Alle Beiträge von Michael Matzer

Lebt in der Nähe von Stuttgart. Journalist und Buchautor.

Parker, Robert B. – Perish Twice – Ein Sunny-Randall-Krimi

_Doppelter Verrat: zwischen Feminismus und Straßenstrich_

Die stadtbekannte Feministin Mary Lou Goddard vor einem geheimnisvollen Verfolger zu beschützen – nicht wirklich ein Traumauftrag für die Privatdetektivin Sunny Randall. Schon gar nicht, da die Frau eine Zicke ist, Sunnys Bullterrier Rosie nicht mag und offensichtlich mehr über ihren Verfolger weiß, als sie zugibt. Als dieser irrtümlich Goddards Sekretärin und kurz darauf sich selbst erschießt, ist für die Polizei der Fall erledigt. Doch nicht für Sunny Randall … Nach “Ehrensache / Family Honor“: Ein neuer Fall für Sunny Randall.

Der Titel der deutschen Übersetzung lautet „Doppelter Verrat“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) _“Perish Twice“_
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Sunny Randall soll die Feministin Mary Lou Goddard vor einem geheimnisvollen Verfolger zu beschützen – für Bostons härteste Privatdetektivin eine leichte Übung. Sollte man meinen. Im Handumdrehen hat sie auch den Stalker ausfindig gemacht: einen ältlichen Typen namens Lawrence B. Reeves, seines Zeichens Dozent an den Abendkursen der Bostoner Uni.

Dass er zugibt, liebend gerne „Zicken eine runterhauen“ zu wollen, spricht nicht gerade für ihn, findet Sunny, selbst wenn sie keine Feministin ist. Sie zeigt ihm ihre Knarre und er macht einen Rückzieher. Sunny hat bei der Befragung Mary Lous das deutliche Gefühl, dass diese offensichtlich mehr über ihren Verfolger weiß, als sie zugibt. Aber wieso? Ist Reeves etwa ein zurückgewiesener Lover Mary Lous, der eisernen Frauenkämpferin? Das wäre ja megapeinlich.

|Die erste Leiche|

Doch schon am nächsten Morgen findet man in Mary Lous Büro eine Leiche: Gretchen Crane, die leitende Rechercheurin. Steckt also doch Reeves dahinter? Andererseits hält Sunny ihn nicht eines Mordes für fähig. Als Sunny ihre Ansicht äußert, dass Gretchen vom Mörder offenbar für Mary Lou gehalten und aus Versehen erschossen wurde, wird sie von der Feministin kurzerhand gefeuert. Was hat diese zu verbergen?

Die Frage, ob Reeves ein Alibi hat, lässt sich leicht mit Hilfe der Cops von Boston und dem angrenzenden Cambridge (wo die Harvard-Uni liegt) beantworten. Sunny, die den Bostoner Mordkommissionsinspektor Lee Farrell gut kennt (er ist allerdings schwul), darf ihn begleiten. Erst will Reeves nicht sagen, wo er die letzte Nacht verbracht hat, doch dann greift er Sunny an. Endlich hat Farrell einen Grund, Reeves Handschellen anzulegen und aufs Revier zu schleifen. Also verrät Reeves lieber den Namen seines Alibis: Bonnie Wilson.

Bonnie Wilson ist nur eine von zahlreichen Damen, die Reeves „beglückte“, nicht zuletzt auch Mary Lou Goddard. Als Sunny die Feministin knallhart damit konfrontiert, gibt diese es zu, mit Reeves ein Verhältnis gehabt zu haben. Aber das darf ihre Lebenspartnerin Natalie auf keinen Fall erfahren! Sunny muss es ihr hoch und heilig versprechen. Auch aus Rücksicht auf die Beratungskompetenz der Feministin, die ihr gutes Geld verschafft.

|Nummer 2|

Als Farrell sie am nächsten Morgen darüber informiert, dass sich Reeves die Kugel gegeben hat, ist Sunny leicht geschockt. Aber der Abschiedsbrief, den der Mann hinterließ, schließt für die Cops gleich zwei Fälle ab: Reeves bekennt sich für den Mord an Gretchen Crane schuldig, konnte mit der Schuld nicht leben und brachte sich um. Klappe zu, Affe tot. Sunny kauft das hübsch verschnürte Paket jedoch nicht und schnüffelt weiter.

Farrell verrät ihr, wo der Schlüssel für Reeves’ Haus versteckt ist. In der Junggesellenwohnung findet sie nur ein nützliches Element: Reeves’ Kalender. Darin ist von einem „J“ die Rede, den oder die Reeves jeden Donnerstag zu besuchen pflegte. Und noch ein Detail: Im gesamten Haus gibt es keine Patronen für den 357er-Revolver, die Reeves für seinen blutigen Abgang verwendet hat. Aber wer würde schon eine Knarre ohne ausreichend Munition kaufen?

Etwas ist oberfaul an diesem Mord und / oder Selbstmord. Doch es steckt weit mehr dahinter, wie Sunny in hartnäckiger Arbeit herausfindet. Schließlich muss sie sogar die Gangsterfamilie ihres Exmannes Richie einschalten, um an die Wahrheit heranzukommen …

|Unterdessen …|

Zwischendurch hat Sunny alle Hände voll zu tun, das Leben ihrer besten Freundin Julie und das ihrer Schwester in die richtigen Bahnen zu lenken. Denn beide verlassen ihre Ehegatten. Elizabeth, die ältere Schwester, hat – nicht zuletzt mit Sunnys Hilfe – entdeckt, dass ihr Mann Hal sie mit einer anderen betrügt. Elizabeth hat jedoch derart verschrobene Ansichten davon, wie eine betrogene Gattin sich zu verhalten hat, dass es Sunny wundert, wenn es keine Opfer gibt.

Und Julie, ihre beste Freundin, hält es zu Hause bei ihrer trauten Familie nicht mehr aus. Die Decke fällt ihr quasi auf den Kopf. Sie sucht Ausbruch und Selbstfindung, geplagt von fortwährenden Selbstzweifeln und Schuldgefühlen wegen ihrer Entscheidung. Als sie auch noch feststellt, dass sie von ihrem neuen Lover Robert schwanger ist, gerät ihr Leben vollends aus den Fugen. Kann Sunny alles wieder hinbiegen?

_Mein Eindruck_

Junge, Junge, diese Story ist die reinste Achterbahn! Sunny wird zunächst von ihrer großen Schwester engagiert, muss deren Mann das Händchen halten, wird aber von der älteren Elizabeth, die sich klüger dünkt, für jeden guten Rat abgekanzelt. Sunny erlebt dann eine Katastrophe nach der anderen, als Elizabeth, die sich mit der Unabhängigkeit und Betrogenheit in keinster Weise auskennt, einen Fehler nach dem anderen begeht.

|Familie und Freunde|

Absolut köstlich ist jener unsägliche Abend, als Sunny und ihr schwuler Gefährte Spike Gouvernante spielen müssen, weil Elizabeth ein Blind Date mit einem unbekannten Mann hat. Dieser stellt sich wenig später als Erpresser heraus. Arme Elizabeth, sollte man denken. Aber weit gefehlt: Die hochnäsige ältere Schwester ist unbelehrbar. Die nächste Katastrophe wartet schon.

Nervenaufreibend sind auch die Begegnungen mit Julie, die erst Heim und Herd verlässt, um dann doch nicht die große Freiheit zu finden, sondern vielmehr in einer Abtreibungsklinik landet. Sunny kann jedoch keinesfalls auf Julies Rat als Psychologin verzichten. Die gebeutelte Julie ist es denn auch, die Sunny den entscheidenden Hinweis gibt, um den Haufen Informationen, den sie angesammelt hat, richtig zu interpretieren.

|Vertrackte Beziehungen|

Da es um gleich zwei Dreiecksverhältnisse um die beiden Opfern Gretchen Crane und Lawrence B. Reeves herumgeht, ist es kein Wunder, dass sich Sunny bald in einem Irrgarten von Beziehungen wiederfindet. Sie ermittelt eine ganze Weile auf dem Straßenstrich. Da sie ja selbst mal Polizistin war, kommt ihr eine gewisse Abgebrühtheit zugute. Außerdem hat sie Rückendeckung durch Tony Marcus, den Obermacker des Prostitutionsgeschäfts in und um Boston. Marcus reicht Sunny weiter an seinen Zuhälter Jermaine Lister, der den Straßenstrich organisiert.

|Straßenstrich|

Die Gespräche Sunnys mit einer Straßennutte sind durchaus realistisch und hartgesotten. Keinerlei Illusionen über einen möglichen Glamour dieses Milieus trüben den Gedankenaustausch. Hier ist kein Platz für „Pretty Woman“, hier wird Tacheles geredet. Und wenn Sunny nicht mit der Kühle rüberkomt, dann heißt es tschüss! Aber hier stößt Sunny auf mehr als eine heiße Spur: Nicht nur war Lawrence B. Reeves Stammgast auf dem Strich – jeden Donnerstag bei „J“ – sondern Gretchen Crane, die hier für Mary Lou Goddard recherchierte, hatte eine Liebhaberin. Dieser geheimnisvollen Miss X spürt Sunny nach – und gerät dabei auf sehr heißes Territorium …

|Unerwünschte, aber nötige Familie|

Und so kommt es, dass Sunny sich wieder einmal einen Feind einhandelt und Zuflucht bei Richies Gangsterfamilie, den irischen Burkes, Hilfe suchen muss. Das war schon in „Family Honor / Ehrensache“ so. Doch Sunny ist, seit sie mit Richie verheiratet war, in die „Familie“ aufgenommen worden und kann auf den Schutz der Gangster zählen. Was für einen Privatdetektiv doch eher ungewöhnlich ist. Und was für einen aufrechten Cop von Boston niemals in Frage käme. Insofern hat Sunny einen echten Vorteil.

|Showdown|

Neben der Schießerei vor ihrem Haus bildet die finale Konfrontation den spannenden Höhepunkt der Geschichte. Tatsächlich wunderte ich mich immer wieder, auf welche Weise es Sunny gelingt, die Nerven zu behalten und nicht schreiend davonzulaufen. Okay, sie ist nur eine Romanfigur. Aber auch Romanfiguren haben sich, insbesondere in Krimis, an die Gesetze der Plausibilität und Wahrscheinlichkeit zu halten. Es sei denn, es handelt sich um eine Komödie oder Satire (was bei Janet Evanovitchs „Plum“-Krimis zutrifft).

|Keine Heulsuse|

Wie in einer Story über Frauen in Amerika nicht anders zu erwarten, wird jede Menge geweint. Aber Weinen ist besser als hysterisches Umsichschlagen, finde ich, und so entwickeln sich die beiden Frauen Julie und Elizabeth sowohl in ihren Ansichten als auch emotional weiter. Und wer sich gefragt hat, warum Sunny kein einziges Mal weint, der ahnt: Sie hat in ihrer Hündin Rosie, einem Miniatur-Bullterrier, eine wahre Herzensfreundin. Doch letzten Endes ist auch Sunny nur ein Mensch. Irgendwann wird auch sie weinen, die Frage ist nur wann. Hoffentlich nicht gerade im unpassendsten Moment …

_Unterm Strich_

Auch diesen Parker-Krimi habe ich in nur zwei Tagen verschlungen. Aber mich beschlich dabei das Gefühl, dass hier zwei Autoren am Werk waren: Der Meister himself und seine werten Gattin, der er alle seine Bücher gewidmet hat. So würde dies die zweigeteilte Handlung erklären: Auf der er einen Seite die ziemlich geradlinige vorangetriebene Ermittlung, die dann einen sehr spannenden Höhepunkt erreicht; auf der anderen Seite die ziemlich gefühlsintensiven Szenen mit Elizabeth und Julie. Wobei Elizabeth stets für einige absurde Äußerungen gut ist, die den Leser laut hinausprusten lassen.

Natürlich treten auch die schon bekannten allseits beliebten Randfiguren auf. Da ist der schwule Spike, seines Zeichens Seelenberater und Karatekämpfer sowie Restaurantbesitzer. Da ist Sunnys Exgatte Richie Burke, von dem sie zwar geschieden ist, mit dem sie aber immer noch liebend gern ins Bett geht (was für nette Bettszenen sorgt). Und da ist die unnachahmliche Hündin Rosie, die zwar stets für eine Ratte oder ein Opossum gehalten wird, aber sich doch eindeutig, wie ein Hund verhält – und ihrem Frauchen gerne das Gesicht leckt. Rosie ist es auch, die Sunny rechtzeitig vor einem Mordanschlag warnt. Es geht eben nichts über eine gute Spürnase. Aber das wissen ja alle Privatschnüffler.

Für alle weiblichen Leser scheint mir die „Sunny Randall“-Krimireihe perfekt geschaffen zu sein, um Spannung und Emotionalität, Geradlinigkeit und komplexe Beziehungen ideal miteinander zu verbinden. „Perish Twice“, der Originaltitel, bezieht sich beispielsweise auf ein Gedicht von Robert Frost (den der Autor innig liebt und häufig zitiert), in dem es um Hass und Verlangen geht, die sich wie die Elemente Feuer und Eis verhalten.

|Taschenbuch: 334 Seiten
ISBN-13: 978-0425182154|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Shrink Rap – Ein Sunny-Randall-Krimi

_Ausgeliefert: die Detektivin auf der Psychiatercouch_

Die Bostoner Privatdetektivin Sunny Randall wird damit beauftragt, eine Bestsellerautorin auf deren Lesetour zu begleiten und zu beschützen. Wie notwendig dieser Schutz ist, zeigt sich schon bald, als Melanie Joan Halls Exgatte John Melvin auftaucht und sie in Angst und Schrecken versetzt. So sehr, dass die Autorin vor versammeltem Publikum in Ohnmacht fällt. Schlimmeres ahnend ermittelt Sunny in der Vergangenheit des Psychiaters. Was sie findet, gefällt ihr ganz und gar nicht. Um weiterzukommen, muss sie sich allerdings selbst von ihm untersuchen lassen …

Der Titel der deutschen Übersetzung lautet „Schutzlos“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) [„Family Honor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6831
2) „Perish Twice“
3) _“Shrink Rap“_
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
[„Widow’s Walk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6826
„Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Der Verlag der Bostoner Bestsellerautorin Melanie Joan Hall bittet die Privatdetektivn Sunny Randall (nach gehöriger Überprüfung, versteht sich), die Dame auf einer Lesetour anlässlich des Erscheinens eines neuen Romans zu begleiten zu beschützen. Sunny, so stellt sich heraus, hat die Aufgabe eines Chauffeurs und Kindermädchens, aber auch eines Seelenklempners und Leibwächters.

Mit gutem Grund, wie sich schon bald zeigt. Melanie Joan war dreimal verheiratet und ist zweimal geschieden. Doch einer ihrer Exgatten, der Psychiater Dr. John Melvin, hat sich offenbar mit der Scheidung nicht abgefunden und tritt als Stalker bei den Signierstunden in einer bedrohlichen Weise auf, dass die Autorin kaum weitermachen machen kann. Der zweite Auftritt ist weitaus ernster. Sunny beobachtet entsetzt, wie Melvin am Schaufenster der Buchhandlung mit blutverschmierten Händen herabgleitet – und Melanie Joan darob in Ohnmacht fällt.

Der Autorin ist zum Glück nichts passiert, aber Sunny kann sich des Verdachts nicht erwehren, dass Melvin nicht nur bei Melanie Joan Schaden angerichtet hat, sondern auch bei seinen anderen Patientinnen in Boston. Dort betreibt er nämlich eine psychotherapeutische Praxis. Sunnys Freundin Julie, selbst psychologische Beraterin (aber kein Doktor), gibt ihr Recherchetipps.

Sunny befleißigt sich einer alten Detektivtugend und legt sich einfach vor Dr. Melvins Praxis auf die Lauer. Ihre Hündin Rosie leistet ihr Gesellschaft, als sie beobachtet, wie eine Frau nach der anderen ihre 50 Minuten Therapie in Anspruch nimmt. Allesamt sehr betuchte Ladies, nach ihren Autos zu urteilen. Eine kommt sogar mit Chauffeur in einer großen Limousine. Die Praxis ist bestimmt sehr lukrativ. Sunny ist überrascht, dass Melvin sogar Abendtermine wahrnimmt: Zwei Frauen besuchen ihn hintereinander, die zweite geht erst um halb elf. Ungewöhnlich. Danach erscheinen zwei unbekannte Männer aus dem Haus und fahren mit einem Porsche Boxster weg. Auch sie scheinen nicht unvermögend zu sein. Was haben sie dort getrieben?

Mit Hilfe eines Kontaktmanns bei der Polizei findet Sunny die Adresse einer Patientin heraus. Kim Crawford wohnt geschieden in einem großen Haus. Leider sagt sie rein gar nichts Schlechtes über Dr. Melvin. Dafür ist Sunnys eigener Besucher jedoch umso unangenehmer: Dieser Barry Clay ist einer der beiden Typen, die spätabends mit dem Porsche wegfuhren. Er droht ihr: Wenn sie nicht die Finger von Melvins Patientinnen lasse, könnte Sunny etwas zustoßen. Sie zeigt ihm, was ihm zustoßen könnte – und holt ihre größte Schrotflinte heraus! Sunny engagiert ihren Kumpel Spike, um Melanie Joan zu beschützen. Diese ist sehr entäuscht zu erfahren, dass Spike schwul ist.

Fortan sieht sich Sunny beschattet. Auch als sie mit Melanie Joan in die Bostoner Innenstadt reist, um dort einen Verlag zu besuchen. Kaum hat Melanie Joan jedoch Barry auf der anderen Straßenseite erblickt, als sie fast einen Nervenzusammenbruch erleidet. Diesmal muss die Autorin mit der Wahrheit herausrücken: Barry ist einer der zwei Männer, die sie in Melvins Praxis vergewaltigen wollten – während ihr Mann dabei zusah. Sie nahm Reißaus und reichte die Scheidung ein. Kein Wunder, dass sie sich seitdem verfolgt fühlt.

Sunny nimmt das Angebot ihres Mannes Richie nicht an, Dr. Melvin und die beiden Finsterlinge einfach von seinem Onkel Felix umlegen zu lassen. Sie will erst noch herausfinden, ob es weitere Vergewaltigungsopfer gibt. Und dazu begibt sie sich undercover in die Höhle des Löwen …

_Mein Eindruck_

In diesem dritten „Sunny Randall“-Krimi setzt der Autor ganz auf psychologische Spannung. Natürlich findet zwar eine Ermittlung der Privatdetektivin statt, doch diese fördert wie üblich lediglich Verdachtsmomente und keine Beweise zutage. Und wie üblich kommt es auf die Aussagen von Zeugen und Sachverständigen an, ob diese Verdachtsmomente rechtfertigen, dass Sunny selbst gegen den Verdächtigen vorgeht oder ob sie den Fall bereits den Behörden übergeben kann – oder einer Instanz, die außerhalb des Gesetzes steht: nämlich Richie Burkes Familie. Letzteres war in den zwei bisherigen „Sunny Randall“-Romanen der Fall. Diesmal soll die Sache anders laufen.

Um dem Verdächtigen, dem Stalker und Psychiater John Melvin, auf die Pelle zu rücken, bedient sich Sunny einer doppelten Strategie. Sie lässt sich undercover auf die Therapie bei ihm ein, getarnt als „Sonya Burke“ (was tief blicken lässt, denn sie ist nur eine geschiedene Burke), und sie bespricht dieses Vorgehen und die Erkenntnisse mit einem soliden Psychiater, Dr. Copeland. Auf diese Weise gelangt sie allerdings zu verstörenden Erkenntnissen über sich selbst. Bemerkenswert sind die Einsichten in die psychologische Methode, die aus der Praxis sprechen.

Aus einer bereits außergewöhnlichen Ermittlung wegen eines Stalkers wird so unvermittelt eine Suche des Ermittlers nach sich selbst. Warum möchte Sunny beispielsweise einen starken Mann, der wie ihr Vater ist, aber keinen Mann, der sie beherrscht? Das ist wahrscheinlich ein emotionales Dilemma, in dem sich viele selbstbewusste Frauen heutzutage befinden. Die Gründe sind offensichtlich. Und keine Frau möchte freiwillig zugeben, dass sie sich gerne fremdbestimmen lässt. Besonders dann nicht, wenn ihr eigener Wille dabei durch eine Droge ausgeschaltet worden ist.

Nachdem sich Sunny (in „Perish Twice“) bereits mit Feminismus und Prostitution befasst hat, bekommt sie nun Kontakt mit geschickt getarner Mehrfachvergewaltigung, die nur eine sanftere Variante von Rohypnol-gestützter Vergewaltigung ist. Dass dieses Thema vor allem Frauen interessiert, dürfte klar sein. Erstaunlich sind nicht nur die Fachkenntnisse des Autors über die psychologische Methode, sondern auch die Feinfühligkeit, mit der Sunny den jeweiligen Opfern ihre Fragen stellt.

Dass die Schnüfflerin von den Tätern jede Menge Drohungen erhält, ist zu erwarten. In der Folge kommt es durch einen tätlichen Angriff zu einer weiteren Drehung der Spannungs-Schraube: Sunny soll durch die Droge gefügig gemacht werden. Doch um handfeste Beweise gegen die flüchtigen Täter zu erhalten, muss sich Sunny selbst in die prekäre Situation begeben, in der ihre Vorgängerinnen gelähmt und dann vergewaltigt wurden …

_Unterm Strich_

In diesem dritten „Sunny Randall“-Krimi fühlte ich mich nicht so sehr durch die Ermittlung gefesselt als vielmehr durch die wachsende Beklommenheit, die durch die steigende Gefahr für die Heldin erzeugt wurde. Waffen der Gewalt spielen diesmal nur eine untergeordnete Rolle, wichtiger sind Waffen des Geistes. Als Erzählung ist die Geschichte ein Meisterstück an psychologischer Feinarbeit.

Sunny muss nicht nur selbst feinfühlig vorgehen, sondern sieht sich obendrein selbst als Objekt der Psychoanalyse. Was sie dabei entdeckt, findet sie sehr beunruhigend: einen ausgewachsenen Ödipuskomplex ebenso wie eine rasende Eifersucht auf die neue Freundin ihres geschiedenen Mannes Richie. Zum Glück verliert sie nie den Draht zu ihm und kann sich seiner nie wankenden Unterstützung versichern. Ihr Hund Rosie, für den sich beide verantwortlich fühlen, spielt dabei wie schon bisher eine zentrale Rolle.

Nachdem sich der Autor bereits in „Perish Twice“ mit Feminismus und Prostitution beschäftigt hat, geht es diesmal um Stalking und Vergewaltigung unter dem Deckmäntelchen der Therapie. Wie stets drehen sich die Sorgen der weiblichen Figuren um Dominanz, Vertrauen und Liebe. Wie skandalös erscheint daher die Aussage, dass eine der Frauen es mochte, als sie die Unterwürfige sein konnte.

Für weibliche Leser liest sich dieser Roman deshalb völlig anders als für einen Mann: Es geht um spezifisch weibliche Themen, und dies macht den Krimi für Frauen ganz besonders interessant. Frau könnte wahrscheinlich sehr gut darüber diskutieren, welche Aussagen der Autor (oder war es seine Frau, die das Buch schrieb?) hier macht.

|Taschenbuch: 289 Seiten
ISBN-13: 978-0399149306|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Robert B. Parker – Family Honor – Ein Sunny-Randall-Krimi

Für weibliche Krimifans: Eine neue Detektivin

Mit diesem Roman führte Robert B. Parker seine Bostoner Privatdetektivin Sunny Randall ein. Sie kennt die Straße, kann schießen, ist sexy – und findet sich unvermittelt zwischen den Fronten eines Bostoner Gangsterkrieges wieder. Die Einsätze auf Seiten der Politik sind ebenso hoch wie die Moral der Mafia-Killer niedrig. Gelingt es Sunny, ihren ersten Fall zu überleben und ihre Klientin zu schützen?

Die deutsche Übersetzung trägt den nicht ganz zutreffenden Titel „Ehrensache“.

Der Autor

Robert B. Parker – Family Honor – Ein Sunny-Randall-Krimi weiterlesen

Evanovitch, Janet – Plum Lovin\‘

_Krimikomödie: ein Valentinstag mit Hindernissen_

Stephanie Plum ist Kautionsermittlerin. Gerade sucht sie Annie Hart, eine „Beziehungsexpertin“, als ihr der zwielichtige, aber gut aussehende Kerl namens Diesel Annie Hart anbietet, wenn sie ihm einen Gefallen tut: Sie soll Harts Fälle übernehmen. OK. Doch es gibt jemanden, der Annie Hart noch dringender finden will als Stephanie, jemanden mit übler Laune. Steph droht in die Schusslinie zu geraten. Zum Glück hilft ihr Beifahrerin und Lebenshelferin Lula.

Die Übersetzung „Liebeswunder und Männerzauber“ erscheint am 24. Januar 2011 bei Manhattan.

_Die Autorin_

Janet Evanovitch hat ein Dutzend Liebesromane geschrieben sowie eine Serie über Alexandra Barnaby, ist aber mit Kriminalromanen um Stephanie Plum viel bekannter geworden. Für ihre Krimis wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Sie lebt in New Hampshire und Florida. Mehr Info unter [www.evanovitch.com]http://www.evanovitch.com

|Between the Numbers|:
1) „Visions of Sugar Plums“
2) „Plum Lucky“
3) „Plum Lovin'“

|Die Fälle|:
1) „Ten Big Ones“
2) „Fearless Fourteen“

Und viele Weitere.

_Handlung_

Stephanie Plum lebt in New Jersey bei New York. Sie arbeitet als Kautionsvermittlerin und jagt mitunter Leute, die auf Kaution freigekommen sind, sich aber etwas haben zu Schulden kommen lassen. So ein Fall ist Annie Hart. Doch wo steckt die „Beziehungsmanagerin“? Steph hat keine Ahnung. Da tritt Diesel auf, ein attraktiver Bursche in fast der gleichen Branche: Auch er sucht Leute – für jeden Auftraggeber.

Er bietet Steph Kontakt zu Annie an, wenn sie ihm hilft, einen gewissen Bernie zu finden, der die rätselhafte Fähigkeit besitzt, jedem, auf den er zornig ist, einen Ausschlag zu verpassen. Das klingt wie ein guter Deal. Er hat nur einen Haken: Steph muss alle fünf von Annies Beziehungsvermittlungen bis zum Valentinstag erledigen – und Bernie ist unauffindbar.

Hätte sie sich bloß nie auf diesen Kuhhandel eingelassen, wünscht sich Steph nach den ersten beiden Aufträgen. Der eine ist ein schüchterner Metzger, der die Kaffeeverkäuferin von gegenüber anhimmelt, aber kein Wort herausbekommt, wenn sie vor ihm steht. Der nächste Fall ist eine dreißigjährige Jungfrau, die immer noch auf ihren ersten Orgasmus wartet. Nummer drei ist eine Familienmutter mit einem Zoo, die keinerlei Chance zu haben scheint, je einen Mann abzubekommen, der es mit diesem Chaos aufnimmt. Und schließlich ist da noch Albert Kloughn, der Stephanies Schwester um keinen Preis heiraten will, weil er schon bei Erwähnung des Wortes „Hochzeit“ in Ohnmacht fällt.

Zu allem Überfluss ist Annie Hart in eine dumme Geschichte hineingeschliddert, die einen hinterlistigen Pfandleiher, einen oberfiesen Mafiakiller, eine Entführung und einen von Bernie verursachten üblen Hautausschlag umfasst. Bis Stephanie mit Diesels Hilfe alles auseinandersortiert hat, ist schon der Valentinstag angebrochen. Herrje, wie soll es nur schaffen, den schüchternen Albert mit ihrer Schwester zu verkuppeln? Steph schaut den attraktiven Diesel mit den unheimlichen Fähigkeiten an – sie hat eine geradezu geniale Idee. Denkt sie …

_Mein Eindruck_

Diese Krimikomödie ist etwas ganz anderes als die üblichen „Plum“-Kriminalfälle, nämlich eine Krimikomödie mit ganz viel Herz und Chaos. Deshalb heißt der Roman ja auch im Untertitel „Between the Numbers“ – alle von Stephanies Fällen sind durchnummeriert, so etwa „Big TEN Ones“ oder „Fearless FOURTEEN“. Will heißen: Dieser Fall ist etwas irregulär.

Aber dafür sehr lustig. Wenn der Leser weiblich ist. Ich habe nicht so viel für schmucke, mysteriöse Ermittler wie Diesel übrig, und auch eine Hochzeit als Höhepunkt des Lebens – sie erfolgt obligatorisch als Finale – kommt mir eher als ein Betriebsunfall vor. Was kann man auch sonst von einem Single erwarten?

Die Handlung wird von zwei Elementen vorangetrieben: von der Komödie der Kuppelei einerseits und von der sehr leichten Kriminalhandlung, die vor allem in einer endlosen Sucherei besteht. Wie man sich eigentlich denken kann, wenn man eingefleischter Leser von Liebesromanen ist (was auf mich wohl kaum zutrifft), endet diese Liebeskomödie mit einer Hochzeit. Allerdings ist auch diese höchst irregulär, nämlich mehr eine Art List, um Albert Kloughn unter die Haube zu bringen.

Die Kriminalhandlung mündet wie vorauszusehen keineswegs in einen Showdown, sondern in eine weitere List. Klein-Stephanie ist nicht mal bewaffnet, weil normalerweise ihre zwei Freunde Joe und Ranger die Drecksarbeit für sie erledigen – doch diesmal steht sie einem waschechten Mafiakiller gegenüber. Wird er sie über den Haufen schießen, weil sie seine Hecke demoliert hat, um ihn vom wahren Geschehn an seiner Hintertür abzulenken? Uns wird ganz bang und weh, doch nein: Delvina jammert nur über die schöne preisgekrönte Hecke und dass ihm sein Ehegespons dafür die Hölle heißmachen wird. Was für ein Waschlappen.

Ansonsten tut die Heldin das, was Frauen offenbar am besten können: Zudringliche Kerle abwimmeln, die unverschämt gut aussehen; sich um ihre Figur Sorgen machen; mit Freundinnen Tratsch austauschen; mit wildfremden Frauen Pornos als Anschauungsmaterial angucken; und natürlich Liebeständeleien anbahnen. All dies ist schlüpfriges Terrain für einen hartgesottenen Kerl wie Diesel – außer natürlich die Anmache.

_Unterm Strich_

Dieser sogenannte Krimi war offensichtlich ein Fehlkauf. Ich erwartete einen Detektivroman, bekam aber eine Komödie, die so tut, als wäre sie ein Krimi. Man merkt eben, dass die Autorin im Hauptberuf Liebesromane schreibt. Wenigstens kann man hin und wieder lachen, auch wenn die meisten Situationen von haarsträubender Unlogik geprägt sind. Allein schon die Ausgangslage mit Annie Hart und Bernie ist völlig lachhaft. Von da ab wird es nur noch abstruser. Wenigstens ist in der Liebe und im Krieg alles erlaubt, deshalb auch dieser turbulente Unsinn.

Den Roman habe ich in drei Tagen gelesen, sonst wäre er nicht auszuhalten gewesen. Dass es so schnell ging, lag zum einen daran, dass die Autorin nur 248 Seiten schrieb statt der üblichen 300, und zweitens, dass die Schrifttype derartig groß ist, dass man in einem normalen Taschenbuch dreimal so viel Text gedruckt sieht wie hier. Großmütter und andere visuell Unterprivilegierte werden den Großdruck allerdings begrüßen, schätze ich. Ich kam mir etwas auf den Arm genommen vor.

|Taschenbuch 248 Seiten plus Leseprobe
ISBN-13: 978-0312985363|
[Verlagshomepage]http://us.macmillan.com/smp.aspx

Parker, Robert B. – Small Vices – Ein Spenser-Krimi

_Kinder, Rassismus, Auferstehung: Spenser als Lazarus_

Spenser wird von Staatsanwältin Rita Fiore mit einem anderthalb Jahre alten Fall betraut, denn es bestehen Zweifel, ob der verurteilte Schwarze wirklich der Täter war. Er soll eine weiße Studentin auf dem Campus eines Frauen-College ermordet haben. Zwei weiße Graduierte identifizierten ihn, nachdem ein anonymer Tipp eingegangen war und der Schwarze verhaftet worden war. Für Spenser sieht der Fall wie eine abgekartete Sache aus. Aber welcher unsichtbare Drahtzieher will hier wen schützen?

Der deutsche Titel lautet: „Der graue Mann“. Dieser tritt zehn Jahre später im „Spenser“-Krimi „Rough Weather“ (2007) erneut auf.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
„Widow’s Walk“, „Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Die Bostoner Anwältin Rita Fiore engagiert Privatdetektiv Spenser für einen Fall, der eigentlich schon vor anderthalb Jahren mit einem Urteil abgeschlossen wurde. Der Schwarze Ellis Alves, selbst ein notorischer Verbrecher, wurde womöglich, so die schicke Anwältin, für ein Verbrechen verurteilt, das er nicht beging. Die Anwaltskanzlei möchte Gewissheit haben. Oder Gerechtigkeit?

Der Schwarze Ellis Alves soll die weiße Studentin Melissa Henderson niedergeschlagen, in sein en pinkfarbenen Cadillac (!) verfrachtet und die Strangulierte an anderer Stelle auf dem Campus ihres Colleges in den Büschen versteckt haben. Zwei ihrer Mitstudenten, ebenfalls Weiße, identifizierten Alves bei einer Gegenüberstellung der Staatspolizei von Massachusetts, die Alves verhaftet hatte. Nach einem anonymen Tipp, wie sich herausstellt. Von wem kam der Tipp – das ist die 64.000-Dollar-Frage.

Für die Anwältin mit den schönen Beinen ebenso wie für den Privatdetektiv mit der starken Bewaffnung ist klar, dass Alves höchstwahrscheinlich einer abgekarteten Sache zum Opfer gefallen ist und für den wahren Täter den Kopf hinhalten soll. Alves hat Lebenslänglich erhalten, und das ist wahrlich kein Zuckerschlecken. Bereits nach anderthalb Jahren liegt in seinen Augen keinerlei Hoffnung mehr, jemals wieder rauszukommen. Spenser entschließt sich, das zu ändern.

Spenser findet es merkwürdig, dass Melissa Henderson keinen Freund gehabt haben soll. Die Präsidentin des Colleges verwehrt ihm den Zutritt zu ihren Schützlingen, aber das kümmert ihn nicht: Er spaziert trotzdem in das Wohnheim, in dem Melissa lebte. Sie war offenbar eine wilde Nummer, die alles ausprobierte, was es in ihrem reichen und strengen Elternhaus nicht geben durfte: Drogen, Sex, Discos und so weiter. Sie hatte einen Freund, der aber nur als „prince“ bekannt war.

Dann wird Spenser von der Campus-Polizei hinausgeworfen. Nicht genug damit: Vier grobschlächtige Revolvermänner möchten Spenser auf die harte Tour beibringen, dass er die Finger von der Sache lassen soll, sonst gibt’s was auf die Mütze, klar? Spenser und Hawk werfen sie raus. Spenser notiert sich ihr Nummernschild.

Alves wurde vom Staatspolizisten Tom Miller verhaftet, einem ehrgeizigen und aufstrebenden Cop, der Captain Healy, mit dem Spenser bestens bekannt ist, wohl ablösen will. Nach einem Besuch bei den zwei weißen Zeugen, die Alves, sahen und identifizierten, steht Miller auf der Matte von Spensers Büro – aber nicht um zu reden, sondern um die Fäuste sprechen zu lassen. Denn inzwischen hat Spenser den wahren Namen von Melissas Freund „Prince“ herausbekommen: Clive Stapleton, der schwarzhäutige Adoptivsohn des stinkreichen New Yorker Unternehmers Donald Stapleton und seiner Frau Dina. Nach einem harten Schlagabtausch obsiegt Spenser auch diesmal.

Doch dies ist keineswegs das Ende der Einschüchterungsversuche. Ein seltsam ganz in Grau gekleideter Mann setzt sich ungefragt zu Spenser und seiner Freundin Susan Silverman an den Restauranttisch, um eine allerletzte Warnung auszusprechen. Dann verschwindet er. In New York entgeht Spenser nur durch eine schnelle Reaktion einem Anschlag. Hat der Graue Mann zugeschlagen?

Natürlich kann dieser widrige Zwischenfall einen Kerl wie Spenser nicht davon abhalten weiterzuschnüffeln. Und das wird ihm zum Verhängnis …

_Mein Eindruck_

In diesem „Spenser“-Krimi verknüpft Parker einige heikle Themen, die bis heute gültig sind, und zwar nicht nur in den Vereinigten Staaten. Da ist der alltägliche Rassismus, der dazu führt, dass Verbrecher wie Ellis Alves für Taten verurteilt werden können, die sie gar nicht begangen haben. Die Weißen als herrschende Klasse können sich das Recht ebenso kaufen wie die Gerechtigkeit.

Und an der Ostküste sind die meisten reichen weißen Familien der WASPs (White Anglo-Saxon Protestants) sowieso alle miteinander verwandt und halten deshalb zusammen. Nicht nur gegen Schwarze und andere Minderheiten, sondern auch gegen Cops (die sich ja kaufen lassen) und andere unerwünschte Schnüffler. Das bekommt Spenser am eigenen Leib zu spüren.

Aber der Rassismus reicht viel tiefer. Die Stapletons haben einen afrikanischen Jungen adoptiert, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Das wäre nichts Verwerfliches. Das tut ja beispielsweise Madonna die ganze Zeit. Aber die Stapletons haben es ihren Adoptivsohn ständig spüren lassen, dass er es nötig hat, beschützt zu werden und dass er ihnen etwas für seine Rettung schuldig ist: nämlich ein guter Sohn und Amerikaner zu sein, der Erfolg hat. Clive trainiert hat, um ein Tennisspieler der Weltklasse zu werden, doch wie Spenser selbst sehen kann, hat er zwar Ausdauer, aber keine Geduld, wenn er auf einen Ebenbürtigen trifft. Warum wohl? Seine Eltern haben ihn quasi entmündigt. Das ist ihr verborgener Rassismus.

Aber Spenser muss sich entscheiden, ob er und Susan selbst ein Kind adoptieren wollen. Es ist ihr ausdrücklicher Wunsch. Spenser ahnt, was das bedeuten würde, nicht nur für das Kind sondern auch für die Beziehung zu seiner Freundin, die dann Mutterpflichten zu erfüllen hätte – und für die Beziehung zu Pearl, Susans Hündin, die eh schon eifersüchtig auf Spenser ist. Aber wie soll er dies alles Susan beibringen?

Spenser ist, was er ist, und Susan möchte ihn gar nicht anders haben. Sie ist die Harvard-Absolventin mit der Psychotherapeutenpraxis, er ist ihr Schutz und ihr Lover. Als der Graue Mann Spenser bedroht und dabei Susan anschaut, ist klar, dass Susan unter Personenschutz gestellt wird: Hawk und alle andere schwerbewaffneten Freunde Spensers wachen über sie. Aber wer wacht über Spenser?

Dieser „Spenser“-Krimi unterscheidet sich von allen anderen (es sind mindestens 25) dadurch, dass der Held um ein Haar über den Jordan geht. Das wäre aber irgendwie schade und der Handlung nicht sonderlich förderlich. Also muss Spenser den Lazarus spielen. Das führt zu einem weiteren Unterschied: Die zentrale Handlung wird nach zwei Dritteln scharf unterbrochen und für zehn Monate praktisch auf Eis gelegt. Obwohl von Eis eigentlich keine Rede sein kann, wenn die Rekonvaleszenz des Helden im schönen Santa Barbara, Kalifornien, erfolgt.

Immerhin erkennt Susan jetzt, was es für ein Adoptivkind bedeuten würde, wenn sein Adoptivvater am ersten Schultag erschossen werden würde. Susan ist nicht nur wunderschön, sondern auch als Psychologin äußerst klug und einfühlsam. Solch ein Verlust wäre nicht nur für sie selbst eine Katastrophe, sondern sicherlich auch für das Adoptivkind. Dann sollte sie vielleicht besser diesen Plan fallenlassen. Findet Spenser auch. Und Pearl, der Wunderhund, sowieso.

Auf diese Weise widerlegt der Autor die Absichten der reichen Stapletons. Sie haben gedacht, ihrem Adoptivkind etwas Gutes zu tun. Und zwar so sehr, dass sie einen Totschlag vertuscht und dafür eitere Menschenloben geopfert haben. Sie haben übersehen, dass das Kind noch andere Rechte hat als gute Kleidung, Bildung und Ernährung. Es hat ein Recht auf ihre Liebe, aber auch auf eigene Freiheit. Und beides haben sie ihm verweigert. Es ist ihnen einfach nicht in den Sinn gekommen.

|Action |

Es gibt ein paar packende Actionszenen in dieser Folge der Serie. Nach dem Auftritt der grobschlächtigen Vier versucht der Cop Tom Miller sein Glück. Doch nicht nur er beherrscht Boxen, sondern auch Spenser. Man sehe sich mal die Statur von Autor Parker an – der frühere Literaturprofessor schrieb ein Fachbuch übers Gewichtheben. Und das merkt man auch an seinen fachlich kenntnisreichen Beschreibungen über den Umgang mit Gewichten, um den Muskelaufbau zu fördern.

Aber Spenser kann ebenso wie der Autor auch schießen und auf Beschuss angemessen reagieren. Als Spenser das erste Mal unter Beschuss gerät, verhält er sich wie der ehemalige Marineinfanterist Parker, der im Koreakrieg kämpfte: im Zickzack laufen, anschleichen, von der Seite angreifen. Dass es aber auch mit Köpfchen statt mit Beinchen geht, zeigt dann sein Sieg über den Grauen Mann. Hey, die Festnahme findet vor dem Nachrichtengebäude eines TV-Senders mitten in New York statt – einen größeren Menschenauflauf kann man damit kaum hervorrufen.

|Humor und Sinnlichkeit|

Wie so häufig in seinen Krimis ist sich der Autor der körperlichen Bedürfnisse der weiblichen Figuren intensiv bewusst. Er scheut sich nicht, diese Bedürfnisse mit Eleganz und Zurückhaltung zu schildern. Sie haben Anspruch darauf, auch körperlich geliebt zu werden. (In „Potshot“ lernt Spenser eine ganze Menge von „Desperate Housewives“ kennen.) Und er erwähnt die Wirkung gewisser Männer auf diese Frauen, darunter Spenser dunkler Bruder Hawk. Dass diese Männer keineswegs unter mangelndem Selbstbewusstsein leiden, dürfte einleuchten. Zum Leidwesen der freigebigen Damen befindet sich Spenser allerdings bereits in den festen Händen seiner Freundin.

Zum Thema Kinder gibt es ebenfalls eine köstliche Szene. Susan hat ihre Freundin Elayna eingeladen, die ihre neunjährige Tochter namens Erika mitbringt. Erika ist ein verzogenes Gör und stellt jede Menge Ansprüche an ihre hilflos agierende Mutter. Susan agiert ebenso hilflos, dass sich ihrer eifersüchtigen Hündin Pearl die Nackenhaare aufstellen. Spenser schaut dem Spektakel, das Erika veranstaltet, seelenruhig zu.

Er weiß, was kommen wird und muss nur Pearl davon abhalten, über Erika herzufallen. Als Erika sich Susans seidenen Morgenmantel schnappt und ihn mit Stöckelschuhen zerfetzt, ist das Maximum der Katastrophe erreicht. Erikas Mutter schleift sie nach Hause. Susan und Spenser atmen erleichtert auf. Schade um den Seidenmantel. Aber sie sind eine lehrreiche Erfahrung reicher. Außerdem muss Susan ihren Champagner jetzt unbekleidet schlürfen. Und das ist ein echter Vorteil, findet Spenser.

_Unterm Strich_

Die Handlung dieses „Spenser“-Krimis entwickelt sich mit kontinuierlich wachsender Spannung. Schon der Umstand, dass der Privatdetektiv Fragen stellt an Orten, wo er nichts zu suchen haben soll, führt dazu, dass er dreimal vorgewarnt wird, jedes Mal ernsthafter und eindringlicher. Doch nicht nur er, sondern auch Susan befindet sich in Lebensgefahr. Das kann nicht verhindern, dass es Spenser diesmal erwischt und er fast den Löffel abgibt. Das führt zu einer recht ungewöhnlichen Zäsur in der Geschichte – mit umso größerer Spannung warten wir auf den Showdown mit dem Killer und den Drahtziehern.

Thema dieses Krimis ist diesmal Rassismus in all seinen öffentlichen und privaten, bestens verborgenen Seiten, aber auch Adoptivkinder im allgemeinen. Sollte man ihnen etwas Gutes tun – oder ist das auch schon wieder herablassend? Diese Diskussion wird nur en passant eröffnet und stets in Handlung und Szenen aufgelöst. So etwas wie anstrengende Dialoge gibt es bei Parker einfach nicht. Deshalb ist auch dieser Krimi sehr flott und recht humorvoll erzählt. Die Action kommt ebenso wie Humor und Sinnlichkeit nie zu kurz.

Wer den Vorgänger „Walking Shadow“ (dt. Titel: „Die unsichtbaren Killer“) gelesen hat, wird über den Kontrast zwischen unterprivilegierten Schwarzen, Chinesen und Hispanics gegenüber den weißen Studentinnen am College erstaunt sein. Die Gleichheit und Freiheit der Bürger der USA steht wirklich nur auf dem Papier. Und die Ungerechtigkeit wird jeden Tag aufs neue zementiert, wie zurzeit (November 2010) wieder zu beobachten ist. Es gibt nicht einmal ein ALG II (vulgo: Hartz IV) wie bei uns. Nach 99 Wochen Stütze fallen die Arbeitslosen in ein Loch, wo kein soziales Netz – außer persönlichen Beziehungen – sie auffängt.

|Taschenbuch: 308 Seiten
ISBN-13: 978-0399142444|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Andreas Eschbach – Die steinernen Schatten (Das Marsprojekt 4)

_Spannendes Abenteuer: auf einer fremden Welt gestrandet_

Arianna, Ronny, Carl und Elinn – alle zwischen 13 und 15 Jahren alt – sind als erste Kinder auf dem Mars geboren worden und aufgewachsen. Doch im Jahr 2086 sollen sie gemeinsam mit anderen Marssiedlern zur Erde zurückkehren, weil machthungrige Politiker behaupten, das Marsprojekt sei gescheitert. Die Vorbereitungen zur Stilllegung der Forschungsstation laufen bereits auf Hochtouren, als die Kinder eine aufregende Entdeckung machen.

Während die Forscher noch über den Zweck der seltsamen blauen Türme grübeln, machen sich die Marskinder daran, ihr Geheimnis zu lüften. Was niemand weiß: Die Kinder halten den Schlüssel zu einer anderen Welt in der Hand. Ein kleiner Schritt, die Passage öffnet sich, die Türme sind ein Portal! Bald finden sie sich auf dem geheimnisvollen Planeten wieder und müssen feststellen, dass ihnen der Rückweg nach Hause abgeschnitten ist. Auf sich allein gestellt, schlagen sie sich auf dem unbekannten Planeten durch – einer Welt, die alles andere als verlassen ist …

Das Marsprojekt:

01: [„Das ferne Leuchten“
02: [„Die blauen Türme“
03: [„Die gläsernen Höhlen“
04: [„Die steinernen Schatten“
05: [„Die schlafenden Hüter“

_Handlung_

Elinn ist überzeugt davon, dass die Marsianer sie gerufen haben. Als sie dies jedoch im Rat der fünf Marskinder (da sind noch Carl, Ariana, Ronny und Urs), lehnen diese ihren Plan als zu gefährlich ab. Deshalb macht sie sich auf eigene Faust auf den Weg zum Löwenkopf, wo die zwei blauen Türme der Marsianer stehen. Seit Carl aus einem dieser Türme getreten ist, obwohl er 5000 Kilometer von hier eingetreten war, weiß jedes der Marskinder, dass es sich um das Tor in eine fremde Welt handelt. Nur Elinn jedoch ist überzeugt, dass das marsianische Artefakt mit ihrem Namen darauf ein Schlüssel sein muss – genau wie bei Carl.

Doch der blaue Turm ist umlagert von den Zelten, Männern und Messgeräten Professor Caphurnas, der hier die Aliens untersucht. Dennoch gelingt es ihr, unerkannt mit dem Frachtflugzeug herzukommen und bis zum Zaun vorzudringen – ein Hüpfer in der schwachen Schwerkraft, und sie ist drüber. Noch ein paar Schritte zum Turm, das Artefakt als „Schlüssel“ vorgestreckt, und sie ist durch: auf einer fremden Welt! Doch da packt sie eine gewaltige Kraft und streckt sie zu Boden. Elinn hat eines nicht bedacht: dass die Schwerkraft viel höher ist als auf dem Mars. Und wenn man sie nicht bald rettet, wird sie hier sterben.

Als Carl das Verschwinden seiner Schwester entdeckt, schlägt er Alarm. Seine Mutter erleidet einen Nervenzusammenbruch, doch Tom Pigrato, der Gouverneur, behält die Nerven. Er ruft bei Caphurna an. Der ist überrascht, bestätigt aber bald, dass er Elinn jenseits der Barriere auf dem Boden liegen sehen kann. Pigrato bittet Carl und Urs, Elinn zu retten, denn sie sind die Einzigen, die ebenfalls über diese „Schlüssel“ der Aliens verfügen. Ein Versuch von anderen Helfern, zu Elinn vorzudringen, scheitert.

Urs und Carl schleppen ein in aller Eile vorbereitetes Messgerät durch die Barriere. Dann streckt auch sie die hohe Schwerkraft nieder: 1,06 g zeigt das Messgerät, aber auch Sauerstoff, Stickstoff und Kohlendioxid. Dieser fremde Planet hat eine Atmosphäre, doch es herrscht Nacht, während auf dem Mars die Sonne aufgeht. Erleichtert stellen sie fest, dass Elinn noch lebt, aber sie atmet schwer. Jeder auf dem Mars weiß seit den Tests, die Pigrato durchführen ließ, dass Elinns Lunge nicht unter Erdbedingungen arbeiten kann. Sie hat höchstens zwei Wochen zu leben. Und sie können alle drei nicht zurückkehren: Die Schlüssel funktionieren nur in einer Richtung – und der Turm ist von ihrer Seite aus nicht zu sehen. Sie brechen auf, um diese Welt zu erkunden – und erleben eine große Überraschung!

|Unterdessen …|

Auf dem Mars herrscht große Aufregung wegen der verschwundenen Kinder, die in der fremden Welt gestrandet sind. Und seit der Turm die Barriere geschlossen hat, sind sie auch nicht mehr zu sehen. Da bemerkt Prof. Caphurna, dass auch der andere Turm sich verlangsamt – in sieben Wochen wird auch er zum Stillstand kommen. Wird sich dann ein weiteres Tor öffnen? Leider zu spät, um Elinn zu retten.

Um sicherzugehen, dass keine weiteren Türme mit Tarnvorrichtungen auf dem Mars existieren, lässt Pigrato jenen Motorsegler starten, mit dem der Tarnschirm der Türme zuerst unterflogen wurde. Der einzige Pilot, der das Ding fliegen kann und leicht genug ist, ist Ronny, das Fliegerass. Ronny findet es absolut „galaktisch“, diese Chance erneut geboten zu bekommen und sagt sofort zu. Wenige Stunden später steigt er vom Löwenkopf auf, um den Flieger zur zerstörten Asiatischen Marsstation zu steuern, wo es noch ein Startkatapult für solche Flieger gibt.

|Die fremde Stadt|

Doch bei der Erkundung und Überführung passiert Ronny etwas Merkwürdiges. Als er eigentlich über den Valles Marineris sein sollte, der großen Marsschlucht, fällt sein Blick auf eine große Stadt voller Licht, in der sechs blaue Türme stehen. Da senkt sich ein riesiges Raumschiff auf den Zentralplatz zwischen den Türmen und eröffnet das Feuer. Alles im Umkreis wird zerstört. Dann schließt sich der Blick auf dieses Spektakel wieder. Ronny gelingt es, den Flieger sicher zu landen, als wäre nichts gewesen.

Doch als Pigrato diese Szenen auf den Aufnahmen der automatischen Kamera des Fliegers sieht, bekommt er Zweifel, ob es eine so gute Idee war, alles alleine machen zu wollen. Er wird die Erde informieren müssen, das heißt den Chef der Raumfahrtbehörde, den strengen, zwielichtigen Senator Bjornstadt. Und wenn die „Heimwärtsbewegung“ von den Vorgängen auf dem Mars Wind bekommt, wird sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um jegliche Raumfahrt zum Stillstand zu bringen und die Marssiedler zur Erde zurückzuholen. Dem Statthalter Pigrato stehen schwere Zeiten bevor. Von der Ungewissheit über den Verbleib seines einzigen Kindes Urs ganz abgesehen.

Einige Stunden später erhält Ariana DeJones, Urs’ Freundin, eine erstaunliche, kurze Mail von ihrem Freund …

_Mein Eindruck_

Ich habe diesen spannenden Abenteuerroman in nur zwei Tagen gelesen und bin sicher, man kann ihn auch in nur einem Tag schaffen. Die Geschichte entwickelt sich wendungsreich und unvorhergesehene Richtungen, sodass man stets gespannt ist, wie die Handlung weitergeht. Wird Elinn überleben? Wo befinden sich die Marskinder überhaupt? Wird es für sie eine Rückkehr geben?

Gut fand ich, dass der Autor nicht auf den bisherigen Funden herumreitet und die Leute ewig rätseln lässt, wie die Technik der Aliens auf dem Mars funktioniert. Das bringt nämlich einfach nichts und wäre nur Anlass zu endlosen Diskussionen gewesen, wie sie noch im ersten Band zu finden waren. Stattdessen ergreift wie schon zuvor jeweils eines der Marskinder die – mehr oder weniger vernünftige – Initiative und macht sich daran, eben diese Technik zu nutzen.

Für Elinn könnte dies allerdings fatale Folgen haben. Deshalb müssen ihr Carl und Urs, als personalisierte Inhaber der „Schlüssel“, ihr folgen und helfen. Natürlich macht auch Carl die hohe Schwerkraft zu schaffen, aber Urs hat die Erdschwerkraft noch nicht lange verlassen (er ist erst zwei Monate auf dem Mars) und hält sich am besten auf der fremden Welt, die sie betreten haben. Was das Trio dort vorfindet, soll hier nicht verraten werden, damit die Überraschung erhalten bleibt.

Ziemlich witzig bemerkte ich, dass sich der Autor à la Hitchcock selbst in die Geschichte hineingeschrieben hat. Der Astronaut Peter Eisenhardt ist an Bord eines den Mars umkreisenden Raumschiffs und erzählt seinem Kollegen von einem Großvater, der Science-Fiction-Romane schrieb, darunter auch Zeitreisegeschichten. Da kam mir doch gleich „Das Jesus Video“ in den Sinn. So was nennt man bei Filmen einen Cameo-Auftritt, aber diesmal ist er selbstironisch gemeint.

Außerdem gibt es einen ziemlich witzigen Auftritt eines afrikanischen Künstlers, der sich Kibbi nennen lässt. Wieder mal hat der Autor seine Kultur- und Geschichtskenntnisse ausgegraben und angewandt. Dieser Kibbi hat die Kunst für ein Museum geschaffen, das die Menschheitsgeschichte darstellt, aber mit einer so innovativen Konzeption, der er jeden Handwerker einzeln anleiten muss, um alles richtig zu machen.

Das Museum steht nahe der kenianischen Olduvai-Schlucht, die unter Anthropologen als Ursprung der Menschheit gilt, seit die Familie Leakey hier Knochen von Frühmenschen fand. Doch nun hat man hier einen verstörenden Fund gemacht, der die ganze schöne Theorie von der Entstehung des Menschen über den Haufen wirft: die titelgebenden „steinernen Schatten“ …

_Unterm Strich_

Ich fand diesen vierten Teil des Zyklus‘ fast noch spannender und witziger als den Vorgänger, obwohl der auch schon ziemlich haarsträubend ist. Für Jugendliche ab zwölf bis vierzehn Jahren (und natürlich erwachsene Junggebliebene) bietet der Roman einige überraschende Wendungen, sodass ich mich gut unterhalten fühlte.

Immer wieder beeindruckte mich der Kenntnisreichtum des Autors in der Luft- und Raumfahrttechnik – Kunststück, hat er doch beides studiert. Außerdem finde ich seine süddeutsche Umgangssprache immer sympathischer. Das hebt seinen Erzählstil nämlich wohltuend von den Übersetzungen aus dem Englischen ab, mit denen der deutsche SF-Markt regelmäßig überflutet wird. Genauso würde ich als Schwabe auch erzählen, wenn ich die Zeit (und den Mut) dazu hätte.

|Zur Taschenbuch-Ausgabe|

In dieser Taschenbuchausgabe des 2007 bei Arena veröffentlichten Romans fehlen allerdings die Illustrationen. Trotzdem behauptet der Bastei-Lübbe Verlag, diese Ausgabe sei „Vollständig“. Wahrscheinlich bezieht sich diese Behauptung nur auf den Text.

Die Umschlaginnenseiten der Leinenausgabe bieten nämlich zwei hilfreiche Zeichnungen. Die Hintere ist dem Löwenkopf-Areal gewidmet. Eigentlich hätte sie an den Anfang gehört, weil dort die Handlung einsetzt. Im vorderen Umschlag ist die Raumstation MIR-3 abgebildet, die dem reichsten Mann der Erde, dem Erfinder Yules Whitehead, gehört, und die im letzten Viertel der Handlung eine kleine Rolle spielt. Sie dient als Habitat für Leute, die zum Mars wollen oder von dort kommen. Sie verfügt über einen Mechanismus zur Erzeugung künstlicher Schwerkraft, wie man ihn aus dem Film „2010 – Das Jahr in dem wir Kontakt aufnehmen“ kennt (der Mittelteil der „Leonov“ rotiert).

Aber dennoch kann sich der Leser freuen: Die Taschenbuchausgabe ist mit knapp neun Euro einen Fünfer billiger als die Leinenausgabe. Obendrein weist sie ein viel schöneres Titelbild auf, als es die Arena-Ausgabe zu bieten weiß. Natürlich könnte sich der kundige Astronom fragen, was das für ein Riesenplanet sein soll, der da am Himmel hängt. Aber man sollte Titelbilder sowieso nur als poetische Interpretationen des jeweiligen Künstlers auffassen.

Taschenbuch: 334 Seiten
ISBN-13: 978-3404243952
www.arena-verlag.de

Parker, Robert B. – Widow\’s Walk – Ein Spenser-Krimi

_Prophetische Warnung: Wenn Banker und Immohaie abzocken_

Mary Smith, die junge Witwe des erschossenen Finanziers Nathan Smith, wird des Mordes verdächtigt. Spenser soll im Auftrag der Verteidigung ihre Unschuld beweisen. Der Haken: Mary Smith erbt nicht nur das Vermögen, sondern auch die Lebensversicherung in Höhe von 10 Millionen. Ein Motiv?

Der deutsche Titel lautet „Die blonde Witwe“. Die Übersetzung ist bei Pendragon erhältlich.

Hinweis: „Widow’s Walk“ ist übrigens ein architektonischer Fachausdruck und bezeichnet eine Dachplattform mit Geländer.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818
[„Stardust“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6819
[„Potshot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6821
[„Walking Shadow“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6820
„Widow’s Walk“, „Hugger Mugger“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Spenser hat früher mal für die Staatsanwältin Rita Fiore gearbeitet, und auch jetzt noch sieht sie atemberaubend aus. Kein Wunder also, dass er ihre Bitte, für ihren neuen Arbeitgeber Cone & Aokes (Anwälte), zu ermitteln, nicht ablehnen kann. Eigentlich hat er schon eine Dame seines Herzens, nämlich Susan Silverman. Aber Freunde wie Rita Fiore zu haben, zahlt sich immer aus.

Mary Smith ist die frischgebackene Witwe des Finanzmaklers Nathan Smith, mit dem sie sieben Jahre verheiratet war. Er wurde in seinem Bett in der dritten Etage ihres gemeinsamen Stadthauses in Boston erschossen, während sie im Erdgeschoss Fernsehen schaute. Sie hörte keinen Schuss, und als sie den Toten entdeckte, habe sie die Polizei angerufen, sagt sie aus. Die Alarmanlage war noch eingeschaltet, und sie kenne sich mit derlei „mechanischen Dingen“ nicht aus. Wie also kam der Mörder ins Haus?

Das sieht doch schon mal recht merkwürdig aus für Mary. Leider deuten die Schmachspuren auf den Händen darauf hin, dass Nathan seine Hände abwehrend vor sein Gesicht hielt, er also den Mörder ansah, als er erschossen wurde. Es war somit kein Selbstmord. Es sieht so aus, als hätte die Anklage die besseren Karten. Nicht nur, dass der kleine Gauner Joe deRosa von ihr mit 25.000 Dollar für den Mord bezahlt worden sei, spricht laut Polizei gegen Mary. Auch der Umstand, dass sie nicht das Vermögen erbt, sondern auch die Lebensversicherung in Höhe von 10 Mio. Dollar einstreichen wird, spricht für ein sehr gutes Tatmotiv.

Dass Joe deRosa abstreitet, jemals den Auftrag ausgeführt zu haben, obwohl er Marys Geld nahm, findet Spenser ein wenig verwirrend. Noch merkwürdiger findet er allerdings, dass eine so feine und bekannte Anwaltskanzlei wie Kiley (Anne) & Harbaugh einen solchen Schmalspurgauner wie Joe vertritt. Und wenn Joe nicht schoss, dann vielleicht der mysteriöse „Chuck“, der ihm den Job anbot? Irgendjemand sagt nicht die Wahrheit – wie üblich.

Kaum beginnt sich Spenser für den Hintergrund von Mary – sie hat nur einen Oberschulenabschluss – und Nathan Smith, den Bankier, zu interessieren, merkt er, dass er beschattet wird. Die Frage ist natürlich, wo für die Gegenseite der Schmerzpunkt ist, also beginnt er, noch mehr zu schnüffeln. Nachdem Brinkman Tyler, den Börsenmakler des Bankiers Smith, aufgesucht hat, stellen sich ihm zwei seiner Beschatter in den Weg. Er macht sie beide fertig. Sie zu fragen, wer sie geschickt hat, wäre zwecklos: Sie wissen nichts. Und Spenser weiß bereits, dass sie für Felton Shawcross arbeiten, den Boss einer Immobilienfirma.

Einer der Namen auf der Gästeliste für Marys letzte Wohltätigkeitsgesellschaft lautet Marvin Conroy. Wieso hat Nathan Smith diesen Typen gebraucht, um seine Bank zu führen? Amy Peters ist Conroys PR-Dame und sehr nett, weiß aber nichts. Sie kommt zu Spenser, um ihm zu sagen, sie habe Angst vor Conroy, der alles über ihr Gespräch wissen wollte. Wenig später wird sie tot aufgefunden – angeblich Selbstmord. Genau wie bei Nathan Smith. Offensichtlich geht hier jemand über Leichen. Aber um welches Geheimnis geht es, das so wichtig ist, dass Leute dafür sterben müssen?

_Mein Eindruck_

Die Geschichte beginnt täuschend einfach, indem uns der Autor mit einem alten Klischee ködert: die dumme sexy Blondine. Tatsächlich ist Mary, obwohl Gattin eines reichen Bankiers, dumm wie Bohnenstroh, denn sie hat lediglich die Oberschule geschafft und hing danach bloß mit irgendwelchen Versagern herum. Sie schläft sogar immer noch mit ihrem Oberschulenverhältnis Roy. Denn ihr Gatte Nathan war ganz anders gepolt: Er stand auf kleine Jungs, denen er angeblich zu einem guten Start ins Leben verhelfen wollte.

Das Problem, das Spenser zunehmend hat, ist, wie üblich, ein großer Haufen Lügen und zu viele Informationen. Selbst der Rat seiner Dauerfreundin Susan wirft nur ab und zu einen Lichtstrahl in dieses Dickicht widersprüchlicher Hinweise. Doch eines scheint immer klarer zu werden: Während Mary, Roy und ihr „PR-Manager“ Larson Graff (noch ein Schulfreund) etwas mit der Vertuschung von Nathan Smiths Mord/Selbstmord zu tunhaben, ist Smith doch die Verbindung zu Marvon Conroy und Felton Shawcross. Joe DeRosa und seine angeheuerten Schläger und Killer sind bloß die Handlanger dieser beiden Finsterlinge.

Aber um was geht es diesen beiden Drahtziehern überhaupt, fragt sich Spenser zwangsläufig. Conroy sitzt in der Bank, und Shawcross besitzt eine Immobilienfirma – die von einem Tag auf den nächsten aus ihren Büroräumen verschwunden ist. Folglich muss es um einen Immobilienbetrug gehen, den Nathan Smiths und Conroys Bank finanzieren sollte. Dabei wäre natürlich ordentlich Reibach zu machen. Fragt sich nur, für wen. Und warum war Nathan Smith schließlich jemandem im Weg?

Die Auftritte von Spenser und seinem schwarzhäutigen Alter Ego Hawk sind wie immer ein Hochgenuss an Ironie und unausgesprochenen Zwischentönen. Außerdem kabbeln sich die beiden über Fragen der Rasse und der Bildung. Während Spenser wirklich belesen ist und gerne mit Zitaten um sich wirft, macht Hawk ihn gerade zum Tort, einen dummen Ghettodussel, der nicht mal eins und eins zusammenzählen kann. Doch das ist nur Show. Die beiden sind im gleichen Boxklub und trainieren, wann sie nur können. Deshalb beeindrucken sie auch regelmäßig die Damenwelt.

Spenser ist aber auch ein Gourmet, der gerne auch einfallsreiche Speisen für seine Liebste zubereitet. Diese will es ihm gleichtun und bereitet mit der kräftigen Hilfe von Miracle Whip auch mal Sandwiches zu. Die beiden haben schon einiges miteinander durchgemacht. Sie kennen sich seit 25 Jahren, waren aber zwischendurch anderweitig liiert. Diese andern Beziehungen tauchen immer wieder auf, und nur der wahre Spenser-Fan, der alle Romane gelesen hat, kennt die Hintergründe. Wer erst in die Serie einsteigt, sollte diese Hinweise einfach ignorieren und sich auf das Wesentliche konzentrieren.

Denn natürlich steht am Schluss der Ermittlung ein zünftiger Showdown. Nachdem Spenser schon fast alle Zusammenhänge erfahren hat, warnt er die Überlebenden vor der Rache Felton Shawcross‘. Dieser Finstermann will sicherlich alle umlegen, die ihn mit Nathan Smith in Verbindung bringen könnten. Im Zuge dieser Aufklärung lässt Spenser durchaus mal Gnade vor Recht ergehen, aber Showcross muss irgendwann dran glauben. Fragt sich nur, ob Spenser dieser Begegnung überlebt.

_Unterm Strich_

Dieser Spenser-Fall hat mich ebenfalls – wie schon „Walking Shadow“ – vollständig zufriedengestellt. Man kann das Taschenbuch ohne Weiteres an einem halben Tag lesen, und ich habe die ersten 200 Seiten (von 325) in nur einer Sitzung geschafft. Der Rest war ein Kinderspiel. Ich habe besonders die Schilderung des Showdowns genossen.

Während die Ermittlung immer wieder durch handfeste Actionszenen in Atem gehalten wird, gibt es doch immer wieder Aussprachen, die für Auflockerung sorgen. Die Dialoge mit Hawk und Susan sind köstlich und voller Hintersinn. Ich hoffe nur, dass die Übersetzung diese Untertöne ebenfalls erfasst. Die Begegnung mit der titelgebenden Witwe sind jedoch alles andere als eine Freude, es sei denn, man hat einen Sinn für Masochismus: Wenn Dummheit wehtun würde, dann müsste Mary Smith, geborene Toricelli, Schreikrämpfe kriegen. Und diejenigen, die ihrem ahnungslosen Gerede zuzuhören gezwungen sind, brauchen danach einen doppelten Scotch.

Die wahre Aussage des Romans bezieht sich natürlich auf die dunklen Machenschaften zwischen Banken und Immobilienfirmen. In diesem Gemauschel lässt sich nicht nur eine Bank total ausnehmen, sondern auch der Staat, denn der zahlt gegen Hypothekenausfälle eine Versicherung – noch mehr Reibach. Indirekt warnt der Autor also sowohl Banken als auch die Behörden vor Betrüger im Häusermarkt – und das bereits sechs Jahre vor dem großen Hypotheken-Crash von 2008.

|Taschenbuch: 325 Seiten
ISBN-13: 978-0425189047|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Walking Shadow – Ein Spenser-Krimi

_Zwielichtige Geschäfte in Port City_

Eigentlich soll Spenser in Port City nur herausfinden, wer der Stalker ist, der dem Direktor des einzigen Theaters nachstellt. Doch als Spenser die Aufführung eines politisch umstrittenen Stücks besucht, wird ein Schauspieler auf offener Bühne erschossen. Nun hat er noch einen Auftrag. Allerdings bekommt er von Lonnie Wu, dem Anführer einer chinesischen Gang, unmissverständlich klargemacht, dass er sich von Port City fernhalten soll, sonst … Natürlich tut Spenser genau das Gegenteil. Und so kommt eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen in Gang, die drei Menschenleben fordert.

Der Titel der deutschen Übersetzung lautet „Die unsichtbaren Killer“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818 , „Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Privatdetektiv Spenser hätte nicht gedacht, dass seine Freundin, die Psychotherapeutin Susan Silverman, im Aufsichtsgremium eines veritablen Theaters sitzt. Und das ist der Grund, warum sie ihn nach Port City mitnimmt, dem Sitz des Theaters. Er soll den Stalker aufspüren, der dem Theaterdirektor das Leben schwer macht.

Port City ist ein heruntergekommener Hafen, über dem es ständig zu regnen scheint. Die Bevölkerung besteht zu sechzig Prozent aus Chinesen und Portugiesen, den früheren Arbeitern in den Fischfabriken, und der weißen Oberschicht. Die lebt oben auf dem Hügel, der Rest unten am Hafen. Kein Wunder, dass das Theater, das dort unten errichtet wurde, sich keiner sonderlich sicheren Nachbarschaft erfreut.

Das erste Gespräch ist ergebnislos, also setzen sich Spenser und Susan in die Aufführung, zu der sie eingeladen wurden. Das Stück ist kontrovers und fordert alle Vorurteile heraus. Als der Schauspeiler Craig Sampson den Song „Lucky in Love“ anstimmt, trifft ihn die Kugel eines Scharfschützen ins Herz. Spensers sofort geleistete Erste Hilfe kommt zu spät. Nun hat er einen zweiten Auftrag an der Backe. Wer erschoss den Schauspieler? Und das alles ohne Bezahlung.

In der anschließenden Vorstandssitzung bittet er das Aufsichtsgremium um Mithilfe bei der Aufklärung. Pustekuchen! Die Chinesin Rikki Wu bringt sogar deutliche Vorbehalte und Einwände gegen eine Ermittlung vor. Sheriff DeSpain sucht in alle Richtungen. Der frustrierte Spenser lädt sie in das Restaurant ihres Mannes Lonnie Wu ein, doch auch hierbei erfährt nichts. Der Grund wird klar, als Spenser in der Wohnung des Ermordeten etwas findet, was DeSpains Beamte geflissentlich übersehen haben, obwohl es sich an einem offensichtlichen Versteck befand, an der Unterseite einer Schublade: Fotos von Rikki Wu und Craig Sampson.

Doch vor diesem erhellenden Fund hat bereits Lonnie Wu Spenser einen Besuch abgestattet. Er verbot Spenser, jemals wieder einen Fuß in Port City zu setzen. Die beiden vietnamesischen Totschläger in Wus Begleitung versuchen diesem Wunsch Nachdruck mit Pistolen zu verleihen, doch Spenser reagiert schneller, indem er Wu einen geladenen und gespannten Revolver unter die Nase hält. Wu zieht wieder ab, doch wenige Tage später tauchen die beiden Vietnamesen wieder in Spensers Wohnung auf …

Nachdem auch diese Problem erledigt ist, wagt sich der fortan wütende Spenser nur noch mit Begleitschutz in die offenbar von einer chinesischen Tong beherrschte Stadt, einer Verbrecherbande. Und er vermutet, dass sie auch den Sheriff bereits eingesackt haben. Als Spenser mit seinem Freund Hawk und dem Exknacki Vinnie Morris im Restaurant sitzt, setzt sich die Schauspielerin Jocelyn Colby zu Spenser, um ihn um Hilfe zu bitten. Ihr Auftritt ist wahrlich sehenswert, stammt aber aus einem Melodrama. Sie habe Angst vor einem Stalker. Schon wieder Einer, denkt Spenser genervt.

Das Blatt wendet sich, als kurz darauf eine Salve Kugeln das Restaurant durchsiebt und Tage darauf Spenser eine Videocassette ins Büro flattert: Darauf sitzt die verschwundene Jocelyn Colby gefesselt und geknebelt auf einem Stuhl. Wurde sie entführt? Wo ist dann die Lösegeldforderung? Und etwas an diesem Video kommt Spenser verdächtig bekannt vor …

_Mein Eindruck_

In diesem „Spenser“-Krimi führt Meister Parker zwei ziemlich unwahrscheinliche Welten zusammen und lässt sie aufeinanderprallen: das Theater und chinesische Verbrecherbanden. Die Nahtstelle zwischen den Welten bilden einerseits Rikki Wu, Lonnies Wus untreue Ehefrau, und zum anderen die Schauspielerin Jocelyn Colby, die eine alte Verbindung zu Sheriff DeSpain hat, der wiederum von Lonnie Wu bezahlt wird. Diese Dreiecksgeschichten führen zu explosiven Konflikten, wie man sich unschwer vorstellen kann.

Port City scheint fest in chinesischer Hand zu sein, aber dass darf natürlich keiner merken. Deshalb spielen Rikki Wu, Jocelyn und der Sheriff allesamt Theater. Allerdings merkt dies Spenser erst nach und nach, denn er zu Anfang immer noch mit den zwei Stalkern und anderen „wandelnden Schatten“ befasst, wie sie am Theater durchaus üblich sind. Die Scheinwelten durchdringen einander, die falschen Identitäten ebenso.

|Die Chinesen|

Spenser muss natürlich herausfinden, womit Lonnie Wu am meisten Geld macht. Sind es Drogen, ist es Prostitution, Schutzgelderpressung? Nein, durch Zufall erfährt er, dass auf der Brant-Insel nächtens bis zu hundert Chinesen heimlich an Land gehen: illegale Einwanderer, so unwirklich wie Geister, und doch höchst lukrativ. Der Schleuserlohn beträgt mehrere tausend Dollar pro Nase, und Lonnie bekommt natürlich einen erklecklichen Anteil daran.

Die Einwanderer arbeiten für einen Hungerlohn, um es sich vom sauer Ersparten leisten zu können, den Rest der Familie nachzuholen. Mit Spenser als Alter Ego stößt der Autor seine Leser mit der Nase auf diese Misere und fordert sie auf, etwas dagegen zu unternehmen. Spenser erreicht bei Lonnie Wus Boss Little Eddie, dass die illegale Einwanderung aufhört. Zumindest in Port City. Wir erhalten einen tiefen Einblick in die chinesische Kultur und Mentalität.

|Die Schauspielerin|

Jocelyn Colby macht hingegen jede Menge: Sie hat es auf Spenser abgesehen. Wie ein kleines Mädchen, das auf Vaterfiguren steht, um mit ihnen ins Bett zu gehen – solange es etwas Verbotenes ist. Diesmal hat sie es auf ihn abgesehen, doch er befindet sich zum Glück bereits in festen Händen, wie er Susan versichert.

Doch eine enttäuschte Jocelyn lässt das nicht auf sich beruhen, sondern rächt sich. Dass ihr Verhalten mehr als einen Mann ins Unglück gestürzt hat, muss auch Port City feststellen: Die geisteskranke Frau, wie Spenser und Hawk sie nennen, hat mehr als einen Mann auf dem Gewissen. Ihre Krankheit besteht darin, dass sie nicht zwischen Realität und der Scheinwirklichkeit des Theaters trennen kann. Ihre Anmache wirkt deshalb stets so unecht wie eine Performance.

|Action|

Sobald Lonnie Wu auftritt, ist Action angesagt. Die Sprache der Waffen wirft die spannende Frage auf, wann die vietnamesische Todesschwadron, die für den Bandenchef arbeitet, Spenser erwischen wird. Der Privatdetektiv wagt sich nach Port City nur noch mit seinem eigenen, schwer bewaffneten Kommando, und die Patrouille, begleitet von einer Dolmetscher, könnte jederzeit zu einer Schießerei eskalieren. Diese Spannung muss sich schließlich entladen. Das passiert jedoch ganz anders als erwartet.

|Humor|

Ich habe bislang keinen „Spenser“-Krimi ohne Humor gelesen. Stets sorgen die ironischen Dialoge zwischen dem Helden und seiner „Jewish American Princess“ Susan Silverman für ironie-induzierte Schmunzeln. Und wollen sie sich einmal körperlich näherkommen, so zwängt sich garantiert die eifersüchtige Hündin Pearl dazwischen. Sie hängt sehr an ihrem Frauchen.

Nicht so witzig fand ich hingegen Spensers Bildungsgeprotze mit all den Zeilen, die er aus unterschiedlichsten Stücken Shakespeares oder aus T.S. Eliots Gedichten zitiert. Ich weiß ja schon, dass er schrecklich belesen ist, aber dass er nun auch noch am Theater den Geek raushängen muss, finde ich übertrieben. Ein Gutes hat die Sache allerdings: Seine Sprüche und Anspielungen verwirren den geistig minderbemittelten Gegner regelmäßig – mit Ausnahme von Susan natürlich.

_Unterm Strich_

Nach dem recht mittelmäßigen und klischeebeladenen Krimi „Stardust“ (dt. Titel „Starallüren“) konnte ich mit „Walking Shadow“ wieder richtig aufatmen. Die wendungsreiche Story wird durch mehrere Actionszenen und erotische Anmachen aufgepeppt und mündet in der mysteriösen Entführung der Jocelyn Colby, die mehrere Männer auf dem Gewissen hat. Gerade wenn der Leser – wie der Held – meint, die Geschichte sei an einem toten Punkt angelangt, besinnt sich Spenser wieder auf seine Tugenden – und entdeckt den entscheidenden Hinweis, wie üblich in der Vergangenheit.

Während der Autor das Theater, abgesehen von den Klassikern, nicht sonderlich ernstnimmt, so widmet er sich doch dem Problem der illegalen Einwanderung aus China umso ernsthafter. Er zeigt nicht nur die Ausbeutung der Eingewanderten, sondern auch die Korruption, die die Schleuser und Gangsterbanden (Tongs) verursachen und fördern – auch unter den einheimischen Behörden. Sowohl durch die Anklage dieser Verbrechen als auch durch einen Blick auf das Elend, in dem die Einwanderer schuften müssen, fordert der Autor den Leser auf, etwas gegen beides zu unternehmen. Mehr kann ein Buch nicht tun, will es nicht zu einem Pamphlet verkommen.

|Taschenbuch: 270 Seiten
ISBN-13: 978-0399139611|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Paper Doll – Ein Spenser-Krimi

_In Boston wie im Süden: die Tyrannei weißer Männer_

Die Frau eines angesehenen Bostoner Anwalts wird mitten in der Stadt unweit ihres Hauses mit einem Hammer erschlagen. Nach erfolglosen Ermittlungen hält die Polizei den Fall für die Tat eines Verrückten und kommt nicht weiter. Deshalb bittet der Witwer den Privatdetektiv Spenser um Hilfe. Schon bei seiner ersten Nachforschung in der Heimat der Ermordeten, bekommt Spenser mordsmäßig eins auf die Mütze. Jemand will nicht, dass er den Mord aufklärt. Aber warum?

Deutscher Titel: „Schmusepuppe“. Das trifft den Sachverhalt nicht wirklich.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Spenser ist ein Privatdetektiv in Boston. Er lebt mit der Psychotherapeutin Susan Silverman und dem „Wunderhund“ Pearl zusammen, die er beide gerne mit Kreationen aus seiner Küche verwöhnt. Heute kommt der wohlhabende Anwalt Loudon Tripp-Nelson zu ihm. Offenbar hat er Spensers Hintergrund gründlich überprüft. Er kommt zu ihm auch nur, weil die Polizei überhaupt nicht weiterkommt: Seine Frau Olivia wurde von einem Unbekannten mit einem Zimmermanshammer erschlagen, mitten auf einem Platz im Nobelviertel Beacon Hill, wo Tripp-Nelsons Haus steht. Der von ihm ausgestellte Scheck ist beträchtlich, und Spenser nimmt den Fall deshalb gerne an.

Der Polizeileutnant hat keine großen Erkenntnisse beizutragen, ebenso wenig der eigentliche Bearbeiter des Falles, Farrell. Tripp-Nelson und seine Frau seien offenbar Heilige gewesen und ihre zwei Kinder Loudon junior und Meredith ebenfalls kleine Heilige. Die zwei gehen aufs College. Als Spenser das Haus in Augenschein nimmt, stellt er fest, dass die Eltern getrennte Schlafzimmer haben. Zudem sehen die Zimmer von Olivia und den Kindern wie Gästezimmer aus: unbewohnt, ausgestellt, präsentabel. Sehr merkwürdig. Junior wirft Spenser raus. Was hat denn der für ein Problem, fragt sich der Privatdetektiv.

Noch merkwürdiger ist Tripp-Nelsons Sekretärin. Ann Summers ist eine Wucht und einem Abenteuer zwischen den Laken sicher nicht abgeneigt. Wenn Spenser seine Susan nicht hätte … Aber Ann Summers will nichts über die Familie ihres Brötchengebers sagen und auch nicht verraten, warum sie zwischen neun und vier praktisch nichts zu arbeiten hat. Sie liest stattdessen, gut für ihre Bildung. Aber was macht sie in Wahrheit den lieben langen Tag?

Dass Senator Bob Stratton sich für den Fall interessiert, hat Spenser schon gehört. Als er ihn im Club seines Klienten trifft, macht der Senator schlüpfrige Bemerkungen über junge Damen, bevor er Tripp-Nelson sein Beileid ein wiederholtes Mal ausdrückt. Eine interessante Figur, ohne Zweifel.

|Im tiefen Süden|

Da es weder einen Täter noch ein Motiv gibt, gräbt Spenser in der Biografie des Opfers. Hatte es jemand aus der Vergangenheit auf sie abgesehen? Also fliegt er nach Alton, South Carolina, und quartiert sich dort ein. Kaum ist er von einem Besuch an Olivias Schule zurück, merkt er schon, dass sein Hotelzimmer durchsucht worden ist. Nichts fehlt, aber vor dem Hotel steht ein blauer Buick, der sofort wegfährt, wenn er auf ihn zugeht. Wird er von der Polizei überwacht?

Ja, so ist es, erklärt der schwarze Hoteldiener Sedala, der Sheriff war da. Offenbar hat ihm jemand aus Boston einen Tipp gegeben, jemand, der hier viel zu sagen hat. Und Spenser hat da schon eine Ahnung, wer das sein könnte. Sedala gibt ihm noch einen Tipp: Sich mal eine kleine Frittenbuden anzusehen. Tatsächlich ist dort das Essen nicht nur besser und herzhaft, sondern es hängt dort auch ein Foto von Olivia Nelson an der Wand. Nur, dass die weiße Frau, die dieses Mädchen ihre Tochter nennt, gar nicht Nelson heißt, sondern Rankin. Das Foto zeige ihre Tochter Cheryl Anne. Spenser ist perplex.

Um sich Klarheit zu verschaffen, fährt er, stets überwacht, raus zu Olivias Vater Jack. Der war zu seiner Zeit nicht nur ein toller Jäger und Reiter, sondern auch ein Frauenheld, der laut seinem Pferdehalter alles besprang, das keinen Penis hatte. Allerdings ist Jack Nelsen inzwischen ein Halbtoter, der nur noch übergewichtig vor der Glotze hängt und Whisky süffelt. Als Spenser seine Tochter Olivia erwähnt, wehrt Nelsen ab: Er habe keine Tochter. Und sein alter Diener Jefferson erklärt es: Olivia heiratete einen Afrikaner und zog nach Kenia. Nelson hat sie quasi enterbt. Als der völlig überraschte Spenser ihn nach Cherryl Anne Rankin fragt, lügt Jefferson. Aber warum?

Kaum zurück im Hotel, erstattet Spenser einem ebenso erstaunten Polizeileutnant in Boston Bericht. Und da sieht er aus dem Fenster, wie die komplette Polizei vor seinem Hotel eintrifft. Die kommen bestimmt nicht, um eine Disco aufzumachen. Spenser bittet den Leutnant noch, ihm zu helfen, da wird er auch schon abgeführt, und zwar auf höchst illegale Weise. Aber das ist erst der Anfang seines Martyriums im tiefen Süden …

_Mein Eindruck_

Dies ist der erste „Spenser“-Krimi, den ich gelesen habe, und ich muss sagen, dass ich keineswegs enttäuscht bin. Anfangs sah der Plot wie ein Fliegengewicht aus, doch in seiner unnachahmlich lässigen Art führt der Autor seine Figuren immer weiter auf einer Spirale der Verzweiflung und Aufklärung. Genau so, als sei die Ermittlung eine andere Art des Exorzimus.

Im Brennpunkt der Ermittlung stehen erst zwei Familien: die von Olivia Nelson, die gar nicht Olivia Nelson ist, und die ihres angeblichen Vaters, der sich als ihr tatsächlicher Vater entpuppt. Olivias Mann Loudon Tripp ist ein Meister im Verdrängen der Wirklichkeit, wie Spenser mit wachsender Bestürzung feststellen muss. Olivias Bett war deshalb so sauber und präsentabel, weil praktisch nie darin schlief, sondern sich lieber in den Betten anderer Männer herumtrieb. Und seine Tochter Meredith ist deswegen so still, weil sie ein schreckliches Geheimnis zu verbergen hat.

Nur gut, dass Spenser eine Psychotherapeutin zur Freundin hat. So bekommt er eine Erklärung für die massive Realitätsverdrängung Loudon Tripps, ebenso für die von Jack Nelson, Olivias Vater. Und er findet jede Menge Erholung von seinen strapaziösen Ermittlungen im Süden und Boston, wenn er mit Susan ins Bett geht. Sie ist die Lauren Bacall für seinen Philip Marlowe – und hat genauso schlagfertige Antworten. Das sorgt für subtilen Yankee-Witz, für eine feine Ironie, die elegant an der Grenze zum schwarzen Humor entlangsegelt.

Doch abgesehen von den Tripp-Nelsons geht es auch um Senator Stratton. Der Mann, der sich zum Präsidentschaftskandidaten aufstellen lassen will, unternimmt einiges, damit Spenser seine Finger vom Fall „Olivia Nelson“ lässt. Nicht ohne Grund, hat er doch „Livvie“ viele Male nicht nur sexuell benutzt, sondern auch noch um all ihr Geld gebracht – „Parteispenden“ von seiner ehemaligen Wahlkampfhelferin. Doch dann ist er zu weit gegangen …

Natürlich ist es lachhaft, auch nur daran zu denken, dass ein Bostoner Cop sich an einem SENATOR vergreifen könnte. Ein SENATOR, der den Polizeipräsidenten locker in die Tasche stecken könnte. Und doch gelingt Spenser dieses kleine Wunder, und zwar auf seine unnachahmlich menschliche Weise, die zeigt, wie moralisch integer der Ermittler ist. Und als auch die Tripps der Wahrheit ins hässliche Medusenauge sehen müssen, hat auch Senator Stratton keine Worte mehr. Und uns bleibt die Spucke weg. Aber heißt dies auch, dass er der Mörder ist? Das soll hier nicht verraten werden.

|Der Buchtitel|

Die Übersetzung des Buchtitels „Paper Doll“ mit „Schmusepuppe“ trifft nur die halbe Wahrheit, nämlich „doll“, das umgangssprachliche Wort für „junge attraktive Frau ohne feste Bindung“, vulgo: „Schlampe“. Aber was ist mit „paper“? Die Titelillustration des Originals gibt schon einen Hinweis: Eine Papierpuppe lässt sich wie ein Abziehbild ausschneiden, sodass sie keinen eigenen Charakter hat. Oder sie hat den Charakter eines anderen Menschen angenommen, der fortan nur noch auf dem Papier existiert. Es geht also um eine falsche Identität – genau die Täuschung, die Spenser so zu schaffen macht.

_Unterm Strich_

In einer zunehmend spannenderen und beklemmenderen Ermittlung, die aber auch keiner Verschnaufpausen entbehrt, deckt der Autor die repressive Herrschaft des weißen Mannes auf – die „Tyrannei alter Männer“ („Pulp Fiction“ von Tarantino) vor allem. Im alten Süden, in South Carolina, hat Jack Nelson alles besprungen, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Die Tyrannei gegenüber Frauen ist nur die andere Seite der Tyrannei gegen die Schwarzen, deren Folgen Spenser allenthalben antrifft.

Doch was wir und Spenser nicht erwartet haben: Die Tyrannei des weißen Mannes setzt sich auch im Norden fort. Und nicht bei irgendwelchen Leuten, sondern bei einem Senator, also dem gewählten Vertreter eines Bundesstaates. Senator Stratton weiß sich in der sexuellen und finanziellen Ausbeutung von Frauen und ihren Familien jedoch völlig auf einer Linie mit anderen „Kameraden“, die seine schlüpfrigen Witze – besonders über Jungfrauen – lustig finden. Im Gegensatz zu Spenser. Und er befindet sich als Angehöriger der politischen Elite des Landes in „bester“ Gesellschaft, zum Beispiel in der der Kennedys Anfang der sechziger Jahre. Was sagt dies über ein politisch-kulturelles System aus?

Mich hat die Lektüre nie gelangweilt und ich fand sie zunehmend spannender, je mehr beklemmende Enthüllungen mir Spenser bzw. Parker offenbarten. Der Held würde heulen, wenn er nicht solch einen Rückhalt in seiner besten Freundin hätte – der weiblichen wie der hündischen.

Dieser „Spenser“-Krimi lässt sich nur schwer mit den „Jesse Stone“-Krimis vergleichen. Aber auch hier ist der lakonische Witz der Dialoge (Einzeiler am laufen Band) und die moralische Integrität und Unerschrockenheit des Ermittlers unverkennbares Markenzeichen des 2010 verstorbenen Autors Robert B. Parker.

|Taschenbuch: 279 Seiten
ISBN-13: 978-0425141557|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Death in Paradise (Jesse Stone 3)

_Eine Kugel für Pretty Baby_

Polizeichef Jesse Stone hat mit dem Mord an einem Teenager-Mädchen zu tun. Natürlich sucht er dessen Mörder. Aber wieso will in seinem Städtchen Paradise niemand der Angehörige des Mädchens sein, um die Leiche zu bestatten?

Dieser Roman wurde für die „Jesse Stone“-Serie mit Tom Selleck eindrucksvoll verfilmt. Allerdings weist die Fernseh-Episode eine Unmenge an Unterschieden auf. Diese erörtere ich weiter unten.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

In einem nahen See wird die Leiche eines Mädchens gefunden. Sie muss sich schon einige Zeit darin befunden haben, denn die Verwesung hat eingesetzt. Sie wurde ermordet: Eine Kugel durch den Kopf, wahrscheinlich aus einer 38er. Polizeichef Jesse Stone Mitarbeiter finden am Ufer einen Schulring an einem Goldkettchen: Der recht umfangreiche und reich verzierte Ring stammt von der Swampscott High School und zwar aus dem Jahr 2000.

Das Mädchen könnte den Ring ihres Freundes an dem Kettchen getragen haben, sinniert Stone. Der Mörder schleppte die Leiche von seinem Auto durchs Unterholz bis in den See hinein, beschwerte sie dort mit Seil und Steinen, um sie am Aufsteigen zu hindern und versenkte sie dort. Wenig später finden Stones Mitarbeiter auch den Stein und das Seil – ein erster Hinweis. Er schickt gleich Arthur Angstrom los, um alle entsprechenden Läden abzuklappern. Vielleicht war der Mörder dumm genug, mit seiner Kreditkarte zu bezahlen.

Höchste Zeit, der Swampscott High School einen Besuch abzustatten. Die Rektorin ist Lilly Summers, DOKTOR Lilly Summers, eine adrette Lady – und derzeit unverheiratet. Jesse lädt sie sofort zum Mittagessen ein, sodass sie über den Fall des ermordeten Mädchens reden können. Wie sich herausstellt, könnte es sich um Elinor Bishop handeln, die von allen nur Billie genannt wurde und wohl so etwas wie eine Nymphomanin war. Sie schlief mit allen, doch nur einer war ihr wahrer Freund: William Royston, genannt Hooker, der Held des Jahrgangs, ein Vorzeigejunge.

Doch warum war Billie eine Nymphomanin und ihre Noten so schlecht, dass sie kaum die Versetzung schaffte? Sie war apathisch und interesselos. Jesse vermutet gleich, dass sie seelisch etwas aus der Bahn geworfen haben muss. Auch ihre Eltern sind sonderbar: Sie leugnen standhaft, dass sie eine Tochter namens Elinor oder Billie hätten. Was durch die Zahnarztunterlagen widerlegt wird. Dennoch beharrt die Mutter darauf, dass Billie für sie tot sei. Der Vater hat gefälligst die Klappe zu halten. Ebenso die dritte Tochter, Carla.

Aber wenigstens die zweite Tochter, Emily, redet mit Jesse. Sie hat eine Telefonnummer: Billie ging zu den Nonnen in Boston. Die Nonne, Schwester Mary John, hat ebenfalls eine Telefonnummer. Diese gehört dem Bostoner Gangster Gino Fish. Fish, der bekanntermaßen schwul ist und erst recht nichts sagt, habe nichts mit Prostitution am Hut, sagt die Bostoner Polizei, verkörpert durch Brian Kelly (den wir schon aus den Sunny Randall-Krimis kennen). Also legt sich Jesse mit seinem Mitarbeiter Suitcase Simpson und Kelly auf die Lauer. Nach Wochen entdecken sie: Es ist Fishs Rezeptionist Alan Garner, der den Prostituiertenring betreibt. Und die Huren sind blutjung – genau wie Billie. Hat einer der Freier Billie umgebracht?

Doch die Verbindung zu Paradise fehlt. Diese wird hergestellt durch die Verbindung von Gino Fish mit dem angesehenen Autor Norman Shaw, ein Alkoholiker mit einer sexuell frustrierten Frau, die sich an Jesse ranschmeißt. Shaw soll im Auftrag von Fish eine Biografie des Gangsters schreiben, gegen einen ansehnlichen Vorschuss. Jesse fragt sich, was Shaw für Fish getan haben könnte …

_Mein Eindruck_

Wie sich herausstellt, hat Gino Fish keine Ahnung von den Nebengeschäften seines Rezeptionisten Alan Garner, der einen Ring von minderjährigen Huren führt. Gut für Fish, schlecht für Garner. Denn wenn Fish die Wahrheit über seinen Lover herausfindet, bringt er ihn um. Das wissen auch die beiden Cops Stone und Kelly, als sie Garner schließlich in die Mangel nehmen. Aber sie lassen ihm ein winziges Schlupfloch: Wenn er Shaw verpfeift, kommt er ihne Mordanklage davon. Und die würde sich in seinem Lebenslauf – der durch Fish drastisch abgekürzt werden könnte – gar nicht gut ausnehmen.

Doch Stone und Kelly geht es um den Mörder von Billie Bishop. Wenn es weder Fish noch Garner war, dann kommt vorderhand nur Shaw in Frage. Ihr Problem ist allerdings, dass sie Shaw seine pädophilen Neigungen nachweisen müssen. Das kann eine der geschiedenen Gattinnen besorgen. Und sie müssen Billie mit ihm in Verbindung bringen. Wie ginge das besser als über Garner?

Dieser „Jesse Stone“-Krimi nimmt sich wie schon „Sea Change“ und „Paper Doll“ des heißen Eisens der Pädophilie an, diesmal aber auch des Themas Prostitution von Minderjährigen. Beide Themen entfachen in Jesse Stone sowohl Depression als auch Wut. Er hat Billie gegenüber ein heimliches Versprechen abgegeben, ihren Killer zu stellen und zur Rechenschaft zu ziehen. Bis ihm dies gelingt, besteht ein langer Spannungsbogen, der vier kleine Nebenhandlungen mühelos stützt.

Diese Nebenhandlungen umfassen 1) eine Liebschaft mit Lilly Summers, von der er Jenn informiert; 2) weitere Treffen mit Jenn; 3) Jesse besucht erstmals eine Psychotherapeuten, dem ihn Jenn empfiehlt: Dix soll Jesse von seiner Alkoholsucht befreien; und 4) Mr Snyder, ein Alkoholiker wie Jesse, schlägt seine Frau, doch Jesse verhilft ihr zur Freiheit – was zu einer Geiselnahme in einem Supermarkt führt. In Snyder entdeckt Jesse einen Aspekt seiner selbst, der ihm gar nicht gefällt. Und zum ersten Mal findet er selbständig heraus, was damit nicht stimmt.

|Unterschiede zur Verfilmung|

Dieser Roman wurde für die „Jesse Stone“-Serie mit Tom Selleck eindrucksvoll verfilmt. Allerdings weist die Fernseh-Episode eine Unmenge an Unterschieden auf. Während die „Snyder“-Episode relativ unangetastet blieb, sondern fordert der blutige Abschluss der Geiselnahme ein bedauernswertes Opfer. Die Ermittlung in Boston dauert längst nicht so lange, wie sie im Buch dargestellt wird. Vielmehr findet Jesse Stone im Film in Billies Zimmer (!) ein Buch von Norman Shaw – quasi ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Signifikanter ist eigentlich der Abschluss des „Fish/Garner“-Strangs. Im Film spielt Garner praktisch keine Rolle, wenn ich mich recht entsinne. Vielmehr läuft alles auf eine Konfrontation zwischen Fish, seinem Schützen Vinnie Morris (bestens aus den „Spenser“-Krimis bekannt) und Stone hinaus. Davon kann im Buch nicht die Rede sein. Im Film wird plötzlich Fish zum Mörder von Billie gemacht, was Shaw ziemlich entlastet. Das widerspricht auf eklatante Weise der Absicht des Autors, der alle Schuld an Billies Tod auf Shaw ablädt.

Wie man sieht, ist der Drehbuchautor mit der Vorlage regelrecht Schlitten gefahren. Die Abkürzungen und Verdrehungen sind wirklich ärgerlich. Ich musste mich erst von diesen Verfälschungen freimachen, um die Romanvorlage wirklich genießen zu können. Wohl dem also, der die Verfilmung noch NICHT kennt!

_Unterm Strich_

Ich habe diesen Krimi an zwei Tagen gelesen. Wie bei allen „Jesse Stone“-Romanen Parker sorgt die Verbindung aus Verbrechen, sozialem und menschlichem Drama sowie erotischer Nebenhandlung dafür, dass sowohl männliche als auch weibliche Leser gut unterhalten werden. Parker prangert die Ursachen der Prostitution von Minderjährigen genauso an wie die verlogene Moral der Freier, die die Minderjährigen ausnützen. Der Regisseur Louis Malle hat mal eine Minderjährige zum „Pretty Baby“ hochstilisiert, doch der Film ist ebenso verlogen wie die Freiermoral.

Was mir diesmal fehlte, was die Action, die beispielsweise die „Stone“-Romane „Trouble in Paradise“ und „Stranger in Paradise“, aber vor allem die „Spenser“-Krimis zu liefern wissen. Außerdem fehlte mir die Erklärung für Billies nymphomanisches Verhalten und dessen Auslöser. Deshalb gibt es einen Punktabzug.

Der Leser sei ausdrücklich vor der verfälschenden TV-Verfilmung gewarnt. Sie verhinderte, dass ich diesen Roman so gut genießen konnte, wie ich von den „Stone“-Krimis gewohnt bin. Denn die TV-Bilder überlagerten immer wieder die Darstellung im Buch. Und letzten Endes widerspricht die Aussage des Films der Absicht des Autors. Während Parker mit dem Schriftsteller hart ins Gericht geht, ist im Film der Gangster der Böse – das Klischee ist mal wieder bestätigt.

|Taschenbuch: 289 Seiten
ISBN-13: 978-0425187067|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Trouble in Paradise (Jesse Stone 2)

_Großangriff mit Apache: Überfall auf die Insel der Reichen_

Polizeichef Jesse Stone bekommt es diesmal mit einem skrupellosen Räuber und dessen Bande zu tun. Nachdem sie den einzigen Zugang zu Stiles Island gesprengt haben, räumen die Räuber in aller Seelenruhe die Nobelvillen der Bewohner aus und plündern sogar deren Bankschließfächer. Der Haken: Sie müssen warten, bis die Flut kommt und ein Boot sie abholen kann. Zeit genug für Stone, um einzugreifen und die Geiseln zu befreien?

Dieser Roman wurde meines Wissens nach noch nicht übersetzt.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Jimmy Macklin ist ein Ganove, der frisch aus dem Gefängnis entlassen wurde und bereits Pläne für den nächsten großen Coup ausheckt. Im Knast hat er von einem „Kollegen“ erfahren, dass es auf Stiles Island eine ganze Reihe von Nobelvillen gebe, in denen sich etliche Wertsachen befänden. Und dann gebe es da noch die Bank. Viele der Bewohner der Insel, die dem Städtchen Paradise und ihrem Hafen vorgelagert ist, hätten dort ihre Preziosen, Wertpapiere und so weiter gebunkert.

Man müsste aber schon eine schlagkräftige Mannschaft zusammenbekommen, die es mit dem Sicherheitsdienst dort aufnehmen könne. Null Problemo, denkt Jimmy Macklin in den Armen seiner Freundin Faye. Die Jungs bekomme ich locker zusammen – ich muss ihnen nur genügend Anteil an der Beute versprechen. Einer der Jungs jedoch, der Apache Wilson Cromartie, genannt „Crow“, verlangt einen größeren Anteil: 20 Prozent oder die Sache läuft ohne ihn. Jimmy weiß, dass der Kontraktkiller mit und ohne Waffe alles töten kann, was sich bewegt. Geht also in Ordnung.

Macklin gibt sich bei der Immobilienmaklerin Marcy Campbell als Interessent aus, der sich auf Stiles Island niederlassen will. Er fängt sogar ein Verhältnis mit der schlanken, fitten Frau an. Doch Jimmy ist ein Adrenalinjunkie, der die Gefahr liebt: Er besucht sogar den Polizeichef Jesse Stone, um den Mann einzuschätzen. Der Dorfpolizist scheint wider Erwarten kein ahnungsloses Landei zu sein, und das beunruhigt ihn – ein klein wenig. Dem muss man eben Rechnung tragen.

Nachdem Crow Geld beschafft hat und die anderen Spezialisten – für Elektrik und Sprengstoff – ihr Zeug gekauft haben, sind Jimmy und seine Crew bereit. Sie ahnen nicht, dass Jesse Stone sie bereits beobachtet. Kam ihm gleich nicht koscher vor, dass dieser „Harry Smith“ angibt, aus Concord zu stammen, seinen Wagen aber auf eine Adresse in Charlestown zugelassen hat. Unter der angegebenen Adresse logieren auch noch andere Typen, darunter einer, der besonders zwielichtig aussieht.

Jesse lässt das Nummernschild des Lieferwagens prüfen, der vor dieser Wohnung steht. Er ist auf einen Wilson Cromartie aus Tucson zugelassen. Jesse stammt aus Tucson. Dort war sein Vater Polizist. Und Jesse hat dort immer noch Freunde, die ihn nun eindringlich davor warnen, es alleine mit Wilson Cromartie, genannt Crow, aufzunehmen. Das sei ein eiskalter Killer. Deshalb kreuzt Jesse mit zwei seiner Mitarbeiter vor Macklins Wohnung auf. Er findet nur Faye vor, die sich Rocky nennt. Der Vogel ist ausgeflogen. Aber wohin?

Um 10 Uhr am gleichen Morgen reißt die Verbindung zum Sicherheitsdienst von Stiles Island ab und alle Telefone lassen nur das Besetztzeichen ertönen. Als Jesse die Lage dort von zwei Angestellten prüfen lässt, fliegt ihr Streifenwagen mitsamt der Brücke in die Luft. Das verheißt nichts Gutes, weiß Jesse.

Und das ist erst der Anfang …

_Mein Eindruck_

Dieser zweite „Jesse Stone“-Krimi bietet dem Leser eine Menge Spannung und tödliche Action. Allerdings lässt sich der Autor, die Geschichte richtig zu erzählen. Er bereitet den Höhepunkt, der im letzten Drittel folgt, sorgfältig vor. Erst auf diese Weise tragen zwei Nebenhandlungen dazu bei, die menschliche Anteilnahme des Lesers am Geschehen sicherzustellen.

Beide Nebenhandlungen drehen sich um die Liebschaften des Polizeichefs. Wir wissen ja schon aus dem ersten Band „Night Passage“, dass Jesse Stone kein Kostverächter ist. Er fing eine Affäre mit der Anwältin Abby Taylor an, doch im Laufe der Handlung kam es zu einem Zerwürfnis: Sie konnte nicht akzeptieren, dass seine erste Priorität seinem Job gilt, und der beinhaltet eben manchmal, Menschen töten zu müssen. Jetzt will Abby diese Liebschaft wieder aufwärmen. Sie inszeniert in aller Öffentlichkeit einen leidenschaftlichen Kuss. Dies wiederum führt zu einem verhängnisvollen Missverständnis, denn automatisch gerät Abby ins Visier von Jimmy Macklin und seiner Freundin Faye.

Der Immobilienmaklerin Marcy Campbell ergeht es wenig besser. Macklin nimmt auch sie gefangen, in der Hoffnung, mit ihr als Geisel den Polizeichef erpressen zu können – auch sie gehört zu den Freundinnen Stones. Und als wäre das noch nicht genug, muss Stone auch noch mit seiner Ex Jenn und ihren eigenen Affären zurechtkommen.

Sein Privatleben ist also recht turbulent, denn er gibt keiner der Damen einen Korb. Jenn tritt dafür in aller Öffentlichkeit für Jesse ein – und zwar so schlagfertig, dass sie Jesses lauteteste Kritikerin Kay Hopkins eine in die Fresse haut. Jesse hat das zweifelhafte Vergnügen, seine eigene Ex in eine Zelle sperren zu müssen. Und dabei liebt er sie doch noch. Und wir lieben ihn, weil er all diese Schwächen hat und sich um alles Mögliche kümmern muss.

Mit Macklin hat der Autor hingegen eine Figur geschaffen, die gerne der perfekte Räuber sein möchte, aber dabei in die übliche Hybris verfällt. Crow drückt es klipp und klar aus: Gerade weil Macklin ein Adrenalinjunkie ist, macht er keine detaillierten Pläne – und muss sich dann mit den Folgen der Fehler herumschlagen. Einer davon besteht darin, vier Stunden lang darauf warten zu müssen, dass die Flut hoch genug ist, damit ein Schnellboot nahe genug an der Inselküste anlegen kann, dass Menschen zu ihm hinauswaten können. Und in dieser kritischen Wartezeit kann natürlich alles Mögliche passieren.

Es ist recht vorhersehbar, dass Jesse sich in einen Taucheranzug kleidet und zur Insel schwimmt, um dort mit Macklin abzurechnen. Aber es ist keineswegs vorauszusehen, was Faye mit Abby Taylor gemacht hat. Oder welche Pläne der schlaue Apache Crow im entscheidenden Augenblick in die Tat umsetzt. Das lässt Macklin nämlich ganz schön alt aussehen. (Und deshalb taucht Crow in dem Roman „Stranger in Paradise“ zehn Jahre später erneut auf – siehe dazu meinen Bericht.)

_Unterm Strich_

Ich habe diesen spannenden Roman an nur einem Nachmittag und Abend verschlungen. Die Geschichte ist ebenso erotisch wie actionreich mit zahlreichen feinen Szenen aufgezogen, die sich einerseits zu einem menschlich anrührenden Mosaik vereinen (Marcy, Abby, Jenn), als auch zu einer spannenden Entwicklung beitragen, die sich in Explosionen, Morden und Geiselnahme entlädt.

Für weibliche Leser ist das vielleicht ein wenig starker Tobak , aber die Leser der Jesse-Stone-Reihe sind vermutlich überwiegend Männer (im Gegensatz zur „Sunny Randall“-Reihe). Andererseits: Ein Kel, wie Stone, der die Frauen so liebt, kann einfach kein schlechter Typ sein – und vielleicht wird deshalb am Schluss auch (ganz sachte) abgeknutscht.

Ein Stückchen Sozialkritik soll nach all dieser Action und Erotik nicht unterschlagen werden. Jesses erster Fall dreht sich nämlich um drei Halbstarke, die im dringenden Verdacht stehen, das Haus eines Pärchens Schuler abgefackelt zu haben. Die Art und Weise, wie Jesse diesen Fall ohne jeden Beweis löst, ist zwar bewundernswert, stößt aber bei den Eltern der drei Tatverdächtigen und besonders ihren Anwälten (darunter Abby Taylor) auf wenig Gegenliebe. Im Gegenteil: auf heftigen Widerspruch.

Jesse Stone ist ein Kerl mit Ecken und Kanten und weit davon entfernt, perfekt zu sein, weder im Job noch in der Liebe. Wir lieben ihn dafür. Aber er tut, was er kann. Und das ist nicht wenig. Außerdem arbeitet er an seiner ehemaligen Ehe. Jeden Tag ein kleines Stückchen. Und Zwischenfälle wie auf Stiles Island sind in diesem Bemühen zwar störend, aber nicht wirklich von großer Bedeutung. Und Baseball bedeutet Jesse, wie man in „Death in Paradise“ lesen kann, wesentlich mehr als ein paar Ganoven.

|Taschenbuch: 324 Seiten
ISBN-13: 978-0399144332|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – High Profile (Jesse Stone 6)

_Aufgehängt: ein TV-Promi auf Liebesabwegen_

Ein umstrittener Talkshow-Moderator und Freund des Gouverneurs wird tot in einem öffentlichen Park von Paradise, Massachusetts, aufgefunden: Mit drei Kugeln in der Brust, den Hals in einer Henkersschlinge, hängt er an einem Baum. Chief Jesse Stone ahnt nichts Gutes. Wenig später findet eine Restaurantbesitzerin die tote Freundin des Moderators in ihrem Müllcontainer. Sie posaunt ihren Fund gleich hinaus an die versammelte Presse.

Nicht nur die Medien üben nun Druck auf Stone aus, sondern auch das Büro des Gouverneurs, das über jeden seiner Ermittlungsschritte informiert werden will. Zu allem Unglück wird auch noch Stones Freundin und Exgattin Jenn vergewaltigt und beschattet, just zu der Zeit, da sich Stone mit der Privatdetektivin Sunny Randall (siehe die entsprechenden Krimis) zusammentun will. Es herrscht ein mittleres Chaos in Stones Leben, und nur mit viel Hilfe kann er es bewältigen – und den Fall lösen.

Auch dieser „Stone“-Krimi wurde noch nicht übersetzt, und auch eine Verfilmung existiert meines Wissens nach nicht.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Der Indian Hill bietet normalerweise einen prima Ausblick über den Hafen von Paradise, Massachusetts. Heute ist der Anblick des Indian Hill interessanter, wenn auch hässlicher: An einem Baum baumelt eine Leiche. Kate Mahoney entdeckte ihn beim Joggen und alarmierte die Polizei. Nun fürchtet sie Ärger. Chief Jesse Stone versichert ihr, sie werde keinen Ärger bekommen, und hält sich die Nase zu: Die Leiche des Toten stinkt wie eine überreife Frucht. In der Brust des Toten: Drei Einschusslöcher. Aber nirgendwo Blut. Offensichtlich wurde er woanders getötet.

Die Rechtsmedizin identifiziert den Toten: Walton Weeks war ein bundesweit bekannter Talkshow-Moderator im Fernsehen, ein Moderator im Radio und ein Kolumnist in zahlreichen Zeitungen – ein Promi. Stone und seine Crew ahnen, was jetzt auf sie zukommt: ein Medienzirkus ohnegleichen. Jesse verdonnert Molly Crane dazu, die obligatorischen Pressekonferenzen abzuhalten. Er zieht es vor, zu ermitteln und hinter den Kulissen aktiv zu werden.

Da Walton Weeks ein enger Freund des Gouverneurs von Massachusetts war, schneit auch ein Bürokrat aus dessen Büro herein. Der Typ fordert von Stone, über jeden Ermittlungsschritt auf dem laufenden gehalten zu werden, geradeso als hätte er in Paradise etwas zu sagen. Stone lässt ihn abblitzen.

Am nächsten Tag bahnt sich Daisy Dyke, die lesbische Restaurantbesitzerin von nebenan, den Weg durch die Pressemeute. Sie habe etwas im Müllcontainer hinterm Haus entdeckt. Diskret schaut sich Jesse dort um: Eine Frauenleiche liegt im Container, mit einem Loch in der Brust. Später informiert ihn die Rechtsmedizin, dass sie in der zehnten Woche schwanger war – Weeks war der Vater. Es handelt sich um seine persönliche Assistentin Carey Longley.

Weeks hatte einen Bodyguard, einen Ex-Cop namens Conrad Lutz. Seltsamerweise war dieser gerade zum Zeitpunkt des Verschwindens von Weeks und Longley von seinen Pflichten entbunden worden, wie Lutz zu Protokoll gibt. Stone wird den Leibwächter schon bald noch öfter sehen.

Nach ein paar Tagen wundert sich Stone, warum die Verwandten von Weeks und Longley nicht nach den Leichen fragen, um sie beerdigen. Bei einem Treffen mit den „Interessenvertretern“ lernt Stone in New York City die aktuelle Gattin, deren Vorgängerin (die erste Gattin lebt in Italien), den Rechercheur von Weeks, den Manager und den Anwalt kennen. Eine Menge Leute, die nun womöglich arbeitslos werden. Oder doch nicht? Und wer wird überhaupt wie viel erben? Auch das wird Stone noch herausbringen, um auf ein Motiv zu stoßen: Diese Leute können das Weeks-Unternehmen ohne Weiteres weiterführen – eine wahre Goldgrube.

Allerdings hält ihn vorderhand seine Exfrau Jenn in Atem: Sie sagt, sie sei vergewaltigt worden, können aber nicht sagen, von wem, und sie werde beschattet, könne Jesse aber nicht sagen, von wem. Ein wenig mysteriös findet der gestresste Dorfpolizist und schaltet seine neue Freundin, die Privatdetektivin Sunny Randall aus Boston, ein. Die verspricht, sich Jenns anzunehmen, denn über solche Dinge könnten „Schwestern“ eben viel besser sprechen als Männer. Das ist Stone umso lieber. Schon bald stellen sich erste Informationen darüber ein, um wen es sich bei dem Stalker handelt.

Eine Frage nagt an Jesse: Was hatten Weeks, der Schürzenjäger, und seine schwangere Freundin eigentlich in Paradise zu suchen? Er weiß inzwischen, dass Weeks hier in seiner frühen Jugend die „beste Zeit seines Lebens“ verbracht hat, bevor etwas Einschneidendes geschah, das Weeks‘ Sexualität grundlegend veränderte, etwas, das mit seiner Mutter zu tun hatte. Wollten sich die beiden Turteltauben hier häuslich niederlassen?

Jesse fragt seine alte Flamme, die Immobilienmaklerin Marcy Campbell, und die findet heraus, dass Carey Longley unter ihrem Mädchennamen Young auf Stiles Island ein Haus kaufte, auf der Atlantikseite: für über vier Millionen. Als sich Jesse in dem Haus umschaut, findet er im begehbaren Kühlschrank der noblen Hütte eine erste Spur. Jetzt ahnt er, was der oder die Mörder vorhatten …

_Mein Eindruck_

Wie so oft verknüpft der Autor auch hier wieder zwei Kriminalfälle, denen Chief Stone nachgehen muss. Stone arbeitet zwar nach dem Prinzip „In der Ruhe liegt die Kraft“, aber selbst er droht diesmal ins Schleudern zu geraten: Es ist seine eigene Exfrau, die eines der Opfer ist. Er hat zu der Frau, die ihn schon mehrfach betrogen hat, ein gespaltenes Verhältnis, liebt sie aber dennoch.

Aber was tut ein Chef am besten, wenn er in Zeitnot ist? Er delegiert die Aufgabe. Die Glückliche und Freundliche ist diesmal Sunny Randall, eine Privatdetektivin aus Boston, die in bislang sechs Romanen des Autors aufgetreten ist. Sie ist kompetent, möchte Jesse zum Freund, hat aber noch eine emotionale Hypothek: Richie, ihr erster Gatte – und obendrein ein Mafioso. Sie bringt heraus, was wirklich hinter dem Stalker steckt – eine weitere zerbrochene Beziehung als Konsequenz aus Jenns notorischem Fremdgehen.

Wieder mal kommt Jesses Psychotherapeut Dix zu seinem Recht. Und Jesse hat eine Erleuchtung: Jenn benutzt Sex, um ihre Karriere zu fördern. Aber warum kommt sie dann immer wieder zu Jesse zurück? Es ist noch eine Erleuchtung fällig, bevor Jesse (im nächsten Krimi „Stranger in Paradise“) angemessen auf Jenns zwiespältiges Liebesverhalten eingehen kann. Wie so oft in Beziehungen geht es um die Balance zwischen Vertrauen und Kontrolle, zwischen Selbsthauptung und Hingabe. Jesse und Jenn – sie sind das seltsamste Liebespaar, das mir je in der Krimiliteratur untergekommen ist, und sie wissen, wie seltsam sie sind. „Aber gut seltsam.“ Genau.

|New Yorker Connection|

Dafür geht die Ermittlung über Walton Weeks nur mit Mühe und unter Aufbietung aller Personalressourcen voran. Hierbei tut sich nicht nur Molly Crane hervor, sondern besonders Suit Simpson. Er will es endlich zum Detective, also zum Mordermittler, bringen und detektiert, was das Zeug hält. Obwohl Jesse Suit immer wieder mit Bedauern sagt, dass die Stadt kein Geld für einen Detective hat, lobt er Suit in den höchsten Tönen: Er werde eines Tages gewiss der „Chief of Detectives“ sein.

Suit detektiert beispielsweise, dass Conrad Lutz der geschiedene Gatte der jetzigen Witwe Weeks ist. Und Lorrie Weeks hieß früher mal Lorrie Pilarcik, bevor sie Lutz heiratete. 1987 war es Lutz, der als Cop in Baltimore den notorischen Schürzenjäger Walton Weeks auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums festnahm: wegen öffentlichen Bumsens einer Neunzehnjährigen. Deshalb wurde Weeks überhaupt aktenkundig und durfte demzufolge keine Waffenlizenz bekommen. „Interessant, nicht?“ Jesse bestätigt: „Höchst interessant. Aber was hat das mit dem Doppelmord zu tun?“

In der Folge geschahen zwei Dinge: Lutz gab seinen Cop-Job auf und wurde Weeks‘ Leibwächter. Und Lorrie ließ sich 1987 von Lutz scheiden, um nur 15 Tage später Weeks zu heiraten. In Las Vegas erfolgen Scheidungen bereits nach sechs Wochen Aufenthalt. Könnten die beiden Weeks erpresst haben? Vielleicht mit seinem abwechslungsreichen Liebesleben? Oder hatten sie es bereits damals auf sein florierendes Medienimperium abgesehen – das wäre noch herauszubringen.

Doch wie so häufig in Stones Polizistenleben gibt es auch diesmal lediglich einen Berg von Indizien, aber keinen einzigen Beweis. Deshalb verlegt sich Jesse jetzt auf Social Engineering: Beobachten, Fakten sammeln und jemanden derart unter Druck setzen, bis er oder sie die Wahrheit ausspuckt. Auch wenn Jesse und Suit dabei die Grenzen der Legalität ein wenig, ähem, großzügig auslegen.

Sie fahren nach New York zu Lorrie und ihren Konsorten. Schon bald ergeben sich zahlreiche Anhaltspunkte, mit denen sich ihr Social Enginnering ausgezeichnet in die Tat umsetzen lässt, mit Unterstützung der New Yorker Polizei, versteht sich.

_Unterm Strich_

Ich muss zugeben, dieser „Stone“-Krimi hat mich ein wenig enttäuscht. Es gibt weder Action (wenn auch einen Showdown) noch schlüpfrige Sexszenen wie in den ersten „Stone“-Krimis oder in den „Spenser“-Abenteuern. Dafür leuchtet der Autor ein wenig in die oberen Etagen des Big Apples und des Gouverneurspalastes, aber das war auch schon alles. Ich wusste ja schon vorher (aus „Paper Doll/Schmusepuppe“), dass Parker keinen Respekt vor hohen Tieren hat, und er hat mich auch diesmal nicht enttäuscht: Der Gouverneur erscheint wie eine Witzfigur, die nur Bullshit redet.

Viel mehr hätte mich interessiert, wie aus dem netten Jungen Walton Weeks ein obsessiver Schürzenjäger wurde. Was hat ihm seine Mutter angetan, dass er so geworden ist, fragt sich der Leser. Parker speist ihn mit ein paar allgemeinen Andeutungen ab. Hier hat der Parker das Thema Kindesmissbrauch offenbar nicht weiter vertiefen wollen, und das, obwohl er doch dieses Thema in „Sea Change“ (einen Roman zuvor) intensiv beackert hatte.

Walton Weeks erscheint im Nachhinein wie eine tragische Figur: Nach drei Ehen ohne Nachwuchs gelingt es ihm, mit seiner Assistentin ein Kind zu zeugen, will sich scheiden lassen und mit ihr in Paradise eine Familie gründen. Doch man lässt ihn nicht, aus rein egoistischen Gründen, wie so oft. Es ist im Grunde die traurige Lebensgeschichte eines Mannes, der keineswegs ein Dummschwätzer oder Provokateur ist, sondern zum politischen Bewusstsein der Nation beitrug. Der Autor stellt uns die Frage, was einem Promi wie Weeks zum Verhängnis werden konnte. Diese Frage ist weder ironisch, noch sarkastisch oder gar hämisch gestellt, sondern aus menschlichem Interesse.

|Taschenbuch: 280 Seiten
ISBN-13: 978-0425206096|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Sea Change (Jesse Stone 5)

_Porno, Video, Mord: verhängnisvolle See_

Die Leiche einer geschiedenen Millionenerbin aus Florida wird an den Stränden von Paradise, Massachusetts, angespült. Nachdem die Identität der von Meeresgetier verunstalteten Frau festgestellt worden ist, beginnt Chief Jesse Stone die perversen Geheimnisse des Opfers zu entdecken – und die einer Vergangenheit, die jeden, der sie kannte, in ein verdächtiges Zwielicht rückt, von ihren Freunden bis hin zu ihrer Familie. Leider ist keiner bereit zu reden, und so ist es Stones Aufgabe, für die Tote zu sprechen. Was er zu sagen hat, gefällt ihm mit jeder Wendung der Ermittlung immer weniger …

Diese Folge der „Stone“-Krimis wurde fürs Fernsehen verfilmt, allerdings in stark gekürzter Form. Dieses Buch wurde noch nicht ins Deutsche übersetzt.

Hinweis: Das englische Wort „sea change“, das Shakespeare erfand, bezeichnet eine profunde oder merkliche Transformation.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

|PROLOG|

Es ist bereits Nacht geworden, als das Segelboot vor der Bucht von Paradise, Massachusetts, kreuzt und an Stiles Island entlanggleitet. Florence Horvath ist mit der Person am Steuer allein an Bord, um einen schönen Tag mit ihr zu verbringen und sich auszusprechen. Sie soll etwas an der Reling überprüfen und sie begibt sich hin. Da vollführt die Person ein Wendemanöver, der Mastausleger trifft Florence am Körper, sie fällt über Bord. Obwohl es dunkel ist, kann sie doch die Lichter des Bootes sehen, sobald sie wieder auftaucht. Sicher nur ein Unfall, und die Person wird sie gleich wieder an Bord holen. Doch als das Boot zurückkehrt, dreht es nicht bei, sondern pflügt Florences Körper geradewegs unter Wasser …

|Haupthandlung|

Zwei bis drei Wochen später beginnt die Paradise Race Week, die jährliche Segel-Regatta in Paradise. Sie dauerte früher mal zwei Wochen, eine für die kleinen Boote, die Zweite für die großen Jachten. Doch seit einigen Jahren dauert sie vier Wochen, und die Segler nehmen die Gelegenheit wahr, sich zu besaufen, die Sau rauszulassen und aus Paradise einen Saustall zu machen.

|Die Leiche|

Kaum hat Chief Jesse Stone ein paar junge Typen wegen Urinierens in einen städtischen Brunnen in die Ausnüchterungszelle gesteckt, als er von der Frauenleiche erfährt, die im Hafenbecken angespült wurde. Weil die Meerestiere sie angeknabbert habe, lässt sie sich nicht identifizieren. Wenig später meldet ein Liegeplatzvermieter ein fremdes Boot, und an Bord dieses Bootes findet sich der Führerschein der Unbekannten: Florence Horvath. Sie stammt aus Fort Lauderdale bei Miami, Florida.

Auf seine Bitte hin nimmt Kelly Cruz, eine Privatdetektivin, die Ermittlung dort auf. Und Captain von der Mordkommission der Staatspolizei von Massachusetts hilft ihm, weil Stone nur so eine kleine Dorftruppe hat. Cruz stellt sich als erstaunlich fähig heraus. Florence E. Horvath stammt aus einer Milliardärsfamilie, der eine Handelskette gehört. Ihr Geburtsname lautete Florence Plum. Sie hat zwei Geschwister, Corliss und Claudia, die nach Angaben der Eltern in Europa reisen.

|Das Video|

Und Cruz schickt Stone eine Videokassette mit brisantem Inhalt: Ein Heim-Porno. Dieses Video habe sie in Florences Wohnung in Fort Lauderdale gefunden. Es zeigt Florence beim Sex mit zwei Männern zugleich. Sie bilden ein sogenanntes Sandwich. Die Frau schaut der Kamera direkt in die Linse – sie will, dass ihr Gesicht zu sehen ist. Was Chief Stone aber mehr interessiert: Wo und von wem wurde dieses Vdeo gedreht?

Zum Glück braucht Stone nur zwei und zwei zusammenzuzählen. Die Millionenerbin kam wahrscheinlich an Bord einer Segeljacht aus Florida nach Paradise, mit einem ebenso betuchten Kapitän. In der Liste der an der Regatta teilnehmenden Boote finden sich nur drei Kandidaten, und die klappert Stone nacheinander ab. An Bord der Jacht von Harrison Darnell kommt es zu einem Zwischenfall.

|Der Playboy|

Der weithin als Playboy bekannte Besitzer der „Lady Jane“ weigert sich, den Cops den Zutritt zu den Räumen unter Deck freizugeben. Stone lässt ihm Handschellen anlegen und schaut sich dennoch kurz um. Er bemerkt die Sitzbank mit den gelben und blauen Streifen, die er auf dem Video gesehen hat – und einen Messingaffen. Dessen langer Schweif ist auf dem Video ebenso zu sehen. Nun braucht Stone nur noch eine Gelegenheit, um das Boot genauer unter die Lupe zu nehmen. Die gegenwärtige „Mätresse“ Darnells bestätigt Stones Verdacht: Florence Horvath war an Bord. Doch was stieß ihr zu – Unfall oder Mord – und von wem?

|Die Schwestern|

Unerwartet tauchen die beiden Schwestern der Toten bei ihm auf. Corliss und Claudia sind Zwillinge und bildhübsch, wenn auch aufreizend gekleidet. Sie bewegen sich nicht etwa in Europa, sondern in den gleichen Kreisen wie Florence, hier an der amerikanischen Ostküste, auf Partys, wo es viel Koks gibt und noch mehr Sex. Stone merkt gleich, dass sie nichts als Luft in der Birne haben.

Als sie behaupten, sie wollten herausfinden, wer Florence auf dem Gewissen habe, gibt er ihnen die Nummer von Staatsanwältin Rita Fiore (mit der Stone schon mal ein paar Nächte verbracht hat), die die beiden Schnepfen an einen bekannten Privatdetektiv in Boston weitervermitteln könne (Stone denkt an Spenser). Allerdings wird nichts aus der Sache, denn sie weigern sich, den Namen des Verdächtigen rauszurücken, den der Detektiv suchen soll.

Allerdings verplappern sie sich und verraten den Namen derjenigen Person, durch die sie überhaupt von Florences Tod erfahren haben wollen. Kimmie Young. Diese frühere Jugendfreundin erweist sich in Kelly Cruz‘ Ermittlungen als Goldgrube, allerdings auch als Fährte ins Herz der Finsternis …

_Mein Eindruck_

Was läge für den Polizeichef eines Hafenstädtchens näher, als auf Verbrechen an Bord von Booten zu stoßen? Das dürfte auch den Leser nicht verwundern. Was jedoch das Besondere an diesem Fall ausmacht, ist die vielfältige Art der Verbrechen. Dass an Bord eines Bootes ein Porno gedreht wird – na, wenn schon? Dass der Bootsbesitzer sämtliche Räume an Bord verkabelt hat und die Fahrgäste heimlich beim Duschen, Ausziehen und Vögeln filmen lässt, das ist ja nichts Ungesetzliches. Heikel und relevant wird die Sache erst, als eine Minderjährige (also unter 16 Jahren) vergewaltigt und dabei gefilmt wird. Das gibt Jesse Stone einen Anlass, gegen den Täter einzuschreiten.

|Ins Herz der Finsternis|

Aber Stone hat die Chance, einen viele dickeren Fisch zu fangen: Er könnte diesen Bootsbesitzer – Harrison Darnell oder seinen Playboy-Kumpel Tom Ralston – auch wegen Mordes an Florence Horvath drankriegen. Das ist er dem Opfer schuldig. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Die Ermittlung, die Kelly Cruz vorantreibt, führt zu weitaus überraschenderen Ergebnissen als der Fall der vergewaltigten Minderjährigen. In Fort Lauderdale findet Jesse endlich seinen Mörder. Mehr darf nicht verraten werden.

Jesse hat ein echtes Problem mit den Sexorgien an Bord der Playboy-Jachten. Nicht etwa, weil die Superreichen und ihre Tussis auf ihn an Dorfpolizist herabblicken, wie sie es nun mal tun, sondern weil in den Aktivitäten an Bord regelmäßig Mädchen verwickelt sind, die dazu verführt werden: Ausreißerinnen, Abenteurerinnen, aber auch brave Dorfmädchen aus Paradise. Kelly Cruz deckt eine ganze Szene bzw. Industrie für diese Aktivitäten auf, bei der nicht bloß Pornos gedreht werden und Kokain geschnupft wird. Es kommen auch Menschen dabei um.

|Falltüren|

Wurde mir allmählich schon ein wenig mulmig angesichts dieser Erkenntnisse Stones, so öffnet sich im Anschluss eine Falltür nach der anderen, als sich Stone der beiden Schwestern von Florence annimmt. Corliss und Claudia haben weitaus mehr Dreck am Stecken, als sie zugeben würden: Sie waren es, die das Pornovideo mit ihrer Schwester gedreht haben – und findet das auch noch sehr witzig. Aber worin der Zweck dieser Übung bestand und wem Florence es zuschickte, verschweigen sie hartnäckig. Als Jesse es ihnen sagt, brechen sie zusammen. Was haben sie zu verbergen und wovor haben sie Angst?

Die furchtbare Geschichte der jahrelang missbrauchten Plum-Geschwister gelangt schließlich an einen Punkt, an dem ich tatsächlich Angst vor weiteren entsetzlichen Enthüllungen hatte. Die Spirale des Grauens war schon weit fortgeschritten, aber die Wahrheit über Florences Tod immer noch nicht erreicht. Dieser Spannungsbogen bleibt bis zum Schluss erhalten.

|Gegenbewegung|

Der einzige Grund, warum diese zunehmend finsterer werdende Geschichte erträglich ist, besteht in dem aufsteigenden Handlungsstrang um Jesse und seine Exfrau Jenn, die wieder bei ihm eingezogen ist. Die beiden scheinen sich wieder zu verstehen, und seit Jesse regelmäßig zum Psychotherapeuten Dix (im TV-Film von Filmlegende William Sadler gespielt) geht, traut Jenn ihrem Ex auch zu, dass er nicht wieder dem Alkohol verfällt und schlimme Dinge tut. Nur Jesse hat ein Problem: Kann er seiner Exfrau, die ihn schon mehrfach betrogen hat, überhaupt noch vertrauen? Mehr dazu erfahren wir im nächsten „Stone“-Roman mit dem Titel „High Profile“.

_Unterm Strich_

Die TV-Version reicht nur im Ansatz an dieser Vorlage heran. Das Buch gehört mit Sicherheit zu den besten „Stone“-Krimis, die Parker veröffentlicht hat (es kommen ja noch welche posthum), und für mich hat der Krimi die volle Punktzahl verdient. Er ist enorm spannend, menschlich anrührend und weckt wie kein anderer Parker-Krimi, den ich kenne, ein tiefes Grauen, wie es nur ein guter Horrorroman vermag. Denn alle drei Plum-Schwestern sind Opfer, auch wenn sie als leichtlebige Partygirls auftraten und Sex nur zum Vergnügen betreiben. Doch wird ihre Fassade erst einmal durchbrochen, erweisen auch sie sich als menschliche Wesen, voll Angst und Schrecken.

Die Geschichte wäre nicht auszuhalten, gäbe es nicht auch Anlass zu Hoffnung und Amüsement. Jenn ist zu ihrem Exgatten Jesse Stone zurückgekehrt und darf nicht bloß als Wetterfee auftreten, sondern diesmal sogar eine richtige Reportage über die Regatta drehen. Dabei liefert sie Jesse wertvolle Hinweise. Und der Polizeichef kabbelt sich wie stets mit seinen zwei Lieblingskollegen, dem ehrgeizigen Suit Simpson und der resoluten Molly, einer Mutter von drei Kindern.

Dies ist auch der erste der „Stone“-Krimis, in dem mindestens ein Drittel der Handlung nicht von Stone & Co. bestritten wird, sondern von einer hinzugezogenen Hilfskraft. Kelly Cruz macht allerdings in Fort Lauderdale einen so guten Job, dass sie Stones Ermittlung eine entscheidende Wendung verleiht. Am Schluss, als Stone sie endlich mal trifft, lobt er sie in den höchsten Tönen – was bei einem Melancholiker ihm wie stets ein wenig gedrückt klingt. Wegen dieser Kooperation verwundert es nicht, dass Jesse auch mit Sunny Randall Teamarbeit leistet, einen weiteren von Parkers Serienhelden. In „High Profile“ tritt Sunny selbst auf. Sieht so aus, als müsste ihr ihre Romane ebenfalls noch lesen.

|Taschenbuch: 295 Seiten
ISBN-13: 978-0425214428|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Night Passage (Jesse Stone 1)

_“Rio Bravo“ reloaded: Jesse Stone feiert seinen Einstand_

Jesse Stone hat Scheidung und LAPD hinter sich in L. A. gelassen, um einen Job als Dorfsheriff an der Ostküste anzunehmen. Der Grund: Er hat ein schweres Alkoholproblem. Doch auch in den Städtchen Paradise steht nicht alles zum besten, und schon bald muss Jesse Stone das tun, was er am besten kann: Morde aufklären.

Deutscher Titel: „Das dunkle Paradies“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Jesse Stone fährt quer durch Amerika, die ganzen 3000 Meilen, von Ozean zu Ozean. Vor sich hat er den Horizont, hinter dem das Städtchen Paradise in Massachusetts auf ihn wartet. Dort soll er neuer Sheriff werden. Hinter sich lässt er eine geschiedene, aber immer noch geliebte Frau namens Jenn, die ihn mit einem Filmproduzenten betrogen hat. Jenn will um jeden Preis Schauspielerin werden.

Und er lässt die Mordkommission des LAPD hinter sich, bei dem er durch seine Kündigung einer Entlassung zuvorgekommen ist. Denn Jesse hat ein großes Problem, das er auch jetzt mit sich nimmt: Er ist schwer alkoholabhängig. Doch die Anonymen Alkoholiker fand er einen Witz. Immerhin dachten die Stadtoberen von Paradise, die ihn in Chicago interviewten, einen annehmbaren Ersatz für seinen Vorgänger Tom Carson. Was Jesse nicht ahnt, ist der Umstand, dass Hastings Hathaway, der Bürgermeister, und Lou Burke, der Interims-Sheriff, Jesse für ebenso leicht formbar halten wie Carson. In dieser Annahme sollen sie sich gründlich geirrt haben.

Schon wenige Tage nach seiner Amtseinführung fallen Stone einige Besonderheiten an Paradise auf: Es gibt keinen einzigen Schwarzen in der Stadt, und Waffen dürfen nur Christen tragen, nicht aber Juden – von denen es nicht wenige gibt. Außerdem scheint die Miliz, die Hathaway, der Bankdirektor, anführt, das Monopol auf Waffen zu haben. Diese über hundert Mann führen unter seiner Leitung jeden Donnerstag Manöver im Hinterland durch, bei denen gehörig geballert wird. Was das alles soll, ist Stone jedoch erst einmal schleierhaft. Er wird schon noch merken, wie der Hase läuft.

Hathaway hat einen zwielichtigen Handlanger, einen Mann fürs Grobe, den Muskelprotz Jo Jo Genest. Jo Jo ist sein Verbindungsmann zur Mafia in Boston, für die Hathaway Millionen von Dollars wäscht. Jo Jo schleppt das Bargeld in Koffern zu Hathaways Bank, der es dann legalisiert. Beide kriegen natürlich ihre Prozente. Als der Bankdirektor seine Miliz aufrüsten will, an wen wendet er sich da? Natürlich an Genest. Der soll bei der Mafia Waffen besorgen. Wie sich herausstellt, verläuft dieser Deal nicht ganz wie gewünscht. Und das gibt böses Blut.

Schon nach wenigen Tagen bekommt auch Jesse es mit Genest zu tun. Die Cops wurden gerufen, weil Jo Jo seine geschiedene Frau Carole verprügelt hat. Obwohl eine gerichtliche Anordnung ihm das Betreten des Hauses verbietet. Er hat Carole mehrfach vergewaltigt. Das ficht ihn nicht an, denn er betrachtet die Mutter seiner Kinder immer noch als sein Eheweib. Nach Befragung aller Zeugen geht Jesse ganz schnell und direkt vor, denn Jo Jo versteht nur eine Sprache: Gewalt. Kaum hat ihm Stone das Knie in den Schritt gerammt, klappt der Muskelprotz wimmernd zusammen. Alle Umstehenden sind wie erstarrt. Aber Stones Warnung kommt bei Genest an und wirkt. Der Typ hält sich von nun an von Carole fern. Dafür hat sich Stone seinen ersten Feind im Ort geschaffen.

Aber das hat auch sein Gutes. Denn die Anwältin Abby Taylor, der Rechtsbeistand der Gemeinde, verliebt sich in Jesse und verbringt bei ihm schöne Nächte. Jedenfalls so lange, bis sich die Dinge in Paradise durch weitere Morde so weit verfinstert haben, dass Stone niemand mehr trauen kann, nicht einmal mehr Abby. Sie ist tief getroffen und kurz davor, ihn zu verlassen. Aber sie respektiert ihn zu sehr und unterstützt ihn weiter. Diese Hilfe wird ihm noch sehr helfen.

Denn er erfährt, dass sein Vorgänger Tom Carson in Wyoming durch eine Autobombe getötet wurde. Das ruft die Staatspolizei von Massachusetts auf den Plan. Captain Healy findet Stone voll in Ordnung – sie waren beide Baseballer und lieben beide guten Whisky. Und als Tammy Portugal, eine junge geschiedene Frau, tot aufgefunden wird, kann Stone Healys Hilfe gut gebrauchen.

Ein Killer treibt in Paradise sein Unwesen. Natürlich kennt Stone seinen Namen. Doch er kann ihm nichts nachweisen. Da flattern eines Tages pornografische Polaroidfotos in die Briefkästen einiger maßgeblicher Leute. Die Fassade bröckelt, und endlich bekommt Stone die Aussagen, die er braucht. Doch er braucht mehr als das, um gegen die Kräfte zu bestehen, die sein Kontrahent nun aufbietet …

_Mein Eindruck_

Ist das nun „High Noon“ oder „Rio Bravo“, fragt sich der Western-Kenner. Denn ganz am Schluss steht Sheriff Stone einer Übermacht gegenüber. Jetzt zeigt sich, ob er sich mit seiner Amtsführung und als Mensch nur Feinde gemacht hat – das wäre dann „High Noon“ – oder auch Freunde. Wie sich zeigt, läuft es wie in „Rio Bravo“: Nicht ganz unerwartet kommt nicht nur die Kavallerie, sondern die ganze Polizeitruppe von Paradise an seine Seite. Viel unerwarteter ist die Hilfe seitens einer Schülerin, mit der Jesse ein paar sehr unkonventionelle Gespräche geführt hat, etwa übers öffentliche Marihuanarauchen. Und auch Abby Taylor spielt eine Rolle in diesem Beistand. Am Schluss bekommt Jesse auch noch einen Überraschungsbesucher aus L. A.

Wie man sieht, weiß der ausgebuffte Krimiautor – er schrieb den Roman mit 65 – durchaus noch mit einigen Wendungen aufzuwarten, die man nicht unbedingt erwarten würde. Wer „Rio Bravo“ kennt, der ahnt allerdings bereits, wie die ganze Sache für Sheriff Stone ausgehen wird. Eine der Nebenfiguren heißt sogar Dukie, und Duke war bekanntlich der Spitzname von John Wayne, der in „Rio Bravo“ die Hauptrolle spielte – neben einem ständig besoffenen Robert Mitchum. Was einen dann doch stark an Stone erinnert.

Ich habe den Verdacht, dass die Ermittlung gar nicht das Hauptinteresse des Autors war, sondern vielmehr die Abgründe, die sich hinter der wohlanständigen Fassade von Paradise auftun. Der Bürgermeister macht Geschäfte mit der Mafia und handelt, als gehörte die Stadt ihm. Als ihm die Sache mit seiner Geliebten – wie will geheiratet werden – zu brenzlig wird, lässt er sich kurzerhand umlegen. Nicht nett. Ebenso wenig nett wie die Affären, die seine frustrierte Frau Cissy nicht nur mit Jo Jo, sondern auch mit einem der Polizisten hat.

Alles hat zwei Seiten in Paradise. Die öffentliche Fassade der Wohlanständigkeit schreibt zwar vor, dass die Miliz bei der Parade am Unabhängigkeitstag auftritt, um den Stolz der Stadt zu vertreten, aber die Miliz kann sich im Handumdrehen auch in eine Gestapo von Hathaways Gnaden verwandeln. Die Rechte der Juden hat er bereits beschnitten und die Schwarzen erst gar nicht in die Gemeinde gelassen. Hathaway, König des Paradieses von eigenen Gnaden, will ein christliches, weißes, protestantisches Paradies – und das schließt auch paranoide Verfolgungstheorien mit ein, vor allem gegenüber der Regierung, und auch Geschäfte mit der Mafia. Hauptsache, der hehre Zweck heiligt die schmutzigen Mittel.

Jesse Stone hat allerdings Dienst im härtesten Stadtviertel von Los Angeles getan, in South Central. Für ihn sind solche Typen wie Genest oder Hathaway kleine Fische. Dennoch hat er ein gewaltiges Handicap: Paradise bedeutet für ihn mit 35 Jahren bereits die berufliche Endstation. Wenn er es hier nicht schafft, dann nirgendwo. Wir und Paradise können also froh sein, dass er seine erste Krise gut übersteht und noch viele weitere Fälle lösen kann.

_Unterm Strich_

Es gibt nicht viele Krimihelden, von denen man sagen kann, dass sie wirklich sinnlich veranlagt sind, aber Jesse Stone ist so einer. Ein weiterer Unterschied zum TV-Helden, der von Tom Selleck verkörpert wird. Herrje, im Buch ist Stone ja erst Mitte dreißig und nicht etwa Mitte fünfzig wie Selleck. Trotz seiner zahlreichen Affären kommt Stone doch noch zu ordentlicher Polizeiarbeit, und diesmal fordert eine Mordserie seine – beinahe ungeteilte – Aufmerksamkeit.

Es hat actionreichere Ermittlungen gegeben und wesentlich spannendere Kriminalszenen, aber selten welche, die so ironisch erzählt wurden. Die Ironie ist in diesem ersten „Stone“-Krimi noch nicht so ausgeprägt und pointiert wie in späteren Romanen, etwa „Stone Cold“ (2003). Auch die Erzählweise setzt noch viel mehr auf lange Beschreibungen von Umgebung, Menschen und Aktionen als später. Dafür erfahren wir aber viel mehr über den Menschen Jesse Stone und sein Innenleben.

Wer also mit den „Stone“-Krimis den Autor Robert B. Parker enrtdecken möchte, sollte möglichst mit „Night Passage“ beginnen. Fast alle Parker-Krimis sind auch auf Deutsch erhältlich, allerdings bei verschiedenen Verlagen. Zum Glück gibt es a) eine Autoren-Homepage und b) zahlreiche deutsche Rezensionen.

|Taschenbuch: 322 Seiten
ISBN-13: 978-0399143045|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Stone Cold (Jesse Stone 4)

_Trouble im Paradies: Stone ist echt sauer_

Ein etwas durchgeknalltes Killerpärchen aus der Großstadt macht Jesse Stone, dem Sheriff des Küstenstädtchens Paradise, Massachusetts, das Leben schwer. Und zwar so schwer, dass sogar seine Exfreundin Abby ins Gras beißen muss. Kann Stone die beiden überführen und Abby rächen?

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Kenneth Eisley ist ein geschiedener Börsenmakler in Paradise, Massachusetts. Er liebt es, jeden Morgen mit seinem ungarischen Hirtenhund Goldie den Strand entlangzujoggen. An diesem Dienstag kommt er nicht weit: Zwei Kugeln zerfetzen sein Herz. Goldie kehrt allein und verwirrt zu ihrem nun verlassenen Zuhause zurück. Sheriff Jesse Stone und sein Team stellen fest, dass die zwei Kugeln beide aus je einer 22er-Pistole stammen und fast gleichzeitig abgefeuert wurden, fast die gleiche Stelle trafen und es sich folglich entweder um zwei Killer mit gleichen Waffen oder um einen – sehr seltsamen – Killer mit zwei Pistolen handeln muss. Würde nicht eine Pistole reichen?

Als die Mutter der Schülerin Candace Pennington in sein Büro tritt und behauptet, Candace sei vergewaltigt worden, setzt Jesse Stone eine recht merkwürdige Art von Ermittlung in Gang. Damit Candaces Name nicht durch den Dreck gezogen wird, soll niemand erfahren, dass drei bestimmte Jungs sie vergewaltigten und Fotos von ihr machten. Denn die Jungs drohten ihr, sie öffentlich bloßzustellen, sodass sie von ihrer Schule wegziehen müsste. Stone verspricht ihr, er werde sein Möglichstes um, damit sie bleiben könne. Seine Angestellten ermitteln undercover …

Barbara Carey wird in einer entlegenen Ecke des riesigen Parkplatzes des lokalen Einkaufszentrums von Paradise aufgefunden. Zwei Kugeln haben ihre Brust zerfetzt. Genau wie bei Kenneth Eisley. Wieder ist das Motiv völlig unklar, und es gibt keinen bekannten Zusammenhang zwischen ihr und Eisley. Stone hat eine Ahnung und lässt die Nummernschilder aller Autos im nahen Umkreis notieren.

Garfield Kennedy erwischen die Killer als Nächsten. Zwei Skateboardjungs finden seine Leiche im Gestrüpp hinter der Kirche. Auch hier fällt Stone der genau ausgekundschaftete Tatort auf: Die Tat erfolgte, bevor die Parkplatzleuchten eingeschaltet wurden, die Entdeckung danach. Und ein roter Saab verschwand genau in diesem kurzen Zeitraum.

