Cosima Liefenstein ist die Erbin einer reichen Industriellenfamilie. Mit der Gründung einer Stiftung für bedürftige Frauen und speziell Mütter geht sie aber ihren eigenen Weg, auch wenn das ihrem Verlobten und dessen Familie nicht so recht zu passen scheint. Doch ihr Onkel Theodor unterstützt sie in der Gründung der Stiftung.
Als sie durch einen Unfall den Journalisten Leo Marktgraf kennenlernt, bringt sie damit eine Geschichte ungeahnten Ausmaßes ins Rollen. Denn Leo stellt nach dem mysteriösen Tod eines befreundeten Anwalts Nachforschungen über die Familie Liefenstein an.
Und auch Cosima beginnt bald zu ahnen, dass ihre Familie und speziell ihre beiden Onkel Theodor und Albert die eine oder andere Leiche im Keller zu haben scheinen…
In den Tiefen der deutschen Geschichte
Im Zentrum des vorliegenden Buches steht die Industriellenfamilie Liefenstein. Familienoberhaupt ist der Großunternehmer Wilhelm, der gleich drei Söhne hat: Theodor, Albert und Edmund. Edmund ist Cosimas Vater, aber schon vor vielen Jahren bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen.
In vielen Rückblicken erzählt Claire Winter sukzessive die gesamte Familiengeschichte – während wir Cosima Ende der 50er-Jahre kennenlernen, entführt uns die Autorin für Edmunds Geschichte in die Zeit, als die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht übernommen haben: Zu der Zeit kommt Elisa als neues Dienstmädchen zur Familie Liefenstein. Als sie Edmund das erste Mal begegnet, reinigt sie gerade sein Zimmer und entdeckt dabei Zeichnungen. Edmund reagiert sehr unwirsch und wirft sie aus dem Zimmer. Doch nach und nach entdeckt Elisa, dass Edmund ganz anders ist als seine beiden Brüder. Heimlich hegt sie Gefühle für Edmund.
Der ist allerdings mit Rita verheiratet. Die Ehe ist nicht glücklich, aber als die beiden die kleine Cosima bekommen, will Edmund der Ehe nochmal eine zweite Chance geben.
Doch Edmund ist in der Familie ein Außenseiter: Während Wilhelm, Theodor und Albert voller Überzeugung in die NSDAP eintreten, ist Edmund eng mit einem Juden befreundet und erkennt das Unrecht, das die Nazis den Juden antun. Er weigert sich, in die Partei einzutreten und seine Freundschaft zu David aufzugeben. Er entfremdet sich auch immer weiter von Rita, da diese auch Hitler verehrt.
Später sorgt Edmunds Vater dafür, dass Edmund als Soldat an die Front muss. Dort erlebt er Schreckliches – ohne zu ahnen, dass er später nach seiner Rückkehr in das Elternhaus noch viel schlimmere Entdeckungen machen wird.
Über Leichen
Claire Winter erzählt eine Geschichte, die zwar aus ihrer Feder stammt, aber einen wahren Hintergrund hat. Denn die Familie profitiert von den Arisierungen und vergrößert ihr Imperium immer weiter.
Im Keller der Familie Liefenstein lagern zahlreiche Leichen, die Claire Winter erst nach und nach zu Tage fördert – was ich hier nicht verraten möchte.
Die Geschichte führt sie in zwei Erzählsträngen jeweils chronologisch fort, wobei sie natürlich immer an der spannendsten Stelle von der einen Zeitebene zur anderen springt: In der Erzählung der 50er Jahre steht Cosima im Mittelpunkt, in der Zeit des Nationalsozialismus sind es Elisa und Edmund. Die beiden Erzählstränge verwebt Claire Winter geschickt miteinander, sodass man immer wieder Überraschendes über die Familie Liefenstein erfährt. Manches konnte man sich natürlich schon denken, anderes wiederum erwischt einen bei der Lektüre doch eiskalt.
Am Ende treffen die beiden Erzählstränge sich und münden dann in den gelungenen Abschluss der Geschichte.
Ein Mammutwerk
Das Buch ist mit nahezu 600 Seiten recht umfangreich und braucht bei der Lektüre auch entsprechend Zeit. Mir fiel der Einstieg etwas schwer, da es locker 100 bis 150 Seiten brauchte, bis Claire Winter mich so richtig gepackt hatte. Es zeichnete sich zunächst für mich nicht ab, in welche Richtung die Geschichte gehen würde. Doch als ich erstmal gefangen war, konnte ich das Buch kaum noch zur Seite legen.
Die Charaktere allerdings waren mir etwas zu sehr schwarz-weiß gezeichnet – es gab praktisch keine Mischtöne. Hier hätte sie durchaus etwas mehr Facetten ins Spiel bringen dürften.
Aber unter dem Strich hat mich Claire Winter wieder einmal – mit nur wenigen Abstrichen – hervorragend unterhalten.
Gebundene Ausgabe: 592 Seiten
ISBN-13: 978-3453292581
Heyne Verlag
Der Autor vergibt: