten steht, blass und schwer greifbar, so dass er nicht zu Identifikationsfigur werden kann. Die Amme Kat Ashley hingegen wird durch ihren Konflikt und den unbedingten Willen, ihr „Kind“ vor Ungemach zu beschützen, sehr plastisch herausgearbeitet, so dass es schließlich kaum überrascht, dass sie im Geheimen ermittelt. Auch der Komödiant Frobisher lockert die sachlich-trockene Ermittlungsarbeit etwas auf. Zum Ende hin gewinnt der Roman dann tatsächlich noch etwas an Fahrt, wenngleich die Lösung des Kriminalfalls nicht unbedingt überrascht.
Im Ganzen kann man nicht warm werden mit „Im Schatten der Königin“. Es gelingt nicht einmal, die Tote für ihr unglückliches Leben und dessen tragisches Ende zu bedauern. Der 2009 erschienene Roman „Die Säulen der Ewigkeit“ hatte mehr Abenteuer und Figuren zu bieten, an die man sich auch nach einem Jahr noch lebhaft erinnert. „Im Schatten der Königin“ verlangt vor allem eins: Durchhaltevermögen.
_Bologna 1311. Mondino de‘ Liuzzi_ ist Arzt und Magister an der Universität von Bologna. Neben seiner Arbeit als Magister der Medizin arbeitet er an seiner Anathomia Mundini, die das erste mittelalterliche anatomische Werk dieser Art sein soll. Zu Studienzwecken wartet Mondino nachts in der Universität auf die Totengräber, die ihm eine hingerichtete Leiche für seine Studien am offenen Leichnam liefern sollen. Um hinter die Geheimnisse der menschlichen Anatomie zu erforschen, ist er bereit viele Risiken auf sich zu nehmen.
Diese Nacht soll aber nun einiges in Mondinos Leben verändern, statt der erwarteten Totengräber steht in dieser Nacht einer seiner Schüler vor der Tür, der völlig verstörte Francesco Salimbene. In seinen Armen befindet sich die Leiche eines Unbekannten. Ohne die Reaktion Mondinos abzuwarten, verschafft Francesco sich Zugang zu der Schule und präsentiert Mondino die wahrhaft grausam zugerichtete Leiche. Nicht nur, dass diese übel zugerichtet ist, das Herz des Toten scheint sich in Eisen verwandelt zu haben. Zudem erfährt Mondino Francescos bedrohliches Geheimnis, dieser ist keinesfalls der Student, für den er sich ausgibt, sondern ein Templer mit dem Namen Gerardo da Castelbretone. Durch seine falsche Identität entzieht Gerardo den Schergen der Inquisition, die Papst Clemens V. auf den Orden angesetzt hat. Der Tote, Angelo da Piczano, gehörte ebenfalls dem Orden der armen Ritter Jesu an und war bei Gerardo zu Gast.
Nicht nur um seinem Schüler zu helfen, sondern auch um das alchimistische Rätsel um das zu Eisen gewordene Herz zu lüften, ist Mondino bereit, Gerardo bei den Ermittlungen zu helfen. Doch schon bald stehen die Häscher der Inquisition vor der Tür und Mondino und Gerardo schweben in höchster Gefahr.
_Kritik_
Mit dem Roman „Das Geheimnis der Alchimistin“ hat der italienische Schriftsteller Alfredo Colitto einen soliden und überaus spannenden historischen Krimi geschrieben. Unverständlich ist hierbei allerdings die Wahl des Titels, hier wäre der italienische Titel „Cuore di ferro“ zu deutsch „Herz aus Eisen“ deutlich passender gewesen. Die erwähnte arabische Alchimistin Adia kommt zwar in dem Buch immerhin vor, spielt aber eine Nebenrolle, auf die der Leser erst nach über der Hälfte der 448 Seiten trifft.
Schreibstil und Satzbau sind klar gegliedert und daher leicht und flüssig zu lesen. Trotz des historischen Hintergrundes ist die Sprache zeitgemäß und daher klar verständlich. Anfangs mag der Leser vielleicht noch über die ungewohnten italienischen Namen stolpern, dieses gibt sich aber mit der Zeit und dem Lesefluss steht, auch aufgrund der fesselnden Dramatik, nichts mehr im Wege. Das spätmittelalterliche Bologna lässt der Autor bildgewaltig wiederaufleben und schnell ist man mit den Figuren in den Straßen der italienischen Stadt unterwegs. Eine authentische Atmosphäre wird in „Das Geheimnis der Alchimistin“ glaubhaft erzeugt und so fällt es nicht schwer, sich in diese Zeit hineinzuversetzen.
Verschiedene Nebenhandlungen verwebt der Autor geschickt mit dem interessanten Hauptplot, in dem es um die Jagd nach dem Mörder des Templers und dem Geheimnis des zu Eisen verwandelten Herzens geht. Der Plot und die kleineren Nebenhandlungen greifen ineinander über und sind stimmig ausgearbeitet. Gleich zu Anfang wird der Leser direkt in das Geschehen katapultiert, alles Weitere erfährt der Leser innerhalb der Handlung. Der Spannungsbogen ist daher gleich zu Begin recht hoch angesetzt und entwickelt sich durch die Geschichte hindurch konstant weiter. Gebannt kann so dem Geschehen gefolgt und der Auflösung des Falles entgegengefiebert werden. Am Ende ist der Fall einleuchtend abgeschlossen und einige interessante Überraschungen hat der Leser erleben dürfen.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht eines Beobachters, der sowohl zwischen Mondino de‘ Liuzzi und dem Templer Gerardo da Castelbrtones, als auch verschiedenen anderen Protagonisten wie den Antipoden Inquisitor Uberto da Rimini wechselt. Dieses Zusammenspiel hat noch einmal mehr für atemlose Spannung gesorgt, da der Leser von den Plänen und dem Fortschritt aller Personen wusste und so manches Mal gerne den Protagonisten auf die Sprünge geholfen hätte, um Schlimmeres zu verhindern. Geschickt wurden die verschiedenen Sprünge zwischen den Charakteren durch Absätze und Kapitel unterteilt, so ist es nicht schwer die einzelnen Perspektiven der unterschiedlichen Figuren, auseinanderzuhalten.
Die Protagonisten sind komplett glaubwürdig und lebendig konzipiert. Alle haben einen prägenden Hintergrund und auch die Handlungen der Einzelnen sind überzeugend und nachvollziehbar darstellt.
Mondino de‘ Liuzzi war Anatom und Professor der Medizin in Bologna. Diese historisch verbürgte Person hat in „Das Geheimnis der Alchimistin“ eine der tragenden Rollen und füllt diese authentisch aus. Den sympathischen Charakter treibt die Neugier nach dem alchimistischen Geheimnis um das Herz aus Eisen voran und so ist er auch bereit einiges dafür zu geben. Nicht nur, dass er sich in Gefahr begibt, schließlich ist die Inquisition schon auf Gerardo da Castelbrtones Fersen und dies bedeutet auch für Mondino de‘ Liuzzi in deren Fokus zu geraten, schnell gerät er auch in familiäre Schwierigkeiten.
Gerardo da Castelbretone versteckt sich hinter einer falschen Identität, um den Häschern der Inquisition zu entkommen. Da er dem Orden der armen Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem angehört, der aufgrund falscher Anschuldigungen verfolgt wird, bleibt ihm um zu überleben keine andere Wahl. Auch dieser Charakter ist sehr ansprechend und überzeugend abgebildet. Seinen noch fast jugendlichen Charme und den festen Glauben nur edel gesinnte Ordensbrüder zu haben, nimmt der Leser dieser Figur gerne ab und leidet fast mit ihm, wenn Gerardo merkt, dass nicht alles Gold ist, was da glänzt.
Uberto da Rimini treibt nur eines, den Templerorden zu vernichten und er schreckt dabei weder vor Mord noch vor Betrug und Hinterlist, auch an der eigenen Kirche, zurück. Hier findet der Leser einen Widersacher, wie er im Buche steht.
Die Gestaltung des Covers ist sehr gelungen, in Farben wie altes Papier ist der Name des Autors, Titel und ein dunkelrotes Siegel sichtbar.
_Fazit_
Mit „Das Geheimnis der Alchimisten“ ist Alfredo Colitto ein äußerst spannender und solide entwickelter, mittelalterlicher Kriminalroman gelungen. Sympathische Figuren und ein spannender Plot laden hier zu einem grandiosen und fesselnden Lesevergnügen ein. Auch kommt dieser einmal ohne die sonst für mittelalterliche Romane typische „Heldin“ aus, was einmal eine erfrischende Abwechslung ist. Lesern, die ein wenig Romantik vermissen, sei gesagt, auch ohne diese weibliche Heldin kommt ein wenig Romantik auch zum Tragen.
Lesern historischer Romane und vor allem historischer Krimis kann ich dieses Buch wirklich ans Herz legen.
_Autor_
Alfredo Colitto lebt als freier Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber in Bologna, wo er auch kreatives Schreiben unterrichtet. Für „Das Geheimnis der Alchimistin“ erhielt er den renommierten „Premio Salgari“.
|Gebundenes Buch mit Schutzumschlag: 448 Seiten
Originaltitel: Cuore di ferro
Aus dem Italienischen von Katharina Schmidt, Barbara Neeb
ISBN: 978-3-442-20367-3|
[Verlagshomepage]http://www.randomhouse.de/pageundturner/index.jsp
Klara Ulner wohnt im kleinen Dorf Reheim im Taunus bei ihrem Onkel Markus. Das Leben dort ist unbeschwert und glücklich. Ihre Freunde sind der liebenswerte Schürzenjäger Peter und die Heilerin und Kräuterfrau Agnes, die auch ihre Lehrerin ist. Doch die Idylle währt nicht lange, denn als Pater Baselius, Prior des Klosters St. Bonifaz in Mainz nach Reheim kommt, weil es dort angeblich einen Fall von Ketzerei gegeben hat, herrscht schnell große Angst und Verunsicherung unter den Einwohnern.
Der Prior, sein Skriptor und einige Soldaten beginnen sofort mit den Ermittlungen und es dauert nicht lange, bis die vermeintliche Hexe Agnes auf dem Scheiterhaufen landet. Schnell schlägt die Stimmung in dem Dörfchen, in dem jeder jeden kennt, um und es breiten sich Misstrauen und Panik in der Bevölkerung aus. Als Nächstes ist Peters Vater an der Reihe, der ebenfalls der Teufelsanbetung bezichtigt wird. In beiden Fällen ist Klara von der Unschuld der Angeklagten überzeugt und so beginnt sie, Nachforschungen anzustellen. Als dann plötzlich auch Peter im Gefängnis der Inquisition landet, scheint ihre ganze kleine Welt in den Feuern der Inquisition zu enden. Hartung, Alexander – Rache des Inquisitors, Die weiterlesen →
Goa, 1632. Miguel schwankt zwischen Empörung und neuer Hoffnung. Nach einem Skandal in Portugal, der fast seinen Ruf ruiniert hätte, an dem er aber schuldlos war, hat sein Vater ihn nach Goa geschickt, um im dortigen Teil des Familienunternehmens nach dem Rechten zu sehen. Hier sollen Teile der reichen Gewürzladungen des exotischen Landes verschwinden, ehe sie Portugal erreichen können, und Miguel soll herausfinden, wer hinter den Diebstählen steckt.
Miguel fühlt sich ungerecht behandelt und ist verletzt, weil nicht einmal seine Familie an seine Unschuld glaubt, andererseits jedoch ist er froh über die Chance, sich fern der Heimat beweisen zu dürfen. In Goa steht er nicht im Schatten seines älteren Bruders, des perfekten Geschäftsmannes. Möglicherweise kann er sich sogar ein eigenes kleines Geschäft aufbauen …?
Ehe er jedoch noch wirklich Fuß gefasst hat in seiner neuen Heimat, trifft er auf die geheimnisvolle Dona Amba, die nur selten die Stadt betritt und sich nur verschleiert zeigt. Die geheimnisvolle Fremde nimmt einen Gutteil seines Denkens in Anspruch, und er schwört sich, dass er sie kennenlernen und ihr Vertrauen gewinnen wird. Dona Amba bemerkt den Fremden ebenfalls, und ihr graut vor ihm. Zu neugierig, zu aufdringlich erscheint ihr der junge Mann. Sie hat ein Geheimnis zu hüten, und inzwischen sind so viele Menschen von ihr abhängig, dass sie jede Gefahr meiden muss.
Allein, der junge Portugiese hat eine verborgene Saite in ihrem Innern berührt, und da er alles daran setzt, den Widerstand der geheimnisvollen Frau zu brechen, sieht Dona Amba ihn häufiger, als ihr lieb ist. Sie ist schließlich hin- und her gerissen zwischen der Angst, die immer ihr Leben bestimmte, und dem stärker werdenden Verlangen nach persönlichem Glück. Und doch droht ihre Vergangenheit sie einzuholen …
_Kritik_
Zwischen Europa und Indien, Vertrauen und Verrat, Abenteuer, Cholera, Inquisition, Liebe und Flucht hat Ana Velosa eine spannende Romanze angesiedelt. Ihre Beschreibungen des Glanzes und des Elends des exotischen Indien sind farbenfroh und intensiv, die Art und Weise, wie die Geschichte sich langsam entfaltet, geschickt inszeniert. Speziell die Rückblenden, in denen Dona Ambas Leben und die Gründe für ihre Heimlichtuerei dargelegt werden, sind sehr spannend gestaltet.
Das Verhalten der portugiesischen Gemeinde in Indien ist mit Liebe zum Detail dargestellt und gemahnt an vergleichbare Beschreibungen von anderen Kolonialmächten; die Art und Weise, wie die Neulinge aus ihrer eigenen, für ach so überlegen gehaltenen Welt anreisen und sich erst nach und nach kleinlaut den neuen Gegebenheiten anpassen, ist immer wieder amüsant zu lesen.
„Der indigoblaue Schleier“ ist ein Schmöker. Ein gut recherchierter, liebevoll komponierter Schmöker. Für Schattierungen in den Charakteren ist nur wenig Platz: What you see is what you get. Natürlich ist die Heldin eine unglaublich schöne, integre, willensstarke und leidensgewohnte Frau. Natürlich ist der Held der bestaussehendste Mann der ganzen Kolonie, ein bisschen wild zwar, doch tief in seinem Herzen gut, rein, mutig usw. Natürlich sind die Freunde die besten, treuesten, loyalsten, die man sich wünschen kann. Die Bösen sind dafür aber auch mal so richtig böse, skrupellos und ohne jeden Hauch von Mitleid, und die Kirche erhält zeitgemäß ihren Dämpfer. Das sind Dinge, mit denen man sich arrangieren muss, dann kann man dieses Buch durchaus genießen.
Ana Veloso schreibt gefällig und in blumigem Stil, der sie selbst bei den Beschreibungen von Elend, Ekel, Gewalt und abgrundtiefer Trauer nicht verlässt. Alles in allem ist das Buch in sich harmonisch und rund.
_Fazit_
„Der indigoblaue Schleier“ ist ein romantischer Roman, und wenn man ihn als solchen nimmt, ist er vergnüglich. Wer gehobener Literatur zugeneigt ist, sollte sich besser etwas anderes suchen, aber zur Kurzweil gereicht dieses Buch allemal.
_Ana Veloso bei |Buchwurm.info|:_
[„Der Duft der Kaffeeblüte“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3872
[„Das Mädchen am Rio Paraiso“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6057
Berlin in der Gründerzeit: Der junge Ruven wittert die Freiheit. Seit er sich erinnern kann, war es ihm schlecht ergangen: Eines Morgens hatte man ihn vor dem Waisenhaus gefunden, verletzt und ohne Gedächtnis. Das Leben hier war alles andere als schön, und kurz war Hoffnung in ihm aufgeblitzt, als ein fahrender Fotograf ihn mitgenommen hatte. Dessen Gewerbe aber sorgte bei Ruven von Beginn an für Übelkeit, hatte er sich doch im Verborgenen auf schamlose Bilder von Frauen spezialisiert, die er unter der Hand verkaufte.
Ruven war diese Tätigkeit immer verhasst, und als sein Meister eines Tages wieder einmal dem Suff frönt und ein Arzt ihn einlädt, an seiner Klinik Bilderserien von den Patienten zu machen, zögert er nicht lange: Er nimmt, was er braucht – so auch die Fotoausrüstung -, und macht sich am angegebenen Tag auf den Weg zum Krankenhaus.
Die Patienten des Doktors sind überwiegend Geisteskranke, deren Bilder der Doktor will, um durch ihr genaues Studium in die kranken Seelen zu blicken. Die Patienten erschrecken Ruven ein wenig, doch ein Mädchen ist dabei, Isabell, das ihn irgendwie fasziniert. Sie lernen sich ein wenig kennen, und rasch findet Ruven heraus, dass der Geist der jungen Frau mitnichten gestört ist: Ein Nervenleiden zwingt sie in den Rollstuhl, und ihr eigentümliches Verhalten rührt von der Auflehnung ihres überlegenen Geistes her.
Das Mädchen begeistert sich für die Fotografie, lernt selbst nebenher aus Büchern darüber und entwickelt einen gewagten Plan: Sie hängt trotz ihrer Behinderung am Leben, und sie möchte zusammen mit Ruven eine besondere Platte für den Apparat entwickeln: Wenn es möglich ist, wie der Doktor sagt, die Seele auf den Bildern zu erkennen, dann muss es doch einen Weg geben, sie ganz dorthin zu bannen – sie dort aufzubewahren, bis es eine Möglichkeit gibt, sie wieder hervorzuholen, wenn der gequälte Körper längst den Kampf aufgegeben hat?
Ruven verliebt sich in Isabell und tut alles, um sie zu unterstützen. Doch es droht Gefahr: Medizinische Experimente bedrohen das junge Glück genau so wie Ruvens ehemaliger Meister, der die Suche nach dem diebischen jungen Mann keineswegs aufgegeben hat – und dann droht die längst versunkene Vergangenheit Ruven einzuholen …
_Kritik_
Die Beschreibungen des Elends, in dem Ruven sich zu Beginn des Romans befand und indem Isabell und die Menschen um sie herum hausen, sind eindringlich und abstoßend. Auch die Experimente, mit denen die Medizin sich beschäftigte, jagen dem Leser einen kalten Schauer über den Rücken.
Leider greift der Rest des Buches nicht so recht. Die Charaktere sind wenig glaubwürdig, mal überzeichnet, mal zu blass, und sie benehmen sich nicht immer so, wie es in der Figur angelegt ist. Wie Hercule Poirot gesagt hätte: Niemand kann etwas tun, das nicht „dans son charactère“ ist.
Der Held erweckt wenig Sympathien, und das überspannte Mädchen befremdet eher, als dass es herzerweichend wirkt. Das Vorhaben wirkt vollkommen unsinnig, und wenn zumindest nebenher noch ein wenig mehr Lokalkolorit oder atmende Szenerie eingeflossen oder vielleicht ein historisches Ereignis am Rande der Handlung beschrieben worden wäre, hätte man vielleicht darüber hinwegsehen können, dass man von vornherein weiß, dass die Hoffnung des Mädchens enttäuscht wird. Dazu kommen noch einige Wendungen in eine Richtung, die die sperrige Geschichte abzurunden nicht hilfreich ist, und im Ganzen hat man einen eher enttäuschenden Roman.
_Fazit_
Es ist wie immer Ansichtssache, was man von einem Roman hält, und es sind bereits gute Bewertungen zu „Die Seelenfotografin“ abgegeben worden – allein, ich kann mich ihnen nicht anschließen. Das Buch ist mir fern geblieben, sowohl was die Geschichte angeht als auch nach seinen Personen. „Die Seelenfotografin“ hat mir nicht besonders gefallen.
|Taschenbuch: 320 Seiten
ISBN-13: 9783499255120|
[www.rowohlt.de]http://www.rowohlt.de
[Mehr zur Autorin]http://www.rowohlt.de/autor/Charlotte_Freise.2846263.html
Ravensburg, 1429: Die junge Christine ist entsetzt. Sie hat während ihrer ersten Ehejahre keine Kinder bekommen, und nun schreibt ihr ihr wesentlich älterer Gatte von einer Geschäftsreise, dass er seinen unehelichen Sohn mit nach Hause zu bringen und ihn als Stammhalter zu erziehen gedenke. Was für eine Demütigung! Doch als der Junge erst einmal ankommt, erwärmt sich Christine schnell für ihn: Er ist ein schmaler, schüchterner Kerl, eher musisch als kaufmännisch begabt, und dass er aus seiner vertrauten Umgebung gerissen und von einem Mann fortgebracht wurde, den er wohl niemals wird zufrieden stellen können, bedrückt ihn sehr.
Christine tut alles, um dem Jungen eine Freude zu bereiten – unter anderem bedeutet das, dass sie Geld für ein ganz besonderes Geschenk braucht. Nur woher nehmen? Sie versetzt kurz entschlossen ein kostbares Tuch, das sie so gut wie nie trägt, bei einem jüdischen Pfandleiher und bringt damit Geschehnisse ins Rollen, deren Ausmaße niemand absehen kann. Sie verliert nicht nur jeglichen Respekt ihres Gatten, als der ihr auf die Schliche kommt, sie verliert auch ihr Herz an den Juden. Ehebruch allein wäre schon eine Todsünde, doch dass sich eine Christin mit einem Juden einlässt, ist absolut unvorstellbar. Und darüber hinaus sind die Jahre 1929 und 1930 in Ravensburg für die jüdische Bevölkerung keine guten: Über der im Verborgenen aufkeimenden Liebe drohen Gewitterwolken, und als dann auch noch ein Kind verschwindet, zieht sich die Schlinge endgültig zu …
_Kritik_
Es ist eine düstere Geschichte, die Isabell Pfeiffer vor den Leseraugen entfaltet. Eine düstere Geschichte, die umso bitterer wirkt, als sie nicht frei aus der Luft gegriffen ist. In den Jahren 1429/1430 setzt in den Reichsstädten des Bodenseeraums eine Judenverfolgung ein, die ihresgleichen suchte und der fast die gesamte damalige jüdische Bevölkerung zum Opfer fiel.
In das Gewebe aus Korruption, Verrat, Gier, Fanatismus, Angst und schlichtem Aberglauben, das zu diesem Massenmord führte, bettet die Autorin eine komplizierte Liebesgeschichte und einen ebensolchen Kriminalfall ein, verknüpft die Fäden von kleinen persönlichen Angelegenheiten und großen politischen Ränken zu einem tödlichen Netz. Fantasie und Fakten ergeben ein Drama, bei dem alles unerbittlich einem bestimmten Punkt zuläuft.
Dass in diesem mosaikartigen Kunstwerk manchmal die eine oder andere Person eine Winzigkeit unglaubwürdig handelt oder etwas klischeebehaftet wirkt, ist letztendlich egal: Der Roman führt unerbittlich vor Augen, wie etwas so Grauenvolles wie der von der Obrigkeit genehmigte Massenmord (in Form von Hinrichtungen) überhaupt geschehen kann, und da kann man die eine oder andere Ungereimtheit in den Charakteren schon einmal verzeihen.
Die Autorin hat sich mit ihrem Thema auseinandergesetzt und sorgfältig Personen, die real existiert haben, mit fiktiven vermischt. Erdachte Schicksale greifen perfekt in überlieferte, und das ist schon eine Kunst für sich.
_Fazit_
Wer historische Romane mag, in denen nicht nur Mantel- und Degenszenen vorkommen, sondern die auch ein wenig Hintergrundwissen vermitteln, ist mit „Das Sündentuch“ gut bedient. Man mag hier und da ein Auge zudrücken, wenn sich etwas nicht zur Gänze in das farbenreiche Bild einpassen möchte, aber im Großen und Ganzen ist dieser Roman saubere Arbeit.
01 „Die Totenleserin“
02 „Die Teufelshaube“
03 _“Der König und die Totenleserin“_
04 „The Assassin’s Prayer“ (noch ohne dt. Titel)
_England 1176. Henry II. befindet_ sich im Krieg gegen die Waliser. Die Waliser hoffen noch immer darauf, dass ihr Held, König Arthus, aus seinem Jahrhunderte währenden Schlaf erwacht und wieder die Krone des englischen Königs trägt. Als nach einem verheerenden Brand im Kloster Glastonbury zwei Skelette geborgen werden, hofft der König damit beweisen zu können, dass König Artus und seine Gemahlin Guinevere tot sind. Um den Tod seiner Gegenspieler beweisen zu können, beauftragt König Henry II. die in seinem Dienst stehende „Totenleserin“ Adelia damit, nachzuweisen, dass es sich bei den Gebeinen um König Artus und Guinevere handelt.
Adelia, die sich zusammen mit ihrer Freundin Emma auf einer Reise durch England befindet, um die Erbansprüche von Emmas Sohn zu klären, ist nicht begeistert vom erneuten Auftrag König Henrys. Zusammen mit ihrem arabischen Freund Mansur, ihrer Tochter Alli und der Kinderfrau Gyltha folgt Adelia dem Ruf des Königs widerwillig nach Glastonbury.
In Glastonbury erwartet die Gruppe erst einmal ein seltsamer Empfang in dem dortigen Gasthaus. Tags darauf wirft Adelia den ersten Blick auf die beiden Skelette, beide sind zu Lebzeiten grausam zerstückelt worden. Gemeinsam mit Mansur macht Adelia sich daran, nachzuforschen, ob es sich bei einem der beiden Skelette tatsächlich um den sagenumwobenen König handeln könnte, und schnell befindet Adelia sich wieder einmal in einem gefährlichen Abenteuer. Als sie feststellen muss, dass ihre Freundin Emma mit ihrem ganzen Gefolge wie von Erdboden verschluckt ist, nimmt die Geschichte ihren Lauf.
_Kritik_
Mit „Der König und die Totenleserin“ hat die Autorin Ariana Franklin den bereits dritten Band ihrer Serie um die erste Pathologin Englands geschrieben. Wie schon in „Die Totenleserin“ und „Die Teufelshaube“ nimmt die Autorin den Leser mit in das mittelalterliche England. Zu dieser Zeit war es im Abendland Frauen strengstens untersagt, als Medicus oder schlimmer noch als Totenleserin zu arbeiten.
Mit einem sehr gefälligen und leicht verständlichen Schreibstil macht es die Autorin dem Leser leicht, dem atemberaubenden Geschehen zu folgen. Bildgewaltig lässt Ariana Franklin das mittelalterliche England wieder auferstehen und es fällt leicht, sich mit der Geschichte mitreißen zu lassen. In dem historischen Roman wird eine überzeugende Atmosphäre aufgebaut. Den Hauptteil des Romans machen die Ermittlungen aus, die Adelia in den verschiedenen Fällen anstellt. Geschickt verwebt die Autorin dabei historische Ereignisse, wie zum Beispiel die von Henry Plantagenet eingeführte „moderne“ Rechtsprechung sowie die fiktive Geschichte um Adelia. Mit König Artus und dem Schwert Excalibur baut die Autorin außerdem die wohl berühmteste Sage Englands in die Geschichte ein. Alle Handlungen, wie das Rätsel um die geborgenen Skelette, das mysteriöse Verschwinden Emmas und ihrem Gefolge sowie andere Nebenhandlungen greifen ineinander und sind stimmig konzipiert. Die Geschichte schlüsselt sich am Ende befriedend auf und alle Fragen sind zufriedenstellend geklärt.
Der Spannungsbogen, der sich vom Ruf des Königs nach Adelia an konstant aufbaut, erlebt durch die verschiedenen Ereignisse immer wieder neue Höhen. Gebannt folgt der Leser dem Geschehen und ein Beiseitelegen des Romans fällt schwer, zu sehr fiebert man mit der Protagonistin mit.
Dieser Roman wird aus der Perspektive eines Betrachters erzählt, der sich die meiste Zeit auf Adelia konzentriert. Diese Sicht der Dinge trägt ungemein zur Spannung bei, da der Leser immer nur genau so viel ahnt wie die Protagonistin selbst.
Die Charaktere, die der Leser schon in den vorangegangenen Büchern kennenlernen durfte, entwickeln sich überzeugend weiter. Die Handlungen, Sorgen und Ängste der Protagonisten sind nachvollziehbar und einleuchtend.
Die taffe und sehr sympathische Heldin Adelia Aguilar zieht den Leser unweigerlich in ihren Bann. Aufgewachsen in dem für seine Zeit sehr fortschrittlichen Salerno, muss sie ihr medizinisches Wissen vor dem Menschen verstecken, und so wird ihr Diener Mansur zu dem frühzeitlichen Forensiker. Öffentlich tritt Adelia nur als seine Übersetzerin und Gehilfin auf. Der Gefahren ihres Handelns bewusst, tritt die junge Frau trotzdem für die Toten ein und sorgt so dafür, dass diesen nach dem Tod noch Gerechtigkeit widerfährt. Aber nicht nur den Toten fühlt sich Adelia verpflichtet, auch den Lebenden eilt sie zu Hilfe, wenn diese nottut.
Die weiteren Figuren sind ebenfalls einleuchtend und lebensnah konzipiert, und auch wenn einige der Randfiguren etwas blass wirken, sind sie doch ausreichend erklärt.
Die Gestaltung des Covers ist perfekt gelungen, auf hellem Hintergrund nimmt der blutrot geschriebene Titel den meisten Platz ein, verziert durch ein paar Blutflecken und einer Kette mit Kreuzanhänger fällt er positiv ins Auge.
_Fazit_
Mit „Der König und die Totenleserin“ ist der Autorin wieder einmal eine spannende und authentische Reise in vergangene Zeiten gelungen. Geführt von einer couragierten und sehr liebenswerten Heldin, die absolut weiß, was sie will und dieses auch erfolgreich selbst gegen einen König durchzusetzen vermag.
Der Roman kann allen empfohlen werden, die gerne mittelalterliche Krimis lesen und sich von einer weiblichen Heldin nicht abschrecken lassen. Die fiktive Geschichte passt sich den historischen Ereignissen rund um Henry Plantagenet sehr gut an.
Bleibt nur zu hoffen, dass es bald einen weiteren Teil um Adelia Aguilar geben wird.
_Autorin_
Ariana Franklin hat als Journalistin gearbeitet, bevor sie die Schriftstellerei für sich entdeckt hat. Ihr erster Roman mit ihrer ungewöhnlichen Heldin Adelia erschien 2007 bei Droemer unter dem Titel „Die Totenleserin“. Ariana Franklin ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann in der Nähe von London.
Die Domhauptstadt Köln ist immer einen Besuch wert, und die über 2000 Jahre alte Stadt am Rhein hat viel zu erzählen. Natürlich beherrschen Kunst und Kultur diese Metropole, und natürlich ist der Kölner Dom das traditionelle Ziel vieler Touristen.
Der Kölner Dom gehört zu den weltweit größten Kathedralen im gotischen Stil und seit 1996 gehört dieses imposante Bauwerk zudem zum Weltkulturerbe der UNESCO. 1248 wurde der gotische Bau vom Dombaumeister Gerhard von Rile begonnen. Sein Vorbild war die Kathedrale von Armiens. Von Rile war der erste Dombaumeister von Köln.
Iris Kammerer, die schon brillante historische Romane wie „Varus“, und u. a. „Der Tribun“ erfolgreich veröffentlichte, die bereits in mehreren Auflagen erschienen sind, lässt in ihrem neuesten Roman “Die Blutsäule“ die Stadt Köln und den Dombaumeister Gerhard von Rile eine Hauptrolle spielen.
_Inhalt_
Köln 1248: Der noch sehr junge Baumeister Gerhard von Rile hat in der Stadt am Rhein den Auftrag angenommen, eine prachtvolle Kathedrale zu errichten. Die Stadt Köln entwickelt sich rasant. Sie ist zu einem Magneten für Handwerker und Kaufleute geworden, die im Schatten dieses Doms Reichtum und Rum wittern. Die Konflikte zwischen Klerus und Bürgerschaft nehmen zu und auch Gerhard von Rile und sein Neffe Gerwich geraten schnell zwischen die verfeindeten Fronten, genauso wie der eigentliche Stadtherr – der Erzbischof.
Als Gerwich unmittelbarer Zeuge eines Mordes wird und dieser kein Einzelfall bleibt, überschlagen sich die Intrigen und Ereignisse innerhalb der Stadtmauern. Die beiden Predigermönche Albert von Lauingen und sein noch junger Schüler Thomas von Aquin helfen Gerwich bei den Ermittlungen. Doch kein weltlicher Richter wird über die Verdächtigen urteilen können. Denn die „Blutsäule“ entscheidet letztlich über das Schicksal, über Schuld und Sühne der potenziell verdächtigen Personen.
Als „Gottesurteil“ soll diese Säule, an der Jesus Christus gemartert und ausgepeitscht wurde, dienen. Denn das heilige Blut soll den Stein getränkt haben und den wahren Sünder entlarven oder freisprechen können.
Die Kölner, die endlich Ruhe und Frieden in der Domstadt haben möchten und nicht zuletzt durch die Anbetung von Reliquien an Tourismus und Handel gut verdienen, handeln, durch Aberglauben gehetzt, etwas vorschnell. Als der regulär durch die Blutsäule entlarvte Täter identifiziert und gefangen wird und trotzdem noch weitere Morde geschehen, überschlagen sich die Ereignisse …
_Kritik_
Iris Kammerer hat ihren Schauplatz hervorragend gewählt. Köln sprüht ja förmlich über von Geschichte. Bereits damals im Jahre 1248 gab es umfangreiche Intrigen unter den Kaufleuten, Handwerkern und den Stadträten. Auch die Kirchenväter wollten an den Touristen ihren Profit weiter ausbauen, und die Gewinnung von Macht und Einfluss rief doch sehr weltliche Motivationen hervor.
Die Autorin hat, wie schon erwartet, hervorragend recherchiert, und wer Köln kennt, wird beim Lesen quasi an die Hand genommen und gleich durch die Domstadt geführt. Hier nimmt das Mittelalter Gestalt an, die Gassen, die verschiedenen Straßen und Plätze, der Bau des Kölner Doms – all das entwickelt eine ungemein dichte Atmosphäre.
Doch nicht nur Kunst und Kultur spielen in „Die Blutsäule“ eine tragende Rolle. Auch die Menschen, die in dieser Metropole lebten, hat die Autorin realitätsnah und vielseitig aufleben lassen, zumal uns Iris Kammerer noch sehr beispielhaft, und sagen wir es ruhig, sehr lebhaft, an deren täglichen Leben teilhaben lässt. Da wie immer die Kirche ihre Schäfchen leiten und führen wollte, wird der Aberglaube hier auch stark thematisiert.
Dass eine Säule einen Verbrecher entlarven oder einen Unschuldigen retten könnte, ist für unseren Intellekt nur schwerlich nachvollziehbar, doch für viele Personen im 13. Jahrhundert und auch noch später hatte der Glaube an Wunder und Reliquien ein immenses Gewicht. Doch nicht alle waren so gutgläubig; natürlich gab es auch Menschen, die mit einer gewissen Skepsis solchen Wundern begegneten, aber ungefährlich war das freilich nicht. So oder so, das späte Mittelalter war eine prägende Epoche, ein Zeitraum, in dem Kunst und Kultur und natürlich auch die Architektur wahre Quantensprünge vollführten.
„Die Blutsäule“ von Iris Kammerer ist ein abwechslungsreicher und sehr spannender Roman, der zu überzeugen weiß. Die Stadt am Rhein lebt hier auf, die Menschen und deren Schicksale werden vielfältig und überzeugend auf die frühmittelalterliche Bühne geworfen.
Es ist kein historischer Kriminalroman, wie der Leser ihn hier vielleicht erwartet. Iris Kammerers Stil ist weit vielfältiger. Im Vordergrund stehen die sozialen Verflechtungen, die Intrigen der Händler, der Kampf um Macht und Einfluss in dieser Großstadt, die alles dafür tut, um wachsen zu können.
Den Lesern wird Gerhard von Rile begegnen, der erste Dombaumeister zu Köln, von dem nicht wirklich viel bekannt ist, aber viel vermutet wird. Iris Kammerer verleiht diesen und anderen historischen Persönlichkeiten ein gewisses Gesicht, das der Vergangenheit durchaus entsprechen könnte. Thomas von Aquin und Albertus Magnus sind zwei der herausragenden Geistlichen, denen die Autorin die Gelegenheit gibt, in dieser Geschichte mitzuspielen.
_Fazit_
„Die Blutsäule“ von Iris Kammerer ist grandios und überzeugt nicht nur durch Spannung und Abwechslung, sondern auch durch eine sichere und realitätsnahe Beschreibung des mittelalterlichen Kölns und seiner Bewohner.
Am liebsten möchte man sich auf den schnellsten Weg nach Köln begeben, um die Atmosphäre in der Nähe des Doms zu spüren, zu begreifen, wie faszinierend und spannend eine Autorin Köln beschreiben kann.
_Autor_
Iris Kammerer, geboren 1963, studierte in München und Marburg, arbeitet als Texterin, Redakteurin und Beraterin und lebt mit ihrer Familie in Marburg. Neben dem Roman „Der Pfaffenkönig“ sind von ihr außerdem „Der Tribun“, „Die Schwerter des Tiberius“, „Wolf und Adler“ und „Varus“ erhältlich.
_Verfilmt: Western-Klischees gegen den Strich gebürstet_
Die beiden freischaffenden Stadt-Marshalls Virgil Cole und Everett Hitch bekommen es in dem Städtchen Appaloosa mit einem despotischen Rancher zu tun, der die Stadt tyrannisiert. Sie nehmen es mit ihm und seinen 25 Cowboys auf. Gestört werden sie von Virgils Affäre zu der Pianospielerin Allie French, die sich als fiese Intrigantin erweist.
Das Buch wurde noch nicht übersetzt, aber inzwischen (2008) mit Viggo Mortensen, Jeremy Irons, Ed Harris und Renée Zellweger verfilmt. Die Kritiker waren sich einig, dass hier die alten Motive des Westerns überarbeitet werden.
_Der Autor_
Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.
Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.
_Handlung_
Das erste Mal, als Everett Hitch auf Virgil Cole trifft, ist vor einem Saloon in dem Kaff Trinidad, irgendwo in Arizona. Der Marshall ist deutlich an seinem Stern auf der Brust zu erkennen. Everett schaut zu, wie es mit einem betrunkenen Fallensteller in Lederwams aufnimmt, der den bezeichnenden Namen Bear trägt. Virgil ist die ganze Zeit sehr ruhig, erhebt die Stimme nie, doch als der andere zur Waffe greift, schießt er zuerst. Cole, der den Beistand Everetts zu schätzen, fragt den arbeitslosen Durchreisenden, ob er als sein Deputy arbeiten würde. Everett sagt schließlich ja.
|Der Tyrann: Randall Bragg|
Nachdem sie einige weitere Städtchen zusammen befriedet haben, treffen sie in Appaloosa ein. Die drei Ältesten des Stadtrates bitten Virgil, sie von dem Rancher Randall Bragg zu befreien, dessen Cowboys nicht nur die Stadt tyrannisieren, sondern auch den vorhergehenden Marshall Jack Bell und dessen Deputy erschossen, als diese drei von ihnen festnehmen wollten. Diese drei hatten eine Bürgerin vergewaltigt, nachdem sie ihren Gatten erschossen hatten. Virgil lässt sich umfassende Vollmachten erteilen und drakonische Gesetze verhängen. Das Wichtigste davon: Niemand darf innerhalb der Stadtgrenzen eine Waffe tragen.
Natürlich glauben die Bragg-Cowboys nicht, dass der neue Marshal diese Gesetze durchsetzen würde. Drei von ihnen müssen für diesen Irrtum ins Gras beißen, der Vierte ergibt sich. Bragg will verhandeln, aber Cole zeigt ihm, was die einzige Verhandlungsbasis ist: seine Gesetze. Bragg zieht Leine. Als ein ehemaliger Deputy Jack Bells namens Whitfield zurückkehrt, um als Zeuge gegen Bragg und Co. wegen Mordes auszusagen, sieht Cole einen guten Grund, sich Bragg zu schnappen. Aber wie geht man gegen 25 Bewaffnete vor? Am besten gar nicht. Stattdessen schnappen sich Cole und Everett den Rancher auf dem stillen Örtchen und stecken ihn in die Zelle des Sheriffbüros.
Sie müssen zweieinhalb Wochen warten, bis der Wanderrichter vorbeikommt, um das Urteil über Bragg zu fällen. In dieser Zeit kann viel passieren, daher wird der Gefangene permanent bewacht und Whitfield, der einzige Zeuge, nächtigt im Knast, damit er nicht von Braggs Leuten erschossen wird.
|Woman trouble: Allie French|
Inzwischen hat sich eine angeblich verwitwete Pianospielerin namens Allie French in Cole verliebt und fängt mit ihm eine Affäre an. Everett, Coles treuer Gefährte, schaut dem Anfang skeptisch zu. Denn weil Allie Cole wütend gemacht hat, schlägt dieser einen Kutscher zusammen. Nur Everett kann Coles Anfall beenden. Dennoch bleiben Cole und Allie beisammen und bauen ein Haus am Stadtrand.
Dort soll Everett auf Coles Geheiß mal die Zimmer anschauen – und wahrscheinlich Allie Gesellschaft leisten. Allie schmeißt sich jedoch an den überraschten Everett ran und küsst ihn. Der drückt sie von sich weg und haut ab, denn seinen Freund zu betrügen kann nur zu Ärger führen: Cole würde ihn abknallen. Katie Goode, die freundliche Hure, zu der Everett oft geht, ahnt, was Allie French tun wird: Sie wird Everett an Cole verraten, und dann gnade Gott den beiden – und der Stadt.
Schon bald taucht Randall Braggs Vormann Vince, ein Revolvermann, mit 20 Männern vor dem Gefängnis auf, um Bragg herauszuholen. Nur Cole und Everett stellen sich ihm entgegen. Der Ärger hat begonnen.
_Mein Eindruck_
Aber das ist der Auftakt zum turbulenten Mittelteil des Romans. Zwei Revolverhelden, mit denen Cole schon mal zusammengearbeitet hat, tauchen in der Stadt auf: die Shelton-Brüder Ring und Mackie. Es ist klar, worauf sie aus sind. Nach Braggs überfälliger Verurteilung zum Tod durch den Strang entführen sie Allie French und versprechen Cole, sie im Austausch für Bragg wieder freizulassen. Dies geschieht bei einem Wassertank mitten in der Prärie, wo der Zug, der Bragg ins Gefängnis bringen soll, anhält, um zu tanken. Die Sheltons hauen Cole übers Ohr und verschwinden mitsamt Bragg und Allie.
Nun folgt eine kuriose Verfolgungsjagd mitten durch die Prärie, die zu diesem Zeitpunkt offenbar noch von den letzten Kiowa-Indianern bewohnt wird. Als die Verfolgten in einer Flussbiegung ein Lager aufschlagen, schlagen die Kiowa-Jäger zu, um sich die Waffen und die Frau zu schnappen. Dies beobachten Cole und Hitch, die inzwischen aufgeschlossen haben. Sie wissen, dass die Indianer nur auf der Büffeljagd waren, als sie die Weißen entdeckten. Und Cole und Hitch beobachten erstaunt, wie Allie French sich nach dem Nacktbaden ihrem Entführer Ring Shelton hingibt.
Um die Indianer abzuwehren, müssen sich Entführer, Entführte und Verfolger zusammentun, wobei sich Hitch durch besonderen Mut hervortut, indem er dem Anführer der Kiowas auf friedliche Weise begegnet statt mit der Knarre. Zusammen geht’s weiter nach Beauwville, wo es zum Shootout kommen wird, weil sich die Sheltons und ihr Cousin, der Stadt-Marshal, weigern, den Gefangenen herauszurücken. Der Schluss des Romans besteht in der Lösung des Bragg-Problems – ein für alle Mal. Nur wer ganz genau aufgepasst hat, weiß, warum es nicht Cole, sondern Hitch ist, der Bragg erledigt.
|Die Gesetzeshüter|
Die beiden Gesetzeshüter Cole und Hitch schlagen sich von Stadt zu Stadt durch – sie sind, was sie tun, wie Spenser, Jesse Stone und all die anderen Helden bei Robert B. Parker. Zugleich sind sie ein dynamisches Duo: Während Cole so abgebrüht ist, dass er keine Angst vor dem Tod hat, verfügt Hitch durchaus noch über Gefühle – und das mache ihn verwundbar, findet Cole. Deshalb ist es Hitch ganz zufrieden, nur der Deputy zu sein. Er hat dafür Gelegenheit, seinen Gefährten bei dessen Gebrauch der falschen Fremdwörter zu korrigieren. Während Hitch auf der US-Militärakademie West Point war, kennt Cole dafür Clausewitz, den preußischen Militärtheoretiker. Diese zwei Jungs haben einiges auf dem Kasten.
|Die Frau und der Leitwolf|
Beide könnten friedlich ihren Job erledigen, tja, wenn es Allie French nicht gäbe. Nur Katie Goode, Everetts Hure, scheint diese Frau vollständig zu verstehen. Allison ist ein Überlebenstyp: Sie hängt sich immer an den Leitwolf in einer Gemeinschaft, damit dieser sie beschützt und ernährt. Als sie sich an Everett ranschmeißt, kapiert dieser Allies Methode: Everett ist Allies Ersatzmann, sollte Cole, mit dem Allies zusammenwohnt, etwas zustoßen. Als sie entführt wird, lässt sie sich mit Ring Shelton ein, dem neuen Leitwolf.
Tatsächlich ist die Bezeichnung „Leitwolf“ falsch, denn das Symbol, das der Autor dafür gewählt hat, ist der große, starke Appaloosa-Hengst, dessen Freiheit und Dominanz Cole so bewundert, dass er ihn sowohl Everett als auch Allie zeigt. Allie erschrickt, als der Hengst mit einem Rivalen kämpft und diesen in die Flucht schlägt. Sie schlägt die Hände vors Gesicht und jammert: „Oh mein Gott!“ Wer weiß, was sie in diesem Kampf erblickt hat. Sie fragt, warum sich die Stuten nicht einfach auch von dem zweiten Hengst decken lassen – was genau die falsche Denkweise ist, aber ihrer eigenen völlig entspricht.
Als Cole und Everett einmal von Ehre und Unehre sprechen, schüttelt Allie nur verwundert den Kopf und fragt sich, wie Männer bloß so „silly“ sein können, so töricht. Nun, für Cole und Hitch ist die Ehre alles. Denn würden sie sich nicht an die Regeln halten, die sie als Gesetz über eine Stadt verhängen, wären sie keinen Deut besser als jeder dahergelaufene Straßenköter, der mit einer Knarre umzugehen wisse – wie die Sheltons etwa. Die Ehre ist alles, was zwischen den Gesetzeshütern und der Barbarei steht. Und ausgerechnet diese Ehre will Allie für töricht halten?
|Freundschaft|
In Beauville ist Bragg entkommen. Nach einem Jahr kehrt er zurück und gibt die Rolle des reuigen Sünders, der die Stadt Appaloosa zu neuer Pracht und Blüte führen will. Er kauft die Stadträte aus und plant, seinen Kompagnon zum Bürgermeister zu machen. Das würde Cole und Hitch natürlich den Job kosten. Doch dann macht Bragg einen Fehler: Er will auch Cole die Frau ausspannen. Da hat er bei Allie leichtes Spiel, denn er ist offensichtlich der neue Leitwolf in der Stadt und sie lässt sich gerne mit ihm ein.
Als Everett die beiden inflagranti delicto erwischt, steht er vor einem Dilemma: Wenn Cole erfährt, dass er betrogen wird, bringt er Allie und/oder Bragg aus persönlichen Gründen um – ein klarer Verstoß gegen die eigenen Ehrenregeln. Also muss Everett einen Weg finden, um Cole nicht in diese Verlegenheit zu bringen. Er gibt seinen Stern ab und fordert Bragg danach als reiner privatmann heraus. Für seinen Freund und die Ehre setzt er sein eigenes Leben aufs Spiel. Er macht alles richtig, genau, wie es ihm Cole beigebracht hat …
Neben all dem Brimborium, das typisch für jeden Western ist, geht es also dem Autor um die zentrale Frage, was denn eigentlich die Gesetzeshüter wie Cole & Hitch von den angeheuerten Revolvermännern wie den Sheltons unterschieden. Und wie weit ist es eigentlich mit diesem angeblichen Ehrenkodex her, wie er von John Wayne und anderen Hollywood-Ikonen verkörpert wurde, etwa in „Rio Bravo“? Die Frau, um die es geht, stellt alles in Frage, doch Everett Hitch hat eine Antwort darauf: freundschaftliche Treue.
|Der Überlebenstyp|
Der Autor verurteilt Allie French keineswegs, so wie er auch sonst stets unparteiisch bleibt: Sie lebt nach ihren eigenen Regeln, und die oberste lautet: Überleben! Und das geht nach ihrem Verständnis nur an der Seite des jeweils stärksten Mannes, den sie mit der ältesten Währung der Welt bezahlt: Sex. Dabei will sie sich doch keinesfalls mit einer Stute vergleichen lassen, die sich nur vom stärksten Hengst decken lässt – und doch verhält es sich genauso. Und das ist das zentrale Motiv, das sich im Titel Appaloosa – einer speziellen Pferderasse – widerspiegelt. Doch der einzige Grund, der verhindert, dass Allie wie alle anderen unverheirateten Frauen in der Grenzstadt anschaffen gehen muss, ist ihr Klavierspiel. Und das beherrscht sie nach Everetts Meinung auch noch ziemlich schlecht.
Wer die „Jesse Stone“-Krimis kennt (ebenfalls verfilmt), der erinnert sich an Jesses Exfrau Jennifer, von der er sich in L.A. scheiden ließ, nachdem er wg. Trunksucht aus dem Polizeidienst geflogen war. An seinem neuen Arbeitsort taucht sie erneut auf, setzt ihm jedoch wieder Hörner auf – nur um zu ihm zurückzukehren, wenn ihre Pläne scheitern. Sie ist ebenfalls ein Überlebenstyp und gleichfalls nicht zu verurteilen. Aber wie für Cole macht ihr Verhalten das Leben für den Gesetzeshüter Jesse Stone nicht gerade einfacher. Das sorgt wiederum für den ironischen Humor in den „Stone“- und in den „Cole & Hitch“-Romanen.
_Unterm Strich_
Klar, dass es Schießereien und andere Standardsituationen aus den Westernfilmen gibt. Aber sie sind niemals Selbstzweck oder gar Show – so machen eben die Gesetzeshüter Cole & Hitch ihre Arbeit. Dass sie den Verbrecher der Gerechtigkeit zuführen, versteht sich von selbst. Doch dann gibt es Komplikationen: Allie French, mit der sich Cole eingelassen hat, wird von Braggs Revolvermännern entführt und erst viel später freigelassen. Es kommt zu einer Auseinandersetzung mit Indianern und einer weiteren Schießerei mit Braggs Leuten. Um das Problem Bragg endgültig zu lösen, muss Hitch ihn zum Duell herausfordern.
Das ist der nicht so standardmäßige Handlungsverlauf. Dieser Aspekt könnte Ed Harris, den Produzenten, Regisseur und Hauptdarsteller der Verfilmung von 2008 dazu veranlasst haben, das Projekt überhaupt zu machen. Er spielt ja selbst auch öfters solche Macho-Typen, etwa einen marhsal, einen Sheriff oder den Anführer einer Killertruppe. Und Viggo Mortensen (Hitch) ist in „History of Violence“ – und natürlich als Aragorn – schon selbst als Mann aufgetreten, der Gewalt einzusetzen weiß, um seine Werte (Freiheit, Liebe, Treue usw.) zu verteidigen.
Die beiden Hauptfiguren sind, wie im Film, recht nachdenklich und reden oft über sich und ihre Motive und Einstellungen, nicht zuletzt deshalb, weil Allie sie ständig löchert. Haben sie denn keine Angst bei ihrem Job, will sie wissen? Cole hat keine, aber Everett schon – das unterscheidet die beiden grundlegend. Allie ist denn auch, die alles in Frage stellt: die Gesetze, die sie aufstellen, ihre Ehre und das Konzept von Liebe sowieso. Trotz dieser Zweifel kann man den Roman keineswegs nihilistisch nennen, sondern lediglich realistisch. Denn es gibt eines, das durchaus imstande ist, diesen Zweifeln Paroli zu bieten: das Prinzip der freundschaftlichen Treue.
Für einen Western ist dieser Roman sehr untypisch, und der Leser, der sich Klischees erwartet, wird enttäuscht werden. Doch es ist auch kein Anti-Western, denn die beiden Hauptfiguren werden zwar heftig angekratzt, doch bleiben sie Sieger. Auch die Frauenfiguren werden weder auf den Sockel gestellt, noch als Huren üb er einen Kamm geschert, sondern nur als Überlebenstypen gewürdigt. Man kann dies verurteilen. Der Autor tut dies wohlweislich nicht, zeigt aber die Folgen dieser Haltung auf. Was würde aus der menschlichen Gesellschaft werden, wenn es ausschließlich Überlebenstypen gäbe? Die „Regeln“ und ihre Durchsetzung würden der Vergangenheit angehören und wir würden zur Barbarei zurückkehren.
_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066
[„Gunman’s Rapsody“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6836
Nach „Die Dirne und der Bischof“ folgt nun der zweite Teil um die Geschichte der Elisabeth, die Tochter, dem Bankert des Fürstbischofs Johnann II von Brunn zu Würzburg.
_Inhalt_
Würzburg 1430: Nach dem Mordanschlag auf Elisabeth, ihrer Amnesie und der Zeit, die sie als Dirne in einem „Frauenhaus“ ihren Körper verkaufte, ist die junge Frau eine förmlich andere geworden. Ihr gesamtes Weltbild, gerade die der sozialen Stellung einer Frau ist deutlich ins Wanken gekommen. Elisabeth, die nun Entbehrungen, Hunger und das Gefühl, ausgeliefert zu sein kennt, zeigt nun viel mehr Verständnis für die Frauen, die sie bisher keines Blickes gewürdigt hat.
Jeglichen Hang zu Luxusgütern, schönen Kleidern und ein sorgenfreies Leben, das sie als des Bischofs Tochter kennen- und auch lieben gelernt hat, sieht sie nun aus einer ganz anderen Perspektive. Doch die Zeit als „Dirne“ hat auch noch andere Spuren hinterlassen. Spuren, die ihr Innerstes selbst berühren und sie nicht zur Ruhe kommen lassen.
Ihren Verlobten Albrecht von Wertheim hat sich Elisabeth noch nicht anvertraut. Er würde dies nicht nachvollziehen können und würde sich wahrscheinlich voller Ekel von ihr distanzieren. Es scheint, als hätte sich die ganze Welt gegen sie verschworen, denn auch ihr Vater verliert an Macht und Einfluss.
Fürstbischoff Johnann II. von Brunn wird abgesetzt und muss seinen Sitz, die Marienburg, und sein Amt aufgeben. Die Stadt Würzburg hatte genug von dem verschwenderischen Lebensstil seines Kirchenfürsten und handelte dementsprechend konsequent. Zu hoch waren die Schuldenlast und die Anzahl der Verpfändungen, sodass auch das Bistum in der Kritik stand.
Doch der Schein trügt, denn nun entbrennt ein gnadenloser Kampf um die Macht in der Region und Elisabeth wird ein wichtiger Spielball zwischen den Kontrahenten. Neben den Kirchen- den Landes- und noch viel wichtiger, den persönlichen Interessen steht sie zwischen ihrem Verlobten Albrecht, etwaigen Nachfolgern und ihrem eigenen Vater. Von seinem Exil auf Burg Zabelstein aus, plant der ehemals mächtige und noch immer sehr einflussreiche Bischof seine nächsten Schritte. Und das Schicksal seiner eigenen Tochter in seiner Hand, kann für seine politischen Ränkeschmiede von hohem Wert sein …
_Kritik_
„Das Antlitz der Ehre“ von Ulrike Schweikert ist ebenfalls im Verlag blanvalet erschienen.
Die Autorin, die enorm viel Wertt auf gute Recherchearbeit legt, gerade in einem historischen Roman, ist hier wieder einmal betont zu loben. Fakten und Fiktion um den lebens- und wahrscheinlich sehr weltlichen und liebeshungrigen Bischoff Johann II. von Brunn, erzählt sie hier geschickt und mit viel Präzision, was die politischen Konflikte angeht. Und genau diese politischen Intrigen sind der größte Schwachpunkt in diesem Roman.
„Das Antlitz der Ehre“ ist bei Weitem leider nicht so spannend wie bei „Die Dirne und der Bischof“, in der Elisabeth die Hauptrolle spielte und in der die Autorin eine facettenreiche und vielseitige Welt beschrieb. Allein die Konzeption der Charaktere wird hier nur eindimensional und farblos geschildert. Johann II. von Brunn hebt sich aber hier deutlich von den anderen ab. Eigentlich geht es hier nur um Politik, um Einfluss und Macht, sodass Elisabeth und selbst ihr Verlobter nichts anderes sind, als wichtige, aber durchaus austauschbare Figuren auf einem Schachbrett.
„Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt“, ein Credo, das für Johann II. von Brunn längst schon zum Lebensmotto und -inhalt geworden ist. Elisabeth transformiert allerdings zu einer Randfigur in diesem Politikum, sicherlich ist sie sich im Grunde selbst treu geblieben, aber der Macht der einflussreichen Fürsten kann sie nichts entgegensetzen und von Durchsetzen reden wir an dieser Stelle erst gar nicht.
Der Leser wird schon nach wenigen Seiten feststellen, dass der Band viel schwächer ist, als der erste. Die Richtung dieser Geschichte ist schnell erkannt und in den vielen Dialogen geht es immer nur um die Macht in der Stadt Würzburg. Vom gesellschaftlichen und sozialen Leben einer Frau im Mittelalter bekommt man geradezu nichts mit. Konflikte hin oder her – Spannung sieht anders aus, die sucht man hier leider vergebens. Auch sollte man nicht zu „Das Antlitz der Ehre“ greifen, ohne den ersten Band „Die Dirne und der Bischof“ gelesen zu haben. Die Charaktere sind komplex, zudem natürlich noch die gewissen Abhängigkeiten hier eine große Rolle spielen, und ohne eine gewisse Vorkenntnis bleibt sonst vieles unbeantwortet auf der Strecke.
Zu loben allerdings ist die bildliche und gute Sprache der Autorin, die einfach und plastisch erzählt, auch wenn sie sich hier manchmal richtiggehend verrennt. Im Epilog und im Kapitel: Dichtung und Wahrheit – erklärt die Autorin die historischen Hintergründe, sodass diese mit der Kombination des Glossars und einer abschließenden Danksagung ein professionelles Ende findet.
_Fazit_
Historische Romane sollen unterhalten, sicherlich kann auch Politik unterhaltsam erzählt werden, doch leider verliert Frau Ulrike Schweikert mit der Figur ihrer Elisabeth ihre spannende Präsenz in dem Titel.
Die junge Frau wirkt hilflos, deplatziert und ist einfach eine Statistin, in einem perfiden Spiel um die politische Macht in Würzburg. „Das Antlitz der Ehre“ hätte ein eigenständiger Roman werden sollen, ohne eine Protagonistin, die hier überflüssig ist, denn die Persönlichkeit des Bischofs, glaubt man der Autorin und den historischen Fakten, gibt genug Potenzial für ein spannendes politisches Drama.
Dass Ulrike Schweikert eine sehr gute Autorin ist, die zweifelsfrei ihre Heldinnen spannende Abenteuer und Dramen bestehen lässt, steht außer Frage. Auch wenn dieser Roman der schwächste war, den ich bis dato gelesen habe, freue ich mich auf einen weiteren historischen Roman von ihr, den ich dann bestimmt gerne wieder lesen werde.
Band 1: [„Das Geheimnis der Hebamme“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6864
Band 2: „Die Spur der Hebamme“
Band 3: „Die Entscheidung der Hebamme“
Band 4: [„Blut und Silber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6068
Band 5: _“Der Fluch der Hebamme“_
_Freiberg im Jahre 1189._ Fünf Jahre ist es her, dass sich Christian geopfert hat und Marthe und Lukas den Bund der Ehe schlossen, um Schlimmeres zu verhindern. Zwischen Marthe und Lukas ist aus Freundschaft eine zarte Liebe entstanden und beide vermissen Christian immer noch sehr.
Erneut stehen schwere Zeiten bevor, Markgraf Otto ist mittlerweile nicht mehr der Jüngste und mit seinem Tod ist jederzeit zu rechnen. Da Otto von Wettin das Vertrauen zu seinem ältesten Sohn Albrecht, durch dessen Taten immer mehr verliert, befürchtet dieser, dass sein Vater den jüngeren Bruder Dittrich von Weißenfels bevorzugen könnte und dieser die Markgrafschaft Meißen erbt.
Um dieses zu verhindern, beschließt der grausame Albrecht seinen Vater zu entführen, um sein Erbe zu erpressen und schon jetzt die Herrschaft über die Markgrafschaft übernehmen zu können. Markgraf Otto tappt in die Falle seines ältesten Sohnes und wird auf der Döberner Burg gefangen gehalten. Mit ihm sind Roland und Thomas, die Söhne von Reimund und Christian, auf der Burg und Albrecht nimmt auch die Söhne seiner größten Widersacher fest.
Thomas und Roland bekommen jedoch unerwartet Hilfe und können fliehen. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg nach Freiberg, um Lukas und Marthe zu warnen. Durch Albrecht zu Vogelfreien erklärt, dürfen Roland und Thomas nicht lange in Freiberg verweilen und in Hedwigs Auftrag machen die beiden jungen Ritter sich auf, Kaiser Friedrich von den Ereignissen in der Markgrafschaft Meißen zu unterrichten.
Kaiser Friedrich befindet sich auf dem dritten Kreuzzug, um Jerusalem wieder in christliche Hand zu bringen und in Pressburg treffen Roland und Christian auf das kaiserliche Heer. Nachdem sie dem Kaiser von der Tat Albrechts berichtet haben, tobt dieser vor Zorn. Hat sich Albert doch eigenmächtig über den gottgewollten Gesetzten hinweggesetzt. Kaiser Friedrich befiehlt, dass Otto wieder über die Markgrafschaft regiert, um aber den Frieden zu wahren, soll Otto ihn als Erben einsetzten.
