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John Flanagan – Die brennende Brücke (Die Chroniken von Araluen 2)

Action-Fantasy: Agentenabenteuer mit Entscheidungsschlacht

Sein ganzes Leben hat der 15-jährige Waisenjunge Will davon geträumt, ein Ritter zu werden wie sein Vater. Weil er aber zu klein und schmächtig ist, wird er dem geheimnisvollen Waldläufer Walt als Lehrling zugeteilt. Als das Königreich Araluen von einem altem Feind und dessen ungeheuerlichen Kreaturen angegriffen wird, muss Will sich bewähren und stellt fest, dass das Leben eines Waldläufers viele Herausforderungen, aber auch besondere Möglichkeiten birgt …

Band 2: Der Angriff Morgaraths geht weiter, doch die Waldläufer wissen nicht, wo. Will ist bereits einige Zeit bei den Waldläufern König Duncans, die sowohl Krieger als auch Späher und Agenten sind. Da schickt sein Lehrmeister Walt den jungen Bogenschützen auf eine Mission in das entlegene Nachbarland Celtica. Aber Celticas Dörfer und Kupferminen liegen ausgestorben da. Doch mitten in der Wildnis erhebt sich eine gigantische neue Brücke über einer Schlucht, die das Land Morgaraths begrenzt. Sie wurde offensichtlich erbaut, um heimlich in Araluen einfallen zu können. Wenn Will nicht schnell handelt, ist das Königreich, das Morgarath woanders erwartet, in höchster Gefahr.

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Helen Dunmore – Im Sog des Meeres (Indigo 1)

The Deep Blue Sea

Die beiden Geschwister Sapphire und Conor leben in Cornwall nahe am Meer. Nachdem ihr Vater Mathew Trewhalla möglicherweise spurlos in Indigo, wie die Unterwasserwelt poetisch in einem seiner Lieder heißt, verschwunden ist, fühlt sich Sapphy mehr und mehr in seinem Bann. Mit einem der Mer, die in Indigo leben, erkundet sie diese Welt, doch der Frieden täuscht. Unschuldige Menschen geraten in Gefahr. Sapphy muss sich entscheiden, zu welcher Welt sie gehören will: zu den Mer oder zu ihrem eigenen Luftvolk.

Die Autorin
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Carrie Ryan – The Forest – Wald der tausend Augen

Die Trilogie:

Band 1: „The Forest – Wald der tausend Augen“
Band 2: „The Dead-Tossed Waves“ (noch ohne dt. Titel)
Band 3: „The Dark and Hollow Places“ (noch ohne dt. Titel)

Der Wald der tausend Nervtöter

Mary lebt nach einem Holocaust in einer abgeschlossenen Gemeinschaft hinter einem hohen Metallzaun, der die infizierten „Uneingeweihten“ fernhalten soll. Sie verliert zuerst den Vater, dann die Mutter an die Uneingeweihten und muss dem Orden der Schwestern beitreten, um überleben zu können. Doch die Regeln erweisen sich als Lug und Trug. Als ihr Dorf überrannt wird, bleibt ihr nur die Flucht in den Wald der tausend Augen. Doch damit hat die Jagd auf sie erst begonnen, denn hier herrschen die Uneingeweihten. Wird sie ihre Mutter und ihren Vater hier – rechtzeitig – wiedersehen?

Die Autorin

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Madelaine L’Engle – Der Riss im Raum

Zäher, pseudo-religiöser Fantasy-Brei

Meg Murry kann nicht schlafen: Sie macht sich Sorgen um ihren Vater, einen Wissenschaftler, denn er ist seit einem Jahr spurlos verschwunden. Und sie ist zutiefst beunruhigt, als ihr kleiner Bruder Charles Wallace von einer Schar Drachen im Garten erzählt – schließlich ist er schwer krank. Aber die Drachen gibt es wirklich. Sie sind gekommen, Charles Wallace zu retten. Doch damit das gelingt, müssen Meg und ihr Bruder es schaffen, die Echthroi zu besiegen, die alles Sein in der Welt bedrohen…(Verlagsinfo)

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Thompson, Kate – Zwischen den Zeiten

_Ins Feenland: Das Geheimnis der verlorenen Socken_

Immer schneller verrinnt die Zeit im früher so beschaulichen irischen Städtchen Kinvara. Helen, die unverheiratete Mutter von John Joseph bzw. JJ Liddy, ist total im Stress, sogar an ihrem Geburtstag. Halb im Scherz wünscht sie sich mehr Zeit. Ihr Sohn verspricht ihr hoch und heilig, er werde ihr Zeit verschaffen, koste es, was es wolle, denn er liebt sie sehr.

Auf einem Botengang gerät er an Anne Korff, die ihm verrät, dass es auf dem Land der Liddys einen Zugang zum Feenreich Tir na nOg gebe. Unversehens gerät er ins Feenreich, doch dort sieht auf den ersten Blick alles genauso aus wie zu Hause. Nur dass alles viel leerer scheint: Wo sind die Leute? Dann trifft er Aengus Og, und der verrät ihm, dass neuerdings auch die Welt der Feen aus den Fugen gerät. Die Zeit vergeht auch hier, und zunehmend schneller.

Wie hängen die beiden Welten zusammen, fragt sich JJ. Und kann er etwas dagegen tun, dass die Zeit bei ihm daheim ab- und bei den Feen zunimmt? Eine alte Familiengeschichte, die Helen ihm erzählt hat, weist ihm den richtigen Weg.

_Die Autorin_

Kate Thompson, 1956 geboren, wuchs in England auf, trainierte Rennpferde in USA, studierte Jura in London und machte ausgedehnte Reisen durch Indien, bevor sie sich in Kinvara im irischen County Galway niederließ. Dort entwickelte sie ihre Leidenschaft für das Fiddlespiel. Sie hat eines ihrer Zimmer in eine Werkstatt umgewandelt, in der sie alte Instrumente restauriert.

Sie schreibt Lyrik, Drehbücher, Romane und Kinder- und Jugendbücher, für die sie bereits zweimal den |Irish Children’s Book of the Year Award| gewonnen hat. Auch „Zwischen den Zeiten“ wurde laut Verlag mehrfach ausgezeichnet.

_Handlung_

Eigentlich wollte JJ nur seiner Mutter Helen einen Gefallen tun, ein Geschenk zu ihrem Geburtstag: genügend Zeit, damit sie nicht mehr so gehetzt aussieht. Auf JJs Bauernhof sind alle so gehetzt, ganz als ob die Zeit immer knapper würde. Sie finden sogar kaum noch Zeit, um Lieder für die Irish-Folk-Music-Abende zu üben, die sie regelmäßig veranstalten. So ein gemütliches Céilí bringt Freunde und Nachbarn zusammen, und das Tanzen scheint JJ ebenso im Blut zu liegen wie das Fiddlespiel. Auch seine Schwester Marian spielt ein Instrument, nur sein Vater Ciaran Byrne spielt keines. Er kümmert sich dafür um das leibliche Wohl der Gäste.

Wieder einmal plant Helen Liddy einen Musikabend bei sich daheim – seit 1935 sind öffentliche Musikabende verboten. Die Kirche hatte gewettert, die Musik sei des Teufels und fördere Unzucht usw. Ja, als JJs Großvater Liddy weiterhin musizierte, soll der Pfarrer von Kinvara sogar so wütend geworden sein, dass er ihm die Querflöte wegnahm. Der Pfarrer ging fort – und ward nie mehr gesehen. Seitdem geht das Gerücht um, JJs Großvater habe den Priester auf dem Gewissen. Schon 15 Jahre ist JJ alt, bis ihm sein Freund Jimmy dieses Gerücht verklickert. JJ ist schockiert. Er hatte seine Familie immer für ohne Tadel gehalten. Und nun das!

Heute, am Samstag, soll JJ seiner Mutter einen Gefallen tun und einen Käselaib, den sie Anne Korff verkauft hat, zu der Nachbarin bringen, die ihn vergessen hat. Als er sich auf sein Fahrrad schwingt, ahnt er nicht, dass er erst in vier Wochen zurückkehren wird.

|Das Tor zum Feenreich|

Anne Korff interessiert sich sehr für alte Geschichte und irische Folklore, und so dauert es nicht lange, bis sie JJ fragt, ob er denn wisse, dass auf dem Land der Liddys eine Erdkammer liege. Eine Erdkammer – was soll das sein? Das sind Kammern unter Steinkreisen oder ähnlichen alten Kultstätten, von denen es in Irland über 45.000 Stück gebe. Und so eine Erdkammer könne ein Durchgang ins Feenreich sein. Sie wolle ihm eine zeigen.

Dort unten ist es dunkel und eng und stickig. Doch als die nette Nachbarin in einer Wand verschwindet, hat JJ ihre volle Aufmerksamkeit. Da kehrt sie wieder zurück. Ob er mutig genug sei, nach der Ursache für die verschwundene Zeit zu suchen, fragt sie ihn. Aber es ist sein voller Ernst: Er will seiner Mutter die verlorene Zeit zurückbringen. Sie nimmt ihn an der Hand und zieht ihn mit sich durch die Wand …

In ein grünes Land, in dem es keinen Menschen weit und breit zu geben scheint. „Willkommen in Tír na nOg, dem Land der Ewigen Jugend“, begrüßt sie ihn. Doch weitergehen muss er allein, da könne sie ihm nicht helfen. Ja, schon gut, meint er und beruhigt sich, er werde in wenigen Minuten wieder zurück sein. Als sie wieder verschwindet, schlendert er gemütlich in ein Dorf am Meer, das auf den ersten Blick verlassen erscheint. Doch da ist eine Ziege und ein Mann, der ihr nachjagt. JJ kennt sich mit Ziegen aus, denn aus ihrer Milch macht seine Mutter ihren herrlichen Käse. So hat er das Tier schnell eingefangen und dem erfreuten Mann gegeben. Als nächstes begegnet er einem grauen irischen Wolfshund, doch der ist schwer verletzt – das Hinterbein hängt nur noch an ein paar Sehnen. Mitleidvoll streichelt JJ das große Tier.

Aus der Dorfkneipe hört er Musik, und das ist genau sein Ding, damit kennt er sich aus. Er verrät, was er hier eigentlich will: Er will Zeit kaufen, denn offensichtlich haben die Leute hier mehr als genug davon. Keiner verzieht eine Miene ob dieses ungewöhnlichen Ansinnens. Was er denn dafür auszugeben bereit sei? Nun, leider kann er mit zehn Euro hier keine Zeit kaufen, und auch sein Taschenmesser ist hier wenig wert. Da hat er die rettende Idee: Er kann ihnen ein paar Lieder vorspielen, und das klappt auch vorzüglich, doch als sie ihn darum bitten, ihnen zu verraten, wie das Stück „Dowd’s Number Nine“ anfängt, will es ihm ums Verrecken nicht einfallen. Pech gehabt. Zeit gibt’s heute keine.

Da tritt der schöne Aengus Og ein, ein junger Mann, der es faustdick hinter den Ohren hat, wie JJ schon bald feststellt. Aber Aengus ist sehr freundlich und verrät ihm wenigstens, was hier eigentlich los ist. Aengus kennt das Land der „Ploddies“, wie er die nach Irland eingewanderten Menschen nennt, ziemlich gut. Er besuche es hin und wieder, erzählt er. (Aber er verrät JJ nicht, dass er seine Großmutter kannte.) Und er könne durchaus ebenfalls beobachten, dass drüben die Zeit tatsächlich schneller verrinnt. Und rate mal: Im Feenreich verrinnt sie nun ebenfalls, obwohl das doch eigentlich gar nicht sein dürfe. Denn wie sonst könnte dieses Land das „Land der Ewigen Jugend“ sein, hm? Das leuchtet JJ ein, und allmählich versteht er, dass die Feen ein Problem haben. Eigentlich das gleiche Problem wie seinesgleichen, nur auf der anderen Seite der Medaille.

„Also, was gibt es dagegen zu tun?“, fragt er Aengus. Nachdem Aengus ein wenig über Wechselbälger erzählt hat – wo sonst bekommen Unsterbliche ihre Kinder her -, beschließt er, nach der dünnen Stelle in der Zeithülle zu suchen, wo JJ neulich Feenmusik gehört hat. Und das ist ganz oben auf dem Eagle’s Rock. Und dann … tja, dann müssten sie wohl seinen Vater um Rat fragen, meint Aengus. Wie jeder gebildete Junge in Irland weiß JJ, dass der Vater von Aengus Og der Dagda ist. Und der Dagda ist Vater aller irischen Götter.

Zusammen mit dem verletzten Hund Bran machen sie sich auf eine Expedition, die JJs Mutter die verlorene Zeit zurückbringen wird.

_Mein Eindruck_

Was für ein zauberhaftes Buch! Für einen Irlandfreund wie mich ist die Geschichte ein gefundenes Fressen, denn irischer kann eine Geschichte kaum noch werden. Die Kapitel, von denen keines länger als fünf Seiten lang ist, fliegen nur so vorüber. Jedes wird mit den Noten für ein passendes Musikstück abgeschlossen, als wäre es ein Kommentar oder die Musikbegleitung. In diese Hinsicht handelt es sich um ein sehr musikalisches Buch. Und um den Musikfreund zu belohnen, liefert die Autorin nicht nur zwei oder drei eigene Stücke, sondern auch am Schluss die Noten zu dem gesuchten Lied „Dowd’s Number Nine“. Na, wenn das keine Motivation ist!

Die Geschichte hört sich vielleicht für den einen oder anderen Leser wie Michael Endes Märchen „Momo“ an, doch Kate Thompson brauchte überhaupt keine modernen Vorbilder, denn aus dem schier unerschöpflichen Vorrat an irischen Sagen, Märchen und Legenden brauchte sie nur nach der Geschichte von Óisin zu greifen.

|Die Geschichte Óisins|

Óisin brachte auch eine unbestimmte Zeit im Feenreich zu, um mit seiner Feengeliebten zusammen zu sein, wollte aber dann wieder zurück. Sie warnte ihn vergeblich, und als Óisin in die Lande der Sterblichen zurückkehrte, waren Jahrhunderte vergangen. Unbeschadet ritt er auf einem Feenpferd durch die Lande, seine Verwandten und Lieben suchend. Doch als er aus Versehen den Boden dieser Erde berührte, zerfiel auch er zu Staub, wie es das Schicksal aller Sterblichen ist. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. (Ich könnte auch die Geschichte von Thomas the Rhymer anführen, aber die kommt aus Wales.)

|Der wandernde Aengus|

Und dann gibt es in den westlichen Grafschaften Irlands immer noch viele Geschichten über die Feen und ihr Land der Ewigen Jugend. Manche Leute sprechen sogar noch Gälisch, die alte Sprache der Kelten, und es werden immer mehr, seit das Irish Revival Ende des 19. Jahrhundert mit William Butler Yeats und seinen Freunden begann (der übrigens ein wunderbares Gedicht über den wandernden Aengus schrieb). Das Feenland liegt praktisch vor der Haustür, und wer nur den Durchgang findet, kann mit den anderen Wesen Bekanntschaft machen – mit einer gewissen Vorsicht.

Keine Zeit, keine Zeit!

Aber seit es der EU beigetreten ist, erlebt Irland einen irrsinnigen wirtschaftlichen Aufschwung, wird sogar als „Celtic Tiger“ bezeichnet, analog zu den asiatischen Tigern. (Zu diesen Begriffen liefert das Glossar hervorragende Erklärungen.) Weil aber alle so viel zu tun haben, haben sie immer weniger Zeit. Oder kommt ihnen das nur so vor? Zeit ist ja so furchtbar subjektiv. Ein Tag mag 24 Stunden haben, aber nur wenn man ihn genießen kann, kommt er einem auch ausgefüllt vor. Und das mit dem Genießen ist schwierig geworden, denn alle sind im Stress.

Deshalb ist die Musik so wichtig geworden. Man kann den Verlauf der Zeit vergessen und ganz zur eigenen Identität finden, indem man die eigenen Lieder spielt, und Gemeinschaft finden, indem man die Lieder anderer spielt. Zu schade, dass die Musik an öffentlichen Orten verboten ist. Man muss schon U2 heißen, um ein Rockkonzert genehmigt zu bekommen, aber wenn man nur Liddy heißt und auf dem eigenen Bauernhof spielen will, bekommt man eins auf die Mütze. Unfair!

|Die Garda|

Es gibt Leute, die Gesetze durchsetzen, zum Beispiel auch die Sperrstunde. Sie sind als Polizisten bekannt, auf Gälisch Garda genannt. Nun gibt es aber in Kinvara, wo die Geschichte von Helen und JJ spielt, einen neu eingestellten Polizisten, der es mit den Gesetzen nicht so genau zu nehmen scheint. Seinen Boss macht das natürlich wütend, aber hey, was kann man tun, wenn einem das Notizbuch in die Waschmaschine gerät, ausgerechnet das Notizbuch, in dem er alle Gesetzesbrecher des Pubs von letzter Nacht aufgeschrieben hatte!

Und dieser neue Polizist zeigt noch mehr interessante Seiten: Er spielt selbst Musik und kennt Stücke, von denen die anderen Musiker (und in Kinvara gibt es deren viele) noch nichts gehört haben. Natürlich muss sich auch der neue Polizist an der Suche nach dem verschwundenen JJ beteiligen, die zunächst ergebnislos verläuft. Vier Wochen ist der Bengel weg, keiner hat ihn gesehen – noch nicht einmal Anne Korff rückt mit der Sprache raus, denn sie hat ihn schließlich ins Feenreich geführt. Man würde sie verrückt erklären, wenn sie verriete, was wirklich passiert ist. Als sie selbst rüberging, wurde sie von Aengus in die Irre geschickt.

|Der Schlüssel|

Zum Glück gelingt es JJ, das Problem der Zeit-Verschiebung zu lösen. Er muss natürlich wieder unter die Erde, in ein Grab, genauer gesagt. Denn der Schlüssel zur Gegenwart liegt in der Vergangenheit begraben. Da ihm seine Mutter von ihrer Familie erzählt und ihm Fotos gezeigt hat, weiß er nun, mit wem er es zu tun hat, als er in dem Grab auf einen seltsamen Mann trifft, der sehr wütend ist und einen wahnsinnigen Plan ausgeheckt hat, um die Musik ein- für allemal aus Irland zu vertreiben …

_Unterm Strich_

Kein Wunder, dass dieses wundervolle Buch mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde, obwohl es im Original den unscheinbaren Titel „Der neue Polizist“ trägt. Die Autorin offenbart ein tiefes, intuitives Verständnis für den Feenglauben einerseits und die irisch-keltische Mythologie andererseits.

Aber sie ist in der Lage, beides aus dem Blickwinkel eines gegenwärtigen Bewohners der Insel zu betrachten, wo Handys, das Internet und moderne Verkehrsmittel an der Tagesordnung sind. Dass JJ auf einem Bauernhof aufwächst und mit dem Bus zur Schule fahren muss, sagt schon viel über seine Provinzialität aus. Aber das kann er zu seinem Vorteil ummünzen, wie sich herausstellt. Ein Stadtjunge hätte mit den Feen sicherlich so seine Probleme.

Das Buch ist humorvoll, bewegend und voller Liebe für die irische Musik und ihre berühmten Interpreten. Diese scheint die Autorin alle persönlich beim Namen zu kennen, und wer ihr Hobby, das Fiddlespiel, berücksichtigt, der kann das gut nachvollziehen.

Alles in allem ein Buch, das in jedes Jugendzimmer gehört, und in die Bibliothek von Freunden Irlands und irischer Musik sowieso.

Wem dieses Buch gefällt, dem empfehle ich u. a. Lord Dunsanys Fantasyroman [„Die Königstochter aus Elfenland“,]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3608875190/powermetalde-21 das bei |Klett-Cotta| erhältlich ist. Es wurde auch vertont, doch die Platte „The King of Elfland’s Daughter“ ist wahrscheinlich nicht mehr zu bekommen.

|Originaltitel: The new policeman, 2005
318 Seiten
Aus dem irischen Englisch von Kattrin Stier|
[Verlagsspezial zum Buch]http://www.randomhouse.de/specialskids/thompson__zwischendenzeiten/
http://www.randomhouse.de/cbjugendbuch/

Paver, Michelle – Seelenesser (Chronik der dunklen Wälder 3)

_Spannende Vorzeit-Fantasy für Jung und Alt_

Die Wälder vor 6000 Jahren erstrecken sich von einem Ende der Welt zum anderen, voller lebendiger Seelen – außer einer … Der 12-jährige Torak, seine Freundin Renn und ein junger Wolf haben die Welt von einem gefährlichen Dämon befreit und auf den Inseln des Robbenclans einen Seelenesser, einen bösen Schamanen, getötet.

Zusammen mit Wolf und Renn jagt Torak in den Wäldern des Rabenclans, bei dem er eine neue Heimat gefunden hat. Da kehrt Wolf nicht von der Jagd zurück. Alle Spuren deuten darauf hin, dass Wolf von den dunklen Schamanen, den Seelenessern, entführt worden ist. Gemeinsam mit seiner Freundin Renn begibt sich Torak ohne zu zögern auf eine lebensgefährliche Suche ins ewige Eis und zu einer direkten Konfrontation mit jenen Schamanen, die schon seinen Vater töteten …

_Die Autorin_

Michelle Paver wurde als Tochter einer Belgierin und eines Südafrikaners in Zentralafrika geboren und kam als Kind nach England, wo sie heute in Wimbledon lebt. „Als Kind war ich begeistert von Tieren, Mythen und von Geschichten, wie die Menschen früher überlebten. Ich zog mit Pfeil und Bogen los und wünschte mir nichts sehnlicher als einen eigenen Wolf.“

Nachdem sie zunächst historische Romane für Erwachsene – wie etwa „Sophies Versprechen“ – geschrieben hatte, beschäftigte sie sich erneut mit der Geschichte eines Jungen und eines Wolfes, die sie 20 Jahre zuvor verfasst hatte. Die Geburtsstunde von Torak, dem Helden von „Wolfsbruder“, war gekommen. (Verlagsinfo)

„Wolfsbruder“ ist der erste von sechs Bänden der „Chronik der dunklen Wälder“. Darin werden Toraks Abenteuer im großen Wald und sein Kampf gegen die fünf Seelenesser beschrieben. „Wanderer zwischen den Welten“ ist Band Nr. 2, „Seelenesser“ der dritte Band.

1) Wolfsbruder
2) Torak – Wanderer zwischen den Welten
3) Seelenesser

_Handlung_

Torak jagt mit seiner Freundin Renn in den Wäldern des Rabenclans, bei dem er eine neue Heimat gefunden hat. Torak hat weder Vater noch Mutter, seitdem seine Mutter bei seiner Geburt starb und sein Vater das Opfer eines Dämonenbären wurde. Als schutzloser Junge wurde ein ebenso junger und unerfahrener Wolf sein bester Gefährte und er kann sich mit ihm in der gemeinsamen Wolfssprache verständigen. Wolf und Torak gehören geistig dem gleichen Rudel an, in dem Torak der Leitwolf ist. Und Torak hat herausgefunden, dass er selbst ein Seelenwanderer ist, der sich geistig in andere Wesen versetzen kann. Ein Erbe seines Vaters, der ein Schamane war?

|Wolf verschwindet|

Unter einem Baum findet Torak die Feder einer Adlereule im Schnee – ein böses Omen, das Unheil verkündet. Da verschwindet Wolf auch schon spurlos. Nur die Spuren seiner Entführer sind zu finden. Haben sie Toraks Rudelgefährten getragen? Ja, da sind Schlittenspuren. Sie führen nach Norden. Und wenig später haben Wolfs Entführer auch einen Otter und einen Luchs gefangen – alles Jäger, wie Torak auffällt. Was haben diese Entführer vor? Sind es etwa gar … Torak wagt den Gedanken kaum auszusprechen.

|Eine unheimliches Rätsel|

Mit wachsender Verzweiflung drängt Torak Renn zum Weitergehen, und nur einmal gibt er anderen Menschen eine Botschaft für Fin-Kedin mit, den Anführer des Rabenclans und Renns Onkel. Sie stoßen auf einen alten Streuner, der halb blind durch den Schneewald tapert, aber dennoch mit dem Steinmesser überraschend flink ist. Torak muss ihm sein Feuer-Zeug geben, aber dafür bekommt er eine rätselhafte Auskunft: „Schwarzes Eis, weiße Bären, rotes Blut! Sie suchen das Auge der Natter!“

Schon allzu bald müssen Renn und Torak erfahren, wie sich so ein Rätsel lösen kann. Sie geraten in einen Schneesturm, sobald sie den schützenden Wald verlassen, und nur ein Bewohner des arktischen Nordens rettet ihnen das Leben. Inuktiluk gehört zum Eisfuchsclan, und zu dessen Lager bringt er die beiden halberfrorenen Jugendlichen. Aber auf dem Weg werden sie von einem Eisbären angegriffen, und niemand kann einem drei Meter großen Raubtier wie diesem standhalten. Wenigstens kann Torak die Schlittenhunde retten.

|Am Eismeer|

Der Eisfuchsclan ist äußerst freundlich zu ihnen, denn die Seherin des Clans hat ihre Ankunft bereits vorhergesehen. Sie werden aufgepäppelt, mit tauglichen, warmen Kleidern versehen sowie mit Proviant und Booten. Inuktiluk führt sie zum Eisfluss, dem gefährlichen Gletscher. Der kalbt ständig, so dass die abbrechenden Eisschollen Wellen verursachen, die ein Boot umkippen können. Auch Eisberge schwimmen vor dem Gletscher, die ein lederbedecktes Boot leicht aufschlitzen können. Und schließlich ist da noch das schwarze Eis. Es ist das schlechteste und tückischste Eis, das es gibt, und wer hineingerät, der ist so gut wie verloren.

Als sich Torak und Renn mit ihrem Boot dem Ufer nördlich des Gletschers nähern, erblicken sie einen Berg mit einer charakteristischen Form. Außerdem hat er ein Loch, durch das die Sonne scheint, und vor dem Loch spaltet eine Steinsäule das „Auge der Natter“. Hier leben die Seelenesser. Und hier wartet auch Wolf darauf, dass Torak ihn befreit.

|Das Auge der Natter|

Ein Junge des Eisfuchsclans greift sie an, doch sie können ihn überwältigen. Als ihnen klar wird, dass er als Gehilfe der dunklen Schamanen dienen wollte, schicken sie ihn nach Hause. An seiner Statt verkleidet sich Torak als Eisfuchsjunge und Schamanengehilfe. Während Renn draußen die Stellung hält, begibt sich Torak in die Höhle der Seelenesser.

Er kann zwar Wolf nicht auf Anhieb finden, aber ihm wird schon bald mit Entsetzen klar, was sie vorhaben: Seshru, Thiazzi, Nef und die eulenartige Eostra wollen mit einem magischen Feueropal die Dämonen aus einer Felswand rufen, welche die dünne Nahtselle zur Anderen Welt bildet, in der die Dämonen gefangen sind. Und wenn ihnen die Dämonen gehorchen, wollen sie damit die Clans terrorisieren und unterjochen, um eine einheitliche Form der Verehrung des Weltgeistes durchzusetzen – mit ihnen als priesterliche Herrscher, versteht sich.

Nach dem ersten Opfer, das Torak mit durchführen muss – er kann die Seelenesser täuschen -, scheint sich die bewusste Stelle in der Höhlenwand wie weiches Leder zu spannen. Die Dämonen krallen sich bereits an den dünnwandigen Durchlass, um an das Licht des Feueropals zu gelangen, das sie rasend macht. Es ist sicher nur noch eine Frage kurzer Zeit, bis sie durchbrechen – und auf die nichts ahnende Welt der Clans losgelassen werden …

_Mein Eindruck_

Ich habe auch diesen Teil der spannenden Vorzeit-Saga in kurzer Zeit gelesen. Die Darstellung ist sehr visuell orientiert, vom Dialog getragen und unglaublich detailreich, so dass ich mir die Szenen sehr gut vorstellen konnte. Offensichtlich hat die Autorin ausgiebig recherchiert, was sie schildert. Das bestätigt sie in ihrem erhellenden Nachwort. Außerdem bauen die Fakten wie eine lückenlose Kette aufeinander auf, um schließlich in ein spannendes Finale zu münden. Diesmal ist das Finale anders aufgebaut. Wenn sich Renn und Torak nach der Flucht aus der Höhle in Sicherheit glauben, so haben sie sich gewaltig getäuscht.

Besonders gut gefiel mir, dass sowohl Torak als auch Renn in schier ausweglose Situationen geraten. Die Panik droht sie zu überwältigen, doch es gelingt ihnen, ihren Verstand wieder einzuschalten und so die richtige Lösung für das aktuelle Problem zu finden. Nur an einer Stelle musste ich stutzen. Torak der Seelenwanderer hat seinen Geist – er nennt ihn seine drei Seelen – in den Geist des von den Schamanen gefangenen Eisbären wandern lassen, kommt nun aber nicht mehr heraus. Der Geist des Eisbären ist übermächtig. Dumm gelaufen! In der übernächsten Szene jedoch wird Torak wach und gelangt zu Bewusstsein, ohne jedoch zu erklären, wie ihm dies gelungen sein könnte.

|Über Seelen|

Das Konzept der drei Seelen ist diesmal tragend für die Handlung, und Torak setzt mehrmals seine neu (in Band 2) entdeckte Fähigkeit der Seelenwanderung ein. Dazu muss ich ein wenig mehr erklären, denke ich.

Da der Weltgeist alles umfasst, hat alles in der Natur eine Seele, auch Bäume. Nur der Mensch hat drei Seelen: die Namens-, die Clan- und die Weltgeistseele. Fehlt nur eine dieser Seelen, so erscheint sein Verhalten nicht geheuer, um nicht zusagen, wie das eines Verrückten. Denn sofort fehlt es diesem unvollständigen Menschen an Respekt vor seinen Mitkreaturen, seien es nun Clanmitglieder oder Tiere oder Bäume. Ja, bei manchen kann sich der Wahn dieses „seelisch“ verletzten Menschen gegen ihn selbst richten.

Nun dürfte es nach diesen Ausführungen nicht verwundern, dass es gewissenlosen Schamanen, den „Seelenessern“, gelingen kann, auch Kindern eine Seele zu nehmen und sie durch einen Dämon zu ersetzen, also eine bösartige Seele. Würde sich Torak als Seelenwanderer in sie hineinversetzen, könnte das für ihn äußerst gefährlich sein. Und die Dämonen, welche die Seelenesser aus der Anderen Welt locken, könnten versuchen, Toraks Seele zu übernehmen. Das würde Torak zu einem dämonischen Seelenwanderer machen, der zu fast allen Schandtaten fähig wäre. Zum Glück kann Torak die Seelenesser täuschen, bevor es dazu kommt.

|Zwei Konsequenzen|

Das Seelenkonzept führt dazu, dass unsere beiden Helden sich große Sorgen um ihren Rudelgefährten Wolf machen, der selbstredend ebenfalls über eine Seele verfügt. Interessant ist, dass Wolf seinen „Leitwolf“ beim Wiedersehen nicht mehr erkennt. Etwas stimmt nicht mit den beiden. Einerseits hat sich Torak durch seine Verkleidung und Verstellung in Geruch und Aussehen stark verändern müssen, andererseits hat Wolf sich durch eine Verletzung eine schlimme Krankheit (Wundbrand) zugezogen, die zunehmend seinen Verstand verwirrt.

Die andere Konsequenz hat Renn zum Mittelpunkt. Sie ist bereit, sich für den Erfolg von Toraks Mission gegen die Seelenesser selbst zu opfern. Das wäre natürlich ein Tiefschlag für Torak und ihren Onkel Fin-Keddin, aber was sein muss, muss sein. Sie sieht nur diesen einen Weg, um die Welt vor dem Ansturm der von den Seelenessern losgelassenen Dämonen zu bewahren. Denn Renn hat etwas, das die Dämonen unbedingt haben wollen … An dieser Stelle wird die Handlung hochdramatisch, und deshalb darf nichts weiter darüber verraten werden.

|Zwei Identifikationsfiguren|

Mit Torak und Renn begegnen dem Leser zwei Figuren, mit denen sich Jugendliche beiderlei Geschlechts leicht identifizieren können. Torak ist intelligent und kennt alle Fährten, ist aber nicht gerade vom Glück verfolgt. Außerdem neigt er zu Ungeduld und wirkt mitunter etwas cholerisch. Renn hingegen ist selbstbewusst und eine phantastische Bogenschützin, doch leider kennt sie sich nicht so gut im Wald aus wie Torak – der Rabenclan bevorzugt die Uferzone von Flüssen. Als Ausgleich hat sie medizinische Kenntnisse, denn sie ging in die „Schamanenschule“. Leider läuft zwischen den beiden in romantischer Hinsicht herzlich wenig, wenn sie auch absolut loyal zueinander sind. Davon profitiert jedoch die Action.

Die dritte Hauptfigur bildet Wolf. Er hat nun endlich seinen eigenen Handlungsstrang zugemessen bekommen, und die Kapitel, in denen wir von seinem Schicksal erfahren mögen, zwar kurz sein, aber sie sind dennoch bewegend. Wolf sieht die Welt mit anderen Augen und gibt den Dingen seine eigenen Namen. So heißen Menschen für ihn „Schwanzlose“, und Torak ist demnach für ihn „Groß Schwanzlos“. Feuer ist für ihn „Das-helle-Licht-das-heiß-beißt“ und so weiter. Mit ein wenig Einfühlungsvermögen sollte es jedem Leser gelingen, Wolfs Bezeichnungen zu entschlüsseln.

|Authentisch|

Wie schmeckt ein Hirschherz? Wie riecht Kiefernharz? Welche Steine liegen am Grund eines Wasserfalls? Welcher Blätter- oder Rindenbrei heilt Blutungen, Fieber und Entzündungen? Alle diese Fragen gilt es zu beantworten, um ein realistisches Bild von der Vorzeit um 4000 vor Christus zu präsentieren. Und nur durch zahlreiche Reisen und ein paar kenntnisreiche Bücher, die die Autorin im Nachwort aufführt, ist es ihr gelungen, diesen Eindruck von Realismus zu vermitteln. Diesmal ging es zu vor allem zu den Inuit in Ostgrönland, wo die Autorin den Eisbären studierte. Andere Reisen führten sie nach Manitoba/Kanada, London, wo sie die Raben, und in die rumänischen Karpaten, wo sie die Wölfe beobachtete.

Diese Informationen liefert die Autorin nicht in langen essayartigen Absätzen, sondern integriert sie in die Dialoge der Figuren. So erzählt etwa der Jäger Inuktiluk von den realen Wesen der Arktis, und die Seherin und ihren Freundinnen berichten von den Wesen der Geisterwelt, die nicht weniger real sind.

Diese Fakten stehen nur scheinbar im Widerspruch zu den zahlreichen Praktiken der Religionsausübung durch Raben- und Wolfsclan. Die Menschen können an gute Geister und Totems („Clanhüter“) ebenso glauben wie an böse Geister, also Dämonen. Die Psychologie der Naturreligion ist für beides die gleiche. Es erfordert immer wieder eine Überwindung des eigenen Unglaubens im Leser, wenn er liest, wie sehr sich die verschiedenen Clans als Teil der Natur betrachten. Der Robbenclan in Band 2 etwa fühlt sich von der Gunst der Meermutter abhängig und die Ringelrobbe ist die Clanhüterin, ihr Totem, das sie als heilig verehren. In „Seelenesser“ ist es der Eisbär, der tabu ist.

|Die Landkarten|

… auf den vorderen und hinteren Cover-Innenseiten erleichtern stark die Orientierung. Zudem sind hier die Lebensräume und Lagerstandorte der zahlreichen Clans eingezeichnet. Wer die Namen mit der Geschichte in Beziehung setzt, kann leicht dem Weg folgen, den Torak & Renn nehmen. Der Weg selbst ist nicht eingezeichnet. Das würde wohl eher verwirren als helfen, weil der Weg so verschlungen ist.

Diesmal zeigen die Vorsatzseiten eine neue Karte: den Hohen Norden. Sogar das schwarze Eis ist eingezeichnet. Hier stellte ich eine kleine Ungereimtheit fest: Alle Namen wurden eingedeutscht, nur die Richtungsangabe Osten eben nicht: E steht weiterhin für das englische Wort „East“, und zwar in beiden Karten.

|Illustrationen|

Jedem Kapitel ist eine Vignette vorangestellt. So nennt man kleine Zeichnungen, die ein einzelnes Motiv aus dem folgenden Inhalt darstellen. Der Illustrator John Fordham hat es nicht nur durch reine Strichzeichnung fabelhaft geschafft, Wesen wie ein Hermelin oder einen Raben zum Leben zu erwecken, sondern sie auch noch dreidimensional – also mit Licht, Schatten und Zweigen etc. – in ihrer Umgebung zu präsentieren. Besonders häufig liefern Wölfe das Motiv für diese schönen Zeichnungen.

|Die Übersetzung|

… von Katharina Orgaß und Gerald Jung, die schon für die „Hermux Tantamoq“-Trilogie verantwortlich zeichneten, ist ausgezeichnet gelungen. Viele Ausdrücke, wie etwa „Klamm“ statt „Schlucht“ verraten Fachkenntnis. Das trifft besonders auch für die Namen der zahlreichen Pflanzen zu, etwa für Multebeeren und viele andere. Immer wieder ist mir die Treffsicherheit in den knappen Bezeichnungen positiv aufgefallen. Auch die Korrektheit des Gebrauchs des Verbums „stecken“ findet meinen Beifall. So etwa „steckte“ ein Messer nicht – es „stak“.

Nicht alles wurde komplett übersetzt. Was denn ein „Eisfluss“ ist, kann sich der Leser aber leicht aus dem Geschehen und der Beschreibung erschließen: ein Gletscher. Doch dieses Wort benutzten die Menschen damals nicht und wohl auch nicht die Autorin. Deshalb fanden die Übersetzer es besser, bei „Eisfluss“ zu bleiben. Ist ja auch anschaulicher als „Gletscher“ und macht zudem das Bezeichnete zu etwas mit einer Seele und einem Willen: In allen Flüssen leben Geister, ebenso wie in Bäumen. Daher ist beispielsweise auch die Rede von „Baumblut“ statt von Harz.

Tierkenner möchte ich fragen, ob es richtig ist, wenn man, wie auf Seite 10 zu finden, ein Fell als „gestromert“ bezeichnet. Da heißt es von Wolfs Winterfell, sein „Winterpelz sei grauschwarz gestromert mit fuchsroten Stellen“.

_Unterm Strich_

Für mich steht fest, dass ich die gesamte Saga über die Dunklen Wälder lesen werde. Erstens ist es nun erwiesen, dass die Autorin ihre Qualität konstant aufrechterhalten kann – und der Verlag unterstützt sie darin nach Kräften, wie die Buchaustattung zeigt. Und zweitens zeichnet sich nun eine komplexe Konfliktsituation für die Hauptfigur Torak ab. Die Seelenesser sind sieben Schamanen, und sein verstorbener Vater war einer von ihnen, wie Torak geschockt erfährt.

In Band 2 hat Torak auch erfahren, dass er die seltene Fähigkeit des Seelenwanderns hat. Diese wird von den machthungrigen Schamanen heiß begehrt. Doch war die Frage, ob sich Torak dieser Fähigkeit als würdig erweisen wird – oder wird er sie missbrauchen? Es ist wie mit dem Einen Ring, der Frodo ständig in Versuchung geführt hat. Wir können uns also freuen, dass dass es Torak gelingt, sein Talent nutzbringend einzusetzen. Von mir bekommt das Buch, wie schon „Wolfsbruder“ und „Wanderer zwischen den Welten“, die Höchstwertung.

|Originaltitel: Chronicles of Ancient Darkness – Souleater
316 Seiten
Aus dem US-Englischen von Gerald Jung und Katharina Orgaß|
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Delaney, Joseph – Spook 2 – Der Fluch des Geisterjägers

_Spannendes Jugendbuch: Showdown unter Geisterjägern_

Der 13-jährige Tom Ward ist der siebte Sohn eines siebten Sohns und daher zum Geisterjäger qualifiziert. Der Spook nimmt ihn in die Lehre und zeigt ihm, was Tom über Hexen, Boggarts und Poltergeister wissen muss.

_Der Autor_

Joseph Delaney lebt mit seiner Frau in der englischen Grafschaft Lancashire. Dass er kein junger Hüpfer mehr sein kann, wird daraus ersichtlich, dass er bereits vier Enkelkinder von seinen drei Kindern geschenkt bekam. Weitere biografische Details verrät das Buch kaum – nur dass er „mitten im Territorium der Boggarts“ wohnt und seine Heimatstadt einen Boggart beherbergt, welcher DER HAUSKLOPFER genannt wird. Der liege dort gebannt unter der Schwelle eines Hauses nahe der Kirche (genau wie im Roman beschrieben).

Der Autor hat sich die im Buch erwähnte Art von Hexen nicht aus den Fingern gesogen, sondern in seiner eigenen Nachbarschaft Vorbilder dafür gefunden. Im Jahr 1612 fand – vier Jahre vor Shakespeares Tod – in der Grafschaft Lancashire ein berühmter Hexenprozess statt, der es locker mit den späteren Salemer Hexenprozessen von 1692 aufnehmen konnte. Auch das Wort „boggart“ ist für die Gegend nahe der Grenze zu Schottland belegt.

_Vorgeschichte_

Der 13-jährige Tom Ward ist der siebte Sohn eines siebten Sohns und daher etwas Besonderes. Sein Vater ist ein einfacher Bauer, aber seine Mutter stammt aus Griechenland und weiß Bescheid: Tom sollte etwas Besonderes lernen. Jemand muss das Land und seine Menschen vor den bösen Geistern beschützen – warum nicht Tom? Jemand muss es ja tun. Tom ist zudem der Jüngste und muss irgendetwas anderes tun als seine Brüder. Sein Bruder Jack wird den Hof erben und eine Familie gründen.

Deshalb kommt der Besuch von Mr. Gregory, dem Geisterjäger, gerade zur rechten Zeit. Er ist bereit, Tom für einen Monat auf Probe auszubilden, und wenn Tom danach bei ihm bleiben will, soll er fünf Jahre lang sein Lehrling sein. Tom ist nicht sicher, ob er diesen Job machen will, denn die Arbeit ist relativ stressig: Die Geister der Gehenkten im Wald und die Klopf- und Poltergeister in den Häuser können schon etwas auf die Nerven gehen. Außerdem will absolut niemand etwas mit Geisterjägern zu tun haben. Einsam sind die Tapferen.

Unheimliche Wesen erwarten Tom. Mr. Gregory zeigt sie ihm in den drei Gärten seines Sommerhauses nahe Chipenden. Da wären also die drei verschiedenen Sorten von Hexen (gutartige, bösartige, fälschlich beschuldigte und unwissende), mehrere Sorten von Boggarts – siehe Toms Tagebucheintrag dazu – und dann noch diverse Monster, Schemen und Geister. Alles klar? Ach, noch was: Tom soll sich ja vor Mädchen in spitzen Schuhen in Acht nehmen. Verstanden, mein Junge?

_Handlung_

Als Vorspiel bekommt Tom von seinem Meister den Auftrag, dessen Bruder, einen Pfarrer in einem entfernten Dorf, zu retten. Mr. Gregory, der Meister, ist krank und kann nicht selbst gehen. Tom bewährt sich bei der schwierigen Aufgabe, einen der blutgierigsten Reißer der Umgegend zur Strecke zu bringen …

Doch das kann das Leben des Pfarrers nicht retten und Mr. Gregory will natürlich zu dessen Beerdigung, um ihn zu ehren. Dabei haben sie seit 40 Jahren kein Wort mehr miteinander gewechselt. Wie auch immer: Blut ist dicker als Wasser, und so macht sich Mr Gregory mit Tom auf den Weg nach Priestown, jene Hafenstadt, wo man vor lauter betenden Priestern kaum sein eigenes Wort versteht, glaubt Tom. Und dass man hier auf Spooks sehr schlecht zu sprechen ist, versteht sich fast von selbst.

Es gibt sogar einen tüchtigen Inquisitor, einen blonden Krieger auf einem Schimmel, der hinter jedem nicht betenden und fromm brabbelnden Zeitgenossen einen Teufelsanbeter oder gar eine Hexe vermutet. Gleich am ersten Tag, nachdem sie sich getrennt haben, entdeckt Tom in der Prozession voller „Teufelsanbeter“, die verurteilt werden sollen, die junge Alice. Dabei ist sie gar keine richtige Hexe, sondern bloß bei ihnen aufgewachsen. Sein Herz sagt ihm, dass er das Mädchen, das ihm schon einmal geholfen hat, eine schlimme Hexe zur Strecke zu bringen, vor dem Scheiterhaufen retten muss.

Mr. Gregory, der sich ebenfalls versteckt, rät dringend davon ab, sich durch eine solche Rettungsaktion auffällig zu machen. Doch als bei der Beerdigung seines Bruders er und Tom von einer Bürgerin erkannt werden, schweben beide in Gefahr. Doch es gibt einen bestimmten, zweiten Grund, aus dem der Spook die Stadt nicht schnurstracks verlässt. Er will seine Aufgabe erfüllen und jenes Unwesen, das ihn vor Jahren schon einmal besiegte, endlich zur Strecke bringen.

Dabei handelt es sich um den so genannten Bane, einen mächtigen Dämon, der unter der Kathedrale von Priestown lebt und mit seinen Gedankenbefehlen schon so manchen braven Pfaffen in den Selbstmord getrieben hat. Doch der Bane wurde vor langer Zeit mit einer List in die Katakomben gesperrt, und er kann das Silbertor, das den Zugang versperrt, nicht selbst öffnen. Der Spook lässt heimlich einen Schlüssel zu dieser silbernen Pforte anfertigen, um bei nächster Gelegenheit in die Tunnel zu gehen und sich dem Dämon zu stellen.

