Archiv der Kategorie: Horror & Unheimliches

Shocker, Dan – Todestreppe, Die (Larry Brent, Band 3)

Dieser Band enthält die Heftromane „Nachts, wenn die Toten kommen“ und „Die Treppe ins Jenseits“. Beide Romane erschienen in der Serie „Larry Brent“ als Band 05 und 25.

_Nachts, wenn die Toten kommen_

Larry Brent soll einen okkulten Zirkel untersuchen, der Seancen abhält, bei denen der Kontakt zu Verstorbenen gesucht wird. Tatsächlich erscheint der Geist des toten Millionärs Mike Boddingham. Ein Detektiv, mit dem der PSA-Agent Kontakt aufgenommen hat, ist bei diesem Phänomen Zeuge. Bei dem Versuch, das Geheimnis zu lüften, stirbt er eines schrecklichen Todes. Als der tote Körper des Detektivs am Steuer eines Autos einen Mordanschlag auf Larry verübt, weiß X-Ray-3, dass seine Anwesenheit mehr als gerechtfertigt ist …

Die erste Story vermittelt zunächst den Eindruck, ein gewöhnlicher Roman über eine obskure Sekte zu sein. Doch schon bald stellt der Leser fest, dass die Hintergründe weitaus komplizierter sind, als es sich im ersten Moment darstellt. Auf relativ wenig Seiten werden unheimlich viele Namen und Charaktere eingebaut, so dass der Leser schnell durcheinander kommt. So wie der Autor, denn kurz vor dem Ende erscheint abermals der Geist Mike Boddinghams, heißt dort aber plötzlich Mike Hoggan. Hoggan lautet allerdings der Name eines Anwalts in dem Buch. Nichtsdestotrotz bietet der Roman eine schaurige Gruselatmosphäre, wie es Larry-Brent-Fans gewohnt sind.

Darüber hinaus gehört die Geschichte zu den Highlights innerhalb der Serie, denn zum allerersten Mal spielt Monra Ulbrandson alias X-Girl-C mit. Sie ist die erste und beste Agentin der PSA und eine von Larrys engsten Freunden. Dass Dan Shocker starke Frauen mit in die Geschichten eingebunden hat, macht seine Roman ebenfalls zu einem Novum, denn in den meisten Geschichten dieser Sparte spielten Frauen ein Schattendasein, in dem sie eigentlich nur als schreiende, wehrlose Opfer herhalten mussten, die vom strahlenden Helden gerettet wurden.

Die Geschichte kann man in einem Rutsch gut lesen, die Dialoge sind lebhaft und die Beschreibungen sind nachvollziehbar. Am Schluss könnte dem geneigten Leser noch die eine oder andere Frage über die Durchführbarkeit so mancher technischer Spielerei kommen, allerdings sollte man dahingehend den Roman nicht allzu ernst nehmen und ihn als das ansehen, was er im Grunde genommen ist – gute Unterhaltung.

_Die Treppe ins Jenseits_

172 Stufen führen steil an Englands Küste in der Nähe von Dover in die Tiefe, und auf der 14. Stufe lauert der Tod. Ein schrecklicher Fluch traf den Sohn Lord Callaghans und stürzte ihn ins Verderben. Daraufhin verkaufte der Lord den Familienbesitz an den Millionär Edward Baynes. Doch auch seine jüngere Tochter Eve wird zum Opfer des Fluchs. Auf sie wartete aber nicht der Tod, sondern ein Dasein im Rollstuhl. Seitdem hat auch die Familie Baynes das Anwesen verlassen. Als Edward Baynes stirbt, holt die Vergangenheit Eve wieder ein, denn die Testamentsvollstreckung soll in eben jenem düsteren Haus auf den Klippen vollzogen werden. Schon bald werden Eve und ihre ältere, schwachsinnige Schwester Jeanette Opfer von geisterhaften Erscheinungen und merkwürdigen Phänomenen. Einer der Gäste spielt falsch und will das Erbe der Töchter für sich beanspruchen. Doch Larry Brent ist auf der Hut. Als Chauffeur der Millionärstochter ermittelt er vor Ort …

Mit diesem Roman beweist Dan Shocker einmal mehr, dass er ein Meister des subtilen Schreckens ist. Die Gefahr, die der jungen, an den Rollstuhl gefesselten Frau droht, wird einfühlsam beschrieben, wohl nicht zuletzt deswegen, weil der Autor selber diese Erfahrung machte. Der perfide Plan der Erbschleicher könnte dämonischer nicht sein und das einsame Haus an den Klippen bietet eine nahezu klassische Kulisse für diesen Gruselroman. Dabei geht die eigentliche Gefahr wieder einmal von den Menschen aus, obwohl der Autor in diesem Fall auch übersinnliche Kräfte mitwirken lässt.

Eindrucksvoll gelingt es dem Schriftsteller, die Gefühle seiner Protagonisten auf den Leser zu übertragen. Die unheimliche Treppe ist dabei nur Staffage und eigentlich muss man sich wundern, wieso die Leute immer wieder dorthin gehen, obwohl sie genau wissen, was sich dort abgespielt hat. Aber genau das ist vermutlich der Reiz, dem viele Menschen auch in Wirklichkeit erliegen würden. Wenig nachvollziehbar ist zunächst die Motivation des liebenden Vaters, lebensechte Puppen von seinen Töchtern anfertigen zu lassen, damit er beim Betrachten der Abbilder eventuell Anzeichen des Schwachsinns bei Eve erkennen würde, dem bereits seine ältere Tochter Janett erlegen ist. Nichtsdestotrotz strömen gerade die Szenen mit den lebensechten Puppen eine sehr gruselige Atmosphäre aus.

Die Charaktere wirken sehr natürlich und auch die Dialoge fügen sich perfekt in das Gesamtbild ein, obwohl man dem Roman deutlich anmerkt, dass sich der Autor bemühen musste, das enge Korsett des Heftromans nicht zu sprengen.

Zwei typische Larry-Brent-Romane mit einem unheimlichen Flair, viel Handlung, vielen Charakteren und viel, viel Atmosphäre, die durch das moderne Lektorat noch besser zur Geltung kommt. Beide Storys wurden wieder von Pat Hachfeld illustriert, der besonders für den zweiten Roman ein hervorragendes, metaphorisches Bild zeichnete. Auch das Titelbild des Romans gehört zu den Spitzenwerken des Künstlers Lonati.

Ein gelungenes Buch für alle Freunde des gepflegten Gruselns.

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_Florian Hilleberg_

Bionda, Alisha / Kleudgen, Jörg – Blutopfer (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 4)

Dilara ist schockiert. Was sie Calvin über ihre Reise nach Italien, über Gelophee und Cippico berichtet hat, sind Ereignisse, an die sie sich bisher gar nicht erinnern konnte! Sie vermutet zunächst ihren damaligen kleinwüchsigen Diener als Ursache dieses Übels, doch welche Motivation könnte er gehabt haben? Und dann stellt sich heraus, dass Dilaras Amnesie viel tiefer reicht …

Im vierten Band der „Schattenchronik“ mit dem Titel „Blutopfer“ reisen wir wieder zurück in die Vergangenheit, und langsam dürfen wir die ersten Blicke auf alte Hochkulturen werfen, die mit der Geschichte der Vampire scheinbar unlösbar verbunden sind. Diesmal geht es nämlich nach Mexiko, tief ins Reich der Atzeken.

1895 begleitete Dilara den Londoner Archäologen Roger Gallet auf seiner Expedition zu der geheimnisvollen Atzeken-Stadt Aztlan. Die erste Überraschung: Die verschollene Stadt existiert tatsächlich und ist immer noch bewohnt. Die zweite Überraschung: Dilara stellt verwundert fest, dass sie die Sprache der Einwohner nicht nur versteht, sondern auch fließend spricht. Könnte das mit dem geheimnisvollen Kind zusammenhängen, das einst in der Aztekenstadt geboren wurde? Was macht Dilara so besonders? Ist sie eine Schlüsselfigur in der ominösen Schattenchronik? Kann sie Prophezeiungen erfüllen, oder soll sie sie doch eher verhindern? All dies bleibt uns weiterhin verborgen – und so heißt es, weiterlesen!

Dilara hatte sich nach Mexiko begeben, um Antworten zu finden auf Fragen, die sie nicht genau formulieren konnte. Doch was sie schließlich an ihrem Ziel findet, soll all ihre Vermutungen übertreffen. Nicht zufällig wird nämlich in Aztlan der Blutopfer-Kult zelebriert. Man ahnt es schon: Dilara ist nicht der einzige Vampire dort. Und so landet sie bald Hals über Kopf in einem Abenteuer, bei dem es nicht nur ihr, sondern auch Gallet an den Kragen geht.

Die „Schattenchronik“ erweist sich mit jedem neuen Band – „Blutopfer“ ist schließlich schon der vierte – erneut als literarische Zwiebel. Alisha Bionda und ihre wechselnden Gastautoren verstehen es mühelos, mit jedem neuen Roman (und damit jedem neuen Abenteuer) eine Haut der Zwiebel abzustreifen und dafür eine neue Haut zu enthüllen, die auf neue, noch mysteriösere Geheimnisse schließen lässt: getreu dem Gesetz der Serie, immer mehr Fragen aufzuwerfen als beantwortet werden. Und so lösen sich zwar einige Fragen zu Dilaras Ursprung und der Mythologie der Vampire im Allgemeinen, doch sollte das nicht dazu verführen zu glauben, man wüsste nun, wohin die Reise geht! Mit Sicherheit hat die „Schattenchronik“ noch mehr in petto.

Wie auch schon in „Der Kuss der Verdammnis“ und „Die Kinder der fünften Sonne“ ist „Blutopfer“ sauber recherchiert. Man merkt der Romanreihe das Interesse an anderen Zeiten und Kulturen an, was der Handlung und den Charakteren die nötige Tiefe gibt, um auf lange Sicht interessant zu bleiben. Bisher durfte der Leser zusammen mit Dilara London, Italien und Mexiko erleben – da gibt es also noch einiges zu entdecken; die Welt ist schließlich groß!

Stilistisch unterscheidet sich „Blutopfer“ sehr vom Vorgängerband. Trotz der zwei Erzählebenen ist der Roman rein sprachlich weniger experimentell und bewegt sich auf eher bekannten Pfaden. Es geht also geradliniger voran, was allerdings nur für die Sprache gilt, nicht für die Handlung! Bionda/Kleudgen haben großes Vergnügen daran, durch die Jahrhunderte und Handlungsebenen zu springen, Verbindungen zu ziehen und Andeutungen zu machen. So wird natürlich Spannung aufgebaut, aber die „Schattenchronik“ verlangt auch einen aufmerksamen Leser. Schließlich macht die Lektüre ungleich mehr Spaß, wenn man die Andeutungen der bisherigen Bände in zukünftigen Romanen dann endlich zu deuten weiß.

Zugegeben, die Azteken haben mich weit weniger begeistert als beispielsweise Dilaras Fahrt durchs mediterrane Italien im letzten Band. Doch dies ist eine rein subjektive Präferenz und ich bin sicher, dass Fans der Azteken oder der Geschichte Mexikos an „Blutopfer“ besonderen Spaß haben werden. In jedem Fall war es eine originelle Idee, Dilara auf der Suche nach ihrer Geschichte gerade dorthin zu führen. Anne Rice verortete seinerzeit den Ursprung der Vampire ins Alte Ägypten. Mal sehen, wohin uns die „Schattenchronik“ in dieser Hinsicht noch führt!

Und da uns Bionda/Kleudgen am Ende von „Blutopfer“ mit einem ordentlichen Cliffhanger zurücklassen, empfiehlt es sich unbedingt, gleich in Band fünf weiterzulesen. Es kann dem BLITZ-Verlag nicht nachgesagt werden, seine Leser nicht bei Laune zu halten!

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E.-E., Marc-Alastor – Kinder der fünften Sonne, Die (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 3)

Eine Romanserie über eine Vampirin – die Idee ist so einfach wie genial. In Einzelbänden verschiedener Autoren verfolgt man so Dilaras (eben jene Vampirin) Reise durch die Jahrhunderte, ihre Abenteuer und ihre Bekanntschaften. Unter Wolfgang Hohlbeins schützender Hand erscheint genau diese Serie unter dem Titel „Schattenchronik“ im BLITZ-Verlag und verspricht nicht nur reichhaltiges (mittlerweile ist der sechste Band erschienen), sondern auch abwechslungsreiches Lesefutter.

Marc-Alastor E.-E. zeichnet für den dritten Band, „Die Kinder der fünften Sonne“, verantwortlich und enthüllt auf 330 spannenden Seiten mehr von Dilaras Vergangenheit, wobei – in guter Serientradition – mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet werden. Wir befinden uns im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Dilara und ihr zwergenwüchsiger Diener Cippico versuchen, in einem urigen Hotel in Avignon auszuspannen. Doch dieser Plan wird schnell von Antediluvian vereitelt, der Dilara zu sich ruft, um sie zu beauftragen, den Codex Vaticanus aus einem römischen Geheimarchiv zu beschaffen. Was bleibt Dilara anderes übrig als zuzustimmen – wäre jede andere Entscheidung ihrer Gesundheit doch kaum zuträglich. Selbst so kann sie nur knapp mit ihrem (Un)Leben entkommen.

Zurück im Hotel, wird sie von der so geheimnisvollen wie schönen Gelophee Roche davor gewarnt, sich mit Antediluvian einzulassen. Doch enthüllt die Rosenkreuzerin auch, dass sie Informationen besitzt, wie man an den ominösen Codex Vaticanus gelangen kann. Und so begibt sich eine Zweckgemeinschaft, bestehend aus Dilara, Cippico und Gelophee (zunächst gefesselt), auf eine lange Zugreise nach Rom. Natürlich verläuft diese alles andere als beschaulich. Zwischen den Dreien gibt es immer wieder Spannungen, ist doch nicht ganz klar, ob Gelophee, die ihre Hilfsbereitschaft immer wieder beteuert, tatsächlich zu trauen ist. Darüber hinaus wird Dilara von ihrem abgelegten Liebhaber verfolgt, der offensichtlich noch ein Hühnchen mit ihr zu rupfen hat.

Ob es die Drei nach Rom schaffen, ob sie den Codex Vaticanus ausfindig machen können, was in ihm steht und was Antediluvian wohl mit diesen Informationen anzufangen wünscht – das lese am besten jeder selbst.

In Band zwei, „Kuss der Verdammnis“, verließen wir Dilara im London der heutigen Zeit. Band drei macht also einen gewaltigen Sprung rückwärts und beleuchtet Dilaras Vergangenheit und ihre (schon immer) gestörte Beziehung zu Antediluvian. Außerdem werden einige mysteriöse Informationsbrocken eingestreut, die mehr als neugierig darauf machen, wie sich die Vampirmythologie der „Schattenchronik“ wohl genau gestalten wird. Sicher scheint eins: In zukünftigen Bänden werden wohl einige alte Hochkulturen wieder aufleben!

Marc-Alastor E.-E. malt ein sehr genaues, wenn auch verstörendes Bild von Dilara. Sie selbst scheint sich als durchaus empfindsam wahrzunehmen, wenn sie sich ihrer vampirischen Natur auch ständig bewusst ist. Doch auf ihre Umwelt (selbst auf ihren Diener Cippico) wirkt sie gefährlich, angsteinflößend und doch betörend. Der geneigte Leser jedoch ist uneingeschränkt fasziniert – von Dilaras Gefühlsschwankungen, ihren Wutausbrüchen, ihrer aufbrausenden Art.

„Die Kinder der fünften Sonne“ ist auch stilistisch eine Kehrtwende vom Vorgängerband. Marc-Alastors geradezu historisch anmutende Sprache mag gewöhnungsbedürftig sein. Es kommt schließlich nicht häufig vor, dass man in einem aktuellen Roman Worte wie „itzt“ oder „alsdann“ liest. Je weiter man jedoch in die dichten Sprachgebilde des Autors vordringt, desto mehr weiß man sie zu schätzen. Rein sprachlich ist „Die Kinder der fünften Sonne“ ein wahres Vergnügen. Da ist jedes Wort am richtigen Platz. An jedem Satz wurde bis zur Perfektion gefeilt. Und wenn Marc-Alastor so richtig aufdreht, dann entstehen surreale Wortwelten, die den Leser eintauchen lassen in den Roman – mehr aber noch in die Wunderwelt der Sprache.

Was den dritten jedoch augenfällig mit dem zweiten Band verbindet, ist die Freude an den sich verändernden Settings. Schon in „Kuss der Verdammnis“ entführte Alisha Bionda den Leser ins historische und heutige London. Marc-Alastor E.-E. tut nun selbiges mit Italien. Neben der spannenden Handlung macht es ebenso Spaß, den Roman als Reiseführer zu lesen, haben die Charaktere doch während ihrer Zugreise (wenn sie nicht gerade verfolgt werden) ausreichend Muße, die vorbeiziehende Landschaft zu betrachten. Und dann stoßen in einer kurzen Passage auch noch zwei besondere Personen dazu (wer, soll hier nicht verraten sein), die noch eine ganz andere Art zu sehen propagieren. Solch angenehme Überraschungen in einem fantastischen Roman darf es ruhig öfter geben!

Auch für den dritten Band der Serie kann damit eine uneingeschränkte Leseempfehlung ausgesprochen werden. Hoffen wir, der Romanzyklus kann die Spannung halten!

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E.-E., Marc-Alastor – Kinder der fünften Sonne, Die (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 3)

Der Band „Kuss der Verdammnis“ endete damit, dass Dilara ihrem Geliebten Calvin versprochen hatte, ihm mehr von ihrer Vergangenheit zu erzählen. Das tut sie in dieser vorliegenden großartigen Geschichte und berichtet von einem einschneidenden Erlebnis im ausgehenden 19. Jahrhundert, welches sich bis heute fest in ihre Erinnerungen gebrannt hat:

Wir finden uns im Herbst 1883 in dem Ort Avignon in Südfrankreich mitten in der Provence wieder, genauer an einem festlichen Abend im Maison de Vervins. Dilara und ihr treuer Diener Cippico weilen in diesem heimelichen Haus als Gäste einer gewissen Mademoiselle Mayan. Doch nicht zum Vergnügen sind die beiden hier abgestiegen, denn Antediluvian hat wie so oft einen dringend Auftrag für die von ihm erschaffene Vampirin.

Zu allem Überfluss gerät Dilara mit Kyuzaemon, einem Diener Antediluvians, aneinander, der ebenfalls auf der Feier auftaucht, um ein Treffen mit der Vampirin und seinem Meister zu arrangieren. Bei der anschließenden Zusammenkunft im Palais de Pape schärft Antediluvian seiner Artgenossin die Dringlichkeit dieser neuen Aufgabe ein: Sie soll ihm einige geheime Dokumente aus dem Codex Vaticanus beschaffen. Ein riskantes Unterfangen, welches Dilara zunehmend an dem Wohlwollen ihres Schöpfers zweifeln lässt. Dieser warnt sie abschließend vor dem Wesen Methalumina, eine Lichtgestalt, die allein durch ihre Anwesenheit absolut tödlich für die Nosferati sein soll, sowie deren angebliche Anhänger, die Rosenkreuzer.

Noch auf den Festlichkeiten trifft die Vampirin auf eine wunderschöne Frau namens Gelophee Roche, zu der sich Dilara seltsamerweise sofort hingezogen fühlt. Gelophee selbst warnt Dilara vor den Machenschaften und dem neuen Auftrag Antediluvians, was die Vampirin dazu veranlasst, alles daran zu setzen, hinter das Geheimnis dieser seltsamen Frau zu kommen.

All diese Ereignisse sind die Vorreiter zu einer abenteuerlichen Reise, die mit allerlei Gefahren und tiefgreifenden Phasen der Selbstfindung gespickt ist. Dilara beschließt schon am kommenden Tag, nach Rom aufzubrechen, doch nicht alleine – zusammen mit ihrem Diener Cippico hat sie Gelophee letztendlich zu einer unfreiwilligen Begleiterin auserkoren. Deren Gebaren, ihr Wissen über den Codex Vaticanus, aber auch ihre undurchsichtige Verbindung zu Antediluvian haben Dilara zu dieser Entscheidung veranlasst. Die Tätowierung, ein stilisiertes Kreuz mit einer Rose darin, ist der Vampirin ebenfalls nicht verborgen geblieben, was ihr Misstrauen umso mehr gesteigert hat.

Das Trio begibt sich letztendlich auf eine ereignisreiche Zugreise durch Frankreich nach Italien. Auf der Fahrt kommt es erneut zu einigen handfesten Auseinandersetzungen zwischen den beiden Frauen, wobei Cippico sich mehr und mehr auf die Seite der Sterblichen stellt, was seine Herrin rasend macht. Sie verschwindet aus dem Abteil und taucht nicht wieder auf. Just in dieser Situation mischt sich ein unerwünschter Gast ein, Torquato Perez, ein ehemaliger spanischer Gespiele und letztendlich auch ein Geschöpf Dilaras. Er will seine Ehemalige mit allen Mitteln zurückgewinnen, schrickt auch nicht davor zurück, Cippico und Gelophee massivst zu bedrohen.

Glücklicherweise kommen den beiden die Maler Auguste Renoir und Claude Monet (ja, genau diese beiden) zu Hilfe, sie entschärfen die Situation so weit, dass der spanische Blutsauger sich aus dem Staub macht.

Dilara lässt sich erst wieder in Turin blicken. Eine Kirche bei Lugano ist das erste Reiseziel der kleinen Gruppe, da sie dort einen exkommunizierten Priester nach Informationen zum Codex Vaticanus befragen wollen. Hier startet der spanische Vampir Torquato seinen nächsten Angriff, nur bezahlt er diese Attacke diesmal mit seinem unsterblichen Dasein – Methalumina gibt sich ein grausames Stelldichein.

Auch Dilara findet beinahe den sicheren Tod, nur mit Mühe kann sie vor dem Lichtwesen gerettet werden. Die Odyssee kann somit weitergehen. Die Suche endet letztendlich in Rom, wo es in den Katakomben des Vatikans zu einem dramatischen und überraschenden Showdown kommt, dessen Ausgang Dilaras Sicht der Dinge gravierend verändern wird …

Was Marc-Alastor E.-E. in dieser faszinierenden Geschichte allein durch die Wahl der Sprache gelingt, ist bemerkenswert. Er verwendet in dieser Erzählung die blumige Ausdruckweise aus eben jener vergangenen Zeit – haucht der Szenerie den Geist des ausgehenden 19. Jahrhunderts schon mit der ersten Zeile ein. Der Leser fühlt sich umgehend in die Vergangenheit versetzt.

Hatten die Charaktere in „Kuss der Verdammnis“ ihre ersten Strukturen bekommen, füllen sie sich hier zusehends mit weiterem Leben – Dilara wird mit einigen tiefgreifenden Charakterzügen versehen, die man bisher ansatzweise erahnen konnte. Ihre Ambivalenz – gefühlvolles weibliches Wesen und gnadenlose Bestie – wird noch gravierender aufgeblättert.

An manchen Stellen verfällt man in ernsthaftes Mitleid mit Gelophee, wie sie gegen eine massive Wand zu rennen scheint, man verteufelt Dilaras Starrsinn und ihre kompromisslose Kälte. Doch dann schmiegt sie sich wieder an, wirkt zerbrechlich und hilflos auf der Suche nach sich selbst – und man schließt sie wieder in die Arme.

Mit der Figur des drolligen Cippico ist ein hervorragender Sympathieträger geboren, ein liebevoller treuer Charakter, teilweise überfordert in den Wirren dieser Reise, aber dann doch der ruhende, starke Pol, der mit seinem Wissen und seiner unendlichen Geduld eine nahezu beruhigende und beschützende Wirkung auf die temperamentvolle Vampirin hat. Immer wieder belehrt er sie, bewahrt sie vor den gröbsten Fehlern, steht ihr aber auch nahezu kompromisslos bei all ihren morbiden Tätigkeiten zur Seite.

Aber auch die dunkle Seite ist nicht zu vergessen: Torquato, Kyuzaemon und natürlich Antediluvian werden mit einer bestechenden Bedrohlichkeit und Bösartigkeit geschmückt, welche den Nosferati ihren ganz eigenen Flair verleiht.

Einen kleinen Scherz erlaubt sich Marc-Alastor E.-E. bei seinen Charakteren; man könnte es auch als authentischen Gimmick ansehen. Er überlässt Auguste Renoir und Claude Monet ein kurzes Gastspiel. In der Tat sind diese beiden französischen Maler zu dieser Zeit hin und wieder gemeinsam gereist, wie man auch den Danksagungen am Ende des Buches entnehmen kann.

Marc-Alastor E.-E.s umfassende Recherchen und sein sprachlicher Kunstgriff geben diesem Band einen ganz speziellen, verdienten Platz in der Schattenchronik-Serie. Die Zitate des italienischen Dichters und Zeitgenossen Giosuè Carducci als jeweilige Einleitung in die Kapitel sowie die Illustrationen von Pat Hachfeld – diesmal finden sie sich inmitten der Handlung passend zu der aktuellen Szenerie – betten sich wieder ideal in das Gesamtwerk ein.

Auch Mark Freiers Titelbild nimmt sich dieser Thematik auf seine eigene Weise an: Am Horizont verschwimmen die Lettern des Codex Vaticanus, inmitten einer Art Sonne (es könnte aber auch Methalumina sein) – diese Sonne finden wir auf der Stirn Gelophees wieder.

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Bridges, Bill – letzte Schlacht, Die (Werwolf – Die Zeit der Abrechnung, Band 2)

|Die letzte Schlacht – oder: Und der Letzte macht die Lichter aus …|

„Die letzte Schlacht“ ist der mittlere Akt der „Zeit der Abrechnung“-Triologie, welche die „Welt der Dunkelheit“ zu ihrem Ende führt. Während es im ersten Akt „Die letzte Nacht“ die Spielwelt „Vampire: Die Maskerade“ trifft, beendet Bill Bridges mit diesem Teil „Werwolf: Die Apokalypse“ auf knapp 350 Seiten.

Während der englischsprachige Leser eine ganze Reihe alter Bekannter aus den Stammesromanen wiedertrifft, wird der deutschsprachige Leser ins kalte Wasser geworfen. Ihn erwartet eine Vielzahl von Charakteren, die durch häufigen Szenenwechsel blass bleiben und deren Eigenarten einem nicht so recht einleuchten wollen.

Die Garou sind quer in aller Welt zersplittert, auch wenn einige Anführer den Versuch unternehmen, sich zu einen. So ist König Albrecht, der die amerikanischen Garou hinter sich hat, gerade bei der russischen Anführerin Twariwitsch zu Besuch, als beide schlimme Nachrichten erreicht. Überall auf der Welt regt sich der Wyrm, lange gebundene und gefangene Kreaturen befreien sich von ihren Banden. Mordgeister, Fomorer und andere Plagen halten überall auf der Welt die verschiedenen Rudel in Atem.

Während sich Twariwitsch dem Marktgrafen Konietzko, Herrscher der europäischen Stämme, anschließen will, beschließt Albrecht nach Amerika zurückzukehren, um ebenfalls eine Armee um sich zu scharen. Denn der Marktgraf will mit einer großen Streitmacht in die Narbe, die Heimatebene des Wyrm im Umbra, vordringen und eine letzte Schlacht ausfechten.

Jedoch wird bei Albrechts Rückweg die Mondbrücke zerstört. Mondbrücken sind mystische Wege durch die Geisterwelt des Umbra, und wenn man einmal vom Weg abgewichen ist, findet man sich in den unterschiedlichsten Reichen des Umbras wieder. So ist er gezwungen, in den entscheidenden Stunden aus den Tiefen des Umbras herauszufinden …

Doch auch der Wyrm schläft nicht; Zhyzhak, eine der mächtigsten Tänzerinnen der schwarzen Spirale, will durch das sagenumwogende Labyrinth schreiten, um zum Wyrm selbst vorzudringen. Anders als ihre Vorgänger, welche die verschiedenen Kreise tanzten, hat sie einen Fetisch, mit dem sie Anthelios, den Roten Stern, sehen und so als Leitstern nutzen kann.

Aber auch im Norden Amerikas dringt der Wyrm vor; so ist eine der fünf Klauen des Wyrms, einer seiner mächtigsten Diener, dem Bann der Uktena entkommen. So fällt es Evan Heilt-die-Vergangenheit, einem Rudelgefährten Albrechts, zu die Garou gegen diese Gefahr um sich zu scharen. Doch nur wenige Rudel können Gefährten entsenden, denn auch in Amerika bedrängt der Wyrm die Werwölfe mit vielen kleinen Plagen.

Zahlreiche individuelle Questen werden beendet. Der deutschsprachige Leser ist dem allerdings ohne Vorkenntnisse ausgesetzt, aber auch den Kenner der Stammesromane werden diese Enden nicht recht zufrieden stellen. Es wirkt zu plump, zu gedrängt, wie Bill Bridges auf wenigen Seiten versucht, eine lang aufgebaute Queste von Knall auf Fall zu beenden.

Überhaupt, in der ersten Hälfte nimmt der Roman nicht viel Fahrt auf, danach wird er action- und temporeicher, aber absolut vorhersehbar.

Entgegen einer klassischen Triologie laufen die Ereignisse der drei „Zeit der Abrechnung“-Romane parallel und bauen nicht aufeinander auf. Während der erste Teil, wie erwähnt, sich um „Vampire: Die Maskerade“ kümmert, folgt im letzten Akt „Magus: Die Erleuchtung“.

Normalerweise würde man dies als durchschnittlichen Roman mit gequetschter Handlung und vielen Vorgaben abhaken, aber er ist der letzte Roman zu dem Rollenspiel und die deswegen hoch gesteckten Erwartungen werden vollends enttäuscht.

Leser der WdD-Romane werden sicherlich nicht um den vorletzten Roman herumkommend; für Leser von allgemeiner Werwolf-Literatur ist dies sicher kein Einstiegsroman: fortgeschrittene Handlung, viele WdD-Spezifika und zudem eher eine actionorientierte Atmosphäre.

© _Ingo Schulze_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de/ veröffentlicht.|

Angerhuber, Eddie M. / Koch, Boris (Hgg.) – Allem Fleisch ein Greuel

_Inhalt:_

„Allem Fleisch ein Greuel“ enthält sieben phantastische Erzählungen von Thomas Wagner, Kathleen Weise, John B. Ford, Michael Siefener, Quentin S. Crisp, Jörg Bartscher-Kleudgen und Matt Cardin. Sie erzählen von der Wahrheit, die unter dem Schleier der Realität liegt, oder etwas, das im Wahn für Wahrheit gehalten wird. Von der Wahrnehmung von mehr als der sichtbaren Wirklichkeit. Es geht um die Wahrheit hinter der Lüge oder um ein verbotenes Geheimnis in einer verschlossenen Kammer. Es geht um das Gesicht unter der Clownsschminke, um Masken und Träume oder das Aufbrechen der Realität mittels Drogen und Worten, oder dem Beginn einer neuen Zeit, die wirkt wie eine Halluzination. Es ist Phantastik ohne Monster.

_Leseprobe:_

|Er trat aus dem Flur in das Wohnzimmer. Eine Aureole gelben Lichts umfloß ihn und alle Spinnen dieser Welt.
Dies war nicht mehr die Zeit der Spinnen.
Leere Flaschen, Scherben und zerschlagene Möbel formten im Sonnenlicht eine Wiese der Zerstörung, einen Abgesang auf den menschlichen Verstand; auf dem Boden verstreute Lebensmittel verdarben wie im Zeitraffer, um die Brutstätte neuen Lebens zu bilden, das sich bereits in ihnen regte.
Das Bildnis eines Dackels hing in schiefem Winkel an der Wand und glotzte grotesk schielend auf das Bild der Verwüstung.
Auf der Tapete tanzte ein Blumenmuster unbeholfene Kapriolen im Sonnenlicht, nur einige merkwürdig asymmetrische Blüten feucht-roter Farbe beteiligten sich nicht an diesem surrealen Reigen. Ihre Blätter erstreckten sich, Farbspritzern gleich, scheinbar ziellos und fordernd über das Muster, um sich an ihren Spitzen auf eine gemeinsame, senkrecht verlaufende Richtung zu einigen.
Aus einer Steckdose ragte ein ineinander verschlungenes Kabel, das sich wie ein Kriechtier abwärts und über den Teppich wand. Einige Fliegen krabbelten im Gänsemarsch über die rotverschmierte Isolierummantelung.
Am Boden lag – auf dem Bauch hingestreckt und mit angewinkelten Gliedmaßen, gleichsam eingefroren in einer letzten aufbäumenden Bewegung – der leblose Körper eines Mannes; bekleidet nur mit einer fleckigen Unterhose, die halb über das bleiche Gesäß herabgerutscht war.
Im Schädel – oder vielmehr in einer unkenntlichen Masse aus Blut und Haar – steckte, einer absurden, lärmenden Krone gleich, ein angeschaltetes Transistorradio.|

aus: Thomas Wagner: „Die gelbe Zeit“

_Rezension:_

Die Mischung nationalen und internationalen AutorInnen macht den Reiz dieser Anthologie aus, in der besonders drei Geschichten |on top| für sich in Anspruch nehmen können: allen voran die von Thomas Wagner (Von dem Mann müsste es viel mehr zu lesen geben! Das würde das Genre erheblich beleben.) Daneben waren für mich die weiteren Highlights: Michael Siefener, Jörg Bartscher-Kleudgen und Matt Cardin, von dem auch die Titelstory stammt. Aber auch die anderen Storys halten ein souveränes Niveau. Das spiegelt sich besonders in den eher subtil düsteren Handlungsbögen wider.

„Allem Fleisch ein Greuel“ ist eine interessante Komposition der Stile und Plots und stellt somit eine dankenswerte Abwechslung zu den vielen Themen-Anthologien dar. Es ist sicher schön, Projekte anzubieten, die thematisch einen „roten Faden“ haben, aber das sollte immer weniger zur ungeschriebenen „Pflicht“ werden. Diese Anthologie ist der beste Beweis dafür, dass es dem Leser zugute kommt.

Die erste Novelle ist „Die gelbe Zeit“ von Thomas Wagner. Nicht nur die erste auch |the very best| mit dem Prädikat „erzählerisch wertvoll“. Eine sprachgewaltige, teilweise bizarre, aber dennoch feine Erzählform die den alltäglichen Horror auf sehr atmosphärische Weise rüberbringt. Ich habe es schon in anderen Anthologien feststellen können, und das Bild rundet sich immer mehr: Thomas Wagner ist ein Autor der Kurzgeschichte! Die Ausbeute derer, die Shortstorys beherrschen, ist gering, aber Thomas Wagner gehört eindeutig dazu. Ein Satz der Geschichte sprach mir besonders aus der Seele: „Der Sommer widerte ihn an, diese durch und durch ordinäre Jahreszeit mir ihren plumpen Farben …“

Michael Siefeners „Die steinernen Träume“ im typisch feinen, unheimlichen Siefener-Stil handelt von einem Protagonisten, der nach einem persönlichen Verlust von Kummer gezeichnet die Begegnung mit einer Heiligen des Ortes, an dem sein verstorbener Vater gelebt hat, macht, deren Reliquien einen verhängnisvollen Einfluss ausüben

In „Die dreizehnte Kammer“ von Jörg Bartscher-Kleudgen rettet ein Walfangkapitän eine Schiffbrüchige, und es entwickelt sich zwischen ihnen eine filigrane Beziehung, die durch das Geheimnis des sonderbaren Mannes, das er in der dreizehnten Kammer verbirgt, in Gefahr gerät. Der Stil des Autors ist wie immer atmosphärisch und eher feingeistig düster. Genau die Prise, die das Besondere ausmacht, und der Handlungsbogen wird durch einen geschickten Perspektivenwechsel erfreulich hoch gehalten.

Matt Cardin setzt sich in „Allem Fleisch ein Greuel“ erzählerisch mit der Auslegung der Bibel auseinander – in einem sehr interessantem Party-Gesprächs-Plot.

Überhaupt zeichnet das die Anthologie aus. Sie lebt von der Bandbreite der Stile und Handlungen, die nicht so sehr dem Klischee entspringen, wie es oft der Fall ist. Aus diesem Grund unterscheidet sie sich dadurch von der breiten Masse und ist ein weiterer Bausteine dafür, dass Kurzgeschichtensammlungen verschiedener Autoren wieder mehr Raum haben sollten als die einzelner Autoren.

Was auch besonders gelungen ist: dass die Herausgeber die Autoren nicht anhand einer herkömmlichen Vita vorstellen, sondern schildern, welchen Bezug sie zu dem jeweiligen Autor haben und diesen dem Leser auf sehr persönliche Weise vorstellen und näher bringen.

Für mich ist der einzige kleine Negativpunkt, dass die Anthologie nicht in eine einheitliche Rechtschreibung gesetzt wurde. Aber das trübt in keiner Weise den Lesegenuss. Was mir ebenso ein wenig fehlt, ist zu jeder Story eine Illustration. Das hätte den Band auch optisch abgerundet.
Ansonsten ist die Aufmachung wie immer bei MEDUSENBLUT gewohnt gut: Covermotiv, Papier, Druck, alles eins-a!

Fazit: Eine lesenswerte Kurzgeschichtensammlung, die einen interessanten Kontrast zwischen nationalen und internationalen Autoren bietet und von sieben Geschichten drei sehr gute plus ein Highlight bietet. Daher kann ich „Allem Fleisch ein Greuel“ nur wärmstens empfehlen!

http://www.medusenblut.de/

Samuels, Mark – weißen Hände und andere Geschichten des Grauens, Die (Edgar Allan Poes Phantastische Bibliothek 4)

Band 1: [„Grausame Städte“ 1018
Band 2: [„Das Alptraum-Netzwerk“ 1023
Band 3: [„Spuk des Alltags“ 1142

_Ring frei für Federfechter vier!_

Nachdem Markus K. Korb mit einem angemessenen Auftakt die Reihe gestartet und Thomas Ligotti einen grandiosen Meilenstein hinterhergeworfen hat, nachdem Alexander M. Frey mit kauzig verstaubter und rustikal charmanter Sprache die Lesegewohnheit auf den Kopf gestellt hat, wirft sich nun Mark Samuels in die Brust, um die Poe-Anhängerschaft mit neun Kurzgeschichten das Gruseln zu lehren. Der 1967 geborene Londoner veröffentlichte 2003 diese Sammlung über den Kleinverlag |Tartarus Press|, und der |BLITZ-Verlag sorgt hier und jetzt für die deutsche Erstveröffentlichung, löblicherweise ohne die Beschneidungen, die der britische Verlag vorgenommen hat.

_Gotisches Flair in modernen Häuserschluchten._

Samuels Geschichten spielen allesamt in der Moderne, verbreiten aber eine Stimmung, wie sie schon ein Lovecraft zu verbreiten wusste:

|Die weißen Hände.|

Die Geschichte des exzentrischen Literaturprofessors Alfred Muswell, der aufgrund seiner schrägen Ansichten von der Oxford University vertrieben wurde. Die Phantastik, behauptet er, ist die einzig wahre Form der Literatur, weil sie sich nicht dem lächerlichen Realismus verschreibe, sondern sich mit der Unendlichkeit befasse, die der Mensch durch „die Regeln der Realität“ zu ignorieren versuche. Der junge Journalist Harrington setzt sich mit dem kauzigen alten Mann in Verbindung, da er sich von ihm exklusive Informationen über die viktorianische Horror-Autorin Lilith Blake erhofft. Schnell zieht der Professor den jungen Mann in seinen Bann, sodass der selbst die realitätssprengende Kraft zu spüren beginnt, die hinter Blakes Worten lauert …

Diese Geschichte ist ein toller Tauchgang in den Wahnsinn, eine Fundgrube düsterer Ansichten und Zitate, und außerdem die perfekte Inspiration für die Bucheinkaufsliste des Phantastik-Interessierten. Auch wenn das Finale nicht ganz so hinreißend ist, schlägt einen doch die Stimmung in ihren Bann: Das langsame Gleiten von der „vernünftigen Sicht der Dinge“ in das Unheimliche, das durch Lilith Blakes Werke freigelegt werden kann.

|Das letzte Spiel des Großmeisters.|

Schach-Horror um einen Priester, der sein letztes, großes Spiel antreten muss.

Subtiler Grusel um zwei Figuren, die augenscheinlich vollkommen zufällig aufeinander prallen, deren Vergangenheit aber eine bizarre Verbindung aufweist, die sich erst im Laufe der Geschichte eröffnet. Stimmungsvoll und interessant, störend nur, dass Samuels hier die Hintergründe seiner Figuren über Gedankenrückblenden vermittelt.

|Momentaufnahmen des Schreckens.|

Mit Abstand die beste Erzählung in diesem Sammelband! Ein Architekt, der mit rätselhaftem Gedächtnisverlust aufgesammelt wurde, ist von einem Gebäude fasziniert, das er von seinem Büro aus betrachten kann: Ein kaltes Hochhaus, das scheinbar jeder Firma, die darin einzieht, den Ruin beschert. Eines Tages erfährt unser Architekt, dass der Erbauer dieses Hochhauses ein Kunstprojekt darin installiert hat. Eine Gelegenheit, die er sich nicht entgehen lassen kann …

Die Stimmung dieser Erzählung zerrt bis zum Ende an den Nerven, nur um dem Leser mit der finalen Wendung endgültig den Todesstoß zu verpassen! Mit einem Wort: Grandios!

|Appartement 205.|

Pieter Slokker wird mitten in der Nacht aus seinem Bett geholt, weil ein seltsamer Wohngenosse gegen seine Tür schlägt. Er könne keine Einsamkeit mehr aushalten, sagt sein Gast, verschwindet aber gegen Morgengrauen wieder und ist seitdem unauffindbar. Pieter begibt sich in das Appartement des mysteriösen Fremden, findet dort eine okkulte Vorrichtung, seltsame Bücher und Fenster, die allesamt mit Zeitungen abgeklebt wurden.

Zugegeben: Pieter Slokker verhält sich manchmal etwas arg erzwungen, „innerer Drang“ ist oft die einzige Erklärung für Entscheidungen, und „Schlüsselduplikationen“ via Wachsabdruck sind seit dem „Tatort“ von 1980 sicher auch nicht „up to date“. Aber das macht nichts. Die Geschichte selbst fängt diesen Schönheitsfehler auf, „Appartement 205“ ist erneut ein Tauchgang hinter die Fassaden der Realität; verstörend, unheimlich, und weit über plattem „Geister gibt es doch!“-Niveau. Wiederum hat es Samuels geschafft, die absolute Einsamkeit desjenigen darzustellen, der den Schein des Wirklichen durchstoßen hat, würdige Schritte auf Lovecrafts Pfaden also, und unbedingt lesenswert!

|Die Sackgasse.|

David Cohen nimmt eine Stelle in der Ulymas-Corporation an und bearbeitet dort extrem bizarre Fälle von Urheberrechts-Verletzungen. Scheinbar zerstörte Computer, mit Papier befüllt, apathische Angestellte und eine ultraschräge Firmenvorstellung von der Beschaffenheit der Zeit … Was David Anfangs noch für einen Scherz seiner zukünftigen Kollegen hält, bekommt schnell einen unheimlichen Sinn …

Die Stimmung ist wunderbar beklemmend und ausweglos, von Thomas Wagner im Nachwort sehr treffend als „Kafkaesker Alptraum“ beschrieben. Enttäuschend nur, dass das Finale zu rasch über uns herfällt, da wurde Potenzial verschwendet.

|Kolonie.|

Conrad Smith spürt den unerklärlichen Drang, in ein namenloses, verfallenes Viertel Londons zu ziehen. Gestalten streifen dort herum, mit maskenhaften Gesichtern praktizieren sie Rituale in der Dunkelheit. Conrad fühlt sich davon immer mehr in den Bann gezogen …

Definitiv die schwächste Geschichte dieses Bandes. Ein knapper, spannungsloser Abklatsch von Lovecrafts [„Schatten über Innsmouth“. 506

|Vrolyck.|

Die Geschichte von Trefusis Vrolyck, einem einzelgängerischen Autor, der sich während seiner Schlaflosigkeit in ein einsames Café setzt, um dort vor sich hin zu grübeln. Eines Nachts setzt sich Emily Curtis zu ihm an den Tisch, eine Gleichgesinnte, die ebenfalls nachts kein Auge schließen kann. Sie stört sich nicht an der weißen Schminklotion, die Vrolyck überzieht, sondern interessiert sich für seinen Roman „Die Dybbuk-Pyramide“. Nie hätte sie gedacht, welche Folgen die Lektüre dieses Werk haben könnte, für sich und den Rest der Welt …

Diese Story ist wieder wesentlich kraftvoller als der Vorgänger, mit schrägen Ideen gespickt, und mit überraschenden Wendungen aufgepeppt. Samuels hat die Titelfigur außerdem an Thomas Ligotti angelehnt, der selbst diese Kurzgeschichte gelesen hat und Samuels mit Verbesserungsvorschlägen zur Seite stand. Interessant!

|Auf der Suche nach Kruptos.|

Ein Student bricht auf, um nach Thomas Ariel zu suchen, einem Metaphysiker, der mit seinen Gedanken die Welt verstörte und in Aufruhr brachte. Sein Werk „Kruptos“ wurde nie veröffentlicht, obwohl gerade darin entscheidende Enthüllungen über das Universum und die Existenz im Allgemeinen zu stehen scheinen. Irgendwann glaubt der Student dann gefunden zu haben, wonach er sucht…

Was wie eine gewöhnliche Suchexpedition beginnt, wird, beinahe ohne Übergang, zu einem esoterischen Alptraum, in dem Zeit und Raum ihre Bedeutung verlieren. Aber gerade da, wo man denkt, sich in diesem Delirium zu verlieren, reißt einen das Finale in die „Realität“ zurück. Bizarr!

|Schwarz wie die Finsternis.|

Jack Wells findet die Spur seiner lang verflossenen Liebe und stößt dabei auf ein Geheimnis, das seinen besten Freund betrifft, aber auch das Verständnis vom Tod allgemein.

Nett sind hier die Querverweise zu den Ideen, die in „Die weißen Hände“ entwickelt wurden. Lilith Blake kommt hier zu Wort, und Professor Muswell, aber ansonsten ist diese Story eher mau, auch wenn das Geheimnis von Jacks bestem Freund dann doch etwas überrascht.

_Guter Kampf trotz gelegentlichen Punktabzugs._

Mark Samuels sagt es selbst in seinem Nachwort: „Meistens sind meine Figuren wenig mehr als Marionetten oder Affen in menschlichem Gewand“. Aber das macht nichts, die Figuren sind Statisten vor grandiosem Hintergrund, oft würde es sogar stören, wenn die kunstvollen Demontagen der Realität von allzu viel figürlicher Tiefe verwässert würden. Pieter Slokker ist Medizinstudent, und Schluss. Wen interessiert denn schon, für welche Fächer er sich eingeschrieben hat, warum er studiert, ob er reich oder arm ist, ob er sein Studium ernst nimmt oder nicht? Nein, das Einzige, was interessiert, ist das Unheimliche, das er in Appartement 205 vorfindet, das ihn verfolgt und an den Rand des Erträglichen treibt. Das Weltliche hat in den Storys von Mark Samuels nur wenig Platz, und genau das ist es auch, was ihnen diese herrlich entrückte Stimmung verleiht.

„Die weißen Hände und andere Geschichten des Grauens“ kann daher jedem Freund subtiler Horror-Storys nur wärmstens empfohlen werden. Hier gibt es keine Schlachtplatten und Gewaltausbrüche, die Angst schleicht sich auf leisen Sohlen an und bleibt einem lange im Genick sitzen. Die beiden schwächeren Storys „Kolonie“ und „Schwarz wie die Finsternis“ verringern die Qualität dieser Sammlung nur wenig, tun außerdem der Kaufempfehlung keinen Abbruch. Zwar würde ich nicht so weit gehen wie der Klappentext und behaupten, dass „[…]Machen, Lovecraft oder Ligotti stolz sein würden“, es geschrieben zu haben, aber schämen würden sie sich wohl auch nicht. Ein besonderes Lob auch an das Nachwort diesmal: Wie immer eine Beleuchtung des Autors und seines Werkes, aber auch ein Interview gibt es dort zu lesen, das einem die Hintergründe der Geschichten offenbart.

Samuels hat mit „Black Altars“ noch einen zweiten Kurzgeschichtenband geschrieben, der auf seine deutsche Erstveröffentlichung wartet. Mit viel Glück wird sich der BLITZ-Verlag auch diese Anthologie unter den Nagel reißen, ebenso wie die dritte Storysammlung, die sich gerade noch in Arbeit befindet. Zwar widmet sich Samuels momentan der Überarbeitung seines Romans „The Face of Twilight“, aber ehrlich gesagt halte ich nach dem, was ich hier gelesen habe, die Kurzgeschichte für Samuels ausgemachtes Territorium und befürchte, dass seinen Ideen und seinen Plastikfiguren auf Romanlänge schon die Puste ausgeht. Reine Spekulation, natürlich, und gerne werde ich mich eines Besseren belehren lassen. „Die Weißen Hände“ jedenfalls wird sich in jeder gut sortierten Gruselsammlung wohl fühlen.

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Richard Matheson – Das Höllenhaus

Matheson Hoellenhaus Cover kleinDie wissenschaftliche Untersuchung eines Spukhauses gerät außer Kontrolle, als die Forschergruppe in die Gewalt eines bösartigen Phantoms gerät, dass sie nicht mehr gehen lässt … – Modern, quasi dokumentarisch und immer noch nachdrücklich kommt der Schrecken in diesem Kleinod der Phantastik über die Leser: eine (ungekürzte) Neuausgabe ist längst überfällig! Richard Matheson – Das Höllenhaus weiterlesen

Frey, Alexander Moritz – Spuk des Alltags (Edgar Allan Poes Phantastische Bibliothek Band 3)

|Episode 3: Federfeldzug eines Veteranen.|

„Grausame Städte“, Auftakt der phantastischen Bibliothek, wurde vom deutschen Nachwuchs vollbracht und „Das Alptraum-Netzwerk“ von einer amerikanischen Ikone zeitgenössischer Phantastik. Dementsprechend konsequent ist es, dass der Verfasser des dritten Bandes wiederum aus einem völlig anderen literarischen Lager kommt als seine Vorgänger.

Alexander Moritz Frey hat 1881 in München das Licht der Welt erblickt, hat als Sanitätsoffizier im ersten Weltkrieg gedient und eine tiefe Abscheu gegen den Krieg entwickelt, ebenso gegen die Ideologie, die sein Regiments-„Kamerad“ Adolf Hitler zu verbrechen im Begriff war.

Freys Geschichten stehen dem Namenspaten dieser Buchreihe bisher am nächsten: Seine Figuren sind skurril, seine Storys manchmal traumhaft verschwommene Streifzüge („Verhexung“, „Verwandlung“), düsterphilosophische Gesellschaftskritik („Verfolgung“, „Verzweiflung“, „Verwirrung“), oder Tauchfahrten in zerrüttete Seelen („Verwesung“, „Vergeltung“), alles eingebettet in knorrig kraftvolle Sprachgebäude.

|Verzückende Versmalerei.|

Die Richtungen, zwischen denen Freys Geschichten pendeln, sind also skizziert, wollen wir sie einfach einmal genauer betrachten:

„Verhexung“ ist der Blick in den Kopf eines Spaziergängers, der sich überzeugen lässt, eine fremde alte Frau nach Hause zu begleiten. Durch die Augen des Erzählers erlebt der Leser, wie Zeit und Raum während dieses Spazierganges die Bedeutung verlieren. Ein delirierender Sprachtaumel, der mehr als einmal an Poe erinnert.

„Verneinung“ dagegen ist ganz anders: Wilhelm Weifeuer, leidlich erfolgreicher Schauspieler, hat das Zeitliche gesegnet, will das aber so überhaupt nicht einsehen. Warum auch? Er ist ja immerhin in seinem Sarg erwacht. So entsteigt er diesem, befüllt ihn mit Steinen, verschließt ihn wieder und macht sich einen Spaß daraus, auf seiner eigenen Beerdigung aufzutauchen, wo er den scheinheiligen Tränenverguss seiner Hinterbliebenen verhöhnt.
Auch wenn das Finale schwach ist, der Weg dorthin ist eine wunderbare Sammlung makabrer Attacken gegen spießbürgerliche Rituale und scheinheilige Ehrerbietung. Der Humor ist auch jetzt noch deftig, wie muss er aber erst eingeschlagen haben, als „Spuk des Alltags“ 1920 erstveröffentlicht wurde? In den Fingern juckt es mich ja, hier zu zitieren, aber aus dem Zusammenhang gerissen, funktioniert es nicht.

„Verfolgung“ schlägt erneut eine andere Richtung ein: kein berauschender Traumtanz, kein makabres Komödiantenstück, sondern Gedankenkrieg von einem, der eine Leiche unter einem Sandhaufen vergraben hat und über die Natur des Menschen sinnt: „Wo bleibt die Ehrfurcht vor der Schöpfung, wenn man jeden Baum fällen darf, auch den jungen grünen, – und den absterbenden Menschen nicht? Weshalb ihn nicht? Ist Mensch mehr als Baum, so ungeheuer viel mehr? Nein. Aber Mensch hat Angst vor Mensch. Mensch hat nicht Angst vor Baum; deshalb springt er mit dem Baum um, wie´s ihm beliebt.“

„Verwandlung“ besinnt sich auf die Schreibart von „Verhexung“: Ein nahezu übliches Szenario, der Besuch einer Zaubervorstellung, wird zu einem bizarr verschwimmenden Erlebnis.

„Vergeltung“ ist die Geschichte eines Mannes, der sich an das Erbe einer verhassten Tante heranschleichen will, die ihren kompletten Wohlstand zugunsten ihrer Katzen verschleudert. Das Finale ist wiederum etwas schwächer, ja, aber der Weg dorthin ist mit herrlicher Sprache gesäumt: Die Vergleiche, die Bildsprache und sinnlichen Eindrücke sind so intensiv, der Blick in die verruchte Seele des „Protagonisten“ so tief, die Beleuchtung der skurrilen Alten so schillernd, dass das Finale den Lesegenuss kaum schmälern kann. Dazu ist alles von mitreißendem Rhythmus: „Ich konnte diesem Umzugsschauspiel nicht beiwohnen. Ich erinnere mich nur eines fauchenden, krächzenden und miauenden Gewoges hinter Gitterstäben, um die die Alte mit miauendem Geplärr hindurchschlurchte, wobei sie golddurchwirkte Seidendeckchen darüberbreitete, oder sinnlos aus einer Kristallkaraffe Milch im weißen Strahl durch die Stäbe mitten auf die wegprallenden Tiere plätschern ließ …“

„Verzweiflung“ ist die Geschichte eines Mannes, der von den Halluzinationen seines Kriegstraumas gepeinigt wird. Hier hört man Frey selbst heraus, den das sinnlose Töten im Krieg angeekelt hat.

„Verwirrung“ tönt ebenfalls mit gesellschaftskritischer Stimme gegen Grausamkeiten im Namen augenscheinlicher Gerechtigkeit.

In „Verwesung“ klingt „Das verräterische Herz“ von Poe durch: Karl bringt seine Eltern um, es aber nicht über das Herz, die verrottenden Leichen aus der Wohnung zu schaffen. Das ruft natürlich irgendwann die Nachbarn auf den Plan, aber das ist Karls geringste Sorge, denn die toten Eltern beginnen sich zu bewegen … Die Bilder sind drastisch, und man spürt, wie Karl vom Wahnsinn eingesponnen wird. Fesselnd!

„Verstrickung“ geht andere Wege: Wie der Titel schon sagt, unterhalten sich die beiden Hauptfiguren über zwei unabhängige Ereignisse, die immer näher aufeinander zuwachsen, je mehr Facetten sich offen legen … Interessant!

In „Versammlung“ besucht Konrad einen Vortrag, ohne sich zu erinnern, warum er das tut oder was das Thema des Vortrages überhaupt ist. Jedenfalls trifft er ein wahres Ungetüm von einem Mann, der ihn bittet, sich zu ihm zu setzen. Mit Abstand die intensivste Bildsprache, von der sich zeitgenössische Autoren gleich mehrere Scheiben abschneiden könnten. Aber, ich bin ehrlich, der Sinn dieser Geschichte bleibt mir auch nach mehrmaligem Lesen völlig verborgen.

„Vermummung“ ist dann der würdige Abschluss dieses Geschichtenbandes, ist entspannt und leitet Freys kräftige Sprache in humorvolle und herrliche makabre Kanäle: Der Gymnasiast Paul Pulver hat einer Mutprobe zugestimmt: In einer Bibliothek soll er nach einem verborgenen Kamin suchen, in dem angeblich ein vom Schlot geschossener Schornsteinfeger vermodert. Mehr zu verraten, würde die böswitzigen Wendungen der Geschichte offenlegen und den Leser um einen wunderbar verstaubten Spaß bringen.

|Old School einmal anders.|

Man sollte sich schon darauf einlassen, dass Freys Sprache alles andere als modern ist, man muss es verkraften, dass seine Sätze viel Konzentration verlangen, und dass sich „Spuk des Alltags“ keinesfalls zum Lesen im lärmenden Morgenzug eignet. Aber wenn man bereit ist, ein wenig Mühe zu investieren, wenn man jedem dieser Prosa-Happen die Zeit lässt, seinen ungewohnten Geschmack auf dem Lesergaumen zu entfalten, kommt man in den Genuss eines Sprachgelages, dessen Geschmack sich lange nicht herunterspülen lässt. Sicher, manches ist zu dick aufgetragen – überwürzt, könnte man sagen – und nicht jede Geschichte überzeugt auf ganzer Linie, aber dieser Sammelband ist so erfrischend weit entfernt vom Mainstream, dass der Phantastik-Freund einfach nicht daran vorbeikommt. Der BLITZ-Verlag hat auch hier mit geschmackssicherer Nase ein Werk erschnüffelt, das mit dieser Neuauflage vor einem Schicksal unverdienter Vergessenheit bewahrt wurde. Vielen Dank dafür!

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Alisha Bionda, S.H.A. Parzzival – Calvin (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 6)

Band 1: „Der ewig dunkle Traum“
Band 2: „Kuss der Verdammnis“
Band 3: „Die Kinder der fünften Sonne“
Band 4: „Blutopfer“
Band 5: „Der Schattenkelch“

Calvin ist nach Santa Barbara gereist, um sich mit seinem Vater auszusprechen. Dessen Brief, den er seinem Sohn hat überbringen lassen, war allerdings nur eine Finte, um Calvin nach Kalifornien zu locken, denn Anton Percy Vale sieht in seinem Sohn den Mann, der das Wissen hat, um an den heiligen Gral zu kommen. Zu diesem Zweck verabreicht er Calvin ein Mittel, welches sogar die Erinnerung an Dilara auslöscht. Die Vampirin merkt das Zerreißen des unsichtbaren Bandes zu ihrem Gefährten und reist ihm nach.

Alisha Bionda, S.H.A. Parzzival – Calvin (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 6) weiterlesen

Bionda, Alisha – Kuss der Verdammnis (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 2)

Band 2 knüpft genau an der Stelle an, wo die Kurzgeschichte ‚Der ewig dunkle Traum‘ endete:

Die junge Dilara wird für den Mord an ihrem Geliebten Charles zum Tode durch den Strick verurteilt. Bald auch zieht sich die Schlinge an den berühmt-berüchtigten Tyburn Gallows im Londoner Hyde Park erbarmunglos um ihren hübschen Hals.
Im Angesicht ihres Todes jedoch taucht jene Person auf, die für diese ganze Misere die Schuld zu tragen scheint – der Ur-Vampir Antediluvian. Er bietet Dilara an, ihr das ewige Leben zu schenken und sie zu einem Nosferatu zu machen. Ihr bleibt letztendlich nur die Wahl, den Kuss der Verdammnis hinzunehmen und zu einer Vampirin zu werden.

Vierhundert Jahre später findet sich Dilara in London wieder. Hier geht sie ihrem steten Treiben als ungewöhnliche Vampirin nach – einer ihrer Lieblingsorte ist unter anderem die Galerie des Apsley Houses, dort fasziniert sie speziell das Gemälde eines unbekannten Malers, welches seinen Platz in einer dunklen Nische gefunden hat. Das Bild zeigt eine junge hübsche Dame, die Dilara zum Verwechseln ähnlich sieht – in Wahrheit stellt es auch die jetzige Vampirin im Jahre 1601 da, das Jahr ihrer Hinrichtung.

Doch nicht nur Dilara ist von dem Bild beeindruckt. Dem wohlhabende Roderick Herrington macht die verblüffende Ähnlichkeit der Schönen auf dem Gemälde mit dem Antlitz der geheimnisvollen Besucherin schwer zu schaffen. Er fühlt sich rettungslos zu der schwarzhaarigen Frau hingezogen, doch auch Dilara kann ein gewisses Interesse an dem Mann nicht verleumden.

In Rodericks Geist regt sich gleichzeitig eine seltsame innere Stimme, er schottet sich von der Außenwelt ab, wird von blutigen Vision heimgesucht – bis Realität und Wahn schließlich verschmelzen. Roderick mutiert zu einem modernen „Jack the Ripper“, der in der Dunkelheit der Londoner Nächte mehrere Frauen buchstäblich abschlachtet und ihr Blut trinkt. In Roderick nistet unverkennbar ein düsteres Geheimnis aus der Vergangenheit, welches er aber noch nicht zu lösen vermag …

Auch Dilara verfolgt mehrere Spuren, die einige Fragen zu ihrem früheren Leben beantworten könnten. Speziell eine Frage interessiert sie: Warum gibt es ein Bild von ihr in der geheimnisvollen Schattenchronik, die Antediluvian wie seinen Augapfel bewacht? Ihr Vertrauen in den Ur-Vampir wird mehr und mehr in Frage gestellt, bis sie zu der Überzeugung gelangt, dass ihr einstiger Mentor sich aus noch unbekannten Gründen ihrer entledigen will. Ab diesem Moment werden sie zu Gegnern.

Die Vampirin ist aber mittlerweile auf ihren wahren Gefährten gestoßen. Sie hat sich auf dem Portobello-Markt in den jungen Calvin verliebt, und auch er ist sofort der hübschen Schwarzhaarigen verfallen. Dilara gibt ihm schließlich den Kuss der Verdammnis, so dass sie sich auf ein ewiges gemeinsames Leben einlassen können. Ihr Beisammensein wandelt sich zu einer beispiellosen, tiefen Seelenverwandschaft. Gemeinsam wollen sie Antediluvians dunkle Machenschaften aufdecken …

Alisha Bionda, die zu der Anthologie „Der ewig dunkle Traum“ noch eine der Kurzgeschichten beigesteuert hatte, lebt in diesem Band das Dasein der Vampirin Dilara in unserer modernen Zeit. Ja, man gewinnt den Eindruck, sie lebt diese Figur in allen ihren Zügen.

Die Ambivalenz der Gefühle dieser Frau, ihre sprühende Erotik, ihre Zartheit, die verspielten Auseinandersetzungen mit ihrem Partner, aber auch ihre gnadenlose Gefährlichkeit werden so intensiv und wirklich dargestellt, dass man meint, Alisha sei Dilara oder umgekehrt. Besonders der sprühende Liebesreigen zwischen Calvin und Dilara wird mit einer beeindruckenden Tiefe und Dichte beschrieben.

Die Vampirin ist hin- und hergerissen zwischen zwei sehr unterschiedlichen Männern, dem ständigen Zweifel an ihrem eigenen Dasein und dem Leben als Blutsauger. Die Konfrontation mit den wahren düsteren Plänen ihres Mentors, die verzweifelte Suche nach ihrer Vergangenheit – das gesamte Geschehen findet vor dem Hintergrund des altehrwürdigen London statt.

Die einzelnen Örtlichkeiten in dieser legendären Stadt sind schaurig-romantisch gewählt, ideal für eine Vampirstory, auch wenn wir hier absolut keine gewöhnliche Nosferatu-Abhandlung in Händen halten. Diese Geschichte, welche auch eine erste genauere Einführung der Hauptcharaktere der Schattenchronik-Serie liefert, kann man fast schon als eine Gothic-Romanze bezeichnen.

Schon alleine die Hauptfigur lässt sich mit keinem bekannten Vampircharakter vergleichen – auch am Tage ist sie unterwegs, gibt sich den verschiedensten Reizen hin, lebt und liebt wie eine junge Frau – wenn dann auch in der Nacht gelegentlich die morbide Gier aus ihr herausbricht und dieses faszinierende Wesen zu einer gnadenlosen Bestie mutiert, der es nach frischem Blut gelüstet. Interessanterweise nimmt der Leser diesen Blutrausch meistens billigend hin, er akzeptiert diese Opfer als nötige Übel, nimmt diesen ‚grausamen‘ Wesenszug als gegeben hin und verurteilt ihn nach einer Weile auch nicht mehr.

Dies ist aber auch erst der Anfang, die Einführung in eine neue Welt, denn diese Erzählung schließt mit einem offenen Ende – was unsere Vampirin in der Unterwelt Londons erlebt, welches düstere Geheimnis in der Schattenchronik von Antediluvian verborgen gehalten wird und was Dilara während ihrer bereits 400 Jahre schon alles widerfahren ist, das werden wir wohl in den kommenden Bänden erfahren.

Kommen wir noch zu Pat Hachfeld: Sein Zeichenstil hat schon in dem ersten Band die richtige Stimmung vermittelt. Hier packt er die Figuren in äußerst düstere Umgebungen (sei es in eine dunkle Londoner Straße oder in eine schummerige Katakombe darunter); vereinzelt mit nur kleinen Lichtquellen ausgeleuchtet, leiten diese Illustrationen die einzelnen Kapitel ein, welche passend mit lateinischen Titeln versehen sind (carpe diem, carpe noctem etc.). Um den Rahmen zu vervollständigen, hat Mark Freier ein Titelbild im wahren Gothic-Stil zum Besten gegeben, körnig verwaschen in kältesten Farben – ist das vielleicht das Gemälde aus dem Apsley House?!

Der Einstieg in die Welt der Schattenchronik ist jedenfalls gelungen …

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Bionda, Alisha / Kleugden, Jörg – Schattenkelch, Der (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 5)

Band 1: [„Der ewig dunkle Traum“ 1899
Band 2: [„Kuss der Verdammnis“ 1900
Band 3: [„Die Kinder der fünften Sonne“ 1949
Band 4: [„Blutopfer“ 1977

Nach Antediluvians Tod bricht unter den Vampiren ein blutiger Kampf um die Vorherrschaft aus. Derweil errichtet Coyolxa unter dem Pseudonym Luna ein gigantisches Wirtschaftsimperium. Doch die Ziele der Mondgöttin sind gänzlich anderer Natur; sie will in den Besitz des sagenumwobenen Schattenkelchs kommen, mit dem Vampire gegen das tödliche Wasser immun werden können. Doch darüber hinaus ist Luna auch an Dilara, der sie verblüffend ähnlich sieht, und deren Gefährten Calvin interessiert. Diese befinden sich ebenfalls auf der Suche nach dem Kelch, denn Calvins Vater ist ein hohes Mitglied eines Geheimbundes, der den Gral verehrt.

Dilara erinnert sich in diesem Zusammenhang an ein Erlebnis, welches sie 1914 nach Frankreich zu der Seherin Geneviève führte. Dilara wollte bei einer spiritistischen Sitzung mehr über ihre Vergangenheit erfahren. Doch unter den Gästen befanden sich auch zwei Vampire, welche die Seherin entführten. Sie sollte den Aufenthaltsort des Schattenkelchs verraten, damit die Vampire endlich die Vorherrschaft über die Menschen antreten können. Dilara folgte den Untoten und geriet selbst in Gefangenschaft. Doch mit Hilfe von Zigeunern, zu denen auch Genevièves Ehemann gehörte, gelang den beiden Frauen die Flucht.

Fast hundert Jahre später erinnert sich die Vampirin an den Bruder der Seherin. Der erzählt ihr und Calvin von dem Zigeunerwallfahrtort Les Saintes Maries-de-la-Mer. Die beiden Vampire machen sich auf den Weg, gefolgt von den Spionen Lunas …

Nahtlos setzt sich die „Schattenchronik“ fort und beginnt mit der Jagd nach dem Schattenkelch mit einem neuen Kapitel, welches eng mit der Vergangenheit Calvins verknüpft ist. Luna scheint eine interessante Gegnerin zu werden, welche skrupellos und unbeirrbar ihre Ziele verfolgt. Die Rolle der Konzernchefin steht dabei fast stellvertretend für die menschlichen Firmenbosse unserer Zeit, die oftmals nicht minder gefühlskalt ihren Geschäften nachgehen.

Besonders spannend ist, wie eigentlich immer, die Erinnerung Dilaras an vergangene Zeiten. Dieses Mal wird der Leser in das Frankreich kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges entführt. Aber auch die anderen Handlungsebenen werden von den Autoren gekonnt weiterverfolgt und entwickelt.

Viel Wert legen die Verfasser auf die Gefühlswelt und Gedankengänge ihrer Protagonisten und deren Gegenspielern, was zu einer tief gehenden Charakterisierung führt, die ihresgleichen sucht. Man merkt den Romanen das Herzblut regelrecht an, das die Autoren hineinfließen lassen. Mit den Zeitangaben droht man hingegen schnell durcheinander zu kommen, denn während Dilara und Calvin sich bereits im Juni dieses Jahres tummeln, sitzen Mick und Cassandra noch mitten im März in der Wohnung der Polizistin. Im Ganzen betrachtet, sind dies aber Punkte, die durch gute Lesbarkeit und einen spannenden Plot wettgemacht werden.

Die Innenillustrationen stammen, wie immer von [Pat Hachfeld,]http://buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=66 der sich wieder mächtig ins Zeug legte, um die Atmosphäre der jeweiligen Kapitel einzufangen. Gelungen ist auch das vielfarbige Cover, welches Calvin mit dem Schattenkelch in der Hand darstellt. Bedauerlicherweise wurde bei der Gestaltung des Titels und der einzelnen Kapitel-Überschriften auf den antiquierten Schrifttyp verzichtet, welcher die ersten vier Bände auszeichnete.

Fazit: Dark Fantasy, die mehr auf Atmosphäre baut als auf blutige Action.

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_Florian Hilleberg_

Shocker, Dan – Höllentor, Das (Larry Brent, Band 28)

_Das Tor zur Hölle_

Die Suche nach Larry Brent geht weiter! Diesmal ist der Hauptprotagonist Iwan Kunaritschew, und sein Weg führt ihn nach London. Chiefinspektor Edward Higgins von Scotland Yard hat die PSA informiert, dass eine Frau namens Ellen Mummert den Phantom-Mörder, einen gesuchten Serientäter, gesehen haben will. Erstaunlicherweise hatte das Antlitz des Unheimlichen große Ähnlichkeit mit dem verschwundenen X-RAY-3, wobei die Gestalt vielmehr einem schemenhaften Geisterwesen glich, welches unmittelbar am Landhaus eines gewissen Lord Bramhill verschwand.

Iwan und Higgins nehmen den Lord genauer unter die Lupe und werden Zeugen einiger unfassbarer Ereignisse. In der Tat scheinen sich in dem herrschaftlichen Landsitz mehrere Geister zu manifestieren, und alle diese Personen standen zu ihren Lebzeiten wohlmöglich in irgendeinem Kontakt mit Bramhill. Der Lord hatte unter anderem von dem so genannten |Tor zur Hölle| erfahren, welches sich in Machu Picchu in einer verborgenen Höhle befinden und als Schlüsselort zur Rückkehr der Dämonengöttin Rha-Ta-N’my dienen soll. Seine letzte Forschungsreise wurde schließlich auch von Erfolg gekrönt, mit der Konsequenz, dass sein ständiger Begleiter Steven Arlidge anscheinend das Zeitliche segnete und Bramhills Gattin Lady Elisabeth von dem schrecklichen Teufelsmal befallen wurde (wie wir es schon aus dem vorangegangenen Band kennen). Auf dieser schicksalhaften Reise muss er auch mit Larry Brent zusammengetroffen sein, der den Dienern der Dämonengöttin entkommen konnte, um kurz darauf in diesem Höllentor zu verschwinden.

Was Iwan fast zu spät herausfindet, ist, dass der Lord noch so einiges anderes auf dem Kerbholz hat: in seinem Keller verbirgt sich ein langer Altar, der als |Bett Gorhos| bezeichnet wird – eigentlich ein Opfertisch, den Bramhill auch pfleglich nutzt, um das Erscheinen des Schwarzen Dieners der Rha-Ta-N’my zu provozieren.

X-RAY-7 kann das Schlimmste vorläufig abwenden, dennoch führt ihn das unklare Schicksal seines Freundes Larry zusammen mit James Turnwood alias X-RAY-8 direkt nach Machu Picchu. Der dort lebende Indio Martino wurde ihnen von Bramhill als Kontaktperson und Eingeweihter empfohlen. Tatsächlich kann dieser sie zu dem Höllentor führen, aber auch direkt in ihr schreckliches Schicksal hinein …

Was in [„Corrida der Dämonen“ 2423 seinen Anfang nahm, wird hier weitergeführt: Larry Brents ungeklärtes Verschwinden und die schleichende Rückkehr der Dämonengöttin Rha-Ta-N’my. In dieser Geschichte fokussiert man sich mehr auf deren Schwarzen Diener Gorho, der aber selbst noch nicht leibhaftig auftritt – was sich im Hinblick auf den nachfolgenden Titel schnell ändern dürfte.

Dies ist aber nur der erste Teil; von einem Spuk in einem rustikalen englischen Herrenhaus werden wir zu einer vergessen Kultur in Peru entführt; einige Ereignisse aus der vorangegangenen Geschichte werden hier noch einmal aufgegriffen bzw. auch weitergeführt; wie z. B. das Schicksal des Indio Quarmo Lipiades, der Morna einige wichtige Hinweise über die Sekte in Mexico-City geben konnte. Ebenso findet der Autor Janosz Bracziskowsky aus [„Im Labyrinth des Ghuls“ 2284 seine kurze Erwähnung, da damals die PSA ebenfalls eine Konfrontation mit der Macht der Dämonengöttin erleben musste.

Insgesamt ein umfassender Zyklus um eine abenteuerliche Thematik, die uns auch am Ende dieser Story immer noch auf die Folter spannt, was mit Larry Brent tatsächlich geschehen ist …

_Monster-Bestie Gorho_

In Peru wird Iwan Kunaritschew durch das „Tor zur Hölle“ gestoßen, doch am Ende wartet eine große Überraschung auf ihn. In einer Mulde dahinter trifft er neben dem totgeglaubten Steven Arlidge und der Reporterin Pascuala de la Bailar auf seinen verschollenen Kumpanen Larry Brent. Alle drei sind zwar ausgezehrt, aber ansonsten wohlauf. Das einzige Problem besteht nun darin, irgendwie aus dem Inneren des Berges zu kommen.

Die Gruppe findet Hinweise darauf, dass vor Urzeiten zwei Wesensformen an dieser Stelle miteinander konfrontiert wurden. Einer dieser Rassen dürfte auch die dämonische Rha-Ta-N’my entstammen. Ebenso entdecken sie in der Mulde einige altarähnliche Gebilde, die Verbindungen zu ausgewählten Orten erstellen, welche zur Rückkehr der Diener der Dämonengöttin dienen könnten – einer der Orte war u. a. das Landhaus Lord Bramhills –; Larrys geisterhafte Erscheinung in London kam dadurch zustande, dass er sich zu diesem Zeitpunkt in der Nähe des Altars aufgehalten hatte. Dieser wirkt wie eine Art Projektor.

Nach einigen Mühen entdecken die Vier schließlich einen Geheimgang, der sie aus ihrem Gefängnis geleitet. Die schwarze Seite hat aber bereits eine neue Lokalität auserkoren, um das Erscheinen Gorhos, des Dieners Rha-Ta-N’mys, zu gewährleisten. In dem heruntergekommenen Haus des wohlhabenden Arabers Achmed Khaa-Shazaam kann die Monster-Bestie letztendlich auch ihren grausamen Taten fröhnen. Der arabische Herzensbrecher Achmed lockt in Lima einige hübsche Mädels in sein Heim und serviert sie dem Dämonen in seinem Kellerversteck. Von den Opfern bleiben nur noch die blanken Skelette übrig, die das Wesen nach Belieben mit einem neuen Körper versehen kann.

Gorhos Auftauchen bleibt aber nicht lange unbemerkt, denn die beiden Einbrecher Nicolas und Rafael haben sich nichts ahnend das unheimliche Haus als neues Objekt ausgesucht. Nicolas fällt dem schwarzen Monster zum Opfer, während Rafael knapp entkommen kann. Nur ist seine einzige Diebesbeute, eine seltsame Skulptur, zu allem Überfluss mit einem grausamen Fluch belegt: Wer sie berührt, wird wahnsinnig und begeht umgehend Suizid.

Die PSA bekommt schnell Wind von dieser Angelegenheit und setzt den Nachrichtenmann Franco de Calvados und die einigermaßen wiederhergestelle Morna Ulbrandson auf Khaa-Shazaam an. Auch Larry hat sich von den Strapazen in Machu Picchu halbwegs erholt und begibt sich nach Lima. Im Keller von Achmeds Haus kommt es zum dramatischen Showdown mit der unfassbaren Monster-Bestie Gorho …

Nach Mexico-City und London haben wir hier in Peru also das aufreibende Finale, die direkte Konfrontation mit der leibhaftigen Bestie Gorho. Das Treiben dieser schleimigen Wesensart kann man schon als brutal bezeichnen, wenn z. B. von der ansehnlichen Schauspielerin Britta Karguson nur ein abgenagtes Skelett übrig bleibt oder Rafael hilflos zusehen muss, wie sein Bruder Nicolas verdaut wird.
Blutig kommt es auch, als sich zwei Besessene mit einer Machete selbst richten – Dan Shocker fährt in diesem Fall schon einige harte Kaliber auf.

Im Gegenzug geht die Tendenz fast schon ins Utopisch-Philosophische, als wir einen umfassenden Abriss über die unbekannte Wesensordnung in fernster Vergangenheit zu lesen bekommen. Eine ganz eigene Dimension wird hier von Dan Shocker zusammengebastelt, die für meinen Geschmack an manchen Stellen vielleicht etwas zu fantastisch für einen Larry-Brent-Roman rüberkommt. Aber auf diesen Faktor bin ich ja schon bei „Corrida der Dämonen“ eingegangen.

Ein wenig schmunzeln musste ich auch, als bei der Bekanntschaft mit der Schauspielerin Karguson eine Kurzbeschreibung zu ihrem geplanten Film abgeliefert wird. Die Handlung über eine leicht bekleidete Blondine, die sich mit den Sexpraktiken eines verschollenen Eingeborenenstamms auseinander setzt, erinnert doch ziemlich an die unzähligen Schmuddelstreifen aus den frühen 70ern, die man noch gelegentlich auf den Privatsendern bewundern kann.

Jedenfalls findet der abenteuerliche Zyklus um die Wirren der Dämonengöttin und ihren monströsen Diener Gorho in diesem Band einen gebührenden vorläufigen Abschluss …

Dieser Band mit dem Lonati-Originaltitelbild von „Das Tor zur Hölle“ vereint den Zweiteiler um den aufreibenden Kampf gegen die Monster-Bestie Gorho und die drohende Rückkehr der Dämonengöttin Rha-Ta-N’my, die immer wahrscheinlicher wird.

Was in Band 27 in der Geschichte ‚Corrida der Dämonen‘ seinen Anfang genommen hat, baut sich hier zu einem actiongeladenen und abenteuerlichen Gruselthriller aus. Die Suche nach dem verschwundenen Larry Brent, Iwans Alleingang in dem unheimlichen Landhaus in London, die verborgene Felsenhöhle in Machu Picchu, welche an die legendären Indiana-Jones-Abenteuer erinnert, und schließlich der finale Showdown in dem beklemmenden Kellergewölbe in Lima machen diesen Band zu einem ganz speziellen Larry-Brent-Lesevergnügen.

Pat Hachfelds Illustration für die erste Geschichte kann man schon als symbolisch bezeichnen, Satan selbst gibt sich hier die Ehre. Beim zweiten Teil blicken wir hingegen auf das verwirrende Antlitz Gorhos als universale Bestie mit seinen verschlungenen Gliedern und Augäpfeln. Die beiden Darstellungen geben diesem Werk den letzten Schliff; da kann sich derjenige in der Tat glücklich schätzen, der den Zweiteiler als Komplettgeschichte in diesem einzigen schönen Band vorliegen hat …

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James P. Blaylock – Brunnenkinder

Blaylock Brunnenkinder Cover kleinDas geschieht:

Placentia, ein kleiner Flecken unweit der südkalifornischen Küste, im Jahre 1884: Hale Appleton, geistiger Führer eines obskuren spiritistischen Kultes, ertränkt seine kleine, kranke Tochter in einem der Brunnen. Er ist davon überzeugt, dass sich die letzten Gedanken des sterbenden Kindes als gläserne Kugel manifestieren werden, mit deren Hilfe er das Kind sogar ins Leben zurückrufen kann.

Tatsächlich findet sich im Opferbrunnen eine solche Kugel, doch sie wird Appleton vom zwielichtigen Alejandro Solas gestohlen, der damit ein lukratives Geschäft plant. Der gutherzige Lehrer Colin O=Brian erfährt von der Schandtat und entwendet seinerseits die Kugel, um sie dem Dorfpfarrer zu bringen, der wissen wird, wie damit zu verfahren ist. Unterstützt wird er von den Freundinnen May und Jeanette. Doch das Trio verhält sich recht ungeschickt. Bald ist ihm der gefährliche Solas auf die Schliche gekommen; ihm folgt der vor Kummer irrsinnig gewordene Appleton. Über dem Brunnen kommt es zum großen Finalkampf aller Beteiligten. Als sie dabei ins Wasser stürzen, entpuppt sich dieser als Tunnel durch die Zeit, der die Geister der fünf Menschen in der Zukunft verstreut … James P. Blaylock – Brunnenkinder weiterlesen

Shocker, Dan – Dämonen (Larry Brent, Band 27)

_Lady Frankenstein_

Larry Brent und Iwan Kunaritschew sind von ihrem spanischen Freund und Kollegen Alfonso Gomez alias X-RAY-12 eingeladen worden, mit ihm auf dessen Berghütte in den Pyrenäen ein paar Tage zu verbringen. Als sie die Behausung erreichen, finden sie aber nur noch den Leichnam des Mannes; beide Arme fehlen ihm.

Sofort beauftragt X-RAY-1 die Agenten, nach dem Mörder des PSA-Kollegen zu suchen. Die Freunde legen sich auf die Lauer und machen in der kommenden Nacht einige Geräusche in der stillen Bergwelt aus, was sie darauf schliessen lässt, dass in der Tat jemand im Dunkeln unterwegs zu sein scheint.

Doch sie sind nicht alleine auf der Pirsch. Der Bauer Paco Arimez-Prado und sein Knecht Pedro jagen seit einiger Zeit einen unheimlichen Tiermörder, der Pacos Hof ziemlich zugesetzt hat. Pedro wird jedoch bei einer der Nachtwachen von einer Art Monstrum angegriffen und getötet. Seine Leiche bleibt verschwunden.

Arimez-Prado vermutet, dass das wohlhabende Paar Alfredo und Carmen Mojales von der nahe gelegenen Hazienda hinter den Ereignissen steckt. Doch die Wahrheit ist noch viel erschreckender.

Larry und Iwan lernen die hübsche Carmen und ihre ansehnliche Tochter Maria-Rosa kennen. Sie werden von den Damen zum Essen eingeladen. Nur verfolgt Carmen Mojales ganz andere Pläne mit den beiden Herren. In Wirklichkeit ist sie die Assistentin des berühmten Baron Victor von Frankenstein gewesen. Durch einen Unfall kam sie zu Tode, wurde aber von Frankenstein wieder zum Leben erweckt, ebenso wie ihr späterer Mann Alfredo. Durch die Bekanntschaft mit dem Baron erlernte sie aber auch dessen Fähigkeiten. In einem verborgenen Keller unter der Hazienda experimentiert die Dame munter vor sich hin. Eines ihrer missratenen Geschöpfe ist Marco, eben jenes Monstrum, welches bereits Pacos Tiere, dessen Knecht und ebenso Gomez auf dem Gewissen hat – denn auch Marco versucht sich an einigen makabren Experimenten in einer versteckten Höhle.

Da Alfredo Mojales in Barcelona von einem Auto erfasst und getötet wird, steht für Carmen eine neue Operation auf dem Programm. Dazu braucht sie den Körper von Iwan Kunaritschew, um diesen für ihren toten Mann zu verwenden. Sie kann die beiden Agenten ausschalten und verfrachtet sie in ihr Labor.

Doch ein unerwarteter Besucher stört den Eingriff: Frankenstein höchstpersönlich will sein Wissen endgültig von der Welt tilgen und diesem Treiben eine Ende setzen. In dem Labor unter der Hazienda kommt es zum letzten Showdown …

Der Beginn dieser fast schon trashigen Geschichte gestaltet sich relativ ruhig und die Handlung baut sich ohne große Eile auf. Iwan und Larry machen ihren makabren Fund in der Hütte und werden dann stückchenweise in die seltsamen Ereignisse in dieser einsamen spanischen Berglandschaft eingeführt – übrigens in der Tat eine nett gewählte Umgebung, die ihren ganz eigenen Reiz versprüht.

Relativ früh kommt man hinter das düstere Geheimnis, welches Carmen Mojales umgibt – zumindest erfährt man von ihrem geheimen Labor, ihren medizinischen Fähigkeiten, aber auch ihre gefährliche Erotik kommt zum Tragen. Ein witziger Einfall von Shocker ist es übrigens, als er Carmens Bett als Lösung diverser Probleme erwähnt – erst in der darauf folgenden Szene wird aber deutlich, dass es sich hier nicht um ein mögliches Schäferstündchen, sondern um die technischen Raffinessen der Liegestatt dreht, mit denen sie den Kopf ihres Mannes aus dem Labor heraufbefördern und am Leben erhalten kann.

Nach dem tödlichen Unfall ihres Gatten wird zwar Carmens kranker Wahn offensichtlich, dennoch präsentiert sie ihre wahre Identität dem Leser erst bei dem aufreibenden, teilweise auch wirklich makabren Finale. Speziell bei der Leküre der letzten Seiten, auf denen abschließend noch erwähnt wird, was Marco eigentlich mit den Körperteilen seiner Opfer veranstaltet hat, bleibt ein Schauder nicht aus.

Großes Kino ist es auch, als Frankenstein himself das große Geheimnis um die Mojales in seinem Monolog lüftet und für das dramatische Ende sorgt. Das Auftauchen dieser klassischen Figur der Gruselliteratur ist eine feine Idee von Dan Shocker, und wieder mal drückt er diesem Thema seinen ganz eigenen Stempel auf.

Wer die eigenständige (und leider nicht abgeschlossene) „Frankenstein-Serie“ von DS kennt, sollte sich von dieser Version des Frankenstein-Themas nicht irritieren lassen – theoretisch könnte diese Geschichte aber auch das fehlende Ende der Serie sein …

_Corrida der Dämonen_

Larry Brent ist spurlos verschwunden! Die PSA schlägt umgehend Alarm, als von dem Agenten kein Lebenszeichen mehr zu vernehmen ist. Von dem PSA-Ring ist zwar noch nicht Larrys Todesmeldung gesendet worden, dennoch wird Morna Ulbrandson schnellstens nach Mexico-City geschickt, um am letzten Aufenthaltsort des Verschollenen nach dem Rechten zu sehen.

Sie findet einige Spuren ihres Kollegen, doch er selbst bleibt unauffindbar. Wie es scheint, war er einer unheimlichen Vereinigung auf den Fersen, denn in Mexico-City haben sich einige Anhänger der Dämonengöttin Rha-Ta-N’my niedergelassen, wo sie Vorbereitungen zur Rückkehr ihrer Herrin treffen.
Immer wieder werden in jüngster Zeit Menschen in Mexico entführt.

Die männlichen Opfer wachen mitten im Dschungel in der Ruine einer alten Arena wieder auf. Von einem dämonischen Torero werden sie vor den Augen einiger vermummter Gestalten auf den Zuschauerrängen über den Sandplatz gehetzt, um abschließend ihren gewaltsamen Tod zu Ehren der Dämonengöttin zu finden. Die weiblichen Entführten hingegen infizieren sich mit einer Art Teufelsmal, welches sich rasend schnell ausbreitet, den gesamten Körper in eine unansehnliche blaue, knotige Masse verwandelt und dabei auch das Wesen der Mädchen verändert. Sie mutieren zu willenlosen Dienerinnen der Rha-Ta-N’my.

Hinter diesen dunklen Machenschaften scheint ein Mann namens Raymondo Camero zu stecken. Morna versucht diesem Kerl auf die Schliche zu kommen, da er auch etwas über den Verbleib Larry Brents wissen könnte, doch noch ahnt sie nicht, dass die Ereignisse in Mexico-City erst der Anfang sind …

Wir lesen hier ein Solo-Abenteuer von Morna Ulbrandson, und fast wird sie schon zu einer Randfigur degradiert, denn die Ereignisse um die Rha-Ta-N’My-Sekte entwickeln sich ohne großes Zutun der PSA-Agentin.

Sie ist vielmehr damit beschäftigt, ihrem Freund und Kollegin Larry auf die Spur zu kommen, der wie vom Erdboden verschluckt zu sein scheint. Gegen Ende erst gerät sie in die Mühlen von Cameros Machenschaften, erfährt von den düsteren Ereignissen in Mexico-City und muss erkennen, dass sie erst ganz am Anfang steht.

Ebenso wie der Leser, denn diesen Band kann man als eine Art Einleitung in den Zyklus um die geplante Rückkehr der Dämonengöttin ansehen. Wie sich die Handlung weiterentwickelt und wo unser guter Freund Larry denn letztendlich abgeblieben ist, dürften wir wohl erst in dem Folgeband erfahren. Etwas irritierend stieß mir dieser fantastische Rahmen auf, wie er oft bei den Geschichten um Rha-Ta-N’my seinen Gebrauch findet. Dieser Charakter passt nun mal nach meinem Geschmack besser in die MACABROS-Serie …

Diesmal entführt uns Dan Shocker jeweils in eine wild-romantische Gegend. Einmal in die einsame Berglandschaft der spanischen Pyrenäen und später in den undurchdringlichen Dschungel bei Campeche, wenn wir nicht gerade durch die verwinkelten Straßen von Mexico-City stolpern. Beide Geschichten unterscheiden sich diesmal absolut in ihren Rahmen und Motiven. Zuerst serviert man uns eine fast schon klassische Gruselgeschichte, gefolgt von einem magisch-fantastisch angehauchten Horror-Thriller.

Von Pat Hachfeld bekommen wir dafür bei den Illustrationen ein gemeinsames Motiv geboten – beide Male eine widerlich anzusehende Horror-Fratze. Einmal das von Carmen Mojales geschaffene Wesen Marco und dann den entstellten Schädel einer der infizierten Rha-Ta-N’my–Dienerinnen.

Auf dem Buchdeckel finden wir diesmal das Original-Cover von „Corrida der Dämonen“ – dieser arme Kerl in der Arena dürfte entweder Bill Hathly oder Phil Hawkins sein (wobei ich auf Letzeren tippe), jedenfalls einer der beiden namentlich erwähnten Männer, die durch die Arena gehetzt werden. Insgesamt ist das Cover düster, makaber – fast schon brutal, aber in alter Lonati-Manier einfach gut gemacht.

Gespannt kann man jedenfalls schon auf Band 28 sein, um das weiterzulesen, was in Band 27 begonnen wurde …

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Kôji Suzuki – Ring 0: Birthday

Drei Kurzgeschichten vertiefen einige in der „Ring“-Trilogie um das rachsüchtige Videoviren-Gespenst Sadako Yamamura bisher nur am Rande erwähnte Episoden. Was zunächst wie ein für das Gesamtwerk nutzloses und dreistes Aufkochen der multimedial erfolgreichen Saga wirkt, erweist sich als letztlich als Roman in drei Großkapiteln, der die „Ring“-Story zu ihrem (vorläufigen?) Abschluss bringt. Das ist sicherlich weder originell noch gänzlich überzeugend, wird aber so ordentlich erzählt, dass die Lektüre auch dem nicht ganz beinharten „Ring“-Fan empfohlen werden kann.
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Bionda, Alisha – Kuss der Verdammnis (Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik, Band 2)

Wolfgang Hohlbeins „Schattenchronik“ geht mit „Kuss der Verdammnis“ in die zweite Runde. Oder, um es anders auszudrücken: Mit dem zweiten Roman legt die Serie um die 400 Jahre alte Vampirin Dilara erst so richtig los. Eröffnet wurde die Serie nämlich mit [„Der ewig dunkle Traum“, 1899 einer Anthologie von Horror- und Fantasyerzählungen, in denen Dilara, die Heldin der Serie, nur eine untergeordnete Rolle spielte. Wolfgang Hohlbein stellte sie in der Titelerzählung dem geneigten Lesepublikum vor. Alisha Bionda bringt sie uns in „Kuss der Verdammnis“ nun endlich näher.

Wir befinden uns im London der Gegenwart. Dilara lebt, recht einsam und verlassen, in einer alten Villa am Hyde Park und weigert sich, sich dem Urvampir Antediluvian anzuschließen, der sie einst zur Untoten machte. Dilara widersetzt sich dem gängigen vampirischen Regelwerk, auch wenn dem Leser bisher noch verborgen bleibt, um was für Regeln es sich dabei genau handelt. Wenn Dilara die Langeweile packt, besucht sie die Galerie des Aplsey House und schaut sich in der Ecke für gehängte Verbrecher ihr eigenes Porträt an. Die „doppelte Dilara“ fällt einem gewissen Roderick auf, der sich sofort unsterblich in die Unbekannte verliebt und es sich zur Aufgabe macht, mehr über sie zu erfahren. Doch scheinbar hat er sich damit mehr eingehandelt, als er bewältigen kann. Denn dieser Kontakt mit der dunklen Seite ruft Gefühle und Erinnerungen wach, die lieber vergessen hätten bleiben sollen.

Währenddessen lernt Dilara auf einem Trödelmark den Buchhändler Calvin kennen; ein Mann ganz nach ihrem Geschmack. Die beiden werden ein Paar und schließlich macht sie Cal zu ihrem Gefährten. Die Idylle hält jedoch nicht lang. Antediluvian fordert Gefolgschaft – ein Aufruf, dem Dilara immer noch nicht nachkommen will. Eine offene Auseinandersetzung steht damit kurz bevor …

Dilara ist eine Protagonistin, mit der sich der Leser sicherlich schnell anfreunden wird. Natürlich ist sie schön: Lange Haare, grüne Augen und exotische Kleider gehören selbstverständlich zum Standardrepertoire. Sie ist verführerisch und doch keineswegs eine Männerfresserin. Sie selbst ist innerlich zerrissen, ihre lange Existenz hat sie bitter und pessimistisch gemacht. Dilara ist Alisha Biondas große Stärke. Es ist kaum zu übersehen, dass die Autorin auf ihren Hauptcharakter viel Zeit verwendet hat. Sie ist der dreidimensionalste und überzeugendste Charakter in „Kuss der Verdammnis“, dicht gefolgt von Roderick, der langsam vom Wahnsinn zerfressen wird. Daneben bleibt Cal seltsam farblos, wohl weil er bisher hauptsächlich im Schatten Dilaras steht – etwas, das sich sicher in späteren Bänden ändern wird.

Biondas Charaktere sind in ein sehr lebendiges London eingebettet. Besonders Dilara, mit ihren 400 Jahren Lebens- und Geschichtserfahrung, weiß viel zu berichten, und so erfährt selbst der gut informierte Londontourist noch etwas Neues, wobei Bionda es aber immer vermeidet, oberlehrerhaft zu klingen oder solche Passagen als reine Füller einzubauen. Die farbenfrohen Beschreibungen Londons (und auch des London Below, wie Neil Gaiman wohl Biondas Schattenwelt unter Londons Tempeln der Macht nennen würde) unterstützen die Geschichte, sie behindern sie nicht.

Da es sich bei „Kuss der Verdammnis“ erst um den zweiten Band einer Serie handelt (sechs sind bisher lieferbar), scheint Alisha Bionda besonderes Vergnügen daran zu finden, den Leser mit Anspielungen neugierig zu machen. So erfahren wir, gerade über die offensichtlich stark reglementierte Vampirkultur, nur wenig. Wir wissen, Antediluvian ist das Oberhaupt der Londonder Vampire (oder der Vampire überhaupt?), doch seine Geschichte bleibt bisher im Dunkeln, ebenso wie seine genaue Verbindung zu Dilara und was die beiden schlussendlich auseinander getrieben hat. Bionda wirft dem Leser Häppchen zu, kleine Informationsschnipsel, die sich jedoch bisher noch zu keinem ganzen Bild zusammenfügen lassen. Es bleibt also spannend – zumindest ist nicht zu befürchten, dass Alisha Bionda und ihren Gastautoren in absehbarer Zeit die Ideen ausgehen werden!

„Kuss der Verdammnis“ ist also ein Buch, das man nur ungern aus der Hand legt: Es ist kurzweilig, spannend und flüssig geschrieben. Die Charaktere sind glaubhaft und agieren in einer lebendigen Kulisse. Bewusste Löcher in Handlung oder Hintergrund werden an strategisch günstiger Stelle platziert, um die Neugier des Lesers zu wecken – ein Unterfangen, das mehr als gelingt. Eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Stephen King – Puls

Clayton Riddell ist ein bislang erfolgloser Comiczeicher, der gerade in Boston seine erste Geschichte verkauft hat. Dadurch hofft er, dass sich das Blatt von nun an für ihn wenden wird und ihm eine sorgenfreie Zukunft bevorsteht. Zuhause in Maine wartet seine Familie auf ihn; seine Frau Sharon, von der er sich kürzlich getrennt hat, und sein zwölfjähriger Sohn Johnny. Kurz vor seiner Rückfahrt besorgt Clay noch Geschenke für die beiden und will sich ein Eis bei einem Straßenverkäufer genehmigen. In dem Moment, als er in der Warteschlange steht, bricht plötzlich auf der Straße die Hölle los. Mehrere Menschen beginnen völlig unkontrolliert übereinander herzufallen. Ein junges Mädchen tötet eine Frau mit Bissen in den Hals, ein Mann greift Passanten mit einem Fleischermesser an, ein anderer reißt einem Hund mit den Zähnen sein Ohr ab. Binnen Sekunden gerät die gesamte Stadt außer Kontrolle. Autos kollidieren auf den Straßen, Feuer brechen aus, Menschen springen aus den Hochhäusern; Feuerwehr, und Notdienste sind rettungslos überfordert, die Polizei erschießt gnadenlos jeden Angreifer.

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Shocker, Dan – Sumpfhexe, Die (Larry Brent 29)

_“Lebende Leichen“_

Larry Brent ist gerade auf der Durchreise nach Budapest und möchte nur einen kurzen Zwischenstopp in Österreich machen, wird aber bald schon wieder mit einem neuen Fall vertraut gemacht, der sich bei seinem Aufenthalt in Moolstadt ergibt. Dort haben sich in den letzten Tagen einige mysteriöse Todesfälle zugetragen, bei denen Menschen teilweise auf recht grausame Art und Weise ums Leben gekommen sind. Das Ungewöhnliche daran: Kurze Zeit nach dem Ableben haben sich die Leichen noch einmal für einen kurzen Moment berappelt und ihren Standort verändert.

Larry Brent mietet sich im ortsansässigen Wirtshaus ein und wird dort hautnah mit den Fällen konfrontiert, als sein Zimmernachbar ebenfalls Opfer der außergewöhnlichen Mordserie wird. Daraufhin wird die Unterkunft bis auf weiteres geschlossen, so dass der PSA-Agent sich nach einer neuen Bleibe umsehen muss. Er kommt schließlich bei seinem alten Bekannten, dem Baron Kurt Parsini, unter, der gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Yvette die Heunenburg bewohnt. Dort stellt Brent fest, dass Parsini in seiner noblen Behausung einiges zu verbergen hat. Doch dies muss erst einmal hinten anstehen, denn in Moolstadt wird weiter gemordet, und die Einwohner werden immer wütender. Für Brent wird es höchste Zeit, die Sache aufzuklären, denn die aufständischen Moolstädter haben sich einen Sündenbock ausgesucht, den sie für das Geschehene lynchen wollen. Doch der ist unschuldig …

_“Machetta – Sumpfhexe vom Missisippi“_

Larry Brent verbringt einen angenehmen Abend mit der spanischen Schönheit Maria-Rosa Mojales, die sich vom PSA-Agenten Schutz erhofft, damit sie die schrecklichen Ereignisse aus der Vergangenheit vergessen kann. Doch die gemeinsame Heimfahrt wird von einem seltsamen Vorfall überschattet; aus dem Nichts heraus taucht ein Mann auf und springt Brents rasendem Wagen vor die Front. Obwohl der Fremde eigentlich schwer verletzt sein müsste, steht er sofort wieder auf und flüchtet noch, bevor Brent ihn sich genauer ansehen kann. Lediglich den Ausweis des Mannes findet Larry noch und begibt sich anschließend auf die Suche nach einem gewissen Perry Wilkinson.

Brent überreicht ihm zwischen Tür und Angel seinen verlorenen Pass, wird aber sofort danach abgewiesen. Beinahe zeitgleich wird Wilkinson auch von einem Vertreter namens Poul Anders aufgesucht, der in Wilkinson einen alten Schulkameraden wiedererkennt. Dieser ist jedoch nicht besonders erfreut über den aufdringlichen Besuch und streitet jegliche Bekanntschaften ab. Anders fliegt raus, kurze Zeit später wird seine Leiche entdeckt.

Brent ist davon überzeugt, dass Perry Wilkinson hinter dem Mord steckt, und tatsächlich verhält sich der Angeschuldigte auch sehr verdächtig. Doch immer mehr zeigt sich, dass Wilkinson gar nicht mehr Herr über seine Sinne ist. Seine langen Forschungen nach der sagenumwobenen Sumpfhexe Machetta scheinen nicht ohne Resultat gewesen zu sein, doch inwieweit sie von ihm Besitz ergriffen hat, kann nicht mehr festgestellt werden. Wilkinson ist nämlich plötzlich spurlos verschwunden …

Währenddessen machen sich zwei Jugendliche auf den Weg, aus ihrem Elternhaus zu fliehen. Der etwas reifere Andrew Coaches und seine Freundin, die mädchenhafte Cindy Fuller, fliehen durch die Wälder nach Jackson und wählen dabei den Weg durch das Sumpfgebiet, in dem sich der Legende nach Machetta seit Jahren mordend austoben soll. Und tatsächlich stoßen sie ziemlich schnell auf einige unliebsame Figuren …

_Meine Meinung_

Band 29 aus der BLITZ-Edition der „Larry Brent“-Reihe bietet zwei packende Mystery-Thriller, die beide von der ersten bis zur letzten Sekunde spannend sind. In beiden wird mal wieder das Übersinnliche thematisiert, wobei gerade „Lebende Leichen“ eine interessante These zugrunde liegt. Ein Ermordeter soll in den kurzen Momenten seiner kurzzeitigen Wiederbelebung den Namen seines Mörders verraten können. Ob es ihm gelingt, und was es genau damit auf sich hat, möchte ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten, aber der Umgang mit dem Thema, das hier in einer packenden und wendungsreichen Geschichte dargestellt wird, ist dem Autor wirklich sehr gut gelungen. Es stellt sich lediglich die Frage, ob tatsächlich so viele Mordfälle von Nöten sind, um die gruselige Stimmung in Moolstadt zu beschreiben, denn so gerät die Auflösung des Falles ein wenig knapp. Ansonsten zeichnet sich aber speziell diese Story als sehr gradlinig aus, in der selbst belanglose Nebenstränge wie die gefälschten Bilder in der Heunenburg nicht negativ auffallen. Kurzum: ein Larry Brent in Bestform.

Der zweite Fall ist da schon etwas verzwickter, was unter anderem daran liegt, dass sich einige unnötige Schwierigkeiten dabei auftun, die Masse an Handlung in einer Einheit von ungefähr 120 Seiten unterzubringen. So werden die Zusammenhänge zwischen Perry Wilkinson und der Sumpfhexe Machetta erst sehr spät erklärt. Zudem ist es fraglich, ob man den zweiten Hauptstrang, der sich mit den beiden Ausreißern beschäftigt, überhaupt für den Spannungsaufbau benötigt hätte. Aber es bleiben auch einige Fragen im Raume stehen, so zum Beispiel die nach dem Verbleib von Brents Begleiterin Maria-Rosa Mojales, selbst wenn diese Person für die eigentliche Handlung keine besondere Bedeutung hat. Auch wenn die Geschichte an sich sehr spannend ist, so ist sie bei weitem nicht so kompakt und rund wie der vorangegangene Plot. Einzelne Übergänge lassen logische Überleitungen vermissen, und so manche aufgeklärte Eigenheit ist nur bedingt zufrieden stellend. Aber immerhin; die typische Dan-Shocker-Atmosphäre tritt auch hier beim ersten Anflug einer mystischen Begebenheit ein und führt letzten Endes auch dazu, dass uns die umfangreiche Story nach wenigen Seiten ebenfalls mitreißt.

Man kann also bei diesem Sammelband nicht meckern. Eine gute und eine sehr gute Geschichte füllen „Die Sumpfhexe“ und machen das Doppelpack zu einem der besten Vertreter dieser momentan wohl umfangreichsten Serie aus dem Hause BLITZ. Hier lohnt es sich definitiv, den Festpreis von 9,95 €uro zu investieren, und man sollte sich dazu auch ein wenig beeilen, denn das Teil ist wie immer auf 999 Exemplare limitiert und nun schon ein paar Monate auf den Markt. Mehr Infos gibt es [hier]http://www.Blitz-Verlag.de.

F. Paul Wilson – Tollwütig

Das geschieht:

Milos Dragovic, Erpresser, Drogenhändler & Mörder, sorgt in New York City für Terror. Das Gesetz ist wie üblich machtlos und kann dem „schlüpfrigen Serben“ seine zahllosen Untaten nicht nachweisen, zu denen sich aktuell die Nötigung der Pharmafirma GEM addiert. Dr. Luc Monnet hat finanzielle Not verlockt, sich mit Dragovic einzulassen, der nun das Sagen in der Chefetage hat.

Gelockt hatte Monnet Dragovic mit einer neuen Designerdroge, die sich unter den Reichen und Schönen der Stadt außerordentlicher Beliebtheit erfreut und folglich famose Gewinne garantiert. Es gibt allerdings ein Problem: Monnet stellt die Droge nicht wirklich her; er verarbeitet einen wahrlich unmenschlichen Lebenssaft, den ein gruseliges Fabelwesen spendet, das in einem heruntergekommenen Wanderzirkus sein Dasein fristet. Aber die Quelle droht zu versiegen, denn das Untier liegt im Sterben. Diese Neuigkeit dürfte bei Dragovic nicht auf Verständnis stoßen. In seiner Not heuert Monnet daher seine geniale Studentin (und Ex-Geliebte) Nadia Radzminsky an, der gelingen soll, woran die GEM-Forscher bisher scheiterten: die künstliche Herstellung der Droge! F. Paul Wilson – Tollwütig weiterlesen