Thomas und Roland schließen sich an. Zurück nach Meißen können sie nicht mehr, sodass sie Dittrich von Weißenfels begleiten.
In der Markgrafschaft Meißen ist der Frieden, trotz des Befehls des Kaisers, nur von kurzer Dauer und unfassbare Dinge geschehen.
_Kritik_
Die Autorin Sabine Ebert hat mit dem Roman „Der Fluch der Hebamme“ den vierten Teil der historischen Saga um die Hebamme Marthe und die noch junge Stadt Freiberg (ehem. Christiansdorf) geschrieben. Die Autorin schafft es auch im vierten Band, sich nochmals zu steigern. Sabine Ebert legt auch in diesem Band wieder viel Wert auf die historische Recherche, sodass dem Leser ein lebendiges Stück Geschichte der Freiberger Region, aber auch des dritten Kreuzzuges präsentiert wird.
Auch reflektiert die Autorin das Leben der Menschen zu dieser Zeit ausgezeichnet wieder. Nicht nur, dass sie Wert auf die authentische Kleidung, Kampftechniken und Lebensumstände legt, auch macht sie deutlich, wie sich die Menschen zu benehmen hatten. Für alle gesellschaftlichen, sozialen Ränge gab es strenge Regeln, an die sich die Menschen zu halten hatten, die Niedriggeborenen blieben am besten unscheinbar, gerade die Frauen um nicht der Willkür der Obrigkeit ausgesetzt zu sein. Aber auch die Ritter, Grafen und Fürsten hatten sich strengen Regeln zu beugen.
In zwei Handlungssträngen erzählt die Autorin die Geschichte der Stadt Freiberg sowie des dritten Kreuzzugs in das Heilige Land. Ihre Figuren webt die Autorin gekonnt in die historisch belegten Fakten ein und schafft es wieder einmal die damaligen Ereignisse lebendig werden zu lassen. Dem lebendigen Schreibstil der Autorin kann der Leser leicht folgen und dank der detaillierten Beschreibungen fällt es leicht, sich das Geschehen anschaulich vorzustellen. Sabine Ebert treibt die Geschichte voran, das Aus-der-Hand-legen des Buches fällt da meinst sehr schwer.
Nicht nur an den Erlebnissen der Figuren in der Markgrafschaft nimmt der Leser teil, auch die Begebenheiten, die das Kreuzfahrerheer unter Kaiser Friedrich zu bestehen hat, werden ausführlich erzählt und einleuchtend weitergegeben. Anhand Marthes Sohn Thomas wird offensichtlich gemacht, dass es nicht nur ein großes Abenteuer war, sich diesem Kreuzzug anzuschließen, sondern dass den Rittern viel abverlangt wurde. Nicht nur Hunger, Durst und schreckliche Krankheiten hatte das Heer zu verkraften, auch hinterhältige Angriffe und Verrat machten dem Heer zu schaffen.
Viel Wert legt Sabine Ebert auch auf die authentische Entwicklung ihrer Figuren. War es im ersten Band der „Hebammen“-Saga noch zu kritisieren, dass zum Beispiel die Figur der Hebamme und Heilerin Marthe sehr klischeehaft konzipiert war, ist davon mittlerweile nichts mehr zu merken. Den historisch belegten, aber auch ihren fiktiven Charakteren, gibt die Autorin eine Geschichte und lässt diese sehr realistisch erscheinen.
War die Hebamme Marthe in den ersten Teilen noch Dreh- und Angelpunkt der Bücher, verschiebt sich dieser, und die Figur steht nun mehr am Rande des Geschehens. Dies tut der Geschichte keinen Abbruch, die Autorin schafft es, den weiteren Protagonisten so viel Leben einzuhauchen und diese in Erlebnisse zu verstricken, dass der Leser zwar um Marthe bangt, trotzdem aber so von den Ereignissen gefangen ist, in die die übrigen Protagonisten schlittern, dass wirkliches Vermissen dieser Figur kaum an die Oberfläche kommt.
Auch wenn Marthe mittlerweile nicht mehr die absolute Hauptdarstellerin ist, wirkt sie trotzdem oder auch gerade deshalb sehr realistisch und glaubwürdig. An ihren Erlebnissen gereift, ist sie besorgt um das Leben ihrer Lieben und in schwachen Stunden sogar bereit, die Markgrafschaft hinter sich zu lassen. Trotzdem kämpft sie weiter für das Wohlergehen ihre Familie und Freunde und bringt sich daher auch wieder in große Gefahr.
Mit einem Verzeichnis sämtlicher Figuren macht Frau Ebert wieder deutlich, welche historisch belegt sind und welche ihrer Feder entspringen. Ein Glossar der historischen Begriffe, eine Karte, die den Weg des kaiserlichen Heeres zeigt und ein Nachwort runden das Buch ab. Weiterhin geht Sabine Ebert in einem exklusiven Text auf die Covergestaltung ein.
_Fazit_
Mit „Der Fluch der Hebamme“ hat Sabine Ebert ihre Saga um das Freiberger Land würdig fortgesetzt. Wieder lässt die Autorin ein Stück Geschichte lebendig werden und es fällt, durch die Art der Autorin diese zu erzählen, leicht in das Geschehen einzutauchen.
„Der Fluch der Hebamme“ kann bedenkenlos an geschichtlich Interessierte weiterempfohlen werden. Nicht nur das Leben in Freiberg wird beschrieben, auch ein Stück Weltgeschichte wird dem Leser fesselnd nahegebracht.
Ich persönlich freue mich schon sehr auf den im Herbst 2011 erscheinenden, abschließenden Teil dieser Reihe.
_Autorin_
Sabine Ebert (* 1958 in Aschersleben) ist eine deutsche Journalistin und Romanautorin.
Geboren in Aschersleben wuchs Sabine Ebert in Berlin auf. Sie absolvierte ihr journalistisches Volontariat in Magdeburg und studierte in Rostock Lateinamerika- und Sprachwissenschaften.
In ihrer Wahlheimat Freiberg/Sachsen war sie 1990 Mitbegründerin der ersten unabhängigen Zeitung der Stadt, deren Redaktion sie mehrere Jahre leitete. Ab 1995 war sie freiberuflich für Tageszeitungen, Fernsehen und Hörfunk tätig und veröffentlichte darüber hinaus eine Reihe von Sachbüchern zur Geschichte Freibergs, darunter das Freiberger Jahrbuch (1991-2006), das die wichtigsten regionalen Ereignisse des Jahres zusammenfasst.
Im Jahr 2006 erschien Sabine Eberts Romandebüt im Knaur-Verlag: „Das Geheimnis der Hebamme“, Auftakt einer fünfbändigen Saga über die Siedlerzüge in den Osten und die ersten Silberfunde im Erzgebirge zur Zeit Barbarossas. Drei Fortsetzungen liegen bereits vor. (Quelle: Wikipedia)
|Taschenbuch: 720 Seiten
ISBN-13: 978-3426506066|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de
[Leseprobe]http://www.droemer-knaur.de/buecher/Der+Fluch+der+Hebamme.3748948.html des Verlags.
Band 1: [„Das Geheimnis der Hebamme“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6864
Band 2: „Die Spur der Hebamme“
Band 3: _“Die Entscheidung der Hebamme“_
Band 4: [„Blut und Silber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6068
Band 5: „Der Fluch der Hebamme“
_Magdeburg 1179._ Auf dem Hoftag in Magdeburg bei dem auch Ritter Christan und seine heilkundige Ehefrau Marthe anwesend sind, beschließt Kaiser Friederich Barbarossa über Heinrich dem Löwen die Acht zu verhängen. Dafür gilt es den Löwen vorerst von den Hoftagen fernzuhalten. Markgraf Dittrich, der Bruder von Markgaf Otto von Wettin, erhebt daher Klage wegen Hochverrats und fordert ein Gottesurteil. Somit ist auch klar, dass es zum Krieg gegen den Löwen kommt, freiwillig wird der Löwe seine Ländereien nicht hergeben.
Kaiser Barbarossa ruft daher seine Herzöge, Fürsten, Markgrafen und deren Ritter zum Krieg gegen den Löwen auf. Markgraf Otto verlangt auch von Christian an der Belagerung der Burg Haldersleben teilzunehmen und bestimmt seinen ältesten und erbarmungslosen Sohn Albrecht für die Zeit der Belagerung zum Herrscher der Christiansdorfer Burg. Dort soll sein Sohn schon mal das Regieren üben.
Marthe ist Albrecht mehr als nur ein Dorn im Auge, was noch schlimmer wird, als sie seine gesundheitliche Situation erkennt und ihm helfen will. Albrecht unterstellt ihr, ihn vergiften zu wollen und zwingt sie die Heiltränke ebenfalls einzunehmen. Auch stellt er seine Ritter, Marthe hat an einen besonders schlimme Erinnerungen, zur Bewachung der jungen Frau ab. Furcht und Grausamkeit ziehen mit Albrecht und seinen Rittern auf der Christiansdorfer Burg und dem Dorf ein, alle Bewohner sind der Willkür Albrechts ausgesetzt und dieser herrscht mit harter und ungerechter Hand.
Was muss noch alles passieren, bis sich Christians Traum nach einem gerechteren Leben für die Niedriggeborenen seines Dorfes erfüllt?
_Kritik_
Der dritte Teil der „Hebammen“-Saga von Sabine Ebert „Die Entscheidung der Hebamme“ stützt sich wie schon die vorangegangenen Bände auf faktische historische Ereignisse.
Auch im dritten Band beweist die Autorin, dass ihr Potenzial nicht erschöpft ist. Mit ihrem gewohnt flüssigen und anschaulichen Sprachstil verwebt Sabine Ebert geschickt die fiktive Geschichte von Marthe und Christian mit den historischen Ereignissen der damaligen Zeit. Der Leser wird förmlich in die Geschichte katapultiert und der geschickt eingeflochtene Spannungsbogen macht das Beiseitelegen des Buchs fast unmöglich.
Das Leben der damaligen Zeit wird anschaulich beschrieben und die Nöte der einfachen Menschen lebendig erzählt. Auch die Kriegsführung wird ausdrucksvoll erklärt und die Geschichte der Zeit Barbarossas greifbar. Die historische Recherche der Autorin kann man nur loben.
Aus der Sicht eines Beobachters werden die verschiedenen Erlebnisse der Protagonisten erzählt, der Leser ist so immer auf dem neuesten Stand. Da Christan oft mit in den Krieg gegen den Löwen zieht, bekommt der Leser hier viel der realen Geschichte geboten. Das Leben in Christiansdorf kommt keineswegs zu kurz, auch hier wird der Leser nicht enttäuscht.
Die verschiedenen Handlungsstränge passen gut zueinander und ergänzen sich perfekt. Die Liebesgeschichte des Ritters und der Hebamme wird hier zwar nur am Rande behandelt, dies tut der Geschichte keinen Abbruch. Gerade durch die historisch belegten Begebenheiten wird hier auf spannende Weise ein Stück deutsche Gerichte dem Leser nahegebracht.
Die Entwicklung der Protagonisten wird immer glaubwürdiger gestaltet, ohne dass diese dadurch Sympathien einbüßen.
Marthe ist mittlerweile weit weg von der anfangs doch klischeereich konzipierten Figur und daher deutlich glaubwürdiger. Sie arbeitet weiterhin, allen Hindernissen wie ihrem Stand und auch der argwöhnischen Begutachtung durch den sauertöpfischen Pater Sebastian zum Trotz, weiter als Hebamme und Heilerin. Das „Gesicht“, die hellseherischen Fähigkeiten kommen immer weniger vor und werden auch nicht mehr so oft erwähnt, sondern bezieht sich mehr auf dunkle Vorahnungen. Diese sind aber weiterhin ernst zu nehmen. Auch verdaut sie nicht mehr jeden Schicksalsschlag ohne seelische Narben davonzutragen, sondern muss lernen mit ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen.
Christian sorgt sich noch immer mehr um die Siedler die er einst nach Christiansdorf führte, dafür ist er auch bereit einiges, wenn nicht alles zu opfern.
Auch die weiteren bereits bekannten Charaktere wachsen an den Erfahrungen, die sie machen müssen und entwickeln Mut und Gerissenheit, um gegen die Obrigkeit zu bestehen.
Auch der dritte Band und die hier beschriebene Sonderausgabe enthält ein Glossar, in dem historische Begriffe erklärt werden, so wie ein Personenregister. Ein Nachwort, in dem Sabine Ebert die Geschichte noch einmal verdeutlicht und ein exklusiver Text, in dem sie auf die Ereignisse der Erzählung und ihre Beweggründe, die Geschichte so enden zu lassen eingeht, runden das Buch ab.
Das Cover ist zeigt eine junge Frau, wieder dem Stand Marthes angepasst gekleidet, vor nun in grün gehaltenen Hintergrundfarben.
_Fazit_
Auch in „Die Entscheidung der Hebamme“ beweist Sabine Ebert, dass ihr Potenzial noch lange nicht verbraucht ist. Der dritte Teil ist die perfekte Ergänzung der Reihe und der Hebamme Marthe, auch wenn dieser Band den Leser traurig zurücklässt.
Die Recherche der Autorin um das Leben der Menschen in Mittelalter und die historische Richtigkeit, die das Gerüst, auf dem die Autorin ihr Buch aufbaut, trägt, ist hervorragend, so macht Geschichte Spaß und wird lebendig.
Lassen Sie sich in die Geschichte katapultieren, Sie werden begeistert sein …
_Autorin_
Sabine Ebert (* 1958 in Aschersleben) ist eine deutsche Journalistin und Romanautorin.
Geboren in Aschersleben wuchs Sabine Ebert in Berlin auf. Sie absolvierte ihr journalistisches Volontariat in Magdeburg und studierte in Rostock Lateinamerika- und Sprachwissenschaften.
In ihrer Wahlheimat Freiberg/Sachsen war sie 1990 Mitbegründerin der ersten unabhängigen Zeitung der Stadt, deren Redaktion sie mehrere Jahre leitete. Ab 1995 war sie freiberuflich für Tageszeitungen, Fernsehen und Hörfunk tätig und veröffentlichte darüber hinaus eine Reihe von Sachbüchern zur Geschichte Freibergs, darunter das Freiberger Jahrbuch (1991-2006), das die wichtigsten regionalen Ereignisse des Jahres zusammenfasst.
Im Jahr 2006 erschien Sabine Eberts Romandebüt im Knaur-Verlag: „Das Geheimnis der Hebamme“, Auftakt einer fünfbändigen Saga über die Siedlerzüge in den Osten und die ersten Silberfunde im Erzgebirge zur Zeit Barbarossas. Drei Fortsetzungen liegen bereits vor. (Quelle: Wikipedia)
Band 1: [„Das Geheimnis der Hebamme“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6864
Band 2: _“Die Spur der Hebamme“_
Band 3: „Die Entscheidung der Hebamme“
Band 4: [„Blut und Silber“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6068
Band 5: „Der Fluch der Hebamme“
_Mark Meißen, Christiansdorf Anno 1173:_ Markgraf Otto hat den Ritter Christian und seine Frau, die Hebamme und Heilerin Marthe in den Stand der Edelfreien erhoben. Beide haben Otto die Lehenstreue geschworen und sind unter Jubel wieder in Christiansdorf eingezogen, glückliche Zeiten sind angebrochen, der Widersacher Randolf ist auf einem Kreuzzug im Heiligen Land. Christian und Marthe gelangen zu großem Ansehen, nicht nur dass sie den Silberabbau vorantreiben und so Wohlstand in Christiansdorf herrscht, auch gelingt es ihnen, im Dorf Frieden zu wahren.
Eines Tages wird Christian wieder zum Markgrafen Otto gerufen, dieser hat schlechte Nachrichten, Randolf befindet sich auf dem Rückweg in die Mark Meißen. Aber nicht nur das, Markgraf Otto erhebt den Feind Marthes in den Stand des Burgvogtes von Christiansdorf.
Gewarnt, versteckt Christian Marte und ihre gemeinsamen Kinder bei einem befreundeten Paar, um seine Familie vorerst in Sicherheit zu wissen, da er auf Ottos Geheiß eine Reise antreten muss.
Doch Marthe wird verraten und sogar der Hexerei bezichtigt, Raimund und seine Frau Elisabeth können lediglich die Kinder Marthes verstecken.
Marthe wird in Ketten abgeführt und landet im Verließ, wo die junge Frau auf grausame Weise gefoltert wird. Ein übereifriger Pfarrer treibt einem Urteil entgegen und verlangt ein Gottesurteil. Dieses besteht Marthe, da sie unerwartete Hilfe erhält. Sie wird wieder in das Verließ gesteckt, vielen ist sie einfach ein Dorn im Auge und gehört damit beseitigt. In Erwartung erneuter Folter wird sie von einem ihrer früheren Peiniger aus dem Verließ gerettet.
So befindet sie sich erneut in Gefangenschaft, Ritter Ekkehart hat Marthe auf seine Burg entführt und dort wird die junge Frau von einer alten Heilerin gepflegt, Marthe ist dem Tode näher als dem Leben.
Unterdessen ist Christian zurück und die Suche nach seiner Frau beginnt …
_Kritik_
Mit „Die Spur der Hebamme“ ist der Autorin eine gelungene Fortsetzung zu ihrem Erstling „Das Geheimnis der Hebamme“ gelungen, mit der sich Sabine Ebert noch gesteigert hat. Drei Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils setzt dieser Roman an.
Die Geschichte Ihrer Protagonisten Christian und Marthe bettet die Autorin geschickt in die historisch belegten Vorkommnisse der Zeit ein. Das Leben, das die verschiedenen Stände im Mittelalter geführt haben, ebenso die Kampftechniken und historische Begebenheiten hat Sabine Ebert gründlich recherchiert und bindet ihre fiktive Geschichte perfekt in die realen Ereignisse ein.
Mit ihrem lebendigen und plastischen Schreibstil schafft die Autorin es, den Leser an die Geschichte zu fesseln. Die Schicksalsschläge, mit denen die Protagonisten umgehen müssen, werden detailliert und authentisch beschrieben, die damaligen Verhältnisse sind glaubwürdig dargestellt. Die Autorin schafft es, die Geschichte der Region lebendig werden zu lassen und entführt die Leser in eine Zeit, in der die meisten Menschen der Willkür höheren Standes Geborener ausgeliefert waren. Auch die beginnende Hexenverfolgung und die Brutalität, die angewandt wurde, um eine Hexe zum Geständnis zu zwingen, wird authentisch beschrieben.
Das Buch ist in vier Teile aufgegliedert, die sich jeweils um ein Thema drehen. Im Ersten „Gefährliche Begegnungen“ wird noch das friedliche Leben in Christiansdorf beschrieben, aber die ersten Begegnungen, die zu den weiteren Vorfällen führen, werden geschildert. Im zweiten Abschnitt „Spurlos verschwunden“ beginnen der Verrat und die Festnahme Marthes. Mit dem dritten Teil „Die Zeit der Feigheit und des Verrats“ und dem letzten „Auf Leben und Tod“ fügen sich die Ereignisse zusammen.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht einer dritten Person. Dem Leser werden so die verschiedenen Ereignisse der einzelnen Protagonisten erzählt, und fügen sich zu einem glaubwürdigen und ineinander passenden Gesamtbild zusammen.
Die Zeichnung der Protagonisten ist vielfältig und die Autorin schafft es, ihre Figuren zum Leben zu erwecken. Die Charaktere entwickeln sich weiter und lernen aus den Erfahrungen, die ihnen selber und nahestehenden Personen zustoßen. Die Personen, die dem Leser ohnehin schon ans Herz gewachsen sind, beweisen, dass sie das Zeug haben zu reifen und sich dabei nicht selber zu verlieren.
Die nun Edelfreie Marthe arbeitet gegen ihren Stand weiter als Hebamme und Heilerin. Dass sie mit ihren Behandlungen mehr Erfolg als so mancher Medicus hat, bringt Neider auf den Plan und ist auch ihrem Ruf nicht zuträglich. Auch der Kirche ist die selbstbewusste junge Frau schnell ein Dorn im Auge und ein eifernder Beichtvater bringt Marthe ist Schwierigkeiten. Die Entwicklung der jungen Frau ist sehr glaubwürdig und anderes als im ersten Band steckt sie die zerstörenden Erlebnisse nicht mehr so einfach weg. Dies trägt dazu bei, dass diese Figur glaubwürdiger wird.
Auch der Ritter Christian und Ehemann Marthes ist glaubwürdig konzipiert, die Rachegelüste denjenigen gegenüber, die seine Frau in Misskredit bringen, sind leicht nachvollziehbar. Dadurch zeigt sich, dass der an Ehre glaubende und nach den Tugenden der Ritterschaft lebende Edelfreie durchaus hart gegenüber seinen Mitmenschen werden kann und diese auch rächt. Auch die weiteren Charaktere sind komplex und attraktiv gezeichnet, die Grenze zwischen Gut und Böse aber klar. Überraschende Wendungen bei den Protagonisten gibt es selten, sofern diese aber vorkommen, sind sie realistisch durchdacht.
Die hier besprochene Sonderausgabe erhält neben dem Nachwort, in dem die Autorin auf die Geschichte und die historischen Ereignisse eingeht, auch ein ausführliches Personenregister, in der historisch belegte Personen gekennzeichnet sind und ein Glossar, das altertümliche Begriffe erklärt. Ein exklusiver Text, in dem Sabine Ebert beschreibt, wie sie durch den Roman „Das Geheimnis der Hebamme“ Kontakt zu der Mittelalter-Szene bekam, rundet das Buch ab.
Das Cover ist passend zur ersten Sonderausgabe gestaltet, dieses Mal zeigt es eine junge Frau, die standesgemäß gekleidet ist, vor blauem Hintergrund.
_Fazit_
Der zweite Teil der |Hebammen|-Saga, „Die Spur der Hebamme“ ist eine würdige Fortsetzung des ersten Teils, in dem die Protagonisten gereift sind und sich neuen Herausforderungen stellen. Eine Steigerung zum ersten Band der Reihe ist deutlich vorhanden.
Die erstklassige historische Recherche macht deutlich, wie erschreckend das Mittelalter sein konnte. Nicht nur der Willkür der Obrigkeit waren die Siedler ausgesetzt, auch vor Vergewaltigung und Folter wurde kein Halt gemacht, wenn es darum ging, Menschen zu schaden und in Verruf zu bringen. Dass der Stand nicht immer schützte, wird deutlich gemacht.
Diese spannend erzählte Geschichte kann bedenkenlos an historisch Interessierte weiterempfohlen werden, der historisch authentische Hintergrund vor dem die Geschichte der jungen Hebamme spielt, macht die Geschichte der Region lebendig.
_Autorin_
Sabine Ebert (* 1958 in Aschersleben) ist eine deutsche Journalistin und Romanautorin.
Geboren in Aschersleben wuchs Sabine Ebert in Berlin auf. Sie absolvierte ihr journalistisches Volontariat in Magdeburg und studierte in Rostock Lateinamerika- und Sprachwissenschaften. In ihrer Wahlheimat Freiberg/Sachsen war sie 1990 Mitbegründerin der ersten unabhängigen Zeitung der Stadt, deren Redaktion sie mehrere Jahre leitete. Ab 1995 war sie freiberuflich für Tageszeitungen, Fernsehen und Hörfunk tätig und veröffentlichte darüber hinaus eine Reihe von Sachbüchern zur Geschichte Freibergs, darunter das Freiberger Jahrbuch (1991-2006), das die wichtigsten regionalen Ereignisse des Jahres zusammenfasst.
Im Jahr 2006 erschien Sabine Eberts Romandebüt im Knaur-Verlag: „Das Geheimnis der Hebamme“, Auftakt einer fünfbändigen Saga über die Siedlerzüge in den Osten und die ersten Silberfunde im Erzgebirge zur Zeit Barbarossas. Drei Fortsetzungen liegen bereits vor.
Sabine Ebert lebt in Freiberg. (Quelle: Wikipedia)
_1167 in Franken._ Die junge Marthe verlor schon früh ihre Eltern und wurde von da an von der Wehmutter und Kräuterfrau Serafine großgezogen und später ausgebildet. Marthe ist ca. 14 Jahre alt, als sie von den Knechten des grausamen Burgherren Wulfhart, Ludolf und Oswald zu der Entbindung seiner Frau Irmhild geholt wird. Marthe ist schnell klar, dass dieses Kind unmöglich gesund auf die Welt kommen kann, die Geburt hat viel zu früh eingesetzt.
Marthe hilft der Burgherrin bei der Entbindung, doch den Tod des viel zu früh geborenen Sohnes kann sie nicht verhindern. Da Burgherr Wulfhart ihr gedroht hat, sollte sein Sohn nicht gesund geboren werden, Marthe Hände und Füße abzuschlagen, flieht die junge Hebamme aus der Burg. Durch den Wald versucht sie sich zu der von ihr und Serafine bewohnten Kate durchzuschlagen. Als sie dort ankommt, steht die Kate bereits in Flammen. Marthe flieht schnell zurück in den Wald und nimmt die Spuren, der am Vortag aufgebrochenen Siedlern auf, die von einem Ritter abgeworben wurden, um in der Mark Meißen das Land urbar zu machen und ein besseres Leben aufzubauen.
Ritter Cristian verspricht Marthe Schutz und Marthe schließt sich dem Siedlerzug an. Nicht alle sind damit einverstanden, dass Marthe sich anschließt. Zum einen fürchten die Siedler die Rache Wulfharts und auch kann Marthe nichts zum Überleben beisteuern. Ritter Christian macht den Siedlern schnell klar, dass eine Heilerin immer gebraucht wird und so wird Marthe aufgenommen.
Nach vielen Gefahren und Entbehrungen kommt der Siedlerzug nach einigen Wochen in der Mark Meißen an und die fränkische Gruppe besiedelt das Gebiet, das Markgraf Otto dafür bestimmt hat. Damit sind die Gefahren für Marthe allerdings nicht vorüber, neben den Knechten Ludolf und Oswalt werden auch schnell die Feinde Christians auf sie aufmerksam …
_Kritik_
Mit dem Roman „Das Geheimnis der Hebamme“ hat die Autorin Sabine Ebert den Auftakt zu einer über fünf Teile ausgelegten Siedlersaga vor dem Hintergrund der Machtkämpfe Barbarossas und Heinrich des Löwen geschrieben.
Bildgewaltig und lebendig schildert die Autorin das Leben im Mittelalter. Die verschiedenen Stände und auch die Willkür, der sich die Niedriggeborenen ausgesetzt sehen, beschreibt Sabine Ebert realistisch. Dem Leser wird schnell ausdrücklich klargemacht, was die Gewaltherrschaft im Mittelalter bedeuten konnte.
Nicht nur willkürliche Enteignungen, auch Vergewaltigung und ungesetzliche Verurteilungen waren an der Tagesordnung. Ritter, die nicht nach den Idealen des Standes wie Ehre, Ehrlichkeit und Treue lebten, gab es zuhauf, Schutz konnten die Niedriggeborenen kaum erwarten.
Der wortgewandte Erzählstil und die authentisch beschriebene Handlung der Autorin, lesen sich flüssig und der intelligent eingewobene Spannungsbogen macht es schwer dieses Buch aus der Hand zu legen. Die Geschichte fesselt und die ausgiebige historische Recherche unterstützt die Geschichte perfekt. Auch die Nebengeschichten fügen sich perfekt in den Plot ein.
Der historische Hintergrund wurde von der Wahl-Freibergerin sehr gut recherchiert, ihr Wissen erwarb sie nicht nur bei ihrer redaktionellen Erforschung der Freiberger Region, sondern viele Gespräche mit Historikern und anderen Fachleuten runden dieses ab. Auch ein ausführliches Personenregister, in dem historisch belegte und die der Fantasie entsprungenen Charaktere aufgelistet sind, bringt dem Leser die überlieferte Geschichte nahe.
Die Protagonisten sind, trotzdem sie relativ flach bleiben, die Guten sind fast ausschließlich gut, während die Bösewichte nur Schlimmes planen, ansprechend gezeichnet. Jeder Charakter hat eigene Schwächen und Stärken, die auf der eigenen erlebten Geschichte begründet sind.
Marthe scheint zu perfekt, nicht nur, dass sie das Heilwissen perfekt beherrscht, sie zeichnet sich noch durch übermenschliche Stärke, hellseherische Kräfte und atemberaubende Schönheit aus. All das Schreckliche, das sie erlebt, überwindet sie anscheinend, ohne seelische Schäden davonzutragen und egal, wie schlecht es ihr selber gerade geht, sie ist immer bereit zu helfen. Trotzdem wächst sie an ihren Erlebnissen und entwickelt sich von dem fast noch kindlichen Mädchen zu einer ernst zu nehmenden Frau.
Auch der Ritter Christian ist sehr klischeehaft gezeichnet, Christian ist der Ritter ohne Furcht und Tadel. Immer bereit, die Schwachen zu schützen und sich dadurch nicht wenige Feinde machend, besticht auch dieser durch sehr gutes Aussehen und die perfekte Ritterlichkeit in allen Lebensbelangen.
Aber auch, wenn die Figuren Marthe und Christan schon fast zu gut für diese Welt sind, wachsen sie dem Leser doch schnell ans Herz und der Leser hofft nur das Beste für die beiden. Die Nebendarsteller sind wesentlich authentischer konzipiert, diesen nimmt der Leser das erlittene Schicksal eher ab, da der Kampf ums Leben deutlicher und realistischer erzählt wird.
Die Gegenspieler der Bewohner von Christansdorf und besonders Christians und Marthes, sind so finster und durch und durch verderbt gezeichnet, dass der Leser diesen garantiert kein Quäntchen Mitgefühl entgegenbringen wird, diese Schwarzweiß-Zeichnung wirkt recht eindimensional, aber in weiteren Bänden kann sich bei allen Protagonisten ja noch einiges tun.
Die hier besprochene Sonderausgabe enthält zusätzliches Bonusmaterial. Nicht nur auf die Besiedlung östlich der Saale geht die Autorin ein, sie schildert auch die eigenen Empfindungen, plötzlich Bestsellerautorin zu sein. Ein Glossar verwendeter historischer Begriffe sowie das am Anfang zu findende Personenregister, runden das Buch perfekt ab.
Das Cover ist wunderschön gestaltet, auf rot/beigem Hintergrund ist eine junge Frau abgebildet, die ein standesgemäßes Kleid trägt.
_Fazit_
Mit dem ersten Band „Das Geheimnis der Hebamme“ hat die Autorin Sabine Ebert den bildgewaltigen Auftakt einer Saga um die Siedlerzüge im 12. Jahrhundert geschrieben.
Mitreißend und vor solide recherchiertem historischem Hintergrund erzählt die Autorin eine spannende Geschichte, die den Leser zu fesseln vermag. Die eingewebten Klischees verzeiht man im Laufe der Geschichte schnell und zurück bleibt das Gefühl etwas Wunderbares gelesen zu haben.
Weitere drei Teile sind bereits erschienen, ein fünfter geplant. Mit diesem Geschichtsepos dürfte die Autorin nicht nur die Leser der Region Freibergs, das man ursprünglich einmal Christansdorf nannte, fesseln.
_Die Reihe:_
01: „Das Geheimnis der Hebamme“
02: „Die Spur der Hebamme“
03: „Die Entscheidung der Hebamme“
04: „Der Fluch der Hebamme“
05: – nur angekündigt –
_Autorin_
Sabine Ebert (* 1958 in Aschersleben) ist eine deutsche Journalistin und Romanautorin.
Geboren in Aschersleben wuchs Sabine Ebert in Berlin auf. Sie absolvierte ihr journalistisches Volontariat in Magdeburg und studierte in Rostock Lateinamerika- und Sprachwissenschaften.
In ihrer Wahlheimat Freiberg/Sachsen war sie 1990 Mitbegründerin der ersten unabhängigen Zeitung der Stadt, deren Redaktion sie mehrere Jahre leitete. Ab 1995 war sie freiberuflich für Tageszeitungen, Fernsehen und Hörfunk tätig und veröffentlichte darüber hinaus eine Reihe von Sachbüchern zur Geschichte Freibergs, darunter das Freiberger Jahrbuch (1991-2006), das die wichtigsten regionalen Ereignisse des Jahres zusammenfasst.
Im Jahr 2006 erschien Sabine Eberts Romandebüt im Knaur-Verlag: „Das Geheimnis der Hebamme“, Auftakt einer fünfbändigen Saga über die Siedlerzüge in den Osten und die ersten Silberfunde im Erzgebirge zur Zeit Barbarossas. Drei Fortsetzungen liegen bereits vor. (Quelle: Wikipedia)
_Im Jahr 845_ fallen die Normannen in Paris ein und zerstören nicht nur die Stadt, sondern auch das bisherige sorglose Leben des kleinen Odo, Sohn des mächtigsten Mannes der Stadt. Ragnar, der Anführer des wütenden Packs, tötet dessen Vater. Seine Mutter wird geschändet und verschleppt. Odo überlebt den Angriff nur durch großes Glück und ist fortan von einem unstillbaren Hass auf die Mörder seiner Eltern und den Schänder seiner Mutter besessen.
Jahre nach diesem Vorfall – Odo wurde bereits in einem Kloster zum Priester ausgebildet – verschlägt es den jungen Mann in das Kloster Sankt Gallen, wo er das „Buch der Sünden“ stiehlt. In diesem Buch soll geschrieben stehen, wie man die Sünden in ihrer Vollkommenheit erkennt und vernichtet. Der bedauernswerte Odo wandelt sich vom Opfer zu Täter. Er stellt sein Leben allen christlichen Geboten zum Trotz unter die Aufgabe, die Sünden in ihrer menschlichen Gestalt ausfindig zu machen und die Dämonen zu vernichten, um damit das Gottesgericht einzuleiten. In der siebenten Sünde, dem Dämon Superbia, glaubt er Ragnar, den Anführer der Normannen, die inzwischen halb Europa in Angst und Schrecken versetzt haben, erkannt zu haben.
Er reist nach Haithabu, in dem er das Babylon des Nordens vermutet, wo er die Prophezeiung erfüllen möchte. In der aufblühenden Stadt, dem Tor zum Norden, lebt auch der Schmied Einar mit seiner Frau und seinem Sohn Helgi. Der Priester ist dort nicht gern gesehen, da die Dänen ihre eigenen nordischen Götter anbeten, doch man lässt ihn beim Neubau der Kirche vorerst gewähren, auch wenn er Männer abzieht, die der Stammesfürst zur Kriegsvorbereitung benötigt. Während also Odo die Schwelle vom Glauben zum Fanatismus überschreitet und genau den brutalen Anweisung zur Vernichtung der Sünden folgt, wobei er einen Menschen nach dem anderen auf bestialische Weise abschlachtet, lenkt der Autor nun den Fokus auf den Sohn des Schmiedes, welcher sich in die Sklavin des größten Konkurrenten seines Vaters verliebt. Aber Helgi gerät in Odos Visier, als der Priester den Verdacht schöpft, dass der junge Däne die aktuelle Verkörperung der siebenten Sünde ist.
Dieser ist jedoch vollauf damit beschäftigt, die schöne Sklavin zu retten und in ihre Heimat zurückzubringen, wo diese als Tochter des Wojwoden der Siedlung Ralsvik ihre Stellung als Anführerin wiedererlangt und in die Heirat mit Helgi einwilligt. Bevor die beiden jedoch glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage leben können, müssen sie sich erneut gegen die räuberischen Dänen und nicht zuletzt gegen den wahnsinnigen Odo wehren.
_Axel Meyer_ hat für seinen historischen Roman umfangreiche Recherche betrieben. Daher kann man den Protagonisten leicht durch die von Dreck gesäumten Nebenstraßen Paris‘ über die kontrastierend angelegte geistige und geistliche Hochburg des Klosters Sankt Gallen ins heillos übervölkerte, nach Fisch und Exkrement stinkende Haithabu mit seinen heidnischen Bewohnern folgen. Dagegen erscheint das Land der Ranen, die Insel Rügen, wie das unberührte Paradies auf Erden. Auch die barbarisch anmutenden Bräuche der Dänen, ihr wildes kultisches Leben und ihre Aggressivität sind sehr anschaulich dargestellt; ebenso die gewalttätige Umsetzung des Buches der Sünden, die Odo als Christen auf die gleiche Stufe mit den von ihm so verachteten Heiden stellt. Dagegen zeigen die zarten Gefühle, die Helgi der Sklavin entgegenbringt, diesen von einer Seite, die für seine Lebensumstände fast schon zu weich erscheint.
Meyer zieht in seinem Erstlingswerk alle Register, um Helgi die Sympathien der Leser zu sichern. Er rettet nicht nur mehrmals das Leben seiner Geliebten, er gibt auch seine Heimat für das Land der Ranen auf, wobei er ebenfalls sein Leben riskiert. Er erweist sich als mutig und willensstark, wenn er mit zerschlissenen Händen und halbtot durch eine Vergiftung über das Meer nach Rügen rudert, um sein Versprechen zu erfüllen. Aber so richtig kann man sich unter der Bezeichnung Helgi keinen blonden, muskulösen und schwertbewehrten Hühnen vorstellen, sondern denkt eher an einen Freund von Wicki, dem Wikinger, ungefähr in dessen Alter. Da fragt man sich, warum niemand den Autor von dieser Namenswahl abgehalten hat.
Mit Teska der Sklavin stellt Meyer Helgi eine starke Frau zur Seite, die von ihrem Vater alles gelernt hat, was ein Sohn hätte können müssen, wenn er einen gehabt hätte. Ihr unbändiger Überlebenswille und ihr kluges Vorgehen bei der Rückerlangung ihrer Position lassen Helgi trotz seiner Leistungen etwas blass aussehen. Odlo wird in seiner Besessenheit plastisch und glaubhaft geschildert. Sein Kindheitstrauma steht dem Leser zwar immer vor Augen, aber die kaltblütige Vorgehensweise und die Konsequenz, mit der er Verbrechen und körperliche Strapazen auf sich nimmt, um sein Ziel im Namen Gottes zu erreichen, wirken wahrhaft beängstigend.
Abgesehen von diesen drei Figuren beleben weitere liebevoll ausgearbeitete Nebenfiguren den Roman. Der Zauberer der Siedlung Ralsvik haucht dem Roman als promiskuitive Plaudertasche Witz ein. Figuren wie Helgis hart arbeitender Vater oder seine besonnene Ziehmutter verkörpern abseits von allen heroischen oder geisteskranken Figuren etwas Normalität und sind dem Leser näher als die Haupthelden des Romans. Natürlich – so viel sei noch verraten – gibt Odo seine Pläne nach Helgis und Teskas Flucht aus Haithabu nicht auf. Somit bleibt „Das Buch der Sünden“ bis zur letzten Seite spannend und zeigt, dass der erste Preis beim historischen Romanwettbewerb des |rororo|-Verlags verdient verdient an Axel Meyer vergeben wurde.
_Glenlyon, 1678:_ Auf dem Begräbnis der hochgeachteten Jean Campbell, taucht Alasdair „Sandy Og“ MacDonald auf, um seine im Würfelspiel gewonnene Braut Sarah zu fordern. Sarahs Onkel Robert Campbell of Glenlyon verweigert Sandy Og die ihm versprochene Braut und so sieht Sandy Og sich gezwungen Sarah zu entführen.
Beide sind Außenseiter ihres Clans, für den jeweils anderen aber das Größte. Trotz ihrer tiefen Liebe zueinander, machen Sandy Og und Sarah sich das Leben oft schwer, da sie kaum die richtigen Worte füreinander finden.
Nach zwölf Ehejahren und einem gemeinsamen, leder verkrüppelten Sohn, fühlt Sarah sich noch nicht heimisch in Glencoe. Das Ehepaar macht es sich gegenseitig nicht leicht. Schweigen führt hier zu schwerwiegenden Missverständnissen. Von den anderen Clanmitgliedern fühlt sie sich nicht beachtet und oft ausgeschlossen.
Sandy Og hingegen muss seinen eigenen Kampf ausfechten, er jagt Zeit seines Lebens dem Vorbild seines Vaters, dem MacIain von Glencoe und seinem Bruder John, dem Nachfolger seines Vaters nach.
In dieser Zeit bahnen sich auf der politischen Bühne Englands große Ereignisse an, König James muss nach Frankreich fliehen, da seine Tochter Mary und ihr Ehemann William von Oranien ihm den Thron streitig machen.
Die schottischen Clans müssen sich nun entscheiden, wem sie die Treue halten, König James oder William von Oranien. Da sie durch einen Eid an König James gebunden sind, folgen sie dem Aufruf des Königs gegen William in den Krieg zu ziehen und es kommt zu der Schlacht in Killiecrankie. Sandy Og ist daher gezwungen, mit seinem Vater in den Krieg zu ziehen und macht sich in der Schlacht einen Namen.
Auf dem Rückweg nach Glencoe plündern die MacDonalds das Land von Robert Campbell of Glenlyon und stehlen sein Vieh. Der zu diesem Zeitpunkt finanziell schon schwer angeschlagene Robert muss nun, um seine Familie zu ernähren, das Armeekommando auf Fort William übernehmen.
Die Ereignisse spitzen sich immer mehr zu und William bietet den Clans eine Amnestie hinsichtlich ihrer Teilnahme am Aufstand an. Die durch Eid gebundenen schottischen Clans müssen sich nun entscheiden, wem sie die Treue halten.
_Kritik_
Mit |Glencoe| hat die Autorin Charlotte Lyne bereits ihren vierten historischen Roman geschrieben und die Messlatte recht hoch angelegt. In |Glencoe| erzählt die Autorin, über einen Zeitraum von drei Jahren, wie es zu dem Massaker von Glencoe gekommen ist, politische Ränke und auch persönliche Zerwürfnisse spielen hierbei eine große Rolle. Dies alles ist realitätsnah und einleuchtend erzählt.
Mit einem bildgewaltigen und sehr einfühlsamen Schreibstil, führt die Autorin den Leser in die schottischen Highlands. Charlotte Lyne beschreibt die Landschaft so greifbar in ihrer wilden, schroffen und kantigen Schönheit, dass der Leser fast meinen möchte, dies alles vor Augen zu sehen. Auch ist der Stil der damaligen Sprache wundervoll angepasst und dennoch gut zu lesen und zu verstehen.
Zwar nimmt die Geschichte um Sarah und Sandy Og einen großen Teil des Romans ein, diese wird aber raffiniert mit den politischen Entwicklungen und den Absichten der weiteren Personen verwoben. Der Leser hat daher die Chance, dies alles zu verfolgen und so entsteht ein stimmiges Gesamtbild der damaligen Ereignisse.
Nach der Entführung Sarahs kommt es zu einem Zeitsprung von einigen Jahren, so dass der Leser kaum Anteil an der Entwicklung der Beziehung zwischen Sarah und Sandy Og hat, diese bekommt der Leser dann häppchenweise als Rückblicke serviert. Die Gedanken der beiden zueinander sind gefühlvoll, teilweise fast poetisch beschrieben, schade, dass sich beide mit ihrem Wesen da oft im Wege stehen und es so zu vielen Missverständnissen kommt.
Geschrieben ist der Roman aus den verschiedenen Perspektiven der Protagonisten, so kann der Leser viele getroffene Entscheidungen nachvollziehen. Auch Königen Mary kommt teilweise zu Wort und dem Leser erschließt sich das Leben und Denken dieser Frau.
Die Protagonisten sind allesamt sehr lebendig und realitätsnah beschrieben. Auf den in vielen Romanen gerne beschriebenen, verklärten Naturburschen verzichtet die Autorin und wirkt dadurch umso glaubwürdiger. Mit Fortschreiten der Geschichte wird dem Leser auch anfänglich Unklares immer deutlicher und die Motivation der einzelnen Protagonisten wird dem Leser klargemacht.
Die Beziehungen gerade zu Sarah, die der Auffassung ist, sie würde nicht akzeptiert werden, entwickeln sich, und die Missverständnisse werden nach und nach ausgeräumt. Die stolzen und oftmals sehr sturen Hochländer, machen es sich dabei oftmals sehr schwer.
In einem wunderschönen Einband eingeschlagen, bekommt der Leser auf den Innenseiten des Buchdeckels eine Karte und auch die Kiltmuster der Clans Campbell und MacDonald präsentiert. Anhängend ist ein Personenregister sowie ein Nachwort in den Charlotte Lyne auf die Ereignisse dieser Zeit zu sprechen kommt.
_Fazit_
Charlotte Lyne hat mit |Glencoe| einen gefühlvollen Roman um das Leben, das Lieben und auch das Sterben geschrieben, in dem sie zu erklären versucht, wie es zu solch tragischen Ereignissen wie dem Glencoe Massaker, kommen kann.
|Glencoe| ist kein Roman, der mal eben zwischendurch gelesen werden kann, diese Geschichte braucht Zeit und ist jede Minute dabei wert. Der historisch begeisterte Leser bekommt hier eine Geschichte präsentiert, die historisch korrekt und einzigartig ist.
_Autor_
Charlotte Lyne, geboren 1965 in Berlin, studierte Germanistik, Latein, Anglistik und italienische Literatur in Berlin, Neapel und London. Bevor sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern nach London zog, lebte sie einige Zeit in Glencoe, der schottischen Heimat ihrer Schwiegerfamilie. Charlotte Lyne arbeitet als Autorin, Übersetzerin und Lektorin. (Verlagsinfo)
Nach dem Untergang des „Dritten Reiches“ ist die deutsche Hauptstadt Berlin in vier Sektoren geteilt. Die US-Amerikaner, die Sowjetrussen, die Briten und die Franzosen üben die militärische Oberherrschaft in der durch Bomben und Brände fast völlig zerstörten Stadt aus. Da die Alliierten der gewaltigen Aufgabe, die Einwohner Berlins zu versorgen, nicht Herr werden können, sind Hunger und Seuchen im Dezember des Jahres 1946 an der Tagesordnung; zudem ist dieser zweite Nachkriegs-Winter der härteste seit Menschengedenken. Auf dem Schwarzmarkt verkaufen verzweifelte Menschen geretteten Besitz gegen Nahrung, warme Kleidung und Medikamente. Die Prostitution blüht, verwilderte Kinderbanden streifen durch die Trümmerlandschaft.