Jesse Stone lässt Bo Marino als Ersten der drei Gang-Vergewaltiger festnehmen, wegen Besitzes verbotener Substanzen, Widerstand gegen die Staatsgewalt und wegen Besitzes von Pornographie: vier Fotos der vergewaltigten Candace Pennington. Darauf ist das Gesicht von Kevin Feeney deutlich zu erkennen. Bo Marinos Vater ist die Angelegenheit der Anwältin Abby Taylor, die Stone seit seiner Ankunft in Paradise kennt und die seine Freundin war. Und als Bo eine Nacht in der Zelle verbringen muss, wirft Marino Abby einfach raus. Stone lädt sie zu einem gemütlichen Abendessen mit abschließendem Schäferstündchen ein. Dann knöpft er sich Kevin Feeney vor. Der verpfeift die beiden anderen, wenn auch unter Tränen.

Die beiden Killer sind auf der Suche nach ihrem nächsten Kandidaten und kurven in ihrem roten Saab durch das wohlhabende Städtchen. Diesmal soll es eine Frau sein, wegen des Ausgleichs: zwei Männer, zwei Frauen. Wunderbar. Das wird ihnen wieder einen ordentlichen Kick verschaffen. Er filmt mit der Videokamera Kandidatinnen. Da! Eine fein gekleidete Frau mit Aktentasche und einem Handy am Ohr. Perfekt. Es ist Abby Taylor …

_Mein Eindruck_

Dies ist der mittlerweile vierte „Jesse Stone“-Krimi von Veteran Parker und wahrscheinlich einer der besten. Im Vergleich zum ersten, „Night Passage“, gibt es hier kaum noch irgendwelche Landschafts- und Stimmungsbeschreibungen, außer einer einzigen, die ein ganzes, kurzes Kapitel ausmacht. Ansonsten besteht das Buch zu 95 Prozent aus Dialogen. Die Erwartung erfüllt sich, dass das Buch deshalb sehr leicht und flott zu lesen ist. Aber man sollte nicht dem Irrtum unterliegen, dass die Dialoge deshalb Fliegengewichte wären. Ganz im Gegenteil.

Parker hat die Kunst perfektioniert, seinen eigenbrötlerischen, einsilbigen Kleinstadtsheriff mit den wenigen Worten, die Stone aus Höflichkeit äußert, viel sagen zu lassen. Die Damen – und das sind wirklich nicht wenige – wissen es mit Fassung zu tragen. Auch sie müssen, wie wir, zwischen den Zeilen der Dialoge lesen. Was sagt Stone denn wirklich, wenn er so einsilbig ist? Meist legt er sich nicht fest. Das kann nerven, aber die Damen in seinem Bett müssen es ertragen, denn es ist Stones Art, höflich zu ihnen zu sein.

|Liebes-Händel|

Als daher Staatsanwältin Rita Fiore ihren beträchtlichen erotischen Charme auf Stone spielen lässt, ist er, da kein Kostverächter, der Letzte, der sie von der Bettkante schubsen würde. Andererseits ist da noch seine Exfrau Jenn, die in Boston arbeitet (sie ist ihm im Laufe der Jahre aus L. A. gefolgt). Und er würde Rita sagen, dass er immer noch auf die Liebe zu Jenn hofft. Was soll eine Frau wie Rita tun? Es gibt ja schließlich noch andere Kerle. Und Jesses Freundin Marcy hat sich längst mit seiner Art abgefunden. Abby ist ein Versöhnungsfick – nur Jenn allein zählt. Ist das wahre Liebe? Vermutlich. Polizistenliebe.

|Erholung|

Stone hat mittlerweile sein schweres Alkoholproblem überwunden, zum nicht geringen Staunen zahlreicher Besucher. Es war der Grund für seine Kündigung des Polizeidienstes beim LAPD (Mordkommission) und – nach der Scheidung – für seinen Weggang aus L. A. (Wie es zu dieser Entwicklung kam, erzählt Parker in „Night Passage“, das man deshalb als ersten „Stone“-Roman lesen sollte.) Allabendliche Anrufe von Jenn sowie Therapiestunden beim Psychotherapeuten Dix (im Film gespielt von Hitchcock-Veteran William Devane) könnte dazu beigetragen haben, dass Stone trocken geworden ist.

|Die Killer|

Umso besser, denn diesmal braucht er nicht nur gute Nerven, sondern auch psychologisches Gespür: Er hat für die Serienmorde weder ein Motiv noch irgendwelche Beweise, selbst wenn ihm sein Riecher sagt, dass es die beiden Yuppies Anthony und Brianna Lincoln (falls das ihr richtiger Name ist) waren. Und wie kann er sie überführen? Es gibt nur eine Methode: Man muss sie in die Falle locken. Allerdings klappt das nur dann, wenn sie sich selbst für schlauer halten, als er erscheint. Also spielt Stone in einer unnachahmlichen Weise den Dorftrottel im Sheriffstuhl, der den lieben langen Tag eigentlich nur Strafzettel verteilt. Ob sie sich hereinlegen lassen, soll hier nicht verraten werden.

|Zwei Seiten|

Die Krimis zeigen Stone immer von zwei Seiten. Während er wirklich ein abgebrühter Cop aus Los Angeles ist, der nur nicht genug Leute hat, ist er auf der anderen Seite gegenüber den Bürgern seiner Stadt ein geradezu zärtlicher Übervater. Aber ein Vater. Und ein Vater muss auch mal Strenge zeigen, um gewissen Leuten wie den drei Oberschüler-Serienvergewaltigern und ihren Eltern zu zeigen, was moralisch vertretbar ist und was nicht. Es ist eine Farce, wenn die Anwälte der drei Familien und der Stadt ausbaldowern, wie die Strafe für die Vergewaltiger aussehen soll. Durch seine Verbindung mit Rita Fiore setzt sich Stone liebes-diplomatisch durch: Er ist es am Ende, bei dem sie ihre Strafe ableisten müssen.

|Unterschiede zur TV-Fassung|

Wer erwartet, dass das TV-Skript sich sklavisch an die Romanvorlage hält, liegt völlig daneben. Sicher, man kann nicht viel an den Killern und den Morden ändern, aber doch ziemlich viel darum herum. Ein TV-Krimi ist die dramaturgische Kunst der Verdichtung emotionaler Wirkungen, v. a. hinsichtlich Spannung. Deshalb wurde der Schluss komplett neu geschrieben.

Was sich im Buch ziemlich lang hinzieht und in Toronto endet, findet deshalb in der TV-Fassung seine lokal inszenierte Zuspitzung des Falles. Was in Toronto an hässlichem Verhalten seitens Stone gezeigt wird, findet in der TV-Fassung nicht statt: Hier verteidigt er sich in Notwehr. Dort, im Roman, greift er selbst an. Ich muss ehrlich zugeben, dass mir die TV-Version wesentlich besser gefallen hat; hierbei hat Stone alle moralischen Argumente auf seiner Seite.

|Englischniveau|

Die Englischkenntnisse, die für das Verständnis dieses „Stone“-Krimis – das trifft für andere möglicherweise nicht zu – nötig sind, sind die eines Realschülers. Mithin ist der Text also nicht sehr anspruchsvoll. Aber es ist ein Pluspunkt, wenn man Kenntnisse der amerikanischen Gesellschaft und Kultur aus eigener Anschauung mitbringt – und nicht etwa den Pseudodoku-Unsinn aus dem Fernsehen.

_Unterm Strich_

Es gibt nicht viele Krimihelden, von denen man sagen kann, dass sie wirklich sinnlich veranlagt sind, aber Jesse Stone ist so einer. Ein weiterer Unterschied zum TV-Helden, der von Tom Selleck verkörpert wird. Herrje, im Buch ist Stone ja erst Mitte, Ende dreißig und nicht etwa Mitte fünfzig wie Selleck. Trotz seiner zahlreichen Affären kommt Stone doch noch zu ordentlicher Polizeiarbeit, und diesmal fordert eine Mordserie seine – beinahe ungeteilte – Aufmerksamkeit.

Es hat actionreichere Ermittlungen gegeben und wesentlich spannendere Kriminalszenen, aber selten welche, die so ironisch erzählt wurden. Wenn Jesse den Dorfdeppen markiert, um die Verdächtigen in Sicherheit zu wiegen, dann hat man was zum Schmunzeln. Doch wie stets ist es auch angeraten, zwischen den Zeilen zu lesen. Die Dialoge sind trügerisch einfach, drehen sich aber nicht selten um grundlegende Bedingungen der menschlichen Existenz, z. B. um das Zusammenbleiben von Paaren. Was ist dafür nötig? Beispielsweise ein Bindungsritual in Form von gemeinsam begangenen Morden.

Wenn man diesen Roman gelesen hat, bedauert man umso mehr, dass der Autor im Januar 2010 endgültig den Computer abgestellt hat.

|Taschenbuch: 304 Seiten
ISBN-13: 978-1842431160|
[www.noexit.co.uk]http://www.noexit.co.uk

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Perry-Rhodan-Team / Böhmert, Frank / Effenberger, S. A. / Sieper, Marc – Hyperschock, Der (Perry Rhodan – Sternenozean 3) (Hörspiel)

_Perry und Kantiran: Flucht und Wiedersehen_

Lübbe Audio vertont die Abenteuer des Kadetten Kantiran und des Sternenadminstrators Perry Rhodan, die in der Unterserie „Sternenozean“ im Perry Rhodan-Universum spielen. Bislang sind sechs Hörspiele veröffentlicht, doch will Lübbe offenbar vierzig Hörspiele produzieren. Dies ist die erste Staffel.

_Die Reihe_

„Perry Rhodan“ ist die größte SF-Heftchen- und Roman-Reihe der Welt. Eine Vielzahl von Autoren schreibt seit Jahrzehnten für die Reihe, und koordiniert wird dieser Aufwand vom Pabel Verlag in Rastatt. Auch Andreas Eschbach fühlte sich geehrt, einen oder zwei Bände beitragen zu dürfen.

Es gab vor der aktuellen Lübbe-Audio-Reihe schon Vertonungen der PR-Silberbände, doch nicht in der stilvollen Inszenierung des STIL-Tonstudios. Die Vorlage für das vorliegende Abenteuerhörspiel lieferten die Romane „Die Macht der Sekte“ von Michael Nagula und „Brennpunkt Talan“ von Arndt Ellmer.

Die ersten sechs Hörspiele:

1) [„Der Sternenbastard“ 3030
2) [„Die Mascantin“ 3031
3) „Der Hyperschock“
4) „Planet der Mythen“
5) „Havarie auf Hayok“
6) „Das Blut der Veronis“

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Erzähler: Christian Schult
Perry Rhodan: Volker Lechtenbrink
Mondra Diamond: Heide Domanowski
General Traver: Klaus Dieter Klebsch
Homer G. Adams: Hasso Zorn
Erzähler: Achim Höppner (Stimme von „Gandalf“)
Kantiran: Christian Stark
Mal Detair: Jürgen Kluckert

Volker Lechtenbrink wurde 1944 in Cranz/Ostpreußen geboren. Bereits als Achtjähriger sprach er im Kinderfunk und stand zwei Jahre später auch schon auf der Bühne. 1959 wurde er durch den Antikriegsfilm „Die Brücke“ (Regie: Bernhard Wicki) bundesweit bekannt. Er besuchte die Schauspielschule in Hamburg und ist heute in zahlreichen TV-Serien zu sehen. Darüber hinaus ist er am Theater tätig, geht auf Tourneen oder wirkt als Intendant. (Verlagsinfo)

Die Hörspieladaption stammt von S.A. Effenberger. Regie, Musik, Ton und Programmierung lagen in den Händen von Christian Hagitte und Simon Bertling vom Ton-Studio STIL. „Die Musik wurde exklusiv für die Perry-Rhodan-Hörspiele komponiert und vom Berliner Filmorchester unter der Leitung von Christian Hagitte live eingespielt. Die elektronischen Klänge und Effekte wurden speziell für die Hörspiele vom STIL-Team durch den Einsatz von Computertechnik generiert“, heißt es im Booklet. Executive Producer der Reihe ist Marc Sieper.

Am Schluss erklingt der vierminütige Song „Passing By – Perry Rhodan Mix“ von der Band Camouflage. Der Originaltitel stammt von der LP „Relocated“ (SPV 2006).

_Vorgeschichte_

Die Lage des Jahres 1332 Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist in der Galaxis so bedrohlich und zugleich offen wie seit Jahren nicht mehr. Und alles bewegt sich auf eine einzige Veränderung hin: Die Erhöhung des des Hyperphysikalischen Widerstandes, kurz Hyperimpedanz genannt. Dieser „Hyperimpedanzschock“ trifft die Galaxis mehrfach. Durch ihn fällt jede hochwertige Technologie aus. Dies kündigt sich durch eine stark verminderte Höchstgeschwindigkeit der Raumschiffe eine reduzierte Reichweite des interstellaren Hyperfunks an. Auch das Gesicht der Galaxis verändert sich. Durch die Hyperimpedanz ausgelöst, kommt es zu schweren Hyperstürmen und Raumbeben. Bisher unter Hyperkokons verborgene Sternenhaufen stürzen in die Galaxis zurück.

Diese Vorgeschichte aus Episode wird in Rückblenden in Folge 2 integriert. Daher soll sie hier wiederholt werden.

Der 14-jährige Junge Kantiran lebt als Sohn eines Terraners und einer Arkonidin als Untertan des Kristallimperiums auf einem friedlichen Agrarplaneten. Nach dem Verlust seiner Eltern, die auf einer Schürfexpedition verschollen, wächst er bei seinen Pflegeeltern Weigel und Arachya auf. Eines Tages holt ihn sein arkonidischer Freund Valizon in seinem Gleiter ab und lädt ihn zu einer Spritztour in den Dschungel ein. Valizons Freund Tam neckt den „Terranerbastard“ ständig.

Sie landen auf einem weißen Felsen und erkunden den Urwald. Unbekannte Laute erfüllen die Vegetation, und Kantiran findet seine Begleiter erst auf einer Lichtung wieder. Doch im Dickicht gegenüber liegen Krochen auf der Lauer: schwebfähige Raubtiere, die aus einem Menschen ruckzuck Kleinholz machen können. Zur Überraschung Valizons nimmt Kant keineswegs Reißaus, sondern geht vielmehr auf das Leittier zu und verbeugt sich vor ihm. Seine Ehrerbietung wird gnädig ankzeptiert, und die Krochen trollen sich. Bis auf ein Jungtier, das Kant auf den Namen Torn tauft.

Seine Freunde sind mehr als verwundert über Kants mutiges Verhalten. Tam verspottet ihn trotzdem. Am Abend isst Kant mit seinen Pflegeeltern, als sie ein bemerkenswertes Geräusch hören: Ein Sternenkreuzer landet. Der riesigen Kugel entsteigen ein Riese und eine Frau. Es sind die Flottenführerin Ascari da Vivo und ihr Leibwächter Shallowain. Die Admiralin nimmt Kant auf einen kurzen Flug mit, um ihm etwas zu geben: ein Erbstück von seinem Vater. Es sieht zwar aus wie eine terranische Uhr, ist aber ein intelligenter persönlicher Assistent. Er tauft ihn Tonto. Außerdem lädt sie ihn zur imperialen Kadettenschule ein, der Parageta. Kant ist baff.

Nach drei Jahren ist seine Ausbildung zum Flottenoffizier fast beendet. In vielen Kämpfen hat er sich zum besten Dagorista der Parageta emporgearbeitet. Seit einem Jahr liebt er eine schöne Schneiderin mit dem klangvollen Namen Thereme. Sie arbeitet im Haushalt des Geheimdienstchefs Kilor, aber das stört Kant nicht, denn Theremes Liebe genügt ihm, um alle Unbill zu ertragen. Eine Woche vor der Prüfung beehrt ihn sogar der feindliche terranische Resident Perry Rhodan höchstpersönlich mit einem Besuch der Kadettenschule, denn Kantiran bewundert ihn sehr. Sie tauschen einen Handschlag gemäß dem alten barbarischen Brauch Terras aus, was der arkonidische Ausbildungsleiter später scharf rügt.

Doch dann kommt der Tag, der Kantirans Leben für immer verändern soll.

_Handlung von Episode 2_

Kantiran hat die Geliebte tot auf ihrem Bett gefunden. Doch er glaubt nicht, dass sie an einem Herzschlag gestorben sein soll, wie der Med behauptet. Der Tierheiler Mal Detair, der zufällig hinzukam, hat da schon einen plausibleren Grund auf Lager: Mord. Er riecht den Duft von Trivipern, exotischen Stechinsekten, die von Adligen gern für unauffällige Attentate verwendet werden, weil ihr Gift nicht nachzuweisen ist. Doch wer sollte den Tod einer Schneiderin wünschen? Warum, wenn nicht wegen ihrer Liebe zu Kantiran …

Da der Geheimdienst, in dessen Haus Thereme wohnte, die Ermittlungen übernimmt, macht Mal Detair seinem neuen Freund Kant keine Hoffnung, dass der Täter je gefunden wird. Also müssen sie ihn auf eigene Faust aufspüren. Mal muntert den Trauernden auf, indem er andeutet, dass die Verweigerung der Abschlussprüfung einem Verrat an der Verblichenen gleichkäme. Na, wenn das kein guter Grund ist weiterzumachen!

Die Spur der Trivipern deutet in eine Richtung, die Kantiran ganz und gar nicht behagt, ja, die ihm sogar unmöglich vorkommt. Doch etwas anderes lenkt ihn ab: In der Tierarztpraxis Mals entdeckt er seine telepathische Gabe wieder, die er schon gegenüber den Krochen seiner Heimatwelt angewandt hat. Die imperialen Mediziner, die den Prüfling untersuchen, erwarten völlig andere Psi-Kräfte bei einem Mutanten wie ihm, sodass sie nicht auf seine telepathische Gabe stoßen. Sie wirkt obendrein nur auf Tiere, nicht auf Arkoniden. (Terraner gibt es weit und breit keine.)

Die Mascantin Ascari da Vivo, die ihn von seinem abgeschiedenen Heimaltwelt im Hayok-Sektor geholt hat, ist ein wenig besorgt um die geistige Gesundheit ihres Schützlings, als er sich der Abschlussprüfung auf der Welt Iprasa unterzieht. Und tatsächlich muss dort etwas Furchtbares mit ihm geschehen sein, denn er wacht erst drei Monate nach der Prüfung aus seinem Koma wieder auf.

Bei Mal Detair findet er ein neues Schoßtier, mit dem er telepathisch kommunizieren kann. Kemi ist ein aggressiver Tarox-Marder, und hört nur auf seinen Befehl. Er trägt das Tier, das Mal ihm schenkt, wie einen Pelz um den Hals. Und ein Besuch bei der Mascantin eröffnet ihm auch den Weg, wie er an Ascaris vertrauliche Daten über sich selbst kommen kann. Und wer weiß, was er dabei auch über den Mord an Thereme entdecken könnte. Der Verdacht, den er schon vor seinem Koma gegen die Admiralin, die direkt dem Imperator unterstellt ist, hegte, muss überprüft werden.

Doch Kantiran findet mehr über seine Identität heraus, als ihm lieb ist …

_Handlung von Folge 3_

Kantiran ist mit Mal Detair und seinem Haustier auf der Flucht vor der arkonidischen Polizei. Dieses Tier hat Kantirans Mutter Ascari da Vivo schwer im Gesicht verletzt, eine Vergeltung für Ascaris Mord an Kantirans Freundin Thereme. Die Reanimation bleibt bislang erfolglos. (Aber Ascari taucht später wieder auf.)

Commander Shallowain, der grausame Kralazene, und sein Kollege Kimur müssen sich beim Imperator der Arkoniden für Kantirans Anschlag auf die Mascantin verantworten. Shallowain, so lautet der imperiale Befehl, soll den Attentäter lebend schnappen.

Kantiran wird demzufolge der Boden unter den Füßen zu heiß: Er muss runter von diesem Planeten, Arkon II, und schleicht sich mit Mal Detair ins Frachtzentrum des Raumflughafens. Sie wimmeln einen zuvorkommenden Roboter ab, denn eigentlich wollen sie bloß den nächsten Raumer erwischen, der abdüst. Dieser erweist sich als der Raumer eines Springer-Patriarchen. Kapitän Geltani sind jedoch blinde Passagiere an Bord recht unwillkommen, wohl aber zahlende Gäste – und genau das macht Kantiran verdächtig: Er zahlt zuviel. Dennoch ist er froh über sein Matratzenlager.

Als Kantiran und Mal vor der Tür einen Knall hören, springen sie auf – gerade noch rechtzeitig, um den Überfall von drei Springerkämpfern abzuwehren. Sie töten die Kerle und löschen einen Brand. Es ist vielleicht nicht sonderlich klug von Kantiran, dem Käptn die drei Leichen zu zeigen. Jetzt hat er die ganze Springersippe an Bord gegen sich. Zeit für einen geordneten Rückzug! Zum Glück ist der Frachtraum mit den schnellen Raumgleitern ganz in der Nähe …

|Unterdessen|

Perry Rhodan, der terranische Administrator, erhält von Agent Miles Kantor eine dringende Warnmeldung, dass sich Gravitationswellen nach einem Beben ausbreiten und sich die Hyperimpedanz erhöht, was bedeutet, dass Hyperraumfunk und -flug in Gefahr geraten könnten, nicht mehr zu funktionieren. Da die Überlichtkristalle versagen, wird auch überlichtschneller Raumflug unmöglich, und ein Rückfall auf den Stand der Frühzeit der Raumfahrt droht. Perry sieht sich in seinen Warnungen bestätigt. Natürlich hat ihm keiner geglaubt. Jetzt ist ein Hypersturm im Anzug.

Zwei Tage später sitzen Miles und Perry in Terrania City zusammen, um im Restaurant Marco Polo zu Abend zu essen. Trin Marath, der „Kosmosspürer“, den Perry für Miles abgestellt hat, hat einen Asteroiden mit einer unbekannten Orterstation gefunden, die eine Reichweite von zwei Lichtjahren aufweist. Doch innerhalb dieses Radius findet sich keine Mutterstation. Merkwürdig, nicht?

Da melden die Sicherheitsleute, dass sie zwei mutmaßliche Terroristen gefasst hätten, die möglicherweise von Arkon II kommen. Perry hat durch seinen Geheimdienst vom Anschlag auf seine Exgeliebte Ascari da Vivo erfahren. Könnte es sich um die gleichen Angreifer handeln? Agentin Mondra Diamond führt die zwei gefassten Terroristen herein: Es sind Kantiran und Mal Detair. Endlich steht Kantiran seinem Vater gegenüber. Und es gibt eine Menge Fragen zu klären – unter vier Augen, versteht sich …

_Mein Eindruck_

Nachdem Perry Rhodan, der Präsident der Liga Freier Terraner (LFT), die Identität Kantirans bestätigt hat, nimmt er dessen Asylantrag an und erzählt ihm vertraulich, wie es dazu kam, dass Perry mit dieser Arkonidin einen Sohn zeugte: Ascari erinnerte Perry an seine erste Frau Thora. Gut, dass auch Kantiran schon weiß, dass er seine Mutter um ein Haar umgebracht hätte. Ascari liegt im Krankenhaus mit einem verätzten Gesicht. Wer weiß, was sie tun wird, wenn sie wieder bei Kräften ist. Perry tadelt Kantiran ob dieser unbeherrschten Racheaktion. Dann lädt er ihn dazu, ihn auf der Reise in den Hayok-Sektor zu begleiten (siehe die weiteren Folgen und meine Berichte dazu).

Neben dieser Zusammenkunft zweier Zentralgestalten des Handlungskomplexes „Der Sternenozean“ spielt das Erscheinen des Hypersturm eine weitere Rolle. Allerdings gehen nur halb glaubwürdige Meldungen von diesem kosmischen Phänomen ein, und so bleiben ernstzunehmende Reaktion vorderhand aus. Der Hypersturm verhindert, wie gesagt, den überlichtschnellen Raumflug sowie die entsprechende Hyperraum-Kommunikation. Aber was hat den Hypersturm ausgelöst und welche Konsequenzen wird dieses Phänomen auf die Entwicklung der Ereignisse haben? Diese zwei Fragen werden erst ganz allmählich und in kleinen Schritten beantwortet.

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

So fangen Sternenopern an: Mit einer schmissigen Titelmelodie und raunenden Stimmen, die Schicksalhaftes verkünden. Ein Erzähler wie Achim Höppner hat eine recht hohe Autorität und wir glauben ihm seine Geschichte nur allzu gern, wenn er von den ersten Abenteuern des jungen Helden berichtet. Die Musikbegleitung besteht mal aus unschuldig klingenden Geigen mit einer Pianobegleitung, mal aus dynamischer Hintergrundmusik, als Kantiran auf der Flucht ist.

Schon bald melden sich düster dräuende Instrumente wie etwa Posaunen und etliche Bässe, als Kantiran in Gefahr gerät. Insgesamt ist die Musik und die Geräuschkulisse eine ganze Menge Aufwand für eine simple Sternenoper, aber es lohnt sich: Das Hörspiel klingt höchst professionell produziert. Ich könnte Gegenbeispiele nennen, in denen die Musikbegleitung in die Hose ging, aber sie stammen alle nicht von STIL. Die Geräusche können in Sachen Professionalität absolut mithalten.

Die größte akustische Leinwand bemalen jedoch die tausend elektronisch erzeugten Sounds, die der ganzen Handlung erst das kosmische Science-Fiction-Feeling verleihen. Ohne sie könnte es sich ebenso gut um Fantasy auf einem fernen Planeten handeln, wie sie z. B. Jack Vance fabriziert hätte.

Der Abschlusssong von Camouflage klingt nach solider deutscher Wertarbeit: mit einem fetzigen Bassriff und einem Sänger, der sich die Feinheiten der englischen Aussprache noch antrainieren muss („head“ klingt wie „hat“). Der Song dauert vier Minuten und ist wenig bemerkenswert. PR-Fans werden ihn sicherlich begrüßen.

_Unterm Strich_

Wie die meisten Perry-Rhodan-Abenteuer verbindet auch diese Episode Action mit menschlichem Drama. Die abenteuerliche Flucht Kantirans und seiner Gefährten ist spannend und actionreich in Szene gesetzt, entbehrt auch nicht gewisser witziger Momente: Wie wird sich Kantiran aus seiner Klemme befreien?

Auf der anderen Seite sorgt das erste Wiedersehen Kantirans mit Perry, seinem Vater – sie sahen sich erstmals an der Militärakademie – für einige bewegende Momente. Denn Perry, der Präsident der Freien Terraner, muss entscheiden, ob er einem gesuchten Verbrecher Asyl gewährt. Eigentlich ist das bei seinem leiblichen Sohn keine Frage, aber dennoch: Ein Politiker muss stets auf Nummer sicher gehen. Zum Glück verläuft die Begegnung konstruktiv und Perry lädt den Sohnemann auf einen kleinen Raumflug ein.

Der Ausblick ist jedoch alles andere als heiter und hoffnungsfroh stimmen: Ein Hypersturm ist im Anzug und wird die Gesetze des Universums auf den Kopf stellen. Dass noch mehr dahintersteckt, wird sich schon bald herausstellen – eine tödliche Bedrohung für die Erde …

|Das Hörspiel|

„Der Hyperschock“ bildet eine vielversprechende Fortsetzung zu einer wahrscheinlich ziemlich langen Hörspielserie (sie hat bislang über 30 Folgen). Sie wird offenkundig von Profis produziert, von mancher bekannten Hollywoodstimme gesprochen und liefert einen soliden Gegenwert für den Preis von rund acht Euronen. Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren dürften sich rasch mit dem jungen Titelhelden Kantiran identifizieren und das ist eine der besten Voraussetzungen, ein treues Publikum aufzubauen.

|Audio-CD mit 73 Minuten Spieldauer
ISBN-13: 978-3785731659|
[www.perryrhodan.org]http://www.perryrhodan.org
[www.luebbe-audio.de]http://www.luebbe-audio.de

_Perry Rhodan auf |Buchwurm.info|:_
[„Die Sternenarche“ 769 (Perry Rhodan – Lemuria 1)
[„Der Schläfer der Zeiten“ 871 (Perry Rhodan – Lemuria 2)
[„Exodus der Generationen“ 886 (Perry Rhodan – Lemuria 3)
[„Der erste Unsterbliche“ 949 (Perry Rhodan – Lemuria 4)
[„Die letzten Tage Lemurias“ 1021 (Perry Rhodan – Lemuria 5)
[„Die längste Nacht“ 1137 (Perry Rhodan Lemuria 6)
[„Die Lebenskrieger“ 2189 (Perry Rhodan PAN-THAU-RA 1)
[„Die Trümmersphäre“ 2468 (Perry Rhodan PAN-THAU-RA 2)
[„Die Quantenfestung“ 3050 (Perry Rhodan PAN-THAU-RA 3)
[„PERRY RHODAN: Odyssee“ 3240
[„Die Kaiserin von Therm“ 3241 (Perry Rhodan Silberband 94)
[„Die Rückkehr“ 1611 (Perry-Rhodan-Roman 2295)
[„Das Antares-Riff“ 1706 (Perry Rhodan Extra 2)
[„Perry Rhodan – Das Rollenspiel“ 2925 (Grundregelwerk)
[„Sternenozean“ 5831 (Hörspielserie, Teil 1-25)
[„Das gestrandete Imperium“ (Perry Rhodan – Der Posbi-Krieg 1)“ 6081
[„Perry Rhodan – Silber Edition 24: Die Para-Sprinter“ (Hörbuch) 6330
[„Perry Rhodan – Silber Edition 25: Brennpunkt Andro-Beta“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6492
[„Perry Rhodan: Der Posbi-Krieg“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6394
[„Perry Rhodan – Silber Edition 74: Konzil der Sieben“ (Teil 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6560
[„Perry Rhodan – Silber Edition 74: Konzil der Sieben“ (Teil 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6614
[„Perry Rhodan – Silber Edition 74: Konzil der Sieben“ (Teil 3)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6666
[„Perry Rhodan – Silber Edition 74: Konzil der Sieben“ (Teil 4)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6721
[„Die Zeitstadt“ (Perry Rhodan – Andromeda 6) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6740
[„Konzil der Sieben“ (Perry Rhodan – Silber Edition 74) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6743
[„Die Laren“ (Perry Rhodan – Silber Edition 75, Teil 1) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6775

MacBride, Stuart – Dark Blood

_Der Opfergang des Monsters, eine Tragikomödie_

Der Seniorenschänder Richard Knox aus Newcastle hat seine Gefängnisstrafe abgesessen, doch in seinem neuen Domizil am Rande Aberdeens wird er entdeckt und zum Objekt gewalttätiger Proteste. Die Aberdeen Cops müssen hinnehmen, dass ein Kommissar aus Newcastle „ein Auge auf die Dinge hat“. Als jedoch Knox verschwindet und Danby entführt wird, gerät die Lage völlig außer Kontrolle.

_Der Autor_

Stuart MacBride war schon alles Mögliche: Ein Grafikdesigner, dann ein Anwendungsentwickler für die schottische Ölindustrie und jetzt Kriminalschriftsteller. Mit seiner Frau Fiona lebt er in Nordostschottland. Seine Krimis um Detective Sergeant Logan McRae spielen in Aberdeen. Mehr Infos finden Sie unter [www.stuartmacbride.com]http:// www.stuartmacbride.com

|Werke:|

1) „Cold Granite“ (2005) = [„Die dunklen Wasser von Aberdeen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2917
2) „Dying Light“ (2006) = [„Die Stunde des Mörders“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3739
3) „Broken Skin“ (2007) = [„Der erste Tropfen Blut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4940
4) „Blind Eye“ = „Blinde Zeugen“
5) „Flesh House“ (2008) = [„Blut und Knochen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5792
6) „Halfhead“ (2009) – noch ohne dt. Titel
7) _“Dark Blood“_ (2010) – noch ohne dt. Titel
8) „Shatter the Bones“ (2011) – noch ohne dt. Titel

_Handlung_

Der Jahresanfang in Aberdeen ist diesmal saukalt, und ständig fegen Schneegestöber über Hügel, Straßen und Küste. Doch auch in diesem Dreckswetter soll Detective Sergeant Logan „Lazarus“ McRae nach einem Elektriker namens Steve Polmont suchen. Schließlich ist Steve so etwas wie der Neffe von Logans Vorgesetzter Detective Inspector Steel. Dieser lesbischen Hexe kann Logan einfach nichts entgegensetzen. Als rumpelt er jetzt mit seinem alten klapprigen Fiat auf die Baustelle, wo der Edinburgher Gangster Malcolm „Malk the Knife“ Maclennon mehrere hundert Reihenhäuser errichtet, mitten in Aberdeens grüner Lunge.

|Betonleichen|

Im ersten Anlauf findet Logan nur mehrere Hinweise, dass Steve Polmont vor ein paar Tagen verschwunden ist. Der Polier weint ihm keine Träne nach, weil Polmont angeblich einige Dinge mitgehen ließ. Dass Logan vom Handlanger des Poliers, einem verdächtigen Individuum mit einem Rottweiler, unsanft gedrängt wird, die Baustelle zu verlassen, macht ihn erst stutzig und dann ärgerlich. Er kommt mit einem Leichenhund wieder – und wird fündig.

Sehr zum Missvergnügen des Baustellenleiters lässt er mit Spezialwerkzeug einen ganzen Betonblock aus dem Fundament eines Hauses schneiden – und siehe da: Unter dem Klotz klebt eine Leiche. Die Gerichtsmedizinerin Isobel Macalister, Logans Ex und frischgebackene Mama, erklärt die Leiche für die von Steve Polmont. Aber wer hat den kleptomanen Elektriker auf dem Gewissen? Logan hat da einen leisen Verdacht …

|Der Schänder muss weg!|

Allerdings wird Logan einem anderen Team zugeteilt, das damit betraut ist, den entlassenen Häftling Richard Knox zu bewachen und zu bemuttern. Knox hat in Newcastle und den schottischen Lowlands mehrere Senioren geschändet, sodass ihn deren Angehörigen lieber tot als frei sehen, selbst noch nach Dutzend Jahren. Knox wählt als erstes Domizil das Haus seiner Großeltern. Angeblich hat er Gott gefunden. Er betet jedenfalls oft genug vor dem elektrischen Kaminfeuer.

Dem Kommissar, der aus Newcastle gekommen ist, erzählt er jedenfalls nichts über seine damalige Zeit. Danby hängt trotzdem herum, um „ein Auge auf die Dinge zu haben“, wie er behauptet. Doch auf die direkte Frage Logans antwortet er, Knox habe seinen Freund Billy Adams auf dem Gewissen, zumindest moralisch, wenn schon nicht physisch.

Doch von seinem Freund Colin Miller bei der Zeitung erfährt Logan eine ganz andere Story: Knox war der Kassenwart des Newcastler Gangsters „Mental Mikey“ und habe in dessen Auftrag mehrere Millionen Pfund beiseitegeschafft. Hinter diesem Nest-Ei seien jetzt einige Leute aus Newcastle her, nachdem Mental Mikeys gerade den Löffel abgegeben hat. Und wer weiß, denkt Logan: Vielleicht will ja auch DSI Danby seinen Schnitt dabei machen.

|Doppelter Verschwindeakt|

Während vier Cops auf Richard Knox aufpassen, soll Logan eine rätselhafte Überfallserie auf Juwelierläden sowie das Auftauchen von Falschgeld und gefälschten Waren aufklären. Das hält ihn einigermaßen auf Trab, doch unversehens geraten die Dinge an der Medienfront außer Kontrolle: Als Colin Miller den Aufenthaltsort von Richard Knox von dessen alter Englischlehrerin erfährt, weiß es sofort ganz Aberdeen. Die Protestmenge versammelt sich, gibt sich aber schon bald nicht mehr mit Protest zufrieden: Benzinbomben fliegen, kurz nachdem Knox unter Bewachung das Haus verlassen hat.

Unter dem Bildmaterial, das die Medienmeute geschossen hat, stößt Logan auf zwei bekannte Gesichter: Es sind die Angehörigen von zweien der Opfer. Späte Rache – oder steckt mehr dahinter? Als erst Knox aus dem neuen Versteck verschwindet und dann auch noch DSI Danby aus seinem Hotel entführt wird, gerät die Lage vollends außer Kontrolle. Und Detective Inspector Steel ist unabkömmlich, weil gerade das erste Kind ihrer Lebenspartnerin zur Welt kommt, eine Frühgeburt.

Offensichtlich ist wieder alles der Initiative von DS Logan McRae überlassen, um einen Fall nach dem anderen aufzuklären, inklusive eines Showdowns auf jener unheilvollen Baustelle …

_Mein Eindruck_

„Dark Blood“ soll eigentlich eine Geschichte über ein Monster sein. Das Monster ist Richard Knox, der sich an mehreren älteren Herren sexuell vergangen haben soll. Nun ist Knox freigelassen worden und diverse Herrschaften der zwielichtigen Unterwelt – aber auch andere – hätten gerne mal ein Wörtchen mit ihm gesprochen. Das ist eine der vier Seiten im Umgang mit einem Monster: Man will es entweder benutzen, heilen, wegsperren oder töten. Alle vier Aspekte sind im Buch zu finden, so etwa der gewalttätige Protest der Menge vor Knox‘ Haus.

Während sich die Cops aufgeregt auf diesen Protest konzentrieren und dümmlich durch die ausgebrannte Ruine des Hauses stolpern, sollten sie sich viel besser um die unsichtbare Gefahr kümmern: um jene Leute, die das Monster für ihre Zwecke benutzen wollen. Die Schwierigkeit der Cops dabei besteht allerdings darin, diese Leute überhaupt zu erkennen. Dummerweise sind die meisten Cops derartig betriebsblind und in eigene Querelen verstrickt, dass sie den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Als die Katastrophen hereinbrechen, kommt natürlich jede Vorkehrung zu spät.

Diesen Mechanismus kann man mit einem weinenden Auge beklagen und anprangern (das erledigt bereits Colin Miller in der Tageszeitung) oder verlachen. Dazu verleitet uns der Autor in seiner Geschichte. Die besten Cops wie etwa Logan McRae werden von ihren Vorgesetzten zusammengestaucht, wenn sie auch nur die geringste Initiative zeigen, und getadelt, wenn sie die Vorschriften verletzen.

Nicht genug damit, gibt es in der Truppe auch Pappenheimer, die sich Lorbeeren verdienen wollen und dafür über Leichen gehen. Einer dieser Saubermänner fälscht beispielsweise McRaes Unterschrift, um sein verhängnisvolles Treiben zu tarnen. Verständlicherweise ist McRae stocksauer, als er dies herausfindet, und will dem Saubermann an die Wäsche. Dafür gibt es einen Rüffel für unkollegiales Verhalten.

Während sich die Cops ständig selbst ein Bein stellen und McRae wie Don Quichotte gegen Windmühlen kämpft, machen sich die bösen Jungs über Knox und Danby her. Dieses Trio begleitet die Handlung ständig. Aber der Leser darf sich vom Autor nicht an der Nase herumführen lassen. Das Denken in Klischees wird vom Autor regelmäßig mit bösen Überraschungen bestraft. Die bösen Jungs entpuppen sich als die Guten – sofern es das überhaupt gibt.

So scheint DSI Danby zu den Kerlen mit den weißen Hüten zu gehören. Aber auch er will nur Knox dazu benutzen, an die Millionen von Gangsterboss Mental Mikey heranzukommen. Dies macht ihn zumindest zu einem Angehörigen der Grauzone. Merke: So wie die Cops um McRae nur Menschen sind, so trifft dies auch für Egoisten in den oberen Rängen zu. Jeder will sein Pfund Fleisch von Knox abhaben, egal ob der nun ein Monster ist oder nicht. Die Welt ist, wie sie ist: egoistisch, voller Täuschungen und stets darauf aus, dir ein Bein zu stellen. Selbst der Showdown findet in einem wütenden Schneesturm statt.

|Humor ist, wenn man trotzdem lacht|

Aber es kann auch lustig zugehen – wenn man schottischen Humor mag. Und der kann ganz schön sarkastisch und schräg sein. So befragt McRae in einer wundervollen Szene einen mutmaßlichen Juwelendieb in dessen schäbigen Wohnwagen. Danny Saunders lebt mit seiner Freundin Stacy Gardner zusammen, die ein Kind erwartet. In einer nahezu bizarren Entwicklung von Klamauk-Horror stellt sich nicht nur Danny als hammerschwingender Polizistenschreck heraus, sondern auch die harmlos erscheinende Stacy. Eine Bratpfanne schwingend versetzt sie Logan McRae eins auf die Rübe, bis er seinem zweiten Vornamen „Lazarus“ alle Ehre machen muss.

Ein weiteres Dauerelement, das für Ironie sorgt, ist McRaes Vaterschaft. Oh ja, in „Blind Eye“ hat er sich von seiner Chefin Steel dazu „überreden“ lassen, ihrer Lebensgefährtin Susan, die niemals selbst auftritt, ein Kind zu machen. Während Steel eifersüchtig und neidisch auf seine Zeugungsfähigkeiten ist, wacht sie mit Argusaugen über die Schwangerschaft ihrer Ehefrau Susan. Bis dann endlich der große Tag der, äh, Früh-Geburt kommt und Steel fortan unabkömmlich im Krankenhaus über „ihr“ Erstgeborenes wacht. McRae hat Glück, dass er zur Begutachtung des Ergebnisses eingeladen wird. Voilà, dies ist Jasmine! Na, stolz?

_Unterm Strich_

„Dark Blood“ hat mich zunächst dadurch enttäuscht, dass es längst nicht die emotionale Wucht von „Flesh House“ entfaltet. Die Fälle von Richard Knox und Steve Polmont scheinen eher der skurrilen Art des Verbrechens anzugehören. McRaes Verfolgung von Lappalien wie Falschgeld, Juwelenraub und gefälschten Markenartikeln wirkt auch nicht gerade schwerwiegend und zielführend.

Im Gegenteil: Sie wirken eher ablenkend, so als ob die zentrale Story um die Entführung von Knox und Danby vom Autor als zu dünn erachtet wurde, um einen Roman komplett zu tragen. Glücklicherweise hängt einiges zusammen, und im Rahmen des Polizeialltags dürfen auch Lappalien nicht fehlen. Sie dienen der Auflockerung, leider lenken sie auch vom Wesentlichen ab.

Allerdings erklären sie, wieso McRae, unser Held à la Don Quichotte, ständig Zusammenhänge übersieht, Botschaften missversteht, Nachrichten unterdrückt und ignoriert und auch sonst überaus unzureichend erscheint. Der Autor scheint der Meinung zu sein, dass auch Cops wie McRae nur allzu menschlich sind. Sie sind keine einzelgängerischen Übermenschen wie Inspector Rebus oder andere Superschnüffler. Ganz im Gegenteil: Allzu oft kommen sie unter die Räder. Und am Schluss wird McRae natürlich – wieder mal – gekreuzigt. Buchstäblich.

|Taschenbuch: 469 Seiten
ISBN-13: 978-0007244621|
[www.harpercollins.com]http://www.harpercollins.com

Dark, Jason – John Sinclair – Das Erbe des Schwarzen Tods (Folge 59) (Hörspiel)

_Verhängnis aus Atlantis: die Sense des Todes_

„Geisterjäger“ John Sinclair ist Oberinspektor in einer Sonderabteilung von Scotland Yard, die sich mit übersinnlichen Fällen befasst. Sinclair wird von einem Kreuz beschützt und gewarnt, das vom Propheten Hesekiel selbst stammt. Zur doppelten Sicherheit trägt er auch eine Beretta-Pistole mit sich, die mit Silberkugeln geladen ist. Werwölfe und ähnliches Gelichter mögen so etwas gar nicht. Heißt es.

Folge Nr. 59 entspricht dem Band 199 der Bastei-Heftromanserie.

Die Hörspiele dieser Reihe sind Vertonungen der gleichnamigen Bastei-Heftserie. Mit der Folge 60 feiert die Hörspielreihe ein weiteres Jubiläum – mit einem Online-Gewinnspiel. Der Verlag empfiehlt sein Werk ab 16 Jahren.

_Der Autor_

Der unter dem Pseudonym „Jason Dark“ arbeitende deutsche Autor Helmut Rellergerd ist der Schöpfer des Geisterjägers John Sinclair. Am 13. Juli 1973 – also vor 37 Jahren – eröffnete der Roman „Die Nacht des Hexers“ die neue Romanheft-Gruselserie „Gespenster-Krimi“ aus dem Hause Bastei. Inzwischen sind über 1700 John-Sinclair-Romane erschienen, die Gesamtauflage der Serie beträgt laut Verlag über 250 Millionen Exemplare.

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Frank Glaubrecht spricht den Geisterjäger himself und ist die deutsche Stimme von Al Pacino.
Joachim Kerzel, die deutsche Stimme von Jack Nicholson und Dustin Hoffman, spricht den Erzähler.
Suko: Martin May
Sir James Powell: Karlheinz Tafel
Glenda Perkins: Ilya Welter
Bill Conolly: Detlef Bierstedt
Sheila Conolly: Daniela Hoffmann (Stimme von Julia Roberts)
Johnny Conolly: Frederik Döring
Myxin: Eberhard Prüter
Kara: Susanna Bonaséwicz
Erik Hansen: Simon Jäger (Stimme von Josh Hartnett, James Duvall, Balthazar Getty, River Phoenix u.a.)
Harry Cumberland: Peter Flechtner
Gil Meier: Oliver Kalkofe
Cliff: Jan Spitzer
Zack Zacharry: David Nathan (Stimme von Johnny Depp u.v.a.)
Phil Green: Ingo Albrecht
Dschinn: Jörg Hengstler
Charles: Ingo Oschmann
Ansage: Fred Bogner

_Der Regisseur_

… ist Oliver Döring, Jahrgang 1969, der seit 1992 ein gefragter Allrounder in der Medienbranche ist. „Als Autor, Regisseur und Produzent der John-Sinclair-Hörspiele hat er neue Maßstäbe in der Audio-Unterhaltung gesetzt und ‚Breitwandkino für den Kopf‘ geschaffen“, behauptet der Verlag. Immerhin: Dörings preisgekröntes Sinclair-Spezial-Hörspiel „Der Anfang“ hielt sich nach Verlagsangaben wochenlang in den deutschen Charts.

Buch und Regie: Oliver Döring
Realisation: Patrick Simon
Tontechnik und Schnitt: ear2brain productions
Hörspielmusik: Christian Hagitte, Simon Bertling, Florian Göbels
Produktion: Alex Stelkens (WortArt) und Marc Sieper (Lübbe Audio)

_Handlung_

Zack Zacharry ist ein Forscher und lässt sich in der Antarktis von Cliff herumkutschieren. Sie stoppen mitten im Schneesturm, als Zack eine grüne Wolke erspäht. Eine grüne Wolke, die sich gegen die Windrichtung auf sie zubewegt! Der Schnee beginnt grün zu leuchten. Weil das Schneemobil feststeckt, müssen sie aussteigen, um es freizuschaufeln. Staunend stellen sie fest, dass der Wind zu pfeifen aufhört. Ein merkwürdiges Geräusch erklingt – wie von einer gigantischen Sense. Dann spürt Zack, wie etwas Scharfkantiges aus Metall mit großer Wucht in seinen Körper fährt …

Unterdessen in London. John Sinclair flucht über den Bericht, den er für Sir Powell schreiben soll. Da lässt ihn der Chef zu sich rufen, und zusammen mit Suko vernimmt John die erstaunliche Nachricht, dass am Südpol ein Forscher zusammen mit seinem Fahrer tot aufgefunden worden sei. Die Wunden stammen entweder von einem großen Schwert, einer Machete oder einer Sense. John erinnert sich an die Waffe, die der Schwarze Tod benutzte, den er besiegte. Statt hinzufliegen sollen John und Suko lieber das Medium Kara und ihren Freund Myxin kontaktieren.

Wenig später am stürmischen Kap Hoorn, an der Südspitze Lateinamerikas. Kapitän Phil Green lässt alle Schotten der „Lucky Bay“ dichtmachen. Da bemerkt sein Funktechniker etwas Merkwürdiges auf dem Radarschirm: Etwas bewegt sich gegen die Windrichtung auf das Schiff zu. In Greens Fernglas lässt sich ein grünliches Leuchten erspähen. Und ist da etwa eine Fratze in der Wolke? Doch selbst nach einer Kursänderung folgt ihnen die grüne Wolke. Schon bald befinden sie sich auf Kollisionskurs. Das Radar fällt aus, das Funkgerät ebenso. Die Fenster zerbersten, und eine riesige Sense fegt über die Brücke …

In der Nähe von London wohnen Bill und Sheila Conolly, John Sinclairs Freunde, mit ihrem Sohn Johnny zusammen in einem gemütlichen Heim. Denken sie. Bill stellt die Möbel um, damit Kara und Myxin einen Landeplatz im Wohnzimmer haben. Sheila macht Bills Verhalten nervös. Und er hat eine Waffe. Sie zuckt zusammen, als Geheul erklingt. Bill geht hinaus auf Veranda und Rasen. Er erblickt zwei helle Augen, die sich dem Bannkreis weißer Magie nähern, und ein Knurren: ein Wolf! Sheila ruft nach ihm, doch Bill warnt sie, im Haus zu bleiben. Der Wolf lässt sich durch den Bannkreis nicht davon abhalten, Bill zu Boden zu werfen und ihm an die Gurgel zu fahren …

Nur drei Mann überleben die Katastrophe auf der „Lucky Bay“. Harry Cumberland, ein erfahrener Seemann, lenkt das Rettungsboot, in dem Eric und Gil sitzen, auf eine Insel zu, die er erspäht hat. Sie betreten einen kahlen, leeren Strand unter den Uferfelsen. Noch ahnen sie nichts von den Schrecken, die diese Insel birgt …

Als John und Suko bei den Conollys eintreffen, hören sie die Schreie und eilen in den Bannkreis, um dem am Boden liegenden Bill beizustehen. John zielt auf den Wolf. Doch auch Kara und Myxin sind per Teleportation eingetroffen; sie gebieten John Einhalt: „Nicht schießen!“ Kara erklärt, dass es sich nicht um einen gefährlichen Werwolf handle, sondern um eine Inkarnation von Nadine Bergers Seele (siehe Folge 55, „Fenris, der Götterwolf“). John liebte Nadine einst sehr und trauert immer noch um sie.

Die Wölfin ist gekommen, um John vor großer Gefahr zu warnen. Keinen Augenblick zu früh, denn schon können die Gefährten eine grüne Wolke erblicken, die sich über London bildet und sich in ihre Richtung bewegt. Das verheißt nichts Gutes, und John meint, ein leises Zischen wie von einer Sense zu vernehmen …

_Mein Eindruck_

Die zwei Handlungsstränge führen zu verschiedenen Erkenntnissen und liefern gleich zwei Showdowns. Was die drei Schiffbrüchigen auf der Insel bei Feuerland antreffen, ist ein Lager von Zombies – und das Hauptquartier der Mord-Liga. Das wird in späteren Folgen noch von Bedeutung sein, wie der Schluss vermuten lässt.

Viele eindrucksvoller ist jedoch die Konfrontation auf dem Grundstück der Conollys. Offensichtlich hat es der Sensenschwinger ausschließlich auf John Sinclair abgesehen, der den Schwarzen Tod besiegt hat. Dessen Tod will der Dschinn, der sich als Erbe des Getöteten versteht, blutig rächen. Da gerät er aber an den Falschen. Der Dschinn, ein Wesen aus Atlantis, mag ja eine riesige Sense zur Hand haben, doch John hat ja bekanntlich sein heiliges Kreuz, das allerlei Höllengezücht abwehrt. Äh, wenn er es nicht gerade verlegt hat, so wie jetzt zum Beispiel.

Doch es ist ja nicht das erste Mal, dass John quasi mit heruntergelassenen Hosen erwischt wird. Es muss schon ein wenig brenzlig werden, bevor der Sieg nahe ist. Außerdem: Wozu hat John denn seine Freunde dabei? Eben. Die heruntersausende Sense gibt Suko Gelegenheit, wieder mal seinen weltberühmten Zaubertrick mit der gestoppten Zeit vorzuführen. Nein, damit ist kein Hundertmeterlauf gemeint, sondern der Zeitstopp, den er mit einem magischen Stab veranlasst, den ihm irgendwelche tibetanischen Weisen geschenkt haben.

Gegegn Dschinns, also Geistwesen, helfen bekanntlich weder geweihte Kugeln noch Bazookas. Deshalb braucht John unbedingt sein geweihtes Kreuz. Es müsste hier irgendwo rumliegen, oder? Wie gut, dass die Wölfin jetzt an John Seite wacht. Nadine Berger sorgte schon zu Lebzeiten gut für ihren John, nun kann sie ihm auch diesmal hilfreich beistehen – durch Apportieren beispielsweise.

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

Die Macher der „Geisterjäger“-Hörspiele suchen ihren Vorteil im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb der Hörbuchproduktionen offensichtlich darin, dass sie dem Zuhörer nicht nur spannende Gruselunterhaltung bieten, sondern ihm dabei auch noch das Gefühl geben, in einem Film voller Hollywoodstars zu sitzen. Allerdings darf sich niemand auf vergangenen Lorbeeren ausruhen: Bloßes Namedropping zieht nicht, und So-tun-als-ob ebenfalls nicht.

Die Sprecher, die vom Starruhm der synchronisierten Vorbilder zehren, müssen selbst ebenfalls ihre erworbenen Sprechfähigkeiten in die Waagschale werfen. Zum Glück tun Pigulla, Kerzel, Glaubrecht und Co. dies in hervorragender und glaubwürdiger Weise. Statt gewisse Anfänger zu engagieren, die mangels Erfahrung bei den zahlreichen emotionalen Szenen unter- oder übertreiben könnten, beruht der Erfolg dieser Hörspielreihe ganz wesentlich darauf, dass hier zumeist langjährige Profis mit schlafwandlerischer Sicherheit ihre Sätze vorzutragen wissen.

Übertriebene Ausdrucksweisen heben die Figuren in den Bereich von Games- und Comicfiguren. Das kann bei jugendlichen Hörern ein Vorteil sein. Die Figuren schreien wütend, fauchen hasserfüllt oder lachen hämisch. Besonders unheimlich ist die Darstellung des Spuks, eines wirklich mächtigen Dämons. Leider erfahren wir rein gar nichts über seine Herkunft und Entstehung. Auch alle anderen Figuren muss der Hörer bereits kennen, um sie zuordnen zu können. Aber als Fan der Serie kennt man ja Jane Collins, Sinclair, Glenda Perkins, Kara, Myxin usw. bereits.

|Geräusche|

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem halbwegs realistischen Genre-Spielfilm erwarten würde, und die Geräuschkulisse wird in manchen Schlüsselszenen recht stimmungsvoll aufgebaut. Insbesondere die Szenen im Garten der Conollys sind akustisch recht eindrucksvoll umgesetzt. Vom Zischen der Sense über die auffälligen Schüsse und Schreie bis hin zum absoluten Sound Overkill, wenn die Macht des Kreuzes auf die Kraft der Sense trifft – Explosionen, die auf einer leistungsfähigen Anlage die Wände zum Wackeln bringen können. So haben wir das gern!

Das Kontrastprogramm dazu bietet das Hörspiel ebenfalls. Die drei Überlebenden der „Lucky Bay“ geraten nämlich in eine unheimliche Szenerie. Leise Töne sind hier angesagt, geflüsterte, verzweifelte Dialoge – und zombiemäßiges Röcheln, Knurren und schließlich Blutspritzen … Während der Showdown in Conolly Garten recht archaisch anmutet, liefert das Geschehen bei Kap Hoorn entsprechend moderne Geräusche: Funksprüche, Motorengeräusche, eine SOS-Rakete und dergleichen mehr.

|Musik|

Die Musik gibt ziemlich genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und leitet in den kurzen Pausen bzw. Übergängen gleich zur nächsten Szene über. Sie wurde von einem Orchester eingespielt, und so entsteht der Eindruck, die Begleitmusik zu einem alten Hollywood- oder British Horror Movie zu hören.

Stets gibt die Musik genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und ist mit einem klassischen Instrumentarium produziert. Mit einer einzigen Ausnahme: Die Titelmelodie der Serie erschallt in einem hämmernden Rock-Rhythmus aus den Lautsprecherboxen. Sehr sympathisch.

Musik, Geräusche und Stimmen wurde so fein aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Dabei stehen die Dialoge natürlich immer im Vordergrund, damit der Hörer jede Silbe genau hören kann. An keiner Stelle wird der Dialog irgendwie verdeckt.

|Booklet|

… enthält im Innenteil Angaben über die zahlreichen Sprecher, die Macher sowie sämtliche Hörfolgen. Auf der letzten Seite weist der Verlag auf den offiziellen JOHN-SINCLAIR-Song „CAIN – Age of Darkness“ hin, der „auf allen bekannten Musik-Downloadportalen“ zur Verfügung stehe.

_Unterm Strich_

In einem reizvollen Wechselspiel von Kontrasten führt diese Episode von Sinclairs Abenteuern zwei separate Handlungsstränge zu ihrem jeweils spektakulären Ende. Der Aufbau der Spannung durch Rätsel einerseits und Horror andererseits lässt den Zuhörer bei der Stange bleiben. Er wird durch einen explosiven Showdown in London belohnt und durch die Ereignisse auf der Feuerlandinsel neugierig auf die Fortsetzung gemacht.

Die Andeutung, dass Atlantis unter dem Südpol zu vermuten ist, machte mich ebenfalls stutzig. Wer weiß, was noch alles unter den tauenden Eismassen verborgen liegt – man hat bereits einen der größten Seen der Welt dort entdeckt. Und Lovecraft wusste in „Berge des Wahnsinns“ von weit faszinierenderen Dingen zu berichten – und sie versprechen nicht geringeren Horror als eine Sinclair-Folge.

|Das Hörspiel|

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Hollywoodstars vermitteln das richtige Kino-Feeling. Die Action kommt niemals zu kurz, was die Game-Freunde doch einigermaßen zufriedenstellen sollte.

|Audio-CD mit ca. 56 Minuten Spieldauer
ISBN-13: 978-3-7857-4238-9|
[www.sinclair-hoerspiele.de]http://www.sinclair-hoerspiele.de
[www.wortart.de]http://www.wortart.de

Noch mehr über |John Sinclair| finden Sie in unserer [Rezensionsdatenbank]http://www.buchwurm.info/book .

