Friedmann, Celia S. – Zitadelle der Stürme (Kaltfeuer 2)

Vor 1200 Jahren versuchten die Menschen, den Planeten Arna zu kolonisieren. Doch sie scheiterten, da es auf dem Planeten eine Energieform namens Fae gibt. Das Fae lässt Zauberei zu und manifestiert die Ängste und Albträume der Menschen. Die Kolonie war sich selbst überlassen und fiel in der Entwicklung zurück. Die Menschen leben nun in einer mittelalterlichen Welt voller Magie und Monster.

In dieser Welt lebt die Fae-Adeptin Ciani. Sie wurde von mysteriösen Wesen überfallen und ihrer Erinnerungen und ihrer Macht beraubt. Die Wesen konnten vertrieben werden, doch um Ciani zu heilen, muss der Angreifer vernichtet werden. Aber das Dämonenwesen lebt hinter einer magischen Barriere, dem Baldachin. Er schützt die Ureinwohner – die Rakh – vor den Menschen.

Doch Ciani steht nicht alleine dar. Der Krieger-Priester Damien Vryce liebt die Adeptin und ist bereit für sie zu sterben, um ihre Erinnerungen zurückzuholen. Ein weiterer Freund der beiden ist Senzei, ein Gelehrter, der gerne ein Adept wäre. Doch dieser Weg ist ihm verwehrt. Das Quartett wird von dem Dämonen Gerald Tarrant komplettiert. Er ist ein mächtiges Wesen und wird „der Jäger“ genannt. Doch einst war er der Neograf und Begründer des Glaubens, dem Damien folgt. Doch der Neograf gab sich einst dem Bösen hin und ist nun der Feind von Damiens Glauben.

Die vier durchschreiten den Baldachin. Doch schnell werden sie von Jägern zur Beute. Nur durch die Hilfe der Rakhs, die mehr als ungastlich sind, vermögen sie zu überleben. Die Rakhs schließen mit den Fremden ein Zweckbündnis. Immerhin werden sie ebenfalls von den erinnerungsfressenden Dämonen bedroht, die von einer fremden Macht gesteuert werden. Einer Macht, die sich im Haus der Stürme verschanzt. Zusammen mit einer Rakh macht sich die kleine Gemeinschaft auf, um sich dieser fremden Macht zu stellen. Doch sie unterschätzen den Gegner …

Der Klappentext stellt eine Verbindung zu Stephen King und Dean Koontz her. Allerdings hat „Zitadelle der Stürme“ kaum etwas mit den Büchern der beiden Horror-Autoren gemein. Auch der Buchtitel ist etwas irreführend, ist im Roman doch vom Haus der Stürme die Rede. Dass der Originalroman „Black Sun Rising“ von Knaur geteilt wurde ([„Festung der Nacht“, 800 Knaur TB 70281 und „Zitadelle der Stürme“, Knaur TB 70282), ist ein weiterer Minuspunkt. Trotz der Verlagstorpedos hält sich der Roman jedoch glänzend über Wasser.

Der Umschlag wurde im Stil japanischer Mangas gestaltet und wartet mit gelungenen Motiven auf. Ein kurzer Überblick am Anfang des Buchs vermittelt das nötige Vorwissen aus dem ersten Band des Kaltfeuer-Zyklus.

Obwohl die Magie und die Landschaften im Roman faszinierend sind, machen vor allem die Figuren den Reiz aus. Sie sind wunderbar ausgearbeitet, und ihre Beziehung zueinander sorgt für viel Konfliktpotenzial. An erster Stelle steht hier Gerald Tarrant, der Täter und Opfer zugleich ist. Er ist eine bösartige Kreatur, abstoßend und anziehend zugleich. Sein Wiederpart ist Damien Vryce, dessen Macht jedoch begrenzt ist und der des Öfteren unter Eifersucht leidet. Auch Senzei ist eine packende Figur, der ihre eigene Gier zum Verhängnis wird. Nur Ciani verblasst ein wenig, was aber an der Teilung des Originalromans liegt. Immerhin wurden die Charaktere in „Festung der Nacht“ eingebracht und skizziert. In „Zitadelle der Stürme“ fehlt entsprechend eine Charaktereinführung. Das wird jedoch durch die hervorragende Charakterentwicklung ausgeglichen.

Celia S. Friedman weiß zu schreiben und besitzt einen bildhaften Stil. Ihre Geschichte ist spannend und wartet mit überraschenden Wendungen auf, die Friedmans Leser in Atem halten. Dazu gibt es eine ordentliche Portion Blut, Gewalt und Action. Hier verbindet sich feinsinnige Unterhaltung mit rasanter Dramaturgie. Eine gelungene Sache, die auf der ganzen Linie überzeugt.

„Zitadelle der Stürme“ ist ein gelungener Roman, der flüssig geschrieben und zügig zu lesen ist. Helden mit Ecken und Kanten, faszinierende Kreaturen, lebensfeindliche Landschaften und eine spannende Geschichte – Fantasy vom Feinsten und eine gute Empfehlung.

|Originaltitel: Black Sun Rising (1991)
Übersetzung: Ronald M. Hahn|

_Günther Lietz_ © 2004
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de/ veröffentlicht.|

Daschkowa, Polina – Für Nikita

Von den derzeit so erfolgreichen russischen Krimiautoren schreibt Polina Daschkowa wohl am überzeugendsten und spannendsten über das „real existierende“ Verbrechen im postsowjetischen Russland. Mit ihrem neuesten Roman „Für Nikita“ beweist sie zudem, wie sehr man sich in Menschen täuschen kann und wie schnell man von ihnen getäuscht wird. Der ganze Roman besteht schließlich aus mehr oder minder geschickt geplanten und ausgeführten Täuschungsmanövern, in deren Mittelpunkt der berühmte Kriminalautor Viktor Godunow alias Nikita Rakitin steht.

Dessen ehemaliger Freund, der zukünftige Gouverneur eines sibirischen Bezirks, Grigori Russow, beauftragt ihn mit der Abfassung seiner Biographie. Doch die beiden verbindet nicht nur eine Freund-, sondern auch eine Nebenbuhlerschaft. Russows Frau Nika war nämlich Nikitas erste und einzige große Liebe, die lange Zeit auf Gegenseitigkeit beruhte. Eine belastete Vergangenheit also, unter der jeder der beiden noch immer leidet. Russow, weil seine Ehefrau den Schriftsteller nie ganz vergessen konnte, und Nikita, weil er Nikas Verlust durch sein egomanisches Verhalten verschuldet hatte und dies noch immer bereut.

Das bis aufs Äußerste gespannte Verhältnis reißt in dem Moment, als Nikita bei seinen Recherchen nicht nur auf die Ruhmestaten, sondern auch auf die Schandtaten seines Auftraggebers stößt. Der sibirische Gouverneur ist skrupellos genug, um Nikita dafür „von finsteren Gesichtern“ töten zu lassen. Nikita soll bei einem inszenierten Wohnungsbrand ums Leben kommen und sein Geheimnis mit ins Grab nehmen. So identifiziert schließlich eine sehr gute Freundin die total verbrannte Leiche Nikitas an einer Halskette. Nun erst treten aus den unterschiedlichsten Winkeln und Gründen die eigentlichen Totengräber aus dem Schatten der Vergangenheit. Doch dieses Mal sind es die Totengräber des Provinzpolitikers, der sich einen ehemaligen Schulkameraden, die organisierte Kriminalität und am Schluss sogar seine Frau zum Feind macht. Und der Schleier über seine menschenverachtenden Geschäfte beginnt sich dank Daschkowas genialer Dramaturgie nur langsam zu lüften.

Fast keiner ihrer Figuren, egal ob Täter oder Opfer, gewinnt sie nur positive oder nur negative Seiten ab. Und genau das macht ihre Figuren so lebensnah und glaubwürdig in ihrem Handeln und Denken, das auf gesellschaftlich desaströsen Verhältnissen beruht. Diese sozialen und psychologischen Mechanismen weiß Polina Daschkowa ebenso eindringlich zu schildern wie Einzelheiten über den Einfluss krimineller Sektenführer auf die Politik und den perfekt ausgeführten Auftragsmord.

Wollen wir hoffen, dass Frau Daschkowa als Journalistin und Kriminalschriftstellerin nicht ähnlich realen Verbrechen auf der Spur ist wie ihr alter ego Viktor Godunow alias Nikita Rakitin. Denn wie eng erzählerische Phantasie und brutale Wirklichkeit miteinander zusammenhängen, hat sie uns mit diesem Roman abermals eindrücklich gezeigt.

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Allan Folsom – Des Teufels Kardinal

Ein größenwahnsinniger Kardinal will einen katholischen Gottesstaat errichten. Er setzt Terror und Mord ein, doch es gibt eine undichte Stelle: Ein idealistischer Geistlicher weiß von der Intrige. Er taucht unter und ruft seinen fernen Bruder zur Hilfe. Gemeinsam flüchtet man vor den Schergen des Kirchenfürsten und sammelt Beweise, um dessen Komplott auffliegen zu lassen … – Um jeglichen Realitätsbezug bereinigtes, im Dan-Brown-Kielwasser mitschwimmendes mit Mord und Todschlag nie geizendes Thriller-Garn hart an der Grenze zum Trash. Allan Folsom – Des Teufels Kardinal weiterlesen

Friedmann, Celia S. – Festung der Nacht (Kaltfeuer 1)

Als die Menschen im Weltraum eine neue Heimat fanden, ahnten sie nichts von den Schrecken, die dort lauerten. Allein durch Gedanken konnte man seine Umwelt verändern. Durch die im Unterbewusstsein verankerten Ängste schufen die Menschen jedoch Dämonen und Monster, führten ihren eigenen Untergang herbei. Seitdem ist viel Zeit vergangen. Die einstige Kolonie wurde sich selbst überlassen und fiel auf einen pseudomittelalterlichen Stand zurück. Die Menschen haben gelernt, mit der Macht umzugehen, die sie umgibt. Dämonen und Adepten sind real. Der magieverdammende Klerus einer Erweckerkirche, ein uralter Dämon, Inquisitoren und Gelehrte, sie alle bevölkern diese magische Welt, die so gefährlich ist.

Der hochrangige Priester Damien reist durchs Land, um seiner Kirche neue Wege zu eröffnen. Er selbst vermag das |Fae|, die alles umgebende magische Kraft, zu manipulieren. Obwohl er darin einiges Talent besitzt, übertrifft ihn die hübsche Ciani bei weitem. Ciani mag wohl jung aussehen, doch tatsächlich ist sie viel älter als Damien, der sich in die Adeptin verliebt. Ciani besitzt viel Wissen und arbeitet mit Senzei zusammen, einem alten Gelehrten. Als Cianis Magie von schrecklichen Kreaturen ausgelöscht wird, schließt sich das Trio zusammen, um Cianis Leben zu retten. Denn als man ihr das Fae nahm, nahm der Feind auch ihren Lebenswillen.

Gemeinsam wollen Damien, Ciani und Senzei den Schleier durchdringen. Dabei handelt es sich um eine magische Barriere, die ein Urvolk vor den Menschen schützt. Die Reise ist gefährlich und der Vampir Gerald schließt sich den Freunden an. Der Dämon ist von einem schrecklichen Geheimnis umgeben, das Damien, Ciani und Senzei langsam lüften …

Obwohl das Buch mit 406 Seiten ein wenig schmal wirkt, steckt es voller fantastischer Inhalte, die dem Leser den Atem rauben. Wo andere Autoren leicht das doppelte Volumen mit nichts sagenden Trivialitäten füllen, benötigt Celia S. Friedman weniger Platz für mehr sinnvolle Handlung. Jede Seite überzeugt durch einen angenehmen und flüssigen Stil, der ohne Lückenfüller oder Belanglosigkeiten auskommt. Die Autorin schreibt pointiert und steuert gezielt auf den Höhepunkt des Romans zu.

Eine der Stärken des Romans, der den Fantasy-Zyklus |Kaltfeuer| einläutet, ist die fantastische Welt, in der die Handlung spielt. Detailliert und dennoch verspielt erweckt Friedman Flora und Fauna zum Leben. Zugegeben, die ersten Seiten sind etwas verwirrend. Doch mit jedem Satz enthüllen sich die Feinheiten der Umwelt, begreift der Leser mehr von den Zusammenhängen. Celia S. Friedman setzt auf Subtilität, vermeidet Beschreibungen, die mit dem Holzhammer rausgeprügelt werden. Hier macht das Lesen und Entdecken großen Spaß.

Gleiches gilt für die tiefgründigen Figuren, die sehr authentisch wirken und griffig rüberkommen. Damien ist ein Wegbereiter, der das Fae zu manipulieren vermag und dadurch eigentlich gegen die Anordnungen seiner Kirche verstößt. Doch die Kirche muss neue Wege gehen, will sie den Kampf gegen die Dämonen gewinnen. Große Säuberungen und Kreuzzüge in der Vergangenheit haben dem Klerus mehr geschadet als genutzt. Dadurch wirkt Damien wie die letzte Hoffnung der Menschheit.

Ciani ist ein wenig anders gestrickt. Sie besitzt eine große Lebenserfahrung, kennt die Höhen und Tiefen ihrer Vergangenheit. Sie ist frei und unbeschwert, vermag das Fae mit Leichtigkeit zu manipulieren. Das alles ändert sich erst, als sie überfallen wird. Nur Senzeis Eingreifen retten Cianis Leben. Hier wird deutlich, dass die Figuren untereinander feste Freundschaften pflegen, die selbst über den Tod hinausreichen. Sie alle riskieren ihr Leben, um dem anderen zu helfen. Dieser Zusammenhalt des Trios ist ergreifend und berührt den Leser. Die Sehnsucht nach fester Freundschaft wird hier gestillt und bindet Emotionen.

Doch wo Licht, da auch Schatten. Die Düsternis des Romans beruht zum Teil auf der Welt selbst, doch auch auf dem Vampir Gerald, den ein düsteres Geheimnis umgibt. Damien traut dem Dämonen nicht, doch sie alle sind auf den Mann angewiesen. Im Verlauf der Handlung wird seine wahre Identität immer weiter aufgedeckt. Hier fordert Friedman auch die grauen Zellen ihrer Leserschaft, bedingt durch die gelungene Einleitung des Romans. Der Prolog zeigt bereits die Klarheit, mit der die Autorin vorgeht. Da richten sich schon die Nackenhärchen auf und rieselt uns ein kalter Schauer über den Rücken. Hier werden Erwartungen geschürt, die tatsächlich erfüllt werden.

Der Roman beginnt stark, steigert sich bis zum Höhepunkt und macht dann Lust auf mehr. „Festung der Nacht“ ist ein gelungener Einstieg in den Kaltfeuer-Zyklus und – auch für sich allein gelesen – ein tolles Stück Fantasy.

|Originaltitel: Black Sun Rising (1991)
Übersetzung: Ronald M. Hahn|

_Günther Lietz_ © 2004
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Lee Child – In letzter Sekunde [Jack Reacher 5]

Ex-Militärpolizist Reacher wandert durch die USA. In Texas versucht ihn die verzweifelte Carmen Greer anzuheuern: Er soll ihren verhassten Gatten umbringen. Reacher will helfen, aber nicht morden und begleitet Carmen nach Echo, dem Privat-Städtchen des skrupellosen Greer-Clans, der hier das Sagen hat … – Der fünfte Hochgeschwindigkeits-Thriller aus der Reacher-Serie; lakonisch im Ton, hervorragend im Spannungsaufbau, ohne modische Metzel-Mätzchen, wenn auch ausschließlich zusammengesetzt aus bekannten Genre-Elementen und Western-Klischees sowie im Finale auf Feuerkraft statt Auflösung plus Kind-in-Gefahr-Szenario setzend. Lee Child – In letzter Sekunde [Jack Reacher 5] weiterlesen

Hohlbein, Wolfgang / Hohlbein, Heike – Anders 1: Die tote Stadt

Es sind Schulferien. Für den Internatsschüler Anders Beron ist das die schönste Zeit des Jahres. Denn nun kann er endlich seinen Vater sehen, den ebenso reichen wie mächtigen Ottmar Beron, Besitzer eines riesigen Vermögens an Firmen, Land und Geld. Er wird von seinem Freund und Leibwächter Jannek abgeholt, der zwar freundlich lächelt, aber sehr nervös zu sein scheint. Dafür hat er auch alle Gründe, denn am Privatflugzeug kommt es zur Katastrophe. Jannek und Anders geraten in die Fänge zweier skrupelloser Entführer. Diese zwingen Jannek, das Flugzeug zu starten und die Berge anzusteuern. Schnell nimmt die Polizei in Hubschraubern die Verfolgung auf und die Entführer zwingen Jannek, in ein militärisches Schutzgebiet zu fliegen. Dort werden sie von futuristischen Kampfhubschraubern abgeschossen und müssen notlanden. Die Entführer überleben den Absturz nicht, doch wie durch ein Wunder bleiben Anders und Jannek am Leben. Doch dann tauchen Männer in Schutzanzügen auf und nehmen sie unter Beschuss, ebenso wie die Kampfhubschrauber. Eine abenteuerliche Flucht beginnt, bei der Jannek tödlich verletzt von einem Dach stürzt und Anders von einem unbekannten Mädchen gerettet wird.

Dieses Mädchen führt ihn durch eine zerstörte Stadt, in der eine schreckliche Katastrophe gewütet haben muss. Noch immer wird er von den Männern in den schwarzen Schutzanzügen verfolgt. Und noch andere Schrecken lauern in den Ruinen. Ein Schwarm von spinnenähnlichen Tieren frisst alles, was den Insekten begegnet. Nur knapp können die beiden den geheimnisvollen Männern mit ihren todbringenden Waffen und den Insektenmonstern entkommen. Das Mädchen bringt ihn zu ihrer Zuflucht, wo auch andere Überlebende der Katastrophe eine Notgemeinschaft bilden. Diese nach strengen Regeln lebende Sippe besteht aus merkwürdigen Geschöpfen. Teilweise sind sie menschlich, teilweise sehen sie aus wie Tiere. In welch einer Welt ist Anders gelandet und wie kann er ihr wieder entkommen?

Das vorliegende Buch ist der Beginn der vierteiligen Romanfolge von Heike und Wolfgang Hohlbein, die damit wieder mal ihrem Lieblingsthema folgen, das sie beispielsweise in „Druidentor“ und vielen anderen Romanen pflegen und hegen. Sie bringen ein Stück Fantasie (Legenden und Fantasy bunt gemischt) in unsere Welt. Dazu bemühen sie moderne Technik und Wissenschaft, die durch Legenden und Märchen angereichert werden. In diesem Fall haben Wissenschaftler in ihrem Labor etwas freigesetzt, das zusammen oder allein mit der nuklearen Vernichtung der Stadt in den Bergen (so ganz deutlich wird das nicht) Mutationen unter den Lebenden hervorruft. Jeder, der das Gebiet betritt und/oder mit den dort Lebenden konfrontiert wird, leidet unter einer schrecklichen Krankheit, die fast immer zum Tod führt. Die Mutationen sind nun eine praktische Angelegenheit für die Autoren, beliebige Fabel- und Fantasywesen auf die Bühne zu holen. So treffen wir hier Tiermenschen, Insektenvölker, Trolle, Zwerge, Gnome, Orks, Elfen und was die einschlägige Literatur noch so hergibt (wenn auch eventuell unter einem anderen Namen).

Die Geschichte beginnt schnell und furios und bleibt bis zum Ende des Buches sehr spannend. Fasziniert folgen wir Anders in sein persönliches Endzeitszenario, aus dem er von Anfang an verzweifelt zu entkommen versucht. Die Schrecken und Gefahren, die ihm dabei begegnen, sind bedrohlich und glaubhaft vermittelt.

Der Einstieg in das vierbändige Werk ist dem Autorenpaar am besten gelungen. Während die späteren Romanteile ein paar Längen, Wiederholungen, Brüche und Schleifen aufweisen, ist der erste Band eine spannende und interessante Angelegenheit.

Autorenhomepage des Verlages: http://www.hohlbein.at/

_Jens Peter Kleinau_
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Herbert, Brian / Anderson, Kevin J. – Butlers Djihad (Der Wüstenplanet: Die Legende 1)

Mit „Butlers Djihad“ beginnt eine zweiteilige Reihe, in der die Ursprünge des legendären Wüstenplanet-Zyklus beschrieben werden, die Anfänge von „Dune“, der erfolgreichsten Science-Fiction-Serie aller Zeiten. Brian Herbert, Sohn des 1986 verstorbenen „Dune“-Schriftstellers Frank Herbert, und Kevin J. Anderson haben sich bereits vor einiger Zeit mit der Vergangenheit des Hauses Atreides beschäftigt und die Chroniken in Form einer Trilogie abgearbeitet, die von Kritikern als das legetime Erbe des Original-Autors gelobt wurde, doch nun gehen sie noch weiter zurück und berichten von einer Zeit, die circa 10.000 Jahre vor der Herrschaft über den Planeten Arrakis spielt.

Die Welt wird in dieser Zeit vom mächtigen Allgeist Omnius beherrscht, der mit Hilfe seiner Denkmaschinen einzelne Planeten eroberte, die dort lebenden Menschen entweder brutal abschlachten ließ oder sie in die Sklaverei der Maschinen führte und schließlich die Vorherrschaft über das gesamte Universum übernahm. Dabei ist Omnius indirekt nur eine Erfindung einer unzufriedenen Schar Menschen gewesen, die seinerzeit das alte Imperium als Titanen stürzen konnte und sich schließlich selbst in Maschinen verwandeln ließ, so genannte Cymeks, die jedoch weiterhin über ein organisches Gehirn verfügten. Ein Fehler in ihrer Programmierung ließ schließlich den allmächtigen Omnius entstehen, der ihnen selber überlegen war und nun von überall her das Geschehen kontrollierte.

Nur ein geringer Teil der menschlichen Rasse wagt es noch, dem Allgeist Widerstand zu leisten. Gemeinsam bilden sie die Liga der Edlen, die sich zum Ziel macht, die bevorstehende Ausrottung ihrer Rasse durch die Roboter zu verhindern. Unter der Führung ihres Präsidenten Manion Butler, seiner wagemutigen Tochter Serena und ihres Verlobten Xavier Harkonnen stellen sie ein neues Heer auf, um sich gegen die Roboter zur Wehr zu setzen, jedoch bleiben sie stets in einer Verteidigerrolle. Erst in dem Moment, als sich Serena Butler dazu entschließt, den an die Denkmaschinen verlorenen Planeten Giedi Primus zurückzuerobern, erkennen die Menschen ihre Chancen, jedoch fällt Serena diesem Angriff selbst zum Opfer und landet als Gefangene auf der Erde, wo sie als Haussklavin des intelligenten Roboters Erasmus gehalten wird.

In ihrer Heimatwelt ist man indes von Serenas Tod überzeugt und bemerkt somit gar nicht, dass sie auch auf der Erde weiterhin für die Rechte der versklavten Menschen kämpft, dabei teilweise auch Erfolge erzielt und schlussendlich den Mord an ihrem unter Erasmus‘ Aufsicht geborenen Sohn zum Anlass nimmt, um mit einem Arbeiterfüher eine Revolte gegen die Maschinen anzuzetteln. Ihr erneuter Erfolg und das Wissen, das sie vom übergelaufenen Titanensohn Vorian Atreides übermittelt bekommen hat, lässt sie schließlich bei ihrer Rückkehr in die Liga der Edlen den Djihad gegen die von Omnius gesteuerten Maschinen ausrufen, der von ihrem ehemaligen Verlobten Xavier Harkonnen angeführt werden soll.

An vielen anderen Stellen wird dieser erneute Vorgänger harsch kritisiert, was mir persönlich überhaupt nicht verständlich ist, denn schließlich ist es dem eingespielten Team Herbert/Anderson eindrucksvoll gelungen, eine weitere atemberaubende Science-Fcition-Geschichte zu erzählen, die sich vor allem durch ihre ironische Brutalität von anderen Vertretern ihres Genres abhebt. Hiermit meine ich in erster Linie die Gleichgültigkeit, mit der die Roboter ganze Stämme ausrotten und die fast schon beiläufige Ironie, mit der das Autorenteam Stellung dazu bezieht. Diese zieht sich auch durch das ganze Buch und löst immer wieder Entsetzen aus, da sich hinter der Frage, wie viel ein Menschenleben eigentlich wert ist, ein unterschwelliges Stück Gesellschaftskritik verbirgt.

Davon einmal abgesehen, ist der Handlungsstrang ausgesprochen spannend arrangiert worden. Sehr viele Nebenschauplätze werden in kurzen Kapiteln eingeblendet, zahlreiche Charaktere vorgestellt, das Leben auf den verschiedensten voneinander unabhängigen Planeten wird beschrieben und trotzdem lässt sich der Wust an Informationen Stück füt Stück zusammenfügen und ergibt schließlich auch die erhofften Zusammenhänge. Dabei lesen sich die ersten 150 Seiten gar nicht mal so einfach, weil der eben beschriebene Prozess, sprich das Sammeln von Informationen, schon eine gewisse Zeit verschlingt, die sich jedoch im Endeffekt als wertvoll investiert erweist, denn je tiefer man in die Welt von Omnius, Xavier Harkonnen, Vorian Atreides, den Titanen und natürlich Serena Butler eingedrungen ist, desto wissbegieriger wird der Leser schließlich.

Schlussendlich lässt sich daher auch sagen, dass die beiden Autoren den sehr guten Ruf der Wüstenplanet-Saga nicht nur weiter aufrechterhalten, sondern ihn mit „Butlers Djihad“ sogar auf ein neues Level angehoben haben. Für diejenigen, die mit der „Dune“-Geschichte bisher noch nicht in Kontakt getreten sind, ergbit sich hier sogar die einmalige Möglichkeit, von ganz vorne zu beginnen, was die Sache neutral betrachtet sogar noch weitaus interessanter macht als die stetigen Rückblenden, die sich für den eingeschworenen Leser bieten.

Mehr Informationen zur Wüstenplanet-Saga gibt es u. a. bei [wikipedia.]http://de.wikipedia.org/wiki/Dune

Kavanagh, Bruce – The Osbournes – Talking

Ozzy, Sharon, Jack, Kelly – mit anderen Worten: die Osbourne-Familie. Wie kaum eine andere Familie haben sie in den letzten Jahren die modernen Unterhaltungsmedien bevölkert und die Zuschauer in mehrere Gruppen gespalten. Die einen waren entsetzt davon, dass sich eine Legende wie Ozzy Osbourne dazu hinreißen lassen konnte, seinen Körper und seinen Geist für eine Serie herzugeben, in der er im Endeffekt nur als lachhafte Witzfigur dastehen konnte. Die anderen fanden die unendliche Raffgier seiner Frau Sharon unmöglich, in deren Augen sich selbst bei ihrer Krebsoperation nur die Dollarzeichen zu spiegeln schienen. Dann war da noch die Gruppe, denen die verzogenen Kinder der beiden Osbournes gehörig auf die Nerven gingen und die besonders der recht untalentierten Tochter Kelly jeden möglichen Stein beim Anlaufen ihrer Karriere als Sängerin in den Weg räumen wollten.
Ja, es gab und gibt viele Neider, viele Leute, für die „The Osbournes“ alles andere als eine Kultserie ist und eine Menge Menschen, die einfach nicht verstehen können, warum um diese Familie ein so großer Hype veranstaltet wird. Doch es gibt eben auch die dem entgegenstehende Fraktion, die vor Lachen auf dem Boden liegt, wenn der tolpatschige Ozzy über den Bildschirm huscht, wenn Jack und Kelly sich hitzige Wortgefechte liefern und wenn die Nachbarn der TV-Familie ein weiteres Mal mit fiesen Scherzen auf die Probe gestellt werden.

Egal, auf welcher der beiden Seiten man nun steht, das hier vorliegende Buch wird die jeweiligen Meinungen nur noch weiter verschärfen. „The Osbournes Talking“ ist nämlich eine Art Rückblick auf das Leben der Familienmitglieder, der sich ausschließlich aus vergangenen Statements zusammensetzt. So nehmen die vier Protagonisten Stellung zu allen erdenklichen Themen; Drogen, Sex, Lifestyle, Karriere, Krankheiten, Vorurteile usw. Dass hier manches Mal weit übers Ziel hinausgeschossen wird, war zu erwarten, und wenn Jack über seine Erfahrungen mit Drogen oder die beiden Geschwister über ihre Kindheit reden, dann weiß man als Leser, dass man nicht jedes Wort für bare Münze nehmen darf.

Langweilig ist das Buch daher aber sicherlich nicht, sondern eher sehr unterhaltsam, oft auch sehr komisch, besonders wenn man die Kommentare von Ozzy Osbourne, dem Füsten der Finsternis himself, liest, dessen verwirrtes Gedächtnis hier weitaus mehr Charme ausstrahlt als in der völlig konstruierten und auf Erfolg kalkulierten Serie.
Leider wiederholen sich die Kommentare nach einiger Zeit oder erscheinen nach einer Weile in abgeänderter Form wieder, so dass dem Buch zum Ende hin der Unterhaltungswert abhanden kommt. Zudem erscheinen manche Aussagen als äußerst widersprüchlich und widerlegen so manche vorher aufgestellte These, weshalb man an der Ernsthaftigkeit der Antworten schon mal zweifeln darf.

An der Aufmachung des Buches gibt es indes nichts zu mäkeln, und auch die Idee dahinter wurde recht gut umgesetzt, mit Bildern unterlegt und durch leichte Verständlichkeit auch dem jüngeren Publikum, Ozzys aktueller Zielgruppe, zugänglich gemacht. Nur frage ich mich rückblickend, ob die Osbournes tatsächlich die richtigen Adressanten für eine derartige Statement-Sammlung gewesen sind oder aber, ob ein wesentlich geringerer Umfang diesem Unterfangen dienlicher gewesen wäre, denn irgendwie hat man nach zwei Dritteln den Eindruck, dass alles Wichtige gesagt wurde und jede Zusatzinformation nicht mehr wichtig gewesen wäre.

Wenn man sich also nicht näher mit dem Phänomen „The Osbournes“ beschäftigt hat, ist dieses Buch auch nichts weiter als unnötiger Zeitvertreib, während Fans der Serie hier sicher ihren Spaßfaktor finden werden. Fazit: Gute Idee, gute Umsetzung, aber zum Ende hin etwas überstrapaziert.

Paul Ruditis – Star Trek Voyager: Das offizielle Logbuch

Sieben Jahre „Star Trek – Voyager“, präzise bis penibel nacherzählt von Paul Ruditis, dem „offiziellen“ Chronisten dieser vierten ST-Serie. Ausführliche Inhaltsangaben werden begleitet von Beschreibungen der „Voyager“, ihrer Crew, diverser Aliens und fremder Orte, an denen man sich tummelte. Fast völlig fehlen Hintergrundberichte, von Kritik ist an keiner Stelle die Rede. Das Bildmaterial beschränkt sich auf Bildausschnitte aus den TV-Folgen sowie sorgfältig arrangierte Standaufnahmen; es gibt keine Fotos davon, was hinter den Voyager-Kulissen geschah. Es bleibt die ordentlich layoutete und sauber gedruckte, aber von Nebensächlichkeiten wimmelnde Faktensammlung eines besessen anmutenden ST-Fans, die in dieser Ausführlichkeit kaum interessiert und über weite Strecken langweilt. Paul Ruditis – Star Trek Voyager: Das offizielle Logbuch weiterlesen

Tolkien, John Ronald Reuel – Elbenstern, Der

In dem Dorf Großholzingen lebte einst ein Schmied, der – sei es durch Glück oder die Vorsehung – in den Besitz eines magischen Elbensterns gelangte.

Als Kind nahm er an einem ganz besonderen Fest teil, das nur alle paar Jahre stattfindet. Der Meisterkoch des kleinen Örtchens liefert zu dieser Gelegenheit stets sein Meisterwerk ab: Eine Torte, die ihn in den kulinarischen Annalen von Großholzingen unsterblich machen soll. In jenem besonderen Jahr, zu dem das Fest wieder einmal stattfand, war jedoch gerade ein besonders schlechter und fauler Mann Meisterkoch und nur mit Hilfe seines Lehrlings gelang es ihm überhaupt, eine Torte zu diesem Anlass zu präsentieren.
Da es üblich war, allerlei Tand, wie wertlose Münzen u. ä. in dem Backwerk zu verstecken, tat er auch den merkwürdigen Stern hinein, den er in der Gewürzkiste seines unter seltsamen Umständen hinfortgegangenen Vorgängers fand. So kam der Sohn des Schmiedes in den Besitz des Elbensterns, denn er verschluckte ihn versehentlich und war von nun an für alle, die es zu sehen vermochten, ein Besucher beider Welten: Der Stern der Elben leuchtete von Stund an auf seiner Stirn.

So begleitet der Zuhörer den Schmied durch ein ereignisreiches Leben. In dieser Welt ist er ein angesehenes Mitglied seiner dörflichen Gemeinschaft und ein Schmied ohnegleichen. Was er in seiner Schmiede aus Metallen macht, grenzt an Zauberei und erfreut das Auge ebenso, wie es sich im Alltag als nützlich erweist. Als Mann von Ehre und Gewissen nutzte er sein herausragendes Talent niemals, um eine Waffe herzustellen; obgleich ihm klar war, dass ein Schwert oder ein Speer aus seiner Schmiede den Stoff für Legenden geboten hätte, war ihm das Leben doch zu heilig, um seine Kunst einem so fürchterlichem und destruktiven Zweck zu unterstellen.

Im Land der Elben, das er dank seines wundersamen Sterns ebenfalls bereisen kann, ist er ein Wanderer, der die Wunder zu schätzen weiß und den sein Herz voller Liebe immer wieder in das geheimnisvolle Reich jener Wesen zieht – auch wenn er weiß, dass er dort nur Gast sein kann.

Was es jedoch mit dem geheimnisvollen Stern auf sich hat, wieso gerade er ihn bekommen hat und all die anderen Fragen, die sich im Laufe der Geschichte herauskristallisieren, das wird der freundliche Schmied erst am Ende eines langen und glücklichen Lebens erfahren.

Mit dem Namen Tolkien kann man dieser Tage eine Menge Geld machen, und da wäre es doch dumm, sich auf den „Herrn der Ringe“ zu beschränken. Schon munkelt man von einer Verfilmung des „Kleinen Hobbits“, Tand und Schrott aller Art – Hauptsache, es hat irgendetwas mit dem Kultautoren zu tun – erscheinen massenhaft und da bringt der Hörverlag also den „Elbenstern“ als Hörbuch heraus. Man mag sich seinen Teil dazu denken, doch kann man den Hype offensichtlich auch zu positiven Zwecken nutzen.
„Der Elbenstern“ ist ein wundervolles und poetisches Märchen – nicht mehr und nicht weniger. Wer also Fantasy erwartet, ist hier sicher falsch. Kein orkmordender Legolas und auch kein weiser Elrond, Tolkien präsentiert die Elben hier ganz in der Tradition der englischen Märchen und Sagen und schafft natürlich dennoch eine Synthese aus den überlieferten Volksmärchen und seiner eigenen Welt.
Tatsächlich ist es nicht uninteressant, festzustellen, wo Tolkien ihm wichtige Gedanken aus dem „Herrn der Ringe“ auch im „Elbenstern“ aufgreift, etwa seine berühmte Liebe zu den Bäumen oder auch das Sujet vom „kleinen Mann“, der es zu etwas ganz Besonderem bringt, ohne dabei seine Wurzeln zu vergessen.

Dass es sich beim „Elbenstern“ um ein Märchen handelt, bedeutet allerdings auch, dass sich die Geschichte in erster Linie an Kinder richtet. Ich höre jetzt natürlich schon den Aufschrei und lese vor meinen inneren Augen bereits die Anmerkungen sämtlicher Fans zu dieser Rezension, in denen sie versichern, dass sie den „Elbenstern“ auch als Erwachsene genießen und ihn allen wärmstens weiterempfehlen – meinetwegen. Fakt ist aber, dass sich die Figuren in typischer, märchenhafter Eindimensionalität bewegen, die Geschichte eigentlich keinen Höhepunkt hat, sondern stattdessen auf ihre moralische Botschaft hinsteuert und das alles in einem sehr gemächlichen Tempo.

Perfekt besetzt ist Joachim Höppner in der Rolle des Erzählers – dem Kinogänger dürfte er noch als Gandalf im Ohr sein. Seine ruhige und einfühlsame Art und Weise passt perfekt zum Stil der Kurzgeschichte, doch auch hier bedeutet dies zweierlei: Zwar ist Höppner ebenso poetisch und warmherzig wie der „Elbenstern“ selbst, doch klingt er auch ein bisschen zu sehr nach „Märchenonkel“, was sich insbesondere in den sehr pointiert vorgetragenen Dialogen zeigt.

Am Ende muss jeder selbst wissen, was er vom „Elbenstern“ hält. Im Gegensatz zum „Herrn der Ringe“ wird man vielleicht nicht automatisch verzaubert, sondern muss die Bereitschaft mitbringen, sich auf das Märchen einzulassen.
Kinder sind mit Sicherheit sehr gut bedient, Erwachsenen dürfte die recht simpel gestrickte Geschichte mit ihrem gemächlichen Tempo vielleicht doch ein wenig zu einfach geraten sein.
Die durch die Erzählung herausgestellte Moral, die immerhin nicht ganz so aufdringlich wie in klassischen Märchen daherkommt, ist aber in jedem Fall mehrheitsfähig: Ein Plädoyer für die Macht der Phantasie – wer könnte da schon nein sagen?

_Marcel Dykiert_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

Robert D. Ballard – Rückkehr nach Midway

Schiffswracks interessieren mich nicht nur vom historischen / archäologischen Kontext her, sie umgibt als düstere Zeugen von Katastrophen und Tragödien etwas gespenstisch Düsteres & Geheimnisvolles, das mich seit jeher in seinen Bann schlug. Angefangen hat diese Manie, als ich zum ersten Mal vom Unglück der Titanic in meinen Kindertagen hörte, seither stapelt sich Buch um Buch in meinem erklecklichem Fundus. War meine Sammelwut zuerst nur auf dieses wohl berühmteste Schiffswrack der Geschichte fokussiert, habe ich mittlerweile ein zweites Steckenpferd entdeckt – meine Vorliebe für Seeschlachten – und dadurch eine ganze Menge anderer Titel meiner kleinen Bibliothek einverleibt.

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Stephen King – Der Turm (Der Dunkle Turm 7)

„Der dunkle Turm“ wird von Stephen King selbst als sein Lebenswerk bezeichnet. Der erfolgreiche Autor erklärte den Ende 2004 erschienenen siebten Band „Der Turm“ zu seinem letzten großen Roman und Abschluss seines vor 22 Jahren begonnenen Turmzyklus, der als Metafiktion viele Bezüge zu anderen Werken Kings, zum Leben des Autors sowie der realen Welt herstellt.

Bereits vor dem Erscheinen des ersten Bandes, „Schwarz“ (1982), spukten die Gedanken zu der Gestalt des Roland von Gilead und die Grundlage zu seinem späteren Turmzyklus in Kings Kopf. Das 1855 von Roland Browning geschriebene Gedicht „Childe Roland to the Dark Tower came“ – man findet es auf Kings Dark-Tower-Homepage ]http://www.stephenking.com/DarkTower/ – setzte dabei einen kreativen Prozess in Gang, der sich nach und nach verselbstständigte, King wob immer mehr Bezüge zu seinen Romanen und der realen Welt in die Geschichte um den dunklen Turm ein.

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Hans Hellmut Kirst – Die Nacht der Generale

Kirst Nacht der Generale Cover 1994 kleinDarum geht’s:

Ein hochrangiger Offizier lebt im II. Weltkrieg seinen Drang als Serienkiller aus; dem für das Nazi-Regime peinlichen Treiben soll ein Ermittler unauffällig ein Ende bereiten, doch der Mörder ist geschickt, nutzt seine Privilegien und setzt seine grausigen Taten fort … – Dieser (deutsche!) Quasi-Vorläufer der seit Hannibal Lecter bestsellerabonnierten Killer-Thriller bedient sich bereits der bekannten Spannungselemente und hat seinen Unterhaltungswert nicht eingebüßt: lesenswert! Hans Hellmut Kirst – Die Nacht der Generale weiterlesen

Elrod, P. N. – rote Tod, Der (Jonathan Barrett 1)

P. N. Elrod gehört zu jener Spezies vielschreibender Autoren, mit deren Büchern man problemlos ganze Regale füllen könnte. Zwar veröffentlichte sie ihr erstes Buch erst 1990, doch mittlerweile kann man unglaubliche 20 Romane von ihr kaufen – ganz zu schweigen von den Kurzgeschichten, die in verschiedenen Anthologien veröffentlicht wurden. Dabei hat sie sich auf das Vampirgenre spezialisiert, in das sie mit erfrischender Leichtigkeit neuen Wind zu bringen vermag. Ihre umfangreichste Serie, „The Vampire Files“ (erscheint ebenfalls beim |Festa|-Verlag), begleitet den [Vampirdetektiv Jack Fleming 432 und verbindet damit den klassischen Vampir-Roman mit dem Detektiv-Genre. Die Romane um Jonathan Barrett – „Der rote Tod“ ist der erste Band von bisher zwei auf deutsch erschienenen aus der Reihe – stellen einen neuen Protagonisten vor, später in der Serie wird es aber Überschneidungen zwischen beiden Reihen geben.

Jonathan Barrett ist 17 und hat bisher ziemlich unbescholten mit seinem Vater und seiner Schwester (die drei verbindet eine geradezu übelkeitserregende familiäre Idylle) auf dem Anwesen der Familie in Long Island gelebt. Seine hysterische und absolut unausstehliche Mutter war in seiner frühen Jugend nach Philadelphia abgeschwirrt, kehrt nun jedoch heim, da die Stadt während des Unabhängigkeitskriegs (die Handlung setzt 1773 ein) ein zu heißes Pflaster ist. Jonathans friedliches Dasein wird also jäh gestört, als diese Furie ins Leben der kleinen Familie tritt und die bisherige Routine durcheinander würfelt. Als sie Jonathan nach Cambridge auf die Universität schicken will, kommt es zum Eklat. Jonathan will nicht ins ferne England, um zu studieren, doch muss er herausfinden, dass das Geld der Familie vom Erbe seiner Mutter herrüht, die damit auch seine Ausbildung finanziert. So hat er keine Chance sie umzustimmen und findet sich bald darauf auf einem Schiff nach London wieder.