Inmitten dieses Chaos‘ haust Pavel Richter, geboren in den USA und vormals Dolmetscher im Dienst der US-Armee. Seit Kriegsende ist er Zivilist, blieb aber in Berlin, wo er wie die Einheimischen um sein Überleben kämpft. Dennoch ist er bereit, seinem besten Freund Boyd White zu helfen, der ebenfalls Zivilist geworden, aber als Zuhälter und Schieber zu Geld gekommen ist. White hat in der Nacht den Gangster Söldmann überfahren. Richter soll die Leiche verschwinden lassen. Dabei erregt er die Aufmerksamkeit des britischen Colonels Stuart Fosko, der in allerhand zwielichtige Aktivitäten verstrickt ist und einen Mikrofilm mit brisanten Geheim-Informationen an sich zu bringen sucht, den Söldmann bei sich trug.
Als White entführt, gefoltert und ermordet wird, will Richter seinen Mörder stellen. Die einzige Spur führt zur Prostituierten Sonja, die sich als Foskos Geliebte entpuppt. Der Colonel lässt Richter überwachen, und auch die Russen sind auf ihn aufmerksam geworden. Richter muss erkennen, dass ihn der letzte Dienst für den Freund in Lebensgefahr bringt, denn jeder ist käuflich im Berlin dieser kalten Tage …
_|“Nun ward der Winter unseres Missvergnügens …“|_
Der Winter 1946 auf 1947 zählte in Mitteleuropa zu den kältesten des 20. Jahrhunderts. Er fiel ausgerechnet in eine Zeit, in der die meisten Menschen ihm hilflos ausgeliefert waren. Vor allem in den ausgebombten Großstädten des ehemaligen „Dritten Reiches“ herrschte Not. Es fehlte an winterfesten Wohnungen, Heizmaterial, Kleidung und Vorräten. Wer diese schier endlosen Monate überlebte, erinnerte sich sein ganzes Leben daran.
Den Nachgeborenen blieben solche Erfahrungen erspart. Ihnen fällt schwer wirklich zu begreifen, welche Entbehrungen und Schrecken dieser Winter brachte, der seinerseits den generellen Ausnahmezustand nur verschärfte. Die Lebensrealität in der besetzten und geteilten Stadt Berlin war erst recht bizarr. Dan Vyleta ist nicht nur Schriftsteller, sondern auch Historiker. Er hat sich mit den historischen Fakten so vertraut gemacht, wie dies nachträglich möglich ist. In „Pavel & ich“ errichtet er aus ihnen die Kulissen für eine wiederum zeitgebundene Handlung.
|Gefühle als riskanter Luxus|
Zigarettenwährung, Schwarzhandel, Trümmer, Fraternisierung mit den „Frolleins“: Viele Historienkrimis, die ebenfalls in der (deutschen) Nachkriegsära spielen, bedienen sich der Zeitumstände nur als Klischees. Vyletas Blick auf die Vergangenheit ist filterfrei. Er schildert die Kälte als unwiderstehliche Macht. Mit beachtlichem Wortschatz und einem Gespür für Ausdrucksstärke – die der deutsche Übersetzer zu bewahren wusste – findet er immer neue, prägnante Bilder für ihre grausame Allgegenwart. Oft sind es Details, die dem Leser den Schwebezustand zwischen Leben und Tod deutlich machen.
Die Kälte des Winters spiegelt zwischenmenschliche Kälte wider: Zwar lieben nicht nur die Literaten unter den Schriftstellern das Symbol, aber sie scheinen eine besondere Vorliebe für das Bildhafte zu haben. „Pavel & ich“ wimmelt von solchen Spiegelungen, denn im Inneren der Protagonisten geht es emotional hoch her. Diese innere Kälte weiß Vyleta zu differenzieren. Der Kampf ums Überleben hat nicht nur die Gesetze, sondern auch die gesellschaftlichen Regeln stärker beeinträchtigt als der verlorene Krieg. Der findet höchstens im Untergrund als Planspiel einiger Unverbesserlicher statt. Die Mehrheit hat Besseres zu tun.
Zuerst erwischt es die Schwachen – die Kranken, Alten und Kinder. Nur der ständige Regelbruch kann sie retten. Paulchens Bande ist die Konsequenz: Eine Generation von den Nazis ‚erzogener‘ und die erlernten Grundsätze ahnungslos konservierender Kinder lebt wie ein Wolfsrudel in der Trümmerwüste. Sie helfen sich selbst, weil ihnen sonst niemand hilft.
|Verrat als notwendige Selbstverständlichkeit|
Die Not hinterlässt überall ihre Spuren. Sonja ist keine ‚richtige‘ Prostituierte, sondern eine weitere Überlebende, die lernen musste, dass es besser ist, ihren Körper zu verkaufen, weil sie sich auf diese Weise wenigstens theoretisch eine gewisse Entscheidungsfreiheit bewahrt, wen sie in ihr Bett lässt, und sich ein Dach über dem Kopf und einen vollen Magen leisten kann: Noch im Vorjahr haben sich die Sieger gewaltsam genommen, was sie als ihr Vorrecht betrachteten.
Auf der Seite dieser Sieger herrscht das Chaos. Sie schaffen es nicht, das vollständig am Boden liegende Deutschland zu verwalten. So mancher Alliierte sabotiert sogar die entsprechenden Bemühungen: Der Sieg über die Nazis wurde nicht von Heiligen errungen. Kriegsgewinnler gibt es auf beiden Seiten. Boyd White und Colonel Fosko gehören zu denen, die ihre Schäfchen ins Trockene bringen wollen. Da sie das Recht formal vertreten, können sie es besonders leicht mit Füßen treten.
Pavel Richter scheint die einsame Ausnahme zu sein – ein Mann, der sich nicht korrumpieren lässt und auf diese Weise einer verlorenen Kriegswaise zum Vaterersatz, einer verzweifelten Frau zum aufrichtig Geliebten und einem brutalen Schläger zum Seelengefährten wird. Wer Richter wirklich ist, enthüllt Vyleta (ansatzweise) in einem Finale, das überrascht und es in sich hat!
|Inhalt mit Stil – und umgekehrt|
Dass dieser Knalleffekt selbst bei Lektüre-Veteranen zündet, verdankt „Pavel & ich“ der schon erwähnten Fabulierkunst des Verfassers, die über das Setzen wohlüberlegter Worte weit hinausgeht. Obwohl er mit diesen nie geizt, hält uns Vyleta kurz, was grundsätzliche Informationen angeht. Sie werden geschickt in den Text integriert bzw. dort versteckt. Vyleta verwischt Spuren zusätzlich durch Perspektivenwechsel. Meist schildert Peterson, der einäugige Handlager des Colonels, die Ereignisse, aber immer wieder übernimmt Vyleta, der der unsichtbar aber allwissend über der Handlung schwebt – und dies oft buchstäblich.
Auch den Zeitfluss manipuliert der Verfasser, wie es seiner Geschichte am besten zuträglich ist. Er springt im Zeitraum 18. Dezember 1946 bis 4. Januar 1947 hin und her, vergrößert das ohnehin allgegenwärtige Gefühl der Unsicherheit, mit dem auch die Protagonisten ihre Gegenwart verbinden, während sie die Vergangenheit verdrängt oder vergessen haben und an eine – bessere – Zukunft nicht glauben können. Wie der Epilog zeigt, der 1964 spielt, liegen sie damit in gewisser Weise richtig.
Aufgrund (oder trotz?) dieser harmonisch die Geschichte stützenden, nie übertriebenen stilistischen Kunstfertigkeit (die ‚literarisch zu nennen ich mich weigere, weil dieser Begriff eher Wertung als Definition geworden ist) zieht ‚Pavel & ich“ den Leser in jenen Bann, der das echte Lese-Erlebnis von der Alltags-Lektüre trennt. Kein durch die Bestsellerlisten tobender Psychopath kann vor dem Hintergrund dieser einfachen aber bedrückend überzeugenden Geschichte bestehen, die selbst im notwehrbedingt teflonbeschichteten Hirn eines Patterson/Johansen/Cornwell-geschädigten Lesers haften bleiben wird!
_Autor_
Dan Vyleta wurde 1974 in Gelsenkirchen geboren. In den 1960er Jahren waren seine regimefeindlichen Eltern durch den „Eisernen Vorhang“ in die Bundesrepublik Deutschland geflohen. Hier wuchs Vyleta auf, verließ aber das Land, um in England Geschichte zu studieren. Seinen Doktorgrad erwarb er am King’s College in Cambridge. Anschließend lektorierte er wissenschaftliche Veröffentlichungen. Er kehrte nach Deutschland zurück, wo er in Berlin lebte.
2008 veröffentlichte Vyleta, der nun im kanadischen Edmonton lebt und arbeitet, seinen ersten Roman. „Pavel & ich“ wurde von der Kritik freundlich aufgenommen. Vyleta blieb dem Historien-Roman – den er mit Elementen des Krimis erzählt – auch in seinem zweiten Werk treu, das im Wien des Jahres 1939 spielt; ein Umfeld, in dem der Verfasser sich durch seine historische Forschungsarbeit – seine Doktorarbeit trägt den Titel „Crimes, News, and Jews, Vienna 1895-1914“ – ausgezeichnet auskennt.
|Gebunden: 414 Seiten
Originalausgabe: Pavel & I (New York : Bloomsbury 2008)
Übersetzung: Werner Löcher-Lawrence
ISBN-13: 978-3-8270-0814-5|
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Wenn man sich durch das umfangreiche (und immer weiter wachsende) Werk von Bernard Cornwell arbeitet, dann ist anzunehmen, dass man nach erfolgter Lektüre viel schlauer ist als zuvor. Zumindest, was englische Geschichte, Politik und Kriegshandwerk angeht, denn dies sind Cornwells Leidenschaften, die in seinen Romanen immer wieder das Grundgerüst bilden.
In „Das brennende Land“ entführt Cornwell seine Leser in das England des 9. Jahrhunderts, wobei es jedoch vermessen wäre, hier schon von „England“ zu sprechen. Stattdessen bedecken die Länder Wessex, Northumbrien und Mercien große Teile der Landschaft, die wir heute als England kennen. Held (im wahrsten Sinne) der Geschichte ist Uthred, ein Kriegsherr, dessen Eid ihn an König Alfred von Wessex bindet. Damit ist er jedoch weniger glücklich, denn Alfred ist ein Christ und umgibt sich mit einer stattlichen Anzahl von Mönchen, die auf den Heiden Uhtred herab blicken. Dieser wiederum hält das Christentum für eine lächerliche Religion, lässt es sich jedoch nicht nehmen, in brenzligen Situationen nicht nur zu seinen eigenen Göttern, sondern auch zu diesem ans Kreuz genagelten Christus zu beten. Man kann schließlich nie wissen …
Alfreds Hofstaat provoziert einen Eklat, der Uthred dazu bringt, seinen Eid auf Alfred zu brechen und stattdessen nach Norden zu gehen. Eigentlich will er mit Wessex auch gar nichts zu tun haben. Viel lieber würde er Bebbanburg, seine Heimat im Norden, wieder einnehmen. Doch dazu braucht er Gold und Männer – in dieser Reihenfolge. Also plant er, Skirnir zu überfallen, da er erfahren hat, dort solle sich ein Schatz befinden. Der Überfall gelingt zwar, doch fällt die Beute weit weniger reichlich aus als erhofft, und so steht Uthred immer noch am Anfang seines Plans. Bevor dieser jedoch weiter gedeihen kann, ruft ein anderer Eid ihn über Umwege zurück an Alfreds Seite und er muss ein weiteres Mal dessen Reich vor einfallenden Feinden schützen.
Bei „Das brennende Land“ handelt es sich um den fünften Band in Cornwells |Uthred|-Serie. Zwar kann man sich auch ohne Vorkenntnisse auf den Roman einlassen, doch wird man mehr aus der Lektüre mitnehmen, wenn man auch die Vorgängerbände kennt. So sind die politischen Verwicklungen, die Cornwell beschreibt, durchaus kompliziert und bei den unzähligen fremdartigen Namen wird es ohne Vorkenntnisse noch schwerer, den Überblick zu behalten, wer mit wem verbandelt, verfeindet oder verbündet ist. Eine kleine Hilfestellung bei der Orientierung bieten eine Karte, eine Liste mit Ortsnamen (und ihrer zugehörigen englischen Entsprechung) und ein Stammbaum der Wessex’schen Königsfamilie. Gerade die Liste der Ortsnamen ist eine echte Hilfe, da man ohne sie kaum erraten würde, wo man sich geographisch gerade befindet: Dass Cent der alte Name für die Stadt Kent ist, ist noch naheliegend. Aber wer käme schon darauf, hinter der Ortsbezeichnung Eoferwic das heutige York zu vermuten?
Den Großteil der auftauchenden Personennamen muss man sich jedoch selbst merken, wobei nur eine Handvoll davon wirklich wichtig ist. Cornwell konzentriert sich hauptsächlich auf seinen Protagonisten (darum ist der Roman wohl auch in der Ich-Form geschrieben) und arbeitet Nebencharaktere eher uninspiriert ab. Die Krieger in Uthreds Diensten bleiben, bis auf ein oder zwei Ausnahmen, durchweg farblos, und selbst der großen Gegenspielerin des Romans, der ambitionierten Skade, vermag er kaum Profil zu verleihen. Als machthungrige Schönheit hängt sie sich jeweils an den Mann, der den meisten Erfolg verspricht, und lässt ihn in dem Moment fallen, in dem ein besseres Exemplar vorbeireitet. Sie ist kaltherzig, berechnend und grausam. Doch mehr als pure Machtlust um ihrer selbst willen mag Cornwell ihr als Motivation nicht zugestehen. Es ist ein wenig schade, dass ein Charakter, der so viel Profil vermuten lässt, im Roman dann fast nichts davon einlöst.
Was Cornwell jedoch bei seinen Nebencharakteren einspart, das verwendet er samt und sonders auf Uthred, der als schillernder Kriegsheld gezeichnet wird und doch nicht eindimensional bleibt. Er ist ein echter Macher, ein Pläneschmieder und furchteinflößender Kämpfer. Kurzum, er ist ein echter Mann, der andere Männer nur dann schätzt, wenn sie mit seiner Kraft und Potenz mithalten können (darum wohl auch seine Abneigung gegen das Christentum, da ihm alle Christen als verweichlicht erscheinen). Er ist großspurig und neigt etwas zum Protzen, doch selbst diese Eigenschaften machen ihn nicht unsympathisch, sicherlich, weil der Leser realisiert, dass Uthred genügend Grund zur Eitelkeit hat. Und doch: Selbst er findet sich wiederholt als Opfer verschiedener Ränkespiele wieder und muss sich in Situationen ergeben, die sich seiner Einflussnahme entziehen. So findet er sich gänzlich gegen seinen Willen auf Alfreds Seite wieder, hat aber keine andere Möglichkeit, als zu versuchen, in der Situation etwas Positives zu finden. Ihr entfliehen kann er ohnehin nicht.
Ebenso interessant wie Uthred ist Cornwells Beschreibung des Konflikts zwischen dem aufkommenden Christentum und den alten Göttern. Uthred hängt dem nordischen Götterkreis an und wird am christlichen Hof Alfreds eigentlich nur noch geduldet, weil er so ein erfolgreicher Heerführer ist. Dass der Kampf der Religionen durchaus blutig geschlagen wurde, während andererseits in vielen Fällen auch ein friedliches Nebeneinander möglich war, das will Cornwell beschreiben. Und es gelingt ihm eindrücklich.
„Das brennende Land“ ist ein Roman für alle, die an der frühen Geschichte Englands interessiert sind und die sich – lesend, selbstverständlich – auch gern ein wenig ins Schlachtengetümmel werfen. Denn eins ist klar: Ohne eine ordentliche Schlacht lässt Cornwell keinen seiner Romane enden!
_Bernard Cornwell auf |Buchwurm.info|:_
[„Stonehenge“ 113
[„Die Galgenfrist“ 277
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[„Der Erzfeind“ (Auf der Suche nach dem Heiligen Gral 3) 3619
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