Doch alles kommt anders. Mr. Gregory wird verhaftet, und nur durch Zufall kann Tom entkommen. Tom ist klar, dass sein Meister verhört werden wird – unter der gefürchteten Folter der Inquisition. Er muss ihn befreien, bevor es dazu kommt. Der Spook hat Tom eine einfache Karte gegeben, anhand derer Tom erkennt, dass er durch die Katakomben zu den Verliesen gelangen kann, wo sich sowohl der Meister als auch Alice befinden müssen. Aber das bedeutet natürlich auch, dass er es mit dem Bane aufnehmen muss …

_Mein Eindruck_

Der Schauplatz der Handlung ist das vorindustrielle 17. Jahrhundert. Hier gibt es zwar Kirchen, aber, wie es scheint, keinen einzigen Landbesitzer (außer Bauern) oder gar Ritter. Dass die Priester das Sagen haben, lässt darauf schließen, dass es bislang keine Reformation gegeben hat. Es muss aber Schlachten gegeben haben, sonst wäre der Wald bei Chipenden nicht voller Geister von Gehenkten …

Bislang war unser Blickwinkel auf das hier beschriebene Land eng begrenzt, doch das ändert sich nun. Die Fahrt nach Priestown und in den Norden des Landes sind Ausflüge nicht nur in geografischer, sondern auch in historischer Hinsicht. Im Norden lebte einst ein Volk von kleinwüchsigen Ureinwohnern, das die Urform des Bane als Gott verehrte. Doch der Bane degenerierte und wandelte sich in ein gieriges Ungeheuer, das jährlich Opfer verlangte. Als König Heys ihm alle seine Söhne nacheinander zum Opfer geben sollte, kam es zur Krise, die durch eine List mit der Verbannung des Bane unter die Kathedrale von Priestown endete. Um diesen Trick zu erfahren, reisen der Spook und sein Schüler in den Norden. Es ist also eine Reise in die Vergangenheit.

|Näheres über Tom Ward|

Wir erfahren immer mehr über Toms Familie. Dafür ist es höchste Zeit, denn wir haben bislang ziemlich wenig über Tom als Individuum erfahren, gerade so, als wolle uns der Autor davon abhalten, zu viel über ihn nachzudenken. (Ich wünschte, eine Frau hätte ihn eingehender beschrieben.) Deshalb ist es umso wichtiger, darauf zu achten, was andere über Tom sagen und denken.

Er hat ein gutes Gedächtnis, das ihm in brenzliger Lage mehr als einmal gute Dienste leistet, aber grundsätzlich fehlt es ihm noch an Menschenkenntnis und gesundem Menschenverstand, wahrscheinlich ein Resultat seines Aufwachsens auf einem abgelegenen Bauernhof. Doch er versteht Griechisch, das er von seiner Mutter gerlernt hat, sowie ein wenig Latein, das ihm Mr. Gregory beigebracht hat.

Aber wenigstens ist Tom kein Hasenfuß oder Dummkopf. In brenzliger Lage entwickelt er erstaunlichen Mut – den er sich wahrscheinlich selbst nicht zugetraut hätte – und eine Impulsivität, die den Gegner stets überrascht. Im Laufe seiner Entwicklung und Ausbildung können wir also noch mit weiteren Überraschungen rechnen. Seine Impulsivität hindert ihn daran, den Befehlen seines Meisters zu gehorchen. Daher bringt er sich selbst in Lebensgefahr. Gut so, denn dadurch wird die Geschichte erst so richtig spannend. Durch ihn und Alice gelangt der Bane in die Freiheit …

|Toms geheimnisvolle Mutter|

Dass wir nun mehr über Tom Wards Eltern erfahren, haben wir dem traurigen Umstand zu verdanken, dass sein Vater sehr krank ist und sein Gewissen erleichtern möchte. Er erzählt Tom, wie es kam, dass er, sein Vater, seine Mutter kennen lernte. Diese war einst als vermeintliche Hexe an einen Küstenfelsen gekettet worden. Doch nicht, um einem Meeresungeheuer als Frühstück zu dienen, sondern um von den Strahlen der aufgehenden Sonne verbrannt zu werden …

Dass Toms Mutter alles andere als ein gewöhnliches Hausmütterchen ist, wissen wir schon, denn die Frauen der Umgegend kommen zu ihr, wenn sie Rat im Kindbett und bei Krankheiten benötigen. Wenn das der Inquisitor wüsste! Tom ahnt nicht, dass seine Mutter auch den zweiten Blick hat und in die Zukunft schauen kann. Sie gibt ihm einen Brief mit, den er nur im Augenblick der höchsten Not öffnen darf. Dann jedoch kommt er genau richtig.

|Showdown|

Der Bane ist das große Böse in diesem Band – der Inquisitor ist das kleinere Übel – und folglich muss es zuletzt zur Strecke gebracht werden. Doch wie kann es gelingen, einen unsichtbaren Geist zu besiegen, der obendrein das Bewusstsein seines menschlichen Gegners beeinflussen und verwirren kann? An dieser Stelle macht es sich der Autor ein wenig zu einfach, wie mir scheint. Denn Tom widersteht auf wundersame Weise allen Anfechtungen, die der Bane ihm entgegenschleudert. Anfechtungen, denen die arme Alice sofort erlegen ist. Soll das wieder mal die moralische Schwäche von Mädchen belegen? Kein schöner Zug vom Autor. Zum Ausgleich gibt es aber wieder mal Toms Mama. Sie hat ihrem Sohnemann noch einen schönen Talisman auf den Weg gegeben, den er im Kampf gegen den Bane gut gebrauchen kann.

|Die Aufmachung|

Die Ausstattung dieses Bandes umfasst eine Menge nützlicher Texte und Bilder. Da wäre beispielsweise die Landkarte am Schluss, welche die Katakomben und Tunnel unter der Kathedrale von Priestown zeigt. Die Gänge sind in der Tat verschlungen, aber vielfach mit Symbolen wie „zerquetschte Katze“ gekennzeichnet. Die Karte hat nur einen Schönheitsfehler: Ihr fehlt ein Maßstab. Das kommt von der handschriftlichen Improvisation des Zeichners.

Sodann enthält Thomas J. Wards Notiz- bzw. „Tagebuch“ (es enthält keine Datumsangaben) jede Menge zusammengefasste Informationen über den Bane, berühmte Reißer, die zwielichtige Alice und den Inquisitor. Von Alice hat Tom Wissen über bestimmte Pflanzen erhalten. Diese Liste hier ergänzt jene im Vorgängerband, „Der Schüler des Geisterjägers“.

Der Buchumschlag ist einem alten Folianten nachgebildet. Die Farbe entspricht dem von dunkelrotem Leder, in das in erhabenen Buchstaben die diversen Titel eingeprägt wurden. Auch die Titelillustration des Spooks – mit einem genial gestalteten Licht-und-Schatten-Spiel – ist geprägt. Unter dem Obertitel „Spook“ erkennt man eine englische Ziffer „7“. Englisch deshalb, weil ihr der Querstrich fehlt, den die kontinentale Ziffer 7 aufweist. Auf der Rückseite ist ein Stückchen „Pergament“ angebracht. Darauf steht: „Bonus: Enthält Tom Wards geheimes Tagebuch“.

|Die Übersetzung|

Wie schon erwähnt, erweckt die Wortwahl der Übersetzung den Eindruck, als sei Tom erst neun statt 13. Ständig wird seine Mutter auf kindliche Weise als „Mama“ bezeichnet. Ist er ein Muttersöhnchen, fragt man sich unwillkürlich.

_Unterm Strich_

Auch diesen Band der Spook-Reihe habe ich wieder in nur wenigen Stunden verschlungen. Obwohl das Buch rund 350 Seiten Umfang hat – die letzten Seiten sind nicht nummeriert -, handelt es sich um viel weniger Text, als man erwartet. Denn jeder Kapitelanfang ist erstens von einer Leerseite angekündigt und zweitens mit einer ein- oder sogar zweiseitigen Illustration geschmückt. Auf diese Weise kann man ruckzuck vier Seiten bewältigen.

Das Geschehen ist durchweg entweder spannend oder bewegend oder informativ. So versteht es der Autor, den Leser dauerhaft bei der Stange zu halten. Die Szenen sind anschaulich und entbehren manchmal nicht einer gewissen unterschwelligen Komik und Ironie. Die gewalttätigen Szenen halten sich stark in Grenzen, denn sowohl die beiden Spooks als auch Alice sind völlig unbewaffnet. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Toten gäbe, schließlich ist ja auch der Bane los.

Am interessantesten unter den Figuren ist zweifellos Alice, die in den Augen Toms ständig auf der Grenzlinie zwischen der Seite des Lichts und der des Dunkels hin und her wandelt, eben ganz wie ein normaler, moralisch schwacher Mensch. Sie ist der Joker im Spiel der beiden Spooks, und so ein Joker sorgt mit schöner Regelmäßigkeit für Überraschungen. Die moralischen Zweifelsfälle, die sie Tom zu Bewusstsein bringt, stellen auch den Leser vor knifflige Fragen: „Wie würde ich mich in diesem Zweifelsfall verhalten?“

Fantasy und Horror vereinen sich in diesem Buch mit der historischen Realität, die durch die nordenglischen Hexenprozesse von 1612 verbürgt ist. Für dreizehnjährige Leser ist es gut geeignet, sowohl für Jungs als auch für Mädchen. Und jedem Leser bietet das spannende und actionreiche Finale genug Ansporn, auch die hoffentlich noch kommenden Bände in der Serie über den Geisterjäger zu lesen.

|Originaltitel: The Wardstone Chronicles – The Spook’s Curse, 2005
ca. 350 Seiten
Aus dem Englischen von Tanja Ohlsen
Illustriert von Patrick Arrasmith|
http://www.randomhouse.de/cbjugendbuch/

Kai Meyer – Der Dornenmann. Sieben Siegel 04

„Die Sieben Siegel“:
01 „Die Rückkehr des Hexenmeisters
02 „Der schwarze Storch
03 „Die Katakomben des Damiano
04 „Der Dornenmann
05 „Schattenengel
06 „Die Nacht der lebenden Scheuchen
07 „Dämonen der Tiefe
08 „Teuflisches Halloween
09 „Tor zwischen den Welten
10 „Mondwanderer

SONDERBAND: Jenseits des Jahrtausends: Die Sieben-Siegel-Saga (Gebundene Ausgabe)

Alle zehn Bände sind ursprünglich im |Loewe|-Verlag erschienen, doch die ersten fünf Bände gibt es in einer preiswerten Taschenbuch-Ausgabe im CBT-Verlag von Bertelsmann sowie als Hörbücher.

Mehr von Kai Meyer auf Buchwurm.info:

Interview mit Kai Meyer
„Dschinnland“ (Die Sturmkönige 1, Buchfassung)
„Dschinnland“ (Die Sturmkönige; inszenierte Lesung zu Band 1)
„Wunschkrieg“ (Die Sturmkönige 2, Buchfassung)
„Wunschkrieg“ (Die Stürmkönige; inszenierte Lesung zu Band 2)
„Die Wellenläufer“ (Hörbuch)
„Die Muschelmagier“ (Hörbuch)
„Die Wasserweber“ (Hörbuch)
„Der Brennende Schatten“ (Hörspiel)
„Die Vatikan-Verschwörung“ (Hörspiel)
„Frostfeuer“ (Hörbuch)
„Die Alchimistin“
„Das Haus des Daedalus“
„Der Schattenesser“
„Die Fließende Königin“
„Das Buch von Eden“ (Hörbuch)
„Das Buch von Eden“
„Der Rattenzauber“
„Faustus“
„Seide und Schwert“ (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
„Lanze und Licht“ (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
„Drache und Diamant“ (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)
Das Wolkenvolk – Seide und Schwert, Buch 1: „Wisperwind“ (Graphic Novel)

Die Alchimistin – Das Hörspiel:
1) „Der Stein der Weisen“
2) „Das Erbe des Gilgamesch“
3) „Die Katakomben von Wien“
4) „Das Kloster im Kaukasus“
5) „Die Unsterbliche“
6) „Die Schwarze Isis“
7) „Der Schatz der Templer“
8) „Der Alte vom Berge“

Mondhexe und Dornenmann: mächtige Gegner für Junghexen

Kyra, Nils, Lisa und Chris erforschen ein uraltes Geheimnis, das auf magische Weise mit ihrem eigenen Schicksal verbunden ist – das Geheimnis der sieben Siegel. Die Mondfinsternis dauert nur wenige Minuten. Dann liegt Giebelstein wieder verschlafen im kalten Licht des Vollmonds. Doch der Frieden trügt: Die Finsternis hat eine schaurige Kreatur geboren. Mit peitschenden Zweigen aus messerscharfen Dornen bedroht sie Kyra und ihre Freunde und ist nur der Vorbote eines dämonischen Plans … (Verlagsinfo)

Dieser vierte Band der elfbändigen Reihe wird vom Verlag ab zehn bis elf Jahren empfohlen. Die Protagonisten sind aber schon zwölf Jahre alt …
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Michelle Paver – Seelenwanderer (Chronik der dunklen Wälder 2)

Spannende Vorzeit-Fantasy für Jung und Alt

Die Wälder vor 6000 Jahren erstrecken sich von einem Ende der Welt zum anderen, voller lebendiger Seelen – außer einer … Der 12-jährige Torak, seine Freundin Renn und ein junger Wolf haben die Welt von einem gefährlichen Dämon befreit. Jetzt bedroht eine geheimnisvolle Krankheit die Bewohner des Weiten Waldes. Die Befallenen wirken wie besessen und bringen den Tod – nicht zuletzt auch sich selbst. Torak macht sich auf, um ein Heilmittel zu finden. Sein Weg führt ihn zum Robbenclan an der Westküste.

Die Autorin

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Keith Donohue – Das gestohlene Kind. Fantasy-Jugendroman

Gebt auf eure Kinder acht!

Der siebenjährige Henry Day haut von zu Hause ab, wird abends im Wald gefunden und wieder zurück zu seinen Eltern gebracht. Nur ahnt niemand, dass es sich bei dem kleinen Jungen nicht mehr um den echten Henry Day handelt. Dieser wurde nämlich von Kobolden entführt und gegen einen der Ihren, der Henrys Gestalt und Identität annahm, ausgetauscht. Fortan gehört Henry ebenfalls zu der Koboldbande, die im Wald lebt und alle paar Jahre das Leben mit einem Menschenkind tauscht.
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Mark Robson – Spionin, Die (Die Gilde von Shandar, Band 1)

Handlung

Gilden scheinen eine sichere Sache in der Fantasyliteratur zu sein. Immer mehr Trilogien oder Serien beschäftigen sich mit derartigen Zünften, wobei die Reichweite von legalen Zusammenschlüssen bis hin zu eher umtriebigen Vereinen wie zum Beispiel der Gilde von Shandar in dem Buch „Die Spionin“ von Mark Robson reicht. Selbige setzt sich aus Auftragsmördern zusammen, die das Töten gegen Geld zu ihrem Lebensinhalt gemacht haben und das Reich von Shandar damit in Angst und Schrecken versetzen.

Die Gilde hat es geschafft hat, den Kaiser von Shandar so zu beeinflussen, dass er nach ihrer Pfeife tanzt. Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen. Ein militärischer Putsch sorgt dafür, dass die Guten wieder an die Macht kommen, aber natürlich machen sich der Anführer Surabar, der daraufhin der neue Herrscher wird, und die Spionin Femke ein paar große Feinde. Besonders Femke ist Shalidar, dem gefährlichsten der Auftragsmörder, ein Dorn im Auge. Sie hat seinen Anschlag auf Surabar verhindert, was Shalidar natürlich nicht besonders gefällt.

Als Femke den Auftrag des Herrschers erhält, ins benachbarte Thrandor zu reisen, um dort Friedensverhandlungen zu führen, nützt Shalidar dies aus, um das Mädchen in die Tinte zu reiten. Er bringt den besten Freund von Malo, dem Kaisers von Thrandor, um und arrangiert die Beweise so, dass Femke als Täterin dasteht. Die Spionin muss flüchten, doch Shalidar bleibt ihr auf den Fersen und sorgt dafür, dass man ihr noch weitere Taten anhängt und ihr auf der Spur bleibt. Da naht ungeahnte Hilfe aus Shandar: Der junge Lord Danar, der in ein Alter Ego der Meisterspionin verliebt ist, will Femke helfen, doch das gestaltet sich schwierig. Zum einen ist Lord Danar nicht unbedingt der Erfahrenste im Spionagewesen, und zum anderen scheint Shalidar ihnen stets einen Schritt voraus zu sein …

Mein Eindruck

„Die Spionin“ hat mit anderen Fantasybüchern nicht nur das Auftreten einer Gilde gemein. Auch der Kosmos, den Robson aufbaut, ähnelt sehr stark dem in Werken von beispielsweise Tamora Pierce oder Trudi Canavan. Ein Hauch Mittelalter, eine Ahnung Magie und Ritter, Spione und Edelmänner – Robsons Rezeptur ist recht einfach, dabei aber nicht unbedingt ausgereift. Alles wirkt eindimensional, manchmal sogar unentschieden. Das zeigt sich vor allem bei der Frage nach Magie und bei der Gilde. Magie spielt in Shandar nur eine geringe Rolle, doch es scheint sie zu geben, sie wird jedenfalls am Rande gestreift – mehr aber auch nicht. Es wird so gut wie gar nichts dazu erklärt, woher der Hexenmeister Lord Vallaine kommt und was ihn und seine Magie ausmacht. Ähnliches gilt für die Gilde. Sie wird zwar genannt, bleibt aber im Hintergrund, da Femkes eigentlicher Gegenspieler Shalidar ist. Als Leser wundert man sich, wieso die Trilogie mit „Die Gilde von Shandar“ überschrieben ist, wenn es doch eigentlich eher um Femke geht und man über die Auftragsmörder selbst nicht viel erfährt. Es wird nicht klar, wer ihr alles angehört, was ihr Ziel ist und wieso sie so gefährlich ist.

Ähnlich verhält es sich mit den Figuren. Sie wirken ebenfalls eher schattenhaft und es fällt schwer, wirkliche Charakterzüge zu erkennen. Das merkt man besonders bei Femke, der besten Spionin des Reiches. Obwohl ein solcher Titel geradezu dazu einlädt, eine starke, vielleicht freche Frauenfigur zu zeichnen, wirkt Femke sonderbar brav und distanziert. Es fällt schwer, Zugang zu ihr zu finden, und das macht sie nicht unbedingt sympathisch und einzigartig erst recht nicht. Ähnlich ist es bei den Nebenfiguren, die häufig sehr stereotyp wirken: Lord Danar beispielsweise, ein Herzensbrecher vom Dienst, den plötzlich die großen Gefühle packen. Oder Shalidar, der durch und durch gewiefte Mörder, der keinerlei positive Eigenschaften zu haben scheint.

Robsons Schreibstil gelingt es, einige der Negativpunkte wieder wettzumachen. Die Handlung an und für sich ist recht simpel gestrickt, aber durchaus spannend. Hin und wieder scheint Femkes Situation ausweglos, aber ihr fallen stets Lösungen ein, die intelligent, aber nicht unglaubwürdig sind. Trotzdem rückt die Story recht stark in den Hintergrund, es sind die Beschreibungen, die glänzen. Robson beweist ein gutes Händchen für die Actionszenen, die er sehr detailliert schildert, wobei er sich aber nicht in unnötigen Sätzen verstrickt. Er benutzt dazu ein nüchternes, umfangreiches Vokabular, das er unauffällig, aber geschickt zu verbinden weiß. Es dauert zwar eine Weile, bis man merkt, wie gut das Buch geschrieben ist, doch dann lässt es einen nicht mehr so schnell los. Besonders brillant sind einige der Dialoge, in denen sich Femke einen Schlagabtausch mit Shalidar und Co liefert. Die wörtlichen Reden strotzen nur so vor Redegewandtheit und guten Wortspielen und bereiten dadurch eine Menge Spaß.

Letztendlich können ein paar gute Dialoge aber kein ganzes Buch retten. Die Welt, in der „Die Spionin“ spielt, und die Figuren sind und bleiben eine blasse Angelegenheit. Eventuell schafft Robson es, einige der Fehler im weiteren Verlauf der Reihe auszubügeln, aber der erste Band ist eher beim Durchschnitt anzusiedeln.

Taschenbuch: 382 Seiten
Originaltitel: Imperial Spy
Aus dem Englischen von Tanja Ohlsen
ISBN-13: 978-3-570-30533-1

http://www.cbt-jugendbuch.de

Philip Wilkinson – Titanic. Untergang eines Traums

Ideales Weihnachtsgeschenk: Informatives TITANIC-Bilderbuch

„Die TITANIC galt als das größte Schiff ihrer Zeit und galt als unsinkbar. Doch am 14. April 1912 kollidiert der Luxusliner mit einem Eisberg und versinkt in den eisigen Fluten des Nordatlantiks. Historische Dokumente, beeindruckende Bilder und viele neue Fakten erklären, wie es zu diesem Unglück kommen konnte.“ (Verlagsinfo)

Vom Hersteller empfohlenes Alter: 8 – 10 Jahre.
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Tony DiTerlizzi – Kenny und der Drache

Kleiner Hase – große Freundschaft

Kenny Kaninchen führt ein beschauliches Leben auf dem Lande – bis er eines Tages Freundschaft mit dem Drachen Grahame schließt. Der ist alles andere als ein feuerspeiendes Ungeheuer. Vielmehr liebt das schöngeistige Drachentier mit der Lesebrille auf der Schnauze gutes Essen, Schachspiel, Gedichte schreiben und – Bücher! Genau wie Kenny. Doch das wissen die anderen Dorfbewohner natürlich nicht, und deshalb wollen sie den Drachen beseitigen! Das soll ausgerechnet Kennys bester Freund übernehmen: Georg, der pensionierte Ritter und Drachentöter. Kenny muss die bevorstehende Katastrophe unbedingt verhindern – und greift zu einer List …

Moderner Klassiker nach einer Vorlage von Kenneth Grahame („Der Wind in den Weiden“). (Verlagsinfo)

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Susan Cooper – Die Mächte des Lichts (Wintersonnenwende #5)

Kristallschwert und Fischerkönig

Will, einer der Uralten, und Bran, der Junge aus Wales, reisen durch Raum und Zeit. Sie sind auf der Suche nach dem Kristallschwert des Lichts. Nur mit dieser mächtigsten Waffe des Guten kann Bran das Erbe seines Vaters Artus antreten. Am Baum der Sommersonnenwende treffen alle Gefährten des Lichts zusammen, denn das Böse rüstet zur endgültigen Schlacht … (Verlagsinfo)

In Cornwall, wo die Mythen um König Artus wurzeln, schrecken die Kräfte der Finsternis vor nichts zurück, um die Mächte des Lichts für immer zu besiegen. Gemeinsam mit den Mächten des Lichts und ihren Gefährten Will und Bran nehmen die Geschwister Jane, Barney und Simon den Kampf gegen das Böse auf.

Will und Bran reisen durch Raum und Zeit auf der Suche nach dem Kristallschwert des Lichts. Nur mit ihm, der mächtigsten Waffe der Guten, kann Bran das Erbe seines Vaters Artus antreten. Am Baum der Sommersonnenwende treffen alle Gefährten des Lichts zusammen, denn das Böse rüstet zur endgültigen Schlacht … (verlagsinfo)

Das Buch ist ab 12 Jahren zu empfehlen. Die Verfilmung von Band zwei soll am 11. Oktober 2007 unter dem Titel „Wintersonnenwende“ in unsere Kinos kommen.
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Justin Somper – Vampiraten 1: Der Fluch des Ozeans

Fastfood-Piraten

Ein heftiges Unwetter bringt das Segelboot der Zwillinge Grace und Connor Tempest zum Kentern. Während Connor von waschechten Piraten aufgefischt wird, landet Grace hingegen an Bord der berüchtigten Vampiraten. Connor glaubt nicht an den Tod seiner Schwester und unternimmt alles, um sie wiederzufinden. Auch Grace bangt um den verlorenen Bruder – und zunehmend um das eigene Leben. Zwar verbürgt sich ihr Retter Lorcan Furey für ihre Sicherheit, doch kann er sie vor den anderen Vampiren schützen – und vor allem: vor dem Kapitän dieses schaurigen Schiffes?

Der Autor

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Anstiftung zum Selberdenken. Interview mit Ralf Isau

Ralf Isau (c) Isabelle Grubert
Ralf Isau (c) Isabelle Grubert

Buchwurm.info: Lieber Ralf, wie geht es Dir? Wo bist Du?

Ralf Isau: Danke, mir geht es gut. Ich bin gerade überall und nirgendwo. Kürzlich hat mich das „Haus der Technik“ in Essen zum Botschafter für den Deutschen Weiterbildungspreis ernannt. Mitte März ging es zur Buchmesse nach Leipzig. Und im Mai fliege ich nach Südkorea. Ich darf am Changwon International Children’s Literature Festival 2013 teilnehmen. An der Uni von Changwong halte ich eine Vorlesung zur deutschen Kinder- und Jugendliteratur im Allgemeinen sowie der Phantastik von Michael Ende und Ralf Isau im Besonderen. Anschließend geht es zum Goethe-Institut nach Seoul. Du siehst, ich bin ein Globetrotter in Sachen Literatur.

Manche Leser kennen Dich und Deine zahlreichen Werke noch nicht. Stell Dich doch bitte ein wenig selbst vor.

Ich bin Baujahr 1956, in Berlin geboren. Seit 30 Jahren lebe ich mit meiner Frau Karin in der Nähe von Stuttgart. (Eine ausführliche, mit Fotos dokumentierte Biografie findet sich unter der URL http://www.isau.de/vita.html.) Bücher der Phantastischen Literatur veröffentliche ich seit 1994. Alles begann mit dem „Drachen Gertrud“, einem Kinderbuch, das ich Michael Ende schenkte. Es hat ihm gefallen und er empfahl mich seinem Verlag. Seitdem sind fast 40 Bücher entstanden, fast alle im Genre der Phantastik. Viele davon wurden ins Ausland verkauft, in 14 verschiedene Länder. Mein neuer All-age-Roman „Die Masken des Morpheus“ erscheint am 18. März beim Verlag CBJ. (Mehr zum Roman ist unter http://www.isau.de/werk/masken.html nachzulesen.)

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Hawking, Lucy & Stephen – Der geheime Schlüssel zum Universum. Große illustrierte Ausgabe

_Spannend und lehrreich: Wissenschaftskrimi und Entdeckungsreise_

Als der englische Junge George den Wissenschaftler Eric und dessen Tochter Annie im Nachbarhaus kennenlernt, nimmt sein Leben eine aufregende Wendung: Eric und Annie besitzen einen superintelligenten Computer namens Cosmos, mit dessen Hilfe die drei eine atemberaubende Reise durch Zeit und Raum unternehmen. Doch so faszinierend der Weltraum auch ist – dort lauern jede Menge Gefahren. Plötzlich verschwindet Eric in einem Schwarzen Loch. Und wer holt ihn wieder raus?

Der Verlag empfiehlt das Buch ab zehn Jahren.

_Die Autoren_

Stephen Hawking, geboren 1942 in Oxford, ist Astrophysiker und seit 1979 Inhaber des Lukasischen Lehrstuhls für Mathematik an der Uni Cambridge, den einst auch Isaac Newton innehatte. Er wird heute als größter lebender theoretischer Physiker seit Albert Einstein angesehen. Mit „Eine kurze Geschichte der Zeit“ (siehe auch [„Die kürzeste Geschichte der Zeit“) 3119 wurde er einem größeren Publikum bekannt. Hawking ist Mitglied auf Lebenszeit bei der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften und Fellow der Royal Society. Er ist Commander of the British Empire und Träger der Goldmedaille der Royal Astronomical Society, der Albert-Einstein-Medaille, der Eddington-Medaille, der Copley Medal der Royal Society sowie der Presidential Medal of Freedom.

„Die unglaubliche Reise ins Universum“ ist nach [„Der geheime Schlüssel zum Universum“ 4230 sein zweites Jugendbuch, das er mit seiner Tochter Lucy schrieb.

Lucy Hawking, geboren 1970, studierte französische und russische Literatur an der Uni Oxford und schrieb bald als Journalistin für zahlreichen britische Tageszeitungen. Nach der Veröffentlichung von zwei Romanen schrieb sie mit ihrem Vater über den Jungen George, seine Freunde und deren Abenteuer im Universum. Sie lebt heute mit ihrem Sohn in Cambridge.

_Der Grafiker_

Christophe Galfard, Stephen Hawkings ehemaliger Doktorand, arbeitete mit ihm zusammen an den wissenschaftlichen Details des Textes sowie an der Gestaltung des Buches mit Illustrationen und Fotos. Galfard lebt in Frankreich.

_Handlung_

Georges Eltern sind richtige Umweltschützer und Ökofreaks, die auf jede Art von technologie möglichst verzichten. Seine Mutter hütet ihren Garten wie ihren Augapfel. Deshalb grenzt es an eine mittlere Katastrophe, dass Georges Schwein Freddy, das zu beachtlicher Größe herangewachsen ist, mitten hindurch trampelt und sogar den Zaun zum Nachbargrundstück durchbricht. George, der es einzufangen versucht, muss ihm folgen – und erlebt eine Überraschung.

Das Haus, das monatelang leer gestanden hat, beherbergt nun wieder Bewohner. Der Astronom Eric, der George begrüßt, ist so ziemlich das genaue Gegenteil von Georges eigenem Vater. Und Annie, seine aufgeweckte Tochter, ist ebenfalls technikorientiert. Meine Güte, sie haben sogar einen Computer im Haus, doch den darf George erst beim zweiten Besuch sehen. Er muss erst Vertrauen aufbauen, bevor er die Geheimnisse der Familie Bellis kennenlernen darf.

Eric und Annie besitzen einen superintelligenten Computer namens COSMOS, der nicht nur über eine phantastische Fähigkeit verfügt: Er zeigt George zunächst eine harmlose Tour durchs Universum, bei der dem Jungen aber doch der Mund offensteht. Er schwört, dass er niemandem an seiner Schule etwas von diesem Wunderding, das sprechen kann, verraten wird. Aber weil ihm das Gesehene nicht mehr aus dem Sinn geht, malt er es im Unterricht nach. Das fällt seinem fiesen Lehrer G. Reeper sofort auf. Als Reeper ihn in die Mangel nimmt, verplappert sich George: Das Geheimnis flutscht ihm raus. Zunächst scheint nichts Schlimmes zu passieren, aber George weiß nicht, dass Reeper den Besitzer dieses Wunder-Computers kennt und aus tiefstem Herzen hasst. Er setzt sich auf Georges Spur …

Als sich der Raufbold der Schule wegen der von Reeper aufgebrummten Strafarbeiten an George rächen will, flüchtet der Junge wieder in das Bellis-Haus. Das fällt ihm umso leichter, als eine Figur, die in einem Raumanzug steckt, die Verfolger in ihre Schranken weist. (Und Mr. Reeper tut danach ein Übriges, aber das bekommt George nicht mit.) Annie, die in dem Astronautenanzug steckt, lacht über ihren Streich.

Als George sie fragt, warum sie sich so ein Ding bestellt hat – sie will ja nicht nach Schottland im Raumanzug watscheln, oder? -, antwortet sie, dass sie Ausflüge ins All unternehmen kann. Zunächst glaubt George, dass Annie ihn diesbezüglich anflunkert, um anzugeben – das macht sie nämlich gern, das Angeben. Was ihr leichtfällt, weil George ja von Wissenschaft und dem Universum absolut null Ahnung hat. Aber um zu beweisen, dass sie nicht lügt, lässt sie den sensiblen COSMOS zeigen, dass er ein Dimensionstor zu jedem beliebigen Ort im Universum öffnen kann. COSMOS soll den Weg zu dem interessantesten Ort öffnen, der George einfällt: zu einem Kometen.

Ein Lichtfinger, der aus dem Bildschirm des Laptops hervorschießt, zeichnet eine Tür. Dahinter ist tatsächlich die Schwärze des Weltalls zu sehen. Zum Glück ist George schon Annies Beispiel gefolgt und hat – mit etwas Mühe – den zweiten Raumanzug angezogen. Gegen die warnenden Protestrufe von COSMOS schreiten die zwei Kinder durch das Tor und landen auf der Oberfläche des Kometen. Nach einer Weile merken sie, dass COSMOS den Wunsch erfüllt hat, den Kometen von der Saturnbahn über Jupiter und Mars Richtung Erde zu schicken. Wow, welche Wunder es auf diesem Tripp zu sehen gibt!

Doch sie geraten in einen Asteroidenschwarm, der Annies Antenne beschädigt. Sie verlieren die Verbindung zu COSMOS und können nicht mehr zurück. Was jetzt? Zum Glück erscheint Annies Vater und wirft die beiden Ausreißer durch die Tür zurück in sein Haus. Na, die beiden Kinder können sich auf sein Donnerwetter gefasst machen!

Unterdessen setzt Mr. Reeper einen teuflischen Plan in die Tat um, um den kostbaren Computer in seinen Finger zu bekommen und seinen Widersacher Eric in eine tödliche Falle zu locken …

_Mein Eindruck_

Die Story des Buches versucht auf subtile Weise eine Versöhnung zwischen zwei scheinbar gegensätzlichen Geistes- und Lebenshaltungen herbeizuführen, nämlich der naturwissenschaftlich-technischen einerseits (zu der man wohl Hawking zählen darf) und der ökologisch-technikfeindlichen andererseits. Stellvertretend kämpfen die beiden Familien der Bellises und Geelys um die Werte, für die diese beiden Haltungen und Kulturen stehen.

|Zwei Kulturen|

George, die Hauptfigur, stammt aus der Ökofamilie und hat bislang praktisch gar keine Berührung mit Technik gehabt. Noch nicht mal eine Waschmaschine oder einen Fernseher gibt es in seinem Haus, und auf einen Computer muss er selbst jahrelang sparen – es sei denn, er gewinnt im Wissenschaftswettbewerb für seine Schule. Das ist ihm natürlich ein zusätzlicher Ansporn, sich mit dem naturwissenschaftlichen Thema der Astronomie und Kosmologie (Lehre von der Entstehung des Universums) zu beschäftigen.

Ganz anders hingegen Annie, die Tochter des Astronomen Eric Bellis: Sie kennt Technik aus dem Effeff, trägt Raumanzüge wie ein Cocktailkleid und benutzt den hypermodernsten Computer aller Zeiten, um durchs Sonnensystem zu surfen. Ausgerechnet mit George, dem Ahnungslosen. George spielt für sie den Stichwortgeber, wächst aber schon bald mit seinen Aufgaben, als Annie nicht da ist, weil sie sich um ihre Oma kümmert (die im Folgeband eine wichtige Rolle spielt).

|Die dunkle Seite der Macht|

Also ist George auf sich allein gestellt, als er gegen Mr. Reeper und um Erics Leben kämpfen muss. Mr. Reeper verkörpert sozusagen die „dunkle Seite der Macht“ in der Technik und Naturwissenschaft. Seine Nutzung des Computers COSMOS wäre, wenn sie zustandekäme (was ein Passwort verhindert), denkbar katastrophal für seine Umgebung (im weitesten Sinne). Dass auch Mr. Reeper ein Geschädigter ist, erfahren wir erst im nächsten Band, und davon zu erfahren, finde ich wichtig. Denn so wird Mr. Reeper, der Exkollege Erics, nicht zweidimensional wie eine Comicfigur dargestellt, sondern als Produkt bestimmter Vorgänge, die man nachvollziehen kann. Und diese Vorgänge hatten viel mit Eric zu tun.

|Die Unschuld|

Eric verkörpert die Unschuld der Wissenschaft. Es fällt ihm schwer, sich das Böse und seine Machenschaften überhaupt vorzustellen, weil er wie ein Kind vernarrt ist in seine Leidenschaft, welche da Astronomie heißt, und in seine Spielsachen, welche als Sterne etc. bekannt sind. Seine unreflektierte Begeisterung teilt er mit den Astronomen, die ihn aus aller Herren Länder besuchen kommen. Er weiß, dass Ökologie notwendig ist, gibt aber selbstverständlich seinem eigenen Gebiet den Vorzug, auch was das Budget angeht. George ist der Erste und Einzige, der die Astronomen bittet, beide Ziele vereint zu unterstützen: Ökologie und Naturwissenschaft. Aus diesem Gedanken entsteht im nächsten Band der Ehrenschwur der Astronomen, wie ihn Eric formuliert (siehe „Die unglaubliche Reise ins Universum“).

|Eine Falle für Eric|

So weit der „geistige Überbau“. Die Story selbst ist simpel genug und hat zwei Höhepunkte. Annie bietet dem verfolgten Underdog eine aufregende Fahrt durchs Sonnensystem, die George gerne annimmt. Doch die Verfolgung durch den Schulraufbold Ringo geht weiter. Das führt George auf die Spur von Mr. Reeper, der George ständig mit Fragen nach Eric löchert. Die Falle für Eric und das Kidnapping von COSMOS sind der Höhepunkt von Mr. Reepers Schandtaten.

Folglich steckt Eric jetzt in einem Schwarzen Loch. Hat schon mal irgendjemand gehört, dass ein Schwarzes Loch seine Beute wieder freigibt? Wahrscheinlich nicht, denn so lautet die jahrzehntealte Lehre: Jedes Objekt, das in eine solche Singularität gerät, wird durch die enorme Schwerkraft erst lang wie eine Spaghettinudel gezogen – bekannt als „Spaghettifikation“ – und dann in seine Einzelteile zerlegt.

|Wiederauferstehung|

Doch zu den enormen Leistungen Hawkings gehört die Entdeckung der nach ihm benannten Strahlung, die dazu führt, dass ein Schwarzes Loch verdampft und somit nicht für immer existieren kann. Es mag zwar eine Lebensdauer von Milliarden Jahren haben, aber im Universum gibt es ältere Objekte. Auf diese Weise gibt es eine Möglichkeit, Eric Bellis aus dem Schwarzen Loch zurückzuholen! Und weil Eric ein Buch darüber in einer Kinderversion geschrieben hat, fällt es sogar George leicht, alle Schritte zur Wiedererweckung Erics in die Wege zu leiten. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei der Wundercomputer COSMOS ein …

|BONUSMATERIAL|

In diesem ersten Buch der beiden Hawkings gibt es noch kein hilfreiches BENUTZERHANDBUCH FÜR DAS UNIVERSUM, das den jungen Lesern knifflige Fragen über Raumfahrt, Weltraum und Außerirdische beantwortet. Aber es gibt zumindest eine Vorstufe dazu, die genauso nützlich und umfassend ist. Das Handbuch liefert in mehr oder weniger langen, eingeschobenen Texten Antworten zu Kometen, zu Exoplaneten, Schwarzen Löchern und vielem mehr. Viele der Texte weisen kindgerechte, also einfache Illustrationen auf. Keine Angst: Hier gibt’s keine Trajektorien!

Ebenso wichtig sind die vielen Strecken mit Hochglanzfotos. Diese Bilder und Computergrafiken zeigen insbesondere außerirdische Himmelskörper, wie etwa Sterne, Nebel, Planeten und Monde wie Titan. Aber auch Weltraumfahrzeuge wie die Sonden Viking und Pioneer sind hier zu sehen. Geradezu umwerfend schön sind die authentischen Fotografien von den Planeten unseres Sonnensystems, insbesondere von Jupiter.

Hinzukommen topografische Grafiken von der Venus, die ich hier zum ersten Mal sehe (alldieweil diese Oberflächenmerkmale unter einer dichten Wolkendecke liegen und sich nicht fotografieren lassen). Eine ziemlich umwerfende Grafik zeigt sämtliche (!) Planeten des Sonnensystems inklusive der Zwergplaneten auf nur einer Doppelseite. Man kann sich das Gedränge vielleicht vorstellen. Aber diese Grafik macht die sehr unterschiedlichen Größenverhältnisse drastisch deutlich.

Manche dieser tollen Grafiken und Fotos würde man sogar in einem Sachbuch für Jugendliche vergeblich suchen.

|BONUSMATERIAL DELUXE|

Da es sich hier um die „große illustrierte Ausgabe“ handelt, die immerhin zwei Euro teurer ist als die Standardausgabe, muss sie diesen höheren Preis und den Titel auch entsprechend rechtfertigen. Obwohl dieser Deluxe-Bonus nicht extra gekennzeichnet ist, scheint es sich um jene Fotos vom Hubble- und anderen Teleskopen zu handeln, die interstellare Objekte der fernsten Regionen des Weltalls zeigen. Dazu gehören farbige Objekte wie der Krebsnebel und andere Überreste von Supernovae. Aber auch ganze Haufen von Galaxien sind auf Doppelseiten zu sehen, dass einem Astronomiefan schier die Augen übergehen. Solche Fotos findet man sonst nur in superteuren Fachbüchern.

Auf einer oder zwei Seiten ist auch ein Schwarzes Loch abgebildet. Nun könnte sich der Laie fragen, wie man ein Objekt fotografiert, das schwarz ist, weil es kein Licht hinauslässt, sondern im Gegenteil ansaugt. Natürlich lässt sich ein solches Objekt nur durch seine Auswirkung auf die nächste Umgebung darstellen. Und diese Auswirkungen sind gewaltig, wenn es ständig Materie von umgebenden Sternen abzapft. Das Foto liefert einen schlagenden Beweis und zeigt sogar einen Strahlungsschweif, der typisch für eine solche Singularität ist. Da Eric in einem solchen Objekt verschwindet, spielt es für die Handlung eine entscheidende Rolle und muss entsprechend gezeigt werden.

|Die Übersetzung|

Irene Rumler hat den jugendliche Jargon ausgezeichnet in das umgangssprachliche Deutsch der heutige Jugend übertragen. Ja, sie hat sogar den Szenejargon der Neunzigerjahre aufgegriffen, mit Ausdrücken wie „krass“, „cool“ und „fett“. Ich konnte keinen einzigen Druckfehler entdecken.

_Unterm Strich_

Auch wenn sich der deutsche Titel etwas simpel anhört, so ist es die Geschichte doch beileibe nicht. Hier verfahren die Autoren nicht nach dem sattsam bekannten Feuerzangenbowlen-Schema: „Wat is en Dampfmaschin? Da stelle mer uns mal janz dumm …“ Am Anfang ist George zwar ahnungslos, aber keineswegs dumm, auch wenn Annie das Gegenteil behauptet. Er lernt rasend schnell, und am Schluss ist er es und nicht Annie, der dem Vertreter der anderen Kultur, nämlich ihrem Daddy, das Leben rettet. Und dreimal darf man raten, wer den Wissenschaftswettbewerb seiner Schule und den Computer gewinnen wird …

Der junge Leser bekommt praktisch zwei Bücher in einem. Das erste ist die spannende, lehrreiche und humorvolle Geschichte um die Abenteuer von George, Eric und Annie. Das zweite Buch besteht in allen Extras, die ich unter der Rubrik „Bonusmaterial“ aufgeführt habe, also die Artikel im (hier noch inoffiziellen) „Benutzerhandbuch für das Universum“, die Zeichnungen, Listen – und natürlich die wunderbaren, hochwertigen Fotos von den Himmelskörpern und Raumfahrzeugen, die im Buch erwähnt werden. Die Übersetzung ist überaus gelungen, wie ich finde.

Angesichts der Tatsache, dass dieses hochwertige Buch für Jungs und Mädchen nur knapp 20 Euronen kostet, ist es recht preiswert und von hohem Sammlerwert, der sich durch die Ergänzung mit dem Folgeband noch erhöhen lässt.

|Originaltitel: George’s Secret Key to the Universe
Originalverlag: Random House UK
Aus dem Englischen von Irene Rumler
Empfohlen ab 10 Jahren
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 288 Seiten
19,5 cm x 25,0 cm
Mit farbigen Illustrationen und Fotos
ISBN: 978-3-570-13836-6|
http://www.cbj-verlag.de
http://www.hawking.org.uk
http://www.georgessecretkey.com

Hoeye, Michael – Hermux Tantamoq: Das Geheimnis der verbotenen Zeit

In einer Welt voller Mäuse verursacht die Kunde von einer untergegangenen Kultur der Katzen erheblichen Aufruhr. Mehrere Gruppen machen sich auf die Socken, das Geheimnis der im Sandmeer versunkenen Katzenstadt zu ergründen. Der Held Hermux Tantamoq muss mit seinen Gefährten etliche Abenteuer bestehen, die durchaus spannend zu lesen sind. Für Kinder ab 10 Jahren.

_Der Autor_

Michael Hoeye wohnt mit seiner Frau Martha in einem Cottage in Oregon im Nordwesten der USA. „Umgeben von hohen Bäumen und freundlichen Eichhörnchen arbeitet er dort als freier Schriftsteller“, säuselt der Klappentext. Da juchzt das Mutterherz, das dieses Buch kaufen soll.

Hoeyes erstes Buch „Hermux Tantamoq – Im Wettlauf mit der Zeit“ wurde in über 20 Sprachen übersetzt und ist 2002 bei |OMNIBUS| – jetzt |cbj| bei |Random House/Bertelsmann| – erschienen. „Hermux Tantamoq – Das Geheimnis der verbotenen Zeit“ ist der zweite Band einer Trilogie, deren letzter Band „Vorhang auf – die Zeit läuft“ noch in diesem Jahr (2004) erscheinen wird.

Band 1: Im Wettlauf mit der Zeit
Band 2: Das Geheimnis der verbotenen Zeit
Band 3: Vorhang auf – die Zeit läuft (Oktober 2004)

Wie die Lektüre von Band 2 zeigte, ist es nicht erforderlich, auch schon Band 1 zu kennen, um das Buch zu verstehen. Aber der Autor verweist am Anfang einige Male auf das, was in Band 1 an Aufregendem passierte. Es ist also vielleicht befriedigender, die Bände in ihrer Reihenfolge zu lesen.

_Handlung_

In der sonst so ruhigen und gesitteten Mäusestadt Pinchester sind die Gemüter der maßgeblichen Bürger in Wallung geraten. Die Bilder, die die Malerin Mirrin Stentrill im Museum ausstellt, sind einfach, nunja, schockierend! Auf dem schrecklichsten davon ist ein riesiges haariges Monster mit spitzen Zähnen und riesigen Augen zu sehen, das den Betrachter geradezu anspringt, meine Güte! Kein Wunder, dass nationalistisch gesinnte Mäusepatrioten, sozusagen „Herrenmäuse“, solche Bilder verunstalten und die Schließung der Ausstellung verlangen.

All der Aufruhr ficht unseren Helden nicht an. Hermux Tantamoq ist ein friedliebender Uhrmacher, der wie schon sein Vater am liebsten mechanische Wunderwerke herstellt und repariert. Nachdem er seinem Marienkäfer Terfle sein Abendessen gegeben hat, geht Hermux allein zu Bett. Die Damen seines Herzens haben ihm noch nicht ihre Gunst gewährt oder sich anderweitig entschieden.

Da taucht Birch Tentintrotter in Hermux‘ Werkstatt auf. Der alte Professor für Alt-Mäusisch war einst Studienkollege von Hermux‘ Eltern. Man hielt ihn für tot, denn nach einem Skandal an der Pinchester Uni von Hinkum Stepfitchler wanderte Birch aus. Seine Freundin ließ er mit gebrochenem Herzen zurück. Man kann sich Mirrin Stentrills Wiedersehensfreude vorstellen, als Birch wieder auftaucht, heissa!

Und in seinem Gepäck hat Birch ein Zahnrad, eine Karte, einen entschlüsselten uralten Brief – und einen Plan: Er will die sagenumwobene Hauptstadt des versunkenen Katzenreiches suchen, um die Katzenbibliothek zu durchsuchen: Kann es jemals Katzen gegeben haben? Mirrins Gemälde waren doch bloß Phantasien! Oder?

Des Rätsels Lösung liegt sicher nicht bei Hinkum Stepfitchler III, denn der würde Birch, Karte und Plan am liebsten in den Keller seiner Villa verbannen, um ihnen nicht den Ruhm gönnen zu müssen. Also machen sich Hermux und Birch selbst auf die Socken. Sie werden geflogen – von Linka Perflinger, einer couragierten „Abenteurerin, Draufgängerin und Fliegerin“, so steht’s auf ihrer Visitenkarte. Und, wie Hermux findet, hat sie wunderschöne Augen.

Doch dieses Trio ist nicht das einzige Team, das sich auf den Weg zur versunkenen Katzenbibliothek macht. Tucka Mertslin, die unumschränkte (und raffgierige) Herrscherin eines Kosmetikimperiums, will die Riesenstatue des Katzenkönigs haben. Sie hat einen Dampfer gechartert, um über die Flüsse zur Wüste zu gelangen. Ihre Fahrt tarnt sie als Werbetour inklusive Kaberett-Show. Dabei hat auch Linka während eines Zwischenhaltes zwecks Spionage Gelegenheit, das Tanzbein zu schwingen und depperte Werbesprüche von sich zu geben. Tucka plant, demnächst den Heiratsantrag von Hinkum Stepfitchler III anzunehmen.

Kurz vor der Konkurrenz treffen Hermux, Birch und Linka an den Canyons ein, in denen laut Katzenbrief die versunkene Hauptstadt liegen soll. Als sie den Eingang entdeckt haben, erleben sie in der Bibliothek ihr blaues Wunder.

Erst recht dann, als die ruchlose Konkurrenz sie elend darin umkommen lassen will, meine Güte!

_Mein Eindruck_

Der Originaltitel „The sands of time“ ist ganz wörtlich zu nehmen. Schließlich gibt es ja auch Sanduhren. Und genau das findet der Uhrmacher Hermux Tantamoq unglaublich faszinierend. Insbesondere dann, als er herausfindet, dass die gesamte Bibliothek eine riesige Sanduhr darstellt, in der die Mäuse von vor 3000 Jahren eine ganz spezielle Rolle spielten. Geradezu rasend spannend findet er die Entdeckung eines mechanischen Wesens, das vor der Statue des Katzenkönigs einen anmutigen Tanz aufführt.

|Fürs Auge: Bilder und Karten|

Kleine Kinder dürften also ebenso wie große nicht mehr aus dem Staunen herauskommen, wenn sie von den Wundern der Katzenbibliothek erfahren. Und sie können sehr schnell lesen, denn die Kapitel sind wirklich kurz, maximal sieben Seiten. Am Anfang jedes Kapitels lädt ein kleines Piktogramm dazu ein, das Geheimnis zu lüften. Eine Landkarte am Schluss des Buches lädt zum Erkunden ein und gewährt einen groben Überblick über die Geografie der Mäuselande. Ganz besonders gefielen mir die Ratzfatz-Fälle und die Schlappohr-Berge. Ein Personenverzeichnis liefert der deutsche Klappentext im Schutzumschlag (also nicht verlieren!).

|Keine Disney-World|

So mancher erwachsene Leser ist vielleicht an gewisse Mickey-Mouse-Abenteuer in Entenhausen erinnert, die ja oft auch mit Expeditionen zu tun hatten. Doch Hermux Tantamoq in Pinchester hat sehr wenig mit dem Mäuse-Imperium aus Kalifornien zu tun. Vielmehr scheinen er und seine mal mehr, mal weniger braven Mitbürgermäuse direkt einem viktorianischen Nimmerland entstiegen zu sein, das dem von Harry Potter in mancher Hinsicht ähnelt. Allerdings gibt es hier weit und breit keine Magie. (Außer der der Liebe.)

Viktorianisch ist das beschauliche, noch nicht von Autos und Telefonen beschleunigte Leben in Pinchester, wo selbst die Postbotin noch eine strategisch wichtige Rolle in der Gesellschaft zu spielen vermag. Viktorianisch sind die gediegenen Einladungen, die Hermux erhält, und die uralten Uhren in seinem Laden – allesamt mechanisch, versteht sich. (Der Soundtrack dazu wird vom Anfang von Pink Floyds Stück „Time“ geliefert.) Viktorianisch sind die Gelehrsamkeit der Professoren und die soziale Dynamik der Bürgergruppierungen. Die Entrüstung über die Katzen-Bilder Mirrin Stentrills kann man sich heute kaum mehr vorstellen.

|Es gibt keine Evolution, oder?|

Doch das Katzenproblem, das Mirrin anschneidet und dem Birch & Hermux auf den Grund gehen, weist auf das ernste Thema des Buches hin: Es hat nicht immer Mäuse gegeben, und schon gar nicht so freie wie die in Pinchester. Davor gab es eine Katzenhochkultur, während der die grauen Nager keineswegs die „Kröne der Schöpfung“ darstellten. Und was ist in den 3000 Jahren seit dem Untergang der Katzen geschehen? Wohl doch so etwas wie eine Evolution der Mäuse und anderer Nager. Und das widerspricht dem Glauben der Kreationisten (besonders in den USA), die, an das Bibelwort geklammert, die Vorstellung einer Evolution weit von sich weisen.

Daher verwundert es auch nicht, wenn Hermux & Co. in der Katzenbibliothek den Status ihrer Vorväter keineswegs als einer „Krone der Schöpfung“ angemessen empfinden. Es stellt ihr bisheriges Weltbild auf den Kopf und verunsichert sie dementsprechend. Leider kneift der Autor an diesem Punkt. Er verlässt sich lieber (erfolgreich) auf die Wirkung von Spannung, Abenteuer, Action, statt sich der Vertiefung der Folgen dieser Entdeckung zu widmen. Vielleicht kommt das ja im dritten Band.

_Unterm Strich_

Ich habe dieses „Hermux Tantamoq“-Abenteuer mit großem Spaß gelesen. Die Lektüre ist völlig entspannt zu bewältigen, wartet stets mit netten Überraschungen auf und wird zum Finale hin zunehmend spannender. Etliche Seitenhiebe auf menschlich-allzumenschliche Phänomene gibt es zu belächeln, vielleicht sogar zu bedenken: Emporkömmlinge, Nationalisten, Kosmetikimperialistinnen, romantische Liebespaare – und ein Geheimnis in der Wüste, das das Herz jedes Ägyptologen höher schlagen lässt.

Daher habe ich das Buch in wenigen Tagen ausgelesen. Ich kann es Freunden von Tierabenteuern nur wärmstens ans Herz legen. Kleine und große Kinder ab 10 oder 12 Jahren dürften damit keinerlei Schwierigkeiten haben – Mütter seien gewarnt, dass ihre Schützlinge die komplette Trilogie werden haben wollen. Jetzt werd‘ ich noch Band 1 und 3 lesen und euch bald davon berichten.

Stroud, Jonathan – Bartimäus – Das Amulett von Samarkand

Ist dieser Jugendroman ein weiterer „Harry Schotter“-Klon? Zum Glück nicht, denn „Bartimäus“ ist weitaus respektloser, tiefgründiger und einfallsreicher als die Rowling-Blockbuster. Dennoch – oder gerade deswegen – wird die anstehende Verfilmung wohl nicht zu umgehen sein.

_Der Autor_

Jonathan Stroud wurde im englischen Bedford geboren. Laut Verlag schreibt er bereits seit seinem siebenten Lebensjahr Geschichten. Während er als Lektor für Kindersachbücher arbeitete, verfasste er seine ersten eigenen Kinderbücher. Nach der Publikation seiner ersten beiden Jugendbücher widmete er sich ganz dem Schreiben. Er wohnt mit seiner Frau Gina, einer Grafikerin und Kinderbuchillustratorin, und der gemeinsamen Tochter Isabelle in St. Albans nördlich von London.

„Das Amulett von Samarkand “ ist der erste Band in der „Bartimäus“-Trilogie.

_Handlung_

Zauberlehrling Nathanael macht das, was alle übermütigen Zauberlehrlinge tun und unter allen Umständen unterlassen sollten: Er hext einen Dämon herbei. Dies ist der 5000 Jahre Bartimäus, der schon bei Ägyptern und Assyrern Unruhe stiftete und in der glorreichen Schlacht von El Arisch das Dämonenheer Pharao Thutmosis III. verstärkte. Doch Bartimäus, so viel muss man über die Hierarchie der Dämonen wissen, ist nur ein Dschinn der 14. Ebene, also nur von mittlerer Stärke. Er kann es keineswegs mit den mächtigen Afrits und Mariden aufnehmen, die mächtigeren Magiern zu Gebote stehen.

Es ist ein Wunder, dass der zwölfjährige Nathanael die Beschwörung überlebt, doch er hat sich gut geschützt. Das Pentagramm, in dem er steht, gehört zum Standard, er ist ja nicht blöd. Für sein Alter ist er schon ganz schön weit in seinen Fähigkeiten. Sein Meister, der Minister Arthur Underwood – alle 300 Minister der Regierung in London sind Magier – unterschätzt ihn jedenfalls beträchtlich. Nathanael hat nicht mal einen offiziellen Magiernamen und muss sich gegenüber Bartimäus hüten, ihm nicht seinen wahren Namen, Nathanael, zu verraten, denn dieses Wissen verliehe dem Dämon Macht über ihn. Merke: In der Magie dreht sich alles um Macht.

Der Dschinn Bartimäus, der uns seine Sicht der Dinge erzählt, erhält einen schwierigen Auftrag: dem Magier-Minister Simon Lovelace das Amulett von Samarkand stehlen und herbringen. Leichter gesagt als getan, seufzt Bartimäus, der uns nun von seinem Versuch erzählt, das Amulett wohlbehalten und lebendig bei seinem Herrn abzuliefern. Schließlich gebietet Lovelace über zwei große Dämonen, ein mächtiges Schutzfeld und Dutzende von Suchkugeln, die nach dem Dieb Ausschau halten. Zu guter Letzt wollen Barti sogar gewöhnliche Menschen das Amulett entreißen, aber er belehrt sie eines Besseren. Nachdem der große Diebstahl gelungen ist, fängt jedoch der Ärger für Nathanael und Bartimäus erst richtig an.

Denn Simon Lovelace will nicht mehr nur stellvertretender Handelsminister sein. Sein Ehrgeiz gilt Höherem: dem Posten des Premierministers. Er lässt diverse magische Objekte von seinen Schergen stehlen, darunter das Amulett, über dessen Eigenschaften Nathanael noch nicht Bescheid weiß. Die ihres magischen Schutzes beraubten Ministerkollegen fallen unerklärlichen Anschlägen zum Opfer. Der schlimmste davon findet allerdings direkt unter Nathanaels Augen statt: Im Londoner Parlament von Westminster lässt der Premierminister gerade eine Regierungserklärung zum Krieg vom Stapel, als ein junger Mann von der Terrasse hereinstürmt und eine Elementenkugel auf den Regierungschef schleudert. Während sich der Obermagier schützen kann, sind viele seiner Begleiter und Gäste nicht so glücklich dran.

Worauf hat sich Nathanael da nur eingelassen? Er wollte eigentlich nur seinem allzu gestrengen Meister Underwood und dem fiesen Lovelace eins auswischen. Nun wächst ihm die Sache allmählich über den Kopf. Schon bald gerät Bartimäus, der sich nach den Eigenschaften des Amuletts erkundigen soll, in Gefangenschaft der Polizei – diese verflixten Afriten!

Nach seiner unverhofften Befreiung lässt sich seine Spur, die direkt zu Nathanaels Heim führt, leicht verfolgen. Simon Lovelace taucht daher schließlich bei Arthur Underwood auf, der aus allen Wolken fällt. Dreimal darf man raten, was Lovelace zurückhaben will. Und was er mit dem Dieb machen wird…

Doch dann ist natürlich noch lange nicht aller Tage Feierabend. Nach einer längeren Durststrecke, auf der Nathanael gar nicht gut aussieht, schlägt das dynamische Duo zurück – und versucht, die Herrschaft von Simon Lovelace, dem Unbarmherzigen, zu verhindern…

_Mein Eindruck_

Mit „Bartimäus 1“ etabliert Jonathan Stroud eine ausgetüftelte Alternativwelt, in der es zwar keine Hogwarts-Zauberschule gibt, aber viel fehlt nicht. Doch diese Welt ist grimmiger, weniger verspielt. Zauberer haben ständig mit Macht und Herrschaft zu tun. Dämonen und sämtliche sonstigen dienstbaren Geister, so glaubt Nathanael zunächst, sind alle hinter ihm her. Kein Wunder, dass er sich verfolgt glaubt, sich übernimmt und nur bei Mrs. Underwood Trost und Verständnis findet.

Dennoch bietet diese Welt jungen Lesern ab 12 Jahren mit Nathanael eine ideale Identifikationsfigur, denn sicherlich wollen auch sie die Welt zu einem besseren Ort machen, als sie selbst vorfinden. Dass das nicht so einfach ist, wie ihre wilden Träume ihnen vorgaukeln, demonstriert ihnen Nathanael anschaulich. Dieser Held muss einiges durchmachen, um schließlich Erfolg haben zu können.

Wofür er am längsten braucht und was am wichtigsten ist: Er kann einen Dämon zum Freund haben. Das stellt alles, was er aus Underwoods Büchern gelernt hat – und von der Welt hat er praktisch nichts gesehen – komplett auf den Kopf. Es widerspricht allen Lehrsätzen und natürlich auch Underwoods Lehren. Die anderen Instruktoren sind relativ unwichtig, lediglich eine Lehrerin, eine „Gewöhnliche“ zumal, vermag ihm etwas über die Welt der normalen Menschen beizubringen. Leider verschwindet sie sofort, sobald Underwood Nathanaels „Verrat“ aufgedeckt hat.

Es geht also um die Paranoia der Macht. Und ihr steht der Triumph gegenüber, den das Vertrauen bringt, das aus der Zusammenarbeit mit Bartimäus erwächst. Quod erat demonstrandum: Die Zaubererkaste und ihre Herrschaft sind menschenfeindlich und dem Untergang geweiht. Doch welche Alternative bieten der Gesellschaft dann individuelle Bündnisse wie zwischen Nathanael und Bartimäus? Wir wissen es noch nicht, werden es aber hoffentlich bald erfahren.

Neben jener der Zauberer gibt es in „Bartimäus“ noch eine zweite Gegenwelt, und das ist natürlich die der Geister. Die Zauberer betrachten sie sozusagen als herrenlose Sklaven, die es sich gefügig zu machen gilt. Ihre Bücher und Hilfsmittel liefern ihnen das Wissen über die Geisterwelt, aber ist das etwa schon alles, was es über Geister zu wissen gibt? Die Befehle, die ihnen ihr Wissen verleiht, vermögen alle möglichen Geister zu bannen und herbeizurufen, aber die resultierende Machtbeziehung ist von Angst geprägt – siehe oben.

Bartimäus ist der erste Geist, der uns demonstrieren kann, wie es ist, ein Dämon aus der Anderswelt zu sein. Wenn ihn beispielsweise ein magischer Ruf erreicht, dann fühlt es sich an, als würden ihm die Eingeweide rückwärts herausgezogen. Sicher nicht angenehm. Und der Aufenthalt in einer körperlichen Hülle scheint ebenfalls sehr unbequem zu sein. Schließlich sind Geister aus anderem Stoff gemacht. Geister wollen bekanntlich frei sein.

Dieser Dämon ist eine famose Erfindung des Autors. Damit ist er in der Lage, Zauberer und ihr Verhalten ebenso süffisant zu kommentieren wie andere Geister, und mit denen kennt sich ein so alter Dämon wie Barti hervorragend aus. Seine Fußnoten sind oftmals eine Freude, triefen sie doch vor Ironie. Und dass er dabei immer gut wegkommt, erklärt sich von selbst.

Was werden wohl die nächsten Bände bringen? Eine recht interessante Perspektive bietet der „Widerstand“ der Gewöhnlichen. Die Untergrundkämpfer haben sich ja schon als schlagkräftig erwiesen. Und sie erkennen etwas Magisches, wenn sie es sehen, beispielsweise Bartimäus in harmloserer Verkörperung. Außerdem wird es höchste Zeit, dass sich Nathanael verliebt.

_Unterm Strich_

„Das Amulett von Samarkand“ etabliert als Startband einer Zauberer-Trilogie mehrere Gegenwelten, die sich von Universen wie dem eines gewissen Harry Schotter deutlich unterscheiden. Während Schotters Magiewelt von Angst dominiert ist, entwickelt der Zauberlehrling Nathanael bei Stroud etwas Revolutionäres: Freundschaft zu einem Dämon. Das kann ja heiter werden!

Bis es soweit ist, vergehen aber etliche Seiten spanennder und vergnüglicher Lektüre. Nathanael und Bartimäus stehen abwechselnd im Blickpunkt des Geschehens, so dass für Variation gesorgt ist. Das Treiben dieses dynamischen Duos betrifft nicht nur ihren Privatbereich, sondern hat, wie sich allmählich zeigt, direkten Einfluss auf das Schicksal des Reiches und der Regierung. Na, wenn das keine hilfreiche Nutzanwendung von Magie ist!

Meine Leseerlebnis war zunächst von leichter Skepsis geprägt: Schon wieder ein Roman über einen Zauberlehrling? Doch wenn der Auftaktband der Trilogie schon so unterhaltsam mit einem grandiosen Finale endet, was mögen dann erst die Folgebände bieten? Doch wem all dies noch zu ernst ist, der greife einfach zu Terry Pratchetts Zauberer-Parodien, insbesondere zu dem wundervollen „Eric“.

Black, Holly / DiTerlizzi, Tony – eiserne Baum, Der (Die Spiderwick-Geheimnisse 4)

In diesem Buch werden die spannenden und kuriosen Abenteuer dreier Geschwister fortgesetzt. Sie kommen aus der Stadt, müssen sich aber mit den Wundern und Gefahren des Landlebens herumschlagen. Und natürlich mit Elfen und Kobolden, nicht zu vergessen!

Diesmal verschlägt es das Trio in die Höhlen der Zwerge, gar nicht weit von ihrer Schule.

_Die Autoren_

Tony DiTerlizzi ist ein mehrfach ausgezeichneter amerikanischer Illustrator von Kinder- und Jugendbüchern sowie Rollenspielbänden. Zu seinen Werken gehören Arbeiten für Bücher von Tolkien, Anne McCaffrey, Peter S. Beagle sowie für das Kartenspiel „Magic the Gathering“ und „Dungeons & Dragons“. Er lebt mit seiner Frau Angela und seinem Mops Goblin (= Kobold!) in Amherst, Massachusetts, einem recht malerischen Städtchen in Neuengland. Lebte nicht auch die Dichterin Emily Dickinson dort? Mehr Infos: http://www.diterlizzi.com.

Holly Black wuchs laut Verlag in einem „alten viktorianischen Haus auf, wo ihre Mutter dafür sorgte, dass ihr die Geister- und Elfengeschichten nie ausgingen“. Ihr erster Jugendroman „Die Zehnte“ (2002) entwirft ein „schauriges Porträt der Elfenwelt“. Es wird von der American Library Association als „Best Book for Young Adults“ bezeichnet, eine gute Empfehlung für politisch korrekte Fantasy.

Holly lebt mit ihrem Mann Theo und einem „beeindruckenden Zoo“ in New Jersey. Mehr Infos: http://www.blackholly.com.

Die bisherigen Bände heißen:

1) Eine unglaubliche Entdeckung
2) Gefährliche Suche
3) Im Bann der Elfen
4) Der eiserne Baum

_Die Vorgeschichte_

Die Zwillinge Simon und Jared ziehen mit ihrer älteren Schwester Mallory von New York City aufs Land, nachdem sich ihre Eltern haben scheiden lassen. Sie leben jetzt bei ihrer Mutter, die sich nun keine New Yorker Wohnung mehr leisten kann, aber zum Glück noch ein Domizil von ihrer Großtante Lucinda überlassen bekommt: Haus Spiderwick. Es sieht wie eine Ansammlung übereinander gestapelter Hütten aus, findet Jared. Und ist mindestens hundert Jahre alt.

Als Jared erkundet, wohin der Speisenaufzug führt, landet er in einem geheimnisvollen Zimmer, aus dem keine Tür hinausführt. An der Wand hängt ein Porträt seines ehrwürdigen Ahnen Arthur Spiderwick, und auf dem Sekretär liegt ein altes, vergilbtes Blatt Papier. Darauf steht ein Rätsel, und obwohl Jared eigentlich nicht der Bücherwurm der Familie ist, muss er sofort das Rätsel lösen.

Hoch oben im obersten Kämmerchen des Hauses landet er endlich vor einer großen Truhe. Er strengt seinen Grips an und findet darin ein Buch. Es ist das allerseltsamste Buch, das er jemals gesehen hat. Es handelt von Elfen: „Arthur Spiderwicks Handbuch für die fantastische Welt um dich herum“. Das Wichtelmännchen Thimbletack, quasi der Hausgeist von Spiderwick, hat Jared ermahnt, das Buch schnellstens loszuwerden, doch der wollte nicht hören. Nun müssen alle die Folgen tragen.

_Handlung_

Mallory, die 13-jährige Tochter der Rumpffamilie Grace, hat einen großen Tag: Sie feiert beim Schulturnier im Florettfechten einen Sieg und erringt eine Medaille. Ihre Brüder Jared und Simon beobachten das Geschehen und bemerken erstaunt, wie sich ein anderes Mädchen an Mallorys Sporttasche zu schaffen macht. Und gleich darauf auch noch ein Junge.

Jared war noch nie ein Grübler und ergreift die Initiative. Er will die beiden zur Rede stellen, doch das gelingt ihm nur mit dem Jungen. Draußen auf dem Gang scheint sich dieser zu verwandeln und Jared zückt vorsichtshalber sein Messer. Da ergreift sein Gegner die Flucht, und es klingt, als lache er. Leider sind die Zeugen, darunter Jareds betrübte Mutter, keineswegs erbaut von Jareds geschickter Handhabung einer illegalen Stichwaffe auf dem Schulgelände und erteilen ihm einen zehntägigen Verweis. Das Messer kann er natürlich vergessen.

Vergeblich suchen Jared und Simon nach ihrer Schwester auf dem Schulgelände. Mallory erscheint wie vom Erdboden verschluckt. Nur ihre Medaille finden sie, in einem Kreis von Steinen. Auf einem der Steine steht „HANDEL“.

Hm, in der Nähe befindet sich ein Steinbruch, fällt ihnen ein. Mit einer Taschenlampe ausgerüstet, explorieren sie das Gelände und landen vor einem Steintor mit der rätselhaften Inschrift: „RÜDE ALM TOPF NUR ELF KAI“. Die Inschrift besteht aus selbst leuchtenden Pilzen. Ulkig, und was bedeutet das?

Nachdem es Simon, dem Schlaukopf, gelungen ist, das Rätsel zu lösen, werden sie am Tor von drei Zwergen mit langen Bärten begrüßt – und sogleich gefangen genommen! Eingesperrt in einen Käfig auf Rädern, stehen sie bald dem Zwergenkönig, dem Korting, gegenüber. Es geht – wie könnte es anders sein – um einen HANDEL: Mallory gegen das „Handbuch für die fantastische Welt um dich herum“.

Damit hat Jared gerechnet und ein Buch mitgebracht, natürlich nicht das „Handbuch“. Womit er hingegen ganz und gar nicht gerechnet hat, ist, seine Schwester in einem gläsernen Sarg wiederzufinden. Sie ist gekleidet in ein weißes Gewand, hält ein Schwert und ist scheinbar – kann es sein? – tot! Schneewittchen lässt grüßen.

_Mein Eindruck_

Anders als der Vorgängerband ist „Der eiserne Baum“ geradezu prallvoll mit Action und unerwarteten Wendungen. Schon im ersten Drittel der Geschichte kommt es zu einer ersten Auseinandersetzung, doch der Gegner verhält sich anders als erwartet, und Jared hat keine Chance herauszufinden, um wen es sich handelt. Es würde ihm sowieso keiner glauben, was er gesehen hat.

Im zweiten Drittel stehen die Zwerge im Vordergrund. Es ist eine recht interessante Kultur, auf die Jared und Simon treffen. Da Zwerge bekanntlich Meister im Verarbeiten von Metallen und Edelsteinen sind, glänzen und funkeln ihre unterirdischen Hallen nur so davon. Aber sie können noch mehr: Sie sind auch unübertroffen im Herstellen von künstlichen Organismen. Ihre Wachhunde bestehen komplett aus Metall und erscheinen beinahe lebendig. (Wie lebendig sie sind, erfahren die Geschwister auf ihrer Flucht.)

Höchst interessant ist die Überzeugung der Zwerge, den Tod durch ihren Erfindungsreichtum besiegt zu haben. Von Blumen über Vögeln bis hin zu einem ganzen (titelgebenden) Baum besteht alles aus Metall. In merkwürdigem Gegensatz zu dieser Überzeugung steht hingegen, dass die Gesichter aller Zwerge runzlig vor Alter sind. Nichtsdestotrotz glauben sie, dass sie Mallory, ihrem Schneewittchen, einen Gefallen getan haben: Sie sei nun nicht mehr sterblich wie ihre beiden bedauernswerten Brüder.

Allerdings sehen diese die Angelegenheit ganz anders und denken fortan nur noch an Flucht – mit ihrer Schwester, versteht sich …

Mulgarath – ein Name, den man sich merken sollte. Der Name fiel bereits am Rande der Handlung in Band 3, doch hier hat das Wesen mit dem düsteren Namen einen eindrucksvollen und – besonders für die Zwerge – verhängnisvollen Auftritt. Ich fürchte, die Geschwister werden noch enge Bekanntschaft mit ihm schließen müssen.

|Illustrationen und Übersetzung|

Diese Abenteuer erstrecken sich über mindestens sechs Bände, alle davon sehr schön illustriert und buchbinderisch wertvoll gestaltet (Fadenbindung – wo gibt’s das heute noch?). Der Illustrator Tony DiTerlizzi bedankt sich für die Inspiration dazu bei Arthur Rackham, einem der berühmtesten Zeichner für Kinderbücher aus der viktorianischen Ära. Rackham illustrierte beide Bücher über „Alice im Wunderland“ und natürlich auch „Grimms Märchen“ (sehr schön in der |Heyne|-Ausgabe).

Das klingt nach einem netten Bilderbuch, und das ist es auch. Es eignet sich wohl ab acht bis zehn Jahren – leider fehlt hier ein Hinweis vom Verlag. Mallory ist jedenfalls schon 13 und kann immer noch etwas mit dem Elfenbuch anfangen. Ältere Leser finden die Bilder vielleicht hübsch, aber die Handlung ist für sie wohl nicht so der Hit. Kinderkram, oder?

Schade nur, dass die Abenteuer jeweils nur 128 Seiten lang sind. Davon entfallen rund 20 Seiten auf Vor- und Abspann, und vom Rest wiederum etwa die Hälfte auf Illustrationen. Kein Wunder also, dass ein Erwachsener solch ein Buch binnen einer Stunde gelesen hat. Die Sprache ist relativ einfach gehalten (aber nicht mehr so einfach wie am Anfang), und die Übersetzerin Anne Brauner hat das Original angemessen übertragen.

_Unterm Strich_

Der vierte Band der „Spiderwick-Geheimnisse“ führt zu einem dramatischen Höhepunkt im Leben der Geschwister. Nicht nur, dass ihre Mutter Jared nun zu seinem Vater Richard weggeben will, nein, da wird auch noch Mallory entführt und muss unter Lebensgefahr befreit (wiederbelebt?) werden. Am Schluss stehen sie ihrem größten Widersacher gegenüber. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht.

Ich fand Band 4 daher zufrieden stellender als das etwas handlungsarme „Im Bann der Elfen“. Wieder einmal gilt es, die solide und schöne Gestaltung des Buches hervorzuheben. Erstaunlich ist die detailgetreue Wiedergabe des Dokumentes, auf dem die Schulrektorin Jared der Schule verweist. Diese Wiedergabe erfolgt nicht auf dem normalen Buchpapier, sondern auf Hochglanzpapier, so dass man bestmögliche Qualität genießen kann. Gut fürs Kleingedruckte.

Der nächste Band trägt den nicht ganz unerwarteten Titel „Der Zorn des Mulgarath“.

|Originaltitel: The Spiderwick Chronicles 4: The Ironwood Tree, 2003
Aus dem US-Englischen übersetzt von Anne Brauner|
Englische Webseite der Serie: http://www.spiderwick.com

http://www.spiderwick.de