Meteorologen beobachten besorgt die Giftwolken, die auf die amerikanische Pazifikküste zutreiben. Treffen sie auf Ballungszentren, bedeutet dies immer wieder den Tod von Tausenden von Einwohnern. Während die Wissenschaftler versuchen, die Menschen genetisch ihrer vergifteten Umwelt anzupassen, läuft in Japan ein Geheimprojekt die Erde zu evakuieren. (Verlagsinfo)
Der Autor
Robert Silverberg, geboren 1936 in New York City, ist einer der Großmeister unter den SF-Autoren, eine lebende Legende. Er ist seit 50 Jahren als Schriftsteller und Anthologist tätig. Seine erste Erfolgsphase hatte er in den 1950er Jahren, als er 1956 und 1957 nicht weniger als 78 Magazinveröffentlichungen verbuchen konnte. Bis 1988 brachte er es auf mindestens 200 Kurzgeschichten und Novellen, die auch unter den Pseudonymen Calvin M. Knox und Ivar Jorgenson erschienen.
An Romanen konnte er zunächst nur anspruchslose Themen verkaufen, und Silverberg zog sich Anfang der 60er Jahre von der SF zurück, um populärwissenschaftliche Sachbücher zu schreiben: über 63 Titel. Wie ein Blick auf seine „Quasi-offizielle Webseite“ www.majipoor.com enthüllt, schrieb Silverberg in dieser Zeit jede Menge erotische Schundromane.
1967 kehrte er mit eigenen Ideen zur SF zurück. „Thorns“, „Hawksbill Station“, „The Masks of Time“ und „The Man in the Maze“ sowie „Tower of Glass“ zeichnen sich durch psychologisch glaubwürdige Figuren und einen aktuellen Plot aus, der oftmals Symbolcharakter hat. „Zeit der Wandlungen“ (1971) und „Es stirbt in mir“ (1972) sind sehr ambitionierte Romane, die engagierte Kritik üben.
1980 wandte sich Silverberg in seiner dritten Schaffensphase dem planetaren Abenteuer zu: „Lord Valentine’s Castle“ (Krieg der Träume) war der Auftakt zu einer weitgespannten Saga, in der der Autor noch Anfang des 21. Jahrhunderts Romane schrieb, z.B. „Lord Prestimion“.
Am liebsten sind mir jedoch seine epischen Romane, die er über Gilgamesch (Gilgamesh the King & Gilgamesh in the Outback) und die Zigeuner („Star of Gypsies“) schrieb, auch „Tom O’Bedlam“ war witzig. „Über den Wassern“ war nicht ganz der Hit. „Die Jahre der Aliens“ wird von Silverbergs Kollegen als einer seiner besten SF-Romane angesehen. Manche seiner Romane wie etwa „Kingdoms of the Wall“ sind noch gar nicht auf Deutsch erschienen.
Als Anthologist hat sich Silverberg mit „Legends“ (1998) und „Legends 2“ einen Namen gemacht, der in der Fantasy einen guten Klang hat. Hochkarätige Fantasyautoren und –autorinnen schrieben exklusiv für ihn eine Story oder Novelle, und das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Der deutsche Titel von „Legends“ lautet „Der 7. Schrein“ bzw. „Legenden“.
Handlung
Anfang des 21. Jahrhunderts hat sich die Qualität der Luft dramatisch verschlechtert. Meteorologen wie der Protagonist Carpenter beobachten im Nordwesten der USA besorgt die Giftwolken, die auf die amerikanische Pazifikküste zutreiben. Treffen sie auf Ballungszentren wie Los Angeles, bedeutet dies immer wieder den Tod von Tausenden von Einwohnern.
Carpenter ist mit seinem Job unzufrieden, und über eine alte Flamme schafft er es, eine Stelle bei einem japanischen Konzern zu bekommen, in der Hoffnung, in dessen Hierarchie aufsteigen zu können. Leider wird er mit einem Schlepper in die Antarktis geschickt, um dort einen Eisberg nach San Francisco zu schleppen: das einzige saubere Trinkwasser für die dürstende Region. Auf hoher See verhält er sich nicht sonderlich diplomatisch gegenüber in Seenot geratenen Seeleuten eines anderen Schleppers.
Sein Aufstieg ist zu Ende. Doch er kommt einem japanischen Projekt auf die Spur, die Menschen in die Orbitalstationen zu evakuieren, wohingegen die Amerikaner die Menschen genetisch ihrer vergifteten Umgebung anpassen wollen.
Er schlittert in eine Terroristengruppe hinein, die mit der Vernichtung einer der Raumstationen ein Zeichen setzen will, dass sich der Mensch seiner Verantwortung nicht entziehen darf. Die Terroristenabwehr ist auch schon da, und Carpenter schwebt in tödlicher Gefahr. Jede Sekunde kann die Station explodieren…
Mein Eindruck
Der Autor vermischt die Themen Ökoterrorismus, Gentechnik und Umweltzerstörung zu einer beängstigenden Vision einer möglichen Zukunft. Er spielt mehrere Szenarien durch, eines so deprimierend wie das andere. Dennoch bleibt Hoffnung und der Glaube an den Menschen, trotz
allem.
Silverberg hat bessere und härtere Bücher geschrieben – ich denke da an „Thorns“ (dt. als „Gesang der Neuronen“) und „Dying Inside“ („Es stirbt in mir“). Doch von seinen letzten dicken Romanen wie „König Gilgamesch“ oder „Tom O’Bedlam“ ist dieses Buch bestimmt das der unmittelbaren Zukunft am meisten zugewandte. Die Zeit der (lukrativen) Beschäftigung mit mythologischen Stoffen ist offenbar vorbei.
Unterm Strich
„Der heiße Himmel um Mitternacht“ ist ein durchaus spannender Ökothriller, der erst ganz langsam anfängt, um den Leser mit der fiktionalen Welt vertraut zu machen, dann aber im letzten Drittel heftig an Fahrt und Action gewinnt: quasi ein Agentenroman mit einem „feurigen“ Finale.
Taschenbuch: 476 Seiten
Originaltitel: Hot sky at midnight, 1994
Aus dem Englischen von Roland Fleissner
ISBN-13: 9783453126350
www.heyne.de
Der Autor vergibt: