Archiv der Kategorie: Hörspiele / Hörbücher

Anne Holt – Der norwegische Gast (Lesung)

Klassische Vorbilder: der Ermittler im Rollstuhl

Im norwegischen Bergdorf Finse sind wegen eines Schneesturms die Passagiere eines Zuges eingesperrt, unter ihnen die Ex-Kommissarin Hanne Wilhelmsen. Der Zug ist entgleist, an ein Fortkommen ist nicht zu denken. Da geschieht ein brutaler Mord – ein aus dem Fernsehen bekannter Pastor liegt erschossen in seinem Blut. Doch als Hanne einen Zeugen gefunden zu haben glaubt, wird auch dieser ermordet. Und das ist noch nicht alles …

Die Autorin

Anne Holt, 1958 geboren in Larvik, wuchs in Norwegen und den USA auf. Als freie Autorin lebt sie heute in Oslo und Südfrankreich. Mit ihren 13 Krimis gehört sie zu den wenigen skandinavischen Autoren, deren Bücher weltweit gelesen werden und sich über vier Millionen Mal verkauften. Zuletzt erschienen von ihr auf Deutsch „Die Präsidentin“ und „Der norwegische Gast“. (abgewandelte Verlagsinfo 2008)

Mehr von Anne Holt auf |Buchwurm.info|:

[„Die Wahrheit dahinter“ 1523
[„Was niemals geschah“ 1971
[„Der norwegische Gast“ 5168

Die Sprecherin

Ulrike Grote spielte nach ihrer Schauspielausbildung an renommierten Theaterbühnen und war in diversen Film- und Fernsehrollen zu sehen, u. a. im „Tatort“. Seit 2004 arbeitet sie auch als Regisseurin, ihr Kurzfilm „Ausreißer“ war für den OSCAR nominiert.

Regie führte im Eimsbütteler Tonstudio, Hamburg, Gabriele Kreis. Grote liest eine gekürzte Fassung.

Handlung

Der Zug nach Bergen entgleist vor einem Tunnel wegen einer Schneewehe. Die ehemalige Kommissarin Hanne Wilhelmsen findet sich nach einem Moment der Bewusstlosigkeit mit einem Baby im Arm neben den Gleisen wieder. Die Mutter grabscht sich das rosafarbene Bündel. Es herrschen 20 Grad unter Null, Schnee treibt in dicken Flocken. Die Retter fluchen und versuchen Hilfe aus einem nahen Berghotel in dem Dorf Finse zu holen. Einer der Retter weist auf Hannes Wade: Ein Skistock hat sich hindurchgebohrt, ohne dass sie etwas davon spürte. Sie ist seit einer verirrten Kugel, die sie sich vor fünf Jahren im Dienst einfing, querschnittsgelähmt. Hanne ist auf der Fahrt zu einem Rückgratspezialisten gewesen.

Im Berghotel Finse finden die acht Ärzte, die unterwegs zu einem Kongress waren, jede Menge Arbeit. Hanne wird von einem Zwerg behandelt, der sich als Magnus Streng vorstellt. Er unterstützt Hannes Bitte, dass einer der Retter ihren Rollstuhl vom Zug holt. Hanne robbt zum Tresen, der Hotelrezeption, wo sie der Ansprache eines Fettsacks lauscht, den sie aus dem Fernsehen kennt: Pastor Kato Hammer. Er bittet die fast 200 Anwesenden, für den Zugführer Einar Hultas zu beten, der beim Unglück gestorben sei. Neben Hanne flucht ein junger Mann, auf dessen EC-Karte „Adrian“ steht. Ihr fällt das mit Pistolen bewaffnete Ehepaar auf, das sie für Kurden hält. Die Pistolen halten sie versteckt. Eine Buchautorin namens Kare Tue, auch häufig im Fernsehen, schnauzt den Pfarrer an, die Klappe zu halten.

Schon bald machen Gerüchte über den letzten, außerplanmäßig angehängten Zugwaggon die Runde. Es heißt, die Kronprinzessin Mette-Marit sei an Bord gewesen. Alle seien in die Appartements des Hotels gebracht worden, wo nun Wachen stünden. Zu diesem Trakt gelangt man nur über einen alten Waggon, der die Verbindung zum Haupttrakt des Hotels bildet, in dem sich der Großteil der Fahrgäste versammelt hat. Geir Rukholmen, ein Anwalt, hat sich den Rettern angeschlossen und berichtet Hanne: Ein Schneesturm ist im Anzug, und die Temperatur ist auf 25 °C unter null gefallen. Es werde schlimm werden. Keine Chance auf Entkommen. Hanne ist klar, dass dies den mit Laptops bewaffneten Börsenkriegern nicht gefallen wird. Tatsächlich wird sogar einer von ihnen versuchen, durch den Schnee zu entkommen, und dabei umkommen.

Einer der Hunde wird eingesperrt. Erschöpft sinkt Hanne in den Schlaf. Geir Rukholmen weckt sie mitten in der Nacht. Draußen liege eine Leiche im Schnee, erschossen. Wer? Kato Hammer, der Pfarrer. Hanne ist nicht überrascht. Die Hoteldirektorin Berit Tverer hat die Leiche entdeckt und zeigt die Fotos auf ihrer Digitalkamera. Der Schuss erfolgte aus nächster Nähe ins Gesicht, das Ergebnis sieht schaurig aus. Die Leiche sei in der Küche, sagt Berit. Wohin damit? Hanne macht sich mehr Sorgen wegen des Mörders. Ach, sollen sich doch die Wachen der Royals darum kümmern, was geht sie das alles an.

Adrian, der Junge, tut ihr einen Gefallen und fertigt eine Liste mit Personen an, die er beschreiben kann. Es sind immerhin rund 50 Leute, sechs sogar namentlich. Marcus Streng, der Arzt, bittet Hanne in die Küche: Der Pastor war sein Patient. Berit erwähnt, sie habe gemessen, wie lange die Leiche gelegen habe: nur sehr kurz. Sie lässt die Leiche in den Kühlraum schaffen. Geir kehrt mit der Nachricht zurück, dass es in den Appartements keine Royals gebe, wohl aber eine bewaffnete Wache vor einem der Zimmer.

Am nächsten Morgen wundern sich die erwachenden Leute über die Abwesenheit des Pastors. Hanne fällt ein Mann in blauem Anorak auf: Ror Hansson, noch ein Pastor, aber auf Urlaub, wie er sagt. Hammer war sein Kommilitone, und Hansson weiß erstaunlicherweise, dass Hammer umgebracht wurde. Da bricht Panik aus, weil eine Falschmeldung, dass die Royal-Wachen schießen würden, wie eine Bombe einschlägt, Ein Mann namens Elias stirbt an einem Herzinfarkt, das dritte Opfer der Katastrophe. In dieser Lage kann Berit nicht anders, als den Tod von Kato Hammer bekanntzugeben und zu erklären: „Er starb an einer Hirnblutung.“ Eine glatte Lüge.

Hanne fragt Berit, wer im Zimmer mit der Wache sei. Berit berichtet von einem Anruf des norwegischen Geheimdienstes, der angeordnet habe, der letzte Wagen müsse in ein bestimmtes Zimmer evakuiert werden – aus Gründen der Staatssicherheit. Berit habe eine Telefonnummer genannt bekommen. Als Hanne diese Nummer anruft, nennt der allseits bekannte Außenminister seinen Namen, Hanne aber schweigt. Wenig später ist die Nummer „nicht mehr vergeben“. Was geht hier eigentlich vor? Ist unter den Fahrgästen etwa kein Royal, sondern ein Terrorist, der gefangengesetzt wurde?

In einer Stimmung depressiven Wartens kommt Ror Hansson wieder zu Hanne. Offenbar will er sein Herz erleichtern. Er glaubt, Kato Hammer sei wegen seiner Sünden umgebracht worden: Gier und Verrat. Er wisse, wer es gewesen sei. Gerade als er den Namen verraten will, vertreibt der junge Adrian ihn. Der schleimige Typ habe sich an Veronika, Adrians neue Freundin, heranmachen wollen, ist es zu fassen?!

Als ein Mädchen die Leiche im Kühlraum entdeckt, entsteht schon wieder Panik. Als der Sturm ein paar Fenster platzen lässt, die wie Explosionen klingen, verschärft sich die Panik. Kare Tue nutzt die verschärfte Angst ebenso aus wie ein Halbstarker, der eine Bande um sich schart, und die „Kurden“ zielen auf einen imaginären Feind. Jetzt übernimmt Hanne Wilhelmsen das Kommando, bevor alles in die Binsen geht.

Doch dann gibt es weitere Tote …

Mein Eindruck

Man sollte schon genau mitverfolgen, was Hanne beobachtet und mitgeteilt bekommt. Es sind lauter winzige Puzzleteilchen, die sie zusammensetzen muss, damit sie ein halbwegs sinnvolles Muster zu ergeben. Wie sich am Schluss herausstellt, geht es um weit mehr als nur um einen Terroristen, der vielleicht oder vielleicht nicht als Gefangener mitreist.

Die zahlreichen Beobachtungen in einer begrenzten Umgebung erinnern an etliche klassische Krimis, nicht zuletzt an Agatha Christies „Zehn kleine Negerlein“ (And then there were none), aber auch an Krimis mit Seriendetektiven wie Perry Mason und Nero Wolfe. Im Verlauf des Zwangsaufenthalts kommt Hanne einem Korruptionsskandal in der Staatskirche auf die Spur, an dem Kato Hammer und Ror Hansson beteiligt waren. Dabei gab es ein unschuldiges Opfer, das als Sündenbock verurteilt wurde. Die Gelegenheit zur Vergeltung für dieses himmelschreiende Unrecht bietet sich dem oder den Tätern in dem Berghotel von Finse.

Klassisch

Ebenso klassisch ist die Aufklärung dieses Falls. Zwei Morde werden dadurch erklärt. Niemand mag Hannes zwingend erklärte Täterermittlung glauben, zu bestürzend ist das Ergebnis, und Adrian rastet sogar aus. Die körperlich hilflose Hanne muss um ihr Leben bangen, denn da sind ja auch noch die mysteriösen Kurden mit den Bleispritzen.

Sie befindet sich in einem kuriosen Zwischenbereich der Berufstätigkeit: Sie ist nicht mehr Polizistin, aber auch noch nicht richtig Zivilistin, sondern wird zu einer Aufgabe genötigt, die eine Ermittlerin erforderlich macht. Darf sie deshalb jedoch die Wahrheit verdrehen oder verschweigen? Das ist eine knifflige moralische Frage. Doch der Status als Zivilistin bietet auch gewisse Freiheiten. Wie sich zeigt, ist sie die richtige Frau zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Man verleihe ihr einen Orden.

Windstärken

Explosionen, Schüsse – alles eingebildet, aber nicht weniger wirksam. Ansprachen, Streitigkeiten, Panik – auch dies dreht die Schraube der Anspannung weiter. Ein recht ungewöhnliches Stilmittel, um die Spannung zu steigern, bilden die Zitate aus dem Handbuch zur Beschreibung von Wetterphänomenen in den Bergen. Die Zitate stehen jedem Kapitel voran. Die Phänomene reichen vom lauen Lüftchen bis zum schweren Orkan. Während die Brise noch harmlos erscheint und als erfrischend begrüßt wird, fegt so ein schwerer Orkan schon mal das eine oder andere Haus ins Nichts.

Man kommt nicht umhin, die wachsende Windstärke, die fallenden Temperaturen, den dichteren Schneefall und die in der Kälte platzenden Fenster miteinander in Verbindung zu setzen. Es ist, als würde in einem Dampfkochtopf der Druck steigen, während sich gleichzeitig das Hotel in eine Eishölle verwandelt. Kein Wunder, dass es zu Kurzschlussreaktionen im Finse-Berghotel kommt. Die Frage lautet, ob Hanne, der einzige Ermittler vor Ort, diese Eskalation überleben wird.

Die Sprecherin

Ulrike Grote, eine erfahrene Schauspielerin, erzählt mit beherrschter, selbstbewusster Stimme. Man sich ihr anvertrauen, und schon bald verschwindet sie hinter den Figuren. So etwa dann, als Ror Hansson angstvoll und stockend sein Gewissen erleichtern will. Oder wenn Marcus Streng, der Zwerg, mit einem ungewöhnlichen, rollenden R seine Hilfsbereitschaft demonstriert, als Hanne ihre Puzzlesteinchen zusammenfügt. Einen kleinen Verdacht ob solcher Hilfsbereitschaft konnte ich allerdings nicht unterdrücken. Könnte nicht auch der Zwerg …?

Kontrastprogramm

Der Emotionalität dieser Figurendarstellung steht die Sachlichkeit entgegen, mit der die Sprecherin aus dem Handbuch über Windstärken im Gebirge zitiert. Das bildet einen sowohl reizvollen als auch notwendigen Kontrast. Denn anhand des Maßstabs der Sachlichkeit lässt sich ablesen, wie hoch die emotionalen Wogen in den erzählten Passagen bereits schlagen. Da es keinen allwissenden Erzähler gibt, der uns „objektiv“ bei der Beurteilung anleiten würde, was hier eigentlich los, müssen wir uns auf Hannes subjektive Sicht der Vorgänge verlassen. Wie sich zeigt, ist das eine gute Strategie. Wohl dem, der gut beobachten – und kombinieren – kann.

Alles klar?

Dennoch bleibt uns diese subjektive Schilderung die Erklärung schuldig, was denn bitteschön eine „Blåstür“ sein könnte. Vermutlich handelt es sich um die kleine Lobby am Haupteingang. Hoffentlich wird diese Bezeichnung wenigstens im Buch erklärt.

Unterm Strich

Beobachtungsgabe und gutes Kombinieren sind gefragt, wenn die eingepferchten Gestrandeten des Zugunglücks Mann um Mann dezimiert werden. Wer steckt hinter dieser Eliminierung, lautet die spannende Frage, die zunehmend auch eine Frage des Überlebens wird. Ex-Kommissarin Hanne Wilhelmsen findet sich in der kuriosen Lage wieder, einerseits Zivilistin zu sein, andererseits aber auch die einzige kompetente Ermittlerin vor Ort.

Selbstredend klärt sie in einer großartigen Vollversammlungsrede sämtliche Fälle auf. Das heißt, zumindest die offensichtlichen Morde. Was jedoch mit den Royals oder dem Terroristen ist, kann sie lediglich vermuten. Den Außenminister kann sie jedenfalls nicht mehr anrufen. Ihre subjektive Sicht der Dinge ist keine Garantie dafür, dass sie immer richtig liegt. Aber das immer noch besser, als sich auf das Antiterrorkommando verlassen zu müssen, das sich unerkannt zwischen den Fahrgästen bewegt. Man darf annehmen, dass es ziemlich parteiisch und schweigsam ist.

Das Hörbuch

Ich hätte mir mehr Action gewünscht, doch wer darf von einer Querschnittsgelähmten Luftsprünge erwarten? Nach einer Weile kapiert auch der letzte Zuhörer, dass diese spezielle Ermittlung ganz anders abläuft. Erinnerungen an klassische Agatha-Christie- und Nero-Wolfe-Krimis werden wach. Man sollte sich an diese Vorbilder halten, denn sie bedeuten einen Aufruf, selbst zu beobachten und zu kombinieren.

Die Sprecherin trägt mit nie schwankender Stimme vor und verschwindet bald hinter den Figuren, die sie zum Leben erweckt. Das ist gar nicht so einfach, wenn wir alle Ereignisse durch Hannes Augen betrachten. Sie sagt ja herzlich wenig, sondern sammelt Aussagen und Eindrücke. Im Kontrast dazu stehen die sachlichen Zitate, die einen doch ziemlich erschreckenden Vorgang beschreiben: das Anschwellen des Schneesturms bis zum schweren Orkan.

Originaltitel: 1222
Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs
386 Minuten auf 5 CDs
ISBN-13: 9783899036350

http://www.hoerbuch-hamburg.de
http://www.piper-verlag.de

Mo Hayder – Die Behandlung (Lesung)

Nichts für schwache Mägen oder Nerven

Spannung, Horror und Action verbindet Mo Hayder in ihrem zweiten Thriller, der quasi die Geschichte von „Der Vogelmann“ fortsetzt. Angesichts der Detailkenntnisse, die sie über die Polizeiarbeit und die Verbrecherszene im Londoner Stadtteil Brixton an den Tag legt, kann man ihr unbedenklich vertrauen, wenn sie uns hier eine Geschichte erzählt, in der es um Kindesmissbrauch in allen Spielarten geht.

Die Autorin
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Martin Suter – Lila, Lila (Lesung)

Lob der wahren Autorenschaft

Um von seiner Angebeteten beachtet zu werden, gibt ein junger Autor ein in einem Second-Hand-Möbel gefundenes Romanmanuskript als sein eigenes Produkt aus. Womit er nicht gerechnet hat: Sie findet die Geschichte toll und schickt sie an einen Verlag, der das Buch auch prompt veröffentlicht und zu einem Bestseller macht. Schön, dass sich Marie in ihn verliebt, aber mit dem Erfolg beginnen die Probleme …

Der Autor

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Baldacci, David – Im Takt des Todes (Hörbuch)

_Zwischen Codeknackern und Agenten: am Fluss der Geheimnisse_

Babbage Town ist streng geheim. Dort arbeiten Genies an einer Maschine, die jeden Code knacken soll. Doch nun ist einer der Wissenschaftler ermordet worden. Nur Viggie, die Tochter des Toten, kennt die Hintergründe. Aber Viggie ist autistisch, und jedes Mal, wenn sie nach ihrem Vater gefragt wird, spielt sie auf dem Klavier ein bestimmtes Stück …

_Der Autor_

David Baldacci wurde 1960 in Virginia geboren, wo er heute lebt. Er wuchs in Richmond auf; sein Vater war Mechaniker und später Vorarbeiter bei einer Spedition, seine Mutter Sekretärin bei einer Telefongesellschaft. Baldacci studierte Politikwissenschaft an der Virginia Commonwealth University (B. A.) und Jura an der University of Virginia. Während des Studiums jobbte er unter anderem als Staubsaugerverkäufer, Security-Guard, Konstrukteur und Dampfkesselreiniger. Er praktizierte neun Jahre lang als Anwalt in Washington, D.C., sowohl als Strafverteidiger als auch als Wirtschaftsjurist.

Neben seiner Arbeit als Schriftsteller engagiert sich Baldacci für eine Reihe karitativer und gesellschaftlicher Institutionen, darunter der National Multiple Sclerosis Society, der Barbara Bush Foundation for Family Literacy, der Virginia Foundation for the Humanities, der America Cancer Society, der Cystic Fibrosis Foundation und der Viriginia Commonwealth University. David Baldacci ist verheiratet und hat zwei Kinder: Tochter Spencer und Sohn Collin. (Verlagsinfo)

Auswahl seiner Bücher:

1) [Die Verschwörung 396
2) [Der Abgrund 414
3) [Mit jedem Schlag der Stunde 2400
4) Absolute Power / Der Präsident
5) [Die Wächter 4513
6) [Die Versuchung 676
7) [Das Versprechen 361
8) Das Labyrinth
9) [Im Bruchteil der Sekunde 836
10) [Das Geschenk 815
11) [Im Takt des Todes 5677
12) [Die Sammler 5748

_Die Sprecher_

Tanja Geke war nach ihrer Schauspielausbildung in Berlin in verschiedenen Film- und Fernsehrollen zu sehen, unter anderem in „Rosa Roth“ und „Praxis Dr. Sommerfeld – Neues von Bülowbogen“. Neben ihren TV-Auftritten ist von ihr so manches zu hören. Sie lieh ihre Stimme bereits Kate Hudson („Almost Famous“), Scarlett Johannson („The Prestige“) und Beyoncé Knowles.

Tobias Kluckert, geboren 1972, ist Schauspieler und Synchronsprecher. Er lieh unter anderem Joaquin Phoenix als Johnny Cash in dem Film „Walk the Line“ seine Stimme, synchronisierte aber auch Guillaume Depardieu, Curtis ’50 Cent‘ Jackson, José Zuniga in „CSI – Den Tätern auf der Spur“ und viele andere. (Verlagsinfos)

Tobias Kluckert und Tanja Geke tragen eine bearbeitete Fassung vor.

Regie führten Kati Schäfer und Kai Lüftner, die Aufnahme erledigten Tobias Barthel und Christian Päschk in den |d.c. Tonstudios|. Die Musik trugen Dennis Kassel und Dicky Hank bei.

_Handlung_

Sean King und Michelle Maxwell sind ehemalige Agenten des Secret Service, die sich als Privatdetektive selbständig gemacht haben. Leider hat ihre letzte Auseinandersetzung Michelle schwer in Mitleidenschaft gezogen. Tatsächlich ist sie sogar ans Krankenbett gekettet, bemerkt Sean mit Bestürzung. Als er fragt, wie es dazu kommen konnte, erfährt er von Michelles Opfer, dass sie den Mann in einer Bar angegriffen habe. Aber der nachfolgende Kampf sei merkwürdig verlaufen, so als ob es Michelle darauf angelegt habe, besiegt zu werden.

Als Sean sich an seinen Freund Horation Barnes wendet, sagt ihm der Psychologe, dass Michelle ernste Probleme habe und dringend von ihrer Todessehnsucht geheilt werden müsse. Sean stellt Michelle scheinbar vor die einfache Wahl: Knast oder Behandlung. Sie willigt ein. Doch die Privatklinik ist teuer, und Sean gerät in eine Finanzkrise, um auch nur die Aufnahmegebühr aufbringen zu können. Um mehr Kohle zu verdienen, ruft er seine Ex Joanne Dillinger an. Sie hat einen Auftrag für ihn: in Babbage Town, Virginia.

|Babbage Town|

Sean landet in Yorktown am schönen York River und wird weiter nach Babbage Town gefahren, wobei er vom Fahrer jede Menge interessante Infos bekommt. So liege am gegenüberliegenden Ufer Camp Peary, ein ausgedehnter Stützpunkt der CIA – top secret und selbstredend off limits. Daneben habe die Navy eine Anlage. Tatsächlich gehörte Camp Peary früher der Navy. Babbage Town ist eine geheime Denkfabrik, die von Champ Pollion geleitet werde. Ja, er habe den verstorbenen Wissenschaftler Mark Turing gekannt.

Champ Pollion erzählt mehr über den Tod von Mark Turing, den Sean aufklären soll. Es war nicht Champ, der Sean anforderte, sondern Len Rivest, der Sicherheitschef der Anlage. Dass Seans Job nicht einfach werden würde, macht ihm schon der Umstand klar, dass Turing in Camp Peary gefunden wurde, direkt am Zaun, das heißt: innerhalb des Zauns. Offenbar war es Selbstmord. Der Sheriff Merkle Hayes habe schon die nötigen Fragen gestellt. Was ein Privatschnüffler wie Sean hier wolle, frage sich Pollion wirklich.

Len Rivest ist nicht so ablehnend. Während er ihn in das alte Herrenhaus einlässt, bemerkt Sean überall Wachen, Codeschlösser, Videokameras und Ausweise. Das hier ist ein Hochsicherheitsgelände. Rivest erzählt von Mark Turing: Selbstmord, denn die Tatwaffe lag neben seinem Kopf und er selbst innerhalb des Zauns. Turings elfjährige Tochter Viggie – kurz für „Visionaire“ – weiß noch nichts vom Tod ihres Daddys, denn sie ist eine Autistin, die von Alice Chadwick betreut wird. Rivest redet davon, dass es hier in Babbage Town Spione gebe. Und was könnte es hier geben, für das Menschen spionieren würden, fragt Sean. „Dinge, für die Völker in den Krieg ziehen würden“, meint der silberhaarige, alte Mann ernst.

Sean geht zu Turings Haus. Drinnen brennt Licht, und Sean kann eine Schlafende sowie ein Mädchen erkennen, das Klavier spielt. Ein Stimme hinter ihm lässt ihn erstarren. Es ist Alice Chadwick, und sie bringt ihn in ihr Büro. Sie hat eine Beinprothese. Das Bein verlor sie im Irak, als ihr Wagen auf eine Mine fuhr. Als Spezialistin für Mathematik und Sprachwissenschaft ist sie Abteilungsleiterin für Baracke 1, während Camp Pollion Baracke 2 leitet. Alice sagt etwas kryptisch, sie suche eine mathematische Abkürzung.

Später findet Sean heraus, dass sie vom Codeknacken redet. Damit kommt sie der NSA, Wirtschaftsunternehmen, Regierungen und natürlich Verbrechersyndikaten in die Quere, die alle selbst Codes knacken wollen. Pollion entwickle den Quantencomputer, der zigmal schneller Codes knacken könne als herkömmliche Rechner. Wenn Babbage Town also ein Erfolg wird, dann bedeutet dies das Ende aller verschlüsselten Kommunikation und Geldtransaktionen. Ein Rückfall auf das technische Niveau der siebziger Jahre wäre die Folge. Dies zu verhindern, könnte schon einen Mord wert sein, denkt er.

Als er im Herrenhaus schläft, wo Rivest ihn untergebracht hat, erwacht er von einem großen Jet, der über die Anlage donnert. Über eine Hochsicherheitszone?! Und dann auch noch unbeleuchtet! Sean starrt auf das Flugzeug: Es landet in Camp Peary. Was darin wohl transportiert wird, fragt er sich. Und warum protestiert niemand in Babbage Town gegen diese Flüge?

Neuguerig geworden, sieht sich Sean morgens am Fluss um. Offenbar fehlt keines der Boote aus dem Bootshaus, was recht merkwürdig ist, wenn man sich fragt, wie Turing überhaupt über den Fluss kam. Er schaut mit dem Fernglas nach Camp Peary, als über seinem Kopf ein Ast bricht und ihm auf den Kopf fällt. Man schießt auf ihn! Und nicht bloß einmal. Er wirft sich auf den Boden, macht sich platt und tritt den geordneten Rückzug an, um sich sofort bei Rivest über die rüden CIA-Methoden zu beschweren.

Doch er kommt zu spät. Rivest liegt tot in seiner Badewanne. Etwas stimmt hier überhaupt nicht in dieser Denkfabrik, findet Sean, und macht sich ans Werk, um diesen Sauladen auszumisten. Er ahnt nicht, dass er dabei sein Leben aufs Spiel setzt. Dennoch ist er ziemlich froh, als erst Michelle eintrifft und dann Horatio. Sie hat’s ohne Sean nicht mehr in der Psychotherapie ausgehalten, und Horation macht sich Sorgen, Michelles Todestrieb könnte eine Katastrophe provozieren. Na, da ist ja ein prächtiges Team beisammen. So können sie den Geheimnissen Babbage Towns und Camp Pearys auf den Grund gehen.

Dass das Trio in dieser Mission alles andere als willkommen ist, erfahren sie direkt vom FBI-Agenten Michael Ventress persönlich. Der schneidige Agent droht Sean, er werde ihn allemachen, sollte er ihm, Ventress, in die Quere kommen. Doch das fordert Sean und Michelle erst recht heraus …

_Mein Eindruck_

Zunächst könnte man wirklich meinen, dass es in dieser Geschichte um Codeknacker und ihre ach so bedrohlichen Erfindungen geht. Der Autor tut jedenfalls alles dafür, damit dieser Eindruck über weite Strecken erhalten bleibt. Dem amerikanischen Leser dürfte es womöglich eine Freude sein zu erfahren, wie großartig seine Regierung um das Knacken von Codes – des jeweils ausgewählten Feindes, versteht sich – bemüht ist.

|Ein Staat im Staate|

Doch je mehr sich Sean King, unser Mann für außergewöhnliche Aufgaben à la James Bond, auf das Territorium der CIA vorwagt, umso zwielichtiger erscheint das Verhalten dieser Regierungsbehörde. Die CIA erscheint zunehmend als Staat im Staate, eine Zone der Rechtlosigkeit. Dafür sprechen die unbeleuchteten und nirgendwo verzeichneten Flüge nach Camp Peary, aber auch die hermetisch abgeriegelte Unzugänglichkeit des weitläufigen Geländes. Außerdem haben die Geheimdienstler auch noch einen braven Codeknacker, eben Mark Turing, auf dem Gewissen. Nun beschießen sie auch noch Sean King aus dem Hinterhalt. Klar, dass der wahre Feind, mit dem Sean zu tun hat, auf der anderen Seite des Flusses residiert.

|Die Deutschen und Enigma|

Doch bevor sich Sean, Michelle und Horatio diesem Reich des Bösen nähern können, müssen sie erst ihre Hausaufgaben machen. Jetzt kommen die Deutschen ins Spiel. Nicht irgendwelche Deutschen, sondern jene, mit denen der brave Mark Turing in Wiesbaden und Blechtley Park zu tun hatte – dort, wo im II. Weltkrieg die britischen Codeknacker um Mark Turings Vorfahren Alan Turing tätig waren und den Verlauf des Krieges entscheidend verkürzten.

Turings Team gelang es nämlich, den Enigma-Code der deutschen Wehrmacht zu knacken. Die Enigma war der heilige Gral der Codeknacker jener Zeit. U-Boot-Funker, die gefangen genommen wurden, fanden sich im Vorläufer von Camp Peary in den Händen der US Navy wieder. Nur einem der deutschen Kriegsgefangenen gelang die Flucht: Heinrich Fuchs, der sich später Henry Fox nannte, nachdem ihm Mark Turing geholfen hatte, nach Europa zu gelangen.

Heinrich Fuchs revanchierte sich mit einem ganz besonderen Geheimnis, das er auf dem Gelände von Camp Peary versteckt hatte. Und dieses suchte Mark Turing mehrfach, bevor er den Wachsoldaten der CIA zum Opfer fiel. Sein Tod wurde natürlich als Selbstmord hingestellt, aber Sean glaubt keine Sekunde an dieses Märchen. Nun gibt es also für Seans Sturmtrupp gleich mehrere Rätsel zu lösen, wenn sie in Camp Peary eindringen.

Leider hat sich Sean selbst übers Ohr hauen lassen. Er dachte, er würde Ian Whitfields, des CIA-Kommandanten, abtrünnige Frau Valerie Messaline verführen, ihm gewisse Details über Camp Peary zu verraten. Es gehört jedoch zu einer der größten Überraschungen im Handlungsverlauf, dass sich Valerie als etwas ganz anderes als eine Ehefrau entpuppt, die auf erotische Abenteuer aus ist. Sie gehört zwar zur CIA, hat aber mehr mit Drogenhandel als mit Erotik zu tun …

|Die Behandlung von Terroristen|

Das letzte Drittel des Buches ist Abenteuer-Action reinsten Wassers. Eine Actionszene jagt die nächste, bis sich Sean und Michelle schwer in der Bredouille befinden. Dass Michelle schon wieder einen ihrer Anfälle von Todestrieb hat, macht die Sache für sie weiß Gott nicht leichter. Als sich beide in Zellen des CIA-Knastes von Camp Peary befinden, bekommen unsere aufrechten Kämpfer eine Kostprobe dessen, was Terroristen in Guantanamo widerfährt – alles abgesegnet von der Bush-Administration: Schlafentzug, ständig dröhnend laute Musik, unbequemes Sitzen und dergleichen Genüsse mehr. Am Schluss ist Sean beinahe bereit, Valerie Messaline, seiner Folterherrin, ihren Willen zu lassen und klein beizugeben. Doch da wendet sich das Blatt wieder mal auf unerwartete Weise – die Kavallerie ist eben auch nicht mehr das, was sie mal war.

Der arme amerikanische Leser! Erst erscheint seine Regierung als Heldin, dann zwielichtig, schließlich als Verbrecherin. Von Amerikas Ruhm bleibt nicht mal ein Staubhäufchen zurück. Im Grunde ist das Buch eine Abrechnung mit der Bush-Ära und lässt kein gutes Haar daran. Vielleicht werden Ex-Secret-Service-Leute und junge Genies (darauf verweist der O-Titel „Simple Genius“) die Ehre des Landes retten.

|Die Sprecher|

Tobias Kluckerts Stärke ist nicht die stimmliche Klangfarbe, die von Figur zu Figur wechselt, sondern die Emotion, die die Ausdrucksweise einer Figur prägt. Er spricht alle Dialoge, die aus dem Blickwinkel Sean Kings erlebt werden. Viele dieser Dialoge sind von Aggression beherrscht, weil sich King in seiner Eigenschaft als Ermittler auf das geistige Territorium zahlreicher Machthaber vorwagt. Der übelste Bursche ist der FBI-Agent Michael Ventress, dessen Redeweise von unverhohlener Ablehnung und Drohung gekennzeichnet ist. Auch die CIA-Typen und Champ Pollion sind nicht weit von dieser aggressiven Haltung entfernt.

Da sind mir der gemütliche Alte Len Rivest und Sheriff Merkle Hayes schon wesentlich lieber. Rivest ist ein Veteran und Hayes ein nur scheinbar gemütlicher Provinzbulle, doch das ist nur Fassade für eine andere Aufgabe. Später stößt noch Horatio Barnes zu Kings kleiner Truppe: ein zivilisiert und überlegt artikulierender Mann, dem man sofort die Tochter anvertrauen würde.

Die einzigen Frauenfiguren, die Kluckert darstellen muss, sind Alice Chadwick, ihr junger Schützling Viggie und die angebliche Frau des CIA-Kommandanten, Valerie Messaline. Bei Viggie darf sich der Sprecher etwas naiv und unschuldig geben, doch später fließen auch Tränen, denn Viggie macht nicht immer alles richtig. Dann kommt sie aber in die Obhut von Michelle Maxwell und darf richtig emotional dargestellt werden.

Tanja Geke spricht den Part von Michelle Maxwell, die zur Hüterin und besten Freundin von Viggie Turing aufsteigt – spätestens nachdem sie Viggie auf dem Fluss das Leben gerettet hat. Michelles Part scheint anfangs hinter den von King zurückzutreten, doch dafür gehört ihr das Finale im Epilog. Geke stellt Michelle in mehreren emotionalen und sehr dramatischen Szenen sehr gut dar, so dass sie vollständig hinter dem Geschehen verschwindet.

Obwohl mehrfach erwähnt wird, dass Viggie eine Melodie spielt, erklingt diese kein einziges Mal. (Es handelt sich um das romantische Lied über den Fluss „Shenandoah“.) Das fand ich etwas schade. Die Musik wird daher ausschließlich in Intro, Outro und im Ausklang jeder CD von dem musikalischen Motiv bestritten, das Dennis Kassel und Dicky Hank beitrugen. Es handelt sich um eine Allerwelts-Hintergrundmusik, die eine Mischung aus Drama und Action andeuten soll: Für das Drama steht das Piano, für die Action die Trommeln. Hab ich schon wieder vergessen.

_Unterm Strich_

David Baldacci beschäftigt sich seit seinem ersten, verfilmten Erfolgsroman „Absolute Power“ mit der Moral der Regierung seines Landes. In seinem vorliegenden Roman betätigt sich die CIA, ebenfalls eine Regierungsbehörde, als Drogenhändler und Folterknecht von Terroristen, als Spion in einem Unternehmen der Privatwirtschaft, nämlich Babbage Town, und last but not least als Miniarmee, die den York River rauf und runter rast, um Eindringlinge dingfest zu machen – unter Einsatz von Raketen, wohlgemerkt.

Die Ironie, die schon Mark Turing erkannt hat, besteht darin, dass die CIA nicht einmal das große Geheimnis entdeckt hat, das sich direkt unter ihrer Nase befindet: den Schatz des letzten Gouverneurs von Virginia, Lord Durhams. Einen weiteren Schatz finden Sean King und Michelle Maxwell nun im Kopf der jungen, autistischen Viggie, die offenbar von ihrem verstorbenen Vater „programmiert“ worden ist.

Dabei stellen sich King & Co. bei ihren Fragen zu Verschlüsselung und Quantencomputern wie die ersten Menschen an. Aber das ist ein Zugeständnis an den dümmsten amerikanischen Leser, der von Verschlüsselung noch nie etwas gelesen hat, obwohl er ständig auf irgendwelchen Webseiten seine Passwörter eingeben muss. Auch der Name von Babbage-Town-Leiter Champ Pollion ist für allgemeingebildete Europäer ein Insiderwitz: Der Franzose Champollion war es ja schließlich, der die ägyptischen Hieroglyphen entschlüsselte. Von Subtilität in der Namensgebung also keine Spur.

Wie schon in „Im Bruchteil der Sekunde“ garantieren die Namen Sean King & Michelle Maxwell jede Menge Action. Und die gibt es auch im letzten Drittel jede Menge – dank des feuerkräftigen Einsatzes der Central Intelligence Agency. Dennoch ist an Sean und Michelle kein reines Agentenpaar ohne Innenleben oder Skrupel verlorengegangen. Diesmal muss Michelle ihre Todessehnsucht, die sich zweimal fatal äußert, in den Griff bekommen. Was die Hypnosesitzung ans Licht fördert, gehört in den Fundus eines Psychothrillers vom Schlage einer Karin Slaughter. Damit hat David Baldacci wieder Punkte gutgemacht.

|Das Hörbuch|

Ich habe Tanja Geke unterschätzt. Seit ich sie als Sprecherin von Kristin Falcks „Hüter der Wolken“ hörte, dachte ich, sie sei auf sanfte weibliche Rollen festgelegt. Sie lieh ihre Stimme bereits Kate Hudson („Almost Famous“), Scarlett Johannson („The Prestige“) und Beyoncé Knowles. Nun spricht sie auch die Actionrolle von Michelle Maxwell mit Bravour, und es gelingt ihr, hinter der Figur zu verschwinden. Natürlich eignet sich Geke wesentlich besser als Kluckert dafür, eine junge Frau wie Viggie darzustellen. Da ist dann mehr Emotionalität gefragt. Einen Aussprachefehler muss ich monieren: Sie spricht den Namen Ian als „aiän“ statt „iän“ aus.

Kluckert musste sich hörbar anstrengen, um die vielfach aggressive Ausdrucksweise der männlichen Figuren halbwegs unterscheidbar machen zu können. Es soll ja nicht so klingen, als hätte man es ständig mit der gleichen Figur zu tun. Deshalb waren mir seine Porträts der „gemütlicheren“ Herren Merkle Hayes und Len Rivest lieber. Für Sean King ist er der ideale Sprecher: Sein Sean erscheint zupackend, durchsetzungsfähig und doch sehr intelligent und umsichtig. Lediglich die im Klappentext erwähnte geheimnisvolle Klaviermusik glänzt durch Abwesenheit. Und die verwendete Hintergrundmusik ist völlig austauschbar.

|Originaltitel: Simple genius, 2007
Aus dem US-Englischen übersetzt von Rainer Schumacher
430 Minuten auf 6 CDs
ISBN-13: 978-3-7857-3845-0|
http://www.luebbe-audio.de
http://www.davidbaldacci.com

Hohlbein, Wolfgang / Lüftner, Kai / Weick, Kathrin – Kevins Reise (inszenierte Lesung)

Drogen und Gral: Abenteuer im heiligen Land

„Kevin von Locksley:“ Mittelalter in England. Eines Tages taucht ein seltsamer junger Mann in den Wäldern um Nottingham auf. Er nennt sich Kevin von Locksley und behauptet, der leibhaftige Halbbruder des legendären Robin Hood zu sein. Niemand glaubt ihm, doch Kevin kann seine Behauptung mit Brief und Siegel belegen – und er weiß etwas, was sonst niemand im Lande weiß: Der tapfere König Richard Löwenherz soll Opfer einer großen Verschwörung werden.

Die Fortsetzung in „Kevins Reise“: Kevin reist ins Heilige Land, um den König vor der Verschwörung Gisbornes zu warnen. Wird der Junge dieser großen Aufgabe gerecht werden? Denn auch Kevins alter Erzfeind Hasan as Sabah taucht in Palästina auf. Nun gerät nicht nur das Leben des Königs, sondern die Zukunft ganz Englands in Gefahr, von Kevin ganz schweigen.

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab zehn Jahren.

Hohlbein, Wolfgang / Lüftner, Kai / Weick, Kathrin – Kevins Reise (inszenierte Lesung) weiterlesen

Matthias Claudius & Friedrich Hölderlin – Gedichte von Matthias Claudius und Friedrich Hölderlin

Wunderbarer Vortrag, strittige Auswahl

Das Hörbuch enthält Aufnahmen aus dem Jahr 1955, in denen der Theaterschauspieler Mathias Wieman Gedichte von Matthias Claudius und Friedrich Hölderlin vorträgt. Das beigefügte Booklet beschreibt die beiden deutschen Dichter und den Sprecher.

Die Autoren

A) Matthias Claudius

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Markus Heitz – Blutportale (Lesung)

Nicht willkommen: Freifahrschein für einen Höllenfürsten

Saskia führt eigentlich ein ganz normales Leben. Das ändert sich, als sie bei einem Fechtturnier gegen den geheimnisvollen Levantin antritt. Mit seinem Degen fügt er ihr einige tiefe Schnitte zu, die sich schon nach kurzer Zeit von selbst schließen. Saskia ahnt nicht, dass ihr Gegner ein Dämon ist, der seit Jahrhunderten nach ihr sucht. Er will, dass sie für ihn die Blutportale öffnet, durch die er endlich in seine Heimat zurückkehren kann. Doch niemand hat Saskia auf ihr dunkles Talent vorbereitet. Und so stößt sie unbeabsichtigt Türen auf, die nie geöffnet werden sollten … (Verlagsinfo)
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Tad Williams – Stadt der goldenen Schatten (Otherland 1) (Hörspiel)

Auftakt zur Rettung der Welten

Tad Williams, der bisher vor allem durch seine Fantasy-Romane auffiel, legte mit „Otherland“ seinen ersten Abstecher in den Bereich der Science-Fiction vor. Das Hörspiel ist das Nonplusultra der deutschen Hörspielproduktionen. Ob es sich lohnt?

Der Autor

Tad Williams, 1957 in San José geboren, hat sowohl mit dem Osten-Ard-Zyklus, seiner Antwort auf Tolkiens „Herr der Ringe“, als auch mit seinem Otherland-Zyklus Millionen von Lesern gewonnen. Davor schrieb er aber schon kleinere Werke wie etwa „Die Stimme der Finsternis“ und „Die Insel des Magiers“. Sein erster Bestseller hieß „Traumjäger und Goldpfote“. Sein Hauptwerk ist die vierbändige „Otherland“-Saga, sein neuester Roman trägt den Titel „Der Blumenkrieg“. Fast alle seine Bücher wurden bei |Klett-Cotta| verlegt. Er lebt mit seiner Familie in der Nähe von San Francisco.
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William Peter Blatty – Der Exorzist (Lesung)

Die junge Tochter einer erfolgreichen Schauspielerin wird zunehmend von einem Dämon in Besitz genommen. Die moderne Wissenschaft versagt bei der Diagnose und Heilung. Der verzweifelten Mutter bleibt nur die Zuflucht zu einem professionellen Teufelsaustreiber. Pater Merrin weiß, gegen wen er kämpft… (Verlagsinfo)
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Markus Heitz – Die Zwerge (Lesung)

Zwergenkrieg: episch, mit ironischen Untertönen

Seit ihrer Erschaffung durch den Gott Vraccas bewachen die fünf Stämme der Zwerge das Geborgene Land, wo Menschen, Elben und Zauberer friedlich miteinander leben. Doch als die Festung des Zwergenstammes der Fünften von Orkhorden, Ogern und Alben überrannt wird, ergießt sich ein Strom von hasserfüllten Bestien ins Geborgene Land. Als der Rat der Zauberer von einem Verräter fast vollständig vernichtet wird, hängt das Schicksal der Bewohner des Landes von einem einzigen Zwerg ab, der noch nicht mal weiß, woher er kommt: Tungdil wurde als Kind einem Zauberer in die Obhut gegeben.

Der Autor

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Markus Heitz – Gerechter Zorn (Die Legenden der Albae 1) (Lesung)

Dark Fantasy: Hochmut kommt vor dem Fall

Die Albae (Dunkelelben) sind gefährlich, grausam und scheuen keinen Krieg. Ihre Feinde fürchten sie, und ihre Sklaven folgen ihnen bedingungslos. Doch die dunklen Geschöpfe bergen ungeahnte Geheimnisse, und ihre Macht ist nicht unbegrenzt. Das Reich der Albae ist bedroht, und die ungleichen Krieger Sinthoras und Caphalor erhalten vom Herrscherpaar den Auftrag, einen mächtigen Dämon als Verbündeten im Krieg zu gewinnen. Es stellt sich aber schnell heraus, dass jeder der zwei Albae eigene Pläne verfolgt. Der Kampf um Ehre, Macht und Leidenschaft bringt sie in höchste Gefahr. Das Schicksal ihres Volkes steht auf dem Spiel. (abgewandelte Verlagsinfo)
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H. P. Lovecraft – Der Schatten aus der Zeit (Lesung)

Audio-Horror: Das Grauen wartet in Australien

Professor Peaslee bricht während einer Vorlesung bewusstlos zusammen und erwacht erst Stunden später. Er leidet unter völligem Gedächtnisverlust. Sechs Jahre später beginnt er mit der Konstruktion einer seltsamen Maschine. Kurz darauf findet man ihn wieder bewusstlos. Die Maschine ist verschwunden. Die Schriften, die er in den letzten Jahren verfasste, verbrannt. Am nächsten Tag kehrt er ins Bewusstsein zurück, ohne sich an die vergangenen sechs Jahre erinnern zu können. Was ist passiert? Seine Alpträume zeigen ihm nach und nach die schreckliche Wahrheit … (Verlagsinfo)
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Markus Heitz – Die Mächte des Feuers (Lesung)

Drachen, Magier, Ordensritter: Supergirl gegen alle

Machtgierige Drachen säen seit Anbeginn der Zeit Hass und Zwietracht zwischen den Völkern und stürzen die Menschheit immer wieder in Kriege. Im Jahr 1925 arbeitet die Drachentöterin Silena für das Officium, einen Bund, der sich der Jagd auf die Plagegeister verschrieben hat. Doch ein unsichtbarer Feind scheint nun die Städte Europas anzugreifen.

In London wird das Zepter des Marduk gestohlen, ein Artefakt von unvorstellbarer Macht. Grausame Todesfälle unter den Drachentötern geben Rätsel auf. Silena setzt alles daran, die Vorfälle aufzuklären. Doch sie ahnt nicht, dass sie damit die Pläne eines Gegners durchkreuzt, der mächtig genug ist, um die Welt endgültig in den Abgrund zu stürzen.

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Charles Dickens – Das Spukhaus. Inszenierte Lesung

Unheimlich: Der Geist im Spiegel

So ein Spukhaus ist eine famose Sache: Es gibt immer was zu tun. Das denkt sich auch unser Ich-Erzähler, als er davon hört, und beschließt, es für sechs Monate zu mieten. Doch den Spuk gibt es wirklich, und nacheinander nehmen seine Bediensteten Reißaus, alle bis auf einen, der stocktaub ist. Es gibt also noch Chancen. John, der Erzähler, und seine Schwester Patty laden ihre ebenso famosen Freunde ein, sich die Sache mit dem Spuk mal genauer anzusehen: furchtlose Zeitgenossen allesamt. Doch in Master B.s Dachstube will trotz aller Mühen der Spuk nicht enden.

Der Autor
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Brian Sibley – J. R. R. Tolkien – An Audio Portrait

Vielstimmige Einführung in Leben und Werk Tolkiens

Die meisten Menschen kennen Tolkiens Werk, insbesondere den zweimal verfilmten „Herrn der Ringe“. Wesentlich weniger Leute kennen auch den „Hobbit“ und „Das Silmarillion“, noch weniger auch Tolkiens zahlreiche Gedichte und Geschichten. Dennoch mutmaßen alle dieser Leser und Zuschauer über den Urheber all dieser Werke und stellen mitunter die abwegigsten Theorien auf. War er selbst ein Hobbit? Ja und nein. Brian Sibley will der Sache in seinem Autorenporträt auf den Grund gehen.

Die Autoren Sibley und Tolkien
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Caveney, Philip – Sebastian Dark 1: Der falsche König (Lesung)

Aus dem Palast in die Sklaverei: klischeereiche Abenteuer

Der junge Sebastian Dark ist auf dem Weg nach Keladon, um sich als Hofnarr bei König Septimus zu bewerben. Nachdem es ihm unterwegs gelungen ist, zusammen mit seinem Gefährten Cornelius Drummel Prinzessin Kerin, die Nichte des Königs, vor einem Brigantenüberfall zu retten, scheint der Weg dafür geebnet: Die Stelle als Hofnarr wird gewiss seine Belohnung sein, oder? Bald jedoch haben die Freunde das Gefühl, dass man ein falsches Spiel mit ihnen spielt. Und bei dem Versuch, Prinzessin Kerin erneut zu helfen, geraten sie in höchste Gefahr.

Ich empfehle das Hörbuch ab zwölf Jahren, obwohl die einfache Handlung jeder Achtjährige verstehen könnte.
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Fünf Freunde und das seltsame Haus in der Schlucht (Folge 157)

Die Handlung:

Kurz vor Weihnachten hat Onkel Quentin beruflich in Schottland zu tun. Er schlägt den Fünf Freunden vor, ihn zu begleiten und im Anschluss in den Bergen zu wandern. Während Quentin seinen Termin in Aberdeen wahrnimmt, fahren Julian, George, Dick, Anne und Timmy schon einmal mit dem Zug Richtung Westen. Das Cottage, das Quentin gemietet hat, liegt idyllisch in den Bergen. Und nachdem sich die Freunde dort umgesehen haben, unternehmen sie eine erste spontane Wanderung. Doch auf dem Rückweg verirren sie sich. Und dann beginnt es auch noch zu schneien. Ziellos irren die Freunde umher – da entdecken sie in einer Schlucht eine einsame Hütte und suchen Zuflucht in ihr. Sie ahnen nicht, dass sich dort ein Geheimnis verbirgt … (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Auf gehts ins unverschneite Schottland. Aber, so lange scheinen die vier Freunde mit Hund laut Klappentext keinen Spaß dran zu haben. Das gemietete Häuschen ist zwar nett und der Kühlschrank gut gefüllt, aber schon die erste Wanderung verläuft dramatischer als geplant. Plötzlich fängts an zu schneien und die Kids verlieren die Orientierung.

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Die drei ??? – Die Yacht des Verrats (Folge 224)

Die Handlung:

Justus Jonas ist einmalig – oder etwa nicht? Unerwarteter Besuch und ein Diebstahl führen die drei ??? auf die Yacht des Verrats. Justus, Peter und Bob trauen ihren Augen kaum, als ihnen Ian Carew wieder gegenübersteht. Ein alter Fall verbindet die Detektive mit dem Sohn des ehemaligen Premierministers von Nanda. Kein Wunder, dass Ian erneut ihre Hilfe sucht. Er ist im Auftrag seines Landes in Rocky Beach, doch jemand verfolgt ihn und in sein Hotelzimmer wurde eingebrochen. Können die drei ??? ihrem Freund helfen? (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Willkommen zum ersten ???-Hörspiel mit Frühstartcharakter. Bei den Kollegen eines bekannten Download-Hörverkäufers hatte offenbar jemand bei der Eingabe des Erscheinungs- und Veröffentlichungstermins den falschen Monat eingegeben. Und so konnten sich schnelle Abonennten des Anbieters das Hörspiel schon einen ganzen Monat früher sichern. Es hat tatsächlich einige Tage gedauert, bis das aufgefallen ist und das Hörspiel dann wieder aus dem Programm genommen wurde. Irgendwer wird mächtig Ärger bekommen haben. Der Nachteil ist natürlich, dass die Schnellzugreifer jetzt einen Monat länger auf die nächste Folge warten müssen. Irgendwas is‘ halt immer.

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Lovecraft, H. P. / Orchester der Schatten – Wälder der Finsternis (Der Ruf des Dämon 2) [inszenierte Lesung

Stimmungsvoll: von Kannibalen und Außerirdischen

„Der Ruf des Dämon 2“: Auch in der zweiten Produktion des ‚Orchesters‘ werden Texte von HPL präsentiert, jedoch melden sich hier weder Cthulhu noch andere Persönlichkeiten aus seinem Kosmos des Grauens zu Wort, auch das Necronomicon bleibt dieses eine Mal verschlossen. Das Grauen erscheint vielmehr als Monstrum in Menschengestalt bzw. in Form einer mitleidslosen wie unpersönlichen Macht aus dem All, die es nicht nötig hat, sich einen Namen zu geben, und dadurch umso beängstigender wirkt.

INHALT

– Das Bild im Haus (gesprochen von Torsten Sense);
– Astrophobos / The Messenger / The House (poems; gesprochen von Simon Newby);
– Die Farbe aus dem All (gesprochen von Simon Jäger)

[Rezension zum ersten Teil 1823

Der Autor

Howard Phillips Lovecraft, 1890-1937, hatte ein Leben voller Rätsel. Zu Lebzeiten wurde er als Schriftsteller völlig verkannt. Erst Jahre nach seinem Tod entwickelte er sich zu einem der größten Horror-Autoren. Unzählige Schriftsteller und Filmemacher haben sich von ihm inspirieren lassen.

Howard Phillips Lovecraft wurde am 20. August 1890 in Providence, Rhode Island, geboren. Als Howard acht Jahre alt war, starb sein Vater und Howard wurde von seiner Mutter, seinen zwei Tanten und seinem Großvater großgezogen. Nach dem Tod des Großvaters 1904 musste die Familie wegen finanzieller Schwierigkeiten ihr viktorianisches Heim aufgeben. Lovecrafts Mutter starb am 24. Mai 1921 nach einem Nervenzusammenbruch. Am 3. März 1924 heiratete Lovecraft die sieben Jahre ältere Sonia Haft Greene und zog nach Brooklyn, New York City. 1929 wurde die Ehe, auch wegen der Nichtakzeptanz Sonias durch Howards Tanten, geschieden. Am 10. März 1937 wurde Lovecraft ins Jane Brown Memorial Krankenhaus eingeliefert, wo er fünf Tage später starb. Am 18. März 1937 wurde er im Familiengrab der Phillips beigesetzt. Nach seinem Tod entwickelte er sich bemerkenswerterweise zu einem der größten Autoren von Horrorgeschichten in den USA und dem Rest der Welt. Sein Stil ist unvergleichlich und fand viele Nachahmer. (abgewandelte Verlagsinfo)

Aber Lovecrafts Grauen reicht weit über die Vorstellung von Hölle hinaus: Das Universum selbst ist eine Hölle, die den Menschen, dessen Gott schon lange tot ist, zu verschlingen droht. Auch keine Liebe rettet ihn, denn Frauen kommen in Lovecrafts Geschichten praktisch nur in ihrer biologischen Funktion vor, nicht aber als liebespendende Wesen oder gar als Akteure. Daher ist der (männliche) Mensch völlig schutzlos dem Hass der Großen Alten ausgeliefert, die ihre Welt, die sie einst besaßen, wiederhaben wollen. Das versteht Lovecraft unter „kosmischem Grauen“. Die Welt ist kein gemütlicher Ort – und Einsteins Relativitätstheorie hat sie mit in diesen Zustand versetzt: Newtons Gott ist tot, die Evolution eine blinde Macht, und Erde und Sonne sind nur Staubkörnchen in einem schwarzen Ozean aus Unendlichkeit. Auf Einstein verweist HPL ausdrücklich in seinem Kurzroman [„Der Flüsterer im Dunkeln“. 1961

Kurz und bündig mehr über Lovecraft: http://www.orchesterderschatten.de/autor.htm

Die Sprecher/Die Musiker

Simon Jäger, geboren 1972 in Berlin. Seit 1982 arbeitet er als Synchronsprecher bei Film und TV. Er lieh u. a. Josh Hartnett, James Duvall, Balthazar Getty und River Phoenix seine Stimme, aber auch „Grisu der kleine Drache“, und war auch in TV-Serien wie „Waltons“ oder „Emergency Room“ zu hören. Seit 1998 arbeitet er zudem als Autor und Dialogregisseur. (Homepage-Info)

Simon Newby, geboren 1961 in Long Eaton, England, studierte an der Guildhall School of Music & Drama (Bachelor-Abschluss in Dramatic Arts). Seit 1990 erledigte er zahlreiche Regiearbeiten an verschiedenen Bühnen Berlins, war als Voice-Over- und Synchronsprecher sowie als Dialog-Coach tätig, seine Hobbys sind Trompetespielen und Tauchen. Zu seinen Sprachkenntnissen zählt er: „Englisch (Britisch und Amerikanisch), Deutsch (perfekt)“.

Torsten Sense, Sprecher, ist Schauspieler und Komponist für moderne Kammermusik, Musiktheater und Filmmusik. Von 1972 bis 1990 spielte er an diversen Theatern, darüber hinaus lieh er als Synchronsprecher Val Kilmer in „The Doors“ und „Batman Forever“ sowie Kyle McLachlan in „Twin Peaks“ seine Stimme.

Das „Orchester der Schatten“:

„Das Orchester der Schatten präsentiert klassische Geschichten von Kultautoren wie H. P. Lovecraft und E. A. Poe, die mit ihren bizarren Welten des Grauens schon Generationen von Lesern begeistert haben. Ohne vordergründige Effekte wird von Mythen, fremden Mächten oder einfach von dem Horror erzählt, der sich in der menschlichen Seele verbirgt. Begleitet werden die Erzählungen vom Orchester der Schatten, dessen Live-‚Filmmusik‘ komponierte Scores, Klangeffekte und improvisierte Elemente vereint.“ (Homepage-Info)

Matthias Manzke:
*4.10.1971; Jazzstudium an der HdK Berlin sowie an der New School New York; Unterricht u. a. bei David Friedman, Peter Weniger, Richie Beirach, und Jane-Ira Bloom; Rumänien-Tournee 1997; Teilnahme am Jazzfestival Hradec Kralove, Engagements bei Theater- und Filmproduktionen; CD-Aufnahmen mit der Berliner Big Band JayJayBeCe (BIT-Verlag 1997), mit dem Sänger Robert Metcalf (Dt. Grammophon 1998) sowie mit dem FRAW FRAW Saxophon4tett (2002); zzt. regelmäßige Konzerttäigkeit mit dem FRAW FRAW Saxophonquartett in ganz Deutschland und mit Projekten im Berliner Planetarium am Insulaner

Stephan Wolff:
1956 in Berlin geboren; Jurastudium; Dirigierstudium, Kompositions-Unterricht bei N. Badinski; Tätig als Komponist, Dirigent, Keyboarder; seit 1994 Lehrtätigkeit an der Leo-Borchard-Musikschule; Stilübergreifende Kompositionen zwischen Klassik, Jazz und Pop. Produktion und Mitgestaltung diverser Live-Elektronik-Projekte, u. a. „Dialogues“ (1998), „Losing One’s Head“ (1999), Filmmusiken, Bühnenmusiken, Traumspiel-Oper „Abaddon“ (1998/2001); Zahlreiche Songs und Lieder, auch für Kinder, z. B. „Erdenklang & Sternenbilder“ (1996), „Songs aus dem All“ (2000/2001), „Cool & Cosi“ (2000)

Torsten Sense:
Komponist für moderne Kammermusik, Musiktheater und Filmmusik sowie Schauspieler. Er veröffentlichte vier Musiktheaterstücke, vier Orchesterwerke, 24 Kammermusikstücke, zwei Orgelwerke, 13 Bühnenmusiken sowie ca. 60 Film- und Fernsehmusiken. Er wirkte an unzähligen Synchronisationen mit, so lieh er beispielsweise Val Kilmer in „Doors“ seine Stimme und Kyle McLachlan in „Twin Peaks“.

Und andere. Mehr Info: http://www.orchesterderschatten.de.

Handlung von „Das Bild im Haus“ (gesprochen von Torsten Sense)

Ein junger Archäologe interessiert sich für die unheimlichen einsamen Gehöfte, die in Neu-England verlassen und überwuchert vor sich hin schlummern. Doch sie bergen das Grauen und das Groteske. Und ihre Fenster blicken wie Augen auf den ahnungslosen Besucher, sie erinnern sich an Unaussprechliches …

Es ist November 1896, als der junge Ich-Erzähler Zuflucht vor einem Wolkenbruch sucht. Er ist durch das Miskatonic Valley nahe Arkham (= Salem/Massachusetts) geradelt. Ein Haus unter Ulmen bietet ihm Obdach, niemand antwortet auf seine Rufe, die Tür ist offen, und der Besucher tritt in eine andere Zeit.

Zuerst fällt ihm ein widerlicher Geruch auf. Sie entsteigt dem Inventar, das offenbar aus der Zeit vor 1776 stammt, als der amerikanische Unabhängigkeitskrieg ausbrach. Auf dem Tisch fällt ihm ein aufgeschlagenes Buch aus dem 16. Jahrhundert auf, das den Titel „Beschreibung des Kongo“ trägt und auf der Tafel 12 aufgeschlagen ist. Es zeigt den Metzgerladen von Menschenfressern auf drastische Weise. Daneben steht ein Buch von Cotton Mather, der puritanischen Hauptfigur der Hexenprozesse von Salem.

Da hört er Schritte, die von oben kommen. Es ist ein alter, weißbärtiger Mann, doch erscheint er überraschend stämmig und kräftig, seine blauen Augen blicken wach, wenn auch ein wenig blutunterlaufen. Nur will sein lumpenartiges Äußeres gar nicht dazu passen. Der Besucher ist abgestoßen und verspürt Beklommenheit. Der Alte bietet höflich einen Stuhl an und erwähnt, es würden keine Postkutschen mehr von Arkham kommen und der Bezirkslehrer sei seit anno ’84 verschwunden. Er setzt eine alte Brille mit achteckigen Gläsern auf. Dann bittet er seinen Besucher, aus dem „Regnum Congo“, das in Latein geschrieben ist, zu übersetzen.

Seine freundliche Geschwätzigkeit vermag das gierige Glitzern in den Augen kaum zu verbergen, mit dem er seinen Gast belauert. Während des folgenden bizarren Gesprächs wächst in unserem jungen Besucher nicht nur der Ekel vor den sonderbaren Ausführungen seines Gastgebers, sondern auch die Gewissheit, dass der Alte ein böses Spiel mit ihm treibt und sein Opfer bereits in der Falle weiß …

Mein Eindruck

Diese frühe Erzählung aus dem Jahr 1920 wird selten abgedruckt, denn sie rührt an ein Tabu, das sehr unappetitlich ist: Kannibalismus. Der Alte verschlingt seine ahnungslosen Opfer, nach dem Vorbild der Bewohner des Kongo. Degeneration – ein häufig wiederkehrendes Motiv in Lovecrafts Erzählungen. Degeneration nicht so sehr im körperlichen Sinne (der Alte ist unnatürlich kräftig und gesund), sondern vielmehr im moralischen. Die Grenze zwischen Tier und Mensch existiert für den Alten nicht mehr.

Eingebettet in das Bild vom Haus des Menschenfressers ist die Warnung vor der unheiligen Vergangenheit Neu-Englands – der Verweis auf Cotton Mather spricht für den Eingeweihten Bände. Lovecraft entführt den Leser bzw. Hörer in diese andere Zeit, um ihn mit schaurigen Phänomenen zu konfrontieren und davor zu warnen.

Archäologen sind in dieser Phase seine bevorzugten Protagonisten – beispielsweise in „Der Hund“ in „Ruf des Dämon 1“, aber auch in vielen weiteren Erzählungen. Sie begegnen schrecklichen verbotenen Geheimnissen, denen ihr säkularisierter Verstand, der Gott entsagt hat, nichts entgegenzusetzen hat. Anfällig für alle Arten von „unheiligen“, blasphemischen und sonstigen Dingen, leisten sie auch selten Gegenwehr gegen die Großen Alten, von denen in der nächsten Geschichte die Rede sein soll.


Handlung von „Die Farbe aus dem All“ (gesprochen von Simon Jäger)

Es gibt eine Gegend am Miskatonic westlich von Arkham, wo die Berge steil emporsteigen, die man die „Verfluchte Heide“ nennt. Die früheren Bewohner sind fortgezogen, und Fremde werden hier nicht heimisch, weil schlechte Träume sie heimsuchen. Nur der alte Ammi Pierce, der unweit Arkhams lebt, spricht über das, was hier einst blühte und gedieh, an der alten Straße, wo die Farm von Nahum Gardner lag. Die neue Straße macht einen großen Bogen nach Süden um dieses Gebiet herum.

Möge der geplante Stausee bald die verfluchte Heide bedecken und die seltsam unnatürlichen Farben auslöschen, in denen sie funkelt. Aber ob man vom Wasser dieses Sees trinken sollte, fragt sich der Landvermesser, der diese Gegend zuerst besucht hat. Die Heide mit ihrem stinkenden Moder, den verkrüppelten Bäumen und dem verdorrten Gras breitet sich jedes Jahr weiter aus.

Folgendes erfuhr er von Ammi Pierce, dem besten Freund der Familie Gardner: Dort, wo einst die florierende Farm von Nahum Gardner stand, umgeben von fruchtbarem Weideland und Obstanbau, existiert nur noch toter Staub, der das Sonnenlicht in merkwürdigen, unirdischen Farben reflektiert.

Alles begann, nachdem 1882 der Meteorit sich in der Nähe von Nahums Brunnen in die Erde gegraben hatte. Ammi ist überzeugt: Eine fremde Macht aus dem All versank in der Erde, kurz darauf setzten rätselhafte Veränderungen bei Tieren und Pflanzen ein. Die Natur schien aus dem Gleichgewicht, die armen Menschen – zuerst Mrs Gardner – wurden von einem Wahnsinn ergriffen oder verschwanden spurlos, und alle Dinge weit und breit begannen, in unbeschreiblichen, widerwärtigen Farben zu leuchten – bis heute …

Mein Eindruck

Dies ist eine der besten Geschichten des Meisters aus Providence. Sie besticht den Leser bzw. Hörer durch ihre reportagehafte Genauigkeit, die Kühlheit ihrer genauen Beschreibungen, die trotz des horriblen Inhalts dennoch von der Vernunft gesteuert werden, als habe Edgar Allan Poe selbst die Feder des Schreibers geführt. Auch die „Einheit der Wirkung“, eine zentrale Forderung Poes von der Kurzgeschichte, ist vollständig und vorbildlich erfüllt.

Diese Geschichte steigert sich in Stufen und mit Verschnaufpausen bis zu einem solch phantasmagorischen Moment kosmischen Schreckens, dass es ein Wunder wäre, wenn der Leser bzw. Hörer nicht davon ergriffen würde. Zuerst zeigen sich nur leise Andeutungen, die sich zunehmend verdichten, je schwerer die Beeinträchtigung von Nahum Gardners Farm wird. Ammi Pierce ruft auch Wissenschaftler der Miskatonic Universität herbei, die aber auch nicht allzu viel ausrichten können. Sie finden allerdings Kugeln in einer unirdischen Farbe, und es ist anzunehmen, dass diese Substanzen ihren Weg in den Brunnen und somit ins Trinkwasser der Gardners finden.

Schon bald ändert sich der Geisteszustand von Mrs Gardner. Ihr Mann sperrt sie auf den Dachboden, ihr folgen ihre drei Söhne. Das menschliche Drama nimmt seinen Lauf, bis selbst der Alte vom Wahnsinn ergriffen wird. Erst als Ammie Pierce Nachbarn und besorgte Bürger mobilisiert, um nach ihm zu sehen, erreicht der Horror seinen Höhepunkt. Sie blicken aus dem Farmhaus hinaus auf eine Vision der Hölle. Denn nun wächst das Grauen um eine weitere Dimension: das Grauen wird kosmisch. Es kommt von den Sternen und es kehrt zu den Sternen zurück, allerdings nicht ohne ein sinistres Erbe zu hinterlassen: die sich ausbreitende „verfluchte Heide“.

Diese Heide birgt etwas, das nicht nur physisch existiert, sondern auch die Träume des Heidebesuchers heimsucht. Wie schon Nahum Gardner sagte: „Es zieht einen an, man kommt nicht weg.“ Und deswegen blieb er auf seiner Farm bis zum bitteren Ende, ähnlich wie Ammi Pierce. Und ob der Landvermesser je davon loskommt, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Die Gedichte (gesprochen von Simon Newby)

Astrophobos

Das lyrische Ich beobachtet einen golden scheinenden Stern in der Nähe des Polarsterns und fabuliert von Schönheit, Heiterkeit, ja von himmlischer Herrlichkeit. Doch die Schönheit stellt sich als Trugbild heraus, als sich ein roter Schein darüber legt. Aus Hoffnung wird Hohn, aus Schönheit ein Zerrbild und aus Vergnügen Wahnsinn. Der Stern mag verschwinden, doch der Horror bleibt „forevermore“.

Das Gedicht hat in seiner gedanklichen und bildlichen Abfolge starke Ähnlichkeit mit Poes Gedicht „The Haunted Palace“, das in der Erzählung [„Der Untergang des Hauses Usher“ 2347 nachzulesen ist.

Simon Newbys langsamer und gut verständlicher Vortrag erscheint mir sowohl falsch betont als auch falsch intoniert. Der Ton müsste nicht erschreckt klingen, sondern zunächst verzückt und in der zweiten Hälfte verrückt. Über die Aussprache der altertümlichen Wörter bin ich mit ihm als Anglist ebenfalls nicht einer Meinung.

The Messenger (Der Bote)

Dieses Gedicht lässt sich nur als Replik auf einen Journalisten verstehen. Bertrand Kelton Hart lebte fröhlich in Providence, Rhode Island, und arbeitete als Autor einer Kolumne für das Providence Journal, als er entdecken musste, dass das Wohnhaus der Figur Wilcox in HPLs berühmter Story „The Call of Cthulhu“ sein eigenes in Thomas Street Nr. 7 war.

Hart war nicht auf den Kopf gefallen und revanchierte sich in seiner Kolumne mit der Drohung, HPL in dessen Domizil in der Barnes Street einen Geist oder Ghoul auf den Hals zu schicken, der ihn täglich morgens um drei mit dem Rasseln von Ketten wecken sollte.

Im Gedicht ist das lyrische Ich also vorgewarnt, glaubt aber nicht so recht an das Erscheinen des Gespenstes. Er fühlt sich vom Kreuz der Kirche (dem Elder Sign) beschützt. Die Kirchturmuhr schlägt drei, als auf einmal an der Tür ein Klirren und Rasseln von Ketten anhebt …

Simon Newby intoniert das Gedicht melodramatisch, doch ein koketter, zynischer Ton hätte zu der Haltung des Autors wohl besser gepasst.

The House

Gemeint ist das konkrete Haus auf Nr. 135 Benefit Street in Providence, Rhode Island. Dies hat HPL auch zu seiner bekannten und verfilmten Erzählung „The Shunned House“ (Das gemiedene Haus) inspiriert.

Wie so viele Gruselhäuser in der Schauerliteratur ist auch dieses Haus entsprechend ausstaffiert, doch wird es lediglich von außen gezeigt, als wäre es ein bewusstes Wesen von unermesslichem Alter, vor dem man sich fürchten sollte. Die Pointe ist jedoch die Haltung des Betrachters in der vierten Strophe. Ähnlich wie die Hauptfigur in der Story „Der Außenseiter“ wird sich der Betrachter bewusst, dass er schon einmal hier war, und zwar vor ziemlich langer Zeit. Wer oder was ist er?

Mein Eindruck

Diese Gedichte sind keine Balladen von Goethe („Erlkönig“ lässt sich auch als Grusel interpretieren) oder Schiller (der hatte mit „Der Geisterseher“ richtig guten Grusel-Trash geschrieben), sondern (außer in „The Messenger“) eine Art pseudoviktorianische Dekadenzlyrik, wie man sie vielleicht von einem Epigonen Baudelaires oder Poes erwarten könnte. Baudelaire schrieb richtig gute Vampirstorys in seinen Gedichten, die ab 1861 in [„Die Blumen des Bösen“ 553 veröffentlicht wurden.

Furcht vor den kalten und wankelmütigen Sternen gehört ebenso zu HPLs Standardrepertoire wie verfallende, sinistre Häuser und Geister. Die Gedichte bieten dem Kenner nichts Neues. Neu ist jedoch die Tatsache, dass sie erstmals in der Originalsprache auf einem deutschen Medium präsentiert werden, noch dazu von jemandem, der der englischen Sprache sehr gut mächtig ist.

Das Booklet

Das achtseitige Booklet wartet mit umfangreichen, ausreichenden Informationen zu Autor, Orchester, den Machern und mit den Gedichttexten auf. Die zweite Seite listet sämtliche Kapitelüberschriften auf, und das kann bei der langen Erzählung „Die Farbe aus dem All“ recht hilfreich bei der Orientierung sein.

Die Sprecher

Simon Jäger, die deutsche Stimme von Heath Ledger und Josh Hartnett, ist ein sehr fähiger Sprecher für diese gruseligen Texte. Genauso wie sein Kollege Torsten Sense, der „Das Bild im Haus“ liest, lässt er sich jede Menge Zeit, spricht deutlich und kitzelt die unterschwelligen Bedeutungen des Textes hervor. So entsteht ein deutliches Bild der Jahre überspannenden Vorgänge in „Die Farbe aus dem All“.

Ich konnte nur einen Fehler entdecken. Jäger liest „eine Vision von Fuseli“ [sic] statt „eine Vision wie von Füeßli“, denn Lovecraft meint den Schweizer Maler schauriger Motive wie „Der Nachtmahr“, das wohl sein bekanntestes Bild ist (ein dunkler Gnom sitzt auf dem Bauch einer ohnmächtigen, weißgewandeten jungen Frau, und hinterm Vorhang lugt ein weiterer Dämon hervor).

Auch Simon Newby, der in viel größerem Maße als Jäger als Schauspieler tätig gewesen ist, verfügt über eine ausdrucksstarke Stimme, die es ihm erlaubt, auch so schwierige Texte wie die auf alt getrimmten Gedichte HPLs vorzutragen. Über die korrekte Aussprache solcher exotischen Ausdrücke wie „Cacodaemons“ und „ere“ (= bevor) lässt sich wohl streiten.

Die Musik

Da es keinerlei Geräuschkulisse außer ein paar Spezialeffekten (Wind etc.) gibt, beruht die emotionale Wirkung der Akustik einzig und allein auf dem Vortrag des Sprechers und auf der Musik. Die Musik stellt so etwas wie ein experimentelles Novum dar (wie so einiges auf dem Hörbuch). Sie wurde nicht von einem einzelnen Komponisten zwecks Aufführung durch ein Orchester geliefert, sondern wird von einem Musikerkollektiv erstellt und zugleich aufgeführt: dem „Orchester der Schatten“.

In „Ruf des Dämon“ setzten die Komponisten noch jazzbasierte Instrumente und Musikmotive ein. Diese wurden nun durch eine mehr klassische Orchestrierung ersetzt, die dem traditionellen Feeling, das man mit Lovecraft verbindet, mehr entgegenkommt. Besonders gefielen mir die tiefen Bässe, seien sie nun vom Kontrabass, vom Cello oder dem Piano erzeugt. Ihren Gegenpart spielen häufig hohe Geigen, die durch Dissonanzen eine unheimliche Atmosphäre der Beklommenheit erzeugen. Dieses Muster wird zwecks An- und Entspannung variiert. Die Hintergrundmusik wird durch Pausenmusik ergänzt. Insgesamt bildet die Musik eine stilistische Einheit mit dem Inhalt der zwei Erzählungen. Grusel ist garantiert, vielleicht sogar Lovecrafts Markenzeichen: „kosmisches Grauen“.

Unterm Strich

„Der Ruf des Dämon 2: Wälder der Finsternis“ ist als Titel wohl eher eine Missinterpretation, denn weder in „Das Bild im Haus“ noch in „Die Farbe aus dem All“ stehen Wälder im Vordergrund, sondern eher am Rande des Geschehens. Besonders die zweite, sehr lange Erzählung ist ein Meisterstück HPLs, das jeder Fan kennen sollte. Es steht in einer Reihe mit Grundpfeilern des Lovecraftschen Werkes wie „Der Schatten aus der Zeit“ (1934) oder [„Schatten über Innsmouth“ 506 (1936), obwohl es bereits 1927 entstand. Meines Wissens ist dies die erste Veröffentlichung dieser zwei Erzählungen im Hörbuch.

Das Audiobook bietet dem Liebhaber gepflegten Grusels aus dem Hause Lovecraft eine interessante Mischung aus total Traditionellem – die Storys und Gedichte – und innovativ Neuem: die einfühlsame akustische Untermalung durch das „Orchester der Schatten“. Insgesamt also mehr etwas für Spezialisten.

151 Minuten auf 2 CDs
Aus dem US-Englischen übersetzt von Anke Püttmann (Bild im Haus), Matthias Manzke (Farbe aus dem All)

http://www.eichborn-lido.de/ (ohne Gewähr)