Die Tücken der Saurierjagd: klassische Science-Fiction-Geschichten
Anno 1979 feierte eines der renommiertesten SF-Magazine seinen dreißigsten Geburtstag. „Ed Ferman, sein langjähriger Herausgeber, hat aus diesem Anlass in Zusammenarbeit mit seinen Lesern und den Autoren einen Band der schönsten Erzählungen zusammengestellt, die in drei Jahrzehnten in diesem Magazin erschienen sind.“
So tönt der Klappentext. Aber in der Tat versammelt der schmale Band, den es anno 1981 für schlappe 5 Mark 80 zu kaufen gab, eine Vielzahl klassischer Storys sowie die Vorlagen zu den besten SF-Romanen aller Zeiten, darunter „Blumen für Algernon“ von Daniel Keyes und „Ein Lobgesang auf Leibowitz“ von Walter M. Miller. Zwar sind auch die US-Giganten wie Asimov, Heinlein und Silverberg vertreten, aber es gibt auch auffallend gute weibliche Autoren, die 1979 gerade ihre erste Phase abgeschlossen hatten: Ursula K. Le Guin, James Tiptree jr. (= Alice Sheldon) und Zenna Henderson.
Vor siebenhundert Jahren hat Tersa die Ankunft einer neuen Hexe vorausgesagt. Jetzt scheint es, als hätte sich ihre Prophezeiung erfüllt. Lucivar Yaslana, Kriegerprinz und Sohn des Höllenfürsten Saetan SaDiablo, ist ihr begegnet: Sie heißt Jaenelle und ist ein verletzliches, scheues, siebenjähriges Kind! Sofort verspürt das eyrische Halbblut den Wunsch, das Kind zu beschützen. Auch Lucivars Bruder Daemon, genannt der Sadist, spürt Jaenelles Ankunft. Doch sie ist weit, weit fort, außerhalb seiner Reichweite, und das macht ihn rastlos und noch reizbarer, als er ohnehin ist.
Letztlich ist es der Höllenfürst persönlich, der sich des Kindes annimmt. Da Jaenelle Lucivar versprochen hat, nicht durch die Welt des Lichtes, Tereille, zu reisen, hat sie sich darauf verlegt, durch das Reich der Schatten, Kaeleer, und das Reich der Finsternis, die Hölle, zu reisen. Als Saetan ihr begegnet, spürt auch er sofort, dass er die zukünftige Herrin der Welt vor sich hat. Und sie bittet ihn, sie auszubilden! Schon bald erkennt Saetan, dass er sich da einiges eingebrockt hat, und das nicht nur, weil die Kleine zwar schier unermessliche Kräfte besitzt, gleichzeitig aber nicht in der Lage ist, sie zu kontrollieren, sondern weil sie Feinde hat. Mächtige Feinde! Anne Bishop – Dunkelheit (Die Schwarzen Juwelen 1) weiterlesen →
Wyatt erbeutet bei einem Einbruch in das Haus einer Politikerin 50.000 Dollar Cash und ein goldenes, mit Diamanten besetztes Schmuckstück. Bei dem Versuch, das gute Stück an eine Hehlerin zu verticken, stellt sich jedoch heraus, das es seit einem Überfall der berüchtigten Magnetbohrergang auf der Fahndungsliste steht.
Nicht nur die Polizei will Wyatt jetzt ans Leder, plötzlich versuchen auch brutale, dubiose Typen ihn und das Schmuckstück aus dem Verkehr zu ziehen. Doch in diesem Spiel bestimmt Wyatt nun mal die Regeln und Angriff ist die beste Verteidigung. Fernab der Heimat, auf einem malerischen Anwesen an den Klippen der tropischen Südseeinsel Port Vila, macht er den Drahtzieher ausfindig und fordert Revanche …(Verlagsinfo)
Werden wir die Erde vermissen?
Die Menschheit kommt nicht zur Ruhe. 1912 wird Edwin St. Andrew, Adelsspross aus England mit einer ketzerischen Haltung zum britischen Imperialismus, in die britische Kolonie Kanada exiliert und sucht dort sein Glück. 2203 bricht die berühmte Schriftstellerin Olive Llewellyn eine weltweite Lesereise ab, um zurück zu ihrer Familie auf den nun kolonialisierten Mond zu fliegen, als erste Meldungen über eine Pandemie laut werden. 2401, es gibt inzwischen Kolonien auf den Monden des Saturns, soll Gaspery-Jacques Roberts durch die Zeit reisen, um einer Anomalie nachzugehen, die vermuten lässt, dass die gesamte Geschichte der Menschheit nichts weiter ist als eine Simulation.
(Verlagsinfo)
Wow. Werden wir die Erde vermissen? Wir kolonisieren den Mond, das Sonnensystem und auch ferne Kolonien. Zeitreise-Mission. Pandemie? Da wird ein Mix der großen Fragen der Science Fiction auf dem Klappentext vorgestellt, und der Roman hat nur 288 Seiten. Kann das gut gehen?
Nathan war im Urlaub, was für einen Wolfgard bedeutet, er war in der Wildnis, um für eine Weile den Kontakt zu Menschen hinter sich zu lassen, und nur mit dem Rudel zu laufen. Jetzt ist er auf dem Rückweg nach Lakeside, und kaum hat er wieder mit Menschen zu tun, wird es auch schon unangenehm: im selben Zugabteil sitzt nicht weit von ihm entfernt ein dunkelhäutiges kleines Mädchen, das allein zu reisen scheint, und an dem ein übel riechender Mann ein ungesundes Interesse zeigt. Sofort nimmt Nathan den menschlichen Welpen in Schutz, ohne auch nur zu ahnen, welche weitreichenden Folgen das haben wird!Anne Bishop – Visionen in Silber (Die Anderen 3) weiterlesen →
Shakespeare auf der Scheibenwelt – da ist natürlich so einiges anders als beim alten englischen Barden. Die Hauptpersonen, wie kann es auch anders sein: drei Hexen, ein Dolch, ein gemeuchelter König (siehe Dolch), ein Thronräuber (siehe König), ein schüchterner Monolith, ein ernster Narr, ein dichtender Zwerg und ein Kronprinz im Schauspielerexil – kommt einem das nicht irgendwie bekannt vor? Lachen oder nicht lachen, das ist hier die Frage.
König Verence wird hinterrücks erdolcht, der kronprinzliche Säugling zusammen mit der Reichskrone von Getreuen gerettet und den drei Hexen (den „Wyrd Sisters“ des Originaltitels) anvertraut. Die bereits aus [„Equal Rites“]http://www.powermetal.de/book/anzeigen.php?id__book=218 (ein Wortspiel mit „equal rights“ – Gleichberechtigung, das hier aber „gleiche Riten“ bedeutet) bekannte Oma Wetterwachs, die alte, allem Weltlichen aufgeschlossene Nanny Ogg (die mit dem berühmt-berüchtigten Kochbuch) und die junge, etwas flippige Magrat Garlick wissen zunächst nicht, wohin mit dem Wickelkind.
Ihnen fällt nichts Besseres ein, als den Kronprinzen einer fahrenden Schauspielertruppe inkognito anzuvertrauen – schließlich mischen sich Hexen grundsätzlich nicht in weltliche Angelegenheiten ein. Doch auch sie müssen feststellen, dass erstens alles meist anders kommt, und zweitens, als man es sich vorgestellt hat. Vorhang auf also für den großen Dornröschenschlafzauber der Hexen für das gesamte Reich. Zumindest so lange, bis Kleinprinzlein erwachsen geworden ist und als Held den Thronräuber verjagt – allerdings ist Prinz Tomjon mit Leib und Seele Schauspieler und denkt überhaupt nicht daran, das verantwortungsvolle Amt eines hochoffiziellen Helden außerhalb der Bühne anzustreben. Guter Rat ist da selbst für so gewiefte Hexen wie unser infernalisches Trio teuer…
Mein Eindruck
In der sechsten deutschen Auflage der Scheibenwelt beweist Pratchett seinen enormen Einfallsreichtum und hintergründigen Humor. Wie kaum ein anderer – vielleicht mit Ausnahme von Tom Holt – versteht es Pratchetts Fantasyvariante, Anspruch und intelligenten Humor miteinander zu verknüpfen.
Im Gegensatz zu seinen Autorenkollegen klebt er nicht an einer Hauptperson (etwa in Aprins „Myth“-Serie oder in Gordons „Drachenritter“-Zyklus) oder einem längst ausgelutschten Schauplatz (etwa Anthonys „Xanth“), sondern sucht sich immer wieder neue Freiräume, neue für ihn und seine Leser interessante Figuren und Konstellationen und sorgt auf diese Weise für scheinbar immerwährende Frische und Pepp in seinen Scheibenweltromanen.
Nicht etwa, dass er hierbei darauf verzichtet, altbekannte Figuren (u.a. der Literatur) bei Gelegenheit wieder auftreten zu lassen: Der Primaten-Bibliothekar der Unsichtbaren Universität erscheint in fast jedem der ersten Bände, und das Hexentrio mischt sogar noch den zwölften Band („Witches abroad“) auf. Aber dabei kommt nie Langeweile auf, wirken die Protagonisten nie abgegriffen und und altbekannt. Wieder einmal ist für prächtige Unterhaltung gesorgt.
Taschenbuch: 351 Seiten.
Aus dem Englischen von Andreas Brandhorst.
ISBN-13: 9783453054080 www.heyne.de
Deutsche SF: Viel allzu Bekanntes, mit bedeutenden Ausnahmen
Die SF-Anthologien des Wurdack-Verlags feiern mit dieser Ausgabe Jubiläum: Dies ist die zehnte. Und wie so häufig sind auch etliche der Erzählungen für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert worden – nicht weniger als fünf von sechzehn …
In diesem Band liegen sämtliche Roboter-Erzählungen gesammelt vor, die noch heute verfilmt werden, z. B. mit Will Smith in der Hauptrolle. In der fünften Geschichte „Liar!“ formulierte Asimov die ersten drei Gesetze der Robotik, die noch heute die Grundprinzipien des Baus von Robotern darstellen. In Japan werden Roboter inzwischen als Kindermädchen eingesetzt.
Später ergänzte er die drei Gesetze um das nullte Gesetz, das nicht nur Einzelmenschen, sondern auch die Menschheit als Ganzes schützen soll (ob das immer gelingt, steht auf einem anderen Blatt). Asimovs Robotergeschichte sind ein wichtiger Beitrag, den die Sciencefiction zum Thema Künstliche Intelligenz geleistet.
Meg Corbyn hat überlebt. Lakeside auch. Aber die Lage ist angespannt, vor allem, weil die meisten Details bezüglich der Vorfälle unter den Tisch gekehrt wurden. Nicht nur die Anderen spüren den steigenden Druck, sondern auch die Menschen, die für sie oder mit ihnen zusammenarbeiten.
Dann hat Meg einen schrecklichen Alptraum, und nur wenige Tage später kommt es in einem kleinen Ort namens Walnut Grove zu einem Zwischenfall ähnlich dem in Jerzy …!
Haarfestiger und Haarentferner, Rostschutz und Frostschutz: Wer soll dieses Gebräu bloß trinken? Georgs Großmutter natürlich… Denn wer einen wehrlosen kleinen Jungen so triezt, hat nichts Besseres verdient. Am Anfang schätzt Großmutter das Wundermittel sogar: Es macht sie größer. Ihr Pech, dass sie so gierig ist, bald ist sie so lang wie ein Kran… (Verlagsinfo)
Totale Gedankenkontrolle – ein (Alb-)Traum, mindestens so alt wie George Orwells „1984“ aus dem Jahr 1948. Doch die künftige Nanotechnologie in Verbindung mit Gentechnik wird es Regierungen erlauben, Steuerungsbefehle an Menschen zu verbreiten, die als unscheinbare Grippeviren übertragen werden. „Mit einem hatschi! wirst du ein anderer Mensch“, könnte man sagen.
Doch was kann man gegen diese Forschung unternehmen und wie kann der Erfolg erreicht werden? Die englische Wissenschaftlerin Natalie Armstrong macht es vor. Dass in ihrem Kampf auch Opfer nötig sind, ist unausweichlich. Dass die Welt eine völlig andere wird, sowieso …
Die Autorin Justina Robson veröffentlichte diesen ihren zweiten Roman bereits 2001. Das Buch wurde nach Angaben des Verlags für den „Arthur C. Clarke Award“ als bester Science-Fiction-Roman des Jahres nominiert, erhielt ihn aber nicht. Und das wohl zu Recht. Justina Robson – Mappa Mundi. SF-Roman weiterlesen →
Sir Able, der Held unserer Geschichte, ist tot – gefallen im Kampf gegen den Drachen Gengram. Zwanzig Jahre verbringt er im himmlischen Reich des Walvaters, ohne zu altern, ohne an seine geliebte Disiri zu denken. Als er sich schließlich doch wieder an sie erinnert, kehrt seine Sehnsucht nach ihr mit Macht zurück, und er bittet den Walvater, ihn wieder nach Mythgarthr zu entlassen.
Das wird ihm gewährt, aber er muß ein Gelübde ablegen, keinen Gebauch von seinen magischen Fähigkeiten zu machen. Und so kehrt Able als mächtigster Zauberer seiner Zeit in die Welt der Menschen und Feen, der Riesen und Oger zurück – als ein Zauberer, der seine Macht nicht einsetzen darf! Und dabei könnte er seine magischen Kräfte im Kampf gegen die Frostriesen des Nordens und die Drachen von Muspel dringend gebrauchen… (Verlagsinfo)
Gene Wolfe (1931-2019), bekannt für seine ungewöhnlichen und anspruchsvollen Interpretationen von Fantasy- und Sagenstoffen, schließt mit „Der Zauberer“ seine Mythgarthr-Saga ab. Gene Wolfe – Der Zauberer (Mythgarthr 2) weiterlesen →
Der Amerikaner Gene Wolfe (1931-2019) ist ein sehr innovativer Autor, der, obwohl er bereits seit 1970 Romane schreibt, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden, in Deutschland eher unbekannt ist. „Mytgarthr 1 – Der Ritter“ ist der erste Teil der zweibändigen Mythgarthr-Saga; der zweite Band „Der Zauberer“ schließt den Zyklus ab:
Wolfe macht seinen Ruf alle Ehre: In der Erzähltechnik eines Briefromans mischt er höfischen Artusroman mit einem historischen Ritterroman im Stile von Walter Scotts „Ivanhoe“ und nordischer Saga. Ein junger Amerikaner schläft in einem englischen Wald ein und erwacht in einer anderen Welt: Mythgarthr, der magischen Welt der Menschen. Er verliert sich zunehmend in dieser fremden Welt, ständig wiederkehrende Erinnerungsfetzen an seine Herkunft bewegen ihn jedoch, seine Taten für seinen Bruder Ben niederzuschreiben.
Stilecht: Der Schnüffler und die Revolution im Garten
Wanze Muldoon, so lautet der Name des Käfers, ist von Beruf Privatdetektiv. Als er den Auftrag erhält, eine Gruppe separatistischer Ameisen, die den gesamten Ameisenstaat in Aufruhr versetzt, ausfindig zu machen, muss er seinen ganzen detektivischen Spürsinn aufbieten. Dabei stößt er auf geheime Verbindungen zwischen den Ameisen und Wespen. Spätestens jetzt weiß Wanze Muldoon, dass diesem Garten und den dort lebenden Insekten große Gefahr droht. (Verlagsinfo) Paul Shipton – Die Wanze. Ein Insektenkrimi weiterlesen →
Als einziger Überlebender eines Raumschiffs erreicht er in einer Rettungskapsel einen erdähnlichen Planeten. Er wird von Eingeborenen gefangen und wie ein gefährliches Tier in Ketten gelegt. Auch als er die Achtung dieser stolzen, fremdartigen Geschöpfe errungen hat, begegnen sie ihm wie einer reißenden Bestie. Bis er des Rätsels Lösung findet: Er ist nicht der erste Mensch, der diese Welt betrat. (Verlagsinfo)
„Brüder der Erde“ von 1976 ist Cherryhs erster, einzeln stehender SF-Roman. Vorher hatte sie nur den Fantasy-Roman „Das Tor von Ivrel“ veröffentlicht. Diesem Abenteuer folgte die Fortsetzung „Weltenjäger“, der 1977, also im Jahr darauf, erschien. Beide Romane wurde in dem Sammelband „The Hanan Rebellion“ zusammengefasst. Cherryh, C. J. – Brüder der Erde (Hanan Rebellion 1) weiterlesen →
Dies ist Band 24 im Gor-Zyklus, der vorletzte Band der ersten Schaffensperiode, bevor John Normans Romane in USA unterdrückt wurden. Dieser GOR-Band schließt direkt an die Handlung in „Renegades of Gor“ an und bereitet „The Magicians of Gor“ vor. John Norman – Vagabonds of Gor (Gor 24) weiterlesen →
Asien in der nahen Zukunft – oder in einer Parallelwelt. Japan und China haben die Republik Großostasien gegründet, einen totalitären Staat, in dem Furcht und Unterdrückung herrschen. Zum Programm gehört das Experiment „Battle Royale“, ein grausames Spiel, bei dem jedes Jahr Schulklassen ausgewählt und auf eine einsame Insel verschleppt werden. Dort müssen sich die Schüler gegenseitig bekämpfen, bis nur noch ein Überlebender übrig bleibt. Stirbt 24 Stunden lang niemand, werden alle exekutiert. Es gibt kein Entkommen. Oder doch?
_Der Autor_
Koushun Takami, 1969 nahe Osaka geboren, lebt in der Gegend von Shikoku, Südjapan. Er studierte Literatur und arbeitete als Journalist für eine Nachrichtenagentur. Nachdem er diese 1996 verlassen hatte, schrieb er den Roman „Battle Royale“, der es bis in die Endausscheidung eines Literaturwettbewerbs schaffte, dort aber aufgrund seiner kontroversen Thematik abgelehnt wurde. Als der Roman 1999 in Japan dennoch erschien, wurde er vor allem von jüngeren Lesern begeistert gefeiert und ein Millionenbestseller. Er lieferte die Vorlage für mehrere Kinofilme (die auch hierzulande bekannt sind), Comics und Manga. Takami arbeitet an einem zweiten Roman.
_Handlung_
Frühjahr 1997. Die Klasse 9 B der Shiroiwa High School hat sich ihren Schulausflug ans Binnenmeer von Kyushu sicher etwas anders vorgestellt. Die 21 Mädchen und 21 Jungen, alle um die 15 Jahre alt, werden im Schulbus durch ein Gas betäubt und erwachen erst wieder, als sie sich auf der Insel Okishima befinden. Die Insel ist menschenleer bis auf ein einige Soldaten. In einem ehemaligen Schulgebäude erwachen die 42 Schüler, als sie ein Typ, der sich Kinpatsu Sakamochi nennt, anbrüllt. Sie fragen sich natürlich, was das soll. Er erklärt es ihnen. Sie sind die diesjährigen Teilnehmer am allseits bekannten Spiel „Battle Royale“. Es wird zwar von der diktatorischen Regierung Großostasiens als „Programm Nr. 68“ bezeichnet, doch darum schert sich niemand. Aber jeder fürchtet es.
Das Kampfexperiment Nr. 68 sieht vor – und das erklärt auch Herr Sakamochi sehr deutlich –, dass eine Gruppe Schüler auf einer einsamen Insel ausgesetzt wird und dort mit Waffen und Überwachungsgerät versehen so lange kämpfen muss, bis es nur noch einen Überlebenden gibt. Dieser wird dann geehrt. Doch wenn es keine Kämpfe gibt, werden alle binnen 24 Stunden getötet, und zwar durch Fernzündung der kleinen Sprengladung, die sich im Halsband befindet, das jeder Teilnehmer verpasst bekommen hat. Einspruch ist nicht möglich. Damit die Schüler ständig in Bewegung bleiben, gibt Sakamochi über Megafone die zeitweilige Einrichtung von Verbotenen Zonen bekannt, die den Planquadraten auf der Landkarte entsprechen, die jeder Schüler bekommt. Wer sich in einer Verbotenen Zone nach einem vorher bekannt gegebenen Zeitpunkt aufhält, stirbt durch sein Halsband. Ein Wegschwimmen ist nicht möglich, denn das Meer wird von Schiffen des Militärs überwacht.
Als Yoshotoki Kuninobu sich weigert, am Spiel teilzunehmen und verkündet, er werde die Schweinehunde alle umbringen, wird er von Sakamochi kurzerhand erschossen. Die Soldaten legen auf den Rest der Schüler an. Die Schülersprecherein geht ebenfalls drauf. Yoshitokis bester Freund Shuya Nanahara muss schwer an sich halten, um nicht aufzuspringen und dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten. Es hätte ihn nur das Leben gekostet. Durch Zettel verständigt er sich mit anderen, um Kooperation zu erzielen. Die Überlebenschancen der Beteiligten steigen.
|Das Spiel beginnt|
Schon in den ersten Minuten gibt es Tote. Jeder Schüler bekommt einen Ausrüstungsgegenstand, meist eine Waffe, aber manchmal auch Blödsinn wie eine Klaviersaite. Die Schlauesten warten entweder wie Shuya auf ihren Partner oder rennen gleich los in den umgebenden Wald. Shuya entkommt um Haaresbreite einem Anschlag und schlägt sich mit dem Mädchen Noriko in die Büsche. Sie ist verletzt, und er hilft ihr, einen sicheren Unterschlupf zu finden. Jedenfalls so lange, bis auch diese Stelle zur Verbotenen Zone erklärt wird.
Shuya, eine der Hauptfiguren, sorgt sich um seinen Freund Shinji, der einfach alles weiß. Shinji Mimura ist ein Hacker, und da er sein Handy dabeihat und einen Laptop-Computer findet, gelingt es ihm als gewieftem Hacker, in die Rechner des Regierungspräsidiums der Provinz Kagawa einzudringen. Normalerweise funktionieren Handys auf der Insel nicht, aber sein Handy ist natürlich aufgemotzt. Es gelingt ihm sogar, einen Virus in die Sicherungsdateien der Rechner einzuschleusen. (Darauf bezieht sich das am Anfang abgedruckte „Regierungsmemorandum 00387461“.) Doch als er die Computer zum Absturz bringen will, streikt sein Laptop: Er bekommt keine Verbindung mehr!
Shinji akzeptiert erst nach einer Weile, was die einzig mögliche Schlussfolgerung aus dem Geschehenen ist: Mit Hilfe der Halsbänder können Sakamochis Leute die Schüler nicht nur töten, sondern auch abhören! Jetzt wird Shinji erst recht sauer. Zusammen mit dem nicht so erfahrenen Mitschüler Yutaka baut er eine primitive Bombe, die er auf das Schulgebäude abladen will, in dem Sakamochi die Fäden in der Hand hält.
|Zwischenstand|
Unterdessen schleichen diverse Killer durchs Unterholz. Nach nur zwölf Stunden ist die Zahl der Spielteilnehmer bereits auf 50 Prozent gesunken. Sakamochi freut sich. Er hat mit verschiedenen Regierungsvertretern Wetten abgeschlossen, wer am längsten durchhält und wer der letzte Überlebende sein wird. Das dürfte der eigentliche, perverse Zweck des Spiel sein: eine Wette.
Doch Sakamochi hat weder mit Shinjis Einfallsreichtum noch mit der Kaltblütigkeit und Erfahrung des Überlebenden des vorhergehenden Spiels gerechnet. Irgendwie hat man Shogo Kawada übersehen. Ein verhängnisvoller Fehler.
_Mein Eindruck_
Man sollte meinen, dieses „Zehn-kleine-Negerlein“-Spiel sei ziemlich vorhersehbar, und für viele Szenen trifft dies leider auch zu. Da passiert dann viel Feuerzauber, und jede Menge Geballere hallt durch den Busch auf der Insel. Das sollte man auch erwarten können bei rund fünfzig bis an die Zähne bewaffneten Leuten. Dennoch schafft es der Autor, Spannung zu erzeugen, und das einmal auch auf Kosten des Lesers. Wer sich auf die Angabe zum Spielstand verlässt, wird nämlich ab Seite 280 aufs Kreuz gelegt. In Kapitel 37 sterben zwei Schüler, aber seltsamerweise wird nur einer vom Spielstand subtrahiert. Der Grund wird erst zwei Kapitel später klar: Erst in Kapitel 39 gibt Schüler Nr. 2 endgültig den Löffel ab. Am Schluss gibt es noch eine zweite, ähnliche Überraschung.
Die meisten 15-jährigen Mädchen werden ohne Federlesen abgeschlachtet, und das letzte überlebt nur deshalb, weil sich gleich zwei Jungs schützend um sie bemühen. Eines der Mädchen lebt in einer Scheinwelt aus Videospielfiguren und hält sich für eine unbesiegbare Amazone. Der psychopathische Killer Kazuo erschießt sie, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, sich nach ihr umzudrehen. Es gibt aber auch richtig böse Mädels wie Mitsuo, die nicht nur die Konkurrenz abschlachtet, weil sie fies ist, sondern auch weil sie bereits Erfahrungen hat, die man nur bei Erwachsenen erwarten würde: Sie hat sich bereits prostituiert und würde wohl demnächst Drogen nehmen – wenn ihr nicht eine tödliche Waffe den Garaus machen würde. Dennoch: Sie hat es weit gebracht. Wenn man die Spielregeln berücksichtigt.
Diese Spielregeln führen zu raschen Dezimierung der ausgesetzten Schüler, auf die die Spiellleiter gewettet haben. Es gibt aber eine Regel, die sich die Teilnehmer zunutze machen können: Einer darf überleben, und der wird geehrt und aufs Festland zurückgebracht. Auf der Fahrt steht er dem Spielleiter gegenüber und kann die Situation zu seinen Gunsten ändern. Diese und etliche andere Wendungen sorgen für ironische Aspekte, über die sich der jugendliche Leser, der sich in einer ähnlichen ausweglosen Lebenslage sieht wie die Figuren, sicherlich freut. Es gibt ansonsten herzlich wenig zu lachen im Buch.
Wie die überlebenden Figuren auch, insbesondere die Hauptfigur Shuya, fragen sich die Spieler, was dieses Mistspiel für einen Sinn haben soll. Man hat ihnen und ihren Eltern bzw. der Öffentlichkeit weisgemacht, das Spiel diene einem militärischen Zweck, aber worin soll der bestehen? Von einer koordinierten Kampfweise kann keine Rede sein, denn die Spieler verfügen über keine Kommandostruktur. Und wenn Sakamochi das Spiel leitet, dann doch wohl nicht gegen soldatisch ausgebildete Gegner, sondern gegen (meist) wehrlose Schüler.
Shogo erklärt es auf Seite 227 so, dass irgendeiner der hinrverbrannten Bürokraten einmal auf diese Idee gekommen ist und da ihm niemand widersprechen durfte, ohne als ideologischer Abweichler ins Arbeitslager gesteckt zu werden, hielt niemand diesen hirnlosen Plan auf. Und jetzt habe man den entsprechenden Faschismus. Was Shogo aber nicht sagt, ist, dass der Faschismus zwar so als Schreckensherrschaft und Ideologie funktioniert, dass aber das Spiel auch missbraucht werden kann. Das merkt er erst am Schluss. Sakamochi erklärt ihm, auf wen er gewettet hat. Da wird Shogo stinkesauer und zahlt es ihm heim. Außerdem hat er noch eine Überraschung parat.
Shogo weiß auch – von seinem gebildeten, aber mittlerweile verhafteten Onkel – viel über die Geschichte Großostasiens. Vor 75 Jahren habe es einmal eine Volksrepublik Südkorea gegeben, doch eine Verschwörung der amerikanischen Imperialisten und der Demokratischen Nation der Koreanischen Halbinsel ( = Nordkorea) führte zur Annexion Südkoreas durch Nordkorea. Um die Südkoreaner von den Imperialisten zu „befreien“, musste Großostasien (Japan und China) die Koreanische Halbinsel besetzen. So die offizielle Version. Das ist zwar Expansionspolitik des frühesten 20. Jahrhunderts, aber erstens erscheint sie plausibel und zweitens muss sie ja nicht stimmen: wahrscheinlich nur Propaganda. Tatsache scheint aber zu sein, dass sich Großostasien ohne Lücken ausbreitet: ein Kontinent voller Furcht.
Diese düstere Future History erscheint plausibel und würde jeder SF-Story gut zu Gesicht stehen. Vor dem Hintergrund dieses Szenarios kann man weitere Geschichten spielen lassen und das ist auch in der Tat der Fall. Mangas und Filme wurde bekanntlich schon hier inszeniert. Und da am Schluss zwei der Schüler überleben und zu Untergrundkämpfern werden, kann die Saga von „Battle Royale“ weitergehen.
|Mein Leseerlebnis|
Ich fand das Buch sehr einfach zu lesen, denn es bietet keine stilistischen Probleme oder einen Hintergrund, der schwer zu akzeptieren wäre. Allerdings fiel es mir schwer, die Story weiterzulesen, denn nur einen weiteren gewaltsamen Tod zu erleben, erschien es mir nicht die Mühe wert. Aber ich stand es durch, vor allem deshalb, um herauszufinden, ob und wie die dreiköpfige Kerngruppe überlebt. Meine Mühe wochenlanger häppchenweiser Lektüre (jeweils 50 Seiten) wurde belohnt. Die Listen und die Landkarte erleichterten mir, die Übersicht zu behalten, selbst wenn ich mal eine Woche aussetzte.
Der Vergleich mit dem „Herr der Fliegen“, den das Marketing umsatzträchtig auf dem Cover reklamiert, ist allerdings an den Haaren herbeigezogen. Erstens gibt es keinen Atomkrieg, so dass jederzeit Rettung möglich wäre. Zweitens sind die Kinder absichtlich „ausgesetzt“ worden, natürlich ohne Waffen. Drittens gibt es keinen Teufels- und Jägerkult wie in Goldings Roman. Und viertens rettet niemand die Kinder vor sich selbst, wie es am Ende des Buches (oder zumindest des werkgetreueren Films von Peter Brooks) geschieht.
|Die Übersetzung|
Die Arbeit der beiden Übersetzer ist sprachlich meist gelungen. Stilistisch mussten sie sich nicht sehr abmühen, denn der Stil ist denkbar einfach. Poetische Vergleiche und Metaphern kommen kaum vor, von Stilfiguren wie Alliterationen ganz zu schweigen. Das ist der prekären Lage der meisten Spielteilnehmer wohl angemessen. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Spannung gibt – siehe oben.
Dafür gibt es umso mehr Druckfehler. Auf Seite 243 wird aus einem „aus“ ein „auch“. Auf den Seiten 299 und 339 wird Shogo mit Shuya verwechselt, was den Leser ziemlich verwirren kann. Auf Seite 506 erhält Shuya sogar ein weibliches Geschlecht!
Dass die Übersetzer aber in der deutschen Sprache nicht ganz firm sind, verunsichert zusätzlich. Auf Seite 468 steht „preisten“, wie es korrekt „priesen“ heißen müsste, und auf Seite 259 klingt der Satz „Shogo wollte, dass sie mehr isst“ zwar in Odnung, ist aber falsch, denn hier sollte das Präteritum „aß“ stehen.
„Hardcore“? Diese Textfassung ist definitiv „Softcore“!
_Unterm Strich_
Dafür, dass dieser Roman eine Millionenauflage erreicht haben soll, fand ich ihn recht mühevoll zu lesen. Das lag aber nicht an der Verständlichkeit, welche ausgezeichnet ist, sondern an der Vorhersehbarkeit der Aktionen: „Neues Kapitel, neue Tote“, lautet das Prinzip. Zum Glück wird dieser langweiligen Dynamik ab der Hälfte verstärkt entgegengewirkt, indem Widerstand zum Tragen kommt. Der bringt unvorhersehbare Elemente ein, was zu mehr Spannung und Hoffnung Anlass gibt. Schließlich las ich dann weiter, um herauszufinden, wer von der Kerngruppe überlebt – und wurde vom Autor ein ums andere Mal hinters Licht geführt. Das war aber trotzdem nicht wahnsinnig lustig. Denn auch der Endkampf ist so blutig, wie man es befürchtet hat.
Das Ganze hat den Charakter eines Videospiels, und auch der am Ende jedes Kapitels angezeigte „Spielstand“ verstärkt diesen Eindruck. Auch dies nutzt der Autor aus, um den Leser zu täuschen. Was dieses Spiel mit dem aktuellen Leben der Jugend in Japan zu tun, kann ich nicht ermessen und will daher nicht versuchen, darüber zu spekulieren.
Wenn das Buch ein Millionenpublikum gefunden hat, so muss dies wohl an einer gewissen Resonanz liegen. Die unzähligen Biografien, die der Autor erzählt, malen ein breites Panorama einer jungen Generation. Dass dieses Bild weitgehend unpolitisch ist, macht es für heutige Leser umso leichter nachvollziehbar (wären alle Jugendlichen in so etwas wie der Hitlerjugend, sähe das ganz anders aus, denn sie wären alle gleichgeschaltet) und damit interessanter. Sie können sich fragen: Wie würde ich mich in dieser Lage bewähren? Würde ich in den ersten fünf Minuten untergehen? Oder wäre ich bereit, alle anderen zu töten, um selbst zu überleben?
Hintergrund: Einen Vorgeschmack dieses Überlebenskampfes erhalten übrigens fast alle japanischen Schüler und vor allem Schulabsolventen, wenn ihre Eltern sie unbedingt auf die beste Universität des Landes schicken wollen. Davon gibt es nur eine Handvoll, z. B. Haneda in Tokyo, und entsprechend unerbittlich ist der Konkurrenzkampf um die wenigen Zulassungsstellen. Der Numerus Clausus hierzulande ist ein Kindergeburtstag dagegen. Aber wer einen optimalen Uni-Platz ergattert, der hat später in der Wirtschaft automatisch bessere Chancen, einen gutbezahlten Job zu erhalten.)
Die Textfassung ist nicht so optimal, wie ich mir das gewünscht hätte. Eindeutig fehlt hier ein Korrektor. Aber Korrektoren wurden wohl schon vor Jahren abgeschafft, und daher gibt es eine Menge Druckfehler, Verwechslungen und sogar deutschsprachige Fehler, vom Stil ganz zu schweigen (siehe oben unter „Übersetzung“).
Fazit: Ich würde das Buch auf keinen Fall ein zweites Mal lesen.
|Originaltitel: Battle Royale, 1999
624 Seiten
Aus dem Japanischen von Jens und Akiko Altmann|
http://www.heyne-hardcore.de
I Written in Red. Roc, New York 2013, ISBN 978-0-451-46496-5. In Blut geschrieben. Drachenmond Verlag, Hitdorf 2016, ISBN 978-3-95991-611-0.
II Murder of Crows. Roc, New York 2014, ISBN 978-0-451-46526-9. Krähenjagd. Drachenmond Verlag. 2017, ISBN 978-3-95991-612-7.
III Vision in Silver. Roc, New York 2015, ISBN 978-0-451-46527-6. Visionen in Silber. Drachenmond. 2018, ISBN 978-3-95991-613-4
IV Marked In Flesh. Roc, New York 2017, ISBN 978-0-451-47448-3. In Fleisch gezeichnet. Drachenmond. 2021, ISBN 978-3-959-91614-1
V Etched in Bone. Roc, New York 2017, ISBN 978-0-451-47449-0. In Knochen geätzt. Drachenmond. 2022, ISBN 978-3-959-91615-8
Kurz vor Ladenschluss betritt eine junge Frau die Buchhandlung von Simon Wolfgard. Sie ist viel zu dünn angezogen, völlig durchnässt und halb erfroren. Und Simon ist sicher, dass Meg Corbyn nicht ihr richtiger Name ist. Statt dessen sagt ihm sein Instinkt, dass sie vor etwas wegläuft. Trotzdem stellt er sie als menschliche Kontaktperson ein … nicht ahnend, welche Folgen das haben wird! Anne Bishop – In Blut geschrieben (Die Anderen 1) weiterlesen →
Dieser Jahresband ist eine Fundgrube für Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen. Bekannte Autoren der 1990er Jahre wie Joe Haldeman, Michael Flynn, Lucius Shepard, Michael Blumlein, Walter Jon Williams, Ian McDonald und Kristine Kathryn Rusch sind hier versammelt. Aber auch zwei Veteranen geben sich ein Stelldichein: Frederik Pohl und Carter Scholz. Von Haldeman ist hier ein Roman untergebracht, der mit seinen Kürzungen überrascht.
Nach Karten von Wilderland (aus dem „Hobbit“) und Mittelerde (aus dem „Herr der Ringe“) wurde noch eine vom versunkenen Westen Mittelerdes veröffentlicht, von Beleriand – aus dem „Silmarillion“.
Beleriand ist jener versunkene Halbkontinent, in dem sich im Ersten Zeitalter von Mittelerde die wichtigsten Heldentaten und Schlachten abspielten, die Tolkien in seinen Werken erzählt. Die Ereignisse von „Der Herr der Ringe“ und [„Der kleine Hobbit“ 481 tragen sich wesentlich später zu, nämlich im Dritten Zeitalter. Während im First Age die Elben, Halbgötter (Maiar) und Götter (Valar) das Geschehen dominieren, verlassen die Elben am Ende des Third Age Mittelerde, um es den Menschen zu überlassen. (Nach den Ereignissen des „Herrn der Ringe“ bricht das Vierte Zeitalter an.)
Beleriand ist einer der Hauptschauplätze des [„Silmarillion“ 408 (1977), jenes Buches, das Tolkiens Sohn Christopher aus vielen verstreuten Manuskripten zusammengestellt hat. Der Mittelteil schildert die Kriege der Elben gegen Morgoth und Sauron um den Besitz der ihnen gestohlenen Silmaril-Edelsteine, in denen das Licht der zwei Bäume des Segensreiches Valinor eingefangen ist. Den letzten der Silmarils trägt Earendil über das Firmament, uns sichtbar als die hellstrahlende Venus, der Abendstern.
Die Karte
… stammt noch von Christopher Tolkien. Er stellte sie im Jahr 1977, als das „Silmarillion“ erschien, fertig. Mit Sicherheit hat er mehrere Jahre daran gearbeitet, denn die Erzählungen und Skizzen seines Vaters waren zuweilen widersprüchlich. Die Karte ist gut lesbar, aber ich habe die Städtenamen mit der Lupe suchen müssen: Menegroth, Nargothrond und Gondolin.
Die Karte selbst besticht durch ihre wichtigste Farbe: grün. Es ist das Grün von tiefen, ausgedehnten Wäldern und Prärien, die überall von Flüssen und Gebirgsketten begrenzt oder durchbrochen werden. Bei den einzigen Territorien, die nicht eingezeichnet sind, handelt es sich um die Lande östlich der Blauen Berge/Ered Lindon (die im „Herrn der Ringe“ das westlichste Gebirge sind), um Valinor und auch um Morgoths Angband mit den drei Vulkanen, Thangorodrim.
_Die Illustrationen_
… stammen von Tolkienspezialist John Howe. Er beriet ja auch den Regisseur Peter Jackson bei den Dreharbeiten zur Filmtrilogie. Persönlich gefällt mir von allen Tolkien-Illustratoren sein Stil am besten. Der Stil ist auf die dramatische Wirkung von Dynamik und den Effekt weniger Farben ausgerichtet.
So etwa ist seine Darstellung von Morgoths Festung (ganz oben) ganz in rötlich-schwarzen Schlackefarben gehalten, die Küstenszene jedoch in Blauweiß (Wasser), Weiß (Schwäne, Segel) und Schwarz (Felsen). Diese Szene begrenzt die Karte am unteren Rand.
Die linken und rechten Begrenzungsfelder enthalten zwei heroische Szenen. Rechts ist Turin Turambar in der Schlucht zu sehen, an deren oberem Ende der schwarze Kopf Glaurungs hervorragt. Links ist vermutlich Luthien Tinuviel ist zu sehen – die Gestalt trägt weder Rüstung noch Kopfbedeckung – wie sie eine tiefe Schlucht betritt, an deren oberem Ende ein weißer Kalkfelsen emporragt. Es könnte sich dabei um den Wachtturm Tol Sirion handeln. Allerdings fehlt auf dem Bild der Sirion selbst. Doch wenn es sich um den Zugang zu Gondolin handeln würde, würde ich Turin oder Húrin in Rüstung erwarten, bevor er den Trockenen Fluss entlangwandert.
Zu den schönsten Illustrationen gehören die sechs Embleme, die Tolkien selbst entworfen hat und die den wichtigsten Elben zugeordnet sind. Zwei erkenne ich wieder. Links in der Mitte ist das blumenförmige Emblem Luthien Tinuviels. Rechts unten ist das mit Feuersymbolen verbrämte Emblem Feanors, des Herstellers der Silmarils, zu sehen. Die restlichen vier Embleme gehören vermutlich zu Finwe, Elwe (Thingol), Earendil (Beren) usw. Ich finde es wundervoll, dass sie in die Karte aufgenommen wurden.
_Der Begleittext und das Glossar_
In seinem Begleittext „Westlich der Berge, östlich des Meeres: zur Karte von Beleriand“ fasst Brian Sibley den Hintergrund für dieses fiktive Territorium zusammen. Aufgrunddessen versteht auch derjenige Kartenleser, der das „Silmarillion“ und die damit zusammenhängenden Texte nicht gelesen hat, mit welchen wichtigen Episoden und Gestalten manche Landschaften und Landmarken verbunden sind.
Beispielsweise fällt dem Betrachter das Land Doriath auf. Es ist nicht nur von Flüssen umschlungen, sondern auch von tiefen Wäldern umgeben, doch in seinem Mittelpunkt befindet sich eine Stadt: Menegroth. Brian Sibley erzählt uns nun, wie es zur Gründung dieses Königreiches der Elben durch Thingol und Melian kam und was es mit Menegroth auf sich hat. Ähnlich verfährt er mit der schönen, aber verborgenen Stadt Gondolin.
Auch von den Landen, die auf der Karte nicht eingezeichnet sind, erzählt er, denn seine Synopse beginnt mit der Schöpfung und endet mit dem Untergang Beleriands am Ende des Ersten Zeitalters. Also kommen auch Valinor, Eressea und Morgoths Festung Angband vor, die man auf der Karte vergeblich sucht.
Das 17 Seiten starke Glossar beschränkt sich auf Orte und Landschaften, doch erzählen die Einträge auch von wichtigen Ereignissen wie etwa einer Schlacht. Einige Einträge wurden von John Howe illustriert, so etwa Turin Turambars Kampf gegen den Drachen Glaurung.
_Wem nützt dieses Werk?_
Sollte man sich also diese Karte zulegen? Sie ist vollständig und bringt keine neuen Daten im Vergleich zum Original von 1977.
Die Anschaffung lohnt sich, wenn man a) die Originalkarte aus dem „Silmarillion“ nicht hat (und nicht wesentlich mehr Geld für dieses Buch anlegen will), aber einen Einstieg sucht, und b) wenn man das Original hat, aber als Tolkien-Fan den oben aufgeführten Mehrwert, den die neue Karte bietet, besitzen möchte, und c) wer einen schönen Wandschmuck erwerben möchte – womöglich einen, der den Tolkien Calendar ergänzt.
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