Lady Bina, eine kecke Freie Frau
Irgendwo im großen Hafen von Brundisium liegt ein nicht abgeholtes Gepäckstück. Ein Gerücht geht um, dass sein Inhalt das Schicksal einer Welt bestimmen könne. Mag das nun stimmen oder nicht, so ist doch eines wahr: Menschen und Bestien werden töten, um es zu besitzen.
Unterdessen ist eine junge Frau, die zur Sklavin und Handelsware gemacht wurde, auf die Sklavenmärkte von Gor gebracht worden, nachdem sie in ihrem Sekretärinnenjob auf der Erde einen Fremden verärgert hatte. Sie hat nicht die geringste Ahnung, dass sie den Schlüssel zu jenem unauffindbaren Gepäckstück besitzt – und den Verlauf der Geschichte verändern wird. (Verlagsinfo)
Der Autor
In seinem bis dato 38 Bände umfassenden Gor-Zyklus erzählt der amerikanische College-Professor John Norman (er heißt eigentlich John Lange, ist verheiratet und hat drei Kinder) die Abenteuer von Menschen auf der Welt Gor, einem Planeten, der sich in seiner Umlaufbahn um unsere Sonne der Erde genau gegenüber befindet. Gor ist somit eine Art Zwillingswelt, allerdings weitaus wilder, altertümlicher, wenig erforscht und von zwei Alienspezies umkämpft, den auf Gor im Verborgenen herrschenden Priesterkönigen und den sie bedrängenden Kurii. Raumschiffe der Priesterkönige verkehren zwischen Erde und Gor: Sie bringen geheime Technik, Gold und entführte junge Damen auf die Gegenerde.
Der Gor-Zyklus
1: Tarnsman of Gor
2: Outlaw of Gor
3: Priestkings of Gor
4: Nomads of Gor
5: Assassin of Gor
6: Raiders of Gor
7: Captive of Gor
8: Hunters of Gor
9: Marauders of Gor
10: Tribesmen of Gor
11: Slave Girl of Gor
12: Beasts of Gor
13: Explorers of Gor
14: Fighting Slave of Gor (Jason Marshall 1)
15: Rogue of Gor (Jason Marshall 2)
16: Guardsman of Gor (Jason Marshall 3)
17: Savages of Gor
18: Bloodbrothers of Gor
19: Kajira of Gor
20: Players of Gor
21: Mercenaries of Gor
22: Dancer of Gor
23: Renegades of Gor
24: Vagabonds of Gor
25: Magicians of Gor
26: Witness of Gor
27: Prize of Gor
28: Kur of Gor
29: Swordsmen of Gor
30: Mariners of Gor
31: Conspirators of Gor
32: Smugglers of Gor
33: Rebels of Gor
34: Plunder of Gor
35: Quarry of Gor
36: Avengers of Gor
37: Warriors of Gor
38: Treasure of Gor
Handlung
Phyllis Rodgers arbeitet als Sekretärin, als sich ein unbekannter Mann mit einem sehr kühnen Ansinnen an sie wendet: Sie soll vor ihm niederknien. Wie absurd! Aber weil er ihr Angst einjagt, tut sie, was er ihr befiehlt, und dazu gehört es, dass sie „La kajira“ sagt. Erst im Gespräch mit ihrer Freundin Paula versteht sie, was diese Worte bedeuten: „Ich bin ein Sklavenmädchen.“ Sie habe sich selbst zu einer Sklavin erklärt, sagt Paula, die ein ähnliches Erlebnis hatte. Paula hat Phyllis einen Schlüssel überbracht, der ihr, Paula, zugeschickt worden war. Die Abholer lassen nicht lange auf sich warten, betäuben die beiden Frauen und transportieren sie nach Gor, der Gegenerde.
Nach der Landung müssen Phyllis und Paula einen bitteren Trank schlucken. Paula erklärt, dass dieser Trank sie unfruchtbar machen werde. Phyllis ist geschockt, dass ein einfacher Saft dies bewirken könne. Anschließend werden sie getrennt und jeweils einem Besitzer zugeteilt. In Phyllis‘ Fall übernimmt dieser sogar persönlich ihre Ausbildung, doch da sie eine „Barbarin“ ist, hält er sie für dumm. Sie glaubt immer noch, sie sei eine Freie Frau, aber das ist ein Irrtum, wie sie durch die Anwendung von Brandeisen, Peitsche, Gerte und Kette lernt. Den Stahlkragen wird sie nicht los und bald muss sie die Sklavenpositionen lernen, so etwa das Knien.
Der Mann, den sie auf der Erde verärgert hat, wird nach einigen Wochen des Trainings ihr neuer Besitzer. Er geht sogar so weit, mit ihr geheimes Wissen zu teilen, nämlich die Tatsache, dass um Gor ein unsichtbarer Krieg zwischen den Priesterkönigen, die Gor beherrschen, und den Kurii in ihren Stahlwelten geführt werde. Phyllis, die nun den Namen Lita trägt, bekommt es mit der Angst zu tun. Anschließend wird sie für alle Liebesdienste ausgebildet.
Brundisium
Brundisium ist ein großer Hafen am Delta der Dacia, und Lita kommt sich in ihrem niedrigen Käfig darin sehr verloren vor. Niemand überwacht sie, so dass sie sich fragt, was sie hier eigentlich soll. Sie bietet sich zum Verkauf an, ja, sie fragt sogar eine Freie Frau, obwohl sie es besser wissen sollte. Die Freie Frau wendet sich empört und angeekelt von dieser niederen Lebensform in dem Käfig ab. Es wird Abend und Lita beginnt, allerlei merkwürdige Aktivitäten zu beobachten. So etwa zwei Männer im Rot der Krieger, die Waffen und Helme tragen. Sie kaufen nichts. Am Abend wird es sehr still im Hafen: Ein Mann in schwarzer Rüstung betritt den Kai. Sein Helmbusch ist ebenso schwarz wie sein Mantel: Er gehört zur Kaste der Attentäter. Als er nicht findet, was er sucht, verschwindet er wieder. Alle sind erleichtert, nur Lita versteht die Furcht nicht: Sie hat noch nie einen dieser Assassinen gesehen.
Auch bei einem Freien Mann versucht sie ihr Glück, ebenso vergeblich. Als sie ihren Besitzer auch noch anlügt, wird sie bestraft: Zwei Helfer tauchen sie in ihrem Käfig ins Hafenbecken. Allerlei Getier schleicht ihr um die bloßen Beine, so dass sie aufschreckt und kaum zum Schlafen kommt. Erst nach anderthalb Tagen darf sie an wieder an Land. Nach einem tiefen inneren Kampf bekennt sie, dass sie keine Freie Frau mehr ist, wie sie behauptete, sondern eine Sklavin. Nach der anschließenden Auktion verrät ihre Reaktion, was für eine sinnliche Frau in ihr steckt, und das verdoppelt ihren Preis. Der Käufer steckt sie an Bord seines Flussbootes, das den Vosk-Fluss befahren soll. Angeblich Richtung Torcadino. Lita ist mit 21 anderen Mädchen im Frachtraum gefangen, als das Boot ablegt.
Sie erinnert sich, wie sie etwas auf den Docks gehört hat, das mit dem Attentäter zu tun hatte. Der Mann von der Schwarzen Kaste, den sie schon zuvor bemerkt hatte, habe in einer Taverne vier Gäste mit einem Schwertstich durchs Herz getötet. Einfach so und ungestraft. Denn die Stadtwache lege sich nicht mit den Assassinen an, sagte einer der Männer auf dem Dock. Offenbar habe der Mann der Schwarzen Kaste nicht gefunden, was er suchte und war deswegen verärgert.
Odyssee
Torcadino ist nur die erste von mehreren Stationen, an denen Lita rackern muss, bis sie wieder verkauft wird, und zwar immer an reisende Händler. Selbst sie findet das merkwürdig. Sie scheint sogar aus der Luft überwacht zu werden: Ein Krieger auf einem riesigen schwarzen Vogel fliegt über sie hinweg, als sie in einem Weizenfeld für einen Bauern arbeitet. Schließlich landet sie als Küchensklavin im Haus des Herrschers von Market of Semris, einem weiteren Stadtstaat. Lysander ist dessen „tyrannos“, also eine Art Administrator, und folglich sehr reich: Tausende von Sklaven arbeiten für ihn. Lysanders Kämmerer fragt in der Küche nach einer Sklavin namens Phyllis. So wurde sie schon lange nicht genannt. Hat sie wieder was angestellt, für das sie bestraft werden soll, fragt sich Lita/Phyllis bang. Nein, sie soll beim Abendmahl auftragen. Was für eine Ehre! Wie hat sie die denn verdient, fragt sie sich verwundert.
Das Abendessen
Lysander hat mehrere Gäste geladen, davon vier Frauen und vier Männer, die sich nach dem Essen verabschieden, um ihrem Vergnügen nachzugehen. Doch ein Mann in goldener Robe bleibt zurück, er nennt sich Tullius Quintus. Phyllis muss ihn bedienen, doch sie erstarrt, als er sie mit ihrem irdischen Namen „Phyllis Rodgers“ anspricht. Er weist Lysander drauf hin, dass Männer mit Schwertern nach dieser Sklavin suchen würden. Lysander ist froh, sie an Tullius Quintus verschenken zu dürfen: Sie sei nie in seinem Haus gewesen, sagt er.
Flucht
Tullius lässt sie knebeln, fesseln und in einen Sack stecken. Der Sack wird auf einen Wagen geladen, der nur durch einen Tunnel erreicht werden kann. Alles muss schnell gehen, doch kaum hat der Wagen den Stall verlassen und erreicht das Stadttor, als Aufruhr unter den Wachen aufkommt: jemand verfolgt den Wagen. Ohyllis, die schon wieder Lita genannt wird, fürchtet sich sehr, denn sie wir ständig von Seite zu Seite geworfen. Auf einmal durchquert der Wagen den Fluss der die beiden Seiten der Stadt voneinander trennt. Sind sie in Sicherheit? Noch nicht ganz: Tullius stiehlt einen großen Tarn-Vogel, steckt sie in einen Transportkorb und bringt den Vogel zum Aufsteigen. Der rechtmäßige Besitzer schickt einen Armbrustbolzen in den Korb, der Lita nur um einen Fußbreit verfehlt.
In Ar
Wochen vergehen, in denen Lita und ihr Besitzer ihr Haus in Ar nicht verlassen. Das könnte einigen Leuten sonderbar vorkommen, findet nicht nur Lita. So als ob er etwas zu verbergen hätte. Die erste Krise ergibt sich, als Lita auf einem ihrer Botengänge von einer Freien Frau bestraft wird, weil der Name, der auf ihrem Halsring steht, nicht mit dem Namen „Tullius Quintus“ übereinstimmt, den sie als Besitzer angibt. Denn sie kann ja kein Goreanisch lesen. Als sie ihm Rede und Antwort steht, ahnt er, dass etwas im Busch ist. Jemand habe lange Zeit nach ihr gesucht.
In der nächsten Nacht, als ein Gewittersturm tobt, wird Lita nicht vom Regen aufgeweckt, sondern von einem Kratzen am Fenster: Ein Kopf verdunkelt das Mondlicht, doch für einen Menschen ist der Kopf zu groß. Sie schreit angstvoll auf. Als ihr Herr nachschaut, ist der Spuk vorüber. Doch es war kein Spuk, und das merkt sie, als sie abends kurz vor der Ausgangssperre – Ar hat harte Zeiten durchgemacht – ihr Freundin trifft. Diese erzählt ihr von einem Tier, das neuerdings bei Lady Bina lebe. Als die besagte Lady Bina, entspricht ihre Gewandung als Freie Frau nicht den Vorschriften: Sie ist unverschleiert. Noch gewöhnungsbedürftiger ist ihr haariger Begleiter. Der geht auf allen Vieren, trägt ein Fell und hat spitze Ohren. Er hat scharfe Augen und erspäht Lita in ihrem Toreingang, bevor er vorübergeht. Lita versteht erst nicht, was er zu seiner Lady sagt, doch dann begreift sie: Er hat menschliche Sprache gesprochen! Ihre Freundin glaubt ihr nicht. Tiere, die sprechen können, gibt es nicht.
Gefangen
Als sie zum Haus zurückkehrt, in dem sie von Tullius Quintus untergebracht worden ist, klopft sie das vereinbarte geheime Klopfzeichen. Die Tür wird zwar geöffnet, doch nicht von ihrem Herrn, sondern von einem Unbekannten. Er knebelt sie, bevor er ihr einen Haube überstülpt. Nach ihrer Unterwerfung fragt er sie aus, doch sie kann mit seinen Fragen nichts anfangen. Sie hat noch nie von Priesterkönigen gehört. Endlich fällt ein bekannter Name: Kurik aus Victoria. Doch wider Erwarten ist Lita, die nun wieder als Phyllis Rodgers angesprochen wird, ihrem Entführer Kurik nicht böse, sondern vielmehr dankbar. Daraufhin ändert ihr Gegenüber seine Taktik und lobt Kurik, dem er und seine Auftraggeber gerne etwas Gutes tun möchten. Doch nur Phyllis wisse, wie Kurik aussehe. Sie erklärt sich bereit, Kurik für ihr gegenüber zu identifizieren, als wäre sie ein Spür-Sleen.
Erst jetzt darf sie den Kopf heben und ihr Gegenüber, ihren neuen Besitzer, anschauen. Sie fängt an zu zittern: Er ist der Mann mit dem schwarzen Helm, der in Tasdrons Taverne vier Männer tötete. Er ist der Assassine, den sie auf den Docks von Victoria gesehen hat. Sie erschaudert, denn nun gehört sie ihm.
In Brundisium
Per Tarnvogel-Taxi transportiert er sie zurück nach Brundisium, das an der Mündung der Dacia liegt, und bringt sie in einer Festung der Schwarzen Kaste der Assassinen unter. Nach einigen Wochen bekommt er die Nachricht, dass die erwartete Sendung von den „Stahlwelten“ im Hafen eingetroffen sei. Doch nur Kurik habe den Schlüssel dafür. Diesen Mann soll sie ja identifizieren. Zu ihrem Bedauern muss Phyllis von ihrem Herrn erfahren, dass er alles andere als ehrenhafte Absichten gegenüber Kurik hegt. Manche Männer zahlen eben mit Stahl statt mit Gold.
Phyllis ist entschlossen, Kurik zu warnen, sobald sie ihn sieht. Doch das hat Tyrtaios vorhergesehen und zählt darauf, dass sie nicht anders kann als zusammenzuzucken, wenn sie Kurik sieht. Als blinder Bettler verkleidet, lässt er sich von seiner Sklavin, die ihn mit einem Führstab leitet, in die übelsten Viertel der Hafenstadt dirigieren. Es dauert nicht lange, bis der erste Überfall erfolgt. Doch das ist nur der Anfang der Abenteuer…
Eine Abscheulichkeit
Phyllis wird von Tyrtaios als Köder benutzt, um Kurik in eine Falle zu locken. Doch Kurik ist schlauer als der allzu selbstsichere Attentäter erwartet. Er nimmt Phyllis gefangen und benutzt sie nun seinerseits, um jene geheimnisvolle Kiste in einem ganz bestimmten Lagerhaus ausfindig zu machen. Doch in besagter Transportkiste befindet sich ein Wesen, das nur von den Stahlwelten der Kurii stammen kann: ein weiblicher Mischling aus Mensch und Kur. „Eine Abscheulichkeit!“, findet Phyllis.
Kurik findet das Wesen lediglich interessant, denn es bildet einen Baustein in einem langfristigen Plan, Gor zu erobern. Wie er Phyllis erklärt, gibt es unter den Kurii zwei Oberherren, die einander bekämpfen: Lord Agamemnon und Lord Arcesilaus. Während Phyllis noch rätselt, für welchen der beiden Kurik wohl arbeitet, dringen drei riesige Kurii in die Lagerhalle ein und vertreiben alle von Kuriks Helfern. Phyllis bekommt den Schrecken ihres Lebens, denn solche Wesen hat sie bislang nur einmal in Ar als harmloses Haustier gesehen. Diese hier sind jedoch bis an die Zähne bewaffnet, unter anderem mit Armbrüsten. Kurik hält es für klüger, den Kurii das Fremdwesen zu überlassen. Diese stecken die Lagerhalle in Brand, um alle Spuren zu beseitigen.
In Ar
Das Wiedersehen mit Paula ist herzlich, und Phyllis ist vor Freude ganz aus dem Häuschen. Ihr Herr fragt sie aus. Wie kommt es denn, dass eine reine Schausklavin auf die Märkte in einem fernen Stadtviertel geschickt werde? Eine Sklavin, die offenbar für eine Goldmünze gekauft wurde! Von einem Besitzer namens Decius, der der Handelsberater des Ubars Marlenus persönlich ist – da ist doch etwas faul! Phyllis ist sehr unglücklich, denn sie mag ihre frühere Freundin sehr. Doch schon bald soll sich erweisen, auf wessen Seite der Kurii der Handelsberater Decius steht: „Feuer!“ ruft Kurik in Phyllis‘ Ohr…
Mein Eindruck
Dieser führt die Ereignisse, die in den Bänden „Kur of Gor“ (28) und „Conspirators of Gor“ (31) geschildert wurden, mit einigen beachtlichen Weiterungen weiter. So tritt beispielsweise die Lady Bina zusammen mit Lord Grendel auf. Man muss ihre Rolle nicht unbedingt kennen, denn diese Figuren werden eingehend geschildert. Lady Bin ist eine sehr bemerkenswerte Frauenfigur: eine Freie Frau, die nicht verschleiert ist! Hat es sowas schon gegeben?! Decius Albus jedenfalls ist empört genug, um zum Angriff auf sie zu blasen. Vergeblich, denn diese Lady ist viel schlauer als er.
Eine Tribüne für den Kampf
Wie schon angedeutet, ist Decius, der Handelsberater, der Drahtzieher auf Kuriks Gegenseite: Er hat sich mit einigen Kurii zusammengetan, um den Ubar von Ar zu stürzen. Als Belohnung sollen sie eine Reihe von gefangenen Sklavinnen zum Fressen erhalten – und dürfen einige lästige Krieger wie etwa Kurik totschlagen. Allerdings hat Decius die Differenzen zwischen den Krieger von den Stahlwelten unterschätzt. Nicht nur gibt es zwei Fraktionen, sondern auch Kur-Krieger wie Lord Grendel und Surtak stellen sich Decius‘ Kämpfern entgegen.
Dies geschieht auf einem Feld, für das extra eine Tribüne à la Circus Maximus errichtet wurde. Nun stellen sich die Männer, die Ar treu sind, also Kurik und Drusus Andronicus, den Kurii entgegen. Sie dürfen mit ansehen, wie sich die verfeindeten Kurii selbst dezimieren. Doch dann sollen schließlich die Sklavinnen geopfert werden. Eine weitere Truppe von Söldnern tritt. Die schlaue und herrlich unerschrockene Lady Bina macht sowohl Kurii als auch Söldnern klar, dass nur eine Partei die Sklavinnen haben kann, und treibt so einen Keil in Decius‘ Truppen. Am Schluss bleibt sie siegreich und Phyllis, gerade eben noch Kur-Beute, atmet erleichtert auf. Sie dankt ihrem Gebieter Kurik.
Frauenfiguren
Dann fällt ihr Blick auf Paula, ihre langjährige Freundin, die nun Drusus Andronicus dient, und auf Eve, eine Mischung aus Kur und Frau, die nun Lord Grendel dient. Dieser Gor-Band stellt wieder einmal die Frauenfiguren in den Vordergrund und sorgt daher für eine eher ungewohnte Perspektive. Natürlich hat es schon zahlreiche Frauen-Romane in der Gor-Serie gegeben, denn die meisten Gor-Fans sind laut einer Umfrage von 1973 weiblich: über 70 Prozent. Eine so große Leserschaft darf nicht ignoriert werden. Deshalb bilden viele der späten Gor-Bände eine Chronik aus weiblicher Sicht.
Die Chronik der Sklavin
Phyllis ist sowohl im Vor- als auch im Nachteil. Sie ist im Nachteil, weil sie von den politischen Vorgängen, die ich oben geschildert habe, praktisch nichts mitbekommt. Folglich kann sie auch nichts vorwegnehmen oder erwarten, sondern wird, wie ihr Leser, von den vielen unerwarteten Wendungen überrascht. Sie ist im Vorteil, wenn es um das Wissen geht, wie es kommt, dass eine Barbarin wie sie, die auf Terra noch hochnäsig und egoistisch war, sich mit Freunden zu einer unterwürfigen Sklavin entwickelt. Das heißt nicht, dass eine Sklavin willenlos wäre: Eve würde beispielsweise für ihren Gebieter sterben, wirft sich in den Kampf für ihn.
Und Phyllis weiß genau, welche Gewissensbisse ihr gequältes herz plagen. Sie hat nämlich heimlich versucht, Paulas Gebieter Drusus Andronicus zu verführen. Er wies sie ab, doch seitdem plagt sie das Gewissen. Wie wichtig es ihr ist, ihr Herz zu entlasten, sagt sie in ihren Annalen immer wieder – bis sie am Schluss endlich die erstaunlich Wahrheit erfährt. Schließlich wird klar, dass diese Chronik nur für Paula geschrieben worden ist.
Für Paula, die in der Auktion eine ganze Goldmünze eingebracht hat, wohingegen Phyllis froh sein kann, wenn sie einen Silbermünze wert ist. Wieviel Wert sie am Schluss der Chronik hat, darf hier nicht verraten. Phyllis‘ Urteil ist klar: Freie Frauen sind insofern wertlos, weil keiner für sie bieten, geschweige denn mit ihnen handeln darf. Wieviel besser haben es da die Sklavinnen. Die wissen immer, woran sie sind.
Nötige Korrektur
Sie sind zwar lediglich Haustiere, aber wenigstens sie genau, welchen Wert ihr Gebieter oder andere Händler ihnen zumessen. Und diesen Wert versuchen sie ständig zu erhöhen, indem sie sich bemühen, ihrem Gebieter zu gefallen. Die Positionen, die sie einnimmt, gehören dazu. Sula, Bara, Nadu – sie werden kaum erläutert und als bekannt vorausgesetzt. In diesem Band korrigiert der Autor durch Phyllis‘ Worte eine Falschinterpretation von Nadu: Die Hände liegen zwar auf den Oberschenkeln, aber nicht nach oben geöffnet, sondern nach unten gewandt. Damit wäre das ein für alle Mal der Fehler korrigiert, den man in vielen Internet-Darstellungen findet.
Erzähler oder Autor?
Phyllis‘ Ansichten könnte man für die des Autors halten. Und das Interview, das er 1986, abgedruckt in „Das Science Fiction Jahr“, gegeben hat, könnte diese Auffassung bestärken. Doch so einfach liegt die Sache nicht. Ein Roman ist Fiktion, geschrieben zur Unterhaltung. Auf Gor ist es weder weibliche noch männliche Homosexuelle, auch keine Kinder und schon gleich gar keine Senior:innen. Es ist also eine sehr enge Perspektive, die uns der Autor gewährt, auf eine idealisierte Welt. Dieser Blickwinkel scheint nur einen Zweck zu haben: das Patriarchat zu stärken, zu rechtfertigen und zu glorifizieren. Doch Phyllis macht klar: Ein Gebieter ist nichts ohne Sklavin, und eine Sklavin nichts ohne Gebieter. Beide ergänzen und vervollständigen einander. Wie Yin und Yang.
Textschwächen
Obwohl dies die Originalausgabe ist, weist sie dennoch einige Druckfehler auf.
S. 17: „I did not think it had been reaped”: Lita bezieht sich auf ihre Jungfräulichkeit. Diese wurde entweder noch nicht „geerntet“ (reaped) oder geraubt (raped).
S. 38: “for many men are fo[u]nd of such configuration”: Es geht um Litas Figur: “Viele bevorzugen eine solche Figur.“ Statt „found“ muss es daher „fond“ heißen.
S. 156: „I turned about and put my head [to] the floor.” Das Wörtchen “to” fehlt.
S. 389: Verweis auf Bände 28 und 31: „Kur of Gor“ und „Conspirators of Gor”.
S. 444: direkte Anrede an die Leserin!
S. 559: „blood from the decapitated cor[p]se: Das P fehlt.
S. 596: Zusammenfassung aller offenen Fragen; ein Grund für Phyllis, ihre Chronik weiterzuführen.
Unterm Strich
Dieser Band 34 der Gor-Chroniken führt die Entwicklungen fort, die man in Band 28 und Band 31 erleben konnte. Wieder sorgt die kecke Lady Bina für hochgezogene Augenbrauen in einigen kitzligen Situationen. Man nehme sich vor den vergifteten Rippen ihres Sonnenschirms in Acht! Wieder tritt Lord Grendel auf, der den Goreanern wohlgesonnen ist, und mit Eve, der Mischung aus Menschenfrau und Kur, hat er eine treue Gefährtin gefunden. Er verbündet sich mit Kurik, Phyllis‘ Gebieter, und anderen Kämpfern.
Denn wieder einmal geht es um Verrat gegen die Herrschaft des Ubars in Ar. Decius Albus hat ebenfalls die „Drachenkrankheit“, denn er giert nach der Macht, ganz im Stile von Isnogud, dem „Wesir, der Großwesir sein wollte“. Er verbündet sich mit den Kurii, blutrünstigen Kriegern von den Stahlwelten. Auch Lady Alexina, die Freie Frau, entpuppt sich als Verräterin, indem sie für ihn arbeitet. Auch sie wird dafür gerecht belohnt: mit Versklavung. Somit ist für etliche kitzlige Situationen, die die ahnungslose Barbarin Phyllis Rodgers kaum je durchschaut, gesorgt.
Die Akte Talena
Seit Beginn der Gor-Chroniken spielt Talena, die Tochter des Ar-Ubars Marlenus, eine Rolle. Zu Beginn eine Freie Frau, will sie unbedingt von Tarl Cabot zur Sklavin gemacht werden. Sie entschlüpft ihm immer wieder. Zu Beginn der 20er-Bände verrät sie Ar und schwingt sich mithilfe der Invasorin zur Ubara auf. Wird sie dafür bestraft? Aber klar doch. Das hindert sie jedoch nicht daran, in den späten 20er- und frühen 30er-Bändern immer wieder aufzutauchen.
Hinweis:
Talena wird unter anderem Namen in Band 35 auftauchen und die Geschehnisse gehörig aufmischen. Siehe dazu meine Buchbesprechung.
Fazit: Dieser Band ist viel zu lang, und ich habe acht Jahre – mit pausen – gebraucht, um ihn bewältigen. Spätere Bände sind rund 200-250 Seiten kürzer.
Taschenbuch: 669 Seiten.
O-Titel: Plunder of Gor, 2016
ISBN 9781504034067
https://openroadmedia.com/category/fantasy
Der Autor vergibt: