Der damalige Präsident Lincoln soll Harriet Beecher-Stowe mit den Worten empfangen haben: „Sie sind also die kleine Frau, die diesen großen Krieg hervorgerufen hat.“ Gemeint war der amerikanische Bürgerkrieg 1861-65, bei dem die Sklavenfrage eine entscheidende Rolle spielte. Auf Krieg war die aus einem Pfarrerhaushalt stammende Autorin sicher nicht aus, hatte doch auch mit ihren zahlreichen Kindern und an der Seite eines lehrenden Theologen genug zu tun, aber es ist nicht ganz unzutreffend, dass ein Gutteil des moralischen Kapitals in diesem Kriege aus diesem Roman stammte.
Der Verlag bringt nun eine Version von Onkel Toms Hütte heraus, die aus dessen Verkommensein zum „trivialen Kinderbuchklassiker“ herausführen soll. Wenn ihn doch die Kinder nur läsen, zum Beispiel vom Verlag Neues Leben, wohl auf der gleichen Übersetzung basierend, von keinem geringeren als Wieland Herzfelde herausgegeben und von Werner Klemke illustriert. Die anonyme Übersetzung ist also nicht so neu, aber man baut vielleicht ein bisschen auf den Fallada-Effekt, der gerade aktuell ist.
_Handlung mit versiegenden Strängen_
Die Anlage scheint zunächst grandios. Wir erleben Onkel Tom in seiner Hütte in Kentucky, einem Sklavenstaat, aber er befindet sich unter einer gutmütigen Herrschaft, die nur gerade mal bankrott ist. Schweren Herzens müssen Tom, einer der wertvollsten Sklaven, und dazu ein kleiner Junge verkauft werden. Letzterer hat natürlich eine Mutter, die mit dem Jungen in letzter Minute nach Norden flieht, während Tom, sich in sein Schicksal ergebend, den Transport nach Süden antritt. Beinahe scheint es, als würde uns der Roman nun nach Süden und Norden entführen, aber der nördliche Strang wird bald verlassen und wir folgen nur dem Schicksal Toms.
Von der titelgebenden Hütte ist nun fast gar nicht mehr die Rede und Onkel Tom gibt uns nur die Orte an, wo die Erlebnisse angesiedelt werden. Zunächst bleibt die bedrohliche Perspektive, auf einer Pflanzung sich zu Tode schuften zu müssen, für Tom aus, weil er an eine großzügige und wohlbestallte Herrschaft gerät und fast gar nichts tun muss, also reichlich Zeit hat, für seine Bibelstudien.
Nun bringt aber die Autorin den wohlmeinenden Teil der Herrschaft zu Tode. Tom, dem schon die Freiheit versprochen war, wird wieder verkauft und erfährt nun doch die ganze Grausamkeit des Sklavenhaltersystems auf einer Plantage, stirbt in einem Nebensatz, aber klar ist, dass dies nicht an Überarbeitung geschah, sondern, weil man ihn moralisch brechen wollte.
_Neuentdeckungen_
Es ist sicher nicht die sprachliche Brillanz, mit der diese Ausgabe gegenüber dem Kinderbuch absticht. Da waren bei Letzterem kaum Abstriche zu verzeichnen. Die Lösung sah die Autorin sicher nicht in der Zuspitzung von Interessenkonflikten bis hin zu einem Krieg. Naturgemäß liegt ihr das Religiöse sehr am Herzen, dessen Lebenshilfekraft man sicher nicht hoch genug anschlagen kann und das in der DDR-Ausgabe ein wenig begrenzt wurde. Man bescheinigte ihr das Abgleiten ins Predigen, was den damaligen Papst allerdings nicht hinderte, das Buch zu verbieten.
Wenn ein Leser aber beschreibt, dass er im Zug mit der Lektüre begann, weinte, aussteigen musste, sich ein Hotelzimmer nehmen und weiterlesen, dann ist das eine Wirkung, wie man sie sich nur von Literatur wünschen kann. Die Stärke ist eben nicht eine konsequente Handlungsführung oder gar das erhellende Aufzeigen von Auswegen, sondern die Erschaffung einer Identifikationsmöglichkeit, selbst für einen Südstaatler. Das ist ein eindeutig christlicher Grundgedanke, und man kann einerseits lernen, wie man wider Erwarten Publizität gewinnt, und andererseits, wie viele Anknüpfungspunkte an das Gefühlsleben der Menschen vor 150 Jahren bereits verloren sind. Das gilt wieder für beide Seiten, für die Rechtlosen, die sich in den Fluss stürzten, wenn ihnen das geliebte Kind genommen wird, wie für die heute kleinere Brötchen backenden Reichen. Das gilt auch für Schriftsteller und Leser, und wegen dieses Buches habe auch ich kein Hotelzimmer gebucht, aber die Sehnsucht danach ist präsent.
Zum Inhalt des Buches ist besser nicht zu viel zu verraten. Jacob ein 18-Jähriger, der am Asperger Syndrom leidet, liebevoll und doch auch nervig von seiner Mutter Emma umsorgt, gerät unter Verdacht, eine junge Frau ermordet zu haben, die zuvor von Emma verpflichtet worden war, sich wöchentlich einmal mit ihm zu befassen, und da diese Studentin gerade eine Masterarbeit über besagtes Syndrom schrieb, kam ihr das sehr zu pass.
Ein Kennzeichen dieser vor noch nicht allzu langer Zeit entdeckten Krankheit ist aber, dass man sich selbst zwar nicht sonderlich vertrauenswürdig verhält, wenn man auch stets bei der Wahrheit bleibt, aber diese und unbedingtes Vertrauen einfordert. Überhaupt sind viele Dinge im Umgang mit Asperger Leidenden zu beachten, die einem als Marotte erscheinen können, aber krankhaft sind.
Theo sein jüngerer Bruder, der durch die Krankheit Jacobs doch als der Ältere fungiert, liebt und hasst seinen Bruder von ganzem Herzen. So hat Jacob noch nie einem Menschen je ein Geschenk gemacht. Selbst das muss Theo für seinen Bruder übernehmen. Auch Theo hat eine Marotte entwickelt und logiert in fremden Häusern, die zeitweilig leerstehen und abzuschließen scheint dort keiner.
Die Familie wurde vom Vater verlassen, der es nicht ertragen konnte, dass sein Sohn anders ist. Die Mutter, nun ganz allein auf sich gestellt, gestresst und finanziell am Limit angelangt, versucht beiden Söhnen gerecht zu werden. Als Jacob dann unter Mordverdacht steht, verliert sie den Blick auf ihren jüngeren Sohn und tut alles, um die Unschuld Jacobs zu beweisen. Jedoch regen sich selbst bei ihr immer wieder Zweifel, ob er wirklich unschuldig ist.
Zu den Passionen des Asperger Geplagten gehört auch eine detektivische Tätigkeit. Er hatte sich schon einmal in die Ermittlungen der Polizei eingeschaltet und die Sachlage genial interpretiert, so dass sich seine Version des Falles als zutreffend herausstellte. Das ist natürlich ideales Material für so etwas wie einen Kriminalroman.
Doch jetzt steht Jacob selbst unter Mordverdacht und vom scheinbar hilfsbereiten Inspektor umgarnt, geht die Mutter auf dessen Bitte ein, Jacob ins Polizeipräsidium zu bringen, was sich schnell als Fehlentscheidung herausstellt, denn die Methoden der Rechtsfindung nehmen wenig Rücksichten auf Jacobs Leiden. Derart hintergangen vom Gesetz, sucht die Mutter Hilfe bei einem jungen Anwalt, der sich jedoch im Strafrecht noch gar nicht so auskennt, sich aber stark engagiert. Mit viel Mühe und Aufopferung vertritt er den Angeklagten und findet nebenbei auch noch den Schlüssel zu Emmas Herzen.
_Erzählperspektiven satt_
Man kann nicht ein Buch nach dem anderen lesen, es braucht bei manchen Zeit, das Gelesene zu verarbeiten. Mit diesem Buch und überhaupt mit der Droge „Jodi Picoult“ ist es so.
Befremdend erscheint, sofern man dieses Buch von ihr als Erstes liest, dass man die Handlung aus der Sicht von sechs Personen erzählt bekommt. Jeder für sich bringt dem Leser seine Perspektive dessen nahe, was er erlebt. Sei es die von Jacob selber in der Hauptrolle oder seiner Mutter oder die seines Bruders. Noch weitere Personen tragen zum Inhalt dieses fesselnden Romans bei.
Dabei gebricht es keinem der Erzähler an Selbstbewusstsein, die Mutter vielleicht ausgenommen, die als Identifikationsfigur für die Leserinnen gedacht ist, die trotz quälender Zweifel wie eine Löwin um ihre beiden Söhne kämpft, je näher denen die Gefahr, desto größer ihre Energie. Am wenigsten Zweifel hat der Asperger Patient, der es für völlig selbstverständlich hält, dass sich die Welt und insbesondere seine Mutter völlig um ihn dreht.
Es scheint etwas durch von der Überlegenheit der Gehandicapten, die für jeden, der so etwas noch nicht erlebt hat, immer wieder eine Überraschung darstellt. Jacob kennt seinen IQ genau und weiß, dass dieser weit über dem Durchschnitt liegt. Die zu solchem Umgang notwendigen Nerven lässt man lieber bei der Lektüre, als das hautnah zu erleben.
_Fazit_
Wie immer, exzellent recherchiert, bringt uns die Autorin hier ein Syndrom nahe, das heute nicht mehr so selten ist, auch wenn noch nicht so lange als Krankheit eingestuft. Teilweise bringt es bei den Betroffenen Fähigkeiten mit sich, die erstaunen, aber die Anforderungen an die Umwelt sind immens. Das darin liegende Potenzial für eine Story und die Identifikationsmöglichkeiten mit den Angehörigen werden meisterhaft ausgeschöpft.
_Jodi Picoult bei |Buchwurm.info|:_
[„Beim Leben meiner Schwester“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1736
[„Bis ans Ende aller Tage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3210
Menschen und Menschenaffen sind sich nicht nur vom Verhalten (manchmal) ähnlich, sondern auch von den Genen her. Die DNA der Bonobos, einer Schimpansenart, soll der DNA des Menschen am ähnlichsten sein. Dies nimmt der Schriftsteller Laurence Gonzales in seinem Roman „Lucy“ als Ausgangspunkt für eine erstaunliche Geschichte.
Bei einem Angriff von Rebellen kommt der Primatenforscher Donald Stones im Kongo ums Leben. Jenny Lowe, ebenfalls Primatenforscherin, kommt auf ihrer Flucht an dem Camp vorbei, in dem der Mann abgeschottet von anderen gelebt hat. Dabei macht sie eine überraschende Entdeckung: Donald Stone hatte eine Tochter, die sechzehnjährige Lucy. Jenny nimmt das Mädchen mit auf ihre Flucht vor den Rebellen und schließt sie dabei so sehr ins Herz, dass sie beschließt, sie zu adoptieren.
Zurück in Chicago ist es zuerst nicht einfach, Lucy an das Großstadtleben zu gewöhnen, ist sie doch in ihrem ganzen Leben noch nie aus dem Dschungel herausgekommen. Sie bellt Rolltreppen an und isst Bananen ohne sie zu schälen. Als Jenny die alten Notizbücher von Donald Stone durchgeht, entdeckt sie den Grund für Lucys merkwürdiges Verhalten. Lucy ist kein richtiger Mensch, ihre Mutter war ein Bonobo-Affe. Jenny ist bestürzt, gewöhnt sich aber schnell an den Gedanken und auch Lucy scheint überhaupt kein Problem damit zu haben, Ergebnis eines genetischen Experiments zu sein. Jenny ist klar, dass sie auf der Hut sein müssen, aber als Lucy an einer Krankheit erkrankt, die keine Menschen, sondern nur Tiere befällt, ist es unmöglich, ihre Tarnung weiterhin aufrechtzuerhalten …
_Laurence Gonzales erzählt_ in „Lucy“ eine ungewöhnliche Geschichte, auf die man erstmal kommen muss. Sie beginnt im afrikanischen Dschungel und begleitet Lucy bei ihrer Reise in die Zivilisation. Gonzales erzählt schnell und kompakt von Lucys Problemen mit der Eingewöhnung und wie sie sich letztendlich zu einem beinahe normalen Teenager wandelt. Das komödiantische Potenzial, das andere Autoren vielleicht ausgeschlachtet hätten, lässt der Autor unberührt. Er bleibt angenehm ernst. Was man ihm aber vorwerfen kann, ist die Menge an Stoff, die er in seinem Buch verarbeitet. Dadurch reißt er manche Dinge nur sehr kurz an, die aber durchaus mehr Raum verdient hätten, beispielsweise die Reaktionen aus der Gesellschaft auf Lucy. Auch anderen Stellen wirkt die Geschichte gehetzt. Ein größerer Umfang des Buches oder eine stärkere Eingrenzung des Stoffes hätten „Lucy“ gut getan.
Ansonsten gibt es nichts zu bemängeln. Die Figuren in der Geschichte sind facettenreich und tiefgründig. Sowohl Haupt- als auch Nebencharaktere haben interessante Biografien und Persönlichkeit. Gonzales schafft es außerdem, Lucys besonderes Wesen gut zu erfassen. Auf der einen Seite passt sie sich schnell den Gegebenheiten ihres neuen Umfelds an, auf der anderen sind auch ihre tierischen Instinkte noch vorhanden. So betrachtet sie Szenen im Sozialleben der Menschen gerne im Vergleich zu Szenen aus dem Leben einer Bonobogruppe. Diese Beobachtungen sind sehr aufschlussreich, offenbaren sie dem Leser doch, wie ähnlich wir den Tieren sind.
Der Schreibstil von Gonzales ist von hoher Qualität. Sowohl die Alltagsszenen als auch die wissenschaftlichen Fakten zu Lucys Herkunft beschreibt er in einer sehenswerten Sprache und gleichzeitig gut verständlich. Genau wie sein Erzähltempo hält er sich auch beim Beschreiben nicht lange auf. Zügig, aber mit eindrucksvoller und passender Wortwahl hakt der Autor die Situationen ab, ohne zu Unwichtigem abzuschweifen.
_Letztendlich hält „Lucy“_ nicht ganz, was es verspricht. Die originelle Grundidee wird gut umgesetzt, aber nicht überragend. Das hängt vor allem mit den Schwächen in der Handlung zusammen. An und für sich ist das Buch aber lesenswert, vor allem wegen der guten Charaktere.
Der 1959 geborene Denis Thériault lebt in Montreal. Eigentlich ist er Conférencier und Schauspieler und ist erst seit relativ kurzer Zeit literarisch tätig. Für das besprochene Buch erhielt er einen kanadisch-japanischen Literaturpreis. Eine eigenständige Leistung stellt die Übertragung ins Deutsche dar, die Saskia Bontjes van Beek besorgte.
_Bildungslücke_
So einfach die japanische Gedichtform, die sich Haiku nennt, auch ist, so stark ist auch deren Beschränkung auf siebzehn Silben in drei Zeilen, die sich per se nicht reimen dürfen und meistens der Naturbetrachtung gewidmet sind und zudem |fueki| – Ewiges und |ryoko| – flüchtig Veränderliches enthalten sollen. Auch ein kompletter Briefwechsel, der nichts weiter enthalten darf als diese Dreizeiler, hat einen Namen und heißt |Renku|.
_Der Plot_
Ein Briefbote in französisch Kanada hat den Hang, fremde Briefe vor der Zustellung zu lesen und zu kopieren. Besonders hat es ihm der Renku, ganz wie Matsuo Bashô (1644-1694), zwischen einem benachbarten Literaturprofessor und einer französisch-karibischen Schönheit angetan. Als der Professor vor den Augen des Postboten tragisch ums Leben kommt, sind seine letzten Worte etwas wie „im Schuh“. Natürlich kann keiner ahnen, dass es sich dabei um die Verballhornung von |Enso| handelt, einem weiteren japanischen Geheimnis. Die folgende Handlung gibt sich etwas vorhersehbar, als nämlich der Postbote in die Identität des Professors schlüpft, sich selbst im Renku übt und es ihm gelingt, die ohnehin entflammte Schönheit dazu zu bewegen, dass sie sogar auf Besuch kommen möchte. Der Auslöser davon war ein kleines Meisterwerk des frischgebackenen Haikuschmieds, der sich dann sogar in der Urform der |Tankas| versucht hatte:
Bisweilen brauchen Blumen
Sieben Jahre bis sie blüh’n
Schon seit langer Zeit
Will ich Ihnen gesteh’n
Wie innig ich Sie liebe
Die erotisierte Antwort lässt nicht lange auf sich warten und lautet:
Stickig heiße Nacht
Feuchte Laken, die
auf Schenkeln, Lippen glühn
Ich suche Sie, verlier mich
Bin die erblühte Blume
Was folgt, ist ein Rausch von Kurzgedichten, die in ihrer Direktheit vielleicht nicht ganz zur asiatischen Zurückhaltung passen. Die Briefträgerei wird für geraume Zeit an den Nagel gehängt, bis dann das Rendezvous naht, worauf etwas Unvorhergesehenes passiert …
_Fazit_
Es ist nicht ganz neu, dass französischsprachige Autoren große Themen nonchalant angreifen und sie einem bestsellergewohnten Publikum nahebringen. Vom geistigen Gehalt darf man auf diesem Wege nicht allzu viel als Ballast mitnehmen, aber unterhalten ist man allemal gut damit. Wer noch nichts von siebzehn Silben Knappheit wusste, hat jetzt einen persönlichen Eindruck.
Die junge Morosina, der buchstäbliche Engel an Güte, fiebert im Jahr 1749 ihrer Entlassung aus dem venezianischen Kloster der Seraphinerinnen entgegen, in dem sie, finanziert vom Gönner ihrer Familie Inquisitor Formiani, „einem Mann, der ausnahmslos alle Gaben des großen Staatsmannes und ausnahmslos alle Laster des venezianischen Edelmanns in sich vereinte“, sechs Jahre erzogen wurde. Nun hofft sie, endlich zu ihren Eltern auf das heimatliche Landgut zurückkehren zu können. Doch was der italienische Autor Ippolito Nievo (1831-1861) zu Anfang des Romans in einer Klosterszene als gängiges Laissez-faire, das zu dieser Zeit in allen Bereichen der Republik Venedig herrscht, beschreibt, gleicht mehr einem herrschaftlichen Salon zur Karnevalszeit. Ströme von jungen Herren und Familienmitgliedern drängen unablässig in die ohnehin überfüllten Klosterräume. Aufgeputzte Menschen, deren Kleidungsstil so detailliert beschrieben wird, dass man sie förmlich vor Augen hat, vergnügen sich bei Smalltalk und Musik. Es wird geflirtet, was das Zeug hält, und natürlich gelästert.
Schnell lernt der Leser Morosinas Vater kennen, der in Aufmachung und Verhalten sofort deplatziert aus der Masse heraussticht, von ihr jedoch trotz seiner Erscheinung als „ausgefallenes Exemplar“ bedingungslos geliebt wird. Allerdings ist er nicht gekommen, um sein Kind nach Hause zu holen und ihr unter anderem endlich, wie lange von ihr gewünscht, ihre Stiefmutter vorzustellen. Sie erfährt, dass sie zunächst beim greisen Formiani leben soll, der sie kurz darauf zu seiner Frau erwählt. Aus Dankbarkeit für die Unterstützung ihrer Familie und aus Gehorsam ihrem Vater gegenüber kommt es ihr gar nicht in den Sinn, sich gegen diese Heirat zu stellen, obwohl sie seit ihren frühen Kindertagen den Cavaliere Celio liebt.
Im Kloster von Ränken und Sittenlosigkeit umgeben, hat sie sich dennoch ihr reines Wesen erhalten, welches sich in ihren Kindertagen unter den wachsamen Augen des Gerichtsschreibers Chirichillo herausgebildet hat. Dieser hatte die Vaterrolle an ihr übernommen und „für ihn war Herzensgüte der Dreh- und Angelpunkt jeder moralischen Vollkommenheit. Daher waren Lieben, Trösten, Glauben, Verzeihen, Gehorchen seine Lieblingsverben, und alles, was er sagte, war dazu angetan, Morosina deren praktische Anwendung einzuprägen. Sodann folgte in seinem Wertesystem die Seelenstärke. … und auf diesem Weg gelangte er zur Notwendigkeit der Sittlichkeit.“ Sowohl der Vater als auch Chirichillo erscheinen als einfach gestrickte komische Charaktere vom Land in der Tradition der Comedia del’Arte. Sie kontrastieren stark mit den berechnenden Stadtmenschen, und auch Morosina, die im Kloster zahlreiche gegenteilige Erfahrungen gemacht hat, besticht mit ihrer Herzensgüte, die teilweise an Einfalt grenzt, dadurch, dass sie das Spiel, in welchem sie Formiani zur Weiterführung seines Stammbaumes auserkoren hat, nicht als solches durchschaut. Statt mit Celio, der nicht ganz so reinen Herzens wie Morosina ist, ihrem Gatten untreu zu werden und die Kinder zu zeugen, die Formianis Neffen um den Zugriff auf dessen Erbe bringen sollen, ist sie fest entschlossen, Formiani eine treue Ehefrau zu sein und auf ein späteres Glück mit Celio zu hoffen. So viel Lauterkeit wirkt schließlich ansteckend und zwing die Männer, ihren Plan aufzugeben. Der 74-jährige Inquisitor stirbt glücklicherweise nach nur vier Monaten, und so steht dem märchenhaften Ende mit der Hochzeit der Liebenden und einer großen Kinderschar nichts mehr im Wege.
Ippolito Nievo ist neben Alessandro Manzoni der bedeutendste italienische Romancier des 19. Jahrhunderts und wird vor allem wegen seiner zahlreichen Gedichte und des Romans „Bekenntnisse eines Italieners“ geschätzt. Der |Manesse|-Verlag hat 2010 den Roman „Ein Engel an Güte“ in der Reihe „Bibliothek der Weltliteratur“ in einer vielbeachteten Neuübersetzung herausgebracht, die 2011 den Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis gewann. Die Geschichte um Morosina und Celio dient dem Autor dabei als Leitfaden, an dem er auf unterhaltsame Weise die politischen und gesellschaftlichen Zustände der bei der Entstehung des Romans längst untergegangenen venezianischen Republik des 18. Jahrhunderts beschreibt und mit der Hoffnung der Entwicklung eines vereinten italienischen Staates spielt. Der Bildungsaspekt des Romans in Form von abschweifenden Beschreibungen der Kultur, der Lebensart, der politischen Intrigen und der Querelen zwischen Lagunenstadt und Festland verlangen dem Leser ein wenig Geduld ab, aber das pralle Sittengemälde und die komischen Szenen machen alles wieder wett. Ippolito Nievo selbst war es leider nicht vergönnt, das unabhängige und vereinte Italien zu erleben, das er erhofft hatte. Er kämpfte zwar an der Seite des italienischen Nationalhelden Garibaldi im zweiten italienischen Unabhängigkeitskrieg, starb jedoch einen Monat nach der Vereinigung Italiens unter der Herrschaft des Hauses der Savoyen mit nur 29 Jahren bei einem Schiffsunglück.
Dass der |Manesse|-Verlag den Roman „Ein Engel an Güte“ in sein sorgfältig aufgemachtes Weltliteraturprogramm aufgenommen hat, gilt als Zeichen, dass man ihn gelesen haben sollte. Wer Literatur mag, die mehr als nur unterhalten will, ist damit bestens bedient, und auch Nievos lesenswerter Roman „Bekenntnisse eines Italieners“ ist in dieser Edition in der Übersetzung von Barbara Kleiner erschienen.
|Originaltitel: Angelo di Bontà, 1856
Deutsche Erstveröffentlichung 1877 als „Ein Engelsherz“
Neuübersetzung aus dem Italienischen von Barbara Kleiner
Mit Nachwort von Lothar Müller
Gebundenes Buch, Leinen mit Schutzumschlag, 560 Seiten|
[Manesse-Verlag]http://www.manesse-verlag.de
„Wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.“ (Matthäus 5,28) – Schon die als Vorwort gewählten Bibelzitate Tolstois für seine Erzählung „Kreutzersonate“ machen deutlich, dass es im Folgenden um die Auseinandersetzung mit der Sexualität und der Ehe gehen wird, die man am besten gar nicht erst eingehen sollte, da das Himmelreich nur durch Enthaltsamkeit erreicht werden kann (Matthäus 19, 10-12).
Eine schicksalhafte Begegnung bei einer Tangoveranstaltung: Eine Frau verdreht einem Mann völlig den Kopf mit ihrem Tanz und ihrer Ausstrahlung. Doch am Ende des Abends verschwindet sie ohne ein Wort und lässt ihren Verehrer ohne Erklärung stehen. Zurück im Hotel entdeckt er bei seinen Sachen einen Zettel, an den er sich nicht erinnern kann. Darauf stehen der Name Natalia und eine Adresse in Buenos Aires. Sobald der Mann kann, reist er nach Argentinien, um der Spur der mysteriösen Fremden zu folgen.
Dort aber entdeckt er lediglich ein Gemälde von einem Tangopärchen – und dieses erzählt die Geschichte von einer Liebe, die nicht sein darf. Natalia ist die Tochter eines nach Buenos Aires eingewanderten Spaniers, der sehr krank ist. Aus diesem Grund will er seine Tochter rechtzeitig verheiraten. Ein deutschstämmiger Matrose ist der Mann seiner Wahl. Natalia ist auch einverstanden mit dieser Entscheidung, bis sie sich eines Tages auf den ersten Blick in einen anderen Mann verliebt. Diego entflammt sofort ihr Herz, und im gleichen Moment versteht Natalia plötzlich, was wahre Liebe ist. Bis ins Mark trifft sie dieses Gefühl, doch kann sie die Hochzeit nicht mehr absagen, so gerne sie auch möchte.
Und so fügt sie sich in ihr Schicksal und heiratet den Falschen. Noch in der Hochzeitsnacht merkt sie, dass ihr Mann nicht annähernd die Gefühle in ihr auslösen kann, wie Diego dies vom ersten Moment an getan hat. Bald nach der Hochzeit muss ihr Mann in See stechen. Doch sein Schiff wird nach Monaten als verschollen gemeldet. Zehn Jahre lang darf Natalia nun keinen anderen Mann heiraten, erst dann wird sie offiziell als Witwe anerkannt. Doch das Schicksal führt sie wieder mit Diego zusammen. Und bei einem gemeinsamen Tango entflammt ihre Liebe erneut – doch wissen beide nicht, dass Natalias Ehemann das Seeunglück überlebt hat und sich auf dem Weg nach Buenos Aires befindet …
_Die Liebe im Tango_
Der Tango zieht sich als Motiv durch das ganze (viel zu kurze) Buch. Wir lernen zwei Menschen kennen, die sich beim Tanzen ineinander verlieben und doch noch am gleichen Abend verlieren. Den Mann führt eine Spur zu einem Gemälde, das die Geschichte einer unglücklichen Liebe erzählt. Und dort trifft er auf eine Frau, die ebenfalls auf der Suche nach ihrem Liebsten ist. Wie aber hängen diese Geschichten miteinander zusammen? Das erfahren wir natürlich erst ganz am Schluss.
Bis Elia Barceló uns ihre Aufklärung präsentiert, erzählt sie in gefühlvollen Worten von einer einzigartigen, aber doch so unglücklichen Liebe. Obwohl das Buch so kurz ist, hat man beim Lesen das Gefühl, als würde man Natalia gut kennen lernen. Elia Barceló weiht uns in Natalias geheimste Gedanken und in ihre chaotische Gefühlswelt ein, wir sind ihr ganz nah und leiden hautnah mit. Es bricht einem fast das Herz, als sie den falschen Mann heiraten muss und ihren Liebsten doch so nah vor Augen hat. Mit nur wenigen Worten versetzt uns Elia Barceló eindrucksvoll in die bunte und fremdartige Welt von Buenos Aires, in der der Tango zuhause ist. Der Tango verbindet alle Protagonisten – nur einer fällt hier aus dem Rahmen, da er nicht tanzen kann und eigentlich nicht zur Geschichte gehören sollte, und das ist ausgerechnet Natalias Ehemann.
Elia Barceló schafft es eindrucksvoll, uns ihre Charaktere näher zu bringen und uns in jede Szene hineinzuversetzen. Sie entführt uns in das Jahr 1920, wo Natalia ihre schicksalhafte Ehe schließen muss. Beim Lesen versinkt man völlig in der Geschichte und vergisst die eigene Welt um einen herum.
Das einzige Manko von „Das schwarze Brautkleid“ ist die Kürze des Buches. In der Kürze liegt zwar bekanntlich die Würze, doch ich hätte gerne noch viel mehr über die Menschen erfahren, mehr mit ihnen gelitten und mehr mit ihnen erlebt, zumal ich weiß, wie grandios Elia Barceló ihre Geschichten auch in der Breite entfalten kann. „Das schwarze Brautkleid“ aber ist klein und fein – ein Kleinod in der oft so durchschnittlichen Bücherwelt und sollte unbedingt von allen Liebhabern von guten und ziemlich unkitschigen Liebesromanen entdeckt werden.
Lucy wurde vor drei Jahren von ihrem Freund Blake verlassen und bislang scheint sie immer noch nicht über ihn hinweg zu sein. Er spukt immer noch in ihrem Kopf herum. Außerdem hat sie allen Freunden und ihrer Familie erzählt, dass sie ihn verlassen hätte und nicht umgekehrt. Dann trank sie damals auch noch kurz nach der Trennung einen über den Durst, um ihren Schmerz zu betäuben, ist trotzdem Auto gefahren, da ihr Chef sie darum bat und verlor daraufhin ihren Job. Wieder einmal log sie und erklärte, dass sie selbst gekündigt hätte, um sich weiterzuentwickeln. Es folgten immer mehr Flunkereien. Doch irgendwie hat sie ihr Leben und die verzwickte Lügerei inzwischen nicht mehr im Griff. Erst als ihr eines Tages ihr eigenes Leben einen Brief schreibt und sie treffen will, verändert sich alles …
_Kritik_
„Ein Moment fürs Leben“ von Cecelia Ahern ist aus der Sicht der Protagonistin Lucy geschrieben, die seit drei Jahren versucht, sich mit Lügen durchs Leben zu schummeln. Der Charakter Lucy ist mir sehr sympathisch, weil sie ein lustiger Mensch zu sein scheint, der nicht die Ordnung, sondern ein wenig Chaos liebt und einfach sagt, was sie denkt und macht, was sie möchte. Sie schummelt ein wenig, um nicht schlecht dazustehen oder einen Job zu bekommen. Genau das macht sie nur allzu menschlich und man kann als Leser gut darüber hinwegsehen. Denn in dem Buch geht es ja hauptsächlich um ihre Lügen, wie sie momentan damit umgeht und was sie besser machen könnte.
Der richtige Weg wird ihr durch ihr eigenes Leben gezeigt, das ihr auf einmal einen Brief schreibt und sie treffen möchte. Erst hält sie es für einen Scherz, bis sie dann doch der Aufforderung folgt und eines Tages vor ihrem Leben steht. Es ist nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Es ist verwahrlost, stinkt und zu allem Überfluss noch männlich! Irgendwie gefällt ihr das gar nicht und sie weiß auch erst nichts mit ihm anzufangen. Auf liebenswert nervige Weise bringt das Leben sie dazu, Dinge zu tun, die sie sonst nie gemacht hätte. Es geht ihr immer besser und auch ihr Leben verändert sich deutlich.
Es ist interessant, die Entwicklung der Protagonistin Lucy und ihr Leben zu verfolgen. Es wird nie wirklich langweilig. Das Buch ist in einer einfachen Sprache geschrieben und super zu lesen. Die Geschichte ist zwischendurch mit lustigen Pointen gespickt, die den Leser oft zum Lachen bringen. Die Charaktere sind liebenswert und ansprechend konzipiert, die Story fantasievoll und anschaulich. Man kann sich viele Szenen bildlich vorstellen und man fühlt sich schnell in die Geschichte ein.
_Autor_
Cecelia Ahern ist eine der erfolgreichsten Autorinnen weltweit. Sie wurde 1981 in Irland geboren und studierte Journalistik und Medienkunde. Mit gerade einmal 21 Jahren schrieb sie ihren ersten Roman, der sie sofort international berühmt machte: „P.S. Ich liebe Dich“ verfilmt mit Hilary Swank. Danach folgten Jahr für Jahr weitere Weltbestseller in Millionenauflage. Cecelia Ahern schreibt auch Theaterstücke und Drehbücher und konzipierte die TV-Serie „Samantha Who?“ mit Christina Applegate. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Dublin. (Verlagsinfo)
_Fazit_
„Ein Moment fürs Leben“ von Cecelia Ahern ist ein durch und durch charmanter und humorvoller Frauenroman. Es hat mir viel Spaß gemacht, ihn zu lesen. Wieder einmal hat die Autorin voll und ganz meinen Geschmack getroffen. Viel besser geht es nicht. Nur zu empfehlen.
|Gebunden: 448 Seiten
Originaltitel: The Time of My Life
ISBN-13: 978-3810501479|
[www.fischerverlage.de]http://www.fischerverlage.de
_Cecelia Ahern bei Buchwurm.info:_
[„P.S. Ich liebe Dich“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=3321
[„Ich schreib dir morgen wieder“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=7417
… der herrscht bei Anne und Hella, die gemeinsam mit der 33-jährigen Daniela im imposanten Vorzimmer von Dr. Heimer arbeiten und so allerlei Geschichten im Büro und mit ihren Kollegen erleben. Daniela arbeitet seit der Geburt ihrer zweiten Tochter nur noch vormittags, doch das ist Hella und Anne immer noch lieber als die unbeliebte und einschleimende Schwangerschaftsvertretung. Zu dritt lästern sie gern über ihre Chefs und vor allem über die Leiterin der Finanzabteilung Evelyn Sauher-Seidel, die sich mit all ihren Äußerungen und ihrem penetranten Aufforderungen im gesamten Kollegenkreis nicht eine Freundin macht. Doch auch Hella, die nach ihrer Scheidung für ihre Kolleginnen kein nettes Wort übrig hat, heißt hinter ihrem Rücken nur „Hella Wahnsinn“. Besonders auf Mai Schubert hat sie es abgesehen – eine ausgesprochen attraktive Thailänderin. Ausgerechnet bei deren Hochzeit hat nämlich ihr eigener Ehemann eine neue Frau kennen gelernt und Hella kurzerhand verlassen. Das hat Hella immer noch nicht überwunden und gibt nach wie vor Mai dafür die Schuld.
Nur noch Anne hält zu Hella, doch als diese erfahren muss, dass Hella eine ganz besondere E-Mail von ihrem Schwarm Simon Moninger aus der Grafikabteilung aus völlig egoistischen Gründen gelöscht hat – und das, obwohl Hella doch genau weiß, dass Anne mehr als nur ein Auge auf Simon geworfen hat – droht der einstigen Freundschaft das Aus. Hella wird immer mehr abgekanzelt und verscherzt es sich schlussendlich bei einer Fahrstuhlpanne mit der einzigen Person, die noch zu ihr hält, obwohl sie diesen Mann doch eigentlich ausgesprochen attraktiv und anziehend findet …
Und so muss Hella, nachdem sie all ihre Fehler vor Augen gehalten bekommen hat, versuchen, ihre Freundschaften zu retten. Doch ob es dafür nicht schon zu spät ist …??
_Der ganz normale Wahnsinn_
Sigrid Konopatzki und Sylvia Filz schildern in ihrem zweiten gemeinsamen Roman den nicht ganz alltäglichen Büroalltag, der ganz dominiert ist von Frauen, die zwar gemeinsam arbeiten, aber doch allerlei Fehden austragen und sich manchmal am liebsten die Augen auskratzen würden. Da gibt es in der Tat die ganz klassisch klischeebesetzten Oberzicken, die kein gutes Haar an ihren Kolleginnen und Chefs lassen können. Aber daneben gibt es natürlich auch ausgesprochen sympathische Frauen, wie z. B. Anne, die sich nichts mehr wünscht als den richtigen Mann an ihrer Seite. Und den scheint sie in Simon Moninger auch gefunden zu haben – zumindest weiß bereits die gesamte Belegschaft, dass sie „heimlich“ in ihn verliebt ist. Aber es will nicht so recht klappen mit den beiden – zumal sich dann auch noch Hella einschaltet und die aufkeimende Liebe zwischen den beiden torpediert. Anne ist eine Frau ganz aus dem Leben gegriffen, die sehr sympathisch rüberkommt und der man von ganzem Herzen wünscht, dass sie mit Simon glücklich werden wird. Ganz nebenbei wimmelt sie auch noch einen ungeliebten Verehrer ab (der eigentlich aber sehr nett ist) und verkuppelt ihn kurzerhand mit einer Kollegin, die in Annes unerwünschtem Verehrer den Mann fürs Leben findet. Obwohl Anne immer eine Spitze gegen Evelyn Sauher-Seidel auf den Lippen hat, bleibt sie anderen Kolleginnen und ihren Chefs gegenüber doch loyal und sammelt dadurch immer mehr Sympathiepunkte.
Ganz im Gegensatz zu Hella, die einem zu Beginn eigentlich von einer Szene zur nächsten immer unsympathischer wird, da sie nichts anderes kann als lästern und da sie immer nur an sich selbst denkt. Und dabei ist sie doch im Grunde genommen einfach nur eine sehr unglückliche Frau, die immer noch der gescheiterten Ehe hinterher trauert und die Schuld an diesem Verlust auf andere abwälzen will, weil sie nicht die Kraft hat, die Fehler bei sich selbst zu suchen. Hella macht in dem Buch die wohl größte Wandlung durch, denn zunächst wirkt sie wie die selbstbewusste Frau, die alles kann und alles besser weiß und daher allen Grund hat, über andere nur zu lästern, doch dann fällt sie so tief, dass sie zunächst gar nicht weiß, wie sie sich aus dieser Grube wieder herausschaufeln soll. Mit aller Kraft versucht sie, ihre Fehler wieder gutzumachen und sich zu besser. Ob ihr das wohl gelingen wird?
Jede einzelne Figur in diesem Buch bringen die beiden Autorinnen einem so nah, dass man sie bildhaft vor Augen hat. Und dabei können die beiden aus einem großen eigenen Erfahrungsschatz schöpfen. Und so zeichnen sie Figuren, die aus dem Leben gegriffen wirken und sehr menschliche Eigenarten besitzen. Es sind Figuren wie du und ich, sodass man sich sofort in die Geschichte hineinversetzt fühlt, weil sie tatsächlich genauso im Büro um die Ecke passieren könnte.
_Herzerfrischend_
Wie schon in ihrem gelungenen Debütroman überzeugen die beiden Autorinnen durch ihren (herz-)erfrischenden Schreibstil. Ihre Geschichte kommt aus dem Herzen, die beiden sind mit all ihrem Herzblut dabei und das merkt man ihrem Buch auch an. Sigrid Konopatzki und Sylvie Filz haben einen lebendigen Schreibstil, der einen von der ersten Seite an mitreißt und einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Die beiden Autorinnen unterhalten einen nicht nur von der ersten bis zur (viel zu schnell kommenden) letzten Seite, sondern sie erwärmen einem auch das Herz dabei. Natürlich sind Frauen die eindeutige Zielgruppe für dieses Buch, aber das ist auch gut so, denn so können die beiden Autorinnen sich ganz darauf konzentrieren, diese Zielgruppe bestens zu bedienen.
Selten fühle ich mich beim Lesen in einer Geschichte so wohl, selten fühle ich so mit den Charakteren mit und habe das Gefühl, am Ende gute Freundinnen verlassen zu müssen, wie in diesem Buch. Es ist eine herzerwärmende Geschichte, die natürlich auch das eine oder andere Happy End bereit hält, aber das ist auch gut so, denn eine Katastrophe am Ende würde man den Autorinnen nach der schönen, amüsanten, aber auch durch die menschlichen Schicksale realistischen Geschichte wohl übel nehmen. Was die beiden auszeichnet, ist, dass sie genau die richtige Mischung finden aus realistischen Schicksalen, die einem ans Herz gehen, und Geschichten, die gut ausgehen. Denn es ist beileibe nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen in „Bürozicken“, eine Kollegin hat zuhause ein schweres familiäres Schicksal zu tragen, das sie sich – im Gegensatz zu Hella – auch nicht selbst eingebrockt hat, aber das ihr schwer zusetzt.
_Zickig, aber genial_
Sigrid Konopatzki und Sylvia Filz haben mich auch mit ihrem zweiten gemeinsamen Roman schlichtweg begeistert. Im Nu hatte ich das Buch durchgelesen, weil ich völlig die Zeit dabei vergessen hatte. Ich war völlig in der Erzählung versunken und habe beim Lesen ganz tolle und spannende Charaktere kennen gelernt, von denen ich mich nur schwer verabschieden konnte. Von diesen beiden Autorinnen möchte man auf jeden Fall noch mehr lesen!
Katja ist verheiratet und hat zwei tolle Kinder. Nach einer längeren Kinderpause hat sie endlich wieder eine Chance in ihrem Beruf als Bauingenieurin Fuß zu fassen. Sie soll nach Litauen, um ein Windkraftprojekt zu leiten. Durch diese Aufgabe entstehen aber etliche Probleme, die gelöst werden müssen. Zuerst muss ein Au-Pair-Mädchen engagiert werden, welches die Kinderbetreuung übernehmen soll. Dieses ist super lieb und auch hübsch, so dass sich sofort etwas Eifersucht in Katja breitmacht und sie lässt ihre Familie nur ungern mit ihr allein. Auch in Litauen läuft nichts nach Plan. Windkraftgegner blockieren das Projekt und auf einmal ist auch Katjas Leben in Gefahr …
_Kritik_
„Eine windige Affäre“ von Amelie Fried ist aus der Sicht der Protagonistin Katja geschrieben. Die Sätze sind leicht und flüssig zu lesen und der Schreibstil ist locker. Aufgrund des Titels hätte ich nicht gedacht, dass sich über die Hälfte des Buches nur um den Kampf gegen die Windkraftgegner dreht. Ich hätte mir gewünscht, dass mehr über die Entwicklung der Familie an sich berichtet wird. Es ist mit Sicherheit nicht leicht, wenn die Ehefrau und Mutter plötzlich für längere Zeit beruflich ins Ausland geht und die Familie sich mit einem jungen Au-Pair-Mädchen arrangieren muss. Auf diese Aspekte hätte die Autorin gerne näher eingehen können.
Mit dem Thema Windkraft habe ich mich persönlich noch nicht auseinandergesetzt und somit war dieser Part für mich nicht ganz so fesselnd. Die Geschichte zeigt aber deutlich, dass es nicht leicht ist, so ein Projekt zu realisieren. Es werden dem Leser eventuelle Probleme oder Widerstände aufgezeigt und Einblick in die Verhandlungen mit den Ämtern und Städten gegeben. Durch die Geschehnisse vor Ort in Litauen und die Machenschaften der Windkraftgegner wird die Story allerdings etwas interessanter. Es entsteht sozusagen ein Minikrimi in dem Roman.
Die Protagonistin Katja ist eine sympathische Frau, die weiß, was sie will. Sie hat all die Jahre wegen der Kinder zurückgesteckt und möchte ihren Traum nun verwirklichen und denkt zum ersten Mal seit Jahren wieder an sich und ihre Karriere. Dafür bringt sie das Opfer, ihre Familie für längere Zeit nicht zu sehen und eine andere Frau in ihr Haus zu lassen. Katja muss meines Erachtens eine unheimlich toughe Frau sein, um das alles meistern zu können. Zusätzlich hat sie später den Stress in Litauen und entkommt nur knapp einem Anschlag durch die Windkraftgegner. Was anderen Menschen wahrscheinlich psychisch sehr zugesetzt hätte, macht sie scheinbar nur noch stärker. Für mich ist sie eine kluge und bewundernswerte Persönlichkeit.
_Autor_
Amelie Fried, Jahrgang 1958, wurde als TV-Moderatorin bekannt. Alle ihre Romane waren Bestseller. „Traumfrau mit Nebenwirkungen“, „Am Anfang war der Seitensprung“, Der Mann von Nebenan“, „Liebes Leid und Lust“ und „Rosannas Tochter“ wurden erfolgreiche Fernsehfilme. Für ihre Kinderbücher erhielt sie verschiedene Auszeichnungen, darunter den „Deutschen Jugendliteraturpreis“. Zuletzt erschienen bei Heyne ihr Sachbuch „Schuhhaus Pallas – Wie meine Familie sich gegen die Nazis wehrte“ und der Kolumnenband „Wildes Leben“. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.
_Fazit_
Alles in allem ist „Eine windige Affäre“ von Amelie Fried ein lesenswerter Roman. Obwohl ich durchaus interessantere Bücher von der Autorin gelesen habe, finde ich die Geschichte dennoch überwiegend spannend und auch außergewöhnlich.
_Amelie Fried bei |Buchwurm.info|:_
[„Taco und Kaninchen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=561
[„Liebes Leid und Lust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=562
[„Die Findelfrau“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3717
Ivy hat tierische Flugangst und muss dennoch fliegen, denn sie war auf Besuch bei ihrer Schwester in Berlin. Sie selbst wohnt in London und muss nun den Rückflug antreten. Während des Flugs lernt sie einen sympathischen jungen Mann kennen, der ihr sofort ein Gefühl der Sicherheit gibt. Am liebsten hätte sie nach seiner Telefonnummer oder Adresse gefragt, traut sich aber nicht. Als auch er nach der Landung nichts in der Richtung verlauten lässt, geht sie davon aus, dass er kein Interesse hat. Da sie ihm beiläufig erzählt hat, dass sie bei Madame Tussauds Wachsfiguren arbeitet, hofft sie aber dennoch, dass er dort nach ihr sucht …
_Kritik_
„Leichte Turbulenzen“ von Alexa Hennig von Lange ist meines Erachtens ein eher durchschnittlicher und etwas holprig verlaufender Roman. Zu Beginn hat man Schwierigkeiten sich in die Geschichte einzulesen, denn es gibt mehrere Protagonisten über die in den verschiedenen Kapiteln aus der Sicht eines Beobachters berichtet wird. Es gibt hin und wieder in der Erzählung plötzliche Zeitsprünge, wodurch es einem nicht ganz leicht gemacht wird, der Story zu folgen. Die Sätze sind nicht immer ganz flüssig zu lesen und man stolpert über den einen oder anderen Ausdruck.
Aufgrund des Klapptextes habe ich gedacht, dass es sich in dem Buch überwiegend um die junge Ivy dreht, die bei Madame Tussauds in London Wachfiguren modelliert und auf der Suche nach dem perfekten Mann ist. Aber es wird auch viel über das Leben ihrer Schwester Nathalie geschrieben, die auch so etliche Probleme hat. Gut finde ich, dass auch noch ein paar Nebenrollen in einigen Kapiteln durchleuchtet werden, so dass man auch deren Sicht der Dinge miterleben kann.
Die Protagonistin Ivy ist mir durchaus sympathisch. Sie hat einen eher ruhigen und etwas zurückhaltenden Charakter, mit dem ich mich gut identifizieren konnte. Sie geht in ihrer Arbeit bei Madame Tussauds voll auf und setzt sich sehr mit dem Leben der von ihr zu modellierenden Personen auseinander, um ihnen gerecht zu werden. Sie ist Perfektionistin. So auch bei der Figur, die sie nun nachbilden soll: Vincent Van Gogh. Je länger sie an ihm arbeitet, desto mehr kommt es ihr so vor, als ob er lebendig wird und sie ihn persönlich gut kennt. Später spricht sie sogar mit ihm. Diese Szenerie gibt dem Buch ein wenig Humor mit, welchen ich überwiegend in der Geschichte vermisst habe. Ich finde die Erzählung von Ivys Erlebnissen etwas trocken.
Die Story von Ivys Schwester Nathalie ist dagegen ein wenig interessanter. Sie ist verheiratet und hat ein Kind. Sie ist sehr eifersüchtig und vermutet hinter allem einen Betrug oder hat Angst um ihre Liebsten. Sie ist immer auf das Schlimmste gefasst. Viele Gedanken und Wutanfälle von ihr sind sehr realistisch dargestellt und lassen das Buch etwas zum Leben erwecken.
Spannend ist auch die anfängliche Begegnung von Ivy und einem Mann, der während eines Fluges neben ihr sitzt. Ivy hat Gefallen an ihm gefunden und muss die ganze Zeit an ihn denken. Die Entwicklung der Beziehung zieht sich durch das ganze Buch, was die Geschichte etwas fesselnder macht.
_Autor_
Alexa Hennig von Lange wurde 1973 in Hannover geboren. 1997 erschien ihr Debütroman „Relax“, mit dem sie zur Stimme ihrer Generation wurde. Es folgten zahlreiche Romane für Erwachsene und Jugendliche, außerdem Erzählungen und Theaterstücke. Alexa Hennig von Lange lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Berlin. (Verlagsinfo)
_Fazit_
„Leichte Turbulenzen“ von Alexa Hennig von Lange ist alles in allem ein solider Frauenroman, der einige interessante Handlungen enthält. Eine unheimlich spannende Geschichte ist es generell aber leider nicht. Wenn man allerdings ein nettes Buch für zwischendurch sucht, ist man hier genau richtig.
_Alexa Hennig von Lange bei |Buchwurm.info|:_
[„Woher ich komme“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=962
[„Ich habe einfach Glück“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=987
[„Erste Liebe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=988
[„Warum so traurig?“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1778
Der Roman „Mein Freund Matt und Hena die Hure“ (Klett-Cotta) von Adam Zameenzad, eines Briten pakistanischer Herkunft, wirkt unscheinbar. Und doch verbirgt sich in der Geschichte des zehnjährigen Ich-Erzählers geballte Kulturkritik am westlichen Einfluss in Afrika und an den einheimischen politischen und gesellschaftlichen Zuständen.
_Handlung_
Zu Beginn sind dem Ich-Erzähler noch die Geister der Ahnen lebendig, dann verliert er zunehmend seine Unschuld, als er zwischen die Fronten von Bürgerkriegstruppen gerät – er beobachtet eine Folterszene – als er auf komische Weise über die genitale Ausstattung eines weißen Missionars rätselt und als seine Großmutter stirbt.
Als eine Art Simplizissimus taumelt er mit offenen Augen und Ohren durch ein beinahe surreales Land der moralischen und sozialen Verwüstung, geführt nur von seinem Freund Matt, der auf alles eine Antwort zu wissen scheint. Schließlich gelangt er in die große Stadt, wohnt im Slum und erlebt, wie die „lebenden Skelette“ sich dort ihren Unterhalt verdienen, indem sie sich zum Beispiel prostituieren.
_Fazit_
Das ist Afrika des Jahres 1990. Es ist nicht das Touristenafrika, aber es könnte das Afrika sein, das der Autor Zameenzad, als er dort eine Schule leitete, in Bruchstücken erfahren oder mitgeteilt bekommen hat. Und es ist gerade der Ton der Unschuld, der die Kritik uns so treffen lässt.
_Auf dem Wasser stehen: Selbstfindung einer jungen Frau_
Eine junge Frau findet zu sich selbst, wobei sich ihr rationales Denken mit der ‚irrationalen‘ Natur auseinandersetzen muss. – Dies ist der zweite Roman der britischen Autorin Jenny Diski, die mit dem sado-erotischen Roman „Küsse und Schläge“ Ende der 80er Jahre bekannt wurde.
_Handlung_
Auf den ersten Blick geht es in „Regenwald“ um alles andere als Sexualität. Die junge Wissenschaftlerin Mo arbeitet an einem ökologischen Projekt im Regenwald von Borneo. Die Ergebnisse ihrer Arbeit sollen für die Klimakontrolle genutzt werden.
Als rational denkende Wissenschaftlerin fühlt sie sich herausgefordert, hinter dem Chaos von Wachsen und Wandel irgendeine Art von Gesetzmäßigkeit zu entdecken. Sie findet keine. Während Mo ihre Untersuchungsraster über den nassen Waldboden legt und Resultate in Tabellen einträgt, setzt sich der Regenwald – mit seiner Vitalität ein Symbol für die Macht der Natur an sich – am Rand von Mos Bewusstsein fest.
Wieder nach London zurückgekehrt, fühlt sich die selbstsichere junge Frau durch die sexuellen Avancen des neuen Dozenten Joe Yates zwar in Versuchung geführt, lehnt jedoch letzten Endes sein Angebot ab. Bald darauf verändert sich ihre nächste persönliche Umgebung, beispielsweise beginnt ihr verheirateter Kollege Liam ein Verhältnis mit einer seiner Studentinnen, und Mos Mutter enthüllt ihr, dass sie vom Verhältnis ihres verstorbenen Mannes (Mos Paps) zu einer anderen Frau stets gewusst habe.
Mo, die dieses Wissen jahrelang als geheime Verbindung zu ihrem geliebten Vater gehütet hatte, ist wie vor den Kopf geschlagen. Vater und Mutter sind plötzlich zwei andere Menschen geworden. Die Frage stellt sich ihr nun, was sie selbst ist in diesem Ozean des Wandels?
Fluchtartig in den Regenwald auf Borneo zurückgekehrt, sperrt Mo ihre Gedanken in den engen Rahmen ihrer Untersuchungsraster. Ihr labiles Gleichgewicht wird zerstört, als Joe Yates wieder auftaucht. Er stürzt sie zunächst in Zweifel über ihre eigene Arbeitsmethode und „nimmt“, als kein Protest erfolgt, dann sie selbst.
Als er zwei Tage später weiterzieht, ist Mos Welt aus den Fugen geraten – Mo verfällt, da sie nun ihre Arbeit mit anderen Augen betrachtet, zunächst in Verzweiflung, dann in tiefste Depressionen. Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus sucht sie sich eine Stelle als Putzfrau. Dinge an ihren Platz zu stellen, befriedigt ihr Bedürfnis nach Ordnung. Aus dieser Perspektive erzählt sie die Geschichte ihres früheren Ichs.
_Mein Eindruck_
Chaos und Ordnung, Natur und Kultur, Verstand und Lust, Vernunft und Wahnsinn – zwischen diesen Polen entspinnt sich die Erzählung von Mos Leben. Während die meisten von uns noch an die Allmacht der Wissenschaft glauben mögen, zeigt Jenny Diski den Menschen in seiner Verrücktheit: Indem er nämlich meinte, er mache sich die Natur untertan, verlor er den Kontakt zu ihr, den festen Standpunkt. Nicht mehr als Teil von ihr agierend, ist sein Untergang vorhersehbar, und keine Wissenschaft vermag dies abzuwenden.
Diski, nach ihrem Debütroman „Küsse und Schläge“ schon als Doris Lessings Nachfolgerin in der Rolle der Kassandra angesehen, hat ein zwar weniger bizarres, dafür jedoch umso provokativeres Buch geschrieben.
Dass uns die Sprachsensibilität der Autorin so erreicht, wie es in ihrer Absicht lag, ist das Verdienst der sehr guten Übersetzung von Bettina Runge.
|Taschenbuch: 220 Seiten
Aus dem Englischen übertragen von Bettina Runge
ISBN-13: 978-3453056756|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de
|“Hat er dir denn gefallen?“, fragt meine beste Freundin.
„Und wie!“, gebe ich zu. „Aber ,,,“
„Süße, wieso gibt es bei dir eigentlich immer ein Aber?“|
_Das Leben ist kein „Wunschkonzert“,_ zumindest nicht für Stella Wundermann. Stella hat in der Musikbranche als Senior Artists and Repertoire Managerin Karriere gemacht. Sie hat eine fürsorgliche Mutter und einen kuscheligen Freud, dem sie wirklich alles anvertrauen kann. Klingt gut? Ist es aber nicht! Stellas Mutter mimt die Glucke und Stellas wunderbarer Freund ist !Möhrchen!, ein Stoffhase aus ihrer Kindheit. Dazu kommt, dass es auch in ihrem Job nicht gerade zum Besten steht. Das Label, unter dem sie arbeitet, wurde verkauft und nun steht auch noch ein Teambuildingseminar in der Lüneburger Heide an.
Als würde das nicht schon reichen, um jedem den Tag gründlich zu vermiesen, steht Stella zusätzlich mitten im Gefühlschaos. Mit drei attraktiven Männern muss Stella sich herumschlagen. Da wäre einmal Tim, ein Musiker, den Stella gerne unter Vertrag nehmen würde. Ihr Konkurrent Martin, der plötzlich sehr liebevolle Seiten zeigt, und eben ihr neuer Chef, der sie zu dem Albtraum „Teambuildingseminar“ verdonnert hat.
_Kritik_
„Wunschkonzert“ spielt in der Musikbranche. Das Autorenduo Anne Hertz schickt ihre Protagonisten Stella Wundermann auf ein Teambuildingseminar in der Lüneburger Heide und ein großes Gefühlschaos.
Anne Hertz ist ein Garant für humorvolle und entspannende Lesestunden. Mit einer Menge Wortwitz beschreiben die Autorinnen, wie die Protagonisten Stella sich nicht nur beruflichen Herausforderungen stellen muss, sondern auch das komplette Gefühlschaos mit einer Menge Höhnen und Tiefen erlebt. Um ihren Plot um Liebe, Musik, Freundschaft und auch das innere Kind, haben die Autorinnen eine unterhaltsame Geschichte entwickelt, die ihre Leserinnen geradezu verschlingen dürften. Eine gute Portion Romantik wurde in die, für das Autorenduo bekannte, Irrungen und Wirrungen eingebettet. Jede Menge Humor ist dabei garantiert, aber auch Gefühl kommt nicht zu kurz. Dank des lockeren Stils der Autorinnen findet der Leser sich schnell in die Geschichte ein und das Buch liest sich flüssig in einem Rutsch. Mit einem Augenzwinkern erzählen Frauke Scheunemann und Wiebke Lorenz von den Erlebnissen Stellas. Sei es das Berufsleben, das plötzlich auf dem Kopf steht, das Gefühlschaos, in das sich Stella manövriert, oder auch das Entdecken eigener Träume, die lange verschüttet waren.
Spannung erzeugen die Hertz-Schwestern durch immer wieder auftretende Wendungen und dieses „Oh-Nein-Feeling“ wenn mal wieder etwas passiert, was das Leben der Protagonisten komplett auf den Kopf stellt. Fieberhaft blättert der Leser die Seiten um und hofft, dass das Ganze für die sympathische Stella gut ausgeht.
Da der Roman aus der Perspektive von Stella erzählt wird, bekommt der Leser hautnah mit, was die sympathische Protagonistin erlebt und empfindet.
Mit einem Augenzwinkern haben die Autorinnen ihrer Charaktere sehr lebensnah konzipiert.
Stella, die erst einmal den Eindruck macht, sehr kontrollsüchtig zu sein, dabei aber auch zuverlässig gerecht ist. Gradlinig und diszipliniert verfolgt sie ihre beruflichen Ziele, das Privatleben bleibt dabei allerdings ziemlich auf der Strecke. Nach und nach offenbart sich dem Leser, warum Stella sich so verhält. Schnell schließt der Leser Stella ins Herz und so der eine oder andere findet sich so manches Mal in dieser Figur wieder. Dass Stella sich so manches Mal selbst im Weg steht und so auch in äußerst peinliche Situationen schlittert macht diese Person ungemein liebenswert.
Tim Lievers ist der Sänger der Reeperbahnjungs und scheint Stella nicht nur als Karrieresprungbrett zu sehen. Mit gefühlvollen Songtexten umschmeichelt Tim Stella. Nachdem Stella ihn aber immer wieder vertröstet, nicht nur beruflich, geht er andere Wege. Tim macht einen sehr bodenständigen Eindruck und sorgt für viele gefühlvolle Momente in „Wunschkonzert“.
Martin, Stellas ärgster Konkurrent, scheint erst einmal leicht durchschaubar. Im Laufe des Romans fragt der Leser sich dann allerdings doch, wer Martin wirklich ist. Der arrogante Karriere-Typ, der alles aus dem Wege räumt, was seinen Erfolg schmälern könnte, oder doch ein Mann mit Herz?
Für die Geschichte sind einige Nebenrollen ebenfalls sehr wichtig. Stellas Mutter, die nachdem Stellas Vater sie sitzen lassen hat, von Männern überhaupt nichts hält und so auch ihre Tochter erzogen hat. Stellas beste Freundin Miriam und auch Stellas Sekretärin Hilde. In Gesprächen mit diesen Figuren lernt der Leser Stella noch viel besser kennen.
Das Cover kommt fröhlich bunt daher und passt so perfekt zum Plot. Auf den Umschlaginnenseiten sind Fotos der Autorinnen abgebildet und alle Romane der Hertz-Schwestern.
Das Besondere an diesem Titel: Er hat einen eigenen Soundtrack. Von Jan Sievers, der Pate für Tim Lievers ist, kommt das Album „Abgeliebt“ auf dem viele der Songtexte aus „Wunschkonzert“ zu hören sind. Nicht nur zusammen mit dem Buch gehört ist es ein Genuss, den Texten zu zuhören.
_Autorinnen_
Anne Hertz ist das Pseudonym der Hamburger Autorinnen Frauke Scheunemann und Wiebke Lorenz, die nicht nur gemeinsam schreiben, sondern als Schwestern auch einen Großteil ihres Lebens miteinander verbringen. Bevor Anne Hertz 2006 in Hamburg zur Welt kam, wurde sie 1969 und 1972 in Düsseldorf geboren. 50 Prozent von ihr studierten Jura, während die andere Hälfte sich der Anglistik widmete. Anschließend arbeiteten 100 Prozent als Journalistin. Anne Hertz hat im Schnitt zwei Kinder und mindestens 0,5 Männer. Mehr Informationen unter: [www.anne-hertz.de]http://www.anne-hertz.de
_Fazit_
Anne Hertz ist ein Garant für heitere, facettenreiche und gefühlvolle Lesestunden. Mit ihrem neuen Titel „Wunschkonzert“ haben die Autorinnen noch einmal mehr bewiesen, dass sie es verstehen, ihre Leserschaft vergnüglich zu unterhalten.
Die Mischung aus liebenswerten Figuren, einer Menge Humor und Gefühl und interessanten Themen, wie hier die Musik, ist perfekt gelungen. „Wunschkonzert“ ist die ideale Begleitung für einen entspannten Tag.
Zusammen mit Jan Sievers CD „Abgeliebt“, auf der viele Songtexte aus dem Buch zu hören sind, ist ein außergewöhnliches Leseerlebnis sicher das klangvoll unterstütz wird.
Band 1: _“Nur ein Hauch von dir“_
Band 2: „Perfectly Reflected“ (noch ohne dt. Titel)
Band 3: „Scattering Like Light“ (01.01.2012, noch ohne dt. Titel)
_Inhalt_
Alex findet im Wasser der Themse einen silbernen Armreif. Als sie ihn putzt, fällt ihr schon auf, dass der Armreif sonderbar ist. Es sieht immer so aus, als würde zwischendurch ein Schatten über den Schmuckstein huschen. Als sie sich das Armband ums Handgelenk streift, sieht sie eine Erscheinung von einem wunderhübschen Jungen. Sie kann die Augen gar nicht von ihm lassen und ist sofort verliebt. Es scheint so, als ob der Junge auch Interesse an ihr hätte, doch wo genau kommt er her und wieso kann sie ihn sehen? Ist das der Beginn einer tollen Liebesgeschichte?
_Kritik_
„Nur ein Hauch von dir“ von S. C. Ransom ist die Liebesgeschichte eines Teenagers. Das Buch ist einfach geschrieben, die Sätze sind nicht allzu lang. Beim Lesen fliegen die Seiten nur so dahin. Zu Beginn zieht es sich ein wenig, bis endlich etwas Aufregendes passiert. Aber danach mag man das Buch gar nicht mehr zur Seite legen, da man gerne wissen möchte, wie es weitergeht. Die Kapitel sind nicht sehr lang und das Ende eines jeden Kapitels ist so gewählt, dass sich eine gewisse Spannung aufbaut und man geneigt ist, ohne Pause ins nächste Kapitel zu starten.
Die Protagonistin Alex ist mir sehr sympathisch, aber auch etwas langweilig. Der Junge namens Callum, den sie durch den Armreif kennenlernt, ist dagegen nicht so leicht zu durchschauen. Man weiß ja auch erst gar nicht, woher er kommt und wieso sie ihn überhaupt sehen kann. Als er seine Geschichte erzählt, wird die Sache deutlicher und auch ihm wird dadurch eine gewisse Sympathie zuteil. Komisch finde ich allerdings, dass die beiden sich bereits nach einigen „Treffen“ die Liebe gestehen. Im Buch kommen des Öfteren irgendwelche großen Liebesschwüre vor, so dass es etwas schnulzig rüberkommt. Mir ging es da etwas zu schnell zur Sache, denn Alex ist ja noch sehr jung.
Sehr fesselnd fand ich den Schluss. Die letzten hundert Seiten habe ich dann in einem Rutsch gelesen, weil ich unbedingt wissen wollte, ob und wie sich die beiden dann letztendlich „bekommen“. Enttäuschend war das Ende nicht, aber man hätte etwas mehr rausholen können.
_Autor_
S. C. Ransom arbeitet als Headhunterin in London, doch auf dem Weg ins Büro und an den Abenden ist sie Schriftstellerin. Ihr erster Roman „Nur ein Hauch von dir“ war ein Geschenk zum zwölften Geburtstag ihrer Tochter und entstand zu großen Teilen unterwegs auf ihrem Smartphone. S. C. Ransom lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Surrey, England. (Verlagsinfo)
_Fazit_
„Nur ein Hauch von dir“ von S. C. Ransom ist alles in allem eine gelungene, romantische und fantasievolle Geschichte. Für Leser ab 12 Jahren zu empfehlen. Wahrscheinlich ist sie eher was für Teenager als für Erwachsene, da die Autorin diese ja für ihre 12-jährige Tochter geschrieben hat. Aber mir hat sie auf jeden Fall auch gefallen.
|Gebunden: 375 Seiten
Originaltitel: Small Blue Thing 1
ISBN-13: 978-3596854509|
[www.fischerschatzinsel.de]http://www.fischerschatzinsel.de
Lauren, Maddie und Jess kennen sich noch nicht, aber alle haben ein Problem mit ihrem Gewicht und fangen aus unterschiedlichen Gründen eine Diät an. Lauren ist Besitzerin einer Partnervermittlung und fühlt sich einfach unwohl mit ihren vielen Kilos. Nach ihrer Scheidung möchte sie sich endlich mal wieder verlieben, aber wie soll das gehen, wenn sie sich nicht gut fühlt? Maddie arbeitet bei einem Radiosender und die hübsche Kollegin Collette ruft in ihrer Sendung eine Kampagne aus, wobei Maddie zu einer Abnehm-Gruppe gehen soll, um ihren Pfunden zu Leibe zu rücken. Und Jess will demnächst heiraten und einfach hübsch in ihrem Brautkleid aussehen, somit beginnt sie eine Diät. Alle drei treffen sich in der FatBusters Abnehm-Gruppe und werden schnell Freundinnen …
_Kritik_
„Diät-Pralinen“ von Lucy Diamond ist ein toller und gefühlvoller Roman. Er ist flüssig zu lesen und in einer einfachen Sprache geschrieben. Jedes Kapitel hat eine Überschrift und es ist angegeben, von welcher der drei sympathischen Protagonistinnen das jeweilige Kapitel handelt. Die Kapitel werden jeweils aus der Sicht von Lauren, Maddie oder Jess in der Ich-Form erzählt. Zuerst fällt es dem Leser etwas schwer, den Überblick zu behalten, wer nun wo arbeitet und aus welchen Gründen abnehmen will. Nach ein paar Kapiteln aber kann man die drei Damen sehr gut unterscheiden. Die Charaktere erzählen alle ihre eigene Geschichte, die sich nach und nach zu einer eigenen zusammenfügt, da Lauren, Maddie und Jess sich kennenlernen und immer mehr voneinander erfahren und ihre Freizeit miteinander verbringen. Sie werden Freundinnen.
Alle drei Protagonistinnen werden anschaulich und lebensnah beschrieben. Das Problem, welches alle drei teilen, macht sie noch sympathischer. Man erlebt, welche Gefühle, Ängste und Probleme sie beim Abnehmen haben. Es gibt Hochs und Tiefs in der Geschichte, die man selber mitfühlen kann. Die Familien oder Bezugspersonen werden mit eingeflochten, sodass sich ein gut nachzuvollziehendes Gesamtbild ergibt.
Lauren hat eine Partnervermittlung, ist aber selber geschieden und ziemlich einsam. Sie findet sich zu dick und meint, dass sie so niemals wieder einen Partner bekommen kann. Sie geht zu der Gruppe FatBusters, wo sie auf Maddie und Jess trifft. Maddie arbeitet in einem Radiosender und wird durch eine Kampagne zu der Gruppe geschickt, um diese zu testen. Allgemein findet sie sich aber auch zu dick und die Idee an sich nicht schlecht. Außerdem fängt sie an ins Fitnessstudio zu gehen, wo ihre Mutter für sie einige Probemonate gebucht hat. Sie berichtet im Radio über ihre Erfahrungen. Auch Jess will abnehmen, denn sie wird bald heiraten. Ihr Verlobter Charlie ist allerdings nicht sehr nett zu ihr und kommt sehr unsympathisch rüber. Alle raten ihr ab, ihn als Mann zu nehmen, worüber sie erstmal total sauer ist. Sie sieht nur das Gute in ihm.
Alles sind gute Gründe, um abzunehmen, aber man sollte es vor allem für sich und seine Gesundheit tun und nicht, um in ein Brautkleid zu passen, einen Partner zu finden oder wegen einer Radiosendung. Im Laufe der Geschichte merkt man allerdings, dass sich die Beweggründe und auch die Charaktere ein wenig verändern. Es wird positiver und man merkt, wie es ihnen allen drei guttut, etwas für sich zu tun. Für sich und keinen anderen. Außerdem finden sie durch die FatBusters- Gruppe Freundinnen, die mit ihnen durch dick und dünn gehen.
Mich haben alle drei Geschichten berührt. Es ist frisch und manchmal auch lustig oder traurig geschrieben, die Charaktere werden deutlich dargestellt und sind überzeugend. Die Problematik „Essstörung“ wird interessant verpackt und vielleicht wird einigen sogar dadurch Mut gemacht.
_Autor_
Lucy Diamond stammt aus Nottingham und hat für das Fernsehen und diverse Verlage gearbeitet. Seit ihren ersten erfolgreichen Kinderbüchern widmet sie sich heute nur noch dem Schreiben. Zusammen mit ihrem Mann und den drei Kindern lebt Lucy Diamond in der Nähe von Bath. Der nächste Roman ist bereits in Vorbereitung. (Verlagsinfo)
_Fazit_
„Diät-Pralinen“ von Lucy Diamond ist eine gefühlvolle und lebensnahe Erzählung. Ich fand sie spannend und würde sie jedem empfehlen. Besonders aber, wenn man selber mit diesem Thema zu kämpfen hat, ist sie interessant.
|Taschenbuch: 384 Seiten
Originaltitel: Sweet Temptations
Übersetzt aus dem Englischen von Nicole Seifert
ISBN-13: 978-3499256073|
[www.rororo.de]http://www.rororo.de
Die gerade mal Dreißigjährige hat sich gleich mit ihrem ersten Roman |P.S. Ich liebe Dich| in die Herzen nicht nur der jungen Generation geschrieben, sondern sie erreicht mit ihrem spritzigen Humor, ihrer Seele und einem Schuss Magie auch die Älteren. Ihre Heldinnen sind immer ein bisschen so, wie sich die junge Generation selbst gern sehen würde und wie wir Älteren wünschten, dass es die junge Generation wäre.
|Kritikpunkte|
Jetzt aber machte sich Enttäuschung breit, denn die neue Heldin Tamara ist eine scheinbar verwöhnte Göre von 16, die das Pech hatte, dass der Universalgeldbeschaffer Papa durch Selbstmord aus dem Leben schied und die Ursache dieses Entschlusses der nicht mehr abwendbare Ruin war, der auch für die Rotzgöre das Ende des Schwelgens in teuren Urlaubszielen und Markenerzeugnissen bedeutete. Zwar ist als Rest von Identifikationspotenzial ihre Liebe zu den eigenen Eltern vorhanden, aber sonst hatte man an Idealischem doch wesentlich mehr.
Der zweite Kritikpunkt ist allgemein, dass sie sich diesmal, wie bei anderen Autoren üblich, eine Exposition von etwa einem Drittel des Buches gönnt, dann aber eine Rasanz der Handlung entwickelt, dass die Zeichnung der Personen vor der Action zurücktritt und man das Gefühl hat, sie hat ein wenig zu viel |Dan Brown| gelesen. Sie gibt dem Geschehen die unwahrscheinlichsten Wendungen, so dass man Mühe hat zu folgen. Es genügt da nicht, dass das Buch in einem Show-Down endet, sie muss noch eine Geschichte im Stile eines Märchens nachschieben, um einigermaßen Verständnis zu erlangen.
|Cecelias Stil|
Die Senkrechtstarterin Ahern ist sich wohl bewusst, dass eine Schriftstellerin ihren Erfolg nicht allein ihrem Talent verdankt, sondern der Tatsache, dass sich so viele Leser finden, dass sie gut von den Auflagen leben kann. So wendet sie sich immer wieder an den Leser, was sich im besprochenen Roman aber auf den gemeinhin als langweilig eingestuften ersten Teil beschränkt. Man hat das Gefühl von einer charmanten, geistreichen und hübschen jungen Frau direkt angesprochen zu werden, die sich vorgenommen hat, einem ein literarisches Vergnügen zu bereiten, was man selbstredend gern annimmt. Den Kritikern, die sich teils als sehr enttäuscht von diesem Roman bezeichnen, scheint das nicht mehr zu genügen.
Nach besagtem Ruin findet Tamara mit ihrer in Agonie verfallenen Mutter Aufnahme bei einem verwandten Ehepaar Rosaleen und Arthur, deren Lebensaufgabe darin zu bestehen scheint ein Anwesen um ein verfallenes Schloss in Schuss zu halten. Sie bewohnen dessen Torhaus, versorgen die Mutter von Rosaleen, die irgendwie unter Verschluss gehalten wird, und geheimnisvoll ist auch die Anwesenheit von vier Nonnen in einem der Nebengebäude.
In dieser Szenerie bewegt sich nun Tamara, wobei sie nur wenig Mühe aufwenden muss, diese neue Umgebung in ein gut funktionierendes Dienstleistungskombinat zu verwandeln, wo sie nun zwar auf einiges Entertainment verzichten muss, aber ihre Launen doch gehörig ausleben kann. Es erfordert nicht viel Mühe, bei Tamara, mit der sich doch so wenige Leser identifizieren können, unter der verwöhnten Schale doch einen patenten Kern auszumachen. Sie stammt doch schließlich aus Cecelias Feder, und wie sollte es da anders sein.
Und endlich taucht ja auch das selbstschreibende Tagebuch auf. Es gilt aber noch einen passenden Schlüssel zu finden, da es mit einem Schloss versehen ist. Da die Weiblichkeit in dem Buch deutlich dominiert, die paar Männer nur zum Totsein, Schweigen oder anhimmeln gedacht sind, ist es auch eine Frau, die es, brachial allerdings, öffnet. Dann kommen sie endlich, die Tagebuchaufzeichnungen, die so etwas wie eine Bestimmung symbolisieren sollen, wovon aber nur sparsam Gebrauch gemacht wird, was auch wieder Fans in Harnisch brachte, die nun das halbe Buch voller orakelnder Tagebuchseiten wünschten. Cecelia aber geizt mit dieser kleinen Zeitmaschine für einen Tag, denn es ist auch ein Erziehungsinstrument, und wie sollte man davon zu viel einsetzen bei allseits verbreiteter Abwehrsensorik gegen solcherlei Mittel.
|Action|
Natürlich verbietet es sich, auszubreiten, was sich genau zuträgt, aber man muss Cecelia hier zugutehalten, dass es weder Tote noch ernsthaft Verwundete bei den als spannend eingestuften Aktionen gibt, noch gibt es eine echte Schuld, sondern eben nur psychisch Motiviertes, das eventuell sogar heilbar sein könnte. Auch hier muss eine Frau, Rosaleen herhalten, die ihren Mann gehörig unter dem Pantoffel hält und für die vielen verborgenen oder unter den Teppich gekehrten Dinge zuständig ist, die es also schafft, trotz ihres Fleißes und der Aufopferung für die unfreiwilligen Gäste noch unsympathischer zu erscheinen als die Rotzgöre Tamara. Da zeigt es sich, dass das gröbste Vergehen nicht etwa in Verwöhntheit besteht, sondern in ungerechtfertigter Kontrolle.
|Märchen|
Da man auch nach dem Showdown noch nicht alles verstanden haben kann und nicht alle Motivationen klarliegen, Ahern aber um jeden Preis volkstümlich bleiben möchte, entschied sie sich fast am Schluss noch für ein Märchen, das die Geschichte eines armen Mädchens erzählt, die wir unschwer zuordnen können. Was wäre es auch für ein Schloss, wenn dort nicht Märchenhaftes zu verzeichnen gewesen wäre und sie lässt uns in einem Gefühl zurück, dass alles im Leben seine Ordnung hat. Es ist bedauerlich, dass der Adel dieses Schlosses untergehen musste und nebenbei sind wir auch mit der Wohlstandswelt des moderneren Lebens versöhnt, so dass die Autorin am Schluss freundliche Aufnahme ihres Dankes an den Leser erhoffen kann, dass er dieses Buch auch gelesen hat.
_Fazit_
Cecelia Ahern unternimmt in diesem Buch den Versuch, mit einer nicht von vornherein absolut zu vergötternden Heldin zu einem guten Ende zu kommen, indem sie ein ausgezirkeltes Verwirrspiel um dieses Persönchen herum organisiert, das uns letztendlich mit der Protagonistin Tamara und also auch mit uns selbst versöhnt.
|Hardcover: 368 Seiten
Originaltitel: The Book of Tomorrow
ISBN-13: 978-3-8105-0145-5|
[www.krueger-verlag.de]http://www.krueger-verlag.de
_Christian Rempel_
_Cecelia Ahern bei |Buchwurm.info|:_
[„P.S. Ich liebe dich“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3321
Elisabeth lebt ein Leben voller Ängste und Komplexe: Sie hat Angst, dass ihr Mann sie verlässt, weil sie zu kleine Brüste hat, sie hat Angst vorm Sterben jeglicher Art und macht sich immer Sorgen um ihre Tochter. Sie muss alles kontrollieren und ist immer aufs Schlimmste gefasst. Seit etlichen Jahren geht sie deswegen zu ihrer Therapeutin, Frau Drescher, die ihr schon bei vielem geholfen und außerdem bislang verhindert hat, dass Elisabeth sich umbringt. Alle möglichen Themen werden dreimal die Woche mit Frau Drescher besprochen. Insbesondere beschäftigt sie sich aber mit Sex. Da ist Elisabeth nichts peinlich und sie kann alles vergessen und loslassen.
Ihre Ängste aber wurden, ihrer Meinung nach, durch einen schrecklichen Unfall vor acht Jahren ausgelöst, der ausgerechnet vor der geplanten Hochzeit mit ihrem Ex-Freund geschah. Dieser Unfall verfolgt sie bis heute. Und an Elisabeths Komplexen ist allein ihre Mutter schuld, die ihre Kinder zu streng und zu gläubig erziehen wollte. Das hat allerdings bei ihr nicht wirklich funktioniert …
_Kritik_
Völlig frei von irgendwelchen Erwartungen oder Vorbehalten habe ich das Buch „Schoßgebete“ von Charlotte Roche gelesen, denn leider kenne ich den vorigen Roman „Feuchtgebiete“ nicht.
Charlotte Roche beschreibt absolut frei raus, was in dem Kopf von Elisabeth vorgeht. Alle Details ihrer Sexualität und viele komische oder extreme Gedanken, die sie wegen ihrer Ängste und Komplexe hat. Das Buch ist in drei Tage aufgeteilt: „Dienstag“, „Mittwoch“ und „Donnerstag“. Jedem Tag werden etliche Seiten gewidmet und es wird genaustens alles beschrieben, was sie an diesen Tagen erlebt und fühlt. An allen drei Tagen geht sie zu ihrer Therapeutin, um ihren Gedanken freien Lauf zu lassen.
In manchen Gedankengängen findet man sich selbst irgendwie wieder, egal, ob es ekelige, schreckliche oder auch schöne Gedanken sind. Viele Sachen finde ich allerdings auch befremdlich. Wer zum Beispiel wünscht sich schon den Tod eines Menschen? Charlotte Roche ist hier sehr ehrlich und ungezwungen offen. Das Buch ist somit faszinierend, aber auch etwas abstoßend zugleich.
Dass sie viel über den einen schrecklichen Unfall erzählt, der vor acht Jahren einen Tag vor ihrer geplanten Hochzeit geschah, habe ich aufgrund des Buchtitels nicht wirklich erwartet und war etwas enttäuscht. Ich finde, zu diesem Thema sind die Passagen leicht langatmig. Es gibt sicherlich einen Zusammenhang zwischen Elisabeths jetzigem Dasein und dem Unfall, dennoch hätte man die Erzählung, meines Erachtens nach, verkürzen können. Auch springt die Autorin sehr plötzlich von Berichten aus der Vergangenheit ins Jetzt und umgekehrt. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig und man muss dann immer schnell umschalten.
Die Protagonistin selbst finde ich oft sehr übertrieben ängstlich und kontrollsüchtig, im Allgemeinen aber schon sympathisch. Eben weil sie so offen ist. Das Buch an sich ist in einer meist einfachen Sprache geschrieben. Einiges ist lustig dargestellt und man muss über Begriffe wie „Geilheitsexperiment“ oder „Polochdialog“ schmunzeln.
_Autorin_
Charlotte Roche wurde 1978 in High Wycombel/England geboren und wuchs in Deutschland auf. Als Moderatorin u. a. bei VIVA, 3sat und das ZDF wurde sie mit dem Grimme-Preis sowie dem Bayrischen Fernsehpreis ausgezeichnet. 2008 veröffentlichte sie ihren ersten Roman, „Feuchtgebiete“, der eine gesellschaftliche Debatte auslöste und zum erfolgreichsten Buch des Jahres avancierte. Charlotte Roche wohnt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Köln. (Verlagsinfo)
_Fazit_
„Schoßgebete“ von Charlotte Roche ist ein durchaus gelungener, offener, aber auch verwirrender Roman. Charlotte Roche hat einen sehr eigenen und freizügigen Schreibstil, der den Leser sicherlich beim Lesen auch schon mal fast „rot werden“ lässt. Für sehr prüde Leser wohl eher nicht geeignet. Aber für alle, denen auch nichts peinlich ist, ist dieses außergewöhnliche Lesevergnügen ein absolutes Muss. Ich für meinen Teil weiß nun, dass ich den Roman „Feuchtgebiete“ unbedingt noch lesen werde. Nicht zuletzt, um auch noch mal einen Vergleich zwischen den beiden Büchern zu ziehen.
Comedian Ralf Schmitz widmet sich in diesem Buch seiner Familie, oft und im Speziellen aber seiner Mutter. Er berichtet von vielen lustigen Ereignissen aus seiner Kindheit, aber auch von neusten Erlebnissen. Es gibt Kapitel wie „Die ersten Male“, „Der Mama-Test“ oder „Happy Family“. Außerdem sind zahlreiche Tipps zu Fragen wie „Warum sagt Mama immer Dingens?“ und „Wie beendet man ein Telefonat mit Mama?“ enthalten.
Endlich Nachschub von David Safier – so dachte ich, als ich „Happy Family“ per Post bekommen habe. Seit „Mieses Karma“ kann ich es kaum erwarten, wenn Safier ein neues Buch auf den Markt bringt, das ich dann wieder im Handumdrehen verschlingen kann. Und so war es auch bei seinem neuesten Werk, das wieder einmal nur zwei Tage angehalten hat, weil ich es – einmal angefangen – nicht mehr aus der Hand legen konnte.
_Wünsch dir was_
Emma Wünschmann besitzt eine kleine Buchhandlung, die mehr schlecht als recht läuft und eigentlich keine Gewinne abwirft. Dennoch hält sie treu an ihrer Angestellten Cheyenne fest, mit der sie sich so gut versteht, die sie aber eigentlich gar nicht bezahlen kann, weil im Laden die Kundschaft ausbleibt und Emma die Arbeit daher auch ganz alleine schaffen würde. Und dabei hatte Emmas Karriere in einem Verlag doch so viel versprechend begonnen – sogar eine aussichtsreiche Stelle im Ausland hatte sie angeboten bekommen, doch dann hatte sie Frank kennen gelernt und war ganz fix schwanger geworden, sodass sie die Stelle an ihre Kollegin Lena abtreten musste. Und genau diese Lena betritt eines Tages Emmas Laden und erzählt ihrer alten Kollegin von all ihren beruflichen Erfolgen. Emma ist grün vor Neid, will ihrer Konkurrentin aber unbedingt vorführen, wie glücklich sie stattdessen mit ihrer Familie ist. Und so geht Familie Wünschmann abends gemeinsam zu einer Lesung mit Stephenie Meyer – alle in Monsterkostümen verkleidet, obwohl die Lesung gar keine Kostümparty ist …
Entsprechend schlecht ist die Stimmung auf dem Nachhauseweg – Tochter Fee in Mumienkostüm schreibt eine SMS nach der anderen und muffelt alle anderen an, Vater Frank, als Frankensteins Monster verkleidet, ist eigentlich viel zu k. o., um sich aufzuregen, da sein Job ihn unglaublich in Anspruch nimmt, und Sohn Max in seinem Werwolfkostüm denkt an seinen Schwarm Jaqueline, die ihn leider gar nicht ernst nimmt und ihn ins Schulklo getaucht hat. Unterwegs platzt Emma der Kragen – hat sie doch ihre Karriere für diese Familie aufgegeben, mit der sie sich nun ständig herumärgert. Sie rast auf den Bürgersteig und fährt dabei fast eine alte Frau um – die Hexe Baba Yaga, die Familie Wünschmann kurzerhand in Monster verwandelt, denn sie möchte Graf Dracula eine Vampirin als Weggefährtin an die Seite geben – und dies ist Emma Wünschmann in ihrem Vampirskostüm.
Auch als echte Monster hat Familie Wünschmann erstmal nichts Besseres zu tun, als zu streiten. Einig sind sie sich nur in einem – sie wollen schleunigst ihre alten Körper zurück. Obwohl: Auch da ist Söhnchen Max sich eigentlich gar nicht so sicher, sieht er als Werwolf doch die Möglichkeit, endlich mal etwas Mut zum Abenteuer zu entwickeln, während er als Menschenjunge bloß ein schlauer und verschüchterter 12-Jähriger ist.
Um ihre alten Körper zurückzuerlangen, verfolgen die Wünschmanns Baba Yaga durch Europa – Ziel der Reise ist Transsilvanien. Als Fortbewegungsmittel dient der alte Hippiebus von Emmas Freundin Cheyenne. Mit dabei ist auch Jaqueline, die zunächst nichts Besseres zu tun hat, als Max weiterhin aufzuziehen und zu demütigen. Unterwegs begegnen die Wünschmanns Graf Dracula, der unbedingt mit Emma anbandeln will, um viele Vampire in die Welt zu setzen. Emma fühlt sich geschmeichelt, zumal Cheyenne abenteuerliche Geschichten über Draculas Bettkünste erzählen kann. Die Reise führt natürlich nicht auf direktem Weg nach Transsilvanien, einen Zwischenstopp legen die Wünschmanns – nicht ganz freiwillig allerdings – in Ägypten ein, wo sie dem wütenden Pharao Imhotep begegnen, der die Wünschmanns zur Strecke bringen will. Und so gilt es, einige Abenteuer zu überstehen – Ziel ist es jedoch, als Familie wieder das gemeinsame Glück zu entdecken, nur dann kann Baba Yagas Fluch überwunden werden …
_Verflucht seid ihr, oh Unglückliche_
In seinem vierten Roman erinnert David Safier sich offensichtlich wieder an alte Zeiten, denn genau wie in seinem fulminanten Debüt werden Menschen in andere Kreaturen verwandelt und müssen ihr Glück (bzw. im ersten Buch war es eben gutes Karma) erlangen, um wieder zum Mensch werden zu können. Aber wie nicht anders zu erwarten war, ist der Weg dorthin alles andere als geradlinig. Und so muss Familie Wünschmann auch hier alle möglichen Abenteuer überstehen, Widersacher ausschalten und vor allem Familienzwistigkeiten ausfechten. Denn das gemeinsame Schicksal schweißt sie nicht etwa näher zusammen, sondern entzweit die Wünschmanns zunächst viel weiter. Alle geben Emma die Schuld für den Fluch, da sie es war, die die alte Hexe beleidigt und damit ihren Zorn auf sich gezogen hat. Emma dagegen verflucht ihre Familie, da sie unglücklich ist mit ihrem Leben und ihrer Familie die Schuld dafür gibt. Frank ist völlig desillusioniert. Seine Arbeit hat ihm bereits die letzte Kraft geraubt und so sieht er hilflos allen Streitereien zu, da er keine Kraft mehr hat, sich zu engagieren und sich mit Emma zu versöhnen.
David Safier greift mal wieder in seine Trickkiste der besten Kuriositäten, er spielt mit einer Absonderlichkeit nach der anderen, lässt schier unglaubliche Dinge geschehen und erwärmt damit wieder einmal das Herz seiner Leser. Praktisch auf jeder Seite zaubert er einem ein Lächeln ins Gesicht, da man so sehr mit dieser chaotischen Familie mitfühlt und über die erlebten Geschichten lacht. Safier hat ein unglaubliches Geschick zum Formulieren und versteht es grandios, ganz nebenbei die witzigsten Episoden zu präsentieren. Nie ist sein Wortwitz aufdringlich, ganz im Gegenteil, fast hat man das Gefühl, man könnte seine Witze verpassen, wenn man nicht aufmerksam genug liest, da die lustigsten Dinge wirklich im „Vorbeigehen“ passieren. In diesem Buch spielt er vor allem mit Jaquelines beschränktem Verstand und Max‘ Schläue, denn Jaqueline versteht praktisch alles falsch, da sie keine Ahnung von irgendwas hat, aber der kleine Max denkt dafür so verquer und so deutlich seinem Alter voraus, dass man einfach nur über den kleinen Mann lachen muss.
In puncto Wortwitz steht das vorliegende Buch dem „Miesen Karma“ kaum in etwas nach, aber irgendwie ist Safiers Erstlingswerk immer wieder die Messlatte für alle anderen seiner Bücher, da er einfach gleich mit einem fast schon perfekten Buch bekannt geworden ist. „Happy Family“ schrammt aber aus meiner Sicht nur ganz knapp an Safiers Debüt vorbei, denn dieses Mal hat er mich wieder einmal von der ersten bis zur allerletzten (viel zu schnell kommenden) Seite blendend unterhalten.
_Schräge Charaktere_
Im Mittelpunkt steht die Familie Wünschmann – allen voran die frustrierte Emma, die mit sich und ihrem Leben unzufrieden ist, aber allen beweisen möchte, dass sie in ihrer Familie ihr Lebensglück gefunden hat. Doch ihre Kinder bringen ihr keine Liebe entgegen, mit Tochter Fee zofft sie sich am laufenden Band und Söhnchen Max macht seine Probleme mit sich alleine aus, da er der Meinung ist, dass seine Schwester der Liebling seiner Mutter ist und sie ihn eigentlich gar nicht mag. Familienvater Frank ist so mit seinem Job beschäftigt und von ihm eingenommen, dass er für seine Familie und deren Probleme weder Zeit noch Geduld aufbringen kann, und so wirkt er völlig phlegmatisch. Emma mit all ihrem Unglück gefiel mir extrem gut, zumal man sie streckenweise doch gut verstehen kann. Tochter Fee steckt mitten in der Pubertät und möchte ihren großen Schwarm für sich gewinnen, erfährt dank ihrer neuen Hypnosefähigkeiten allerdings, dass dieser gar nicht auf sie steht und nur mit ihr gespielt hat. Das deprimiert sie weiter, zumal sie gar nicht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Das sind die typischen Probleme eines Teenagers – bei Safier natürlich ein wenig überzeichnet, aber doch so authentisch, dass Fee dem Leser echt leidtun kann. Aber auch Max sammelt einen Sympathiepunkt nach dem anderen. Er ist der Intelligenzbolzen der Familie und muss daher in der Schule einiges einstecken. Keiner versteht ihn, da er in ganz anderen Sphären denkt als alle anderen. Und selbst als Werwolf ist er doch nur ein ängstliches Hündchen – einfach zu goldig!
Einzig Frank hat mir nicht gefallen. Als Frankensteins Monster ist sein IQ dermaßen geschrumpft, dass er sich nur noch grunzend artikulieren kann und aufmalen muss, was er seiner Familie mitteilen möchte. Seine Probleme in Job und Familie bleiben daher ziemlich diffus, da er sich nicht mitteilen kann und man ihn deswegen nicht versteht.
Glorreich dagegen ist Cheyenne, die schon alles Mögliche erlebt hat und vor allem gerne von ihren sexuellen Eskapaden in allen Details berichtet – herrlich komisch!
_Eine schrecklich nette Familie_
„Happy Family“ ist ein echtes Feel-Good-Buch. Mit jeder Zeile muntert Safier einen auf, bringt einen zum Lachen und unterhält einen blendend. Das Buch ist herrlich komisch geschrieben, sprüht vor Wortwitz und überzeugt – bis auf eine winzige Ausnahme – auch in der Charakterzeichnung. Die Familie Wünschmann ist so herrlich komisch und doch auch völlig normal, dass man ihre Probleme nur zu gut nachfühlen kann, aber doch auch ständig wieder darüber lachen muss, weil David Safier es schafft, die Probleme so überspitzt darzustellen. Zwar reicht das vorliegende Buch nicht ganz an Safiers Erstling heran, dennoch kann ich das Buch auch all denen nur ans Herz legen, die bislang von David Safier nichts gelesen haben. Das Buch unterhält auf hervorragende Weise, sodass ich schon jetzt wieder Safiers nächstem Werk entgegenfiebere.