Sein anfänglicher Unwillen gegenüber Cambridge löst sich in Luft auf, als er sich, in England angekommen, sofort mit seinem Cousin Oliver und dessen Kumpel Tony anfreundet. Bei seiner ersten Nacht in London beschließt er, seinen lang gehegten Plan – nämlich seine Unschuld zu verlieren – endlich in die Tat umzusetzen. Und tatsächlich gelingt ihm das auf Anhieb. Tony will Jonathan und Oliver seine neue Flamme vorstellen, doch diese weist dessen Antrag prompt ab und wählt stattdessen Jonathan. Dieser ist von der schönen und weltgewandten Nora Jones vollkommen hingerissen. Zwar überrascht es ihn, dass sie ihn einfach mit nach Hause nimmt, um mit ihm zu schlafen (Skandal!), doch verbannt er diese Gedanken schnell, als er erst mit ihr im Bett liegt.

Nora hat offensichtlich einen Narren an Jonathan gefressen und folgt ihm nach Cambridge nach. Dort führen sie ihre Affäre fort, allerdings muss Jonathan frustriert feststellen, dass sie noch zahlreiche andere Bettgeschichten unterhält. So kann sie jedem der jungen Männer beim Akt kleine Mengen Blut abnehmen, um selbst zu überleben. Der Leser ahnt es längst: Nora ist ein Vampir. Jonathan dagegen tappt völlig im Dunkeln und errät ihre Identität auch nicht, als er sie tagsüber ohne Puls vorfindet oder sie ihm während des Liebesspiels ihr eigenes Blut zu trinken gibt.

Doch wer vermutet, Jonathan stehe nun sofort als Vampir wieder auf und mache mit seiner Flamme Nora die britischen Inseln unsicher, der irrt. Die Blutspielchen der beiden bleiben zunächst, zur Verwunderung des Lesers, vollkommen ohne Konsequenzen und es müssen noch einige Seiten im Roman vergehen, bis Jonathan eine Ahnung davon erhält, welch außergewöhnliches Geschenk Nora ihm eigentlich gemacht hat.

„Der rote Tod“ braucht keine zehn Seiten, um den Leser völlig zu begeistern. Ich-Erzähler Jonathan Barrett schlägt einen kurzweiligen und von ironischen Seitenhieben geprägten Ton an. Auch wenn die Exposition ungefähr ein Drittel des Romans einnimmt und die Vampirin Nora dadurch relativ spät ins Spiel kommt, kommt keine Langweile auf. Jonathan ist ein genauer Beobachter und selbst die Beschreibungen seiner Lebenssituation in Long Island – obwohl eigentlich unspektakulär – werden dadurch farbenprächtig und interessant.

P. N. Elrods Vampirwelt lebt von den Charakteren. Jonathan Barrett ist zwar jung und – vor allem in Liebesdingen – auch bis zu einem gewissen Grade naiv, doch er ist uneingeschränkt sympathisch, ohne als Charakter kitschig oder flach zu erscheinen. Jonathan ist durch und durch gut und Elrod schafft es trotzdem, ihn nicht zu einer Schablone verkommen zu lassen. Ähnlich steht es mit allen anderen Charakteren des Romans. Nora Jones ist die perfekte Vampirin: Schön, unwiderstehlich, verführerisch, geheimnisvoll und selbstbewusst. Und doch wird sie weder zum Archetyp des depressiven Vampirs noch zum seelenlosen Mörder. Stattdessen ist sie eine wahre Liebende, die jedoch mit einigen besonderen Bedürnissen zu kämpfen hat. Und genau das macht den Reiz aus; Elrod verurteilt weder die Existenz des Vampirs (das böse Höllenwesen), noch romantisiert sie ihn endlos (der untote Träumer), sondern verwurzelt ihre bluttrinkenden Charaktere fest in einer realen Umwelt, an der sie teilhaben anstatt sie zu verneinen. Und so ist es auch möglich, dass Jonathan als Vampir eine Familie hat – ein absolutes Novum in der Vampirliteratur, in der Blutsauger in der Regel Einzelgänger sind. Hier jedoch suchen Vampire die Nähe zu Menschen, ohne sie in jedem Fall als Futter wahrzunehmen. Mehr noch, das Motto des Romans scheint zu lauten: „Vampire sind auch nur Menschen“, und so gibt Jonathan Barrett als junger Student und später als untoter Protagonist eine hervorragende Identifikationsfigur ab.

„Der rote Tod“ ist ein unterhaltsames, spannendes und stellenweise auch komisches Buch, das man nicht aus der Hand legen möchte. Jonathan Barrett wächst dem Leser so schnell ans Herz, dass man unbedingt an seinen Abenteuern teilhaben möchte. Und der Schluss des Buches lässt vermuten, dass die wahren Abenteuer erst jetzt beginnen, da Jonathan nun zu den Untoten gehört. Es empfiehlt sich also, fix im zweiten Band weiterzulesen!

Verlagsseite: http://www.festa-verlag.de
Webseite der Autorin: http://www.vampwriter.com

Simon Winchester – Krakatau. Der Tag, an dem die Welt zerbrach

Inhalt:

Der 27. August 1883 ist ein Tag, den nicht nur Augenzeugen nie vergessen werden. Krakatau ist ein unbedeutendes Eiland in der ostindischen oder besser indonesischen Inselwelt zwischen Sumatra und Java. Batavia, die koloniale Handelsmetropole, liegt zwar nur einige Schiffsstunden entfernt an der javanischen Nordküste, aber auch dort hat seit jeher kaum jemand einen Gedanken an die von sich hin rumpelnde Vulkaninsel verschwendet. Hier und da hat die Erde in den letzten Monaten zwar gezittert, aber was soll schon geschehen? Die geschäftigen und geschäftstüchtigen niederländischen Kolonialherren haben Ostindien fest im Griff und sonnen sich im Glanz ihrer politischen, wirtschaftlichen und (angeblich) kulturellen Überlegenheit.

Tief unter der Erdoberfläche staut sich seit geraumer Zeit ein Gemisch aus heißem Gas und Magma an, das keinen Raum zum Entweichen findet. Als die Erdkruste dem Druck nicht mehr standhalten kann, kommt es zur Katastrophe: Krakatau, eine Insel von 130 qm Größe, fliegt in die Luft, wird in Myriaden kleiner Stücke zerrissen. Der Knall ist noch 4700 Kilometer entfernt vernehmbar. Die Druckwelle rast siebenmal um den Erdball. Das Wasser des Ozeans türmt sich zu mörderischen Wasserwänden auf, die den indonesischen Archipel heimsuchen und ganze Inseln tier- und menschenleer spülen. 36000 unglückliche Insulaner verlieren ihr Leben. Das Klima der gesamten Erde wird auf Monate in Mitleidenschaft gezogen. Knapp 40 km hoch hat der sterbende Vulkan Asche, Staub und Steine geschleudert. Gigantische Wolken werden über den halben Globus getrieben, sorgen für einen quasi atomaren Winter und spektakuläre Sonnenuntergänge. Simon Winchester – Krakatau. Der Tag, an dem die Welt zerbrach weiterlesen

Stone, Richard – Mammut – Rückkehr der Giganten?

Pelzige Elefanten stapfen durch sibirisches Schnee und Eis, während sich in Nordägypten erschöpfte Bürger des Feierabends am Anblick der Pyramiden erfreuen – das ist keine Science-Fiction, sondern Realität: Das Mammut ist tatsächlich erst vor 3.700 Jahren ausgestorben.

Ist es das wirklich? Diese Frage wird uns in diesem spannenden Buch gleich mehrfach gestellt. Autor Richard Stone stellt die Rüsseltiere des Pleistozäns als Zeitzeugen, aber auch als Mysterium der Gegenwart vor: Eine bizarre Laune der Natur führt dazu, dass Mammuts in ewigem Eis und Permafrost ihrer seit jeher kalten Heimat fast komplett erhalten blieben. Wir müssen sie anders als die Dinosaurier nicht aus zusammengepuzzelten Knochen mühsam rekonstruieren (oder digital neu erschaffen), sondern können sie uns anschauen, sie berühren und erforschen. (Sogar ihr Fleisch haben wahrlich wagemutige Forscher probiert – sie überlebten es, konnten das Experiment aber niemals weiterempfehlen.)

So kennt die Wissenschaft das Mammut beinahe genauso gut wie den Afrikanischen oder Indischen Elefanten der Gegenwart. Stone lässt es in allgemein verständlicher Sachbuch-Sprache in seiner eiszeitlichen Umwelt wieder durch Europa, Asien und Nordamerika ziehen, von Urmenschen gejadt werden (oder war es eher umgekehrt?) und allerlei zeitgenössischen Unbilden trotzen.

Im Mittelpunkt des Beschriebenen steht dann die Frage, wieso ein so perfekt an seine Umwelt angepasstes und keineswegs „primitives“ Tier aussterben konnte. War es der schon damals böse Mensch (eine lieb gewonnene Theorie weltverbesserischer Naturapostel), ein Supervirus, eine Klimaveränderung (noch kälter oder zu warm stehen zur Auswahl) oder gar von allem ein bisschen? Jede Theorie hat ihre Anhänger.

Weiterhin rankt sich Stones Mammutbuch um die spannende Frage, ob es gelingen könnte, die Pelzrüssler zurück ins Leben zu rufen. Das erinnert sehr an die „Jurassic Park“-Filme Hollywoods, denn auch hier soll „Cloning“ das Zauberwort sein: Jede Zelle enthält die kompletten Informationen, die ein neues Lebewesen für seine Entstehung braucht. Also suchen wir einfach ein gut gefrostetes Mammut, entnehmen ihm eine intakte Zelle, pflanzen sie einer (bei Gelingen zweifellos erstaunten) Elefantenkuh ein – und zwei Jahre später (so lange dauert es bis zur Geburt) steht ein langmähniger Jumbo vor der versammelten Weltpresse!

So dachte sich das jedenfalls der Genetiker Kazufumi Goto, der mit mehr Geld als Verstand ausgestattet durch Sibirien reiste, um einen geeigneten Spender-Kandidaten zu finden. Aber wie heißt ein Mammutsucher-Sprichwort so schön: „Du kannst kein Mammut finden – es muss dich finden.“ Hohn und Spott und ein ausgetrockneter Fetzen Rhinozeroshaut waren daher der einzige Lohn für den Pionier.

Mehr Glück war dem Franzosen Bernard Buigues beschieden. Sicher wird sich so manche/r noch an die Bilder erinnern, die damals durch die Medien gingen: Unter einem Hubschrauber hängt ein gewaltiger Eisklotz, aus dem vorne theatralisch zwei geschwungene Stoßzähne ragen.

Dass diese mit Eisenklammern nachträglich befestigt wurden, um dem Sponsor „Discovery Channel“ einprägsamere Bilder zu bescheren, wurde damals nicht so deutlich angesprochen wie Stone dies nun nachholt. Er selbst war mehr als einmal in Sibirien und hatte auch die Buigues-Expedition besucht. (In dem Klotz steckten außer viel Frostmatsch übrigens nur ein paar Knochen.)

Also gilt es weiter zu hoffen, zu forschen und zu klonen. Gern hätte Stone sein Buch mit dem Knalleffekt einer bevorstehenden Auferstehung ausklingen lassen; er muss sich mit spannenden Fakten und spinnenden Träumern zufrieden geben.

Falls die Vorstellung des Buches im Rahmen dieser Besprechung dem Leser etwas sprunghaft vorkommt, so liegt dies durchaus in der Absicht des Rezensenten. Auch Stone mäandert durch sein Thema, springt von (trotz der düsteren Umgebung farbenfrohen) Impressionen diverser Reisen durch den Wilden Osten der zerfallenen Sowjetunion zur Entdeckungsgeschichte berühmter Mammut-Kadaver, weiht uns in die Geheimnisse des Klonens ein, lässt dann die Welt der Eiszeit neu erstehen, erzählt von weiteren Reisen, weiß noch etwas übers Klonen … Es fehlt ein wenig der rote Faden, was indes wenig ausmacht. Das unsterbliche Mammut erledigt seinen Teil; von seiner Wiederkehr als Ei(s)spuk mag man gern weiterlesen.

Richard Stone hatte in der Tat gewisse Schwierigkeiten mit der Niederschrift dieses Werkes. Sein ausführliches Nachwort deutet dies nicht nur an. Mit einjähriger Verspätung legte er es schließlich vor. Strukturell hat es weiterhin deutliche Schwächen. Inhaltlich könnte man ihm höchstens eine gewisse Leichtgläubigkeit vorwerfen. Aber das würde den Kern der eigentlichen Kritik verfehlen: Stone ist in Sachen Mammut Mulder & Scully in Personalunion: Er will glauben, aber er kann es nicht. Die harten Fakten kollidieren immer wieder mit seinem Traum, das Mammut dereinst wieder durch die Eissteppe schlüren zu sehen. Der Traum obsiegt, aber es klingt hohl, wenn Stone seinen Glauben an den zukünftigen Sieg der Genetik über den Artentod bekräftigt.

Kein Wunder, denn Stone selbst hat die Karten offen auf den Tisch gelegt: Es ist faktisch unmöglich, ein Mammut zu klonen. Es funktioniert ja nicht einmal bei einem lebenden Säugetier mit blutfrischen Zellen. Wer erinnert sich nicht an Klonschaf „Dolly“, Überlebende einer langen Reihe gruselig fehlgeschlagener Experimente. (Hat jemand „Alien 4“ mit den eingedosten Ripley-Klonen gesehen?) Kaum sechs Jahre nach ihrer Geburt begann Dolly auseinander zu fallen und musste eingeschläfert werden.

Es ist also ein langer Weg bis zur Rückkehr des Mammuts. „Pleistocene Park“ wird noch geraume Zeit leer stehen. Aber „Mammut“ ist auch die Geschichte sympathischer und exzentrischer Visionäre, die unsere Welt so dringend braucht, damit sie nicht den Sparschweinen und Spielverderbern in die Hände fällt.

Richard Stone ist ein mehrfach preisgekrönter Wissenschafts-Journalist, der für Magazine und Zeitungen wie „Discover“, „Washington Post“, „Moscow Times“ und zahlreiche andere Publikationen geschrieben hat. Er hat an der Cornell University und dank eines Stipendiums in Russland studiert.

Meyrink, Gustav / Tieck, Ludwig / Poe, Edgar Allen / Hoffmann, E.T.A. / Boutet, Frederik u. a. – Gespenster, Gespenster

Dieses |Langen Müller| Audio-Book präsentiert nach eigenen Angaben die Klassiker der phantastischen Gruselliteratur. Auf vier CDs mit einer Gesamtspieldauer von 310 Minuten werden von Christiane Blumhoff und Mathias Kahler verschiedene schaurig-schöne, zumeist unbekannte Werke berühmter Autoren gelesen. Hierbei handelt es sich um „Das Gehirn“ (G. Meyrink), „Der blonde Eckbert“ (L. Tieck), „Der Teufel im Glockenstuhl“ (E. A. Poe), „Der Vampyr“ (E. T. A. Hoffmann), „Der Geist“ (F. Boutet), „Das Wachsfigurenkabinett“ (G. Meyrink), „Das Galgenmännlein“ (F. De la Motte Fouque), „Bal macabre“ (G. Meyrink), „Die Nacht in Brczwezmcisl“ (H. Zschokke) und „Die Vision des Herrn Lafitte“ (E. Filek).

Der Titel „Gespenster, Gespenster“ ist etwas irreführend, da es sich bei den vorliegenden Werken nicht um konventionelle Geistergeschichten handelt, sondern um subtile, schaurige Erzählungen, welche das Übernatürliche und den Tod als zentrale Themen behandeln. In „Der Vampyr“ treibt sich die geliebte Ehefrau des Grafen in der Nacht auf dem Friedhof herum und ihr Gatte macht eine grausige Entdeckung. Auch die Frau des „blonden Ritters Eckbert“ aus dem Harz trägt ein Geheimnis. Sie blickt auf eine seltsame Geschichte in ihrer Vergangenheit zurück und diese holt nun ihren Mann ein und treibt ihn an die Grenze des Wahnsinns. In „Bal macabre“ spielt der Wahnsinn auch eine große Rolle, denn die Toten laden zum Tanz und geben eine wahrlich makabre Vorstellung. Wie kann dort ein Lebender, der Beobachter diese Szenen ist, nicht wahnsinnig werden?

Das Hörbuch bietet einige schöne Stunden für dunkle, kalte Winterabende. Doch Vorsicht – der Hörer muss sich auf die Werke einstellen. Es sind keine einfachen Grusel- oder gar Horrorgeschichten, sondern Schauergeschichten aus einer Zeit, welche über hundert Jahre zurückliegt. Aus heutiger Sicht wirken daher einige Aspekte und Begebenheiten nicht wirklich gruselig. Aber die meisten dieser Klassiker erzeugen eine intensive und verstörende Atmosphäre, die man einfach genießen kann.

„Der Vampyr“ von E.T.A. Hoffmann variiert ein Thema, welches man leider zur Genüge kennt. Daher verliert diese Geschichte trotz einer wirklich ausgezeichneten Erzählweise an Reiz. „Der blonde Eckbert“ ist in meinen Augen in dieser Sammlung fehl am Platz. Es handelt sich hierbei um ein Märchen, welches lediglich einige Schauermomente aufweist. Doch die Handlung selbst ist sehr vorhersehbar und unglaubwürdig. Das von E. A. Poe weniger bekannte „Der Teufel im Glockenstuhl“ ist wie vom Meister gewohnt schwer zugänglich und im eigentlichen Sinn auch keine Gruselgeschichte. Es ist eine phantastische Parabel, die gewisse Eigenheiten von Poes Zeitgenossen kritisiert. Besonders gefallen haben mir die drei Geschichten von Gustav Meyrink. Der Erzählstil ist sehr ausgeklügelt und die Handlungen sind befremdend und faszinierend zugleich. Im „Bal macabre“ fühlt der Hörer sich förmlich hineingezogen in diese verrauchte, laute Kneipe, um zusammen mit den anderen Bohemiens mit dem Übernatürlichen konfrontiert zu werden. Auch „Das Gehirn“ und „Das Wachsfigurenkabinett“ sind exzellente Werke, die eine tiefe, absonderliche und bizarre Wirkung auf den Hörer ausüben.

Die Geschichten werden abwechselnd von Christiane Blumhoff und Mathias Kahler gelesen. Beide arbeiten seit vielen Jahren als Schauspieler und haben in letzter Zeit schon verschiedene Hörbücher umgesetz. Auch bei „Gespenster, Gespenster“ gelingt es ihnen vorzüglich, den Werken das nötige Ambiente zu verleihen. Die klare Sprechweise und die verschiedenen Stimmlagen bei den Dialogen sind wirklich erstklassig.

Abschließend lässt sich sagen, dass es sich bei diesem Hörbuch um ein technisch sehr gut umgesetztes Werk handelt, bei dem es sich lohnt, auf Entdeckungsreise nach schauerlichen Geschichten jenseits des Mainstreams zu gehen.

Jean Ray – Die Gasse der Finsternis. Phantastische Erzählungen

Ray Gasse Cover kleinEin Dutzend Dracheneier für Leser, die Phantastik mit Überraschungen lieben; für Jean Ray ist die Realität nur eine Schicht im Gewebe eines Universums, das in seiner Vielfalt meist außerhalb der menschlichen Wahrnehmung bleibt; unterhaltungsintensiv, mit enormem Einfallsreichtum, und drastischen Effekten schildert der Verfasser, was geschieht, wenn diese Schichten zufällig kollidieren.
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Ballard, Robert D. / Archbold, Rick – Versenkt im Pazifik – Schiffsfriedhof Guadalcanal

Ein Schauplatz erbitterter Kämpfe zu Lande, zu Wasser und in der Luft, sind die Pazifik-Insel Guadalcanal und der darauf befindliche Flughafen „Henderson Field“ von Japan und Amerika während des WK II heiß umkämpft, doch in der Konsequenz ziemlich unwichtig gewesen – Als eine tragische Ironie des Krieges lieferten diese taktisch eigentlich unsinnigen Kämpfe den größten bekannten Schiffsfriedhof, der dem Meeresgrund dort auch den treffenden Namen „Eisen-Sund“ einbrachte, weil unzählige Wracks sich dicht an dicht in der Tiefe quasi aneinander reihen. Die dort abgehaltenen Seeschlachten standen seit jeher im Schatten der Land- und Luftkämpfe, die dieses idyllische Eiland immer wieder heimsuchten.

Bekannt geworden ist Guadalcanal daher auch eher durch Serien wie „Pazifik-Geschwader 214 – Die schwarzen Schafe“ oder neuerlich mit dem Anti-Kriegs-Streifen „Der schmale Grat“. Dass sich dort ganze Kriegsschiff-Flotten unerbittlich beharkt haben, ist dagegen zumindest hierzulande fast in Vergessenheit geraten. Robert D. Ballard hat sich 1993 wieder einmal mit seinem beispiellosen Tiefsee-Equipment aufgemacht, um den dort liegenden stummen Zeugen des Wahnsinns einen Besuch abzustatten … Ganze 13 gespenstische Wracks wurden von seinem Team gefunden und erforscht, was der vorliegende Bildband „Versenkt im Pazifik – Schiffsfriedhof Guadalcanal“ eindrucksvoll illustriert.

_Historischer Hintergrund_
Die Schlachten um die Salomonen-Insel Guadalcanal im süd-östlichsten Ende des von Japan kontrollierten Pazifiks fanden über mehr als drei Monate hinweg statt (August – November 1941). Primär war dabei die Kontrolle des auf der Insel befindlichen „Henderson Airfield“, den man als Ausgangsbasis für den gesamten südlichen Raum gut nutzen konnte. Sowohl die Japaner als auch die Amerikaner sahen in der unscheinbaren Insel den Schlüssel zur Nierderringung des Gegners, da beide davon ausgingen, dass eine jeweilige Invasion nicht durch den Zentral-Pazifik, sondern über die bewohnten Inselgruppen erfolgen müsse. Wenn man so will, ein kriegerisches Island-Hopping, das sich in der Nachlese der Geschichte aber als falsch erwies, da die wirklich elementaren Gefechte beispielsweise genau dort erfolgten, wo keiner der beiden Kontrahenten (aufgrund der bescheidenen Versorgungslage) sich mit dem anderen duellieren wollte.

Waren die Gefechte bei Midway und Truk noch zeitlich auf wenige Stunden oder Tage ziemlich begrenzte Einzelgefechte zwischen Marineverbänden, die den Krieg letztendlich entscheiden sollten, handelte es sich beim Konflikt um die Salomonen-Insel laut einem Zeitzeugen eher um eine „blutige Kaschemmen-Prügelei“, bei der keine Seite trotz sämtlicher aufgebotener Truppengattungen (nicht nur Schiffe, sondern auch Flugzeuge, Panzer und Infanterie) wirklich einen Sieg erringen konnte. Dementsprechend häufig wechselte Guadalcanal dann auch immer wieder den „Besitzer“. Trafen Flottenverbände mal auf keine maritimen Gegner oder gegnerischen Frachter, feuerten die Schlachtschiffe auch gern auf Landziele und unterstützten somit ihre Bodentruppen mit der Schiffs-Artillerie oder deckten mit ihren FLAK-Kanonen den Luftraum ab, während man wieder mal versuchte, die Insel einzunehmen und/oder zu verteidigen.

Der Schiffsfriedhof von Guadalcanal ist die direkte Konsequenz dieses Hin und Hers und verdeutlicht wie kaum ein zweiter Ort die Sinnlosigkeit, einen völlig unwichtigen Flecken Erde mit allerhand Menschen und Technik zu umkämpfen, nur um anschließend festzustellen, dass die wirklich entscheidenden Schlachten ganz woanders geschlagen werden. So war das Gerangel um Guadalcanal, gemessen am taktischen Nutzen, reine Verschwendung von Mensch und Material auf beiden Seiten, dem nicht wenige Schiffe, Flugzeuge, Panzer und Fußtruppen zum Opfer fielen. „Gewonnen“ haben diesen Konflikt die Amerikaner; nach der Versenkung des japanischen Superschlachtschiffes |Kirishima| war der Widerstandswille der japanischen Invasionsflotte ziemlich gebrochen und es begann nunmehr die Zeit der Bodentruppen, versprengte und verschanzte Nester des Gegners auszuheben … Bei den erlittenen Verlusten der Amerikaner kann man aber wahrlich nicht von einem „Sieg“ reden.

_Die Mitwirkenden_
Dr. Robert D(uane) Ballard ist Meeresgeologe an der |Woods Hole Oceanographic Institiution|, Mitglied der |National Geographic Society| und seit seiner Entdeckung der |Titanic| schon eine Berühmtheit unter den Tiefseeforschern, wenn auch nicht überall wohl gelitten. Sein zweiter Geniestreich war das Auffinden des deutschen Schlachtschiffes |Bismarck| und dessen Erforschung. Ballard steht in dem Ruf, viel Wert auf Publicity zu legen – einige seiner Wissenschaftskollegen mögen ihn dafür nicht sonderlich. Auf der anderen Seite ist eine solche Expedition mit einem immensen Kostenaufwand verbunden, also was Wunder, wenn er seine Funde entsprechend vermarktet und die Werbetrommel für die US Navy rührt, auf Basis deren Technik er seine Forschungen durchführt. Man kann über ihn denken, was man will – er ist und bleibt der Shooting-Star unter den heutigen Unterwasser-Archäologen, der mit seinem System schon so manches verschollene Wrack aufspüren konnte.

Rick Archbold, ein angesehener Historiker, dessen berühmtestes eigenes Werk „Hindenburg“ ist, eine minutiös geschriebene Recherche über die Tragödie des deutschen, gleichnamigen Luftschiff-Stolzes LZ119, welches in den 30er Jahren bei Lake Hurst verunglückte. Auch in diesem Band sorgt Archbold wieder dafür, dass sich Ballard ganz auf die Schilderung der eigentlichen Suche in den Tiefen des Pazifiks beschränken kann, den historischen Part setzt er gewohnt neutral in Text- und Bildform um, was sich allerdings auf alle Waffengattungen und die politischen Hintergründe bezieht und nicht nur auf die Seeschlachten (diese nehmen aber den größten Teil ein). Dabei kommen auch wieder unzählige Geschichten zusammen, die das Ausmaß der Sinnlosigkeit der Zerstörung rund um Guadalcanal verdeutlichen und illustrieren.

Ken Marshall ist der Illustrator, der auch schon einen ganzen Bildband mit Titanic-Motiven herausbrachte – Ich kenne niemanden, der gerade diese Art bedrückender Wrackbilder so plastisch per Airbrush und Pinsel darstellen kann. Auch er ist seit dem Titanic-Band für Ballard in jedem seiner Bücher für die Illustration der Wracks zuständig und hat auch hier (wieder einmal) das Titelbild erschaffen, wobei er bei „Versenkt im Pazifik“ einen Teil des Wracks des australischen Kreuzers |Quincy| zusammen mit dem Tauchboot „Sea Cliff“ verwendet hat. Sehr düster und bedrohlich, ein Bild, das mir wieder mal eine Gänsehaut über den Rücken jagt.

_Das Buch_
Ballards dritte große Expedition zu gesunkenen Schiffen führte ihn also 1992 nach Guadalcanal; diesmal bedient er sich wieder seiner gerühmten „Rasenmäher“-Such-Technik, wobei er mittels GPRS seine Position ständig auf den Meter genau feststellen kann und dabei einen Sonarschlitten im Schlepp knapp über dem Meeresboden hinter sich herzieht. Dieser liefert Bilder und Sonarreliefs der Umgebung in die Leitzentrale des Forschungsschiffes. Ballard wird nie müde, den Lesern dieses Suchmuster unter die Nase zu reiben, allerdings sind die Wracks im Suchgebiet diesmal so dicht gedrängt und auch der „Eisen-Sund“ längst nicht so tief wie die Fundstellen der Titanic und der Bismarck, daher ist ein Auffinden irgendwelcher Wracks diesmal wahrlich nicht das Problem. Die Exkursion bleibt Wunder-Oh-Wunder weitgehend von den sonst Ballard-üblichen Pannen verschont.

Auch hier, wie bei der Titanic, greift Ballard nicht nur zu seinen ferngesteuerten Video-Augen, sondern begibt sich selbst in seinem tiefseefesten Minitauchboot „Sea Cliff“ (dem Nachfolger seines legendären „Alvin“) zu einigen der interessanteren Wracks hinunter – das hat den Vorteil, dass er dort sein ferngesteuertes Tauchboot „Scorpio“ zusätzlich in Winkel schicken kann, die sonst nicht bildtechnisch zu erfassen oder für das bemannte Boot zu gefährlich sind. Dementsprechend detailliert kann dann auch hernach Ken Marshall seine Arbeit aufnehmen und die einzelnen Schiffe sehr stimmungsvoll und genau darstellen. Glücklicherweise finden sich in diesem Bildband wieder die ausklappbaren Seiten, welche die perfekten Illustrationen auf ein dreifaches Panorama ausbreiten – meist sind noch markante Fakten darauf verzeichnet, die in der Bild-Legende erklärt werden, d.h. hier wird auf besonders interessante Fundstellen hingewiesen.

Rick Archbold ist für die Aufbereitung der geschichtlichen Hintergründe zuständig. So besteht das Buch zwar aus einem großen Teil Wrackbildern und den Tauchgängen, die Hintergründe werden aber dennoch ausführlich von ihm dargestellt. Zu beinahe jedem Wrack gibt Archbold Augenzeugenberichte oder andere Quellen betreffend des Schicksals zum Besten. Er beschränkt sich aber nicht nur auf die Seeschlachten selbst, sondern liefert gleichzeitig noch interessante Nebeninformationen; sei es der Kampf an Land oder in der Luft, wenn’s geht sogar mit genauem Datum und Uhrzeit, damit man sich vom zeitlichen Zusammenhang der Ereignisse ein gutes Bild machen kann. Archbold heroisiert keine Seite und verhält sich bei seinen Recherchen sehr neutral, Ballard setzt dagegen manchmal etwas mehr auf Showmanship und Pathos, weswegen er wohl auch wieder Überlebende der Schlachten an Bord seines Forschungsschiffs eingeladen hat.

_Fazit_
Reich an verschiedenen Schiffen und die Sinnlosigkeit dieses Krieges durch die gut präsentierten geschichtlichen Hintergründe verdeutlichend, kann man dieses Buch als eines der besten Ballards bezeichnen, vor allem durch das Fehlen größerer Pannen und deren sonst so melodramatische Beschreibung, konzentriert sich „Versenkt im Pazifik“ auf die Geschichte der einzelnen Wracks. Der Leser bleibt diesmal von ausladenen Erklärungen, wie, wo und warum man genau |so| nach versunkenen Schiffen sucht (und nicht anders) verschont, die sonst Ballards Werke schmücken. Das zeigt, dass Ballards Bücher am besten sind, wenn der notorische Selbstdarsteller mal ein wenig zurücksteht und sich sein Co-Team hauptsächlich um den Inhalt kümmert.

Archbold liefert erneut einen akkuraten historischen Hintergrund ohne Pathos und sehr neutral, während der einfach geniale Ken Marshall wieder einmal seine Klasse beweist, die Unterwasserszenen bildlich darzustellen. Einen besseren Illustrator für die Unterwasser-Stilleben wird man heutzutage kaum finden. Daher kann mein Urteil sowohl für den mittlerweile schwer erhältlichen |out of print|-Bildband als auch das immer wieder neu aufgelegte Taschenbuch (wobei der großformatige Bildband mir wesentlich lieber ist) auf „absolut lesenswert“ lauten.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_
Originaltitel: „The Lost Ships of Guadalcanal“
Erscheinungsjahr: 1993 Madison Press, New York
Deutsche Ausgabe: 1993 Ullstein
Übersetzung: Uwe D. Minge
ISBN: 3-550-06384-4 (HC)
ISBN: 3-548-24695-2 (TB)
Illustrationen: Ken Marshall
Ausführungen: HC (OOP) und TB; 228 bzw. 232 Seiten
zahlreiche S/W- und (ausklappbare) Farbbilder

Hohlbein, Wolfgang – Feuer

Wieland Lokkens, kurz „Will“ genannt, hat mal wieder eine respektable Packung Ärger am Hals: Der kleinkriminelle Enddreißiger mit einem Händchen für den gezielten Griff ins Klo und dem Knast-Dauerabo ist auf Bewährung auf freiem Fuße und hat natürlich nichts Besseres zu tun, als mit einem – sagen wir einmal – nicht ganz rechtmäßig ausgeliehenen Amischlitten der Extravaganzklasse durch ein Wohlstandsviertel zu cruisen und dabei – hoppla! – ein Kind anzufahren. Dieses flüchtet in Panik in eine frisch abgebrannte Villa, einen schuld- und pflichtbewussten Will auf den Fersen, der sich eigentlich nur um das Opfer seiner Tagträumerei am Steuer kümmern möchte. Bei der Hetzjagd durch die in abendlicher Dämmerung dräuende Brandruine und deren Kellerräume verliert dieser aber allmählich die Geduld mit dem widerborstigen Flüchtling, trägt selbst noch einige Blessuren davon und wird in dieser Stresslage letztlich ziemlich knatschig.

Erschöpft einigen sich Jäger wider Willen und seine Beute bald auf ein Unentschieden, verlassen die Hetzarena – und prompt bekommt Will eins übergezogen und macht unerwartete Bekanntschaft mit kampferprobten Fäusten. Offenbar gibt es noch andere Interessenten an seiner minderjährigen Jagdbeute. Diese verstehen nicht viel Spaß und bedeuten Will unmissverständlich, sich um seine eigenen Probleme zu kümmern, die sich gerade selbstverschuldet vermehrt haben. Will zieht arg gebeutelt Leine, sieht noch, wie das Kind samt Schlägertypen in einer Limousine verschwindet und versucht, wenigstens noch seinen Auftrag auszuführen und die geklaute Karre bei seinem Unterweltchef abzuliefern, der ohnehin nicht viel von dem geborenen Loser hält und mindestens ebenso wenig Spaß versteht wie Wills soeben knapp überlebte unheimliche Begegnung der schmerzhaften Art.

Auf der Weiterfahrt kreuzt unser Katastrophenmagnet eine großräumig gesperrte Unfallstelle. Überraschung: Die Kindesentführer hatten wohl ebenfalls keinen ihrer glücklichen Tage, denn ihre Limousine brennt fröhlich auf der Straße vor sich hin – vom Kind keine Spur. Dass Will das hartnäckige Gör immer noch nicht los ist, stellt er kurz darauf fest, und auch, dass Villen und Limousinen lange nicht das Einzige sind, was im weiteren Verlauf dieser für ihn unerfreulichen und strapaziösen Geschichte abfackeln wird. Was hat das Kind mit dieser Aneinanderreihung von Malheuren zu tun, wie gestaltet sich Wills eigene Rolle dabei, wer waren die Eisenfresser aus der Limousine, warum wird Will selbst zur Jagdbeute und inwiefern scheint seine eigene Vergangenheit davon betroffen zu sein?

_Apocalypse now?_
Gleich vorweg: Der Klappentext ist zum Teil mal wieder aus der PR-Kiste gewürfelt. Die ganze Menschheit werde von verborgenen Mächten aus der Erde bedroht, heißt es da. Es zündelt auffällig kräftig in Köln, das wohl, aber mehr auch nicht. Und die Titulierung als „zweiter Apokalypse-Thriller nach dem Bestseller FLUT“ haut damit ebenso daneben, zumal sie nebenher einen Fortsetzungseffekt suggeriert.

„Feuer“ ist in weiten Teilen ein waschechter Thriller, ganz ohne Apokalypse oder verborgene Mächte, nur mit einem Hauch mysteriös-mystischer Andeutungen verfeinert. Ein unbedarfter Verlierertyp stolpert in eine Reihe gefahrvoller Ereignisse und wird mit Machenschaften konfrontiert, die über seinen Horizont und seine Erfahrungswelt hinausgehen. Will purzelt durch das Unterweltmilieu, prallt auf exzentrische Geldbonzen, die vielleicht gar Kinderhandel betreiben, und kreuzt unweigerlich die Wege ermittelnder Staatsbeamter, die ihm aufgrund seiner nichtsnutzigen Vergangenheit die Unschuldsrolle nicht ganz abnehmen wollen. Und stets begleitet die archaische Macht des Feuers das Geschehen.

Hohlbein bietet damit für den Start einige bewährte Thriller-Zutaten auf, die er geschickt und spannend in Szene zu setzen und mit der zynischen Weltsicht seines Antihelden zu ergänzen weiß. Unterstützt wird er dabei durch bereits im Prolog und in Wachträumen angedeutete mystische Verbindungen zu Wills eigener Vergangenheit, die neugierig machen. In der Tat gelingt es unserer fleischgewordenen deutschen Lieblings-Buchveröffentlichungsmaschine – immerhin über acht Werke im Jahresschnitt, die zudem ständig neu aufgelegt und (auch unter abweichenden Titeln) in diversen Verlagen publiziert werden –, die Spannung über weite Teile aufrecht zu erhalten, die Action nicht abreißen zu lassen, unerwartete Wendungen zu präsentieren und den Leser mit häppchenweisen Informationen bei der Stange zu halten.

Auch die Charaktere sind thrillertauglich und bis kurz vor dem Ende in ihren Motivationen und ihrer Parteinahme nicht recht einzuordnen, was sich ganz klar positiv im Spannungsbogen bemerkbar macht. Also unterm Strich alles bestens und gelungen? Leider nein. Mal wieder.

_Vielschreiberei: Risiken und Nebenwirkungen_
Mit mittlerweile perfektionierter Zielstrebigkeit gelingt es Hohlbein auch diesmal wieder, einen viel versprechenden Ansatz stilecht zu zerlegen und die aufgebaute Erwartungshaltung des Lesers in der Zielgeraden zerbröseln zu lassen. Dabei spielen die sprachlich-stilistischen Patzer kaum eine Rolle; von Hohlbein ist man da inzwischen einiges gewohnt und insgesamt kann der Arzt einen Genesungsprozess attestieren. Derlei ist beim Griff zum jeweils aktuellen Hohlbein so nebensächlich wie intensive Charakterformung, angemessene Recherchearbeit oder literarische Finesse. Wir wollen spannend unterhalten werden und am Ende das Buch zufrieden gesättigt beiseite legen können.

Das erste Erwartungsmoment wird größtenteils zufrieden gestellt; lediglich im letzten Buchdrittel fallen größere Längen unangenehm auf, die den Handlungsverlauf ausbremsen und sich zu sehr in Befindlichkeiten des Protagonisten ergehen. Mehr Handlungs- und Dialoglastigkeit wäre hier wünschenswert gewesen, ebenso wie die straffende und streichende Hand eines erfahrenen Lektors, der bei der Gelegenheit gleich einige allzu offensichtliche Ausdrucksschwächen hätte retuschieren können. Insgesamt geht das Ergebnis aber als immer noch spannende, unterhaltsame und die Fantasie anregende Lektüre durch; das Zuviel an Text zum Ende hin führte lediglich zu einer erhöhten Querleserate meinerseits, damit es endlich mal vorangeht.

Das Finale allerdings torpediert Herr Hohlbein dann vollends. Durch allerlei Geschwafel hier und Wiederholungen dort hat der Autor zu viel Raum und Arbeitszeit verloren, die er nun mit geballter Informationsflut ausgleichen möchte. Und hier begeht er nun den tödlichsten aller Fehler: Er lässt seine Bösewichte auf den ungelogen zweihundert Seiten der Schlusssequenz über Gott und die Welt schwadronieren. In der Tat gibt es so viele Erklärungsmonologe, die mit der obligatorischen Bösewichtwaffe im Anschlag auf den Leser einprasseln, dass Hohlbein sogar den Protagonisten mehrfach über so viel dummes und wirres Geschwafel die Augen verdrehen und gehörtechnisch abschalten lässt. Eine absurde Form von Realsatire oder etwa schriftstellerischer Galgenhumor kurz vor dem kreativen Exitus?

Als Bonus ist man dann trotz der Informationsflut im Umfang eines VHS-Kurses über Familienbande, die Edda, Urgewalten, Schmiedefeuer, Kölle und den Rest der Welt immer noch nur um weniges klüger als zuvor, denn dem Autor gelingt es nicht wirklich, eine zeitlich wie kausal logische Abfolge von Erklärungen zu präsentieren, die all die mittlerweile geöffneten Überraschungspäckchen in eine erhellende Lichterkette zu reihen verstünde. Alles bleibt irgendwie vage bis absurd, der Leser tappt weiterhin verwirrt im Dunkeln und stellt fest, dass die Spannung erzeugende Verunsicherung bis zum Schluss weniger Hohlbeins fachlicher Meisterschaft als viel mehr der tatsächlichen Verwirrung von Handlungsansätzen zu verdanken ist. Zudem bricht jetzt das phantastische Element des Romans vollends hervor, doch leider derart abrupt, schwer nachvollziehbar und geradezu halluziniert, dass wir als verdatterte Beobachter des Geschehens überfordert werden. Die bis zum Letzten erhoffte Auflösung all der Verwirrung bleibt dabei leider aus.

Es ist wahrlich ein Jammer. Die Ansätze sind gelungen, Spannung ist vorhanden und dann verpufft alles in einem Mangel an Lektoratsarbeit und konzentrierter Schriftstellerei, die sich vielleicht mit einem guten Werk pro Jahr begnügen sollte, anstatt in einem Dutzend Veröffentlichungen jährlich ebenso viele sich immer ähnlichere Ideenansätze in Variationen eines Themas halbgar zu vergeigen. Schade drum. Bis auf den verkorksten Abschluss wurde ich dennoch gut unterhalten; lediglich die Anschaffung einer nicht unbedingt kostengünstigen Hardcover-Ausgabe für den kleinen Hohlbein zwischendurch sollte man sich zweimal überlegen, auch wenn man mit siebenhundert Seiten einiges an Lesefutter dafür bekommt.