Schwekendiek, Margret / Bekker, Alfred – Tabu-Planet (Titan-Sternenabenteuer 19)

Für den zweiten Teil des Parakon-Zyklus in der Reihe der „Titan-Sternenabenteuer“ hat Alfred Bekker seine Vorgängerin Antje Ippensen als Co-Autorin abgelöst und beschreibt hier die Ereignisse auf der Asteroidenwerft, während Margret Schwekendiek weiterhin von der Fahrt der drei Raumschiffe |Suuran|, |Titan| und |Viana| berichtet. So viel zu den Rahmenbedingungen, nun aber auch direkt zur Action, denn von der gibt es in „Tabu-Planet“ noch weitaus mehr als im [Vorgänger-Band. 1951

_Story_

Die |Titan| ist nach ihrem Sprung ins Parakon in einem seltsamen Schlauch gelandet, der die ganze Besatzung in einem ungewöhnlichen Tiefschlaf versetzt. Bis auf den Cyborg Cyberjohn Five leidet das gesamte von Shalyn Shan geführte Team unter Atemnot und fällt in ein längeres Koma. Cyberjohn Five befürchtet, dass die Mannschaft dem Tode geweiht ist, kämpft aber beflügelt durch einen letzten Hoffnungsschimmer gegen das Aufgeben des Lebensmutes an. Doch auch auf ihn hat der mysteriöse Tunnel eine verheerende Auswirkung; der Cyborg wird von Bildern aus seiner Vergangenheit heimgesucht, aus der Zeit, als John noch ein Mensch war und seine Mutter ständig in Aufruhr versetzte. Als die Besatzung der |Titan| später dann wieder aufwacht, wird sie von eigentümlichen Luftblasen angegriffen, die ebenfalls Erinnerungen an die individuelle Vergangenheit der Crew wecken. Doch der Ärger will nicht enden, denn nachdem Lukas Hagens Idee, in dem Tunnel einen weiteren Sprung zu riskieren, von Erfolg gekrönt wird, entdecken die Insassen des Schiffes einen unbekannten Planeten, auf dem es ebenfalls menschenähnliches Leben gibt. Doch das dort lebende Volk scheint nicht gerade friedlich zu sein und nimmt die |Titan| alsbald unter Beschuss …

Zur gleichen Zeit versucht die Space-Police, dem Anschlag auf die Asteroidenwerft auf die Spur zu kommen, reibt sich dabei aber immer wieder mit Amos Cartwer und seinem Team. Die Ursache: Einige Mitglieder der Rechtsvertretung versuchen seit geraumer Zeit, die von Carter geführte CRC auszustechen, weshalb man vor Ort befürchtet, die Polizeitruppe könnte Firmengeheimnisse ausspionieren. Der sture Carter lässt sich indes weiterhin nicht dazu bewegen, sich auf der Erde in Sicherheit zu bringen oder zumindest auf der Werft selber einen Sicherheitsdienst in Anspruch zu nehmen. Die Strafe folgt sofort: Bei der ersten Unachtsamkeit wird Carter von einigen jener Leute, die auch den Anschlag auf die Raumwerft verübt haben, entführt – und das, obwohl das ganze Zentrum von Mitgliedern der Polizeieinheit umgeben ist …

_Meine Meinung_

In „Tabu-Planet“ kommt Schwung in die Geschichte rein, denn das Erzähltempo nimmt im zweiten Band des Parakon-Zyklus schlagartig zu. Nachdem man jetzt mit den einzelnen Charakteren (und vor allem mit ihren Eigenarten) sehr gut vertraut ist, gewinnt die Handlung merklich an Farbe. Sehr gut gelungen ist den beiden Autoren hierbei erneut der Wechsel zwischen den verschiedenen Szenarien. In dem Moment, in dem sich die Ereignisse auf der |Titan| überschlagen, schwenkt man zur Asteroidenwerft herüber, und umgekehrt läuft’s ähnlich. Das verleiht der Angelegenheit natürlich eine Menge Spannung, und zudem schadet es der Story in diesem Falle definitiv nicht, weil sich die gegenseitig aufeinander aufbauende Spannungskurve immer mehr steigert und die Storyline nie aus dem Ruder zu laufen droht.

Darüber hinaus werden die verschiedenen Schauplätze weiter ausgbaut. Nachdem die |Viana| und die |Titan| getrennt werden, entwickeln sich hier weitere parallel ablaufende Stränge, in denen sich eine Menge ereignet. Aber auch durch die Konflikte mit der Space-Police, die Diskussionen zwischen Amos Carter und Thomas Chaivelli über die Sicherheit des CRC-Bosses und das seltsame Verhör mit zwei Personen, die bei den Anschlägen aktiv beteiligt waren, wird der Rahmen, in dem sich die Geaschichte bewegt, ein ganzes Stück weiter ausgebaut und eröffnet zugleich neue Rätsel, die es in den Folgebänden zu lösen gilt.

Zusätzlich zu alldem gehen die beiden Autoren hier auch noch genauer auf die verschiedenen Charaktere ein, die allesamt über eine ganz besondere Eigenschaft zu verfügen scheinen, nämlich über einen verdammten Dickkopf. Seien es nun die Crew-Mitglieder der |Titan|, die Verantwortlichen bei der CRC, die Mitglieder der Space-Police oder aber zum Schluss die Bewohner des von der |Titan| entdeckten fremden Planeten. Das verleiht der Sache zusätzlich ein wenig Humor, der zwischendurch auch immer mal wieder willkommen ist.

Alles in allem ist „Tabu-Planet“ somit nicht nur die logische und erneut schlüssig umgesetzte Fortsetzung von „Spur ins Parakon“, sondern gleichzeitig eine ziemlich drastische Steigerung gegenüber dem Vorgänger, die sich schließlich in fast allen Punkten deutlich zeigt. Spätestens jetzt ist der letzte Funken Skepsis bezüglich dieser Serie verflogen, nachdem ich anfangs noch befürchtet hatte, dass „Titan“ lediglich ein Abklatsch von „Perry Rhodan“ sein könnte. Genau das trifft nämlich ganz bestimmt nicht zu!

http://www.blitz-verlag.de/

Rolf Giesen/Manfred Hobsch – Hitlerjunge Quex, Jud Süss und Kolberg. Die Propagandafilme des Dritten Reiches

Böser Anfang ist schwer

Die nationalsozialistische „Machtergreifung“ zielte 1933/34 nicht nur auf Politik und Wirtschaft. Wie alle Bereiche des deutschen Lebens wurde auch die Kultur in den Dienst der „Partei“ gestellt. Der Film stellte keine Ausnahme dar. Im Gegenteil: Propagandaminister Joseph Goebbels besaß ein außerordentliches Faible für das Kino. Das betraf nicht nur seine Vorliebe für hübsche Nachwuchsschauspielerinnen. (Seine spezielle Fürsorge verschaffte ihm den Spitznamen „Bock von Babelsberg“.) Für Goebbels war das Kino ein Instrument: Spielerisch und unaufdringlich sollte die nationalsozialistische Botschaft den deutschen Zuschauern eingeträufelt werden.

Geprobt wurde dies schon in den letzten Jahren der Weimarer Republik, sodass pünktlich zu Hitlers Machtübernahme die ersten Filme eines ‚neuen‘ Deutschlands gestartet werden konnten. Sie demonstrierten freilich, wie richtig Goebbels lag, als er darauf drang, die Propaganda stets der Unterhaltung unterzuordnen. „Hans Westmar – Einer von vielen“ oder „SA-Mann Brand“ boten pathetische Massenszenen und braune Aufmärsche in einer dürftigen Spielhandlung und wurden keine Erfolge, denn der deutsche Kinobesucher lehnte Holzhammer-Propaganda ab. Rolf Giesen/Manfred Hobsch – Hitlerjunge Quex, Jud Süss und Kolberg. Die Propagandafilme des Dritten Reiches weiterlesen

Robin Hobb – Der weiße Prophet (Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher III)

Band 1: Der lohfarbene Mann
Band 2: Der goldene Narr
außerdem: Der Adept des Assassinen (Die Legende vom Weitseher 1)
und ergänzend: Der Ring der Händler

Prinz Pflichtgetreu hat es nicht gerade leicht. Als einzigem Erben des Weitseher-Throns ist es an ihm, den Frieden zwischen den Sechs Herzogtümern und den Äußeren Inseln der als Piraten gefürchteten Outislander zu schließen. Zumal es noch nicht lange her ist, dass man mit diesen in einen brutalen Krieg verwickelt war, der seinen Vater König Veritas das Leben gekostet hat.

Robin Hobb – Der weiße Prophet (Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher III) weiterlesen

Carl Bowen, Rick Jones, James Kiley, Matthew McFarland, Adam Tinworh – Werwolf: Paria

Das Paradies ist verloren – vernichtet von unserer eigenen Hand, zerrissen von unseren eigenen Klauen und Zähnen. Wegen dieses Verbrechens sind wir PARIAS.

Heute lauern wir inmitten der menschlichen Herde. Wir sind Wölfe im Schafspelz und unsere Sinne führen uns zu unserer Beute.

Unsere eigenen Geschwister wenden sich gegen uns, und Geschöpfe aus dem Schatten der Erde setzen uns nach. Unser Blut kocht vor Wut, wenn die Zeit des Vollmonds näher rückt.

Du, der du uns jagen willst, sei gewarnt: Wir werden den Spieß umdrehen, und du wirst erkennen, dass du nicht der Jäger, sondern unsere Beute bist.
(Auszug aus dem Quellenband)

_1. Über die Werwölfe_

Carl Bowen, Rick Jones, James Kiley, Matthew McFarland, Adam Tinworh – Werwolf: Paria weiterlesen

Holt, Anne – Was niemals geschah

Man könnte ja manchmal denken, diese ganzen Erfolgsautoren seien alle in den letzten zwei, drei Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen, doch das stimmt natürlich nicht. Die ersten Krimis von Anne Holt sind schon Mitte der Neunziger bei |btb| erschienen, allerdings galt die norwegische Ex-Justizministerin damals noch als Geheimtipp. Inzwischen hat die lesbische Kommissarin Hanne Wilhelmsen sieben Fälle gelöst und sich damit eine beträchtliche Fangemeinde erobert.

Die zweite Krimiserie von Anne Holt dreht sich um den Kommissar Yngvar Stubø und seine Frau, die Profilerin Inger Johanne Vik. „In kalter Absicht“ haben sie ihren ersten Fall miteinander gelöst, „Was niemals geschah“ ist der zweite Fall mit diesem ungewöhnlichen Doppel.

_Eine Mordserie, die sich zu wiederholen scheint_

Stubø ist gerade im Vaterschaftsurlaub, Inger Johanne noch im Mutterschutz. Eigentlich wollen beide mit dem Fall nichts zu tun haben, den Stubøs Kollegen recht schnell an ihn herantragen. Doch die Neugier siegt und schließlich auch die Zeit, die verrinnt, bis Stubø wieder seinen Dienst antreten muss und der Fall noch immer mehr Fragen aufwirft als dass irgendwelchen Spuren nachgegangen werden könnte.

Mehr noch, bei dem Mörder scheint es sich um einen Serientäter zu handeln, der sich auf prominente Opfer spezialisiert hat, eine Mordserie, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Stets hinterlässt der Mörder eine Botschaft des Schreckens: Da wird der beliebten Fernsehmoderatorin die Zunge herausgetrennt und mit einem Skalpell gespalten. Sie sollte wohl ganz offenkundig posthum als Lügnerin enttarnt werden. Da wird eine aufstrebende rechtspopulistische Politikerin in kompromittierender Stellung mit dem Koran zwischen den Beinen aufgefunden. Ein religiöser Fanatiker also?

Nachdem Stubo und seine Kollegen eine Weile im Dunkeln tappen, findet die eigentlich nicht direkt an den Ermittlungen beteiligte Psychologin Inger Johanne eine entscheidende Spur – in ihrer eigenen beruflichen Vergangenheit beim FBI, über die sie bisher auch Yngvar gegenüber ein großes Geheimnis gemacht hat. Es scheint, als hätte es diese Mordserie schon einmal gegeben – kann es Zufall sein?

_Anne Holt at her best!_

Mehr sollte man auf keinen Fall verraten, um nicht die vielen überraschenden Wendungen vorwegzunehmen, die dieser Krimi in sich birgt. Wenn man erst mal angefangen hat, ist es unmöglich, ihn aus der Hand zu legen, und nebst atemberaubender Spannung schreibt die Autorin auf erfreulich hohem Niveau.

Der Fall ist außergewöhnlich und recht „konstruiert“, denn der Mörder inszeniert diese Morde ja förmlich, dazu noch ermordet er Menschen, die ohnehin im Rampenlicht stehen. Dennoch bleibt der Fall bis zum Ende schlüssig. Und das Ende selbst ist so klasse, dass man sich eigentlich gar keine Fortsetzung wünschen würde, allerdings muss ich zugeben, dass mich die beiden sympathischen Anti-Helden glatt zu einer Serienleserin machen könnten.

Die Eheleute Vik und Stubø haben kein einfaches Leben miteinander. Sie haben ihre Macken und ihre Vorgeschichte, was sie glaubwürdig und menschlich macht. Beide schleppen regelrechte Traumata aus ihrer Vergangenheit mit sich herum, doch während Stubø im Familienalltag langsam wieder Fuß fasst, fühlt sich Inger Johanne durch ihre etwas schwierige Tochter Kristiane und den Säugling stark belastet. Die beiden streiten, diskutieren, wälzen Probleme – vielleicht manchmal zu häufig? Das habe ich mich manchmal bei der Lektüre gefragt, doch im Nachhinein passt das alles ganz wunderbar zusammen.

Schön ist außerdem, dass die beiden absolut Hand in Hand arbeiten und einander ebenbürtig sind. Obwohl Inger Johanne eher eine „Nebenermittlerin“ ist, hat man nie den Eindruck, sie sei „nur“ Hausfrau und Hobbydetektivin, sondern von ihr kommen im Gegenteil die entscheidenden Impulse.

Der Fall wird hauptsächlich aus der Perspektive von Yngvar und Inger Johanne geschildert, teils aber auch aus der Sicht der anderen beteiligten Personen. Nicht immer finde ich eine solche Erzählweise gelungen, hier ist das ausgewogen und äußerst spannungsfördernd.

Im Gegensatz zu manchen anderen Autoren, die sich doch recht oft wiederholen, sobald sie „in Serie gehen“, wird Anne Holt besser und besser.

_Fazit:_ Einer der besten psychologischen Krimis seit langem – mit interessanter Handlung, glaubwürdigen Charakteren und überraschenden Wendungen. Wird wahrscheinlich eine vielversprechende neue Krimiserie.

_Anne Holt_ wurde 1958 geboren und wuchs in Norwegen und den USA auf. Sie ist mit einer Frau verheiratet, hat eine kleine Tochter und sich nach ihrer politischen und juristischen Karriere ganz aufs Schreiben verlegt. Wenn ich richtig gezählt habe, sind derzeit neun Krimis von ihr lieferbar. Zudem hat Holt noch einen lesbischen Liebesroman geschrieben mit dem Titel „Mea Culpa“.

http://www.piper-verlag.de

François Marcela Froideval & Cyril Pontet – Von Winden, Jade und Kohle (Die Chroniken des schwarzen Mondes, Band 7)

Band 1: Das Zeichen der Schatten
Band 2: Der Flug des Drachen
Band 3: Das Zeichen der Dämonen
Band 4: Die Stunde der Schlange
Band 5: Scharlachroter Tanz
Band 6: Die Krone des Schattens

Als Baron von Moork und Horkher ist Wismerhill endgültig an der Spitze der Macht angekommen, möchte seinen Status allerdings noch weiter ausbauen. Sein Bestreben nach mehr Macht und Reichtum erfüllt er sich schließlich, nachdem er im Palast des Methraton eine Audienz hatte, in der er sich einen neuen mächtigen Verbündeten hat machen können. Nach einigen Zweifeln nimmt er auch die Prüfung zum Priester des schwarzen Mondes an und darf sich nach harter Ausbildung mit diesem Titel schmücken.

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Hesse, Sheree – Lecker, lecker Metalküche

Die Frage, was die Veranstalter des Wacken Open-Airs so treiben, wenn nicht gerade das berühmte Musik-Festival traditionell am ersten August-Wochenende in der beschaulichen schleswig-holsteinischen Provinz stattfindet, dürfte jetzt teilweise beantwortet sein: Sie kochen! Zumindest Sheree Hesse tut dies offensichtlich gerne. Und was liegt da näher, als ein Kochbuch zu schreiben, dieses mit einer ordentlichen (!) Prise Humor zu würzen und dann auch noch ein paar Urgesteine aus der Metal-Szene (u.a. Tom Angelripper von SODOM und Biff Byford von SAXON) zur Vorstellung ihrer Lieblingsrezepte zu bewegen? Eben!

„Lecker, lecker Metalküche“ heißt das Werk und ist unterteilt in die Kapitel ‚Suppen‘, ‚Vorspeisen‘, ‚Hauptgerichte‘, ‚Desserts‘, ‚Drinks‘, ‚Snacks‘ und ‚On Tour‘. Die Bandbreite bzw. der Schwierigkeitsgrad der Gerichte reicht von kinderleicht bis durchaus herausfordernd für Kochmuffel. Mit anderen Worten wird jeder Hobby-Koch seine Freude an und keine Probleme mit den Rezepten haben, auch wenn die Zubereitung der einzelnen Speisen meist sehr knapp, aber dennoch präzise geschildert wird. Für alle, die lieber multimedial ihre Lieblingsrezepte recherchieren, befindet sich quasi als Bonus der Inhalt des Buches noch mal in digitaler Form auf einer beigelegten CD-ROM. Lässt man die nicht allzu ernst gemeinten „Köstlichkeiten“ wie ‚Prärie-Austern (Lammhoden)‘, ‚Spülmaschinenlachs‘ oder ‚Kuheuter‘ weg, dann bleibt trotzdem eine Vielzahl von Leckereien übrig, die geradezu danach schreien, nachgekocht oder zubereitet zu werden. Seien es die ‚Abgehackten Finger‘ aus Würstchen, Ketchup und Mandeln (!), um die Schwiegermuter zu schocken, oder die ‚3-farbige Paprikasuppe‘ mit der man(n) sicherlich mächtig Eindruck bei der Dame seiner Träume machen kann.

Das optisch sehr ansprechend aufgemachte Buch verfügt über zahlreiche teils schwarz-weiße, teils farbige Bilder der jeweiligen Gerichte oder Getränke. Einige der nicht farbigen Bilder sind zwar etwas undeutlich, aber das ist auch der einzige Kritikpunkt an diesem sehr unterhaltsamen und vor allem sehr nützlichen Buch. Die Sprache ist vergleichsweise authentisch und passt hervorragend zum teils morbiden Charme mancher „Gerichte“. Mal deftig (‚Würstchen Cordon Bleu‘ oder ‚Überfahrener Blechhase‘), mal gesund (‚Feldsalat mit Trauben und Nüssen‘ oder ‚Grün-roter Salat mit Blauschimmel‘), mal süß (‚Mousse au Nutella‘ oder ‚Schaumkusstorte‘), mal hochprozentig (‚Krötenrotze‘ oder ‚Gummibärchen-Bowle‘) oder auch mal wahrlich innovativ (‚Kaffeemaschinen-Ei‘), dieses Kochbuch ist unterhaltsame Lektüre, praktischer Ratgeber und Kult-Objekt in einem. Egal, ob als Abwechslung und Bereicherung für die heimische Küche, als „schockierender“ Party-Gag oder als Ausdruck eines Lebensgefühls, „Lecker, lecker Metalküche“ ist eine runde Sache, die einfach Spaß macht. Und definitiv satt …!

Und für alle Freunde der alternativen Küche sei noch erwähnt, dass an Band zwei bereits mit Hochdruck gearbeitet wird. Die Zeit zwischen den Wacken-Festivals ist schließlich sowieso viel zu lang … und der Hunger natürlich groß! Auch wenn der Bezug zum Heavy Metal nicht immer ersichtlich ist – aber mit ein wenig Phantasie und Humor geht das natürlich ohne Probleme –, macht es schon Sinn, wenn ausgewachsene Rocker auch ordentlich essen und trinken, oder?

Ach ja, da wieder Weihnachten vor der Tür steht, mag für den einen oder anderen die lästige Grübelei, was denn dem Headbanger von nebenan zu schenken ist, erspart bleiben und man hat jetzt eine sinnvolle und vor allem dezibelarme Alternative. Das Buch gibt es in jeder Buchhandlung oder direkt beim [Oidium-Verlag]http://www.oidium-verlag.de zum Preis von 12 Euro.

Ich werde jetzt erst mal die ‚Krötenrotze‘ ausprobieren …

Andreas Brandhorst – Der Zeitkrieg (Kantaki 3)

Mit dem „Zeitkrieg“ legt Brandhorst den Abschluss seiner dreibändigen Kantaki-Saga vor. Es gilt, offene Handlungsstränge zu beenden und zusammenzuführen und dabei noch eine dem hohen Anspruch der Vorgängerromane gerechte Handlung zu entwickeln. Eines kann man bereits vorwegnehmen: Eigenständig lesbar ist dieser Roman kaum, da die Motivation der Protagonisten bereits zwei Bücher lang Platz und Zeit hatte, zu wachsen und mit Leben gefüllt zu werden.

Andreas Brandhorst ist einigen Lesern von SF-Serien vielleicht ein Begriff durch seine langjährige Tätigkeit als Übersetzer von StarWars- und Terry-Pratchet-Romanen. Als Autor ist er seit seinem Antritt mit dem Kantaki-Universum erneut im Blickfeld. Sein Beitrag zum Perry-Rhodan-Taschenbuch-Zyklus „Lemuria“ (in sechs Bänden bei Heyne) gilt als Höhepunkt der Serie. Brandhorst lebt und arbeitet in Italien.

Einstieg in den Kantaki-Zyklus

Die Menschheit ist abhängig von der überlichtschnellen Raumfahrt der Kantaki. Diese Wesen haben den Glauben an eine transzendente Entwicklung des Universums, den sie über alles andere stellen. Dieser Glaube umfasst das absolute Verbot von Zeitmanipulationen. Einfach gesagt, sehen die Kantaki in sich so etwas wie Zeitwächter. Verstößt ein Volk gegen ihren Kodex, bestrafen sie es mit Isolation.

Vor einigen Generationen kam es zum ersten Zeitkrieg, bei dem die sogenannten Temporalen besiegt und in die zeitlose Zone, das Null, verbannt werden konnten. Sie arbeiten seither an einer Möglichkeit, auszubrechen und erneut mittels Zeitmanipulationen gegen die Realität vorzugehen.

Schlüssel sind zwei Menschen: Diamant und Valdorian. Diamant ist Pilotin eines Kantaki-Schiffes und steht damit außerhalb der Zeitlinie, Valdorian ist Wirtschaftsmagnat und Führer der größten menschlichen Macht in der Milchstraße. Der Konflikt zwischen diesen beiden Menschen verhilft den Temporalen zum Ende des zweiten Romans „Der Metamorph“ zum Ausbruch aus dem Null.

Der Zeitkrieg

Er tobt jetzt seit subjektiven 15.000 Jahren, der Widerstand (vor allem unterstützt durch Kantaki, ihre Piloten und befreundete Völker, die durch sie außerhalb der Zeitlinien stehen) ist kurz vor dem Zusammenbruch. Durch ihre Manipulationen entwickelten die Temporalen einen |Ozean der Zeit|, in dem es von verschiedensten Zeitlinien nur so wimmelt. Sie versuchen, den großen, endgültigen Kollaps der Realität herbeizuführen.

Valdorian entkommt seiner Gefangenschaft. Er soll nun benutzt werden, um die Rebellenstützpunkte aufzuspüren und den Sieg endgültig zu machen. Diamant stößt in mehreren Teilen zu den Rebellen. Ihr realstes Ich findet die eine Zeitlinie, in der der Ursprung aller Manipulationen stattfand und von den Temporalen mit allen Mitteln gegen die Korrektur durch die Rebellen geschützt wird. Ein Eingriff zum richtigen Zeitpunkt würde den Krieg ungeschehen machen und die Gefahr für das Universum bannen, aber die Entscheidung darüber bleibt ihr verwehrt. Es ist Valdorian, der den Schlüssel trägt, aber gleichzeitig kommt mit ihm auch die größte Gefahr …

Kaleidoskop

Zeit ist nicht völlig erfassbar. Die Thematik des Romans bringt es aber mit sich, dass die Zeit in ihren unmöglichsten Ausformungen eine tragende Rolle spielt. Brandhorst löst das Problem, indem er die Zeitlinien visualisiert: Im Ozean der Zeit wimmelt es von bunten Fäden, die alle eine eigene Zeitlinie darstellen, innerhalb der die Geschichte andere Wege geht als in den anderen. Die realste Zeitlinie, die ursprüngliche Linie, ist braun, dicht bei ihr liegende Linien sind blau oder violett. Die braune Linie liegt verborgen inmitten dieses zeitlichen Kaleidoskops, dort ist der Ausgangspunkt aller Manipulation.

Der Roman wird allen Ansprüchen und Erwartungen gerecht: Er ist äußerst komplex in seiner Handlung und im Thema, entwickelt dabei die Protagonisten weiter und führt ihre Konflikte zu Höhe- und Wendepunkten. Valdorian, dessen weltlicher Handlungspart in „Diamant“ zwar bereits einen Hauptteil ausmachte aber hinter der Faszination der transzendenten Welt der Kantaki zurückblieb, tritt immer stärker in den Mittelpunkt und erweist sich als Schlüsselfigur. Das Dilemma für die „gute“ Seite: Valdorian war ein arroganter und egozentrischer Mensch, der auch vor Morden nicht zurückschreckte.

Zeitweise gelingt Brandhorst die absolute Verwirrung. Da handeln die Ichs verschiedener Zeitlinien auf ein Ziel zu, bis man ihre temporale Herkunft in dem Durcheinander verloren hat. Das wird irgendwann wieder aufgedröselt, man meint zumindest zu erkennen, wer jetzt der Richtige ist und wer erst durch die Manipulationen existent geworden ist.

Kritisiert wurde in den beiden ersten Romanen „Diamant“ und „Der Metamorph“ oft, dass die Welt polarisiert ist. In den Konflikten Valdorians vor allem zum Ende des „Metamorph“s hin entwickelte sich bereits ein Ansatz für Grauzonen; im „Zeitkrieg“ erhalten schließlich alle Beteiligten ihren Hintergrund. Sogar die Temporalen, anscheinend die „Bösen“ der Trilogie, werden auf ihren Antrieb untersucht. Vor allem in diesem Zusammenhang bringt Brandhorst berührende und kosmische Erkenntnisse ans Licht. Die Transzendenz der kantakischen Philosophie erlangt etwas mehr Realität, aber sogar die Handlungen hoch überlegener Wesenheiten sind keinesfalls schwarz-weiß gemalt. Ihre Motivationen sind für uns schwer verständlich; Brandhorst gelingt eine vereinfachte Darstellung, indem sich diese unverständlichen Beweggründe als eine Art gefährlichen Spieltriebs zeigen.

Was sich für den Leser etwas schwieriger gestaltet, ist die Entwicklung Valdorians. Er ist der Schlüssel, aber um im positiven Sinn seine Wirkung zu haben, bedarf es einer menschlichen Wesensänderung. Um die Möglichkeit, die ihm eingeräumt wird, auch in unserem Verständnis richtig zu nutzen, musste Brandhorst alle Künste der Charakterentwicklung aufbieten.

Fazit

„Der Zeitkrieg“ wird allen Erwartungen gerecht, obwohl es an einigen wenigen Stellen den Anschein machte, als müssten unbedingt begonnene Fäden zur Lösung einbezogen und zu Ende gesponnen werden, so dass ein paar Handlungsaspekte durchaus vorhersehbar waren. Trotzdem ist der Roman eine sehr unterhaltsame, spannende und erhebende Leseerfahrung. Leider bleibt direkt nach dem Ende ein etwas schales Gefühl zurück: Ein Kreis ist geschlossen, Ursache und Wirkung heben sich auf, die Protagonisten stehen am Anfang vor einer unbekannten Zukunft. Und gewiss ist, dass man nicht alle Unbilden der Zukunft aus dem Weg räumen kann. Probleme finden immer eine Lücke.
Insgesamt eine umfassende, ausgefeilte, gefährliche und spannende Zukunftsvision, die ihre Beachtung verdient.

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (6 Stimmen, Durchschnitt: 2,17 von 5)


 

Tilman Röhrig – Die Ballade vom Fetzer

Mathias Weber war das, was man heute wohl unter dem Begriff ‚mieses Schwein‘ einsortieren würde. Zu Lebzeiten war er im Rheingebiet einer der gefürchtetsten Räuber, der vor keiner Brutalität zurückschreckte, um an sein Ziel zu gelangen.
Tilman Röhrig fasziniert die Geschichte des Mannes, der sich damals schnell den Beinamen ‚Fetzer‘ einhandelte, von jeher so sehr, dass er irgendwann beschloss, das kurze Leben des Mathias Weber bzw. den Lebensabschnitt, in dem er vom Tagedieb zum Anführer einer Räuberbande wurde, in einem Buch aufzurollen und den in Vergessenheit geratenen ‚Fetzer‘ der heutigen Generation vorzustellen. Die Arbeit des Autors stellte sich dabei als äußerst schwierig und langwierig vor. Nach intensiver Recherche, die fast schon aussichtslos erschien, fand er unter dem Namen ‚Schinderhannes‘ schließlich erste Informationen zu Weber, die er später in einem 61-seitigen Bericht näher intensivieren konnte. Eine halbe Ewigkeit hat Röhrig schließlich damit verbracht, Daten zu sortieren, Informationen zu bündeln, Einzelheiten im Detail zu erforschen und das Leben einer Person, die gerade mal 25 Jahre alt geworden war, lückenlos darzustellen – was ihm schließlich auch hervorragend gelungen ist!

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Hoffman, Alice – Flusskönig, Der

Es gibt Bücher, die passen in keine Schublade. Sie lassen sich nicht einem bestimmten Genre zuordnen, sie passen nicht so recht in bekannte Strickmuster und entziehen sich so der unkomplizierten Kategorisierung. Solche Bücher haben es oft schwer. Viele wissen nicht so recht etwas mit ihnen anzufangen und werten das Fehlen genretypischer, schubladengerechter Merkmale als Ziellosigkeit des Autors. Ein Urteil, das sicherlich manch einer auch auf die Schnelle über den „Flusskönig“ von Alice Hoffman fällen mag – und damit vermutlich genauso recht hat wie jener, der das Gegenteil behauptet.

Die Mischung, die Alice Hoffman in „Der Flusskönig“ auffährt, hat es dementsprechend in sich. Ein bisschen Kriminalgeschichte, ein bisschen Liebesgeschichte, alles im Rahmen einer dörflich-biederen Naturidylle in Neuengland, eine Prise Übersinnliches, abgeschmeckt mit einem Hauch Kitsch und garniert mit einer blumigen, bildhaften Sprache. Das ist – etwas vereinfacht – die Rezeptur, aus der Alice Hoffman ihr ganz eigenes Süppchen kocht, und so eigenwillig, wie die Rezeptur anmutet, so unterschiedliche Reaktionen ruft sie sicherlich auch an den Geschmacksnerven der Leser hervor. So ganz eindeutig mag mein Urteil da auch nicht ausfallen, denn irgendetwas stimmt hier und da mit den Zutaten nicht so ganz. Ein leicht fahler Nachgeschmack bleibt auf jeden Fall zurück.

Dabei fängt die Geschichte so klassisch und zeitlos an, dass man zunächst gar nicht weiß, in welchem Jahrhundert sie spielt. Erst durch die Erwähnung von Mountainbikes, E-Mails, etc. merkt man, dass die Geschichte tatsächlich heute spielt – was allerdings nicht ganz glaubwürdig erscheinen mag. Ort des Geschehens ist die Haddan School, ein renommiertes, altehrwürdiges Internat in Neuengland, auf das seit jeher die verwöhnten Kinder gut betuchter Familien geschickt werden. Das erscheint vor dem Hintergrund, dass die Haddan School eine teilweise abrissreife Bruchbude voller Ungeziefer ist, als ein etwas merkwürdiger Widerspruch (gerade in der heutigen Zeit), aber machen wir uns darum einfach keine weiteren Gedanken. Der Widerspruch bleibt ohnehin ungeklärt im Raum stehen und wird nicht die einzige Fragwürdigkeit des Romans bleiben.

Die Haddan School liegt etwas außerhalb des Ortes Haddan, am Ufer des gleichnamigen Flusses. Die Dorfbewohner sind nie mit der Schule und ihrem elitären Drang nach Abgrenzung warm geworden und halten sich daher misstrauisch von ihr fern. Man ignoriert sich größtenteils gegenseitig, und da, wo zwangsläufige Berührungspunkte entstehen, hält man sich bedeckt.

Es ist Spätsommer in Haddan, das neue Schuljahr steht vor der Tür und so reisen die Schüler aus ihrer teils fernen Heimat nach Neuengland. Zu ihnen zählen auch Carlin Leander, die bildhübsche, talentierte Schwimmerin, und der gleichaltrige Eigenbrödler August Pierce. Beide zählen zu den Neuankömmlingen und haben ein hartes Schuljahr vor sich, in dem sie sich ihren Platz in der Schülergemeinschaft und den Respekt der Mitschüler erkämpfen müssen. Carlin findet über das Schwimmteam recht leicht Anschluss, während August ein Außenseiter bleibt und nicht bereit zu sein scheint, sich den geltenden Spielregeln unterzuordnen. Seine einzige Bezugsperson ist Carlin, und trotz vieler widriger Umstände entsteht zwischen den beiden eine Art Freundschaft.

Doch es gibt Probleme. August kommt an der neuen Schule offenbar noch schlechter klar als an der alten, und als eines Morgens Augusts Leiche aus dem Fluss gezogen wird, ist man an der Schule nur allzu gerne dazu bereit, den Tod als Selbstmord abzutun. Auch Abel Grey, der ortsansässige Polizist, kommt mit seinen Ermittlung nicht so recht voran. Offenbar haben sowohl seine Kollegen als auch die Schulleitung keine Interesse daran, die Umstände des Todes näher zu beleuchten. So macht Abel sich auf eigene Faust an die Ermittlungen und stößt dabei auf allerhand Unerklärliches und Seltsames – und auf eine Frau, die seine große Liebe werden soll.

Auf den ersten Blick mag die Handlung nach Krimi riechen, aber bei näherer Betrachtung entpuppt sich das als die falsche Schublade. Es gibt zwar eine Leiche und es werden Ermittlungen angestellt, aber dass dabei die Spannung eines wirklichen Krimis aufkommt, kann man kaum behaupten. Der Todesfall des Schülers ist eher ein Aufhänger für die Geschichte und insofern erinnert „Der Flusskönig“ ein wenig an „Schnee, der auf Zedern fällt“ von David Guterson. Für die Kriminalgeschichte, als die man sie gemeinhin ansieht, sind beide Romane zu vielschichtig. Alice Hoffman konzentriert sich weniger auf die Ermittlungen oder die Umstände des Todes (die werden ganz lapidar am Rande aufgeklärt – leider ohne groß in die Handlung eingebunden zu werden), sondern erzählt die Geschehnisse drumherum.

Und so wäre die treffendste Bezeichnung, die mir für diese Art Roman einfällt, ein „Erzählroman“, auch wenn dies etwas sonderbar klingen mag. Diese Bezeichnung deutet aber immerhin bereits an, was den Kern des Buches ausmacht, nämlich das Erzählen an sich. Und das muss man Alice Hoffman dann doch lassen: Erzählen kann sie. Daher rührt vermutlich auch die Auszeichnung von „Entertainment Weekly“, die sie als eine der „100 kreativsten Persönlichkeiten der Unterhaltungsbranche“ ehrt – zurückzuführen vermutlich auf ihre gefeierte Romanvorlage zum Film „Zauberhafte Schwestern“ mit Nicole Kidman, Sandra Bullock und Diane Weeks.

Hoffman bedient sich einer etwas blumigen Sprache. Sie erzählt ihre Geschichte auf sehr plastische Weise und versteht es, ihr durch ihre Schilderungen so viel Leben einzuhauchen, dass das Buch im wahrsten Sinne des Wortes Kopfkino ist. Man muss ihr schon lassen, dass sie sich darauf versteht, Stimmungen zu erzeugen. Die Art, wie sie Landschaften und Menschen beschreibt, erinnert mich auch hier wieder ein wenig an David Guterson – mit dem Unterschied, dass ich Guterson noch für einen Tick besser halte. Guterson wirkt nicht so selbstverliebt in die eigene Formulierungskunst, wie es bei Hoffman hier und da durchschimmert. Auch wenn ihr Sprachstil im Großen und Ganzen wirklich schön und geradezu poetisch ist, gelegentlich drängt sich der Eindruck auf, es wäre etwas viel des Guten – vor allem dann, wenn hinter der blumigen Erzählweise auch die Handlung etwas kitschige Züge entwickelt. Da werden dann zartbesaitete Schülerinnen auch schon mal von obskuren Rosendüften ohnmächtig.

Insgesamt zeigt sich auf dieser Ebene ein leichter Hang zum Übernatürlichen. Hoffman verlangt dem Leser sehr viel Toleranz ab – das gilt nicht nur für das Ignorieren sämtlicher Genreschubladen, sondern trifft auch auf die Entwicklung der Geschichte zu. Es tauchen eine Reihe unerklärlicher Phänomene auf, die im Zusammenhang mit Augusts Tod stehen, die dem Roman eine leicht mystische Stimmung verleihen – von wirklicher Mystery à la „Akte X“ kann aber bei weitem nicht die Rede sein – und so wirken manche dieser Elemente eben auch eher kitschig als unheimlich. Ob man diesen Aspekt für die Handlung unbedingt so strapazieren musste – vielleicht hätte man es einfach bei dezenten Andeutungen belassen sollen. Was an Authentizität mit Blick auf die Figuren zu loben wäre, macht Hoffman damit zumindest ein wenig wieder zunichte.

Die Beschreibung der Figuren bekommt recht viel Raum. Sie blickt zurück in deren Vergangenheit und lässt sie in der Gegenwart in aller Ruhe agieren, fast so, als ergebe sich die Handlung dann von selbst. Ein weiterer Aspekt, an dem sich sicherlich die Geister scheiden. Der eine wird wohl denken, dass die Handlung überhaupt nicht voran kommt, der andere wird sich über den tiefen Einblick in das Seelenleben der Hauptfiguren freuen. Ich zähle mich eher zu Letzteren.

Doch obwohl man den Figuren recht nahe steht und obwohl man einen tiefen Einblick in ihre Gefühlswelt bekommt, blieben mir manche Verhaltensweisen ein wenig unverständlich. Insbesondere trifft dies auf die Lehrerin Betsy zu, deren Bekanntschaft Abel Grey bei seinen Ermittlungen macht. Gerade was die Liebesgeschichte zwischen diesen beiden Figuren angeht, kann man nicht immer die Verhaltensweisen sonderlich gut nachvollziehen – was man nicht nur der mangelnden Rationalität „großer“ Gefühle in die Schuhe schieben kann, sondern letztendlich eher der Autorin vorhalten muss.

Und so kann dann trotz sprachlicher Ausgefeiltheit der Handlungsverlauf nicht immer restlos überzeugen. Man hängt am Ende irgendwie in der Schwebe. Nicht alle Handlungsstränge werden zufrieden stellend aufgelöst, hier und da liegt einem am Ende immer noch ein „Ja, aber …“ auf der Zunge. Fast so, als hätte Frau Hoffman in ihrer sprachlichen Selbstverliebtheit vergessen, sich einen wirklich runden Handlungsverlauf zu überlegen. Es gibt zwar einige Aspekte, die sie sehr gut löst (beispielsweise den Verlauf der Ermittlungen, die Abel anstellt), dafür aber auch andere, die etwas überstürzt und wenig überzeugend aufgelöst erscheinen (beispielsweise die Liebesgeschichte zwischen Abel und Betsy).

Sprachlich und von der Charakterzeichnung her ist der Roman am Ende trotz allem dann doch noch so gut, dass man der Autorin manchen Schnitzer in der Handlung verzeihen möchte. Nicht gänzlich, aber ein ganz kleines bisschen eben, denn schön zu lesen ist „Der Flusskönig“ in jedem Fall, auch wenn es kein Buch ist, das unbedingt bleibenden Eindruck hinterlässt.

Nullinger, Josef / Stock, Birgit & Rainer – Biercomic, Der (auf boarisch)

Josef Nullinger ist ein echtes bayrisches Original und auf regionaler Ebene ein bekannter und geliebter Entertainer. Manche mögen den Herren sicher schon von seiner Arbeit als „Studiotechniker“ beim Radiosender Antenne Bayern her kennen, sollte dies nicht der Fall sein, gibt es weitere Infos zum Gaudi-Garanten und Pseudonym von Mike Hager unter http://www.nullinger.de.

Mike Hager ist Jahrgang 1974 und in Passau geboren. Er lebt und arbeitet seit zehn Jahren in München, wo er seit seiner Studienzeit als freier Autor, Comedian und Moderator für verschiedene Radio- und Fernsehsender tätig ist. Seit über sechs Jahren arbeitet er im Radiobereich hauptsächlich für Antenne Bayern, wo man ihn in erster Linie in der Rolle des von ihm erdachten „Studiotechnikers Josef Nullinger“ hören kann.

Eines von Hagers bzw. Nullingers letzten Projekten war die Übersetzung des „Biercomics“. Unter seinem Künstlernamen hat der Radiomoderator die Geschichte, die im Original von Birgit und Rainer Stock stammt, ins Bayrische übersetzt und dabei wirklich ganze Arbeit geleistet. Im direkten Vergleich zur Original-Variante (die Rezension gibt es [hier]http://www.buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=1848&letter=B nachzulesen) habe ich ungefähr doppelt so lange gebraucht, um die Mundart-Geschichte zu verstehen, und das, obwohl ich den Inhalt ja schon kannte. Es ist halt nun mal so, dass man die bayrische Sprache reichlich schwer verstehen kann, dies aber mit ein wenig Konzentzration und Mühe zu bewältigen ist. Das Ganze dann aber auch noch zu lesen, ist wirklich eine Sisyphosarbeit, bei der der gewöhnliche Hochdeutsche nicht umsonst eine Menge Probleme hat – und genau das war in diesem (meinem) Falle auch die große Schwierigkeit. Nullinger greift ganz tief in die Slang-Kiste der Weißwurst-Republik und verleiht der Geschichte damit schließlich auch das letzte bisschen Authentizität. Und genau aus diesem Grund würde ich die ‚boarische‘ Version im Endeffekt auch vorziehen, denn wenn man mal ganz ehrlich ist, macht es trotz der großen Anstrengung viel mehr Spaß, den Mönch und den Gaukler in dieser ‚Fremdsprache‘ fluchen zu hören – denn das und nichts anderes ist das Original!

Nullingers Humor setzt dem Ganzen schließlich die Krone auf. Auch das ist typisch bayrisch, furztrocken und eine Garantie für ordentliches Lachmuskeltraining. Und selbst, wenn man es nicht vollständig versteht, reicht es schon fast aus, die Illustrationen anzuschauen oder einfach nur einen Blick auf die schwer zu entziffernden Sprechblasen zu werfen, auch das macht Spaß.

Ja, dieser „Biercomic“ ist eine echte Wonne, und selbst wenn man die normal-deutsche Version schon besitzt, so ist es dennoch die Gaudi wert, auch das übersetzte Heft in der Originalsprache zu erwerben. Viel Spaß und Prost!

Schwekendiek, Margret / Ippensen, Antje – Spur ins Parakon (Titan-Sternenabenteuer 18)

Mit dem 18. Band der „Titan“-Reihe starten die beiden Autorinnen Margret Schwekendiek und Antja Ippensen mit einem neuen Zyklus, dem so genannten Parakon-Zyklus. Diese Idee ist hauptsächlich deswegen entstanden, weil einige Leser den Wunsch geäußert hatten, dass die damals liegen gebliebenen Geheimnisse der „Promet“-Reihe irgendwann weiterverfolgt werden sollten, und deshalb geht man mit diesem hier vorliegenden Taschenbuch auch wieder komplett zurück zu den Wurzeln der Serie.
Dabei war es dem Herausgeber ein Anliegen, sowohl klassische Figuren in die Geschichte einzuflechten, gleichzeitig aber auch die von Thomas Ziegler entwickelte Welt nicht aus dem Auge zu verlieren.
In Band 18, „Spur ins Parakon“ geht es in erster Linie um Ereignisse, die in der ersten Hälfte von „Promet Classics 6“ eine Rolle spielten. Mehr dazu in der folgenden Inhaltsangabe:

_Story_

Vor 17 Jahren stieß die „Promet II“ auf ihrem Jungfernflug auf den Planeten Akat/Okan. Auf diesem Planeten entdeckte die Crew die größte bekannte Stadt in der gesamten Galaxis, jedoch völlig leblos und inaktiv. Dennoch werden genau hier, im Zentrum eines scheinbar nicht mehr bewohnten Planeten, stellare Impulse registriert.

Die Spur dieser Impulse führt zu einem riesigen Wasserplaneten, auf dem ebenfalls kein Leben entdeckt wird. Als sich das Schiff „Tereschkova“ jedoch auf den Weg zu diesem Planeten macht, um die Impulse aufzuspüren, wird es vom Gedankenstrom der dort lebenden Goldschater mit einem Schlag vernichtet. Für die beiden stärksten und stabilsten Schiffe der CRC herrscht von da an Alarmbereitschaft. Beim Versuch, nach Überlebenden der Raumschiffexplosion zu suchen, entdecken sie ebenfalls diesen Planeten, werden aber Zeugen einer weiteren, noch viel mächtigeren Explosion …

An anderer Stelle herrscht größte Aufregung: Luisa di Cantoras erwartet in der Asteroidenwerft die Ankunft ihres neuen Vorgesetzten Amos Carter. Doch was genau macht sie so nervös? Und warum bricht sie kurz vor seiner Ankunft völlig zusammen? Carter ist ebenfalls nicht frei von Sorge; Insider haben herausbekommen, dass ein Anschlag auf ihn geplant ist, jedoch sind keine genauen Details bekannt. Beim Probelauf eines neuen Antriebs kommt es dann aber doch zur befürchteten Katastrophe …

Für mich war dieser Band der Einstieg in die Serie, und auch wenn ich bislang noch keine Informationan zu „Titan“ hatte und auch die „Promet“-Reihe nur vom Hörensagen her kenne, ist es mir außerordentlich leicht gefallen, in die Geschichte hineinzukommen. Die beiden Autorinnen haben einen sehr einfachen, leicht verständlichen Stil und überfallen den Leser auch nicht mit überzogenen, für die Handlung völlig unwichtigen Details. Stattdessen stellen sie die beiden verschiedenen Handlungsstränge sofort in den Mittelpunkt und beginnen direkt mitten im Geschehen. Keine lange Einleitung ist hierfür nötig, schließlich benutzen Schwekendiek und Ippensen im Laufe des Buches immer wieder die Gelegenheit, um genauere (für die Handlung relevante) Rückblicke einzuwerfen, die jede Unstimmigkeit im Keim ersticken. So erfährt man nach und nach mehr über die Entwicklung auf dem rätselhaften Wasserplaneten, blickt Schritt für Schritt hinter das Mysterium um die stellaren Impulse und kann auch den Gedankengängen der sehr gut dargestellten Hauptfiguren stets sehr leicht folgen.

Wegen all dieser Gründe werden jetzt sicherlich viele mit Parallelen zur wohl berühmtesten Weltraumserie „Perry Rhodan“ kommen, aber diese sind auch gerne willkommen, schließlich handelt es sich auch hier um eine nicht zu komplexe, auf die einzelnen Veröffentlichungen aufbauende Space-Opera, bei der ich bereits nach diesem ersten Buch das sehr gute Gefühl habe, dass mir „Titan“ noch ziemlich lange Freude bereiten wird. Der Einsteig mit „Spur ins Parakon“ hat definitiv sehr gut gemundet, und die Spannung ist mit dem Ende des Buches noch einmal richtig angewachsen. Die besten Voraussetzungen also für eine starke Fortsetzung und für mein weiteres Interesse an dieser vielversprechenden, wenn auch nicht unbedingt superspektakulären Reihe. Daher wage ich zum Ende dieser Rezension auch das Fazit, dass jeder, der auf „Perry Rhodan“ steht, „Titan“ ebenfalls mögen wird. Auf ins Parakon!

http://www.blitz-verlag.de/

Henkel-Waidhofer, Johanna / Marx, André / Fischer, Katharina / Hitchcock, Alfred (Hg.) – Die drei ??? – Schrecken der Nacht (3er Sammelband)

Eine Serie begleitet und fasziniert heutige Thirtysomethings schon seit ihrer Kindheit. Die Rede ist vom Klassiker „Drei Fragezeichen“ oder auch „Die drei Detektive“ genannt. Letzteres kommt dabei näher an den amerikanischen Originaltitel „The Three Investigators“ heran. Hierzulande haben sich die drei verschiedenfarbigen Fragezeichen (weiß, rot, blau) auf schwarzem Cover längst als Aushängeschild und weithin bekanntes Markenzeichen der Serie etabliert. Eine weitere Vorstellung erübrigt sich eigentlich, denn DDF kennt wirklich fast jedes Kind – und wer nicht, sei auf den Abschnitt „Zur Serie“ verwiesen, den Fans sicherlich überlesen können, da ihnen dort nicht viel Neues präsentiert wird.

_Zur Serie_

„Die drei Fragezeichen“, das sind kalifornischen Jugendliche aus dem fiktiven Kaff Rocky Beach – irgendwo zwischen L.A. und Santa Monica gelegen. DDF, das ist vor allem das übergewichtige Superhirn und Besserwisser Justus Jonas, der irgendwann mal mit seinen Kumpels Peter „Schissbüx“ Shaw und Bob „Brillenschlange“ Andrews eine kleine Privat-Detektei eröffnet hat. Erwachsene, die darüber milde lächeln und die Ernsthaftigkeit der Jungs anzweifeln, werden stets eines Besseren belehrt. Wenn man eins nicht machen darf, dann ist es, den kriminalistischen Spürsinn des Trios sowie ihre Hartnäckigkeit, mysteriöse Fälle lösen zu wollen, zu unterschätzen. Fälle, die Erwachsenen (respektive den Cops) meist zu banal oder grenzwertig erscheinen, sich aber nicht selten zu handfesten Verbrechen entwickeln.

Schon seit Beginn der Reihe 1964 hat eine ganze Fülle verschiedenster Autoren Geschichten über das umtriebige und clevere Jung-Detektiv-Büro aus Rocky Beach unter verfasst. William Arden, M.V. Carey, um nur einige der ersten Stunde zu nennen, die neben Erfinder Robert Arthur fleißig in die Schreibmaschinen-Tastatur griffen. Heute sind es nur noch deutsche Schreiber, welche die Fackel der drei Satzzeichen weiter hochhalten – da hierzulande (im Gegensatz zu den USA) die Erfolgswelle nie abebbte. Im Gegenteil.

Oft wird immer noch fälschlicherweise Alfred Hitchcock als Autor angesehen, dabei stammt die Idee für die Charaktere von Robert Arthur. Dieser jedoch gewann (gegen Zahlung vermutlich saftiger Lizenzgebühren) den Kult-Regisseur als marketingstarke Galleonsfigur. Seither hat sich Hitchcock in den Köpfen festgesetzt. Das wird sich ab 2005 wohl langsam aber stetig ändern, da die Hitchcock-Lizenz dieses Jahr auslief – auf den Büchern neueren Datums bemerkt man dies bereits durch Weglassung seines Namenszugs und Konterfeis.

Die allesamt in sich abgeschlossenen Abenteuer der drei Schnüffelnasen sind bei der (vornehmlich) jugendlichen Zielgruppe geschlechterübergreifend beliebt – Der Versuch einer Schubladisierung in Jungen- oder Mädchen-Literatur greift hier ins Leere. Da die Serie schon so alt ist, sind schon verschiedenste Versionen der Bücher am Markt veröffentlicht worden. Die Illustrationen der deutschen Covers waren früher fest in der Hand von Aiga Rasch – hier ist es eine Collage dreier Rasch-Titelbilder. Ihren Stil führt seit einigen Jahren Silvia Christoph nun ähnlich weiter und gibt der Serie damit ihr unverkennbares Gesicht.

_Zum Buch_

Der vorliegende Sammelband zum Anlass des 25-jährigen Jubiläums der Serie enthält drei in sich abgeschlossene Geschichten. Sie bauen weder aufeinander auf, noch haben sie spezielle Querverbindungen zueinander. Wobei „Das Geheimnis der Särge“ hier ein wenig aus der Reihe tanzt, ja sogar deswegen ein wenig deplatziert wirkt, eben WEIL es ausgerechnet hier ausnahmsweise (wenn auch losen) Bezug zu anderen Fällen gibt. Streng genommen ist es nämlich der vorletzte „Teil“ einer vier Geschichten dauernden Reise der drei Fragezeichen nach good ol‘ Europe – Dieser Trip beginnt mit „Diamantenschmuggel“ geht über „Die Schattenmänner“, „Das Geheimnis der Särge“ und endet mit schließlich „Der Schatz im Bergsee“. Schauen wir uns einfach mal genauer an, was unter der Überschrift „Schrecken der Nacht“ an Einzeltiteln so alles aufgefahren wurde.

_Die Storys_

|“Das Geheimnis der Särge“|
Erzählt von Johanna Henkel-Waidhofer
Erstveröffentlichung 1996

Im Rahmen ihres Europa-Trips sind Justus, Peter und Bob mittlerweile in Deutschland angelangt. Die berühmten Höhlen der Schwäbischen Alb stehen auf ihrer Agenda, nachdem sie grade noch in Italien ein paar Dunkelmännern ans Bein pinkelten. Dort lernten sie auch ihrer jetzige Gastgeberin Alex kennen, deren Einladung sie folgten. Natürlich schlittern die drei Naseweise auch in Tschörmany wieder in ein Abenteuer und treffen auf schräge Typen. Diesmal sind es schrullige Bewohner eben jenes Landstrichs, die auch noch mächtig Dreck am Wanderstab zu haben scheinen – zumindest einige von ihnen. Dabei schrecken weder Sprachbarriere noch ach so dunkle Höhlen die Junior-Schnüffler, das Geheimnis der Särge aufzuklären. Natürlich zeigen sich die lokalen Sheriffs als wahre Vertreter der Gattung „Landeier“ und somit als wenig hilfreich, sodass mal wieder alle Aufklärungsarbeit fest in amerikanischer Hand ist.

|Kurzkritik|
Ein so naher Bezug zu anderen Fällen innerhalb der Serie ist eher die Ausnahme. Warum die Bertelsmänner ausgerechnet hier eine Story aus ihrem Kontext gerissen haben, kann nicht rational erklärt werden. Ein 4er-Sammelband mit den weiter oben aufgeführten Titeln wäre wesentlich sinniger gewesen. Nicht, dass man elementare Informationen verpasst, „Das Geheimnis der Särge“ ist wie alle anderen Fälle des Trios eigenständig. Trotzdem fehlen dem Leser ein paar kleinere Details, wenngleich am Rande einiges erklärt wird. Schade auch, dass ausgerechnet die „Deutschland-Folge“ ohnedies schwächelt und sich teilweise in langweiligem BlaBla und schablonenhaft herumtölpelnden Personen verliert. Vor allem gegen Ende wirkt dann alles viel zu konstruiert und zu hastig mit der heißen Nadel zusammengeschustert. Prädikat: „Etwas konfus & unglaubwürdig“.

|“Poltergeist“|
Erzählt von André Marx
Erstveröffentlichung 1997

Bob und Peter nutzen die Flaute der Junior-Detektei, um sich intensiver mit ihren Freundinnen zu beschäftigen. Justus hält sie ja während laufender Ermittlungen gern von den Mädels fern. Doch kein Fall ist in Sicht. Aber ein Hoffnungsschimmer: Als Bob und Elisabeth eine Vernissage besuchen wollen, wird diese unter fadenscheinigen Gründen abgesagt. Das Gemälde eines berühmten Künstlers wurde gestohlen, so viel ist zu ermitteln. Leider jagt sie die ruppige Urlaubsvertretung Inspector Cottas dorthin, wo der Pfeffer wächst. Mitarbeit unerwünscht. Nix zu machen. Peters Freundin Kelly hat auch was. Eigentlich gar kein richtiger Fall, denn er beschränkt sich auf die Suche nach einem Medaillion, welches ihre höchst schrullige Tante verschludert hat. Ein zähes und vor allem nerviges Unterfangen, doch dann bekommen die drei Fragezeichen das Angebot, einen angeblichen Poltergeist zu stellen. Erst gar keinen Fall, jetzt gleich zwei bzw. deren drei – oder gehört alles irgendwie doch zusammen?

|Kurzkritik|
André Marx besinnt sich hier auf alte Tugenden sowie alte Figuren der Serie. Er lässt in diesem Fall einen Erzgegner der Fragezeichen wiederauferstehen. Wer das ist, soll aus Gründen des Spannungserhalts hier und jetzt dezent unter den Grabstein der Verschwiegenheit gekehrt werden. Mysteriös angehauchte Storys haben die Serie groß gemacht, daher hat allein die Poltergeist-Thematik schon mal gute Karten für eine ansprechende Geschichte. Selbst Justus beginnt an Spuk zu glauben und erschüttert damit den Leser bis ins Mark. Damit alles nicht doch zu einfach und noch spannender wird, bastelt André Marx eine vertrackte 3-in-1-Konstellation zusammen, die am Ende sogar sehr schön aufgeht. Mit dem unerwarteten Ausgang hätte wohl kaum einer so gerechnet. Elisabeth, Kelly, Lys und nicht zuletzt Inspector Cotta sorgen in den kleineren Statistenrollen für das wohldosierte comic relief sowie ein Maß an Kontinuität, was das (private) ???-Umfeld angeht.

|“Wolfsgesicht“|
Erzählt von Katharina Fischer
Erstveröffentlichung 1999

Irgendwer hat etwas gegen Inspector Cotta, so scheint es. Ein seltsames Schreiben erreicht den Polizeichef von Rocky Beach. In diesem wird er verhöhnt und gleichzeitig wird verklausuliert ein Überfall angekündigt. Unterschrift: Wolfsgesicht. Der Überfall findet dann doch nicht statt. Das heißt, er tut es doch – aber nicht so, wie sich das die Cops und die zu Rate gezogene Polizeipsychologin so gedacht haben. Mittendrin Justus. Diesmal zufällig und nichts ahnend, bis ihn zwei Beamte für den mysteriösen Briefeschreiber halten und ihn höchst unsanft festnehmen. Als das Missverständnis aufgeklärt ist, schlägt Wolfsgesicht an unerwarteter Stelle zu und klaut absonderliche Sachen. Schon bald wird klar, dass dies nur der Auftakt zu einer Serie von Ereignissen ist, die eines auf das andere aufbauen. Dreimal will der Unhold laut eigener Angaben zuschlagen. Hat der Besuch des amerikanischen Präsidenten in Rocky Beach damit etwas zu tun? Die Spuren sind verwirrend, doch das facht bekanntlich die Neugier des Trios erst recht an.

|Kurzkritik|
Katharina Fischer spielt hier ein wenig mit dem alten Wer-erschoss-Kennedy-Mythos, einer Menge geschickt eingesetzter psychologischer Tricks und Stilelementen, die bei den drei Satzzeichen immer gern gesehen sind: Rätselsprüche, undurchsichtige Verdächtige, angeblich wasserdichte Alibis und persönlicher, individueller Einsatz aller drei Jungs. Jeder auf seinem Spezialgebiet, wie es die traditionelle Rollenverteilung der Serie vorsieht. Nur moderner, die drei Fragezeichen sind mit Computer und Handy endgültig in der Jetztzeit angekommen. Peter darf mal wieder mit Dietrichen hantieren, ausnahmsweise ist es Bob – und nicht Peter mit seinem MG – diesmal, der mit seinem Foffi eine Verfolgung aufnehmen muss. Justus (wer sonst) darf kombinieren und klugscheißen und nebenher noch den heiligen Zorn der Polizeipsychologin auf sich ziehen. Bis am überraschenden Ende das intelligent inszenierte Verwirrspiel aufgelöst wird, hat man die Seiten im Schnelldurchgang bewältigt. Ohne Durchhänger.

_Fazit_

Bertelsmann hat sich und den Lesern mit „Geheimnis der Särge“ in diesem Band keinen Gefallen getan. Zumindest beweist die Wahl, dass der Verantwortliche keinen Schimmer von der Kult-Serie hat. Wer sich von dieser schwachen ersten Story aber nicht abschrecken lässt und tapfer weiterliest, wird mit kontinuierlich steigendem Niveau belohnt. „Poltergeist“ ist eine sehr solide und typische ???-Geschichte, die mit Mystery zu gefallen weiß. „Wolfsgesicht“ ist in dieser Jubiläumsausgabe sicher der beste, weil am intelligentesten aufgezogene Fall. Bleibt unterm Strich ein akzeptabler Gegenwert. Für 9,95 € bekommt man drei Geschichten für etwas mehr als das, was sonst ein Einzelband kostet.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_
„Die drei ??? – Schrecken der Nacht“
basierend auf den Charakteren von Robert Arthur
Random House, New York
Frankh-Kosmos, Stuttgart / Bertelsmann Gruppe
Erstauflage 03/2004
Seiten: 366 Hardcover

Wei Hui – Marrying Buddha

Wei Hui ist wohl Chinas bekannteste Schriftstellerin. Die 31 Jahre alte Chinesin hat mir ihrem Debüt „Shanghai Baby“ (in Deutschland 2001 veröffentlicht) für einen handfesten Skandal gesorgt. In ihrer chinesischen Heimat fiel der Roman bei der Zensur durch, da er pornografisch und dekadent sei. Das Verbot im eigenen Land ließ Leser in anderen (westlichen) Ländern aufhorchen, „Shanghai Baby“ avancierte zu einem weltweiten Bestseller, in China bleibt das Buch jedoch verboten.

Nun erschien der zweite Roman der Chinesin, es ist eine Fortsetzung zu „Shanghai Baby.“ Wieder ist Coco die Protagonistin und Ich-Erzählerin, die den Leser in sympathischer Weiser an ihrem für chinesische Verhältnisse skandalösen Liebesleben teilhaben lässt. Stärker noch als bei „Shanghai Baby“ hat man diesmal das Gefühl, dass die Distanz zwischen Coco und Wei Hui eine nur sehr geringe ist. Coco hat wie ihre Erschafferin einen in China verbotenen Roman namens „Shanghai Baby“ geschrieben und ist nach New York gezogen. Dort verliebt sie sich in den Japaner Muju, eine tiefe Beziehung entwickelt sich und die alles andere als traditionsbewusste Coco denkt über Heirat, Familie und ihre Wurzeln nach. Schon komisch, dass dies gerade in New York passiert, aber wie der Leser erfährt, scheinen New York und Shanghai kulturell gar nicht so weit voneinader entfernt zu sein. Ein interessanter Punkt an diesem Roman ist der zuweilen faszinierende Vergleich zwischen beiden Metropolen. Dabei zeichnet die Autorin wie schon in ihrem Debüt das Bild eines Shanghais, das immer kapitalistischer und hedonistischer wird und wo der Widerstand der alten Tradition schwindet. So schreibt sie von New Yorks Chinatown: |“Die Chinatowns in Übersee sind wie alte Güterzüge, die langsam mit ihrer Fracht aus alten chinesischen Traditionen und Erinnerungen dahinrattern. Im Gegensatz dazu ist China ein Hochgeschwindigkeitszug, der mit seiner sich entwickelnden Marktwirtschaft in atemberaubender Geschwindigkeit vorwärtsrast.“|

Zentrales Thema ist jedoch nicht die Kultur zweier Städte im Vergleich, sondern die Liebe und alles, was dazugehört. So glücklich Coco mit ihrem Muju in New York auch ist, spannend ist das natürlich noch nicht. „Marying Buddha“ ist aus der Retrospektive geschrieben. Obwohl der überwiegende Teil in New York spielt, ist die Protagonistin schon längst aus New York zurückgekehrt und die Beziehung zu Muju scheinbar vorbei. Coco zieht es nach Putuo, einer kleinen Insel mit buddhistischen Tempeln. Auf dieser Insel wurde sie geboren und dort sucht sie Ruhe, lässt ein Jahr New York Revue passieren. Schritt für Schritt entblättert sie die Liebesgeschichte zwischen Muju und sich mit allen erotischen Details, bis sie bei einer Lesereise die Beziehung zerbröckeln lässt. In Spanien trifft sie auf Nick, einer New Yorker Zufallsbekanntschaft, der sie kaum zu widerstehen vermag. In Argentinien besucht Muju sie bei ihrer Lesereise. Angesichts der hoffnungslosen Situation in Argentinien und der mit aufkeimenden Problem konfrontierten Beziehung dürfte die Ortswahl der Autorin alles andere als ein Zufall gewesen sein. Nach der Lesereise kehrt Coco allein nach Shanghai zurück. Als sie schwanger wird, weiß sie schließlich nicht. von wem.

„Marrying Buddha“ ist ein flottes Buch und verfolgt den so erfolgreichen Stil von „Shanghai Baby“ weiter. Jedem Kapitel hat die Autorin Zitate vorangestellt; dass sich da Zitate aus buddhistischen Lehrbüchern mit Zitaten aus „Sex and the City“ abwechseln, ist bezeichnend. Der Roman schwebt anders als das Debüt zwischen dem bunten und aufregenden Leben pulsierender Metropolen und der Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln, thematisch gibt es also einen Unterschied zwischen beiden Büchern. Genau dieser Unterschied in Kombination mit Huis VIP-Status dürfte auch dazu geführt haben, dass man zumindest diesen Roman in China frei kaufen kann. Zum Thema Verbot äußert sich die Protagonistin, die ja dasselbe Schicksal wie Wei Hui erträgt, ausgiebig im dreizehnten Kapitel. Hier sind die autobiografischen Züge des Romans natürlich auch am deutlichsten. In New York hat Coco ein Stipendium der Ostasienabteilung der Columbia University angenommen. Als zu einer Veranstaltung alte chinesische Autoren anreisen, wird deutlich, was Wei Hui und ihre vom Staat gestützten Kollegen trennt: Alter und Geschlecht. Etwas verletzt und ein bisschen feministisch klingt sie, wenn sie schreibt: |“Nicht ein einziger machte Anstalten, sich freundlich mit mir zu unterhalten. Mein Englisch, die mehreren hundert Dollar, die ich in Form von Kleidung an mir trug, ja selbst die Pickel in meinem Gesicht, all das war unverzeihlich für sie. Nichtsdestotrotz hatten sie mir im Geiste vermutlich schon mehrmals die Kleider vom Leib gerissen.“ |

Stellen wie diese sind die bestechendsten an dem Roman, ebenso wie die interessanten Vergleiche zwischen Amerika und China. Leider ist die Liebesgeschichte nicht ganz so faszinierend; zwar bieten sich immer mal wieder interessante Gedanken zum Thema Nummer eins, doch wirklich mitreißend ist der „Roman über Lust und Leidenschaft“ dann doch nicht, unterhaltsam aber allemal.

Stewart, Paul / Riddell, Chris – Helden von Muddelerde, Die

Als ich den Titel zum ersten Mal sah, dachte ich, dass es sich bei „Die Helden von Muddelerde“ um eine Kindererzählung mit starken Parallelen zu „Herr der Ringe“ handeln würde. Der Name der Welt und Charaktere wie der verrückte Zauberer Randalf legen ebenfalls nahe, dass Paul Stewart und Chris Riddell die berühmte Vorlage von Tolkien bemüht und für ihr farbenfrohes Märchen genutzt haben. Am Ende lösen sich diese Vergleiche allerdings in Luft auf, sieht man mal davon ab, dass sich hier auch einige Gefährten auf den Weg machen, um ihre Heimat zu retten – nur eben, dass die beiden Autoren das Ganze etwas durchgeknallter gestaltet haben.

_Story_

Muddelerde ist in Gefahr und braucht dringend einen Helden – ansonsten wird der grauenhafte Dr. Knuddel sehr bald die Herrschaft an sich reißen. Der ziemlich zerstreute Magier Randalf der Weise sieht sich deswegen in der Pflicht und zaubert einen Helden dabei. So findet sich der ganz normale Schuljunge Joe Jefferson urplötzlich in einer fremden Welt statt in seiner Schuklasse wieder – und seinen Hund Henri hat er auch direkt mitgebracht.

Das Team von der Erde hat jedoch nicht lange Zeit, sich großartig auf die neue Umgebung umzustellen, denn auch wenn Randalf von seinem seltsamen Helden nicht gerade begeistert ist, verlangt er von ihm, dass er als Heldenkrieger „Joe, der Barbar“ das große Zauberbuch beschafft und Dr. Knuddel und seine Besteckarmee von ihren schrecklichen Plänen abhält.

Gemeinsam mit dem Zauberer, dem trotteligen Oger Norbert, dem vorlauten Wellensittich Veronika und seinem Gefährten Henri macht sich Joe schließlich auf den Weg, um die für ihn völlig fremde Welt vor ihrem dunklen Schicksal zu retten …

_Meine Meinung_

Nachdem mir bereits die erste Folge der [„Klippenland-Chroniken“ 1936 von Paul Stewart und Chris Riddell sehr gut gefallen hatte, konnte mich nun auch die Geschichte aus Muddelerde von Anfang bis Ende begeistern. Wiederum hat Stewart eine wunderschöne und sehr humorvolle Geschichte inszeniert, der Riddell auf dem Cover und im gleichnamigen Buch mit verschiedenen bunten Illustrationen noch den letzten Feinschliff verpasst.

Erneut hat das Team sehr vielseitige Charaktere kreiert, die sich in ihren Eigenschaften kaum größer unterscheiden könnten, sich aber gerade deshalb auch so gut ergänzen. So sind coole Dialoge, witzige Kommentare und vor allem auch jede Menge Action garantiert. Doch bei „Die Helden von Muddelerde“ ist es auch die Landschaft, die uns des Öfteren zum Schmunzeln verleitet. So stoßen unsere Helden zum Beispiel auf ihrem Weg nach Koboldingen auf den verzauberten See, der allerings über der Erde schwebt. Desweiteren führt sie ihr Weg durch das Müffelgebirge, das seinen Namen aus eben jenem Grund, den manche hier vermuten werden, trägt. Es sind genau solch simple Wortwitze, die diese Erzählung auszeichnen und den besonderen und kinderfreundlichen Humor von Stewart ausmachen – und so auch aus „Die Helden von Muddelerde“ ein weiteres Muss für Freunde des modernen (Fantasy-)Märchens werden lassen.

Das Hörbuch zu „Die Helden von Muddelerde“, das wiederum vom einmaligen Volker Niederfahrenhorst erzählt wird, hat bei einer Spielzeit von 318 Minuten sogar genügend Freiraum, um die drei Kapitel des Buches detailreich und lückenlos wiederzugeben, und wiederum gelingt es dem Erzähler dabei, der Handlung seinen eigenen Stempel aufzudrücken und sie letztendlich komplett zum Leben zu erwecken. So hat man reichlich seinen Spaß, wenn Niederfahrenhorst dem ziemlich dummen Oger Norbert seine Stimme leiht, im nächsten Moment die schrille Stimme des Wellensittichs erklingen lässt und dann wiederum so weise klingt, wie die Rolle des Zauberers Randalf es erfordert. Und selbst die Kinderstimme von Joe bekommt er prima hin, und das war wohl mitunter eine der schwersten Aufgaben.

Ein irrwitziges Abenteuer – der Text auf dem Backcover verspricht nicht zu viel. Wie bereits gewohnt, beschert das Team Stewart & Riddell seinem Zielpublikum eine eigenartige, außergewöhnliche, aber dennoch sehr spannende und dringend lesens- bzw. in diesem Fall hörenswerte Geschichte, die in der gesamten Spielzeit nie langweilig wird und uns selbst nach mehr als fünf Stunden noch zum Lachen bringt. Wollen wir hoffen, dass die Fabelwesen aus Muddelerde und die Helden aus dieser Geschichte irgendwann wieder einen gemeinsamen Auftritt haben werden, denn das hier Gehörte schreit nach mehr. Eine sehr empfehlenswerte Angelegenheit, und das für alle Altersklassen!

_Details_

Erzähler: Volker Niederfahrenhorst
Musik: Barbara Buchholz
Ton: Ansgar Machalicky und Georg Niehusmann, Sonic Yard Studio, Düsseldorf
Bearbeitung und Regie: Dirk Kauffels
Illustrationen: Chris Riddell
http://www.patmos.de/

Miller, Frank – Sin City 3: Das große Sterben

|Shelley versucht, cool zu bleiben. Draußen steht ihr Ex-Freund Jack. Er ist betrunken und hämmert gegen die Tür. Hoffentlich verschwindet er wieder. Reinlassen kann sie ihn nicht. Schließlich ist ihr neuer Lover Dwight hier, das gäbe eine Katastrophe. Man ahnt: Mit „Das große Sterben“ erwartet uns eine rasante Achterbahnfahrt durch die Abgründe von Sin City. Frank Millers dunkler Traum geht weiter.|

Shelley stehen Schweißperlen auf der Stirn. Die Barfrau weiß nicht so recht, was sie tun soll. Sich auf Jack einzulassen, war ein Fehler. Plötzlich steht er in ihrer Küche, begleitet von vier Kumpanen, die den Kühlschrank durchstöbern. Die Situation wird brenzlig. Jack fackelt normalerweise nicht lange, wenn er etwas will. Als Jackie-Boy zum Pinkeln geht, reißt Dwight der Geduldsfaden. Shelleys neuer Lover ist ein durchtrainierter Detektiv und nimmt die Dinge gerne selbst in die Hand.

Kaum hat Jack seine Hose geöffnet, packt Dwight den Macho, bedroht ihn mit einem Rasiermesser und macht ihm klar, dass er Shelley in Ruhe lassen soll. Er drückt Jack auf Tauchstation in die Kloschüssel. Bevor der jähzornige Ex untertaucht, stößt er eine Warnung aus: „Du machst einen Fehler, Mann, einen großen Fehler!“ Dwight wird eine ganze Weile brauchen, um dahinter zu kommen, was Jack gemeint hat. Da ist es allerdings bereits zu spät. Die Karre muss erst gründlich gegen die Wand gefahren werden, damit die Geschichte richtig losgeht. Oder gehören das Vorspiel und der harte Aufprall schon dazu?

Die Luxus-Ausgabe von Frank Millers Meisterwerk „Sin City“ ist ihr Geld wert. Hardcover, dickes Papier, guter Druck – da schlägt das Herz des Comicfreundes höher. Lediglich am Textlektorat könnte noch gefeilt werden, denn hin und wieder schleichen sich Fehler im Lettering ein. Wie schon in den vorherigen Bänden würzt der Herausgeber |Cross Cult| die Lektüre mit einigen Extras. So finden sich bei der dritten Ausgabe eine Bildergalerie am Anfang und am Ende des Bandes.

Frank Miller peitscht die Handlung voran wie ein irrsinniger Fuhrknecht. Wie Filmstreifen ziehen die schwarzweißen Bilderfolgen am Auge des Lesers vorbei. Vulgär und blutrünstig geht es zur Sache. Millers Visionen einer überzeichneten Großstadt, durchsetzt von übersteigerter Gewalt, machen „Das große Sterben“ zu einem wahrhaften Adrenalinschub. Da ist es zu verzeihen, dass die Charaktere manchmal etwas zweidimensional und stereotyp wirken. Noch hat die Freiwillige Selbstkontrolle die deutsche Comicindustrie nicht in hohem Maße erfasst. Wenn es einmal so weit kommt, müsste der Verlag für das Cover von Sin City ein Etikett entwerfen. For adults only oder Explicit comic kämen in Frage.

http://www.cross-cult.de/

Denning, Troy – Ruf, Der (Die Rückkehr der Erzmagier 1)

Mit „Die Rückkehr der Erzmagier“ hat Troy Denning eine weitere Fantasy-Reihe kreiert, die sich thematisch auf das Rollenspiel „Dungeons & Dragons“, genauer gesagt auf die Kampagnenwelt „Vergessene Reiche“, stützt und daher gerade für erfahrene Spieler interessant sein sollte. Denning hat bis dato schon mehr als 20 Romane unter seinem Namen sowie dem Pseudonym Richard Awlinson geschrieben, darunter den Bestseller „Waterdeep“ und weitere auf Rollenspielen wie „Forgotten Realms“ und „Planescape“ basierende Werke.
Mit „The Summoning“ bzw. „Der Ruf“ legt er nun den Grundstein für eine weitere Trilogie, die in vielen Punkten erstaunlich zahlreiche Ähnlichkeiten mit einem gewissen Tolkien-Klassiker aufweist …

_Story_

Der Grabwächter Galaeron Nihmedu entdeckt eines Tages in einer der zu bewachenden Kammern menschliche Grabräuber – so glaubt er zumindest. Bei seinem ungeschickten Versuch, die Gräber vor den vermeintlichen Räubern zu retten, wird jedoch ein Schutzzauber gebrochen, der einigen gefährlichen Monstern erlaubt, wieder aus ihrem Verlies auszubrechen. Diese Wesen, die man als Phaerimm kennt, waren über Jahrhunderte in den tiefen Gemächern eingsperrt und werden alsbald zur größten Bedrohung, die Galerons Heimat Immereska je gesehen hat.

Nachdem er sein Misstrauen gegenüber den Menschen abgelegt hat, beschließt der Elf, sich deren Zauberer Melegaunt und seiner Gefährtin Vala anzuschließen, um die Ursache der von Magie ernährten Monster aufzuspüren und die Bedrohung auszurotten. Jedoch rennt der Gruppe die Zeit davon, und die Tatsache, dass einige ihrer elfischen Mitstreiter in einem Gefecht mit den Phaerimm nur schwer angeschlagen befreit werden können, macht die Sache nicht leichter. Dennoch gehen Vala, Melegaunt und Galeron ihren Weg und finden unterwegs immer neue Gefährten, die sich dem gemeinsamen Ziel, die Heimat zu retten, anschließen. Trotz allem ist Galaeron allerdings von Zweifeln geplagt und tritt dem Magier Melegaunt sehr skeptisch gegenüber. Sein Misstrauen bringt die Mannschaft des Öfteren in Schwierigkeiten, aber schlussendlich gelingt es der Gruppe dennoch, die mächtigen Erzfeinde der Phaerimm wieder zum Leben zu erwecken und ihre Chancen auf den zunächst aussichtslos erscheinenden Sieg gegen die magischen Monster zu erhöhen …

Während ich dieses Buch gelesen habe, gab es immer wieder irgendwelche Schwierigkeiten in Bezug auf die Handlung. Anfangs greifen allzu viele verschiedene Charaktere ins Geschehn ein und erschweren den Zugang. Das alles wird noch dadurch begünstigt, dass auch die Beziehung zwischen den einzelnen Völkern und Menschen nie so wirklich klar ist, alle Probleme mit bis dato unbekannten Sprüchen gelöst werden und Autor Troy Denning immer wieder von einem Ort zum anderen springt, was zur Folge hat, dass man nie so genau weiß, was denn jetzt genau Sache ist. Genau dieses Manko hat sich leider über die ersten 200 der insgesamt rund 480 Seiten gezogen und mich das Buch das ein oder andere Mal entnervt zur Seite legen lassen.

Schließlich gelingt es dann aber dennoch, sich in der von Denning geschilderten Welt zurechtzufinden, denn ab dem Zeitpunkt, an dem der Riese Aris die Truppe verstärkt, sieht man endlich mal klarer, weil der Autor hier die einzelnen Schauplätze ausführlicher beleuchtet und die Szenensprünge nicht mehr so rasant folgen. Es kann aber nicht verschwiegen werden, dass das hohe Erzähltempo und die manchmal komplexen Situationsbeschreibungen immer wieder zur unnötigen Verwirrung führt, was schließlich zu vermeiden gewesen wäre, hätte man manches Detail genauer dargestellt.

Nun gut, das hindert die Geschichte trotzdem nicht daran, in der zweiten Hälfte des Buches eine wirklich gute Entwicklung durchzumachen, bei der die Spannung von Seite zu Seite steigt. Zwar werden die Magie und die damit verbundenen Zaubersprüche im Verlauf des ganzen Romans relativ unbefriedigend geschildert, weshalb man auch immer wieder zweimal lesen muss, was welcher Zauber nun genau bezweckt, doch ansonsten kann die Geschichte hinsichtlich des Aufbaus und vor allem der Logik richtig schnell wachsen und weiß trotz des irgendwann vorhersehbaren Endes dennoch zu gefallen.

Am besten gelungen ist dem Autor dabei die Figur des stets von Zweifeln geplagten Galaeron, dem Hauptcharakter dieses Buches, ohne den Immereska und die gesamte Welt gar nicht erst in Gefahr geraten wäre. Alleine durch ihn bekommt der Roman die nötigen Wendungen und schließlich auch die Spannung, die sich anfangs bei den vielseitigen Darstellungen von Monstern, Magie, wichtigen Figuren und Ländern und Elfen nicht so richtig einstellen will.

Es liegt mir jetzt fern, „Der Ruf“ als sehr gute Fantasy-Literatur anzupreisen, dafür weist die Geschichte einfach zu viele (teils auch logische) Mängel auf. Aber schlecht ist die Erzählung von Troy Denning dann auch nicht, und wer schließlich bis zum Ende bei der Stange bleibt, wird letztendlich auch belohnt und sicher auch die Fortsetzung „Die Belagerung“ mit Interesse verfolgen.

Heitz, Markus – Rache der Zwerge, Die

|“Es sind hier und da arge Spötteleien über die Zwerge zu vernehmen. Sie seien von geringem Wuchs, widerborstig, bevorzugten eine äußerst verschrobene Art des Frohsinns, tränken nur nachtschwarzes Bier und wüssten Gesänge erst dann zu schätzen, wenn sie aus hundert Kehlen dröhnten. Zudem opferten sie eher ihr Leben, als dem Feinde zu weichen. Wahrlich, ich sage Euch: Wer einmal wie ich zu Gast in ihren majestätischen Hallen weilen durfte, der vermag zu sagen: Es stimmt alles.

Lachen wir also nicht über sie, als seien sie putzige Kinder mit langen Bärten, sondern preisen wir ihre vortreffliche Art, die uns vor dem Untergang bewahrt hat. Und das mehr als einmal.“|

(Auszüge aus dem zehnbändigen Werk „Mein Leben und meine einzigartigen Heldentaten. Erinnerungen des Unglaublichen Rodario“ und aus „Die Rache der Zwerge“)

Aller guten Dinge sind drei, sagt zumindest der Volksmund. Im Falle von Markus Heitz‘ drittem Band der Zwergen-Saga, „Die Rache der Zwerge“, trifft er damit voll ins Schwarze. Nach den Erfolgsromanen „Die Zwerge“ und „Der Krieg der Zwerge“ schwingen die kurzbeinigen bärtigen Gesellen wieder einmal ihre Äxte, um das Geborgene Land vor dem Bösen zu verteidigen. Leider ist „Die Rache der Zwerge“ wohl das vorerst letzte Abenteuer von Tungdil und seinen Freunden, wie Markus Heitz in seinem Vorwort deutlich durchklingen lässt.

_Handlung_

Das Geborgene Land wird erneut bedroht. Die Duplikate des magischen Diamanten werden von merkwürdigen Mischwesen aus Ork/Albae/Maschinen geraubt. Mit jedem Duplikat, das verschwindet, ist die Chance größer, dass der Feind das Original, Quell von fast unglaublicher magischer Kraft, erbeutet. Da ist natürlich Eile geboten. Außerdem werden die Zwerge noch von einer ganz speziellen Gefahr bedroht. Monströse Maschinen machen die Stollen der Bergfesten unsicher und haben schon einige Zwergenleben gefordert.

Und so beschließt Großkönig Gandogar, den größten Held des Geborgenen Landes zu reaktivieren: Tungdil Goldhand. Doch die Bestürzung ist groß, als der Träger der Feuerklinge in schrecklicher Verfassung erscheint. Er ist wegen einer Familientragödie dem Alkohol verfallen. Das bemerkt auch schnell sein alter Kumpane Boindil.

Trotzdem werden die beiden mit einer Auswahl der besten Krieger ins Jenseitige Land geschickt, um den Ereignissen auf den Grund zu gehen, schließlich gibt es solche Geschöpfe des Bösen seit der Reinigung durch die Avatare nur noch dort. Doch die Untersuchung bleibt relativ erfolglos, das Einzige, was man findet, ist ein merkwürdiger bartloser(!) Zwerg; da ihm allerdings die Flucht geling, kehrt man mit leeren Händen wieder heim. Zu ihrem Erstaunen bemerken sie bei ihrem Eintreffen beim Großkönig, dass eine Abordnung der Elben bei den Zwergen wartet, die die Lebensweise dieses Volkes erforschen soll.

Da Ingrimmsch, wie immer, nicht die Klappe halten kann, wird er gleich als Abgesandter in das Elbenreich Alandur geschickt, um den guten Willen der Zwerge zu demonstrieren. Doch alleine hat dieser gar keine Lust und schnappt sich den im Saufkoma liegenden Tungdil, packt ihn auf ein Pony und nimmt ihn einfach mit, um unterwegs an ihm einen zwergischen Schnellentzug zu praktizieren. Bei den Elben angekommen, merken die beiden schnell, dass irgendetwas nicht stimmt, und machen eine sehr merkwürdige Entdeckung.

An einem anderen Ort im Geborgenen Land ist der Unglaubliche Rodario, seines Zeichens der „Kaiser der Schauspieler“, mit seinem Curiosum unterwegs, um nach seinem verschwundenen Freund Furgas zu suchen. Der Magister-Technikus ist nach dem Tode seiner Familie spurlos verschwunden. Doch zuerst findet er die liebliche Tassia, die ihn nicht nur um den Finger wickelt, sondern Furgas auch gesehen haben will. Als Rodario dann seine Suche nach Furgas intensiviert, bekommt er eines Nachts Besuch und wird unter Anwendung von Gewalt aufgefordert, die Suche sofort zu beenden. Doch der Unglaubliche Rodario wäre nicht so unglaublich, wenn er sich von so etwas ins Bockshorn jagen lassen würde …

_Mein Eindruck_

Markus Heitz hat es mal wieder geschafft, einen Fantasy-Roman vorzulegen, den man am liebsten in einem Zug durchlesen würde. Dabei gelingt es ihm vortrefflich, keine Langeweile entstehen zu lassen, was bei über 600 Seiten Buchstärke durchaus erwähnenswert ist. Doch ist es nicht nur ein Wiedersehen mit Charakteren, die man aus den Vorgänger-Romanen lieb gewonnen hat, zumal ja die Mortalität der Figuren relativ hoch war.

So sind jetzt eigentlich nur noch Tungdil, Boindil und Rodario übrig, die im ersten Teil das Geborgene Land gerettet haben. Doch auch diese sind nicht mehr die Gleichen, die sie einmal waren. Tungdil ist von Kummer zerfressen, bei Boindil ist das zu heiße Blut nach dem Tode seines Zwillingsbruders merklich abgekühlt und Rodario hat in Tassia endlich eine ihm ebenbürtige Gefährtin gefunden.

So schafft Heitz es, dass die bekannten Protagonisten wieder für den Leser interessant und nicht so leicht zu durchschauen sind. Oder hätte sich jemand Boindil in Liebe entflammt (ich meine damit keine Schlacht!) vorstellen können?! Leider spielt Tassia im Verlauf der Geschichte nur noch eine Nebenrolle, dabei hat die Figur deutliches Heldenpotenzial. Na ja, irgendwas Negatives muss ich zu diesem Roman auch mal anmerken dürfen …

Auch ist wiederum alles etwas größer geraten als in „Der Krieg der Zwerge“. Die Monster sind schrecklicher, aber vor allem ist die Kombination aus Magie und Technik neu und um einiges gefährlicher als die pure Magie in den Vorgängern. So ist auch der Verschleiß an zumeist menschlichen Truppen enorm. Wenn Heitz nicht das vorläufige Ende der Serie angesagt hätte, könnte man denken, spätestens nach Band fünf wäre das Geborgene Land komplett entvölkert. Das möchte ich ausdrücklich nicht als Kritik verstanden wissen, sondern soll verdeutlichen, wie spektakulär die Romankulisse ist.

Durch diesen Einsatz der neuen Elemente wie die Technik in Kombination mit der Magie und durch die Einführung neuer Rassen aus dem Jenseitigen Land wird eine Faszination für das Neue aufgebaut und somit der Spannungsbogen hoch gehalten. Dadurch umgeht Heitz geschickt die Gefahr, dass die Zwergen-Reihe zu einer Aneinanderreihung von Schlachten mit Orks verkommt, zumal diese keine erwähnenswerte Rolle in „Die Rache der Zwerge“ einnehmen. Auch wird auch diesmal nicht mit Kabale gegeizt, denn es sind einige ziemlich überraschende und entsprechend interessante Wendungen in der Handlung vorhanden.

_Fazit_

„Die Rache der Zwerge“ ist erneut ein rasantes Fantasy-Spektakel der kurzweiligen Art und steht den Vorgängern in nichts nach. Es macht einfach einen riesigen Spaß, den Zwergen auf ihrem Weg beizustehen. Wenn man dem Vorwort Glauben schenkt, war das zwar vorerst der letzte Teil, auch wenn das Ende (das ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten werde) geradezu nach einer Fortsetzung schreit. Doch das könnte schwierig werden, denn die Entfaltungsmöglichkeiten im Geborgenen Land scheinen etwas erschöpft und das Jenseitige Land etwas arg phantastisch. Allerdings habe ich Ersteres auch nach „Der Krieg der Zwerge“ gedacht und bin darin (zum Glück) eindrucksvoll widerlegt worden.

_Der Autor_

Markus Heitz, geboren 1971, arbeitete als Journalist bei der Saarbrücker Zeitung, ehe sein erster Roman [„Schatten über Ulldart“ 381 mit dem deutschen Phantastik-Preis ausgezeichnet wurde. Dem folgten nicht nur einige Fortsetzungen der „Ulldart – Die dunkle Zeit“-Reihe und einige SHADOWRUN-Romane, sondern auch die Bestseller „Die Zwerge“ und „Der Krieg der Zwerge“ sowie inzwischen auch „Die Rache der Zwerge“. Damit ist er zu einem der erfolgreichsten Fantasy-Autoren Deutschlands geworden.

|Bitte beachtet auch mein [Interview]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56 mit dem Autor anlässlich des Erscheinens des vorliegenden Abschlussbandes der Trilogie.|

Viktor Arnar Ingólfsson – Das Rätsel von Flatey

Das geschieht:

Flatey ist eine kleine Insel an der Nordwestküste Islands. Im Jahre 1960 leben hier 40 Menschen, die als Fischer, Vogelfänger und Seehundjäger ihr bescheidenes Auskommen haben. Jeder kennt jeden, Geheimnisse gibt es scheinbar nicht. Doch eines Junitages wird auf dem unbesiedelten Inselchen Ketilsey die fast vollständig skelettierte Leiche des dänischen Historikers Gaston Lund entdeckt. Er hatte Flatey besucht, um dort das in skandinavischen Forscherkreisen berühmte Rätsel des Flateyjarbóks zu lösen. Dies stammt aus dem 14. Jahrhundert und sammelt isländische Sagen und Legenden aus noch älterer Zeit. Das Rätsel ist jünger; seine Lösung ergibt sich aus dem Inhalt des Flateyjarbóks. Noch jeder ist daran gescheitert. Lund sah sich auf einer heißen Spur.

Wieso wurde er auf einer einsamen Insel ausgesetzt, wo er verhungerte und erfror? Der für Flatey zuständige Bezirksamtmann schickt seinen Angestellten Kjartan nach Flatey, einen jungen Mann mit dunkler Vergangenheit, die er sorgsam zu verbergen trachtet. Kjartan ist kein Ermittler und folglich unerfahren in seinem Versuch, Lunds letzte Tage auf Flatey zu rekonstruieren. Die Inselbewohner sind freundlich, aber in ihrer entlegenen Welt ticken die Uhren anders. Es ist die Natur, die ihr Leben bestimmt. Wind, Wasser, die Jahreszeiten – das sind Faktoren, die zählen. Kjartan muss sich dem Rhythmus von Flatey erst anpassen. Viktor Arnar Ingólfsson – Das Rätsel von Flatey weiterlesen

Hallervorden, Dieter – Wer immer schmunzelnd sich bemüht …

„Palim, Palim“ – wie oft begrüßte Dieter Hallervorden seine Gäste und Zuschauer mit diesen berühmten Worten? Seit vielen Dekaden begeistert der eigenwillige Komiker mit der einzigartigen Mimik und dem großen Talent für tolpatschige Rollen in Film und Theater das deutsche und internationale Publikum und gedenkt auch anlässlich seines 70. Geburtstages, den Hallervorden am 5. September dieses Jahres feierte, keinesfalls sich zurückzuziehen.

Den Höhepunkt hat ‚Didi‘ zwar schon längst hinter sich gebracht, aber immer noch zieht er die Fäden in einigen TV-Produktionen, ist ein gern gesehener Gast in diversen Comedy- und Sketch-Sendungen und hat quasi als Hobby noch immer sein Berliner Theater „Die Wühlmäuse“, das sich über 45 Jahre lang im Geschäft standhaft gehalten hat.

Hallervorden hat in diesen 70 Jahren eine Menge erlebt, ganz besonders im Hinblick auf seine Karriere als Kabarettist und Schauspieler. Grund genug also, um einen Rückblick auf ein ereignisreiches, aber nicht immer erfolgreiches Leben zu werfen. Eigens hierzu hat Hallervorden eine sehr persönliche und nicht selten selbstkritische Biografie verfasst, in der er die wichtigsten Stationen seiens Lebens Revue passieren lässt und diese beständig mit wunderbaren Anekdoten unterlegt. Der Autor tut dies jedoch nicht ohne seinen gewohnten Wortwitz und dementsprechend ist auch „Wer immer schmunzelnd sich bemüht …“ ein Werk geworden, das zu einhundert Prozent dem entspricht, was man von diesem Menschen erwarten durfte.

Hallervorden beginnt seinen Rückblick mit einer kurzen Erzählung über eine Nachtbar, die er als Fünfzehnjähriger mit seinem schwerreichen Onkel in Westberlin besuchte. Hier entdeckte der zukünftige Star sein Faible für die Bühnen dieser Welt, fiel aber gleich auch mit seinem Ungeschick auf, das er später in vielen Rollen bewusst verkörperte. Anschließend beginnt Hallervorden chronologisch mit der Erzählung seines Lebens, berichtet über das Ende der Kriegszeit, hält eine Lobrede auf seine tapferen und stolzen Eltern und beschreibt, wie er als Querkopf seine Schulzeit erlebte, dennoch aber seinen Abschluss schaffte und so fürs Studium zugelassen wurde.

Während seiner Zeit als Student fühlte sich Hallervorden allerdings nicht sonderlich wohl, vor allem, weil ihm so manche politische Meinung seitens der SED übel genommen wurde. Rechtzeitig erkannte er die Zeichen der Zeit und flüchtete in den Westen – zwei Stunden bevor zwei Hauptmänner mal mit ihm ’spazieren gehen wollten‘.

Doch ein solches Glück war dem jungen Hallervorden in der Folgezeit nicht immer beschieden. Zwar entdeckte er seine Berufung als Schauspieler in Westberlin, konnte sich aber mit seinen ersten Rollen nie durchsetzen – meist eben auch wegen seiner eigenbrödlerischen Art. So leistete er sich in der ersten TV-Produktion einige Seitenhiebe und ließ der Aufforderung, dies zu unterlassen, eine Trotzreaktion folgen, die zur Folge haben sollte, dass der Rundfunk ihn eine ganze Weile boykottierte.

Seine politische Gesinnung stand ihm auch weiterhin immer wieder im Weg. Erst als er sich mit seinen Slapstick- und Comedy-Shows auf regionaler Ebene durchsetzen konnte, wurden die Macher des öffentlichen Fernsehens wieder auf den Herren mit der flotten Schnauze aufmerksam und verhalfen ihm schließlich zum endgültigen und lang ersehnten Durchbruch.

Der Rest der Geschichte ist bekannt. Hallervorden wurde zusammen mit Persönlichkeiten wie Harald Juhnke zur Ikone der deutschen Comedy und erntete für seine zahlreichen Sketche durchgängig Lob. Auch als Film-Schauspieler versuchte sich der in Dessau geborene Hallervorden, konnte in seinen Rollen als ‚Didi‘ aber nicht ganz an den Erfolg seiner Bühnenperformances anknüpfen.

In den letzten Jahren wurde es schließlich etwas stiller um Dieter Hallervorden, auch wenn er weiterhin seiner Rolle als Kabarettist fröhnte. Doch seine Fernsehshows brachten nicht den erwünschten Erfolg. Heute trifft man ihn aber dennoch immer mal wieder in den allabendlichen TV-Shows, in denen er teils alte, teils brandneue Sketche aufführt, in denen er seinen einzigartigen Stil und vor allem seine Mimik nach wie vor bestens zum Einatz bringen kann.

Kürzlich feierte Hallervorden mit einer prunkreichen Gala schließlich in gebührendem Maße Geburtstag und durfte durch die allgemein erbrachte Ehrerbietung zahlreicher Prominenter erneut erfahren, welche einflussreiche Rolle er für die deutsche TV- und Theaterlandschaft hatte und immer noch hat.

In seiner Biografie sucht sich Hallervorden vornehmlich Schlüsselpunkte aus seinem bisherigen Leben heraus, anhand derer er schließlich seine ganz eigene Geschichte erzählt. Einen Schwerpunkt legt er dabei auf seine Laufbahn als politischer Kabarettist, die ihm neben viel Ruhm auch einiges an Ärger einbrachte. Doch auch die Zeiten, in denen er von Erfolg ‚verschont‘ blieb, meistert der Autor und Komödiant in Personalunion an dieser Stelle mit einer Menge Humor und einer gehörigen Portion Sarkasmus – Didi at his best! Natürlich greift Hallervorden hierbei auch immer wieder auf seine freche Berliner Schnauze und den bekannten Umgangston zurück; er verstellt sich also auch bei diesem Projekt nicht. Das macht das Buch schließlich auch zu einem echten Original.

Auf der anderen Seite gibt der Mann auch einige sehr private Einblicke in sein Leben und sein Lebensglück, das er mittlerweile auf einer Insel in der Bretagne gefunden hat. Untermauert wird dies durch viele Fotos und Momentaufnahmen, die Hallervorden in sämtlichen Lebenslagen zeigen sowie einige Plakate seiner ehemaligen Produktionen.

Doch so ungewöhnlich, wie der Mensch war und ist, so ungewöhnlich ist schließlich auch seine Autobiografie. Hallervorden hält sich stilistisch und inhaltlich absolut nicht an irgendwelche Vorgaben und orientiert sich an seinem eigenen durchgängigen Faden. Zwar ist die Erzählung in einen chronologischen Rahmen eingebettet, aber durch die eigensinnige Wortwahl entwickelt das Ganze schließlich ein Eigenleben. Aus diesem Grund wird man auch beim Lesen des Öfteren lachen und schmunzeln müssen, aber ist es nicht auch gerade das, was Hallervorden immer wieder zu erreichen suchte? Hier ist es ihm jedenfalls erneut gelungen – auch wenn er in einem Atemzug auch den Beweis antritt, dass das Leben eines Komikers nicht immer nur lustig sein muss!

Egal, wie man zum Menschen Hallervorden und zu seinem Humor auch stehen mag – dieses Buch mit den vielfältigen Rückblicken und ausführlichen Situationsschilderungen ist wirklich sehr gut geworden und zeigt den Jubilar ganz genau so, wie man ihn kennt, nämlich als eine Person, die sich nie hat verbiegen lassen und von allseits gängigen Schemata nicht sonderlich viel hält. Meinen Glückwunsch!

http://de.wikipedia.org/wiki/Dieter__Hallervorden
http://www.schwarzkopf-schwarzkopf.de/eng/dieterhallervorden.html