MacBride, Stuart – Flesh House

_Hannibal Lecter lässt grüßen_

Als im Aberdeener Hafen ein Container entdeckt wird, in dem sich gefrorenes Menschenfleisch befindet, löst dieser Fund die größte Menschenjagd in der Geschichte der Stadt aus Granit aus. Schon vor 20 Jahren wurde der „Flesher“ als Serienkiller gejagt; er schlachtete seine Opfer im ganzen Königreich, bis Ken Wiseman schließlich hinter Gitter gebracht wurde. Aber elf Jahre später kam er in der Berufung wieder frei. Seitdem sterben wieder Menschen. Und nicht irgendwelche, sondern Angehörige der damaligen Ermittlung. Detective Sergeant Logan McRae kommt es vor, als wäre dieser Fall ein wenig komplizierter, als jeder im Kommissariat zu glauben scheint …

_Der Autor_

Stuart MacBride war schon alles Mögliche: ein Grafikdesigner, dann ein Anwendungsentwickler für die schottische Ölindustrie und jetzt Kriminalschriftsteller. Mit seiner Frau Fiona lebt er in Nordostschottland. Seine Krimis um Detective Sergeant Logan McRae spielen in Aberdeen. Mehr Infos finden Sie unter [www.stuartmacbride.com]http:// www.stuartmacbride.com

|Werke:|

1) „Cold Granite“ (2005) = [„Die dunklen Wasser von Aberdeen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2917
2) „Dying Light“ (2006) = [„Die Stunde des Mörders“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3739
3) „Broken Skin“ (2007) = [„Der erste Tropfen Blut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4940
4) „Blind Eye“ = „Blinde Zeugen“
5) „Flesh House“ (2008) = [„Blut und Knochen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5792
6) „Halfhead“ (2009) – noch ohne dt. Titel
7) „Dark Blood“ (2010) – noch ohne dt. Titel
8) „Shatter the Bones“ (2011) – noch ohne dt. Titel

_Handlung_

Detective Inspector David Insch ist nicht glücklich. Der Zwei-Meter-Hüne mit Übergewicht überwacht eine Durchsuchung von Proviantcontainern im Aberdeener Hafen. Offenbar wurden in den Lebensmitteln, die für die Bohrinseln bestimmt waren, menschliche Überreste gefunden. Was ihn so auf die Palme bringt, ist indes nicht das tiefgefrorene Händchen oder Schenkelchen, sondern Isobel McAlister, die Pathologin, die sich weigert, wie allen anderen zu kuschen, wenn er pfeift. Ganz im Gegenteil: Die „Eiskönigin“, wie sie hinter vorgehaltener Hand genannt wird, stürmt wenige Stunden später in sein Büro und haut ihm eine runter. Er hat angedeutet, sie würde ihre Arbeit nicht korrekt, zu langsam oder gar mit Behinderungsabsicht machen. Fortan nimmt er sich vor ihr in Acht.

Das Fleisch gehört Cash & Carry Thompson, und die wiederum hat es unter anderem von der Metzgerei Andrew McFarlanes. Noch ein wunder Punkt in David Ischs Biographie. Denn McFarlane, der seit dem Verschwinden seiner Frau Kirsty mittlerweile 20 Jahre lang dem Teufel Alkohol huldigt, ist der Schwager von Ken Wiseman – und den hat Insch mehrere Jahre lang gejagt, damals, 1987 bis 1990. Bis Wiseman, der landesweit Menschen getötet und geschlachtet haben soll, wegen eines Verfahrensfehlers freigelassen wurde.

Wenn also jetzt menschliche Überreste in Essen auftauchen, kann eigentlich nur Wiseman dahinterstecken. Darüber braucht Isch nicht zweimal nachzudenken. Für ihn ist und bleibt Wiseman der „Flesher“, der Fleischer. Es gibt sogar ein Buch über den Flesher: „Smoak with Blood“ von James McLaughlin, dem Sohn von zwei Opfern, die 1987 verschwanden (im Prolog).

Aber obwohl er McFarlane in Gewahrsam nimmt und dieser seine Unschuld und Unwissenheit beteuert, kommt es zu weiteren Morden: Inschs damaliger Mentor Brooks unternimmt einen Freiflug vom Dach eines Hochhauses – ohne Fluggerät und mit etwas Nachhilfe von Ken Wiseman. Insch ist sofort auf hundertachtzig und verstärkt die Suche. Er nimmt Wisemans Zellennachbar Robertson in die Mangel und setzt auch Logan McRae auf ihn an. Doch Logan hat ein Problem mit Angus Robertson: Das ist der Mann, der ihm vor wenigen Jahren (in „Cold Granite“), 23 Mal in den Bauch gestochen hat, bis er fast verblutete. Immerhin sagt Robertson, dass Wiseman seinerzeit eine Frau tötete. Aber wer war sie? Robertson will sich nicht erinnern können.

Alle Schritte, die Insch und sein Team unternehmen, werden mittlerweile von dem BBC-Fernsehreporter Alec, einem kleinen fetten Mann, begleitet. Sein Tic ist es, vor einer Aufnahme immer „Action!!“ zu rufen. Das finden die Polizisten völlig unangebracht. Um die Anspannung noch etwas zu steigern, hat Isch den jetzigen Chef des Polizeidezernats West Midlands, Faulds, aufs Auge gedrückt bekommen. Faulds soll mit Insch und Steel, den lokalen Kommissaren, zusammenarbeiten, doch was passiert? Logan wundert es nicht, dass sich die drei erst einmal zoffen, besonders was den Kurs und die Prioritäten dieses Falls angeht. Er selbst ist wieder mal der Dumme: Alle wollen, dass er für sie arbeitet – das bedeutet eine astronoimische Anhäufung von Überstunden.

Nach einer weiteren Rangelei brummt der übergeordnete Detective Chief Superintendent, „Bald Brian“ Bain, Insch zwei Tage Suspendierung vom Dienst auf. Doch als Insch am dritten Tag nicht zurückkehrt, ist jeder insgeheim froh darüber. Am vierten Tag schaut Logan einfach mal so nach dem Rechten. Auf sein Klingeln passiert jedoch nichts: Stille. Am fünften Tag nimmt er Faulds und TV-Reporter Alec mit, um bei Insch nach dem Rechten zu schauen.

Er trifft exakt in jenem Moment vor Inschs Haus auf dem Land ein, als dessen Range Rover losfährt. Logan sofort hinterher, über die Landstraße, an Traktoren und Maschinen vorüber. Dann die Entdeckung: Am Steuer des Range Rovers sitzt gar nicht Insch, sondern ein anderer, wahrscheinlich Wiseman. Was kann er Insch und dessen Familie (Gattin, drei Töchter) angetan haben?

In einer wilden Verfolgungsjagd quer durch die Botanik, die BBC-Mann Alec in helle Begeisterung versetzt, braust Logan Wiseman hinterher …

Tags darauf sind alle überzeugt, den Flesher gefangen zu haben. Während er von allen – außer Steel – gelobt wird, fragt sich Logan jedoch, ob er hätte verhindern können, dass Sophie starb. Wiseman hingegen beteuert seine Unschuld: „Ich bin nicht der Flesher!“ Und lacht Insch aus. Der jedoch sinnt auf blutige Rache für das Erlittene, besonders für den Tod der kleinen Sophie.

Da verschwindet ein neues Opfer, in seinem Haus entdeckt man ein Blutbad. Hat der Flesher erneut zugeschlagen?

|Unterdessen|

Heather Inglis sitzt allein in ihrer dunklen Metallzelle und redet mit den Toten. Heather ist entführt worden, zusammen mit ihrem Mann Duncan. Wo mag ihr kleiner Sohn Justin jetzt sein? Geht es ihm gut, fragt sie sich. Duncan ist verletzt worden, als man sie entführte. Ihm nützt all sein Wettern und Wüten nichts. Sie muss Zeuge seines Sterbens werden. Aber in ihren Tagträumen bleibt er bei ihr. Er nimmt sie vor dem DUNKEL in Schutz.

Das DUNKEL fordert seinen Tribut. So wie von Mr. New, einem Entführten, der auch gewütet hat, bis der Lärm ihrem Kerkermeister, der nie ein Wort sagt und ihr zu essen gibt, zu viel wurde … Nun gehört auch Mr. New zum Chor der Stimmen in Heathers Kopf. Und das DUNKEL fordert weiterhin ihre Unterwerfung. Heather ist zu schwach, um sie zu verweigern. Sie isst …

_Mein Eindruck_

Dreieinhalb Jahre nach seinem fulminanten Erstling „Cold Granite“ von 2005 ist Stuart McBride mittlerweile beim Fernsehen angekommen. Seine Geschichten werden auf dem Kanal ITV3 gezeigt, und dieser zeichnete ihn mit einem Award aus. Also verwundert es den regelmäßigen leser nicht, als auf einmal ein BBC-Reporter im Roman auftaucht, der die Arbeit der Kriminaler von Aberdeen dokumentieren will.

Ein weiteres unübersehbares Merkmal für solche öffentliche Aufmerksamkeit sind die zahlreichen Fotos von Zeitungsmeldungen über die Mordserien des Fleshers und über das Buch „Smoak with Blood“ (aus einem alten Sinnspruch des 17. Jahrhunderts, natürlich aus der Fleischergilde). Diese Fotos suggerieren uns, dass es den Fall des Fleshers, der über 20 Jahre hinweg tätig war – mit 17 Jahren Pause – tatsächlich existierte. Ich habe dies nicht nachgeprüft, aber die Tatsache, dass eine fiktive Figur wie Colin Miller als Autor eines dieser Zeitungsartikel abgedruckt ist, lässt mich an deren Echtheit zweifeln. Wenn sie jedoch alle fiktiv sind, so lässt dies auf einen ungeheuren Aufwand schließen, den sich der Autor diesmal gemacht hat. (Aber er verdient ja auch inzwischen entsprechend viel.)

Fiktiv oder nicht – feststeht, dass der Flesher-Fall, den Detective Inspector Insch mit Ken Wiseman identifiziert, ungeheuer spannend ist. Es ist natürlich unser heimlicher Hel, der sich von solchen Voreingenommenheiten nicht blenden lässt und den Fakten, sowohl in der Gegenwart als auch vor 20 Jahren (1987), auf den Grund geht. Damals wurde ganz klar das Gesetzt gebrochen, um Wiseman hinter Gitter zu bringen. Soll es diesmal genauso laufen? Er weigert sich, dies zuzulassen, was ihn unweigerlich in Inschs Schusslinie bringt …

DI Steel ist wie zuvor darauf bedacht, andere für sich rackern zu lassen und dann den Ruhm einzustreichen. Bis es Logan zu blöd wird, er sich Fauld und DC Rennie schnappt und auf eigene Faust ermittelt. Meist im Schlachthaus. Das Besondere, Magen umdrehende Thema ist diesmal Kannibalismus. Erst werden die Opfer fachgerecht mit einem Bolzenschussgerät getötet, dann fein säuberlich zerlegt und anschließend verwertet, etwas durch Kochen. Als dieser Sachverhalt endlich in den Gazetten von Aberdeen landet, graust es den Leuten, die ach so gerne Schweinekoteletts und Burger essen. Die Drähte laufen bei der Polizei und dem Gesundheitsdienst heiß. Allgemeiner Aufruhr sorgt dafür, dass nur noch Importfleisch, Vegetarisches und Meeresfrüchte auf den Teller kommen.

Passend zu Jonathan Safran Foers Buch „Tiere essen“ führt uns der Autor diesmal ins Schlachthaus. Dort erfahren wir endlich, was eigentlich aus den nicht essbaren Bestandteilen der Viecher wird, die geschlachtet werden. Ich will das hier nicht ausbreiten; es schlägt einem auf den Magen. Im Schlachthaus, dem Abattoir, findet passenderweise auch der furiose Showdown statt, wobei Logan dem Täter dicht auf den Fersen ist. Und hier sehen wir auch Heather Inglis wieder, deren seltsamen Leidensweg wird durch das ganze Buch hindurch mit verfolgen durften.

Hätten Insch und Brooks vor 20 Jahren ihren Job richtig gemacht, wäre der wahre Flesher schon damals gefasst worden. Denn die Fakten waren alle vorhanden; man hätte sie bloß zusammenfügen müssen. Als Logan und Rennie endlich diese Aufgabe erledigen, stellt sich auch die einzige Identität des Täters heraus, die einen Sinn ergibt. Und diese Erkenntnis ist einfach umwerfend. Auch für den Leser, das kann ich versprechen.

|Schräger Humor|

Die scheinbare Objektivität, die die Foto-Dokumentation suggeriert, findet ihr Gegengewicht in der radikalen Subjektivität, die wir mit Heathers Tagträumen, ihrem Wahnsinn, präsentiert bekommen. Und das Gleichgewicht findet sich auch wieder zwischen der harten Polizeiarbeit, die vor allem Logans und Rennies Schulern lastet, und ihrem Privatleben.

Dieses Privatleben sorgt regelmäßig für Erheiterung, allerdings mehr von der ironischen und sarkastischen Sorte – schottischer Humor eben. So läuft beispielsweise eine Wette gegen Insch: Wann wird er durchdrehen und jemandem die Fresse polieren? Dummerweise ist Logan dabei sowohl der Gewinner – er setzt auf den richtigen Tag – als auch der Verlierer: Er ist Inschs Opfer.

Auch Rennie kriegt sein Fett weg. Rennie ist total in die süße Laura verliebt, weil die so einen Kanone im Bett ist. Nach ein paar Wochen schon will er sie heiraten. Logan schaut sich die Kleine mal genauer an und zieht den richtigen Schluss. Er will Rennie, dem Rangniederen, eigentlich nicht den Spaß am Sex verderben, aber dessen Vorwurf, dass er selbst der „dirty old man“ sei, kann er nicht auf sich sitzen lassen. Er zeigt Rennie die süße Laura in ihrem natürlich Lebensraum: An der Schule …

Auch Detective Inspector Steel, sonst immer die taffe Kommissarin, hat ihre liebe Not: Sie hat einen Heiratsantrag bekommen. Oh nein, nicht von Logan, denn Steel ist ja lesbisch, nein, von ihrer Freundin Susan. Während sie sich mit ihrer kratzenden Unterwäsche herumplagt, mal sie sich aus, was wohl als Nächstes kommt: Kinder. Oh Graus, diese kleinen Monster!

Tja, dabei kann ihr Logan nicht helfen, denn er hat ja diesbezüglich sein eigenes Päckchen zu tragen. Er und Jackie haben sich vor 18 Monaten getrennt, genauer: nach dem Fall mit dem Vergewaltiger, der zugleich der Stürmerstar des Aberdeener Fußballvereins war (in „Broken Skin“, s. o.). Logan versucht Jackie Watson, seiner Ex, klarzumachen, dass es nicht an ihrer Fehlgeburt lag, die sie danach erlitt. Er liebe sie einfach nicht, sagt er ihr ins Gesicht. Und bekommt dafür ihre Faust auf die Nase … Man sollte sich nicht mit einem weiblichen Ninja anlegen; Jackie gehört zum schnellen Einsatzkommando (SEK).

_Unterm Strich_

Wem sich beim Thema Schlachthaus und Kannibalismus nicht sogleich der Magen umdreht, wird mit einem trickreich und gekonnt angelegten Kriminalroman belohnt, der am Schluss nicht nur mit überraschenden Wendungen, sondern auch mit einem packenden Showdown aufwartet. Während die Fotostrecken und Zeitungsausschnitte Objektivität und Authentizität suggerieren, führt uns der Wahnsinn Heather Inglis‘ direkt ins Herz der Finsternis. Es erweist sich als einfach unmöglich, das Buch hundert Seiten vorm Schluss aus der Hand zu legen.

|Kannibalismus|

Der Autor weist mit diesem darauf hin, dass es seit 400 Jahren in Aberdeen die Fleischerzunft gibt und dass seitdem das Verhackstücken von Tierleichen eine ehrenwerte Tätigkeit ist. Allerdings zeigen die Zeitungsausschnitte, dass die Zunft ebenfalls einiges auf dem Kerbholz hat. Und vielleicht will der Autor auch den einen oder anderen Leser dazu anregen, mal darüber nachzudenken, was aus all den bedauernswerten Tieren gemacht wird – und das auch Menschen letzten Endes nur Tiere sind, die andere Tiere essen. (Das Fleischessen war nicht immer so intensiv wie heute, aber darauf geht der Autor nicht ein.) Aber in der Höhle des Fleshers wird Heather Zeugin dessen, was es bedeutet, einen Menschen binnen dreißig Minuten in leckeres Bratenfleisch zu zerlegen. (Na, noch hungrig?)

Hannibal Lecter lässt schön grüßen. Kein Wunder, dass er mehrfach genannt wird, wenn es um das Thema Kannibalismus geht. Typisch für den schottischen Humor ist allerdings, dass das grausige Thema nicht nur anrührend, sondern auch mit ätzendem Sarkasmus behandelt wird, der die Absurdität so mancher Situation an den Tag legt. Das habe ich sehr an diesem Roman geschätzt.

|Gestiegener Anspruch|

Dieser Band der Serie ist längst nicht so bissig und witzig wie die Anfangsbände, dafür ist der Ansatz diesmal ein anderer: Dokumentation vs. Tiefenpsychologie, Polizeikritik, Medienkritik („Action!!“), Traditionskritik (die Zunft) und vieles mehr. Der Anspruch, den der Autor an sich selbst stellt, ist offenbar gestiegen, sonst würde er nicht solchen Aufwand treiben. Andererseits wird er inzwischen verfilmt.

Der große Erfolg schottischer Autoren wie Val McDermid und Sir Ian Rankin hat ungeheure Mengen von Geld in die Verlagskassen gespült, die Fernsehsender und Produktionsgesellschaften lechzen nach TV-Erfolgen wie „Die Methode Hill“ (O-Titel „Wire in the blood“). Kein Wunder, dass sich ein Autor wie MacBride solchen Forderungen nicht verschließen kann und will. Mehrfach präsentiert er in „Flesh House“ Szenen wie aus einem Drehbuch, mit verteilten Rollen und Regieanweisungen, einem Maximum an Ökonomie in der Inszenierung aller anderen Szenen.

Das ist meist flott und reich an „Action!!“, aber auch die ruhigen Passagen dürfen nicht fehlen. Das war auch schon in McDermids „Schlussblende“ so, als sie das Schicksal eingesperrter Entführungsopfer schilderte. Es ist also keineswegs alles Show, was MacBride präsentiert. Und am Schluss überlegt es sich der Leser vielleicht zweimal, ob er seinen Sonntagsbraten so wahnsinnig lecker findet …

|Taschenbuch: 595 Seiten
ISBN-13: 978-0007244553|
[www.harpercollins.com]http://www.harpercollins.com

Spillane, Mickey / Collins, Max Allan – Ende der Straße, Das (Lesung)

_Keine Ruhe im Ruhestand: Aschenputtel und die Bombe_

Der pensionierte New Yorker Cop Jack Stang glaubt seine Freundin seit 20 Jahren tot, gestorben bei einer versuchten Entführung. Doch sie lebt und hat alles verloren – außer ihren Feinden. Er besucht sie, um sie zu beschützen, doch gleichzeitig will er die alte Sache von vor 20 Jahren zum Abschluss bringen. Er kommt gerade zur rechten Zeit, wie sich zeigt …

_Der Autor_

Mickey Spillane, geboren 1918, ist der legendäre Schöpfer der Mike-Hammer-Krimis, die mit Stacy Keach in der Titelrolle verfilmt wurden. Seine Bücher haben sich weltweit über 200 Mio. Mal verkauft. Der König des Pulps starb 2006, dieser Roman erschien posthum, vollendet vom bekannten Autor Max Allan Collins.

_Der Sprecher_

Reiner Schöne lebte lange in Hollywood und drehte dort mit Filmgrößen wie Clint Eastwood und Lee van Cleef. Der Schauspieler, Synchronsprecher und Sänger mit der tiefen, markanten Stimme trägt die passende raue Note bei. (abgewandelte Verlagsinfo)

Regie führte Thomas Wolff. Die Buchvorlage erschien 2008 bei Rotbuch Verlag.

_Handlung_

Der New Yorker Ex-Cop Jack Stang ist mit 56 Jahren in Pension gegangen, zuvor war er 30 Jahre lang beim NYPD, und als Captain hat er in Manhattan so manchen Gauner gefasst – und erschossen. Schließlich war Jack mal beim Marine Corps, das bekanntlich nur die härtesten Burschen aufnimmt. Doch Jack ist nie verheiratet gewesen, hat keine Kinder, und liegt an der Geschichte, die ihm vor 20 Jahren passiert ist. Seine Verlobte Betty wurde entführt und kam dabei ums Leben.

Heute stellt ihm sein früherer Kollege Davy Ross den Tierarzt Dr. Thomas Bryce vor, der auf Staten Island eine Tierarztpraxis führt. Jack setzt sich mit Bryce in ein Café und der erzählt ihm eine erstaunliche Geschichte: Betty sei damals gar nicht im Hudson River gestorben, sondern vielmehr auf Staten Island von Bryces Vater gefunden worden. Aber sie hatte bei dem Unfall ihr Gedächtnis an all das verloren, das davor gewesen war, und sie war erblindet. Der Vater zog sie wie seine eigene Tochter auf. Heute lebe Betty in Sicherheit in Florida. Was aber noch mehr sei: Der Vater habe für 100.000 Dollar auch für Jack ein Haus gekauft und zwar gleich neben dem von Betty …

|Blick zurück|

Ist dies ein Neuanfang, fragt sich Jack etwas benommen, während Bryce nach der Überschreibung des Hauses wieder seiner Wege geht. Soll er gleich nach Florida übersiedeln? Was ist, wenn ihn Betty nicht mehr wiedererkennt? Schließlich sind zwei Jahrzehnte eine lange Zeit. Jack zögert. Und dann sind da noch seine Träume von einem Ganoven, dessen Gesicht er nicht erkennt. Eine Sache ist noch unerledigt. Und sie hat mit seiner alten Straße zu tun.

Die Straße, in der einst die Jacks Polizeiwache des 1. Reviers von Manhattans lag, ist ein sehr langer New Yorker Verkehrsweg, und er kannte die Gesichter der Bewohner, die in seinem Abschnitt wohnten. Da ist Mr. Wong, der seinen Laden dichtmacht und zurück nach China will. Da ist die neunzigjährige Bessie, die stets im Fenster hängt und alles beobachtet. Und da ist das unheimlich stille Haus, das früher mal einem Gangsterboss während der Prohibition gehöre. Wer wohnt da jetzt wohl drin, fragt sich Jack und entdeckt frische Fußspuren. Merkwürdig. Er sollte das Haus mal im Auge behalten – und seine Exkollegen um Hilfe bitten.

Betty arbeitete seinerzeit in der Datenerfassung bei der Firma Credential. Jack besucht ihren früheren Boss, Mr. Bernwald. Betty war Mitglied einer Gruppe von Computerspezialisten. Jack fragt, ob sie vielleicht Zugang zu geheimen Daten hatte. Und als Bernwald ihm dies bestätigt, denkt sich Jack seinen Teil: Möglicherweise wurde sie entführt, weil sie etwas über die Mafia herausgefunden hatte. Und die gefundenen Daten hatte sie vielleicht sogar kopiert und anschließend die Kopien versteckt. Bis heute war auch die Mafia auffallend still gewesen. Da wird Mr. Bernwald angeschossen. Offenbar ist die Mafia aufgewacht …

|Florida|

Als Jack in Sunset Lodge sein neues Haus bezieht, ist ihm schon ganz kribbelig. Wird sie ihn erkennen? Betty sieht immer noch umwerfend aus, und in seinen Augen ist sie keinen Tag gealtert. Sie trägt eine Sonnenbrille über den blinden Augen, bewegt sich aber wie ein Sehender, und ein kräftiger Windhund dient ihr als Leibwächter und Führer. Als Jack aus der Mode gekommene Wörter wie „Sweetie“ und „Kleines“ benutzt, will Betty hellhörig. Sie meint sich erinnern zu können, dass jemand, der ihr nahestand, so geredet hat …

Sunset Lodge mag zwar eine Kolonie von Expolizisten sein, doch es ist beileibe keine Insel der Seligen. Es gibt einen Polizeichef namens Kinder, dem sich Jack anvertraut. Kinder merkt, dass sich zwischen Jack und Betty etwas anbahnt und ist gern bereit, ein Auge auf die Lady zu haben. Außerdem erwähnt er noch, dass unweit der kleinen Siedlung die Garrison Estates lägen, und dort hätten sich etliche Mafiosi niedergelassen. Vielleicht fahren deshalb in letzter Zeit so viele Eisverkäufer mit ihren Wägen durch die Straßen der Polizistensiedlung …

Während Jack der Sache von vor 20 Jahren auf den Grund geht und ein sich anbahnendes Verbrechen aufdeckt, zieht sich der Kreis der Mafia um Bettys Haus immer enger. Wird Jack rechtzeitig zur Stelle sein, wenn es darauf ankommt?

_Mein Eindruck_

Als Autor Mickey Spillane 2006 verstarb und in die ewigen Jagdgründe einging, hinterließ er offenbar ein unvollendetes Manuskript. Seine Witwe, nicht faul und wahrscheinlich vom Finanzamt getriezt, bat offenbar den bekannten Autor Max Allan Collins um Vollendung der Vorlage. Collins hat beispielsweise die Romanfassung zum Film „Road to Perdition“ sowie einige Krimis geschrieben. Diese Ausgangslage mag dafür verantwortlich sein, dass der vorliegende Krimi einen so unausgewogenen Eindruck hinterlässt.

Der alte Cop und seine frühere Flamme – ihr Zusammenkommen ist, als würde das Märchen von Aschenputtel wahr werden. Natürlich gilt es vor dem Ausbruch allgemeiner Seligkeit ein paar Hindernisse zu beseitigen, teils in Form der Mafia, teils in Form eines terroristischen Verbrechens, teils in der Rekonstruktion der Vergangenheit. Diese drei Elemente wollen nicht so recht zueinanderpassen.

Doch die Vergangenheit wird mit der Gegenwart durch die Figur des Ganoven Bucky verknüpft. Vor 20 Jahren drehte Bucky schon mal ein Ding, wurde dann vorübergehend bürgerlich, bis ihn eine gewisse Geldknappheit dazu zwingt, auf eine alte Ressource zurückzugreifen: Radioaktives Atommaterial. Diese vor 20 Jahren von einem Transporter gestohlene Beute hat er im Keller des alten Gangsterhauses vergraben. Dass nicht das gesamte Haus grün strahlt, verdankt es nur dem Umstand, dass das Material in einem Tresor gebunkert ist. Jetzt will Bucky es meistbietend an ein paar Araber verkaufen, die nicht sonderlich ehrenwerte Motive haben. Jack vermutet der Einfachheit halber, dass sie Manhattan in die Luft jagen wollen.

Verständlich also, dass der gute alte Jack seiner Reloaded-Braut in Florida immer mal wieder Adieu sagen muss, um sich die Entwicklung der Dinge in seiner alten Straße zu kümmern. Und um Manhattan, das er offenbar als seinen eigenen Grund und Boden betrachtet, vor dem finalen Exitus zu bewahren. Wäre ja auch zu schade um die Wall Street, oder?

Es ist dieser terroristische Hintergrund, der den Schrecken des 21. Jahrhunderts geschuldet ist, der nicht so recht zum Old-School-Tonfall und -Plot des restlichen Romans passen will. Terroristen und Atommaterial einerseits, auf der anderen Seite jedoch das philanthropische Hausgeschenk und der Kampf ums Aschenputtel – die Schieflage der Handlung wird offensichtlich.

_Der Sprecher_

Reiner Schöne war schon vor 30 Jahren in den Hörspielen des Bayerischen Rundfunks zu hören, so etwa in der Titelrolle als Paul Cox, aber auch in etlichen Western. Seine Stimme ist „männlich herb“, tief und etwas rau, also genau richtig für ein kriminelles Milieu, in dem die Sitten ebenso rau sind. Er kann heiser auflachen, aufgebracht aufschreien, und zwar sowohl in einer männlichen wie einer weiblichen Rolle. Wie sich zeigt, kann er durchaus auch in einer hohen Tonlage sprechen, so etwa in der Rolle der alten Bessie.

Für die Charakterisierung der Figuren steht ihm allerdings nur ein begrenztes Instrumentarium zur Verfügung. An Rufus Beck reicht er also nicht heran. Die Charakterisierung erfolgt eher durch Situationen und Emotionen, die eine entsprechende Ausdrucksweise erfordert. In Jacks Verhör des Ganoven Bucky durchläuft Schönes Stimme die ganze Skala zwischen nervös, angstvoll gepresst bis hin zu offener Panik. Das ist ein starker Kontrast zu Jacks eigener Beherrschtheit und Coolness. Nur wenn Jack mit Betty zusammen ist, schleicht sich eine ungewohnte Sanftheit und Zärtlichkeit in Schönes Stimme.

_Unterm Strich_

Trotz aller Schwächen im Aufbau der Handlung (siehe oben) weiß dieser Krimi von Spillane/Collins durchaus zu unterhalten. Die Spannung bleibt aufrechterhalten, die Ironie bleibt durchweg menschenfreundlich statt bissig, und die Romantik kommt nach einem zünftigen Showdown endlich zu ihrem Recht: Amor vincit omnia!

Es bleibt einem Leser des 21. Jahrhunderts nichts anderes übrig, als diesen Märchenplot mit der aufgesetzten Modernisierung mit einem ungläubigen Schmunzeln hinzunehmen – oder das Buch in die Ecke zu feuern. Von der Härte eines Mike Hammer fehlt also jede Spur, und der Autor – welcher auch immer – erfüllt jedes Klischee vom braven New Yorker Bullen und der bösen, bösen Mafia.

|Das Hörbuch|

Reiner Schöne ist fast schon die Idealbesetzung als Erzähler dieser Hardboiled-Krimis, die Argon jetzt bringt. Es mag ihm zwar etwas an Flexibilität hinsichtlich seiner Stimme fehlen, aber dafür ist seine Ausdrucksfähigkeit hinsichtlich bestimmter Szenen und Emotionen sehr vielseitig. Er könnte die Figuren aber noch etwas besser charakterisieren.

|4 Audio-CDs mit 282 Minuten Spieldauer
Originaltitel: Dead Street
Aus dem US-Englischen Lisa Kuppler
ISBN-13: 978-3866105379|

_Mickey Spillane bei |Buchwurm.info|:_
[„Tote kennen keine Gnade“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=376
[„Tod mit Zinsen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=657
[„Das Ende der Straße“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=5307